Thema des Tages: Wie Internetdetektive russische Kriegsverbrecher jagen

DER STANDARD DER STANDARD 8/8/23 - Episode Page - 31m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird unterstützt von Sophos. Ich bin Jean-Wilhelm, das ist Thema des Tages, der

Nachrichten-Podcast vom Standard.

20 Min. outside the capital of Kiev, the scars are still deep and visible here.

Hundreds of Ukrainians died there, many apparently executed by Russian troops as they retreated from

the town last week.

Massaker auf den Straßen, Bombardierungen von Wohnhäusern, Morde an Zivilisten. Kriegsverbrechen

wie jene im Vorort Butcher sind Teil der russischen Invasion in der Ukraine. Viele dieser Straftaten

bleiben unentdeckt. Doch neben Militärs und staatlichen Organisationen gibt es immer

mehr Menschen, die sich auf die Jagd nach Kriegsverbrechern machen.

Wir haben halt die große Motivation ihren Beitrag zu leisten, zu sagen, ihr kommt nicht

ungeschoren davon, wir werden diese ganzen Verbrechen irgendwann einer Art Gerechtigkeit

zu führen.

Mit Hilfe öffentlich zugänglicher Daten, Online-Videos und Karten dokumentieren Studenten

und freiwillige Expertinnen die Schrecken von Putins Krieg. Das Ziel, Verbrechen aufzeigen

und die Täter eines Tages zur Rechenschaft ziehen zu können.

Mein Kollege Fabian Sommerwiller hat sich auf die Suche nach diesen Menschen begeben und

erzählt uns heute, wer sie sind und wie sie im Internet Kriegsverbrecher jagen.

Fabian Sommerwiller, du bist Auslandsredakteur beim Standard und ich weiß, du hast ein

Fable für Karten. Du hast sogar mal ein Buch darüber geschrieben. Für diesen Podcast

habe ich uns eine Karte rausgesucht auf Social Media, Twitter oder wie auch immer diese

Plattform mittlerweile heißt, die etwas Erschreckendes zeigt. Kannst du für uns einmal beschreiben,

was du darauf siehst und worum es sich bei dieser Karte handelt?

Ja, also in erster Linie sieht man da mal einige Symbole, Totenköpfe. Es zeigt die

Ukraine und Russland hauptsächlich, wo es darum geht, Kriegsverbrechen im Zuge des

Ukrainekrieges der russischen Innovation der Ukraine aufzuzeigen und wir sehen, wo Kinder

nach Russland gebracht wurden. Diese Auslandesbringungen von ukrainischen Kindern ist ja ein Grund,

warum der Internationalen Strafgerichtsaufind den Hague zum Beispiel ein Haftbefehl gegen

Vladimir Putin den russischen Präsidenten erlassen hat. Also das ist der russische Teil

dieser Karte und in der Ukraine sehen wir dann zum Beispiel in Kiev, wo es Anschläge

gibt auf zivile Einrichtungen, auf zivile Häuser, auf zivile Gebäude, wo Gebäude von Thronen

getroffen wurden. Es geht aber auch in der Karte um gesprengte Dämme. Es gibt in Mariupol

zum Beispiel Raketenbeschuss von Gebotenhäusern und Kliniken. Es gibt bestätigte Fälle von

Vergewaltigungen von Mold. Aber es geht auch um die Zerstörung kultureller Denkmäler und

Anlagen. Es geht um entdeckte Massengräber. Es geht eigentlich um alles Grausliche, wenn man so sagen

will, dass in diesem Krieg passiert. Und erstellt wurde diese Karte hier, die wir sehen, von den

jungen Männern und Frauen von Osynd for Ukraine. Osynd steht für Open Source Intelligence, also

wie man mit freizugänglichen Informationen im Internet versucht, auf der karische Arbeit zu

leisten. Es geht um Memory, Truth und Justice. Also es geht darum, diese Erinnerung zu behalten, was

dafür Kriegsverbrechen passieren. Es geht aber auch darum, die Wahrheit hinauszufinden. Es geht

letztendlich auch darum, irgendwann für Gerechtigkeit zu sorgen. Was sagt uns denn, dass wir so eine

detaillierte Karte von Kriegsverbrechen in der Ukraine öffentlich zugänglich im Netz finden?

Das zeigt einfach, dass durch das Smartphone-Zeitalter, durch die Zeit, in der wir leben, einfach immer

besser dokumentiert ist, was in Kriegen passiert. Es ist nicht der erste Krieg, der auf Social Media

verfolgt wird, aber es ist sicher einer der best dokumentiertesten. Das sagen auch die Leute,

die sich sehr viel mit dem Thema beschäftigen. Aber sie sagen auch, es ist nur der best dokumentierte

Krieg bis jetzt, weil es wird der nächste Krieg, wird wahrscheinlich noch besser dokumentiert sein.

Weil wir noch mehr Leute haben, die einen Smartphone-Besitz nicht täglich filmen, noch mal

Überwachungskameras in den Städten, von denen man vielleicht was runterziehen kann. Einen Raketen-Einschlag

hast du bestimmt jemanden, der das irgendwo auf Kamera hat. Also es wird in Zukunft wahrscheinlich

noch schwerer sein, Kriegsverbrechen zu verbergen, sagen wir mal so. Wir haben einen Krieg mitten in

Europa und der wird dokumentiert. Durch Smartphones hast du gesagt, ich nehme an auch über

öffentlich zugängliche Daten wie Google Maps kann man sehen, wie der Krieg verläuft zum Beispiel.

Es gibt andere Social Media Apps, die ganz viele Daten liefern und irgendjemand setzt jetzt diese

Daten zusammen. Wer macht das? Also wer sind diese Organisationen? Es gibt einerseits so privatwirtschaftlich

organisierte Datenanalysten, die bekanntesten sind sicher Bellingcat, die auch schon in den

letzten Jahren Sachen nachweisen konnten, wie etwa den Abschuss des Wasserschirfflugzeugs MH17,

wo 298 Insassen starben und sie konnten eben nachweisen, dass es sich um eine russische

Urheberschaft handelt, aber es waren auch jene, die zum Beispiel die Novichok-Anschläge in

Salisbury mit aufgedeckt haben, wer da oder hintersteckt, welche russischen Agenten.

Die sind die bekanntesten, aber es gibt eben auch so kleinere Organisationen, wie eben diese O-Synth

for Ukraine, sind einige Studenten in den Hague, die sich zusammengetan haben, gegründet von zwei

Niederländern, die auch Wurzeln haben in der Ukraine und deshalb sehr investiert sind in

dieses ganze Thema. Aber es gibt mittlerweile auch immer mehr Zeitungen weltweit, die großen

sind das meisten, die es sich schon leisten können. Man könnte sagen, so wie vor, weiß ich nicht,

genau vor zehn Jahren, sind die ganzen Podcastteams wieder losgegangen oder vor fünf Jahren und die

ganzen Videoteams und das ist so wieder eine neue Form des investigativen Journalismus, die sehr

aufwendig ist, sehr viel Zeitkosten und auch sehr viel Geldkosten, deswegen sind das bisher

nur die ganz großen New York Times, BBC, Guardian etc., die solche Teams aufbauen. Eben alle jene,

die versuchen mit dieser Masse an Informationen, die es im Internet gibt, etwas zu machen, diese

zu verwerten, diese zu analysieren und diese eben zu kontextualisieren. Du hast jetzt, wenn ich das

richtig verstanden habe, einige dieser Menschen getroffen, die solche Daten auswerten. Was sind

das für Menschen, wie muss man sich die vorstellen? Genau, ich war in der vergangenen Woche im Rahmen

von Eurotours, also ein Projekt, wo mit Finanzierung des Bundeskanzleramtes und Journalisten in

verschiedene Länder geschickt werden war ich in der Niederlande, eben weil die Niederlande so ein

Hub ist für Osint Technologie und da habe ich mich zum Beispiel in Den Haag eben mit zwei

führenden jungen Studenten von Osint vor Ukraine getroffen und da haben wir darüber gesprochen,

also warum sie das zum Beispiel machen, die haben halt so die große Motivation, einfach ihren

Beitrag zum Krieg so zu leisten quasi, zu sagen, okay ihr kommt nicht umgeschoren davon, wir werden

diese Kriegsverbrechen aufzählen, wir werden sie archivieren, wir werden sie hoffentlich irgendwann

als Beweismittel für irgendwelche Kriegsverbrechen zur Verfügung stellen können.

Es sind viele Bubbles, Wildbretches.

Dann wiederum gibt es Bellingcat und Bellingcat versucht das ganze jetzt auf eine andere Ebene zu

heben. Es gibt so zwei Schienen kann man sagen bei Bellingcat, die eine ist die schnelle Berichterstattung,

da sind ein paar Leute dabei, die sagen, okay es passiert etwas, wer war es, was können wir herausfinden,

da sind dann meistens binnen wenigen Stunden oder Tagen, kommen schnelle Informationen raus,

ein schneller Artikel und dann machen sie sowas, nur mal zu klären, okay worum geht es jetzt.

Dann gibt es die zweite Schiene bei Bellingcat und es ist das Justice and Accountability Team, die arbeiten

wirklich langfristig mit einem Zeithorizont von einigen Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten und die

sagen, okay wir wollen jetzt wirklich kategorisch Kriegsverbrechen archivieren für die Nachwelt,

wir wollen Beweise sammeln und wollen dafür sorgen, dass womöglich in zehn Jahren diese Videos,

diesen Analysen, die sie da aufbereiten vor einem möglichen Kriegsverbrecher tribunal eventuell

Verwendung finden. Es gibt auf dieser einen Seite eben diese Art Investigativjournalisten,

die über Jahre organisiert arbeiten, aber auch diese Studenten, die das nebenbei sozusagen

neben im Studium machen. Heißt das denn eigentlich im Prinzip, jeder könnte sich so einem O-Synth,

so einem Open Source Intelligence-Verband anschließen und Internet-Detektiv werden in guter Mission?

Ich würde sagen, das eine ist der mögliche Einstieg für das andere. Jeder kann anfangen und das

sagen mir auch die Experten von Bellingcat, sich eine Nische zu suchen, sich dort zu spezialisieren und

sagen, okay ich werde jetzt richtig gut, zum Beispiel bei der Verfolgung von Schiffen oder

Flugzeugen, Tracody und ich kann dann herausfinden, wie die Flugrouten waren, was hat er möglicherweise

vor. Es gibt andere, die sind wirklich gut in der Verifikation von Bildern. Ist es wirklich der

gleiche Panzer wie der andere? Wo hat das stattgefunden? Geolokalisierung, das ist eine Möglichkeit,

wo man sich spezialisieren kann, wo man tief eintauchen kann, eine Experte sein kann. Das

kann bald einmal jemand machen, da kann bald einmal jemand gut werden, damit man dann wirklich

Kriegsverbrechen kategorisch aufarbeitet, damit sie wirklich in vielleicht zwölf Jahren in den

Hague-Verwendung finden. Da muss man sich schon exakt an sehr viele Regeln halten, da muss man

juristisch super geschult sein, um zu wissen, okay was ist zugelassen, was ist legal, was kann

Verkricht verwendet werden, was wird die Verteidigung nicht zulassen oder bekämpfen und da muss man

dann schon wirklich zu den Profis gehen, sage ich einmal. Was ich jetzt spannend daran finde,

es klingt so, als würde ein gut Teil der Aufarbeitung dieser Kriegsverbrechen eigentlich

im privater Hand liegen. Warum eigentlich? Haben wir dafür nicht staatliche Organisationen? Haben

wir und die arbeiten auch. Was die Sache ist, es ist manchmal sind die Typen von Bellingcat zum

Beispiel einfach besser, schneller, anpassungsfähiger als es vielleicht manche Regierungsorganisationen

sind. Also ich möchte jetzt auch überhaupt nicht das Bild vermitteln, als wären die das

allein die Kriegsverbrechen auf der Konzir haben auch überhaupt nicht die Kapazität dazu. Alle

mit denen ich gesprochen habe, sind komplett überarbeitet und deshalb sind sie wirklich nur

ergänzend zu staatlichen Behörden. Auch diese werden nicht immer alles aufarbeiten können. Es ist

einfach zu viel Information. Private und staatliche Organisationen ziehen in der

Aufklärung über Kriegsverbrechen an einem Strang. Wir machen jetzt kurz Pause und danach schauen wir

uns an, wie diese Jagdaufkriegsverbrecher über das Netz, über das Internet tatsächlich funktioniert.

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Wie viel Geld macht eigentlich glücklich? Werde ich mit Day Trading reich und ist

jetzt der richtige Zeitpunkt, um in China zu investieren? Das und mehr sehen wir uns in der

neuen Staffel vom Standard Podcast lohnt sich das an. Wir, das sind Davina Brumbauer, Alexander

Amon und Michael Wendisch. Und gemeinsam mit Expertinnen und Experten fragen wir uns,

wie ein Pyramidenspiel funktioniert, was eigentlich ein Baby kostet und ob es sich lohnt,

in eine Steuerase auszuwandern. Lohnt sich das, der Standard Podcast über Geld,

findet ihr jeden Dienstag auf allen gängigen Podcastplattformen. Fabian, du hast schon einen

sehr, sehr guten Überblick darüber gegeben, wer diese Arbeit der Aufklärung der Kriegsverbrechen

bewerkstelligt. Jetzt würde ich gerne mit dir anschauen, wie funktioniert das tatsächlich?

Also wie funktioniert es von Anfang an, wenn man den Laptop aufklagt, das Internet so scrollt und

dann sich auf die Suche nach Verbrechen begibt? Wie läuft das ab? Ja, im Endeffekt ist es wahrscheinlich

sogar vergleichbar mit unserer täglichen Arbeit im Ukraine, Live-DK am Newsdesk, wo wir einfach mal

schauen, was passiert. Es gibt leider wirklich jeden Tag Aktionen, die vermutlich Kriegsverbrechen

darstellen. Es gibt ja noch gewisse Kategorisierungen. Und dann, wenn man zum Beispiel hört, okay,

da raucht irgendwas, da ist irgendwas passiert, da schlägt jemand Alarm. Und das meistens die

Menschen vor Ort, irgendjemand kriegt halt immer was mit sozusagen, okay, da geht ein Rauchwolk auf,

ich mache ein Video, ich stelle es auf Telegram. Und die machen dann meist sowas okay. Sie schauen

sich das mal an, okay, wir haben da ein Video, okay, was machen wir mit dem Video, woher kommt

das? Wer ist der Original-Poster sozusagen? Wer hat das als erster hochgeladen? Versuchen wir

das herauszufinden, dann in die Metadaten gehen, okay, was finden wir heraus? Dann schauen, okay,

gibt es ein zweites Video, passen die Videos zusammen, ist es an der gleichen Stelle? Ist die

Rauchwolke identisch oder sind es zwei Explosionen? Ist es ein altes Video? Ist es ein neues Video?

Dann geht es natürlich los, okay, gibt es weitere Beweise? Gibt es Quellen vor Ort, die

sie anzapfen können? Aber es ist so zum Beispiel Bellingcat. Und es hat mich überrascht, die sagen,

okay, wir haben noch nie eine Quelle vor Ort selbst jetzt angerufen, gesagt, hey, wo hast du

dieses Video aufgenommen? Weil er gesagt, dann begebe ich mich sofort in eine Abhängigkeit. Ich

werde vielleicht angelogen, ich werde vielleicht manipuliert, instrumentalisiert, was auch immer.

Deshalb sagen sie, okay, wir versuchen und wir machen das alles von zu Hause aus mit unserer

Analysefähigkeit vom Desktop. Das hat mich wirklich überrascht. Dann gibt es wiederum andere,

die einfach ihre Quellen vor Ort haben, die dann sagen, okay, schau, wir wissen das,

wir wissen das aus dem Geheimdienst, wir wissen das aus dem Nachrichtendienst, wir wissen das

vom Militär, wir wissen es von Menschen vor Ort, wir haben mit denen gesprochen etc. Die versuchen

so mehr Fleisch reinzubringen, mehr, dass es etwas stichhaltiger ist. Und da gibt es es dann

viele verschiedene Wege. Vielleicht schaut man sich Satellitendaten an, vielleicht schaut man sich

an, warum gibt es überhaupt ein Interesse dort etwas hoch zu jagen? Was gibt es dort für

Munitionslager? Wer war vorher dort? Was könnte das für eine strategische Bedeutung haben,

da etwas zu treffen? Oder war es wirklich nur ein ziviler Beschuss? Also da gibt es wirklich

multiple Wege, wie man dann zu einer Wahrheit oder der bestmöglichen Wahrheit kommt. Es klingt,

als würde man einfach tausend Parselstücke versuchen zusammenzusetzen. Was mich jetzt auch

überrascht hat, war die Aussage, wir sprechen nicht mit den Primärquellen, weil wir uns nicht

beeinflussen lassen wollen. Aber da wäre jetzt eigentlich meine Frage, wie eng sind denn solche

Open Source Intelligence-Organisationen verstrickt mit Leuten vor Ort, wie dem Militär oder auch

mit Aufklärungsdiensten, Nachrichtendiensten von staatlicher Seite? Es gibt diese Datenanalyse,

Plattform sage ich mal jetzt, ORIX. Da habe ich mit dem aktuellen Senior-Researcher Jakub Janowski

gesprochen und er sagt, ja natürlich habe ich meine Quellen weit in die Militärdienste hinein,

die selbst etwas teilen wollen, die vielleicht selbst einfach eine pro-Ukrainische Einstellung haben

und sagen, okay, schau, das ist passiert, das waren die Russen, wir wissen das aus dem Militär,

wir wissen, okay, dieser Panzer wurde getroffen. Auch bei Osin for Ukraine, zum Beispiel Alex,

mit dem ich gesprochen habe, der war regelmäßig selbst in der Ukraine an der Front, hat seiner

Mutter nie was davon erzählt, die hört aber Gott sei Dank diesen Podcast vermutlich nicht und der

hat dann mit verschiedenen Units vor Ort, die kämpfen an der Front, immer wieder gesprochen,

dort Quellen gepflegt etc., die liefern ihm direkt was zu und dann gibt es eben die andere

Schiene, Bellin-Cat, die sich wirklich sagen, wir verlassen uns Beinhardt nur auf Osin, aber die

sagen halt auch, wir sind komplett abhängig davon, ob Leute irgendwas hochladen. Also ganz oft leben

Osin-Experten einerseits von Glück, dass es zufällig eine Kamera gibt, die öffentlich verfügbar

ist, dass es zufällig das Satellit im Richtung Moment drübergeflogen ist, dass zufällig jemand

eine Dashcam laufen hat im Auto oder ganz oft auch von der Dummheit der Soldaten, die sich selbst

bei Kriegsverbrechen filmen, das vielleicht irgendjemandem schicken, der lädt es hoch irgendwo

und dann hast du auf einmal einen Beweis für Kriegsverbrechen, ganz viele Kriegsverbrechen

werden von Menschen selbst gefilmt und ins Internet gestellt, das ist unglaublich.

Wie wichtig sind denn dann solche privaten Aufklärungsdienste mittlerweile für die

Dokumentation von Kriegsverbrechen, aber auch bei der Anklage von Kriegsverbrechen?

Sie sind wichtig, ich würde jetzt nicht sagen, okay, es sind die absolut wichtigste Quelle,

aber Recherchen von BellinCat wurden schon vor Gericht verwendet. Also sie haben schon einen

realen Impact und nicht selten wurden nach BellinCat Recherchen neue Sanktionen verhängt,

neue Politstrategien entwickelt, aber auch Futter für neue Anklagen und ich glaube,

da werden solche Organisationen noch einiges sammeln, das irgendwann verwendet werden wird,

ob man immer genau zurückführen kann, es war diese oder jene Recherche, das weiß ich jetzt nicht.

Wenn man sich im Internet bewegt, vor allem auf Social Media-Plattformen, dann stößt man ja nicht

nur auf authentisches Material, sondern immer mehr auf Fake-Videos. Mittlerweile gibt es ja auch

KI-generierte Videos, die komplett erfunden sind. Was sagen denn diese Experten und Experten

wie stellen sie es denn an, dass ihre Beweise, die sie sammeln über Open Source Intelligence

tatsächlich wasserdicht sind und auch einer richterlichen Prüfung standhalten?

Es gibt schon sehr viele Menschen, die sich wirklich in Windeseile auf solche Videos stürzen,

da ist vielleicht manchmal besser ein paar Minuten zu warten, ein paar Stunden zu warten,

bis man etwas teilt, weil sich Experten daran setzen und diese Sachen anschauen. Ich habe jetzt

nicht konkret mit ihnen über so offensichtlich Fake gesprochen, weil es ist einfach für sie

etwas, was sie nicht interessiert und was sie meistens mit den Metadaten etc. recht schnell

herausfinden, dass ein Video Fake ist. Aber was ganz interessant ist und was mit dieser Propagandaschlacht

ganz interessant ist, ich habe da ein konkretes Beispiel. Gerade gestern wurde wieder ein Video

geolokalisiert. Es gibt diese Leopard 2a6-Banzer aus deutscher Produktion, die die Ukraine geliefert

bekommen hat, also einer der stärksten Panzer, die aktuell im Einsatz sind in diesem Krieg.

Und da gab es ein Video, wo einer dieser Panzer von einer russischen Drohne getroffen wurde,

schwer beschädigt wurde, vielleicht sogar komplett außer Gefecht gesetzt wurde. Jetzt hören

wir vom Gremel ja immer wieder irgendwelche Fantasiezahlen, wie viele Panzer sie ausgeschaltet

hätten, wie viele Heimas-Raketenwerfer-Systeme sie ausgeschaltet hätten und teilweise ist es so,

dass die Russen behaupten mehr ausgeschaltet zu haben, als jemals überhaupt in die Ukraine

geliefert worden sind. Wenn man diese Zahlen im Kopf hat, weiß man sofort, okay, die Lügen

wieder. Und Janowski vom Oryx Block, der hat wirklich gesagt, er würde so weit gehen zu sagen,

dass in den letzten zehn Jahren vom Gremel hat er überhaupt nichts Wahres mehr gehört,

was solche Stückzahlen angeht, die Lügen wie gedruckt. Was aber interessant ist und wo

Open Source Intelligence dann wieder reinspielt, ist, dass dieses Video, sind dann drei Videos

von einem Abschluss eines solchen Panzers diskutiert. Und dann gehen halt diese Experten hin und

schauen sich konkret dieses Video ganz genau an und da sieht man, dass dieser Panzer an einer

Weggabelung steht. Zweites Video, man erkennt im Hintergrund wieder diese Weggabelung,

ist einfach aus einem anderen Blickwinkel gefilmt. Im Endeffekt sind alle drei Videos an der

exakt gleichen Stelle aufgebobt. Also man weiß dann, okay, man kann die Koordinaten eingeben und

man kann dann dieses Video eben geolokalisieren und sagen, okay, es sind eben nicht drei solche

ukrainischen Panzer ausgeschaltet worden an diesem Tag, sondern nur ein einziger. Ob der jetzt dann

wieder repariert werden konnte, ist wieder eine andere Geschichte. Aber so kommen auch teilweise,

glaube ich, diese Fantasiezahlen des Gremels zusammen, weil irgendjemand hergeht. Ich glaube,

die könnten schon auch herausfinden, dass es der gleiche ist. Sie wollen es natürlich,

das ist eine Propagandaschlacht, wie du sagst. Aber so vermittelt man natürlich auch den Eindruck,

man wird das bewusst aus mehreren Blickwinkeln filmen. Dann gibt es noch ein Video, wo jemand

vorbeifahrt und diesen filmt und sagt, okay, das ist ein neuer Panzer und wieder ein westlicher

Panzer zerstört. Das ist eben Teil dieser Propagandaschlacht und da kann eben dieser

Open Source Intelligence helfen, diese Sachen zu verifizieren und sagen, nein, nur einer,

nicht drei. Die Bestände verringern sich natürlich aber nicht so dramatisch, wie man vielleicht

glaubt. Und das passiert aber natürlich auch auf der anderen Seite mit russischen Panzern etc.

Kommen wir abschließend noch mal zurück zu dieser Karte, die wir uns am Anfang angesehen haben.

Was passiert letztlich damit? Wir haben jetzt sehr, sehr viele Symbole auf dieser Karte,

die von Bomben einschlägen auf zivile Einrichtungen, auf Wohnhäuser deuten. Wir haben Symbole,

die auf Entführungen deuten, vom Kindern Vergewaltigungen, alles Schreckliche,

dass man sich nur vorstellen kann. Wie geht es jetzt damit weiter?

Es ist aktuell diese Karte überhaupt nicht vollständig. Sie haben gesagt, sie kommen wegen

Prüfungsstress etc. gar nicht nach, diese Karte immer aktuell zu haben und es ist einfach zu viel.

Es passiert jeden Tag zu viel. Diese Karte wird noch sehr viel voller werden im Laufe der nächsten

Wochen, Monate, Jahre. Auch wenn morgen der Krieg aufhören würde, würde diese Karte immer noch

voller werden, weil eben immer wieder Massengräfer entdeckt werden, neue Beweise entdeckt werden,

irgendwann vielleicht Menschen, die etwas gefilmt haben, mit ihren Händen aufnahmen zur Polizei gehen

und die Ukraine selbst ermittelt ihr auch extrem viel und laufend und versucht, diese ganzen

Verbrechen irgendwann eine Art Gerechtigkeit zuzuführen.

Auch wenn die Krieg endet, werden wir weitergehen.

Es ist noch genug, um die Jahre und die Zukunft zu arbeiten, so dass es so etwas wird, was für eine Sorge dauert.

Eine Karte, die von den Verbrechen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erzählt.

Fabian Sommerwiller, du hast mit den Menschen, die die Aufklärungsarbeit dahinter machen gesprochen.

Vielen Dank dafür. Sehr gerne.

Und wenn Sie die Arbeit rund um die Open Source Intelligence noch mehr interessiert,

dann finden Sie Fabian Sommerwiller's Text dazu in den kommenden Tagen auf der Standard.

Wir machen jetzt gleich weiter mit unserem Meldungsüberblick und da sprechen wir unter anderem

darüber, dass der vergangenen Juli so heiß war wie noch kein anderer Juli davor. Wenn Sie Thema des

Tages und die Standard Podcasts bis dahin schon mal unterstützen wollen, dann abonnieren Sie uns doch

überall, wo Sie Podcast hören oder abonnieren Sie auch den Standard. Alle Infos dazu finden Sie

auf abo.standard.at. Wir sind gleich zurück, bleiben Sie dran.

Ich bin die Franziska. Ich bin Amatin. Und wir wollen besser leben.

Lohnt sich 10.000 Schritte zugehen jeden Tag? Ist das Großraumbüro wirklich so schlecht wie sein

Ruf? Spoiler Ja, bringt zwar das Intervall zu Fasten. Wir fragen die, die es wirklich wissen

und probieren es auch gleich selber aus. Bei besser leben, jeden Donnerstag eine neue Folge.

Und hier ist was Sie heute sonst noch wissen müssen. Erstens. Der vergangenen Juli war der

heißeste Juli, der je gemessen wurde. Laut dem Klimawandeldienst des EU-Erdbeobachtungsprogramms

Copernicus hatte es im Mittel 16,95 Grad Celsius. Das sind schätzungsweise 1,5 Grad mehr

als der Schnitt der Jahre 1850 bis 1900. Von den Problemen, die damit einhergehen,

zeugen die Hitzewellen der nördlichen Hemmnisphäre. Zu den Hotspots gehörten auch Südeuropa und der

gesamte Mittelmeerraum. Doch auch südlich des Equators war es deutlich wärmer als sonst zu

dieser Jahreszeit. Beispielsweise in mehreren südamerikanischen Ländern und in der Antarktis.

In der gestrigen Podcast-Folge haben wir über die massiven Folgen des Klimawandels

auch für Österreich berichtet. Zweitens. Das Ende der kalten Progression bringt Steuerzahlern

und Steuerzahlerinnen 3,65 Milliarden Euro. Zwei Drittel davon fließen 2024 über die Anhebung

der Tarifstufen direkt an die Steuerzahlerinnen zurück. Wie das letzte Drittel eingesetzt wird,

darüber entscheidet die Regierung. Seit Jänner gibt es die kalte Progression in ihrer bisherigen

Form nicht mehr. Die Steuerstufen werden nun jährlich mit der Inflation angepasst, womit

verhindert werden soll, dass Gehaltserhöhungen von den nächsten höheren Steuerstufen aufgesogen

werden. Und drittens, apropos Gehalt, 380.000 Euro brutto im Jahr. So viel verdient ORF-Generaldirektor

Roland Weißmann. Er hat als erster der ORF-Topfverdiener sein Gehalt öffentlich gemacht. Aufgrund

eines neuen jährlichen Transparenzberichts müssten der ORF und seine Tochterunternehmen künftig

Managementgehälter veröffentlichen. Für Jahreseinkommen über 170.000 Euro ist das Einkommen

namentlich bekannt zu geben, samt Einkünften aus Nebentätigkeiten. Diese neue Transparenzrichtlinie

ist Teil der jüngsten ORF-Reform, die erstmals auch eine Beitragsgebühr für fast alle Steuerzahler

innen beinhaltet. Mehr dazu und alles weitere zum Weltgeschehen finden Sie auf der Standard.at. Und

wenn Sie noch nicht genug Standard-Podcast gehört haben, dann habe ich auch noch einen Hörtipp

für Sie. Unser Schwester-Podcast lohnt sich das, hat sich durch den Dschungel der ETFs geschlagen

und für Sie herausgefunden, welche Anlageform sich wirklich lohnt und wie viele ETFs und

Sparpläne man wirklich braucht. Lohnt sich das, finden Sie überall, wo es Podcast gibt. Falls Sie

Feedback haben, dann schicken Sie uns das gerne an podcast.at der Standard.at. Und wenn Sie uns

aber helfen wollen, dass noch mehr Menschen Thema des Tages und auch die Standard-Podcast der anderen

Formate hören, dann hinterlassen Sie uns gerne eine gute Bewertung und einen Kommentar auf der

Podcast-Plattform Ihrer Wahl. Ich bin Schold Wilhelm. Vielen Dank fürs Zuhören, Baba und bis zum nächsten Mal.

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Ich bin Doris Priching und ich bin Michael Steingruber und gemeinsam sind wir Serienreif. Das ist

der Standard-Podcast über die spannende Welt der Serien. Genau, bei uns erfahren Sie faszinierende

Details über House of the Dragon und die Ringe der Macht und restlos alles über satanische Spiele

in Stranger Things. Wir widmen uns Seriengrößen von Obi-Wan Kenobi bis zu RuPaul und zerlegen die

neueste Marvel-Serie, Serienreif, euer Streaming-Podcast jeden Zeiten Donnerstag eine neue Folge.

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