FALTER Radio: Was Twitter-Chef Musk von China lernen will - #983

FALTER FALTER 8/5/23 - Episode Page - 35m - PDF Transcript

Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.

Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.

Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.

Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.

Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.

Sehr herzlich willkommen, meine Damen und Herren, im Falter Radio.

In dieser Sendung geht es darum, was Twitter-Chef Elon Musk von China lernen will.

Am 24. Juli hat der Multimilliardär den populären Kurznachrichtendienst übernommen.

Er heißt jetzt X. Rechte Verschwörungstheoretiker, die bislang blockiert waren, sind jetzt wieder zurück.

Mit vielen hundert Millionen Abonnenten ist Twitter ein zentraler Player der Sozialmedien, auch in Österreich.

Hinter den destruktiven Horug-Aktionen des Elon Musk steht ein Plan.

Musk möchte eine sogenannte Everything-App schaffen, wie sie in China.

Mit dem Dienstleister namens Weedjet, seit Jahren existiert.

Über Weedjet kann man alles tun. Kurznachrichten schicken, Essen oder Taxis bestellen, Geld überweisen.

Weedjet kann viel mehr als westliche Pendants. Für die Kunden ist Weedjet bequem und schnell.

Aber die Volksrepublik ist eine Diktatur. Für den Polizeistaat China hat Weedjet eine zentrale Funktion.

Kai Strittmatter war lange Jahre China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung.

In seinem Buch Die Neu-Erfindung der Diktatur und im Gespräch mit Essa Shishkovic

zeichnet er den Aufbau des Überwachungsstaates nach und warnt vor den autoritären Gelüsten von Elon Musk.

Kai Strittmatter. Elon Musk ändert das Logo von Twitter zu einem X und kündigt an,

ähnlich wie China mit Weibo und Weedjet, bald mehr als eine Nachrichtendienst anzubieten.

Das klingt praktisch und lustig. Aber was steckt da eigentlich dahinter?

Grüße Sie. Ja, das ist ein alter Traum von ihm. Er hat das mehrfach gesagt.

Elon Musk ist ja ständig in China, weil er da sehr viele Teslas verkauft und auch eine große Fabrik hat.

Und da hat er Weedjet kennengelernt und offenbar als Vorbild für sich entdeckt.

Er hat das wortwörtlich gesagt, zuletzt, glaube ich, letzten Monat vor Shareholders hat er gesagt,

die Chinesen leben ihr ganzes Leben in Weedjet mittlerweile. Und genau so was brauchen wir auch.

Und tatsächlich, das ist so. Weedjet ist etwas, was es auf der ganzen Welt so kein zweites Mal gibt.

Ja, es haben Leute, die haben Weedjet mit einem Schweizer Taschenmesser verglichen.

Aber dieser Vergleich ist fast unzureichen. Ja, also wenn ein Schweizer Taschenmesser auch noch kochen könnte

und unser Aktiendepot verwalten und unsere Scheidungsunterlagen bearbeiten, dann wären wir relativ nah dran.

Weedjet hat tatsächlich in China das komplette Internet aufgefressen, auf den Handys der Leuten zumindest.

Wenn wir vielleicht ein bisschen zurückgehen, damit wir auch die Entwicklung beschreiben können.

Sie schreiben in ihrem Buch wie Webo, also das zweite App, das man da so mit sich tragen muss, wenn man Chinese ist, offenbar,

dass das 2012 noch ein Kurznachrichtendienst war, der auch Informationsfreiheit versprochen hat

und der auch dazu gedient hat, dass man gemeinsam korrupte Beamte jagen konnte.

Das hat sich das Regime aber nicht so lange bieten lassen, oder wie hat sich das entwickelt?

Ja, das ist wirklich super faszinierend. Also Webo war die große App vor Weedjet.

Webo war nach dem Verbot von Twitter und Facebook, also China hat die westlichen Apps alles verboten.

2009 war das im Umfeld der olympischen Spiele kurz danach und hat seine eigenen Kopien geschafft.

Das haben private chinesische Internetkonzerne gemacht und ich bin zum zweiten Mal im August 2012 zurück nach China gekommen

und da war Webo gerade auf seiner Hochzeit.

Da war Webo auf vier Jahre alt und das war erstaunlich.

Vier Jahre lang hat die Kopien nämlich wirklich nicht kapiert, wie sie dieses neue Gadget in Griff kriegen

und die Zensur hat nicht so richtig funktioniert und das Ergebnis war,

dass dieses Webo, das ist eine Twitter Kopie, das war das chinesische Twitter,

plötzlich wirklich so eine Freiheit der Information, aber auch eine Freiheit der Debatte nach China gebracht hat,

wie es das noch nie gegeben hat, seit bestehender Volksrepublik China.

Also das war wirklich ganz erstaunlich und noch erstaunlicher war,

was dann passierte als ein paar Monate später, nämlich im November 2012,

als ich in Ping der neue Parteichschaft wurde, der ist dem nämlich an den Kragen gegangen

und hat tatsächlich geschafft, hat von weniger Wochen nur Webo eigentlich den gar auszumachen, zumindest als Medium der Debatte.

Sie schreiben in ihrem Buch das Bild Clinton im Jahr 2000 noch gesagt hat,

dass die Zensur des Internets so erfolgreich sein würde, wie wenn man versucht einen Wackelpudding an die Wand zu nagen

und Sie schreiben jetzt hier, erhängt dort aber inzwischen ganz gut in China an der Wand der Wackelpudding.

Heißt das, dass die Zensur des Internets eben von Xi sehr erfolgreich implementiert wurde?

Ja, nicht erst von Xi, sondern das ist ja das Erstaunliche.

Man hat uns jahr zehntelang erzählt, dass alle neuen Technologien,

alle neuen Informationstechnologien automatisch die Freiheit doch in den letzten Winkel des Erdweistragen würden

und dass autoritäre Regime eigentlich unterwandert werden würden.

Man hat uns das erzählt von Satelliten-Schernse, man hat uns das später erzählt bei den Handys

und man hat uns dann erzählt mit dem Internet.

Ich selber war Korrespondenz seit 1997, da war das Internet gerade mal drei Jahre alt, als ich in Ping ankam

und ich habe schon immer gesehen, dass die Kapp hier super erfolgreich war in der Kontrolle des Traditionellen, des klassischen Internets

und später dann, als die Social Media Kanäle kamen, da hatten sie ein bisschen Probleme,

das habe ich gerade versucht zu beschreiben mit Webore, da haben die mich wirklich kapiert,

dass Social Media was völlig anderes ist, wenn die Leute ihr Gadget in der Hand haben,

ihr Handy und wirklich nur eine Sekunde brauchen, um etwas zu verbreiten.

Also das Bild, eine der ersten Sachen, die ich mitbekommen habe, war ein Gemüsehändler,

der zu Tode geschlagen wurde in der Stadt Guangzhou und dann passierte natürlich in Guangzhou, in China nichts anderes

als bei uns auch, denn stehen 100, 200 Leute drum rum bei uns, vielleicht 10, 20 und fotografieren das und knepzen das

und schicken das weiter und ein Sensor, der damals als Webore aufkam, 20 Minuten gebraucht hat,

was in früher, im klassischen Internet hat das gereicht, da hatte er die Zeit,

aber bei Webore, wenn du 20 Minuten gebraucht hast, da warst du 19 Minuten oder 59 Sekunden zu spät,

weil dann schon irgendwie das Transilante in die Bilder gesehen hat.

Und das war eine wahnsinnig interessante, spannende Zeit, weil man da für kurze Zeit zumindest glauben konnte,

Mensch, hatten diese Internetpropheten bei uns, die das gesagt haben, der Bill Clinton,

der sich lustig gemacht hat über die klinische Internet-Sensor, kann überhaupt nicht funktionieren,

ist in dieser Wackelpudding, der an die Wand genagelt werden soll, haben die vielleicht echt,

also bringt das vielleicht wirklich frei, aber dann kam dieser Xi Jinping an die Macht und er gezeigt, wie es geht,

in einer Art von 4 Wochen, wirklich, also mit etwas Entschlossenheit und der nötigsten Skrupulosigkeit

und etwas Terror, hat er das innerhalb von 3, 4 Wochen in den Griff gekriegt

und am Ende muss man sagen, unterm Strich, die Moral von der Geschichte,

K.P. Kieners ist die erste Diktatur, die uns gezeigt hat, dass autoritäre Herrscher das Diktatoren,

dass Internet und die neuen modernen Informationstechnologien nicht nur nicht fürchten müssen,

sondern dass sie es liegen können. Die K.P. liebt das Internet, die K.P. liebt Social Media,

sie hat nicht nur keine Angst davor, sondern sie hat entdeckt, dass es in ihrer Hand ein wunderbares Instrument

für Gedankenkontrolle, Zensur und Propaganda ist.

Ja, umgekehrt ist es ja so, dass diese sozialen Medien wie ein perfekter Überwachungsstaat,

also dem Staat die Möglichkeit geben, das voll gut zu überwachen, und zwar per süßer Verführung, kommt mir vor.

Sie schreiben ja auch, es sei eine Mischung aus George Orwells 1984 und Alice Huxley's schöner,

neuer Welt, was sich jetzt da abspielt, wo sich die Menschen dem Kommerz und dem Vergnügen

auch freiwillig verschreiben und sich ganz von alleine der Überwachung ergeben. Kann man das so sagen?

Genau, das ist genau das, was passiert ist. China ist wirklich eine geniale Balance

eigentlich zwischen diesem alten traditionellen, sozialistischen Kasernenhof-Überwachungsstaat,

den George Orwell beschrieben hat, und dann aber auch gleichzeitig eine Orgie von Kommerz und Konsum und Entertainment.

Also das, was der Orles Huxley in seiner schönen neuen Welt, der Orles Huxley hat ja nichts anderes beschrieben

in seinem Buch als den Kapitalismus. Der hat ja den amerikanischen Kapitalismus zu Ende gedacht.

China ist eine geniale Mischung aus beiden, aus dieser sozialistischen und aus dieser kapitalistischen Disturbie.

Und wahrscheinlich kann man das nirgends heute besser sehen, tatsächlich an diesem Beispiel WeChat,

also an dieser App, die sich Elon Musk jetzt zum Vorbild nimmt, die er kopieren möchte für Amerika.

Tatsächlich es geschafft hat, wirklich das komplette digitale Leben der Chinesen, wie so ein schwarzes Loch, in sich zu schlucken.

Also WeChat, ja, China atmet WeChat, du kannst mich leben ohne dieses WeChat, es ist irre.

Wenn man das erklärt, was da genau sich abspielt, also zum Beispiel der Online-Händler Alibaba hat über seine ganzen Plattformen

mehr Umsatz und Gewinn als Amazon und IB zusammen und alliert auch in mehr als 200 Ländern weltweit.

Der Internet-Riese Tencent hat schon vor sechs Jahren Facebook als wertvollste Social Media Firma überholt.

Zusammenzählen jetzt diese Konzerne zu den zehn größten und wertvollsten Konzernen weltweit.

Und Tencent zum Beispiel hat eben auch WeChat im Angebot.

Das heißt, das sind ganz verschränkte Unternehmen, wo wir auf WeChat einen Tweet-Los-Chat, also einfach Los-Chatten.

Und das Ganze führt uns aber in die süße neue Welt an Versuchungen, wo wir unsere Daten lassen und uns so auch überwachen lassen.

Kann man das so sagen?

Genau, also das Interessante ist ja erst mal, dass Sie haben die beiden großen Konzerne genannt, Alibaba und Tencent,

die beiden größten Internet-Konzerne, Highway-Konzerne Chinas, zwei der größten der Welt, dass das Privatunternehmen sind ja erst mal.

Das sind keine Staatsunternehmen wie früher.

Ja, also die kommunische Partei ist nicht blöd.

Ihr seht schon, dass sie so die Kreativität und Originalität und den Unternehmergeist und die Innovationskraft von Privatunternehmen brauchen.

Gleichzeitig, aber ist ein Privatunternehmen in China nicht das Gleiche wie bei uns.

Ein Privatunternehmen, ein Privatunternehmer in China weiß, dass er zu jeder Sekunde seiner Existenz, der von der Gnade und Wilco der kommunistischen Partei abhängig ist.

Du musst kooperieren mit der KP.

Das heißt, Privatunternehmen, Hightech-Privatunternehmen und Internetunternehmen müssen natürlich den chinesischen Sicherheitsapparat ihre Server zur Verfügung stellen und die KP und die Stasi sitzen da mitten drin.

Was jetzt WeChat angeht, ist das auch eine sehr interessante Karriere, die diese App hinter sich hat.

WeChat nämlich begann einfach mal vor einiger Zeit als simple WhatsApp-Copy.

2011, als die rauskam, war das eine schlechtere WhatsApp-Copy.

Das war einfach ein simples Chat-Tour.

Aber total schnell hat sich da dann auch entwickelt zu einer Facebook-Copy.

Man konnte da also auch plötzlich so seine Stories posten, seine Videos, hat das einen Freund gespielt.

Dann wurde es ganz schnell noch China's Booking, China's Booking.com, China's Liferando, China's Paper.

Heute kannst du auf WeChat das Wetter checken.

Du kannst einen Fahrrad mieten, deine Arzttermine buchen, deine Wasser, Handy, Stromrechnung bezahlen.

Du kannst deine Strafzettel begleichen, online Shopping machen, Geld verschicken, alle Rechnungen bezahlen.

Du kannst den Bettler auf der Straße sein obelos geben, weil auch die Bettler entwickeln ja mittlerweile.

Vielleicht haben sie da auch Fotos schon mal davon gesehen, die gibt es wirklich nur noch Barcodes an die Autofenster halten.

Die scannt man dann mit WeChat, dann kann man irgendwie den Bettler auf sein obelos zukommen lassen.

Du kannst, du buchst deine Taxis damit, du buchst deine Hotels, deine Flugreisen.

Es ist also wirklich, es ist also, man kann natürlich sagen, WeChat ist eine App,

es würde man sagen, das iPhone ist ein Fernsprechapparat.

Wenn einer aus WeChat rausfliegen würde und es fliegen ja Leute aus WeChat aus,

wenn sie sich unliebsam verhalten, wenn sie die falschen Dinge posten,

weil eine Chat-App ist es weiterhin.

Aber wenn wir zum Beispiel uns das anschauen, was ich habe WeChat mir angeschaut

und dort die Funktion Wechs in gefunden, das ist also die Bargeld,

die digitale Währungs-App oder so, oder die...

My WeChat ist der chinesische Name von WeChat.

Ah, aber da gab es eine Funktion drauf, da konnte man dann Geld draufladen und auch auszahlen.

Das war innerhalb der WeChat-App.

Und da dachte ich, aha, das ist ungefähr das, was wir jetzt in Europa auch probieren

mit digitalem Euro und all diesen verschiedenen digitalen Bezahlweisen.

Und da ist halt das Hauptproblem, wie machen wir das dann mit dem Datenschutz?

Und das wird das überhaupt noch diskutiert in China,

oder ist das eh klar, dass niemand seine Daten schützen kann vor dem Staat

oder vor dem Finanzamt oder vor Geheimdiensten?

Also es ist was anderes als der digitale Euro.

Der digitale Euro soll ja von der Europäischen Zentralbank herausgegeben werden.

Digitalen Raming wie ich versuche, die chinesische Zentralbank auch zu machen.

Das ist wieder was anderes, weil dann liegen unsere Datenschlüsse in den Händen der Zentralbank.

Nicht in den Händen irgendeiner App.

Was WeChat macht ist sozusagen, es ist auch das gleichzeitig China's PayPal.

Also du kannst deine Rechnungen bezahlen, du kannst Geld an deine Freunde verschicken,

du kannst Geld Geschenke verschicken, du kannst, wenn du auf der Straße bist, den Parkplatz bezahlen.

Ich habe am Schluss in so einer Altstadtgasse gewohnt, ich konnte meinen Nudelsuppe

und die kostet wirklich nur 1 Euro in China, so eine Nudelsuppe,

konnte ich per WeChat in der Garküche bezahlen.

Also du kannst alle deine finanziellen Transaktionen.

Das ist aber etwas, was auch praktisch sind Dienstleistungen, digitale Dienstleistungen einer Bank.

Der Punkt mit dem Datenschutz ist natürlich der entscheidende Punkt,

weil wenn du Chinesen sprichst, ja ganz viele bei den Chinesen Freunden,

die sind zum Beispiel ganz gerne, die lieben Urlaub in Europa, Europa ist ja so romantisch,

und die chinesische Mittelschicht hat mittlerweile auch das Geld.

Also fliegen die hierher, ich komme aus dem Allgäu, aus der Nähe von Schloss Neu-Schwarzstein,

da gehen die alle hin, die fahren alle nach Luzern, manche fahren auch nach Bienen

und dann kommen sie zurück und sind, und nach Salzburg,

sind total begeistert, wie romantisch, wie schön Europa ist.

Und dann kommt immer der Satz, aber Mensch, der Satz ist ja so rückständig.

Das ist ja so unbequem, weil bei euch muss man ja immer noch mit Bargeld bezahlen,

in WeChat, Alipay konnte ich gar nicht benutzen.

Das ist ja irre, also in welchen Jahrzehnten lebt ihr eigentlich.

Aber würden Sie jetzt sagen, dass das, was in China dann passiert,

problematisch ist für unsere Datenschutzbedürfnisse,

oder haben die, wenn man das für demokratische Verhältnisse anpasst,

kann man dann genug Datenschutz einbauen auf ein WeChat-App,

wo man dann das Zentralbahngeld, also das von der EZB ausgegebene digitale Euro,

die digitalen Euro scheinen, dass man die dann so schützt,

dass man nicht merkt, an wen das Geld weitergeht.

Na ja, erstmal zu China, es ist natürlich der Traum,

also es ist der Traum eines bequenen Bürgers, es ist aber vor allem

der Traum des Überwachungsstaats, weil jeder deiner Schritte,

jede deiner Transaktionen, jede deiner Nachrichten,

letztlich jeder deiner Gedanken, Freihaus an die Polizei,

an den Überwachungsstaat geliefert, alles, wirklich.

Das heißt, was wir da in China sehen, ist eigentlich ja China war immer eine Diktatur,

aber es war seit Mao ein totalitärer Staat mehr.

Was wir jetzt sehen, ist die Rückkehr des totalitären Staates in digitaler Form,

viel smarter als früher. Also das ist wirklich irre.

Amnesty International hat vor ein paar Jahren schon mal so ein Bericht rausgebracht,

wo sie die zehn oder elf größten Internetunternehmen der Welt,

also auch die westlichen, Facebook, Apple und so weiter, aber auch Tencent, Alibaba

und so gerated haben auf einer Skala von 0 bis 100, wie viel die Ton für den Datenschutz,

für den Schutz ihrer Nutzer und Tencent, also die Firma, die WeChat erfunden hat

und betreibt, bekam in diesem Bericht von 100 Punkten exakt 0.

Also WeChat ist nicht nur eine Super App, WeChat ist viel mehr.

WeChat ist eine ganz große Falle.

Jetzt, wenn Elon Musk sagt, ich mache ein WeChat für uns,

da muss man erstmal davon ausgehen, dass ihm wahrscheinlich die Tatsache,

dass jeder Gedanke, jede Nachricht, jeder Schritt, jede Transaktion an diese Server geliefert werden,

das Betreiber, wer auch immer diese App hat, das ihm das ganz gut gefällt,

dass er da auch so viel wie möglich rausziehen würde, dass er da gar nichts dagegen hätte.

Aber man muss natürlich auch sagen, dass wir in Demokratien leben,

dass wir gerade in der Europäischen Union das fortschrittlichste Datenschutzgesetz eigentlich weltweit haben seit ein paar Jahren

und dass vielen dieser Auswüchse, wie wir sie in China haben, natürlich Transen gesetzt würden.

Also was den Datenschutz angeht, könnte Elon Musk wahrscheinlich nicht Zugriff haben auf all das,

auf was WeChat Zugriff hat. Aber nichtsdestotrotz, wir sehen ja auch da uns immer noch was für Exzesse,

was den Datenabfluss angeht, auch Apps wie Facebook, Instagram und so weiter haben.

Also das ist jetzt schon bedenklich und gefährlich und das wird in dem Fall, wenn eine App plötzlich die alles App wird,

die alle anderen Apps geschlossen hat, natürlich noch mal potenziert dieses Problem.

Nicht in dem Ausmaß, wie wir es in China sind, aber für uns dystopisch genug wahrscheinlich,

deswegen muss man herrlich aufpassen, also die Politiker vor allem müssen aufpassen hier, aber ich würde sagen auch als Nutzer.

Ich sage jetzt mal ganz realistisch, ich glaube nicht, dass Elon Musk das gelingen wird am Ende,

weil ich glaube er ziemlich kräftig dabei ist, seinen Ruf zu ruinieren.

Ich glaube viele Nutzer haben ja keine Lust mehr in ausgerechnet Elon Musk sich auszuliefern.

Und zweitens, was man auch nicht vergessen darf, Richard hatte natürlich einen irren Startvorteil hinter dieser großen Firewall,

wie China, mit dem die ganze ausländische Konkurrenz ferngehalten wird, ganz einfach, weil die Konkurrenz eben so klein ist in China,

weil man die ausländischen Konzerne, die Konkurrenzen alle ferngehalten hat, da ist es natürlich viel einfacher dann,

diese Dienste dann zu verkaufen und zusammen, also Elon Musk wird das sehr viel schwieriger ab.

Das liegt ja wahrscheinlich auch daran, dass wir hier in Westeuropa eine stärkere Zivilgesellschaft haben,

die auch aufmerksamer diese Sachen verfolgt beziehungsweise in der Europäischen Union, in der Kommission,

sitzen Kommissare und in der EZB sitzen Zentralbänker, die sich auch dieses System auch durchschauen

und auch da eben Schutzfunktionen einbauen wollen.

Weil wir haben die Situation, dass wir in China mit WeChat das schon vorgeführt bekommen,

wie dieser Überwachungsstaat dann funktionieren kann durch die süße Verführung

und Milliardäre wie Elon Musk oder auch Mark Zuckerberg mit Meta, der mit Zvets auch sein neues Modell,

ein Twitter-Assatz oder ein X-Assatz präsentiert hat, die versuchen sozusagen auf ihre privaten Profitpläne

sich das zu Nutze zu machen, was die Chinesen schon entwickelt haben.

Dazwischen stehen wir mit Europa eigentlich in einem interessanten Moment unserer Entwicklung,

weil wir können das noch sowohl die Moderne der Technologie mitmachen,

als auch versuchen das demokratisch abzusichern, oder?

Da haben Sie völlig recht, wir stehen viel besser da als die Amerikaner zum Beispiel,

die ja eine Grundabneigung gegen Regulierung haben.

Und wenn man sich aber anschaut, dann, was für Leute da im Senat und im Kongress sitzen,

im repräsentanten Haus, ich weiß nicht, ob Sie die TikTok-Anhörung verfolgt haben,

TikTok ist ja so eine andere chinesische Erb, die gerade die Welt erobert.

Da gibt es große Bedenken in Amerika, aber das erschrecken will, ist ja nicht nur die Datenschutzbedenken

und die Desinformationsbedenken TikTok, denen wir besonders erschrecken,

aber auch wenn man sich diese Anhörung angeguckt hat, die absolute Ignoranz

und derriotokratie dieser uraltamerikanischen Senatoren, die wirklich schon in der neuen Welt überhaupt keine Ahnung haben.

Und das war wirklich, also peinlich, für Amerika peinlich für die Demokratie,

auch wenn man kritisch TikTok gegenübersteht.

Der Punkt ist tatsächlich der, ich bin, ja, ich habe meine letzten zwei Jahre als Kina-Korrespondent,

habe ich damit verbracht, wirklich diese digitalen Diktatur nachzuspüren.

Ich habe mir die ganzen künstlichen Intelligenz-Startups angeschaut,

ich habe mir Gesichtserkennungsüberwachung angeschaut, Spracherkennungsüberwachung, diese ganzen Apps.

Ich bin zu den Filmen hingegangen, habe mit denen gesprochen und so weiter.

Ich bin aber nicht als Technologiegegner daraus gekommen, sondern ganz im Gegenteil.

Ich bin rausgekommen wirklich mit dem gedankten Mensch.

Wenn die Chinesen jetzt die Diktatur digital neu erfinden, dann müssen wir verdammt noch mal die Demokratie digital neu erfinden.

Und die positive Nachricht ist, die gute Nachricht ist, es gibt Leute, die da dran sitzen, es gibt Leute, die das machen.

Und meine ersten Reisen 2019, 2020 waren dann irgendwie nach Taiwan, die eine irre Cyberministerin haben, Audreta,

die wahnsinnig viel da macht, eine ex-Hackerin, unglaublich intelligente Frau,

nicht viel für Transparenz der Regierung und mehr Partizipation in der Demokratie durch digitale Mittel.

Und dann war ich durstig ein paar Jahre Skandinavien und Baltikum-Korrespondent sein und bin als Erstes nach Estland gefahren.

Die sind ja Weltmeister, Weltmeister in der Digitalisierung von Regierung.

Und wenn ich sage Digitalisierung von Regierungbürokratie, dann meine ich nicht.

Ich weiß nicht, wie weit sie da in Österreich sind.

Aber meine Güte in Deutschland freuen wir uns, wenn wir den Schülerschein online beantragen dürfen.

Es ist echt so traurig, es ist so tragisch, wir sind da so hinten rein.

Aber Gott sei Dank, es gibt eben Länder, die uns da weit voraus sind,

demokratische Räder, Unterschutz der Privatsphäre und des Datenschutzes machen die das.

Und zum Beispiel, es ist dann eben auch kein Zufall gewesen,

das als der EU-Datenschutzgrundverordnung geplant und verabschiedet wurde, dass ein Land wie Estland da an vorderster Stelle mitgearbeitet hat

und seine Erfahrungen eingebracht hat.

Weil man tatsächlich sieht, dass man nicht nur diese etwas Überzogenen vielleicht,

natürlich auch aus historischer Erfahrung Datenschutz Ängste haben kann,

soll darf wie Deutschland sie hat, sondern dass es durchaus Mittel gibt, irgendwie in die Zukunft zu springen

und das Leben der Bürger einfacher zu machen und wirklich die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen,

ohne unsere Privatsphäre opfern zu müssen. Das geht.

Und wir Europäer sind da auf keinen schlechten Weg, aber das ist ein Kampf, der jeden Tag neu gekämpft werden muss

und deswegen tun wir tatsächlich gut daran, immer wieder mal vielleicht einen Blick nach China zu werfen.

Also da geht es natürlich um zwei Sachen, es geht erstens darum, dass China selbst seine Praktiken auch exportiert,

übrigens auch mit WeChat, ja, mit WeChat, weil die ganzen chinesischen Studenten, Experts,

Arbeiter, Wissenschaftler, die bei uns leben, hat man festgestellt, dass die Informationsquelle Nummer eins,

für die auch wenn sie bei uns leben, in Österreich, in Deutschland, in Frankreich, in Amerika, ist WeChat.

Und das ist ein riesen Problem, weil auf WeChat Parteipropaganda und Desinformationskampagnen gefahren werden,

in einem unglaublichen Ausmaß. Also China exportiert das, das ist das eine.

Und das Zweite ist aber tatsächlich, dass China doch für uns so ein bisschen was ist,

wie der Titel dieser britischen Science-Fiction-Serie, wie ein Black Mirror, ja.

Ein Spiegel, in dem wir vielleicht selten schwarzer Spiegel, weil alles viel, viel schlimmer ist natürlich,

als es jemals bei uns werden könnte, aber doch ein Spiegel, in dem wir Dinge sehen,

Entwicklungen sehen, die es bei uns den Keim doch auch gibt, die aber in China natürlich,

in dieser Diktatur zum dystopischen Ende hin gedacht werden.

Von daher, ja, lasst uns erst einmal nach China schauen, wie das eigentlich aussieht,

das Leben in diesem Überwachungsstaat, das Leben in dieser tollen Ein- und alles-App, die uns der Elon Musk jetzt schenken will.

Es sieht nämlich so aus, dass, wenn wir nicht aufpassen, wenn man nicht aufpasst,

am Ende dieser Weg tatsächlich Richtung Totalitarismus führt.

Es ist ja so, dass Sie haben sich das angeschaut, zum Beispiel bei Huawei,

ein gutes Beispiel für eine Firma, die auch im Westen investiert hat, in die ganze Telekom, Technologie.

Und da waren Sie schon 2018, haben Sie gesehen, wie das Unternehmen eine Kooperation gemacht hat

mit den Polizeibehörden in Xinjiang.

Und dort ein Innovationslabor für intelligente Sicherheitsindustrie eingerichtet hat.

Das heißt, wenn wir nicht sehr aufpassen, hier in Europa, sagen wir mal jetzt breiter gesprochen,

dann exportieren die Firmen, die in China das Erfolg gleich schon ausprobiert haben, das auch zu uns,

wie man intelligent kooperiert zwischen Privatfirmen, staatlichen Firmen und den Sicherheitsbehörden.

Wie kann man das aber dann umgehen? Also glauben Sie, dass die EU da wach genug ist?

Ja, das war das erschreckende für mich, als ich dann Ende 2018 auskam, zurück nach Europa kam

und feststellen musste, dass doch die Naivität und Blau eigentlich halt riesig ist.

Weil all diese Dinge, die mir aufgefallen sind, okay, ich will das Chinesisch, ich habe dazu Chinesische Zeit,

aber es ist ja nicht so, dass wir nicht Leute auch in unseren Regierungen hätten, die das lesen würden bzw.

ich habe es ja auch geschrieben in der Zeitung und alles über Huawei, was ich daraus und davon trotzdem war die Naivität so groß.

Vielleicht aber auch die Gier, unsere Wirtschaftsinteressen so groß, dass man lange darüber hinweg gesehen hat.

Das Erwachen ist mittlerweile da, muss ich sagen.

Das ist die gute Nachricht, denn in den letzten zwei, drei Jahren ist das viel passiert, zumindest in Deutschland, auch auf europäischer Ebene.

Man ist wachsam, aber gerade weil sich Huawei erwähnt, das ist immer noch ein Wunderpunkt,

gerade für die Deutschen, weil in allen anderen Ländern, ich habe diese Debatte verfolgt, auch ins Kandidaten,

die gingen ja los vor drei, vier Jahren, was machen wir denn jetzt mit Huawei?

Lassen wir die tatsächlich unser 5G-Nerz bauen, weil die machen es am billigsten, die haben tolle Technik, die machen es billig.

Aber Mensch, können wir denen wirklich die Zukunft unserer ITAC-Infrastruktur anvertrauen?

Und alle europäischen Länder, das ging 2020 los, alle sind da rein, nach wie Domino Steine gefallen und haben gesagt,

nee, können wir nicht, das ist schließlich so riskant. Leider ist Deutschland da am anderen Ende.

Wir kämpfen immer noch, wir haben immer noch 60% Huawei-Anteil in bestimmten Teilen,

unsere 5G-Infrastruktur. Die Telekom ist noch voll verbandelt mit Huawei

und gerade diese Woche hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Reuchten eine Anfrage gestellt,

an die Bundesregierung, wie es denn jetzt mit dem Ausbau der Bundesbahninfrastruktur aussieht

und stellt sich heraus, die Bundesbahn will auch weiter Huawei verbauten.

Und da muss man sich schon fragen, Mensch, ja, es ist schon viel passiert, aber irgendwie scheint die Nachigkeit nicht tot zu kriegen.

Manche haben den Schuss immer noch nicht gehört.

Wir müssen verdammt aufpassen, was wir uns da jetzt in unsere Mitte holen.

Herr Strittmatter, das ist alles unglaublich interessant.

Ich glaube, das war sozusagen eine Einführungsvorlesung in den schwarzen Spiegel, in den Black Mirror,

der chinesischen neuen Technologien, die jetzt von Elon Musk erklärtermaßen auch für den Westen kopiert werden sollen

über sein neues x- ehemaliges Twitter-App, das ausgebaut werden soll zu einer schönen neuen Welt,

wo wir uns alle gut benehmen und dafür der süßen Versuchung erliegen uns, unsere Gehirne auch und unsere Bank konnten kontrollieren zu lassen.

Hoffentlich nicht.

Wir hoffen sehr, dass wir eine europäische Öffentlichkeit schaffen können mit ihren Büchern, mit unseren Podcasts,

dafür, dass auch verstanden wird in Deutschland und in Österreich, dass man wahrscheinlich in der EU auf EU-Ebene am besten in unserem Fall zusammenarbeiten kann,

um unsere Daten einerseits zu schützen, aber auf der anderen Seite die neuen Technologien auch dazu zu benutzen,

um uns im 21. Jahrhundert überhaupt zurechtfinden zu können.

Könnten wir das so als Schlusssatz stehen lassen?

Ja, das finde ich, das kann man, wie gesagt, Digitalisierung ist etwas, was wir dringend vorantreiben müssen,

weil es wirklich einen Nutzen haben kann für die Demokratie auch, aber wir müssen halt wirklich auf demokratische Art und Weise tun.

Und dafür, was für Attacken auf die Demokratie finden statt durch ausländische autoritäre Akteure,

sondern auch tatsächlich durch diesen Hightech-Kapitalismus von Elon Musk und Facebook und Instagram und anderen.

Wir müssen an allen Fronten wachsam sein.

Herr Strittmatter, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu sprechen.

Sie hat ein Interview von Tessa Shish Kovitz mit Buchautor und Korrespondent Kai Strittmatter.

Strittmatter ist ein faszinierendes Buch mit dem Titel Die Neuerfindung der Diktatur können Sie im Falter Buchversand bestellen.

Ich verabschiede mich von allen, die uns auf UKW zuhören.

Aktuell ist aus der Welt der Mediennutz des Internets, erfahren Sie im Falter.

Daher empfehle ich ein Abonnement des Falters.

Alle Informationen gibt es im Internet unter der Adresse www.abo.falter.at.

Ursula Winterauer hat die Signation gestaltet.

Philipp Dietrich betreut die Audio-Technik im Falter.

Ich verabschiede mich.

Bis zur nächsten Sendung.

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Elon Musk stellt Twitter neu auf - nach dem Vorbild des chinesischen WeChat, einer Ein-und-Alles-App. China-Experte Kai Strittmatter spricht mit Tessa Szyszkowitz über die Gefahren, die ein Hightech-Überwachungsstaat bringt und was Musks Vorhaben für unsere Demokratie bedeutet.

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