11KM: der tagesschau-Podcast: Vom Spielzeug zur Kriegswaffe. Drohnen in der Ukraine

tagesschau tagesschau 10/16/23 - Episode Page - 28m - PDF Transcript

Hey, ich bin's, Victoria. Bevor die Folge losgeht, noch eine Sache. Die Welt schaut

auf den Nahen Osten. Vor allem in den Nachrichten ist das gerade das wichtigste Thema. Die neuesten

Infos dazu findet ihr wie immer bei der Tagesschau und auf tagesschau.de. Und das Team von 11

km arbeitet auch gerade an einer Folge dazu. Die hört ihr hier dann morgen. Heute schauen

wir gezielt auf die Ukraine, auf den Krieg dort. Und jetzt geht's los. Das ist ein Geräusch von Krieg.

Eines, das vieles verändert. Auch im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Drohnen können dabei kriegsentscheidend sein. Auch wenn einige ursprünglich mal handelsübliche

Freizeitdrohnen waren. Aber sie machen einen Unterschied für die Menschen vor Ort und auch für

uns hier in Deutschland. Welchen? Darum geht's in dieser Folge 11 km. Mit Anna Engelke, die

intensiv zur Ukraine recherchiert, gemeinsam mit ihrem Kollegen Carsten Schmister für den

NDR-Info-Podcast Streitkräfte und Strategien. Ihr hört 11 km der Tagesschau-Podcast. Ein Thema

in aller Tiefe. Mein Name ist Viktoria Kogmann. Heute ist Montag, der 16. Oktober.

Hallo Anna. Hallo Viktoria. Vielen Dank für die Einladung. Beim Wort Drohne denken wir ja schon

Weile nicht mehr als erstes an Insekten, sondern an Maschinen, also an diese Kleinen, die fern

gesteuert fliegen können. Anna, wenn es um Drohnen geht, die im Krieg eingesetzt werden, wie sehen

die aus? Also du hast letztendlich zwei Arten von Drohnen. Das eine ist so die Kampfdrohne, die

Angriffsdrohne, die ist häufig größer und sieht auch schon mehr aus wie so ein kleines Flugzeug,

aber ohne Fenster, weil es ist ja ein unbemanntes Fluggerät und hat auch eine kannne Spannbreite

bis zu 16 Metern haben. Und dann haben wir auch noch Aufklärungsdrohnen. Das ist letztendlich,

kann man sich vorstellen, wie so ein kleiner Quadrokopter, der rumfliegt und dann zum Teil mit

einer Kamera. Ok, und wenn du sagst Aufklärungsdrohne, dann sind es solche, die sollen jetzt nicht

irgendwie was zerstören oder haben kein Sprengstoff oder so, sondern die sind zum

Ausspionieren quasi da, also die filmen dann, wo sie lang fliegen. Genau, also mit den Drohnen kannst

du sehen, was dort gerade los ist, worüber die Drohne hinweg fliegt, weil wenn man sich das

überlegt im Krieg ist es ja immer wichtig zu wissen, was macht die andere Seite, wo sind die,

was haben die da, was für Waffen haben die da stehen oder auch wenn du selbst die andere,

die gegnerische Seite ins Visier nehmen willst, hilft auch die Drohne, die oben drüber hinwegfliegt,

dir dabei dann das Ziel zu finden und zum Beispiel Artilleriemonition richtig auszurichten. Also

das sind letztendlich, wenn du so willst, so ein Satz fliegende Augen der Soldaten. Und diese fliegenden

Augen hast du gesagt, diese Quadrokopter, die kennt man doch, diese kleinen Drohnen mit eben so vier

Armen, die du im Elektromarkt kriegst, die manche Leute hier auch einfach im Park fliegen lassen,

die werden jetzt im Ukrainekrieg eingesetzt. Genau, also das sind so die ganz kleinen Quadrokopter,

Quadkopter auch abgekürzt und ich kann mir gut vorstellen, dass viele, die uns zuhören,

vielleicht auch so eine Drohne zu Hause haben mit den vier Rotoren, kleines Ding, kann zum Teil

bis zu so einem Kilo zusätzliches Gewicht tragen und die werden häufig eingesetzt. Die werden

auch eingesetzt. So was, wie man jetzt zu Hause hat. Ja, das ist das Besondere an diesem Krieg

jetzt in der Ukraine, bei dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dass du selbst solche kleinen,

letztendlich handelsüblich erhältlichen Drohnen einsetzt. Also weißt du, dass du nicht nur Drohnen

hast, die militärisch entwickelt wurden und ganz speziell eben für Krieg entwickelt wurden, sondern

dass du diese kleinen Drohnen nimmst, mit denen Leuten einfach Spaß haben sonst. Wozu werden

diese kleinen Drohnen denn im Krieg genutzt? Überwiegend dazu aufzuklären und zu gucken,

wie sieht es da jetzt ein paar Kilometer weiter aus. Diese kleinen Quadrokopter, die haben keine

große Reichweite und die bleiben auch nicht sehr lange in der Luft. Aber dadurch, dass sie so klein

sind, werden sie halt weniger gut entdeckt. Deswegen sind sie von großem Interesse für beide

Seiten, für die Ukraine wie für die Russen. Und du kannst zum einen damit ausspähen und du kannst

aber auch letztendlich ein gewisses Gewicht drunterhängen, Sprengstoff, so halb bis Kilo bis Kilo

kannst du da drunterhängen. Das ist dann nicht wie Artillerie, aber du kannst natürlich damit auch

schon Schaden anrichten. Wenn du jetzt sagst drunterhängen, das heißt, das wird dann einfach

irgendwie dran gebastelt oder wie? Ja, also ich weiß nicht, ob du es schon mal im Internet gesehen

hast, wie wirklich die ukrainischen Soldaten sich mit so einem Quadrokopter dann selbst so

einen kleinen Sprengstoffdrohne bauen und dann tatsächlich mit diesen Plastikbindern, weißt

du diese, wie wir heißen die noch mal, die sonst auch als Handstellen benutzt werden, diese

Kabelbinder. Ja, ich habe es gerade nachgeschaut. Hier ist so ein Bild. Das sind also, das sind

einfach ganz handelsübliche Kabelbinder, womit das dann dran gemacht wird. Das sieht

schon sehr nach Markereigenbau aus. Das zeichnet die Drohnen und den Einsatz von Drohnen in

diesem Krieg sowieso aus. Also du hast es in der Ukraine schon eine große Drohnenindustrie,

bevor diese Großinversion der Russen im Februar 2022 war. Weil die Ukrainer schon seit 2014,

seitdem die Russen eingefallen waren in der Ukraine, die Krim annektiert hatten und auch dann ja die

Gebiete im Osten, hatten sie schon sehr stark angefangen, eigene Drohnen zu entwickeln. Und das

bemerkenswerte in der Ukraine ist halt, dass du nicht nur in Anführungsstrichen nur militärische

Entwicklung hast, sondern du hast auch viele private Leute, Computer Nerds, Leute, die sich also

so von der technischen Seite sehr dafür interessieren, die mitgeholfen haben, die ukrainische Armee

auszurüsten mit, ich will gar nicht sagen Drohnemarkeneigenbau, aber auf jeden Fall immer wieder individuell

und sehr angepasst verfeinerte Drohnen. Also diese selbst zusammengebauten, das ist ja dann eine

Kriegswaffe, die aber ganz leicht quasi selbst hergestellt werden kann, abgekoppelt von der

Militärindustrie, die können also von überall kommen, aber diese industriell hergestellten Drohnen,

woher kommen die denn vor allem? Ein großer Drohnenhersteller auf der Welt, das ist die Türkei.

Also die Türkei hat auch vor allen Dingen zu Beginn des Krieges der vollen Invasion der

Russen im Februar 2022 haben die die Ukrainer mit Drohnen versorgt. Da ist vor allen Dingen eine

Kampfdrohne zu nennen, die heißt Bayraktar TB2 und die hatte gerade am Anfang des Krieges geholfen,

den Ukrainern dabei Kiew zu verteidigen, weil das ist eine wirkliche Kampfdrohne,

weil du da ist nichts mehr so mit Kabelbindern und mit so einem halben Kilogramm Sprengstoff,

sondern das ist eine große, veritable Kampfdrohne, 6,5 Meter lang, 12 Meter spannenweite, 2 Meter

hoch, 420 Kilo schwer. Und Russland? Also bei Russland ist es so, dass sie zu Beginn des Krieges

nicht so sehr mit Drohnen ausgestattet waren, das ist jedenfalls die Annahme. Man muss dazu sagen,

wir wissen auch nicht genau, was auf der ukrainischen Seite alles verfügbar ist, aber wir

wissen es noch weniger auf der russischen Seite. Aber die Russen haben sehr schnell auf Drohnen

aus dem Ausland gesetzt und befreundetes Ausland aus russischer Sicht ist dann zum Beispiel der

Iran und da haben wir das ja auch immer wieder in den vergangenen Monaten gehört. Diese Shahid-Drohnen,

das sind also richtig auch schon Drohnen, die großen Schaden anrichten können.

Und jetzt haben wir schon gelernt, also es gibt zwei Sorten quasi, also die Kampfdrohnen mit

Sprengstoff und die Aufklärungsdrohnen, die eben spionieren quasi mit der Kamera. Wie geht das

eigentlich? Also wie kann ich mir das vorstellen? Die filmt dann was und wird das dann gestreamt oder

wie geht das? Also fast jede Drohne ist mit einer Kamera oder mit einem Fotoapparat, also weiß

mit einer Fotoeinrichtung ausgerüstet und das ist dann per Datentransfer. Kannst du das entweder

in so einem Lagezentrum mitverfolgen oder was es jetzt vor allen Dingen auch in den letzten Wochen

und Monaten häufig im Einsatz gab, das sind diese First-Person-View-Drones, also wo du so eine Art

Brille auffassst. Eine VR-Brille? Genau, genau so eine Brille und wo du dann letztendlich als

derjenige oder diejenige, der die Drohne dort bedient, hast du da so ein Regler in der Hand,

so eine Fernsteuerung und damit siehst du dann, was die Drohne gerade sieht. Ich finde so eine VR-Brille,

da denkt man irgendwie so ein bisschen an Videospiele und das so in Verbindung mit Krieg ist

irgendwie ein bisschen schräg. Ich glaube gerade die Soldaten auf beiden Seiten, die da 24 Stunden

rund um die Uhr in Gefahr sind und letztendlich ihr Leben riskieren, denen ist das sehr klar,

dass es kein Spiel ist und auch wenn du so eine Brille trägst, weißt du, du trägst diese Brille,

weil du versuchst etwas zu sehen und ausfindig zu machen, was dann dir und deinen Kameraden

hilft beim Überleben einerseits und zum anderen dir hilft beim Angreifen des Feindes.

Wie neu ist dieser Einsatz von Drohnen im Krieg denn eigentlich? Also der Einsatz von Drohnen

in dem Sinne ist nicht so neu. Das hat es auch schon im Vietnamkrieg gegeben in den 60er,

70er Jahren und das hat es auch schon in anderen vergangenen Kriegen gegeben. Aber die neue Qualität

ist durch diese schiere Menge und Verfügbarkeit der vielen Drohnen und die Drohnen haben den

Ukrainer wirklich geholfen, in diesem Krieg auch zu bestehen, weil sie eben dadurch,

durch die gute Aufklärung, weil sie mehr Informationen darüber bekommen haben,

wo befindet sich jetzt der russische Feind, wohin schieße ich am besten oder ziele ich mit

meiner Artillerie Munition. Wir haben ja auch häufig schon gehört in den Nachrichten, es fehlt

zum Beispiel an Artillerie Munition und da helfen dann Drohnen und die Informationen,

die Drohnen beschaffen können, helfen eben auch dabei, diese wertvolle Artillerie Munition

gezielter einzusetzen. Ihr beschäftigt euch in eurem Podcast Streitkräfte und Strategien ja

besonders mit dem Krieg in der Ukraine. Wie stehen denn die ukrainischen Soldatinnen und

Soldaten zu diesen Drohnen, die ja anscheinend total wichtig sind in diesem Krieg, aber die

müssen ja auch damit arbeiten. Die arbeiten damit und du hast auch wirklich so eigene Drohnenunits,

also ausgebildete Drohnenpiloten innerhalb der ukrainischen Armee und ein ukrainischer Kommandeur

sagte mal, weil wir mehr Drohnen einsetzen, verlieren wir weniger Menschen. Also das sagt ja

auch, welche Bedeutung die Drohnen für die ukrainische Armee hat in diesem Kampf gegen

Russland. Um auch nochmal deutlich zu machen, wie wichtig einige Drohnsysteme auch von den

ukrainischen Soldaten gefunden werden, ist ein Beispiel die türkische Angriffsdrohne Bayraktar,

TB2. Das ist eine Kampfdrohne und die hat den Ukrainern gerade am Anfang des russischen

Überfalls geholfen, sich zu verteidigen, Kiev zu verteidigen und dann haben sie auch eine

Hymne dieser Bayraktar TB2 Drohne gewidmet. Und es ist so ein Musikvideo, was sie eingestellt haben

im vergangenen Frühjahr 2022. Da siehst du so acht ukrainische Soldaten in Kampfmonitur mit

schustsicheren Westen vor zerstörten russischen Panzern, also vor jeder Menge Panzerschrott.

Also wenn ich mir das so anschaue, das ist ja vom Text her ein ziemlich brutaler Kriegsong und man

sieht da, dass ukrainische Soldaten das richtig feiern, dass ihre Gegner durch Drohnen getötet

werden. Aber es zeigt natürlich auch, wie entscheidend offenbar diese Möglichkeit Drohne

im Kampf einzusetzen in diesem Krieg ist, wie du sagst. Wenn es da jetzt so viele Drohnen

gibt, was genau ändert das jetzt an der Arbeit der Soldaten und Soldaten? In früheren Kriegen,

zum Beispiel im Irak Krieg Anfang der 90er, 1990er Jahre, da war es dann so, weißt du,

dass vor allen Dingen so die oberen Hierarchiestufen innerhalb der Armee, dass die dann Luftaufnahmen,

hatten Luftbilder, hatten von Flugzeugen, die sie dann ausgewertet haben. Und dann haben sie

halt Entscheidungen getroffen und die sind dann weiter gereicht worden. Und jetzt in diesem Krieg

ist es so, dass im Großen und Ganzen fast alle Soldaten zumindest mit irgendjemand im Team

unterwegs sind, der halt auch mit den Drohnen oder mit einer Drohne das Gebiet überwacht oder

sie sind im Kontakt mit irgendwelchen Kommandoposten, die ihnen dann Informationen geben. Du hast

speziell ausgebildete Drohnenpiloten. Also, weißt du, du kannst jetzt nicht einfach so

dahergehen und sagen, ich habe auch immer schon mal gerne mit so einem Joystick gespielt und

deswegen kann ich das. Also es gibt Drohnenpiloten und es gibt auch viele Ukrainerinnen und

Ukrainer Zivilisten, die sich und ihr Wissen und ihre Fertigkeiten auch der ukrainischen Armee

zur Verfügung stellen. Also du hast auch auf dem Kampffeld im Krieg gegen die Russen viele

ehemalige Zivilisten, Lehrer, aber dann natürlich auch IT-Spezialisten oder halt auch

Computer Nerds, die sich gerade besonders gute mit Drohnen auskennen. Ah, okay, also quasi

Privatpersonen. Es kämpfen gerade sehr viele Privatpersonen. Sie müssen mitkämpfen, um die

Ukraine zu verteidigen. Das vergessen wir immer, weil wenn jemand eine Uniform anhat, ist er ja für

uns ein Soldat und wir vergessen gerade jetzt bei diesem Krieg, dass auch viele Soldaten,

ukrainische Soldaten schon verletzt worden sind, zum Teil getötet worden sind und dass du auf dem

Kampffeld auch viele ehemalige Zivilisten hast, die jetzt halt kurz ausgebildet wurden, um auch

zu kämpfen als Soldaten. Was macht das eigentlich mit den Menschen im Krieg, wenn da überall Drohnen

in der Luft sind? Also Soldaten sind ja, wenn sie an der Front sind, per se in Gefahr. Und was aber

durch die Drohnen neu entstanden ist, ist, dass du diese permanente Bedrohung aus der Luft hast.

Und ich weiß das nicht, weil ich bisher mit keinen Soldaten gesprochen habe. Ich habe mal mit

Ulrike Franke gesprochen. Das ist so in Deutschland die Drohnexpertin vom European Council on Foreign

Relations. Das ist ein Think Tank, eine Denkfabrik. Und Ulrike Franke hat auch davon gesprochen, dass

natürlich du da die ganze Zeit so eine Art psychologischen Druck aufrecht erhältst.

Jetzt haben wir eben die Situation, dass der Himmel eigentlich zu jedem Zeitpunkt und auch

potenziell lautlos überwacht werden kann und dass man eben immer deine Gefahr aus der Luft

auch sieht. Selbst wenn man eben kein Motorengeräusch hört, wenn kein Bomber überein drüberfliegt,

das ist sicherlich einen Punkt und das ist auch ein psychologischer Punkt. Also das heißt eben,

man ist einfach nun zu mehr sicher. Das ist ja auch in der Tat genau das Signal, was ausgesendet

werden soll. Und nicht nur für die Soldatinnen und Soldaten gibt es solche Bedrohungen durch die

Drohne. Du hast es ja vorher schon erwähnt. Es gibt ja auch Drohnenangriffe gegen Kiev oder eben auch

in anderen Orten in den Kriegsgebieten. In der Ukraine dauern die Kämpfer an. Die Hauptstadt

Kiev wurde am frühen Morgen erneut mit Drohnen angegriffen. Russland hat in der Nacht seine

Luftangriffe auf die ukrainische Hauptstadt fortgesetzt. Ein Hochhaus im Süden-Kiefsgerät durch

Trümmer einer abgeschossenen Drohnenbrand. Nicht nur, dass Russland die Ukraine völkerrechtswidrig

angegriffen hat und versucht Grenzen zu verschieben, zu seinen Gunsen. Russland greift ja dazu auch

noch die Zivilbevölkerung an. Und das ist etwas, was du in einem Krieg nicht machen darfst. Das

verstößt gegen alle Konvention. Seit Februar 2022 greifen die Russen auch ukrainische Städte

und kleinere Städte Dörfer an Zivilisten an. Sie versuchen, zivile Infrastruktur zu zerstören.

Und da benutzen sie auch Drohnen, diese iranischen Schäddrohnen. Und sie benutzen da auch Raketen,

die setzen sie häufig zusammen ein. Auch um zu provozieren mit den Drohnen, dass die Drohnen,

wenn sie die vorausschicken, dass du dann schon die Flugabwehr, die ukrainische Flugabwehr, aktivierst,

die dann die Drohnen versucht abzuschießen, damit übernacher mit deinen Raketen, mit deinen

Marschflugkörpern, mit den russischen noch umso größeren Schaden anrichten kannst. Mit diesem

Gedanken, dass du versuchst die Flugabwehr, von der auch die Ukraine nur eine begrenzte Zahl hat,

die quasi abzunutzen. Das ist auch so ein Wort aus der Militärsprache. Weißt du, dass du versuchst,

Dinge abzunutzen, also quasi zu verbrauchen, damit der andere nicht mehr so viel hat. Und das gilt

für Drohnen und Waffen genauso leider wie auch für Menschen. Ja, wie schlimm gerade auch Zivilisten

in diesem Krieg in der Ukraine betroffen sind. Dafür gibt es viele Beispiele, die wir immer wieder

gesehen haben. Ich habe da zum Beispiel Butschar vor Augen. In der Stadt hat man mehr als 400

Tote gefunden. Es wird international ermittelt wegen Kriegsverbrechen, aber Russland streitet

die Vorwürfe ab. Sowieso ist dieser Krieg ja auch ein Krieg der Worte und Bilder. Unabhängige

Informationen sind wahnsinnig schwer zu bekommen. Und wenn wir jetzt mal zurück zu den Drohnen kommen,

wie recherchierst du auch, wenn es darum geht, welche Bilder die Drohnen zeigen? Wir sprechen ja

häufig bei uns im Podcast auch mit Militärexperten, die aber dann auch immer wieder davor warnen und

sagen sicher, wir sehen ganz viele Bilder, wir sehen ganz viele Filmchen, aber es ist trotzdem

nicht die ganze Realität. Also die warnen dann davor, weil es so alleine von diesen Bildern

so Rückschlüsse zu ziehen, wie es denn wohl so läuft. Aber klar, wir sehen in einem Ausmaß Bilder

und Aufnahmen von diesen Angriffen auf Panzer, auf Schützengräben, auch auf Städte oder halt im

Schwarzen Meer, auf russische Schiffe, wie wir das nie vorher gesehen haben. Kannst du uns damals

so ein bisschen in Größenordnung geben, wie viele Drohnen sind denn überhaupt im Einsatz?

Diese Zahlen kenne ich nicht. Wenn die Ukraine sie kennt, würde sie sie nicht verraten, weil das sind

natürlich alles Informationen, die auch von großem Interesse für die gegnerische Seite ist, also

für Russland. Aber ich kann dir zwei Zahlen nennen. Das eine ist der ukrainische Präsident Selenski,

hat vor kurzem gesagt, er geht ja schon davon aus, dass die Ukraine so 30.000 Drohnen im Monat

brauche und es gibt einen britischen Think Tank, eine britische Denkfabrik, Rusi wird hier abgekürzt

und die haben in diesem Sommer mal berichtet, sie gehen davon aus, dass die Ukraine bis zu 10.000

Drohnen im Monat verliert. Also das gibt ja schon mal so einen Eindruck davon, was dafür ein

Durchsatz ist. Also 10.000 Drohnen pro Monat an Verschleiß ist ja wirklich eine Riesenmenge.

Wo kriegen die denn diese ganzen Drohnen her? Also zum einen bemüht sich natürlich die ukrainische

Armee darum und bekommt ja auch Unterstützung aus dem Westen. Aber du hast auch in diesem Krieg

die Entwicklung, dass Privatleute Geld sammeln und Spenden, um Drohnen zu kaufen. Also es gibt

richtige Crowdfunding-Plattform im Internet und da kannst du dann auch draufgehen auf diese

Plattform, kannst auch anklicken, was du unterstützen möchtest. Also irgendwie wenn es um Kriege geht

und private Spenden, da denkt man ja irgendwie mehr so an Hilfsorganisationen oder so und dann

gibt man einfach einen Geldbetrag. Aber in dem Fall ist es dann wirklich so, dass ich dann auf

eine Website gehe und dann kann ich sagen, ich möchte gerne so eine Drohne hier bezahlen. Es kann

gut sein, dass sie danach entscheiden, welche Drohne sie nehmen, aber du kannst in jedem Fall auf

die Internetseiten gehen und dann kannst du halt was überweisen und wenn dann genug Geld zusammen ist,

dann wird die nächste Drohne bestellt. Also diese Quadrokopter, von denen wir gesprochen haben,

der kostet so zwischen 2.000 und 3.000 Euro.

Für uns ist Krieg ja manchmal erst mal nur eine Nachricht, aber durch die Drohnen ändert sich

das ja auch. Die Drohnen filmen ja Kriegsgeschehen, hast du erzählt und die Videos werden dann zum

Teil im Internet gepostet, ungefiltert und zeigen dann wirklich echten Krieg. Warum werden denn

diese Videos für alle zugänglich gemacht? Das ist letztendlich noch eine weitere Funktion von

Drohnen. Sie sind auch wichtig für den Kampf, für den Propagandakrieg und die Videos, die diese

Drohnen aufnehmen und fast alle Drohnen sind mit einer Kamera ausgestattet in der einen oder

anderen Art und diese Videos werden von beiden Seiten, sowohl von der Ukraine als auch von der

Russischen Seite, eingesetzt für Propaganda. Also du erinnerst dich vielleicht als die

Gegenoffensive, die ukrainische angefangen hat Anfang Juni, da sind so Bilder viral gegangen,

Aufnahmen von westlichen Kampfpanzern, die in ein Minenfeld, in ein russisches Minenfeld reingefahren

waren und stark beschädigt waren und das waren die Bilder zum Beginn der ukrainischen

Gegenoffensive und diese Bilder haben natürlich signalisiert, guck mal, das läuft ja überhaupt

gar nicht mit dieser ukrainischen Offensive. Die Ukraine haben daraufhin ihre Taktik gewechselt,

aber diese Bilder sind so stark, die haben wir dann auch die ganze Zeit im Kopf und darum geht es

bei Drohnen auch oder das ist ein Effekt von Drohnen, eben weil sie die Kameras haben, dass du

bei uns Bilder im Kopf nicht nur erzeugst, sondern wir sehen sie ja tatsächlich, aber diese Bilder

bleiben eben auch wirklich so im Gedächtnis und deswegen sind die Drohnen auch ganz ganz

wichtig, um diesen Propagandakrieg zu führen auf beiden Seiten. Von wem stammt denn überhaupt

diese Videos, die dann auf Social Media zum Beispiel landen? Wer stellt denn sowas eigentlich ein? Also

zum einen stellt das ukrainische Verteidigungsministerium jeden Tag Videos ein, du hast russische

Militärblogger, die Videos und Aufnahmen einstellen im Netz, aber was man halt immer beachten muss ist,

inwieweit ist das echtes Material? Also von daher ist da auch bei dem, was man im Netz sieht,

wirklich immer große Vorsicht geraten, weil du auch erstmal gucken musst, sind das irgendwelche

Aufnahmen aus einem anderen Krieg. Also wie immer bei allem, was wir sehen, einmal Gedanken darüber

machen, inwieweit das echt ist, nie vergessen, dass auch wenn es diese Vogelperspektive ist, wenn es

dieser draufblick ist, dass wir uns da Krieg angucken, Teile von Krieg, Ausschnitte aus dem Krieg,

dass dort Menschen sterben. Ich glaube, das muss man auch immer im Auge behalten. Also es hat nicht

nur Vorurteile diese Technik, sondern man muss auch verstehen, auch wenn wir jetzt die ganze

Zeit darüber sprechen, was das kann, es ist Kriegstechnik, die ist einfach auch da zu zerstören

und tötet Menschen. Anna, vielen Dank dir. Sehr gerne, Victoria. Anna Engelke war das vom NDR Info-Podcast

Streitkräfte und Strategien. Den Podcast verlinken wir euch in den Show notes von 11km und die Tagesschau

hält euch natürlich weiter auf dem Laufenden über den Krieg in der Ukraine. Morgen bei 11km schauen

wir nach Israel und zwar mit Sprachnachrichten eine Reporterin. Folgenautor dieser FKM-Folge ist

Sebastian Schwarzenburg. Mitgearbeitet hat Katharina Hübel. Produktion Jonas Teichmann,

Jakob Böttner, Konrad Winkler und Christine Dreyer. Redaktionsleitung Lena Götler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info. Mein Name ist Victoria Kopmann. Macht's gut. Tschüss.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Drohnen sind im Angriffskrieg gegen die Ukraine zu einem entscheidenden Faktor geworden. Dabei werden unter anderem handelsübliche Freizeitdrohnen umfunktioniert zu Kriegswaffen. Für die Soldatinnen und Soldaten sind sie gleichermaßen eine Hilfe wie auch eine extreme psychische Herausforderung. Durch die Bilder und Videoaufnahmen, die Drohnen von der Front mitbringen, rückt der Krieg für uns alle gefühlt ein Stück näher. In dieser 11KM-Folge ist Anna Engelke zu Gast. In ihrem NDR Podcast "Streitkräfte und Strategien" beschäftigen sie und ihr Kollege Carsten Schmiester sich Woche für Woche mit dem Ukraine-Krieg.



"Streitkräfte und Strategien" findet ihr hier in der ARD-Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/streitkraefte-und-strategien/7852196/



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Sebastian Schwarzenböck

Mitarbeit: Katharina Hübel

Produktion: Jonas Lasse Teichmann, Jacob Böttner, Konrad Winkler, Christine Dreyer, Simon Schuling

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim BR.