Echo der Zeit: Ungewöhnliche Koalitionsbildung in Thailand
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 8/22/23 - 41m - PDF Transcript
Radio-SRF Echo der Zeit mit Simon Hulliger.
Unsere Themen am 22. August. Thailand hat einen neuen Prümie und ein Großteil der Wählerinnen
und Wähler fühlt sich vor den Kopf gestoßen.
Kühlwasser aus Fukushima. Ab Donnerstag wird es ins Meer geleitet, trotz Sicherheitsversprechende
Regierung, das misstrauende Bevölkerung bleibt.
Seit der Atomkatastrophe von 2011 wissen die Japaner einfach, dass die Regierung,
der AKW-Betreiber TEPCO und die Atombehörden ihnen nicht die volle Wahrheit sagen, sagt
unser Mitarbeiter in Tokio. Dann ein Rekord auf dem Schweizer Arbeitsmarkt. Noch nie waren
so viele Personen erwerbstätig.
Leute finden heute viel, viel schneller eine Stelle und können sich ihren Lebensunterhalt
durch einen Lohn bestreiten.
Auch weniger leistungsfähige Menschen erklärt der Fachmann vom Kompetenzzentrum Arbeit der
Stadt Bern. Und Botswana und die Diamanten eine Erfolgsgeschichte, warum das Land im Gegensatz
zu anderen in Afrika nachhaltig von seinen Bodenschätzen profitieren kann. Echo der Zeit.
Wir starten mit der Nachrichtenübersicht und Tobias Meier. Es ist weiter heiß in der
Schweiz, darum hat der Kanton Genf jetzt erstmals ein Arbeitsverbot für Baustellen verhängt.
Konkret sind sehr schwere Arbeiten an der prallen Sonne, also zum Beispiel auf Dächern,
jeweils ab zwölf Uhr verboten. Löcher graben oder Schubkaren schieben ist ab 14 Uhr nicht
mehr erlaubt. Laut den Behörden gilt die Maßnahme voraussichtlich die ganze Woche.
Es ist das erste Mal, dass auf Genfer Baustellen gewisse Arbeiten nur noch vormittags gemacht
werden dürfen, denn die gesetzliche Grundlage dafür ist erst seit Juni in Kraft. Eine ähnliche
Regelung kennt das Tessin, wo ab 15 Uhr auf den Baustellen Feierabend ist.
Angestellte in der Schweiz schätzen ihre Arbeitsbedingungen besser ein als Angestellte
im restlichen Europa. Das zeigt eine neue Umfrage in 35 Ländern. So sind in der Schweiz
fast 25 Prozent der Angestellten der Ansicht, ihre Gesundheit oder Sicherheit sei durch die
Arbeit gefährdet. Im europäischen Schnitt sind es deutlich mehr, nämlich 34 Prozent.
Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO ist in der Schweiz auch der Anteil der Angestellten
mit Gesundheitsbeschwerden tiefer. In der Stadt Zürich ist es ab heute möglich,
legal Cannabis zu kaufen. Der Verkauf findet im Rahmen einer Studiestadt, für die sich
1.200 Personen angemeldet haben. Diese können das Cannabis in verschiedenen Zürcher Apotheken
kaufen oder bei eigens eingerichteten Gruppen, sogenannten Social Clubs. Das Pilotprojekt dauert
drei Jahre und soll klären, wie sich der Verkauf von Cannabis unter regulierten Bedingungen auf
den Konsum und die Gesundheit auswirkt. Endliche Projekte gibt es auch in weiteren Schweizer
Städten. Ins Ausland, im Nordosten von Griechenland, sind bei einem Waldbrand mehrere Personen ums
Leben gekommen. Es handelt sich vermutlich um Migranten. In einer Hütte im Nationalpark Dadia,
seien 18 Tote gefunden worden, sagt ein Sprecher der Feuerwehr dem griechischen Sender ERT. Da in
der Region aber niemand als vermisst gemeldet wurde, gehen die Behörden davon aus, dass es sich bei
den Toten um Migranten oder Migrantinnen handelt. Im Nationalpark Dadia verstecken sich immer wieder
Menschen, die von der Türkei aus illegal nach Griechenland gelangt sind. Im selben Waldbrandgebiet
hatten die Einsatzkräfte schon gestern und heute früh zwei Tote entdeckt. Die afrikanische Union
hat Niger vorläufig aus der Staatengemeinschaft ausgeschlossen, dies knapp einen Monat nach dem
Putsch des Militärs. Die Mitgliedschaft von Niger sei suspendiert, bis die verfassungsmäßige Ordnung
im Land wieder hergestellt sei, heißt es in einer Mitteilung der afrikanischen Union. Sie unterstütze
zudem die Bemühungen der westafrikanischen Staatengemeinschaft EKOVAS, diese hat er unter anderem
eine Bereitschaftsdroppe für einen möglichen Militäreinsatz in Niger aktiviert. In der Ukraine
hat die Polizei über 200 Rekrutierungszentren des Militärs durchsucht wegen Verdachts auf
Korruption. In fast allen Regionen des Landes seien großangelegte Korruptionsfälle entaufgedeckt
worden, teilt die ukrainische Staatsanwaltschaft mit. Beamte hätten Wehrpflichtige dabei unterstützt,
dem Militärdienst zu entgehen und hätten dafür entsprechende Gegenleistungen erhalten. Bereits
im August hatte Präsident Volodymyr Zelensky angekündigt, wegen Korruption sämtliche Leiter
von Rekrutierungsbüro zu entlassen. Der italienische Sänger Toto Gutunio ist tot. Er sei heute
Nachmittag nach langer Krankheit in einem Spital in Mailand gestorben, teilte sein Manager mit.
Gutunio war vor rund einem Monat 80 Jahre alt geworden. Berühmt wurde Toto Gutunio unter anderem
mit seinem Lied L'Italiano aus dem Jahr 1983. Toto Gutunio gilt als einer der berühmtesten
italienischen Künstler. Und damit sind wir bei den Börsendaten von 18.05 geliefert von
6. Der Swiss Market Index schließt bei 10.876 Punkten plus 0,3 Prozent. Der Dow Jones Index
in New York fällt um 0,3 Prozent. Der Euro wird zu 95°43 gehandelt, der Dollar zu 87°95.
Und wie wird das Wetter? Nach einer meist klaren Nacht geht es morgen in der ganzen Schweiz
sonnig und heiß weiter. Es gibt 33 bis 36°C. Auch in den Bergen bleiben Gewitter eher unwahrscheinlich.
Drei Monate nach der Wahl hat das Parlament in Thailand endlich ein Prümi-Minister gewählt,
und zwar Sretta Thawisin von der Pö Thai-Partei. Er wird eine Koalition aus elf Parteien anführen,
mit dabei auch zwei pro-militärische Parteien. Das ist bemerkenswerter,
da die Pö Thai-Partei in der Vergangenheit zweimal durch das Militär weggeputscht wurde.
Ich wollte von Südostasien-Korrespondent Martin Alderbandi wissen,
geht der neue Prömi-Sretta Thawisin also einen Pakt mit dem Feind ein?
Ja, zumindest eine Koalition und das ist schon beachtlich, aber sie brauchen eben die Unterstützung
nicht nur im Repräsentantenhaus, sondern auch im Senat, der vom Militär bestimmt wurde,
wenn sie an die Macht wollen, aber dafür wurden sie auch heftig kritisiert.
Ausgerechnet heute kam ja der ehemalige Regierungschef und Gründer der Pö Thai-Partei,
Taxi in China Watrat zurück aus dem Exil. Er wurde vor 17 Jahren vom Militär weggeputscht
und wegen Korruption verurteilt. Er wurde dann heute auch gleich verhaftet. Seine Partei stellt
also heute den Prömier dank einer Koalition mit dem Militär genau an dem Tag, an dem er zurückkehrt.
Wie hängt das zusammen? Ja, laut Taxi hängen die beiden Ereignisse nicht zusammen, aber es ist
natürlich trotzdem kein Zufall. Man geht eigentlich von einem Deal aus, den Taxi, seine Pö Thai-Partei
mit dem Establishment gemacht hat, also mit dem Militär. Das heißt er hofft wahrscheinlich,
dass er nicht die ganze Strafe absitzen muss, dass er vielleicht frühzeitig freigelassen wird
und das wäre auch möglich mit einer königlichen Begnadigung zum Beispiel. Wie wichtig ist denn
die Rückkehr von Taxi für die Pö Thai-Partei? Ich denke, es ist vor allem wichtig für Taxi
selbst, für seine Familie. Man hat ja auch Familienfotos gezeigt, beziehungsweise seine Tochter hat
die gepostet auch in den sozialen Medien und die Partei, die Pö Thai-Partei, ist eben oder wird
dominiert von der Familie, von den China Watras, kann man sagen. Von Taxi, in der er Premierminister war,
von seiner Schwester, die Kurz-Premierministerin war und auch von der Tochter, von Petung Tan, die
er dieses Mal auch kandidiert hat. Also ich denke, es ist vor allem für die Familie wichtig, aber weil
die die Partei so dominiert, ist es eben auch für die Partei wichtig. Dass die Pö Thai-Partei nun
mit Parteien zusammen regiert, die dem Militär und dem König nahestehen, wird das von den eigenen
Wählerinnen und Wählern aus Verrat empfunden. Ja, durchaus. Also da gibt es sehr viel Kritik und
auch Leute, die jetzt von der Pö Thai-Partei nichts mehr wissen wollen. Für die Partei bedeutet das
alles auch einen großen Reputationsschaden, aber Taxi, seine Familie und auch die Konservativen in
der Partei natürlich, die scheinen einen solchen Reputationsschaden in Kauf zu nehmen, um eben
dann die Macht zu gelangen und auch im Taxi nach Thailand zurückzubringen. Wählerstärkste Partei bei
den Parlaments waren, war ja nicht die Pö Thai-Partei, sondern eigentlich die oppositionelle
Move Forward-Partei. Die ist nun überhaupt nicht in der Regierung vertreten. Wie geht die Partei damit um?
Sie hat es verlaufen lassen, dass sie eine starke Opposition bilden werde und dass man hofft,
dass eines Tages in Thailand doch noch Demokratie herrschen werde. Ehrlich gesagt, viel anderes bleibt
ihr jetzt auch nicht übrig, aber es ist schon erstaunlich, vor allem wenn man denkt, wie die
Unterstützerinnen und Unterstützer der Partei noch gejubelt haben, im Mai, als sie deutlich gewonnen hat,
auch mit Lastwagen, dann durch die Straßen fuhren. Der Premierministerkandidat Pita Limcherenrat,
der ließ sich wirklich feiern und da ist die Enttäuschung natürlich schon sehr groß. Das war
eine richtige Aufbruchstimmung damals und davon ist jetzt ein paar Monate später eigentlich nichts
mehr zu spüren. Nun hat Thailand also eine sehr breite Koalitionsregierung aus elf Parteien von
der linken Arbeiterpartei bis zu konservativen Royalisten. Was heißt das für die Zukunft Thailand?
Nun zuerst heißt es sicher, dass jetzt endlich mal eine Regierung steht. Die Wahlen fanden ja Mitte
Mai statt und lange war nicht klar, wer das Land jetzt wirklich regieren wird. Jetzt ist schon Ende
August. Das wissen wir jetzt seit heute, aber es bedeutet eben auch, dass die progressive Agenda der
Move Forward Partei in dieser Wahl Siegerin jetzt nicht umgesetzt werden kann, dass eben das Militär
nicht entmachtet wird, dass auch das strikte Majestätesbeleidigungsgesetz erst mal nicht
reformiert wird und eben auch, dass ein großer Teil der Wählerschaft vor den Kopf gestoßen wird,
weil sie haben ja eine andere Partei gewählt, als jene, die jetzt an die Macht kommt.
Sagt Südostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi.
Echt oder Zeit auf Radio SRF. Bei uns geht es weiter mit dem Wunsch, der Pricks starten,
die Dominanz des Dollars zu brechen und die Frage, wie und ob das möglich ist. Mit Hitzerekorten
im Ausland und der Frage, ob die aktuellen Klimamodelle mit diesen gerechnet haben. Mit dem
Schweizer Arbeitsmarkt und der Feststellung, dass er so zugänglich ist wie selten und mit
der funktionierenden Demokratie in Botswana taugt sie als Vorbild für andere afrikanische
Staaten. Antworten im Echo der Zeit. Über eine Million Tonnen verseuchtes Wasser.
Will Japan ins Meer lassen? Kommenden Donnerstag soll damit begonnen werden,
das hat die Japans Ministerpräsident Fumio Kishi da heute bekannt gegeben.
2011 kam es nach einem heftigen Erdbeben zu Kernschmelzen im AKW Fukushima.
Die zerstörten Reaktionen müssen, Reaktoren müssten seither weiterhin mit Wasser gekühlt
werden, dieses wird in Tanks gelagert. Doch diese Tanks seien nun voll, sagen die Betreiber,
darum soll das verstrahlte Wasser gefiltert und danach verdünnt im Pazifik abgelassen werden.
Die internationale Atomenergiebehörde IAEA stinte den Plänen Japans zu, es bestehe
keine Gefahr für Mensch und Umwelt. Ich wollte von unserem Mitarbeiter in
Tokio, Martin Fritz wissen, wie funktioniert das genau, wie wird dieses Wasser ins Meer gelassen?
Ja, es geht umgerechnet um 530 Olympiaschwimmbäcken voll mit aufbereitetem Kühl- und Grundwasser und eine
Spezialanlage filtert aus diesem Wasser 62 Radionuklide außer Trizium heraus. Und ab
Donnerstag wird dieses Wasser dann aus den Tanks abgelassen und dann mit der hundertfachen Menge
an Meerwasser verdünnt und dann über ein ein Kilometer langes Rohr auf dem Meeresgrund in
den Pazifik eingeleitet. Die Öffnung liegt in 12 Meter Tiefe. Und falls es da an Erdbeben oder
Stromausfälle oder sowas geben sollte, dann stoppen Notfallventile die Einleitung.
Sie haben gesagt, Trizium kann nicht herausgefiltert werden als einziger radioaktiver Stoff. Was
heißt das Weißmann, was das für Folgen hat für den Menschen und die Umwelt?
Ja, Trizium ist eigentlich ein Isotop von Wasserstoff und entsteht auf natürliche Weise in der
Atmosphäre. Und von dort kommt es dann ins Wasser und auch ins Meer und Trinkwasser. Also es lässt sich
nicht einfach herausfiltern technisch. Fische und andere Meeresfrüchte nehmen es auf. Und auch
der menschliche Körper reagiert natürlich bei zu hoher Triziumkonzentration von Wasser in
seinem Stoffwechsel auf diese radiative Belastung. Und daher wird hier in Japan die Triziummenge von
diesem Wasser auf ein siebtel des Höchstwertes verdünnt, denen die Weltgesundheitsorganisation
für Trinkwasser festgelegt hat. Die IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde, sagt ja eben
auch, die Auswirkungen seien vernachlässigbar. Ja, das sind genau solche Überlegungen zur Triziumkonzentration,
die die Atomenergiebehörde da zu dieser Bewertung geführt hat. Denn das Wasser verteilt sich natürlich
im Pazifik, der Pazifik ist riesengroß. Also je weiter man weggeht von Japan, desto dünner wird
natürlich die Konzentration. Also auf dem Papier sieht dieser ganze Einleitungprozess eigentlich
sehr gut aus. Auf dem Papier eine gute Lösung, sagen Sie, nun ist ja das Datum bekannt, wann das
Wasser abgelassen werden soll. Wie sind denn die Reaktionen in Japan? Also vom Premierministeramt
in Tokio haben heute ungefähr 200 Anti-Atomaktivisten demonstriert. Eine Teilnehmerin sagte hier, ich
habe es im Fernsehen gehört, diese Entscheidung wurde einfach durchgedrückt, obwohl es so viel
Widerstand gab. Greenpeace hat sich zu Wort gemeldet, hat Japan eine falsche Lösung vorgeworfen. Dieses
Filterverfahren sei fehlerhaft. Hier in Japan würde vorsätzlich das Meer radioaktiv verschmutzen und
auch die Fischer lehnen diese Einleitung weiter ab. Sie fürchten einen Rufschaden für ihren Fangen.
Gestern gab es noch ein persönliches Treffen von Regierungschef Kishida mit dem Vorsitzenden des
Nationalen Fischerverbandes. Er hat dann aber gesagt, es gäbe zwar auf seiner Seite ein wachsendes
Verständnis für die wissenschaftliche Sicherheit dieser Aktion, aber es ging ja eben um die
Existenz der Fischer, die hier auf dem Spiel stünde. Gibt es denn ein Misstrauen der Bevölkerung
in die Regierung, wenn es um Fukushima geht? Ja, dazu gab es kürzlich eine sehr aussagekräftige
Umfrage der Nachhinein Tokyodo. Da meinten 82 Prozent befragten, dass die offiziellen
Erklärungen zur Einleitung nicht ausreichend seien. Also seit der Atomkatastrophe von 2011
wissen die Japaner einfach, dass die Regierungen der AKW-Betreiber Tepco und die Atombehörden
ihnen nicht die volle Wahrheit sagen. Und auch die Einleitung von diesem Wasser ist bis heute
intransparent geblieben. Zum Beispiel hat sich Tepco beharrlich geweigert, dass unabhängige
Beobachter aus diesen Tanks Wasserproben ziehen dürfen. Wir müssen also glauben, dass das Tankwasser
wirklich aufbereitet wurde. Peking fordert, dass Japan das Kühlwasser verdampfen lassen und nicht
ins Meer fließen lassen soll. Wäre das eine Option? Auf jeden Fall wäre das eine Option und China sagt
dazu recht, diese Option hätte weniger Auswirkungen auf die Nachbarstaaten. Ja, aber würden die
Bürger von Fukushima der Verdampfung zustimmen? Das Wasser fällt ja dann wieder auf den Boden,
auf ihren Boden. Das Trauma von 2011 würde also wieder aufleben. Und die Verdampfung ist ja wegen
der Energiekosten auch sehr teuer. Also die billigste und innenpolitisch einfachste Lösung ist das
Einleiten in den Pazifik, so nach dem Motto aus den Augen aus dem Sinn. Unser Mitarbeiter in Tokio
Martin Fritz. Die fünf Bricksstaaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika treffen
sich ab heute zum Gipfel in Johannesburg. Das große Ziel dieser Vereinigung, eine neue
Weltordnung als Gegengewicht zum Westen schaffen. Dazu gehört auch, dass sie der Weltwährung
doller den Kampf ansagen. Es geht dabei nicht nur um wirtschaftliche Überlegungen, sondern mindestens
ebenso sehr um handfeste, machtpolitische Interessen. Vom Bricks-Gipfel in Johannesburg
Fredrik Steiger. Eine neue Weltwährung dürfte auf dem Bricks-Gipfel nicht das Licht der Welt
erblicken. Zwar plädiert er soeben zum Gipfelauftakt der brasilianische Präsident Luis Ignacio Lula da Silva
dafür. Doch laut den südafrikanischen Gastgeben steht die Lansierung einer Bricks-Währung als
Alternative zum Dollar zumindest nicht auf der offiziellen Agenda. Die Ambition bleibt, doch
kurzfristig scheint das Vorhaben allzu ehrgeizig, die Machbarkeit steht im Zweifel. Das bedeutet
aber nicht, dass die Bricks-Staaten und die mehr als 30ers Gäste eingeladenen Regierungen nicht
intensiv daran arbeiten wollen, den Dollar als dominierende Währung abzulösen. Das soll
passieren, indem mehr Länder die chinesische Währung renminbi verwenden, für grenzüberschreitende
Transaktionen. Was durchaus in Pekings Interesse ist, da es seine Rolle als Weltfinanz macht,
stärkt. Zudem werden auf dem Gipfel konkrete Pläne geschmiedet, etwa den Handel innerhalb von
Afrika oder von Lateinamerika in lokalen Währungen abzuwickeln. Bei all dem geht es nicht primär um
Währungs- und finanzpolitische Beweggründe, sondern um Machtpolitik. Die Währungs- und
Finanzvormacht der USA soll geschwächt im Idealfall gar gebrochen werden. Länder, die weniger in
Dollar und mit US-Banken geschäften, können bei Bedarf leichter amerikanischen Sanktionen ausweichen.
Kein Wunder, dass Russland auf dem Bricksgipfel als vehemente Befürworter einer D-Dollarisierung
auftritt. Auch China käme sie gelegen, zöge doch ein allfälliger Angriff auf Taiwan,
massive westliche Sanktionen nach sich. Aber auch Länder wie Iran, Belarus oder Venezuela,
die der Bricksgruppe beitreten möchten, profitierten unmittelbar vom Ende der Dollar-Dominanz.
Die US-Währung gerät also Unterdruck, und zwar selbst dann, wenn der ganz große Wurf auf dem
diesjährigen Bricksgipfel nicht gelingt. Die Bricksstaaten wollen also die Dominanz des
Dollars im globalen Handel brechen. Allerdings dürfte dies ein schwieriges Unterfangen werden und
braucht viel Zeit, wie Wirtschaftssektor Manuel Rentsch erklärt. Schon oft hat es geissen,
die Zeit des Dollars sei vorbei. Andere Währungen würden die Weltwährung verdrängen, wie zum Beispiel
der Euro. Ein Blick in die Statistik zeigt allerdings, dass der Dollar seine Position als
wichtigste Währung im der Wiesenhandel halten konnte. Pro Tag werden auf der Welt Währungen im
Wert von 7.500 Milliarden Dollar gehandelt, eine riesige Summe. Bei 44 Prozent dieser täglichen
Transaktionen ist der Dollar involviert, das heißt entweder werden bei diesen der Wiesn-Geschäften
Dollar gekauft oder verkauft. Der Euro folgt auf Platz zwei, weit abgeschlagen, mit einem Anteil von
15 Prozent. Danach folgen der japanische Yin und das britische Pfund. Der chinesische Renminbi
hat in den vergangenen Jahren zwar laufend an Bedeutung gewonnen und liegt nun bereits auf dem
fünften Platz im der Wiesenhandel. Allerdings bleibt der Anteil mit 3,5 Prozent nach wie vor
bescheiden. Dass die Bricksstaaten nun die Dominanz des Dollars angreifen wollen, hat vor allem mit
den Wirtschaftsanktionen zu tun. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass wenn die USA mit der
Politik eines Landes nicht einverstanden waren, dann haben sie den Dollarhandel eingeschränkt und
sowie in Russland der Wiesenreserven blockiert. Das heißt, die USA haben in den vergangenen Jahren
den Dollar als Waffe eingesetzt und damit die eigene Machtposition gefestigt. Verschiedene
Zentralbanken auf der Welt haben auf den zunehmenden Druck reagiert und die Abhängigkeit zum Dollar
reduziert. Und so hat der Dollar tatsächlich in diesem Bereich als Reservewährung etwas an
Bedeutung verloren. Vor 20 Jahren hielten die Zentralbanken der Welt mehr als 70 Prozent
ihre Reserven in Dollar. Jetzt liegt der Dollaranteil noch bei 59 Prozent. Die Zentralbanken
haben Dollar verkauft und zum Teil mit Gold ersetzt. Länder wie Brasilien wollen nun also
die Vormachtstellung des Dollars mit einer neuen gemeinsamen Währung der Bricksstaaten brechen. Diese
Idee hat allerdings so wenig Chancen. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Länder und
Interessen. Eine gemeinsame Währung würde eine enge Koordination der Geldpolitik voraussetzen,
vielleicht sogar eine gemeinsame Zentralbank, was unrealistisch erscheint. Daraus Chancen hätte
allerdings ein neues Zahlungssystem, das die Bricksstaaten einfacher Waren und Güter austauschen
könnten, ohne dass stets der Dollar involviert wäre. Ein solches neues Zahlungssystem, das
zwischen den Banken aufgebaut werden müsste, könnte auch für den Handel von Rohstoffen eingeführt
werden, zum Beispiel für das Ölgeschäft. Derzeit wird der Rohstoffhandel vor allem in Dollar
abgewickelt. Gerade Russland, China und auch Indien wären mit einem neuen Zahlungssystem
weniger abhängig von den USA. Es wäre ein erster Schritt auf dem Weg, die Vormachtstellung des
Dollars zumindest anzugreifen. Es ist heiß heute. Wie heiß mag es in Zukunft noch werden? Das
fragen sich viele, auch Klimawissenschaftlerinnen und Klimawissenschaftler, nachdem in verschiedenen
Ländern Hitze-Rekorde gebrochen worden sind. Eigentlich sollten die Klimamodelle das zukünftige
Klima abschätzen können. Doch stimmen sie noch? Hätten sie mit den Extremwerten, die im Ausland
teilweise gemessen wurden, gerechnet? Eine Gruppe von Forschenden hat diese Frage in einer so
eben publizierten Studie untersucht. Wissenschaftsdirektor Christian Vomburg.
In einer Kleinstadt in Kanada werden 49,5 Grad gemessen. Das war vor zwei Jahren. Die Temperatur
war damit 5 Grad heißer als alle vorherigen Rekorde. Auch die Fachwelt war verblüfft, sagt
Erich Fischer, Klimawissenschaftler von der ETH Zürich. Die Hitzewelle in Kanada war eine
Überraschung sogar für uns Experten. Die Frage lag auf der Hand. Schreitet der Klimawandel
schneller voran als erwartet und taugen die gängigen Klimabodelle noch? Die internationale
Gruppe von Forschenden um Studienleiter Fischer stellte sich also die Frage, hätten wir mit unseren
Modellen sagen können, dass so extreme Hitzewellen dort überhaupt möglich sind? Sie haben dazu mit
ihrem Klimamodell die nächsten 10 bis 15 Jahre mehrfach durchgerechnet. Immer und immer wieder
mit zufälligen Abfolgen verschiedener Wetterkonstellationen. Wir haben das Klimamodell nicht verändert,
sondern nach den extremsten Ereignissen gesucht und diese dann viele Male wiederholt.
Das Resultat lautet? Ja, man hätte voraussagen können, dass so ein extreme Ereignis in Kanada
möglich ist. Und zwar dann, wenn es gleichzeitig ein extremes Hochdruckgebiet gibt, ein starkes
Absink in der Luftmassen, wenn sehr feuchte, warme Luft vom Pazifik herströmt und es am Boden
bereits sehr trocken ist. Aber was heißt das nun für andere Regionen? Für Paris zum Beispiel,
wo es im Juli 2019 eine extreme Hitze von 43 Grad gab. Das sind sieben Grad mehr als die höchsten
Temperaturen am heutigen Tag in der Schweiz. Und da warten wir nicht sicher, ob es eigentlich noch
extremer überhaupt geht. Denn irgendwann gibt es an jedem Ort ein physikalisches Limit. Es entstehen
aufsteigende Luftströme, es bilden sich Gewitter und die Hitze hat ein Ende. Die Modellierungen haben
aber gezeigt, dass im Extremfall auch in Paris nochmals zwei bis drei Grad mehr möglich sind. Das
wären dann zehn Grad mehr als am heutigen Tag in der Schweiz. Es sei wichtig, dass man sich auch
mit diesen Extremszenarien auseinandersetze, sagt Klimawissenschaftler Fischer. Wir wollen damit
nicht Alarmismus betreiben, wir wollen eine Grundlage schaffen, dass Behörden oder auch
präferate Firmen sich auf solche extreme Reignisse vorbereiten können. Die Stadt Paris macht das
nun, denn nächstes Jahr finden dort die Olympischen Sommerspiele statt. In einer groß angelegten
Übung wird geprüft, was wenn es genau dann zu einer extremen Hitzewelle käme. Während die
Spitäler noch funktionsfähig, wenn es wie in Kanada zu vielen gesundheitlichen Notfällen
und Hitze Toten käme, könnte der extreme Strombedarf für die Kühlung gedeckt werden,
wenn gleichzeitig die Kernkraftwerke gedrosselt werden müssten wegen der hohen Flustemperaturen.
Die Frage ist, dann kann die Stromversorgung weiterhin funktionieren, insbesondere weil
Hitzewellen tendenziell auch großräumig sind und sich Nachbarregionen und Nachbarländer nicht
immer einfach aushelfen können. Und wie sehen die möglichen Extremwerte aus in der Schweiz?
Diese Frage wollen die Forscherinnen und Forscher
nächstes auch angehen. Und nicht nur dies. Sie wollen auch die möglichen Extremwerte beim
Hochwasser und bei der Trockenheit genauer unter die Lupe nehmen. Denn Rücksversicherungsgesellschaften
und Energieversorger wollten mehr Gewissheit bekommen, sagt Fischer.
Das läuft, das ist von außen an uns herangetragen worden, dass das Interesse durchaus besteht,
wie extrem könnte es dann werden. Und wir suchen ganz gezielt diese Zusammenarbeit.
Die schlechte Nachricht also, es kommt noch viel auf uns zu. Wir müssen uns auch in der
Schweiz auf noch größere Hitzewellen einstellen. Die gute Nachricht aber,
die Modelle der Klimawissenschaft, die scheinen zu funktionieren. Wir können uns also auf die
Extremszenarien vorbereiten. Wissenschaftsdaktor Christian von Burg. Im
Mecher der Zeit. Und zum Schluss der Sendung geht es um die erfolgreiche Beziehung zwischen
Botswana und seinen Diamanten. Doch zuerst in die Schweiz. Es ist Rekord. Noch nie waren in der
Schweiz so viele Menschen erwerbstätig wie jetzt, nämlich 5,3 Millionen. Und im Gegenzug
liegt die Zahl der Erwerbslosen so tief wie nie mehr seit 15 Jahren. Diese Zahlen hat das
Bundesamt für Statistik letzte Woche veröffentlicht. Dies ist eine gute Nachricht für Menschen,
die weniger erleistungsfähig oder schlechter ausgebildet sind. Sie finden heute leichter
einen Arbeitsplatz als früher. Wirtschaftsdaktor Klaus Bonanomi. Menschen mit Handicaps fit machen
für den Arbeitsmarkt. Das ist die Aufgabe des Kompetenzzentrums Arbeit der Stadt Bern. Es
betreut, beschäftigt und bildet etwa junge Erwachsene ohne Lehrabschluss, Sozialhilfeempfängerinnen,
Migranten aus der Ukraine oder von anderswo. Zur aktuellen Lage auf dem Arbeitsmarkt sagt
Erich Zbinden, der Leiter des Zentrums. Was wir nicht erwartet haben, ist, dass nach der Pandemie
so viele neue Arbeitsplätze entstanden sind. Das heißt, Leute finden heute viel, viel schneller
einer Stelle und können sich ihren Lebensunterhalt durch einen Lohn bestreiten. Das Zentrum betreibt
zum Beispiel mehrere Velostationen am Bahnhof Bern und eine Werkstatt, die Leihvelos wartet
und repariert. Hier können sich die Beschäftigten schrittweise an die Anforderungen einer festen
Stelle oder aber einer regulären Berufslehre annähern. So wie Carlo, 42-Jährig, zwei abgebrochene
Berufslehren, diverse Jobs im Gastgewerbe, eine Lebenskrise und dann kam Corona. Carlo war gestrandet.
Vor einem Jahr kam er zum Kompetenzzentrum Arbeit. Ich liebe zum Velos schöner Tag. Ich habe in
der Velostation gelandet. Und da hat es angefangen. Ich habe gewusst, dass ich eventuell noch einen
Lehrabschluss gerne machen möchte. Und ja, das haben wir. Ich hatte heute mein erstes Schultag
und das habe ich gefegt, doch. Was ihm noch fehlte, um eine Lehre zu starten, das konnte Carlo hier
nachholen und aufbauen. Aber mit Tagesstruktur, mit Regumässigkeit, soziale, wie auch berufliche
Abläufe, Kontakt und Motivation vom Fachleit, vom Mirko. Und das alles zusammen hat er wieder aufgebaut,
quasi das neue Fundament gemacht. Doch es sei kein einfacher Weg, sagt er 42-Jährige. Also,
ich habe mir das sehr schon gründliche Beleid. Ich habe nochmals die Schuhe zu gehen,
diszipliniert, hängere Schuhbecher zu gehen, 100% arbeiten. Ich habe mir das gute Beleid und er
gewusst, wenn ich es jetzt nochmals starten möchte, dann werde ich es garantiert durchziehen. Und das
Abbrechen oder das Versagen geht es nicht. Genau. Auf diese Motivation kommen es in erster Linie an.
Und nicht auf die fachlichen Fähigkeiten, wenn man jemanden anstelle. Dies höre er im Gespräch mit
Unternehmen immer wieder, sagt Zentrumsleiter Erich Zbinden. Die sagen, hey, wir können mit allen
arbeiten, die einfach motiviert sind. Die wollen, die können, die auf den Beinen stehen und einen Tag lang
durchhalten. Das sieht man auch beim Staatssekretariat für Wirtschaft ähnlich. Dort heißt es auf
Anfrage, vom Rückgang der Erwerbslosigkeit profitierten alle, auch solche mit geringen
Qualifikationen. Und der Arbeitgeberverband teilt mit, viele Unternehmen machten heute
Konzessionen, etwa bei sprachlichen Kompetenzen oder der beruflichen Erfahrung, um überhaupt
jemanden anstellen zu können. Doch das seien dann oftmals Leute, die eigentlich noch nicht fit
genug wären für den Arbeitsmarkt und die weiterhin eine gezielte Unterstützung bräuchten,
betont Zbinden. Die Betriebe kommen da auch an ihre Grenzen. Und wir werden darüber nachdenken,
dass wir auch Betriebe unterstützen können, wie sie integrativ tätig sein können als Wirtschaftsbetrieb.
Mit anderen Worten, die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt hilft, dass mehr Leute eine Stelle finden.
Doch der freie Markt allein löst nicht alle Integrationsprobleme. Es braucht weiterhin Fachleute
und Fachstellen, die die Betriebe und die Angestellten bei der Integration unterstützen.
Klaus Bonanomi. Viele Länder in Afrika sind reich an natürlichen Ressourcen,
gut genutzt und gerecht verteilt, können sie zu Wohlstand für alle führen. Doch die
Wirklichkeit sieht oft anders aus. Armut, Misswirtschaft, autoritäre Herrscher und
Militärputsche dominieren die Nachrichten. Dabei geht vergessen, dass es auch afrikanische
Länder gibt, die dem Ressourcenfluch entkommen sind. Zum Beispiel der Staat Botswana im südlichen
Afrika. Von dort berichtet Bruno Kaufmann. Als Botswana im Herbst 1966 seine Unabhängigkeit
von Großbritannien erklärte, gab es hier in Javeng am Südrand der riesigen Kalari-Wüste,
außer Staub und Steinen nichts. Heute verbindet eine moderne, vierspurige Autobahn, die Hauptstadt
Gaborone und die Diamantenmine in Javeng. Botswana ist mittlerweile nach Russland der
zwei größte Diamantenförderer der Welt. Und die Miene von Javeng, das reichste Diamantenbergwerk
überhaupt, sagt der Chef-Ingenieur Gilbert Bakobi auf einer Rundfahrt durch die Miene.
Aus diesem Tagebau holen wir seit über 40 Jahren den Großteil unserer Rodiamanten. Und damit
unseres Wohlstandes erklärt er und erläutert, wie sich die verschiedenen Gesteine in Karaten
unterscheiden. Und aus welcher Ecke gerade die wertvollsten Steine geholt werden.
Botswana und die Diamanten, das ist eine ungewöhnlich erfolgreiche Beziehung. Dazu beigetragen hat
der Umstand, dass die ersten edlen Steine erst ein Jahr nach der Unabhängigkeit entdeckt wurden.
Das heißt, der Rohstoffreichtum blieb vom Beginn weg im Land und floss nicht an die
Kolonialmacht in Europa ab, wie in vielen anderen Ländern Afrikas. Botswana nutzte
diese in erster Linie für den Aufbau eines für die Bevölkerung kostenlosen Bildungssystems.
Gut die Hälfte der Staatseinnahmen kommen aus dem Diamantengeschäft. Die Resultate der
Entwicklung sind auch 200 Kilometer weiter östlich, in der boomenden Hauptstadt Gaborone zu sehen und zu
hören. Das neu gebildete professionelle Theater-Ensemble Maitisong probt auf der Nationalbühne
ein neues Musical. Für Regisseur Teffo Bayer spielt die Kultur eine wichtige Rolle, als Brückenbauerin
zwischen den altehrgebrachten Traditionen des Landes und den modernen Herausforderungen eines
der heute wohlhabendsten Länder in Afrika. Wir haben das Gefühl, was wir diskutieren wollen. Wir
haben keine Intensität, Botswana kann wirklich diskutieren. Zu unserer politischen Kultur gehören
auch der Wille und die Bereitschaft zur gut informierten und harten Debatte, sagt der Regisseur
und betont, dass davon in erster Linie die Demokratie des Landes profitiert habe. Diese
Debatten werden im ganzen Land auch in den sogenannten Gottlass gepflegt. Direkt demokratischen
Volksversammlungen, wie es sie in Botswana und vielen anderen afrikanischen Staaten schon seit
Jahrhunderten gibt, weil aber Botswana im Unterschied zu anderen Staaten nie eine Kolonie war,
sondern als britisches Protektorat, weigehend vom fremden Einflüssen unbehelligt blieb,
konnten diese Orte der traditionellen Demokratie überleben und sich weiterentwickeln, wie
Politikwissenschafter Batlang Sebo von der Universität Botswana in Gaborone betont.
Seit der Unabhängigkeit hat der politische Dialog aller gesellschaftlichen Kräfte sehr stark zur
Stabilität Botswanas beigetragten, sagt Sebo und nennt als aktuelles Beispiel die laufende
Totalrevision der Botswanischen Verfassung. Den letzten zwei Jahren hat ein Redaktionskomitee
unter der Leitung der Juristin Naledis de la Morroca praktisch alle Siedlungen des Landes besucht,
und Gespräche über die neue Verfassung geführt. Dabei habe ich feststellen können,
dass in Botswana die Bürgerinnen und Bürger nicht nur viel wissen, sondern alle auch etwas zu sagen
haben, sagt de la Morroca. Und so schließt sich der Kreis. Die starke demokratische Tradition Botswanas
hat von Anfang an dazu geführt, dass der Rohstoffreichtum nicht nur einigen wenigen,
sondern vielen im Land zugute gekommen ist. Und diese Geschichte setzt sich nun fort in einem
neuen Ressourcenvertrag mit einem internationalen Großkonzern. Laut dem neuen Abkommen mit dem
südafrikanischen Diamantenproduzenten de Beers erhält Botswana künftig nicht mehr nur einen
Viertel der im Land geförderten Diamanten, sondern die Hälfte der Edelsteine. Zudem sollen künftig
viel mehr Diamanten vor Ort in Botswana verarbeitet werden. Und de Beers verpflichtet sich dazu
einen milliardenschweren Fonds zu schaffen, sodass sich Botswana auch nach dem Diamantenzeitalter
wirtschaftlich und gesellschaftlich weiterentwickeln kann. Etwa in den Bereichen Tourismus, Landwirtschaft
und Informationstechnologie. Gleichzeitig ist nun die Botswanische Regierung gefordert, die
großen Wohlstandsunterschiede zwischen urbanen und ländlichen Gebieten und zwischen gut und
schlecht verdienenden anzugehen. Denn trotz allen Fortschritten der letzten Jahrzehnte gehören
sie zu den Größten in ganz Afrika. Die Ungleichheit ist also in Botswana größer als in den meisten
anderen Ländern Afrikas. Ich wollte von Bruno Kaufmann wissen, warum das so ist. Ja, da muss man
sehen, dass Botswana als unabhängig wurde eines der ärmsten Länder und Unterentwickelsten war
überhaupt. Es gab kaum Schulen oder asphaltierte Straßen und dann hat eigentlich dieser Diamantenreichtum
eben einigen Direktbetroffenen sehr genutzt. Auch die urbane Bevölkerung hat stark profitiert.
Gabrone, wo es 1966 2.000 Menschen gab, leben jetzt 350.000. Aber im großen weiten Land gibt es viele
indigene Völker, die eben wenig profitiert haben und die bis heute unter extremer Armut leiden.
Die Rohstoffe sind endlich auch die Diamanten in Botswana. Mit dem neuen Zukunftsfonds sollte
eines der Übergangen eine diamant freie Zeit geschafft werden. Sie haben es im Beitrag angesprochen.
Tourismus, Landwirtschaft und Informationstechnologie sollen neue wichtige Standbeine werden. Wo steht
Botswana in dieser Entwicklung? Ja, man hat begonnen wirklich mit dieser Umstellung. Beim Tourismus ist
ja so, dass Botswana weltbekannt ist da für sein Okavango Delta. Da fliegen die Menschen direkt in
diese Lodges rein und raus und die werden meist auch von Ausländerinnen und Ausländer betrieben.
Also bisher hatte man hier wenig Nutzen davon im Land, aber auch dort macht man jetzt Deals mit den
ausländischen Tourismusbetreiber, die eben den Menschen vor Ort mehr nutzen sollen. Das ist das
eine. Bei der Landwirtschaft war Botswana bisher einfach als Fleischexportör bekannt, aber auch hier
möchte man jetzt die Abhängigkeit voran von Südafrika beim Import von landwirtschaftlichen
Produkten stoppen, indem man zum Teil die Grenzen schließt, aber andererseits eben auch
massiv investiert in ökologische Landwirtschaft mit Bewässerungsanlagen, mit nachhaltigem
landwirtschaftlichen Wirken. Und schließlich hat man in einem Land, wo es fast kein Festnetz gab,
der Telefone, hat man jetzt ein Breitbandnetz eingerichtet, das eben es ermöglicht, überall im
Land auch aufs Internet zuzugreifen und damit eine Informationstechnologiebranche aufzubauen,
die eben auch aus kleinen Dörfern weit weg von der Hauptstadt genutzt werden kann.
Botswana ist eine funktionierende Demokratie in Afrika, kann das Modell Botswana Vorbild sein
für andere afrikanische Staaten? Ich würde sagen ja, nein, ja natürlich im praktischen Sinn,
dass man es eben in Botswana geschafft hat, die traditionellen Formen der afrikanischen
Lokaldemokratie in die Moderne rüberzunehmen, eben dort eine Art von Schnittstelle zu schaffen,
um eben auch diese Traditionen, dieses Mitreden, dieses Konsultieren eben auch in der modernen
Gesellschaft zu pflegen. Andererseits muss man natürlich sehen, dass in sehr vielen Ländern
in Afrika es eben immer wieder Brüche gab, immer wieder auch Militärbudget und autoritäre
Herrscher, alles gab es eben von dem in Botswana nicht und deshalb ist in Botswana das Vertrauen
in den Staat, in die Demokratie umgebrochen und so etwas kann man natürlich nicht einfach exportieren,
das kennen wir auch aus der Schweiz.
Bruno Kaufmann, er war für Swiss Info, den mehrsprachigen Online-Dienst der SAG in Botswana,
seine Reportage finden Sie auch auf swissinfo.ch Das war's vom heutigen Echo der Zeit mit
der Aktionsschluss um 18.40 Uhr. Verantwortlich für die Sendung war Lukas Schneider für die
Nachrichten Mario Sturni am Mikrofon Simon Holliger.
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Der frischgewählte Premierminister Thailands, Srettha Thavisin von der Pheu Thai-Partei, geht in einer breiten Koalition unter anderem einen Pakt mit dem Militär ein. Das ist bemerkenswert, denn in der Vergangenheit wurde die Pheu Thai bereits zwei Mal durch das Militär weggeputscht. Was heisst das für Thailand?
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