FALTER Radio: Unfreiheit versus Gedankenfreiheit – #996

FALTER FALTER 9/9/23 - Episode Page - 55m - PDF Transcript

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Falter Radio, der Podcast mit Raimund Löw.

Herzlich Willkommen im Falter Radio.

In dieser Sendung geht es um Vladimir Putin, um den russischen Krieg gegen die Ukraine und um Gedankenfreiheit.

Es ist ein ungewöhnlicher Meinungsausstausch mit dem ukrainischen Schriftsteller Jorko Brokasko

in einem Salon Europa im Rahmen des Theaterfestivals Europa in Szene in Wiener Neustadt.

Sie hören den tschechischen Autor Jaroslav Rudisch, Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk und Theatermacherin Anna Maria Krasnick.

Der Obertitel des Theaterfestivals Europa in Szene lautet Gedankenfreiheit.

Der ukrainische Schriftsteller Jorko Brokasko beginnt mit einem Wortspiel zu gedanklichen Einfällen, die man haben kann.

Aber ein Einfall im militärischen Sinn, das hat natürlich eine ganz andere Bedeutung.

Zuerst Festivalleiterin Anna Maria Krasnick.

Jorko Brokasko ist nicht nur ein begnadeter Autor, sondern er ist auch Psychoanalytiker.

Ich bin immer wieder überrascht über die Gespräche mit ihm und er hat mich wieder einmal verblüfft,

damit wie er die Dinge aufrollt, wie er sie zusammenführt.

Und ich schicke jetzt nur vor dem ersten Statement voraus, dass er sagt,

Gedankenfreiheit zunächst mal ein riesiges, ein unschuldiges Wort und von Freude herkommt, sagt Freude.

Es gibt etwas wie Gedanken-Assoziationen und am deutlichsten werden die bei Einfällen.

Also wenn wir Einfälle haben, sind wir nicht so frei, wie wir glauben, denn auch die sind durch unser unbewusstes Geprägt.

Aber wir dürfen sie haben und manche dürfen sie umsetzen und manche halt nicht,

manche davon sind ein Segen und manche ein Fluch.

Also diese Einfälle spielen im ersten Statement eine große Rolle

und es ist bemerkenswert, wie Jorko Brokasko dann einen Bogen, einen weiten Bogen,

wir werden das erleben, über alle drei Statements zieht.

Die Einfälle sind ein wichtiger Grundbegriff dafür.

Was mich in diesen Tagen, aber in diesen Monaten, im Verlauf dieses Jahres so sehr beschäftigt

mit diesem Begriff der freien Einfälle, ist seine wirklich umwerfende Doppeldeutigkeit.

Den Einfall bedeutet ja im Deutschen und damit spielte auch Freude schon mit dieser Konnotation.

Das bedeutet das Eindringen von einem Herr in ein fremdes Land.

Und dann bekommt dieses Konzept der freien Einfälle auf einmal wirklich sehr monströs,

sehr diabolische Dimensionen, denn das, was Putin für sich und für sein Land in Anspruch nimmt,

ist eben diese absolute Freiheit der Einfälle, aber in diesem Sinne ja mehr noch.

Putin meint nicht nur, dass die Freiheit der Einfälle seinem Land zusteht

und das ist das, was Russland machen kann, ganz frei nach Belieben, nach einer Entscheidung,

ohne jemanden anders zu fragen, in ein fremdes Land einzufallen,

eine fremde Gesellschaft, eine andere Gesellschaft zu überfallen, in einen anderen Staat zu intervenieren.

Sondern Putin geht noch sehr viel weiter und sagt, das ist die einzige wahre Kondition einer Souveränität.

Denn Souverän ist in Wirklichkeit, Souverän ist nur ein Land,

dass sich diese Freiheit der Einfälle wirklich leisten kann, sonst ist man nicht wirklich Souverän.

So wie Putin jetzt seine Vorhaben heraus exzessiert mit uns,

ist das für mich sehr, sehr unheimlich nahe am Ausraten, am Töten.

Und es fing ja bei ihm, und das führt uns dann hinein in das eigentliche Problem des Nazismus.

Denn mal sind wir Ukrainer für ihn das Gleiche mit den Großen Russen.

Das heißt, wir sind gar nicht voneinander zu unterscheiden.

Und das heißt, es darf uns gar nicht mehr, gar nicht geben.

Und aber auf der anderen Seite sind wir doch etwas anderes, aber so nahe es,

dass kein Recht hat, ein eigenes Leben zu haben und sozusagen zurückgeführt werden muss,

zwanzeläufig auch gewalttätig, in diese ununterscheidbare gemeinsame Identität.

Aber weil beides falsch ist, müssen diese Gedankenfehler kaschiert werden.

Und es muss die Wirklichkeit zurecht gebogen werden, so wie die Vorstellung ist.

Und das bedeutet im Endeffekt, dass wir einfach ausgerottet werden müssen.

Weil wir sind so die lebenden Evidenzen der Falschheit dieser Gedanken, dieser Vorstellungen.

Und wenn ich zurückschaue auf die Geschichte zum Beispiel des zwanzigsten Jahrhunderts,

mit diesen großen Ideen und großen Entwürfen, die auch ja als diejenigen galten,

die Gedankenfreiheit verkörpern, dann muss ich zurückschrecken vor einer solchen Gedankenfreiheit.

Ja, also eine starke, aussagene, schlüssige und starke Herleitung

von den Einfällen zu den fatalen Einfällen und zur fatalen Form der Gedankenfreiheit,

dem kann man ich wenig hinzufügen, aber eure Kommentare interessieren mich.

Ja, also ich, schon stark, also ich kann, ich erinnere mich immer wieder an den 24. Februar,

aber schon 22, ich war da, ich saß da in Böhmen in meinem Wärtshaus, am Abend mit meinem Vater

und seinen weichertrigen Kumpanen und ich habe selten so eine unglaublich stille Erlebt

im Wärtshaus, also dieser Männer, die sich sonst immer Geschichten erzählen, Bier trinken,

wieder so übliches, es soll Fernsehen, eine Sportsendung irgendwie, ein Volleyballspiel,

das hat niemand interessiert und niemand hat sich gewagt auf die Nachrichten umzuschalten,

das wurde niemand, aber trotzdem, die wussten alle, was sein Fernsehen läuft.

Und dann haben wir angestoßen, mit einem Freund von mir ist ein ehemaliger Angierer

bei der Eisenbahn, Verschubsarbeiter, wie das auf Österreichisch heißt, und dann hat er

angestoßen auf die ukrainische Eisenbahn sozusagen und das war ein sehr, sehr kleiner,

kurzer Moment, wo plötzlich alle in diesem Wärtshaus einfach sich dorthin versetzt haben

und natürlich für uns, weil wir einfach diese doppelte schräge Erfahrung haben mit der,

mit 45 unter 1968, wir checken, dann es ist kein Wunder, dass Tschechien und auch die Tschechen

an sich sehr der Ukraine treu sind und dass die tschechische Bahn wirklich gleich die Züge

an die ukrainische Grenze über die Slovakia und nach Przemysl geschickt hat, um die humanitäre

Hilfe dorthin zu bringen und gleich danach auch die Waffen, aber auch um Geflüchtete

aus der Ukraine nach Tschechien zu bringen, das waren und bis jetzt sind das in Tschechien,

man muss sich das in der Tat vorstellen, also wir sind 10,5 Millionen ungefähr und wir haben

fast eine halbe Million Ukrainer aufgenommen, 40 Prozent von denen wollen auch in Tschechien

bleiben und ich finde, in der Tat ist es auch gut so und richtig so, dann sind wir nicht nur

unter uns checken da, aber ähnlich gibt es auch, genau, auch eine andere Sprache, die man

öfters jetzt auf der Straße gehört, die wir in der Tat auch einen Maßen schnell verstehen

und wiederum die anderen auch schnell tschechisch, also das funktioniert in der Tat eigentlich

auch sehr gut, aber ich würde mich, ich versuche mich immer wieder auszusprechen, dass wir dafür,

dass wir einfach zu Ukraine halten müssen und sollen, dass das in der Tat notwendig ist

und ich bin manchmal sehr traurig über einige Intellektoren, die Pazifisten in Deutschland,

die das einfach anders sehen, die in der Tat die Ukraine auffordern, sich aufzugeben

und über Verhandlungen sprechen und wir wissen natürlich, oder ich, oder Joko Brokasko,

ich kann jetzt für mich sprechen, aber das deutet sich ganz klar in seiner Aussage jetzt,

ich wollte sie ganz klar, was das bedeuten würde, also zu diesem Zeitpunkt.

Joko Brokasko wird dann selbst sehr deutlich, wie er eben ist, nämlich jemand,

der eine Haltung hat und auch so freie Gedanken ist und den Mut auch hat, sie zu äußern,

das heißt, er wird sich darüber ganz klar noch äußern und ich habe das auch ganz bewusst

dann auch noch als dritte Aussage hineingenommen. Davor vielleicht noch kurz, Wolfgang,

dein Kommentar zu dieser doch bemerkenswerten Überführung von den Freien Einfällen

zu den Freien Einfällen, also auch hier scheint ja, Kant würde die Regel sein,

aber die wird eben nicht eingehalten, also die Freiheit im Gedanken des einen,

kann die Freiheit des anderen tödlich bedrohen, das finde ich ein bemerkenswerten Gedanken.

Also zunächst einmal muss ich etwas langweilig sagen, dass ich ja auslauf 100%ig zustimme,

die einzige Möglichkeit diesen Krieg zu verkürzen bedeutet, die Ukraine in den Stand zu setzen,

den Status quoante wiederherzustellen und die Russen aus der Ukraine zu vertreiben,

das ist mein Standpunkt und da sehe ich auch bei allem Schrecklichen, das ist ja furchtbar,

das darf man ja fast nicht sagen, aber es gibt einen positiven Punkt, dass ich doch den Eindruck habe,

dass die Europäische Union mehr oder weniger zusammenrückt und dass die Länder wie im Baltikum,

Tschechien, in Slowakei, Polen, Ungarn ist eine bemerkenswerte Ausnahme,

aber Österreich eigentlich auch, wenn ich mir das genau anschaue, dass es da einen Druck gibt,

der aus dem östlichen Teil von Europa kommt und dass die Stimmen dieser neuen Mitglieder plötzlich

etwas für diese Integration tun, das finde ich positiv und bemerkenswert.

Zu den Einfällen und den Einfällen, naja, das ist eine Geschichte, da müsste noch einen Satz dazufügen,

in Russland gibt es Gedankenfreiheit natürlich, aber potenziell nur für einen einzigen Menschen

und das ist das Problematische. Und da spielt natürlich schon mein Argument,

dass das Nein sich, nur das Nein die Freiheit zeigt, doch eine deutliche Rolle.

Das heißt, es ist ein Klima der Angst, wo ich nicht Nein sagen darf.

Das spielt ja auch in dem Abendstück, das wir heute, oder Nachmittagstück von Havel,

eine Rolle, dass ich mir genau überlegen muss, was ich sage.

Und in dem Augenblick, die Zensur beginnt ja da, dass ich sage,

ich habe einen spontanen Einfall in der Diskussion.

Es gibt viele Leute, die haben auf den Club 2 Nostalgie.

Ich habe das auch, die ist berechtigt, weil da gibt es Diskussionen,

wo die Leute spontan einen Einfall haben, den sie vorher nicht gehabt haben,

so wie der berühmte französische Politiker in der Nationalversammlung,

der noch gar nicht weiß, dass er jetzt sozusagen einen neuen Staat

und den Bruch mit dem Ancien-Regime ausdrücken.

Der wusste das nicht, der heißt das wunderbar beschrieben.

Und wenn ich das abschneide, also das Problem der Einfälle ist,

wenn nur ein Einfall gilt, dann kommt es im Sinn des Wortspils von Joko Brohasko zum Einfall.

Wir haben auf jeden Fall gecheckt von dem nächsten Einfall des russischen Präsidenten

schon ein wenig Angst, muss man schon sagen.

Das kam auch ziemlich schnell und plötzlich.

Also dieser Einmarsch in den 1860, ich habe diesen Orchernanatiso erwähnt

in der Ostervakei, da wurde ein Monat vorher in der Tat verhandelt,

da haben die Chechen in der Tat noch Versuche, also die Czechoslovakische Regierung,

die zu erklären, also deren Positionen, Freiheitspositionen,

also die haben über diesen Sozialismus, den menschlichen Anrunden später genannt wurde, geredet

und die hatten sogar das Gefühl und da haben die sich getäuscht,

dass sie das klar genug erzählt haben und dass sie wahrgenommen werden.

Ein Monat später war das plötzlich anders.

Und Prag oder die Czechoslovakia wurde überfallen.

Das ist ja bei Schiller auch so mit dem Marke Poser.

Der Marke Poser glaubt ja eine Zeit lang in dem Gespräch mit dem Philipp,

der dann noch sagt, ich möchte dich als Berater einkaufen.

Also es gibt sozusagen diese Täuschungsabsicht.

Zum schwarzen Mythos wollte ich sagen, natürlich erzählt Schiller auch einen schwarzen Mythos

über die Habsburger Monarchie.

Das ist handlich um Habsburger in der Geschichte von Don Carlos.

Das wollte ich nicht unerwähnt lassen.

Der wiederum einen, also diese schwarze Seite des Habsburgs,

wiederum erlaubt ja einen entsetzlichen Zirkelschluss zu den diktatorischen Gefügen,

die wir jetzt sehen.

Das ist sehr interessant.

Aus der Zusammenführung eurer Argumente entsteht zwangsläufig die Überleitung zum nächsten Statement.

Nämlich natürlich, ich glaube, jeder in diesem Raum ist sich bewusst,

wie unangenehm es ist, über Krieg zu sprechen und auch über seine Position dazu zu sprechen.

Davon wird es aber nicht besser, dass es allen unangenehm ist und sich niemand positioniert.

Denn während wir hier sitzen, sterben eben sehr nah und wie wir herausgearbeitet haben,

im ersten Teil dieser Diskussion verwandte im Sinne von, wir fühlen uns doch alle da ähnlich.

Das können wir aber immer so gut neutral abtrennen.

Ich denke, zwei Argumente von euch sind ganz wichtig, um das überhaupt das entsetzliche denken zu können.

Das eine ist, dass deine Vorforderung, auch du selbst in der Nachfrage,

tatsächlich die Einfälle im Sinne von Yurko zum Beispiel,

das russischen imperialen Idee erlebt haben und zwar nicht mal kurz,

sondern über Jahrzehnte, jemand wie Havel war, war ja vier Jahre inhaftiert.

Und zum anderen, dass das, was es zu verteidigen gilt, das Wort ist schon hier gefallen,

die offene Gesellschaft ist und das ja kein Schlagwort, sondern das ist eine Tatsache, die unser Leben bestimmt.

Über diese offene Gesellschaften, ich werde euch dann gleich wieder um eure Meinungen dazu bitten.

Und deren mögliche oder unmögliche Verteidigung spricht Yurko Brohasko im folgenden Beitrag.

Die Gedankenfreiheit in einer freien Gesellschaft, so wie sie zum Beispiel Karl Popper verstanden hat,

installieren kann und wer kann sie auf Recht erhalten und wer kann sie am Leben halten

und wer kann sie dann auch notfalls vielleicht von ihren eigenen Exzessen bewahren,

von den Exzessen, die dieser Freiheit inner wohnen, wie ich versucht habe, eben zu zeigen,

aber so, dass sie nicht in ihren Grundzügen zerstört wird.

Und ja, und das ist besonders jetzt, besonders aktuell.

Und das beschäftige ich mich auch enorm.

Wie soll sie verteidigt werden notfalls, wenn sie eben angegriffen wird

durch diese negativ verstandenen Gemeinden Einfallsfreiheit,

durch diese Freiheit der Einfälle, wozu sind wir fähig

und wozu sind wir bereit in dieser Bereitschaft zum Beispiel unsere Gedankenfreiheit auch zu verteidigen,

notfalls auch militärisch zu verteidigen, d.h. mit Gewalt.

Und das bringt mich wiederum zu einer, zu der sehr, sehr tragischen, wie ich finde,

in diesen Tagen Figur von Jürgen Habermas, der sein Leben gewidmet hat,

eben diesen Überlegungen darüber, wie eine Diskursivität in freien Gesellschaften

austariert werden kann und muss, wie die Pluralität der Gedanken der Meinungen prosperieren kann,

wie man sich verständigt, wie man diese anderen, diese unterschiedlichen Meinungen

und Interessen kommuniziert, damit es ein freies und lebensfähiges Gemeinwesen bleibt.

Und ausgerechnet dieser Jürgen Habermas ist jetzt derjenige, der offene Briefe initiiert mit den Aufrufen,

die Ukraine sollte sich ergeben und sich opfern, einem despotischen, einem verwüstenden Überfall.

Da appelliert Habermas an Verhandlungen, an die Notwendigkeit der Verhandlungen,

nur dass die Verhandlungen einer Instanz angeboten werden, die gar keine Verhandlungen vorsieht,

die sich eben von dem Prinzip der freien Einfälle in diesem negativen Sinne leiten lässt

und für den Verhandlungen nur Verhandlungen auf seinen Bedingungen sieht.

Und diesen Widerspruch kann Habermas nicht in einer guten Weise angehen.

Ja, Jürgen Brasco rüstet sich zur Antwort.

Ja, ja.

Das sage ich schon, Gottes Willen. Jauslaf Rudisch natürlich.

Ja, genau, das passt alles in die...

Ja, ich fand die ganze, diese ganze, es habe ich schon vorher ein bisschen erzelt,

ich hatte diese ganze Debatte oder Teil dieser Debatte in Deutschland,

aber es ist nur ein Teil davon.

Es ist nur ein Teil von Meinungen, auch von meinen Kollegen und Kolleginnen in Deutschland.

Ich hatte das ein bisschen traurig, also diese Bliefe.

Und vor allem eben dieses, das Besserwisserische.

Ja, wir erzählen euch, was es zu tun gibt, was du lieber Jürgen Brasco machen sollst jetzt.

Und ich finde, man sollte in der Tat eher Leute wie Jürgen Brasco,

Jury Andruchowicz oder Sherry Hayzadan einfach reden lassen

und deren Wünsche äußern, was wir tun sollen

und nicht über die zu entscheiden über die Ukraine.

Das hat sich tatsächlich für unglaublich arrogant und traurig.

Wolfgang?

Ja, ich bin auch hier langweilig, nämlich der gleichen Meinung.

Ich möchte nur noch hinzufügen, dass das Ausmaß der Krise überhaupt nicht begriffen ist.

Das heißt, die Vorstellung, wenn ihr Ukraine ruhig seid, dann ist alles vorbei.

Und das tankiert uns nicht.

Wir haben aus dieser Neutralitätsgeschichte, wir sind ja nicht einmal bereit,

über die Neutralität politisch zu diskutieren im Parlament.

Nachdem zwei Bündnispartner Schweden und Finnland die Neutralität aufkündigen wollen.

Das heißt, wir haben immer noch das Gefühl, wenn die Ukraine nur endlich aufhört,

dann haben wir in Deutschland und Österreich unsere Ruhe.

Aber warum sollte das sein?

Es ist das erste revisionistische Regime, das wir erlebt haben.

Der Unterschied, es gibt verblüffende Ähnlichkeiten zwischen dem Einmarsch in der Tschecheslobakei

und dem Einmarsch, der geplant war für Kiev und der Absetzung der Regierung Zelenski.

Aber das wurde nicht gespielt, diese Schallplatte.

Hätte es nicht nur diesen einen Einfall gegeben von Putin,

sondern hätte er vielleicht auch auf seine Militärs gehört.

Ich weiß es nicht, wir wissen es nicht.

Aber es geht ja um die Erhalt der Sicherheitsordnung.

Diese Neutralität war so lange etwas wert, nicht so viel, wie man immer gedacht hat,

weil es gibt niemanden, der die garantiert von außen, die österreichische im Übrigen.

Solange diese Sicherheitsordnung KSZE, USZE und so weiter bestanden hat

und selbst die kommunistische Regime hat, um das Machterhalt willen,

diese KSZE nicht gerne aber doch akzeptiert und grimmig unterschrieben.

Diese Sicherheitsordnung ist kaputt.

Und wenn es Putin gelingt, ein Drittel oder ein Viertel der Ukraine

im Russland zuzuschlagen, dann ist doch überhaupt keine Garantie da.

Da ist er nicht das nächste Mal ins Baltikum einmarschiert

und dann können die Leute die Pazifisten immer noch sagen,

ja, aber da müsste man akzeptieren, weil sonst schickt er vielleicht Atombomben.

Das ist also das Ausmaß und auch der vergleich, der verharmlosende Vergleich.

Ich will nicht sagen, dass Putin Hitler ist, aber ein hat er gemeinsam

und das ist das revisionistische Ziel, die Wiederaufrichtung,

das großrussische Reich im Analogie zum Großdeutschen Reich.

Das hat er gemeinsam und das passt nicht zusammen mit einem Politiker,

mit dem man Sicherheit und Grenzen austauschen kann.

Ich wollte noch zur offenen Gesellschaft ganz kurz was sagen.

Es ist vielleicht ein missbräuchlich, es ist ein sympathischer Ausdruck,

mir ist er sympathisch, weil er sozusagen einen gemeinsamen Raum etabliert.

Das muss nicht ein dritter Raum, sondern ein gemeinsamer Raum.

Aber das ist natürlich klar, dass es auch Grenzen gibt.

Und es ist eine Herausforderung, wie gehe ich mit Gegnern der offenen Gesellschaft um,

wie gehe ich mit Leuten um, die die Spielregeln nicht einhalten wollen.

Da würde ich trotzdem sagen, wir müssen versuchen auch im Hinblick

auf die Haltung dieser Diskussionsräume in Deutschland, in Österreich, in anderen Ländern,

dass das wirklich nur die Ultima Ratio ist zu sagen, du gaffst nicht am Tisch sitzen.

Es hat keinen Sinn, wenn zwei Leute sich unterhalten über Verschwörungstheorien

und keiner am Tisch sitzt, der das zumindest teilweise verteidigt.

Von daher finde ich es auch gut, dass die Pazifisten die Gorschen aufreißen

und andere widersprechen.

Und Gott sei Dank gibt es einen Lernprozess,

interessanterweise von den deutschen Grünen angetrieben,

aber nicht ganz zufällig, die die Sozialdemokratie doch zu einem Bruch bringt

mit diesem Abismenpolitik gegenüber Putin.

Das ist auch das Ergebnis eines demokratischen Prozesses.

Deswegen rate ich mich jetzt nicht über die Frau Wagenknecht zu empören

oder Herrn Übernabermas, sondern einfach zu sagen,

nein, das ist ein falsches Argument.

Und wenn immer das noch einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts ist,

erirrt sich an den Punkt.

Vielleicht folgendes, was uns doch alles so beklemmt,

und ich deute auch das Stühleknistern im Raum so,

ist, dass wir doch alle noch vor wenigen Monaten, Jahren gesagt haben,

wir sind sehr verständlich, sind wir Pazifisten, was denn sonst?

Wir sind alle Pazifisten, letztendlich.

Genau. Das heißt, die Schwierigkeit und deswegen finde ich die Beiträge,

sogar die extremen Beiträge, unglaublich wichtig,

damit die Debatte nicht völlig aus den Fugen gerät.

Also ich bin froh um den Brief von Habermas,

auch wenn ich die Einstellung nicht teile zum Mal,

dass, was Joko zum Schluss sagt, einfach unwiderlegbar stimmt.

Es werden keine Lösungen kann niemand anbieten,

aber nicht mal Überlegungen, nicht mal Lösungsansätze.

Was denn dann?

Was denn, wenn jemand nicht verteidigen will?

Also es gibt, wie er richtig sagt, es gibt so,

man findet diese Argumente, also ich finde sie wahnsinnig sympathisch.

Ich finde auch, muss ich ganz ehrlich sagen,

einige der Wagenknechtargumente emotional und auch als Frau

und auch als Mutter von einem Sohn unter anderem,

sehr nachvollziehbar und in einem Teil richtig.

Und ich finde es sehr, sehr wichtig,

dass sie ausgesprochen und ausgesprochen werden müssen

in einer Demokratie.

Was einen zum Verzweifeln bringt, ist, aber ich würde mir das so wünschen,

auch von meinen Freunden, die nach wie vor Freundinnen und Freunden sind

und das finde ich wichtig, dass wir uns das erhalten,

die diese Meinung eines Habermassen zu weiter teilen,

mit denen ich trotzdem sehr befreundet bin, sind kluge Menschen.

Aber das Entsetzliche ist, dass wir von niemand aus dieser Ecke

auch nur eine Idee hören, wie man die Abschaffung der Freiheit,

die droht für Gebiete, wie du es beschrieben hast,

aber nicht nur für Gebiete, auch für die russische Bevölkerung selbst,

wie man das beendet.

Und das möchte ich nur vorausschicken vor der dritten Einspielung,

die fürchten sich nicht, aber noch mal deutlicher wird.

Und ich finde es ist auch wichtig, dass man das in einem analogen Raum,

der nicht verkürzt sagen muss und darf, was Joko Brohasko zu sagen hat.

Aber in unserer Diskussion, bevor wir zu diesem dritten Punkt kamen,

habe ich denn gesagt, das Schwierige scheint doch für uns,

für den sogenannten Westen, auch den östlichen Westen

oder westlichen Osten zu sein,

dass wir auf einmal gar nicht mehr akzeptieren können,

dass es etwas wie, ich sage jetzt bewusst,

dass der Adderfrau das Böse gibt.

Also wir sind ja so weit gekommen in unserem Wohlfühl,

dass wir das eigentlich, außer so in kleinteiligen Dingen,

eigentlich nicht akzeptieren wollen oder können,

dass das, was Schädliches, wie Joko Brohasko sagt,

tödliches Böses will, nicht daran denkt, von selbst auch zu hören.

Also diese Idee, die ja seit der Welt besteht

und Gott sei Dank hat sie sich zivilisiert,

aber sie hat sich eben nicht so sehr zivilisiert,

merken wir gerade, nicht nur in der Ukraine und in Russland.

Das ist nicht, weil wir es uns wünschen, verschwunden.

Und damit tun wir uns einfach sehr viel schwerer,

als die, die unmittelbar darunter leiden, offenbar.

Ich wollte nur ganz kurz zu Frau Wagenknecht

und den anderen Schiftern und so sagen,

was ich in der Tat wirklich traurig finde,

dass sie sich überhaupt nicht allein versetzen können

in die Leute, wie Joko Brohasko, Jury Andruchowicz,

in die anderen Autoren, wie es ihnen in der Tat geht.

Was aus Spirgien steht sozusagen in der Ukraine.

Ich war einmal in Moskau und diese Erfahrung

teile ich noch mit ein paar Freunden von mir.

Da haben wir in der Tat für uns jetzt Pragefrühelungen,

in der Tat auch für unsere Generationen,

ich bin ja auch ganz 72, aber trotzdem hat das die Familien

in der Tat unglaublich beeinflusst.

Und es ist ein Trauma,

was in der Tat überhaupt nicht zu vergleichbar ist

mit diesem schrecklichen Krieg in der Ukraine.

Ja, die Sowjets haben auch 200, 300 Leute umgebracht

in der Czechoslovakie, auch erschossen,

oder bei den Verkehrsunfern, aber in Prag wurde stark,

also sind mehrere Dutzende Leuten,

wurden einfach von den Sowjets umgebracht

auf der Straße, bei den Straßenkämpfen.

Aber es kann man tatsächlich nicht vergleichen mit diesem Trauma.

Und trotzdem ist das für uns Czechen ein großes Trauma

und dann erzählst du das jemals aus der offenen russischen Gesellschaft,

sozusagen vor, das war lange noch vor diesem Krieg,

2012 war ich in Moskau, und die hat das in der Tat gar nicht interessiert,

aber trotzdem hatte ich auch bei ihnen,

also Putin-kritischen Leuten das Gefühl gehabt,

die verstehen uns aus einem Teil von deren Imperium.

Und das fand ich in der Tat ziemlich beängstigend.

Ja, also die Czechoslovakie in der Tat

ist immer noch ein Teil von uns, wie 1970 oder 80.

Und das war doch alles so schön damals.

Und das Pragefühling und die Truppen,

die sowjetischen Truppen in Prag,

davon wussten sie in der Tat wahnsinnig wenig.

Oder es war ihnen fast egal.

Oder an der Präferie des Imperiums

kam es zu einem kleinen Ereignis im August 1968.

Was ja auch wieder zeigt, wie erfolgreich und natürlich

also exponentiell erfolgreich durch die sozialen Medien

und die sehr große technologische Beherrschung

Russlands und des Putin-Kreises, insbesondere dieser Medien,

welche Zurichtungen möglich sind.

Ich habe derzeit eine russische oder ex-russische

dissidentische Studierende, die gesagt hat,

ihr war das klar seit zehn Jahren, wo das hinläuft.

Dass das unaufhaltsam da hinläuft.

Und sie ging, weil sie damit nicht konnte.

Und schämt sich auch ein bisschen,

dass sie ging, ist natürlich trotzdem heute froh.

Aber so offensichtlich, tatsächlich für manche,

war das schon erkennbar.

Ich möchte auf eine letzte Gedankenfahrt

mit Joko Prohasko mich begeben.

Er bringt noch mal einen Aspekt ein,

der uns auch letztes Jahr beschäftigt hat.

Aber über dieses Jahr, wo er nun, wie er selber gesagt hat,

naturgemäßig sehr viel mit diesen Dingen beschäftigt hat,

hat er das noch mal pointierter formuliert,

das will ich Ihnen nicht vorenthalten.

Dass er nämlich den Schrecklichen verdacht hat,

dass wir im Westen, aber er nimmt sich da auch gar nicht aus

oder auch bestimmte Kreise, auch der Ukraine,

Kleinkriege führen, um uns davor irgendwie

unbewusst zu schützen,

uns den tatsächlichen Angreifern entgegenzustellen.

Intellektuell und vielleicht auch anders.

Mich zwei Seiten einer Mentale,

in denen wir einerseits uns vorgaukeln,

wir würden für die Freiheit der Gedanken

und der Meinungen kämpfen,

tragen wir dieses Spiel im Kleinen aus

und verlieren aber die große Kämpfe, die große Kämpfe,

indem wir gleichzeitig bereit sind,

unsere Freiheit zu opfern

an die großen autoritären, paternalistischen Figuren,

die uns versprechen, diese Last uns abzunehmen

und besser zu wissen.

Und das ist auch die Verfassung

von großen Teilen der westlichen Gesellschaften heute

und das tut ihn nicht mit aller Entschiedenheit

und mit aller Mehrheit negiert wird im Westen,

nicht als etwas, was genuin feinliches, unzulässiges,

tödliches wahrgenommen wird.

Das ist für mich auch mit dieser Lasterfreiheit,

das hat mir damit zu tun.

Dann brauchen wir dringend eben auch die Vorstellung,

dass, so wie sie auch schon Karl Popper hatte,

dass eine offene Gesellschaft und Gedankenfreiheit auch erklärte,

nicht nur unbewusste und ambivalente Feinde,

Herz und auch erklärte Feinde, die sie zerstören wollen,

so wie das Ayatollah-System in Iran

oder das chinesische Gedankenkontrollsystem

von anderen Despotieren wie Nordkorea

oder von streng islamistischen gar nichts zu sprechen

und das dann eben unsere Fähigkeit da sein muss,

diese Freiheiten von uns auch zu verteidigen,

so wie wir es tun, wie Ukraine heute auf dem Schlachtfeld,

in dem wir sämtliche Freiheiten wirklich mit Waffen verteidigen müssen,

denn sonst werden sie zerstört, diese Freiheiten und auch ihre Träger.

Wolfgang Müller-Funk.

Ja, ich denke, das ist ein zentraler Punkt.

Das Unbequeme an der Ukraine ist ja das,

dass sie ihre Freiheit verteidigen.

Das ist ein Spiegelbild.

Wären denn wir Österreicher,

wären die Deutschen bereit, ihre Freiheit zu verteidigen?

Das steht doch sehr in Frage.

Also wenn man sich die Situation dieser Armee in Deutschland,

also des wichtigen und inzwischen auch politisch mächtigsten Land Europas,

vorstellt, dann muss man die Frage eindeutig mit Nein beantworten.

Und deswegen bin ich nicht ganz so mit Frau Magenknecht und alles Schwarz.

An dem Punkt, es gibt andere Punkte, wo ich sagen würde,

ja, da stimme ich mit überein.

Diese Tradition hat uns in diese Situation gebracht.

Es gibt ja eine verdeckte Geschichte bei dieser Apismensache.

Der Krieg hat nicht nur 2014 begonnen,

oder sogar schon 2004 mit den Drohungen nach dieser ersten Revolutionsversuch,

sondern wir haben die Ukraine im Regen stehen gelassen.

Es hat nie ein vernünftiges Angebot an die Ukraine gegeben,

sich der Europäischen Union oder der NATO beizutreten.

Es hat niemals das Angebot gegeben, deren Entwicklung zu einem demokratischen Stadt,

wie Hopa Tadjik und Holprik, der auch sein mag.

Es ist vollkommen egal.

Aber auf den Weg, wenn er offen gesagt hat,

wir haben sie überhaupt nicht unterstützt.

Und deswegen hangeln wir jetzt hinterher.

Und es ist nicht weiter verwunderlich,

dass sich Menschen auf der linken, wie auf der rechten Seite,

bei dieser Demonstration sind ja auch AfD-Leute mitmarschiert.

Das muss man ja auch mal sagen.

Dass die das so sehen, das ist eine Tradition, eine Kontinuität,

die aber den Unterschied selbst, ich bin kein Freund von Brechne,

68 und so weiter.

Aber das ist eine andere politische Situation.

Und da kann man nicht einfach sagen, naja gut,

das ist die Einflussszene von Putin.

Das ist sozusagen Teil unseres Friedensprojekts.

Also die Prolongierung und Projektion der Situation vor 89 auf nach 89.

Und diese Menschen haben nicht verstanden,

dass sie nicht mehr im Jahr 1987 oder 1988 leben,

sondern dass da 25 Jahre dazwischen liegen,

die uns in einer viel unsicheren Lage sehen lassen.

Ja, das stimmt mich auch zu,

auch die letzten Worte hier von Jürko Brokasko,

da hat er alles in der Tat erzählt.

Aber tatsächlich die Ukraine, also ich glaube,

wir haben die überhaupt nicht wahrgenommen,

aus Land in der Tat nicht wahrgenommen,

die ukrainische Literatur oder die Kulturszene,

vielleicht mehr im Polen schon,

aber in Deutschland in der Tat war das eher so was für die absoluten,

fast Narrats, oder die Experten.

Und das ist jetzt natürlich auch deutlich, deutlich anders.

Also das ist tatsächlich Putin gelungen.

Plötzlich existiert eine Ukraine,

plötzlich existiert ein vereinigtes Europa mit ein paar Ausnahmen,

aber wir halten zusammen.

Und es entsteht einfach eine,

oder die ukrainischen Bücher werden gelesen,

die Autos werden endlich wahrgenommen.

Das wollte ich in der Tat ganz am Anfang sagen,

über diese tschechische Literatur,

die sich auch mit der Zeit von 1918,

jetzt gerade auseinandersetzt,

das gibt es auch in der ukrainischen Literatur.

Mitdessen bei Jury Andruchowicz, ganz stark,

zum Beispiel in seinem Roman Zulfringer,

der nicht einfach wirklich von großartiges Buch halte.

Und da, das haben der Hauptfiguren,

ist ein Österreicher, der in der Tat in der West-Ukraine unterwegs ist,

in den Kapaten und dann auch verloren geht.

Aber da gibt es auch einen gewissen Sinn.

Nach diesem Kulturraum, in diesem Buch ist ganz klar,

wie nah, wie kurz der Weg von Lviv nach Wien ist,

oder nach Prag, oder nach Budapest.

Also das ist, und ich glaube,

seine Tochter Sophie Andruchowicz hat mindestens,

ich habe das Buch nicht gelesen,

aber in Brno läuft das jetzt aus der Art der Stücke ein Buch.

Auf Tschechisch heißt das Felix Austria.

Also das ist ein ganz klarer Bezug zu dieser gemeinsamen Geschichte.

Vielleicht noch ein Punkt gegen Schluss, der auch für viele Missverständnisse führt,

und der zu viele Missverständnisse führt,

und der natürlich auch wirklich eigenartig ist.

Es gibt ja diese sogenannte Hufeißentheorie,

das nämlich sich die rechten und die linken Ränder in den Fragen der Gegenwart,

also sei das jetzt nun die Gesundheitspolitik,

so Thema Impfzwang, nicht Impfzwang,

sei das der russische Angriffskrieg, viele andere.

Und wir bemerken erstaunlicherweise,

dass sich diese beiden ja doch eigentlich extrem auseinander liegenden Ideologien,

also das sogenannte rechts und das sogenannte links,

wir wissen ja, dass das in Rheinkultur heute so gar nicht mehr,

also es ist ja auch ein alberner Schwarz-Weiß-Konflikt,

aber nennen wir das mal so, dass sich die Ränder,

und die sind tatsächlich Schwarz-Weiß,

unglaublich ähneln,

woran und auch gegenseitig natürlich beschimpfen.

Also es ist für mich eine ganz grauenvolle Pointe,

nicht dieser Diskussion, aber der Diskussion um Themen,

wie wir sie heute haben, mit Olga Floral, ich erzählte sie,

ja also sie schätzt Joko Brohasko, unglaublich,

aber manche sagen ja, der würde jetzt ja auch durch die entsetzlichen Umstände

verständlicherweise irgendwie mit nationalen Überlegungen spielen.

Und das ist diese entsetzliche Verwechslung,

dass jemand, der die Ausstellung in Berlin,

das muss man sich mal vorstellen,

der die jüdische Stadt Lemberg-Chef kuratiert hat,

der nun wirklich einen ausgewiesen Erkenner

nicht nur der jüdischen Geschichte-Szene,

sondern also auch offenste Freundeskreise hat,

der sich immer gegen den Nationalismus in der Ukraine ausgesprochen hat,

den auch nicht beschönigt hat,

dass der jetzt einfach sagt, aber Entschuldige,

dürfen wir bitte auch als Nationen oder werdende Nationen,

als ein eigenes Staatengebilde entstehen

und unsere Werte verteidigen jetzt plötzlich,

weil es gerade opportun ist, um einer Friedenslösung,

die, wie du sagst, im Aufroktoniert wird,

wird das in so eine Ecke gestellt.

Und das ist ja auch etwas Grauenvolles

und das hat damit zu tun,

dass sich diese rechten und linken Extremideologien annähern.

Woran liegt das aus eurer Sicht

oder wie ist das überhaupt möglich,

ist das auch, ist das, weil sie nicht frei,

weil diese Ränder in ihren Gedanken nicht frei sind

oder woran liegt das?

Ich glaube, das hast du damit jetzt beantwortet.

Das ist in meiner Sicht genau,

also das gab es schon wahrscheinlich immer,

wenn man an den Pakt Molotov-Liebendrop denkt,

da haben die sich doch schon mal auch begegnet.

Auch das wurde zum Beispiel in der Czechoslovakia

in der Tat gar nicht tematisiert.

Also auch wir haben in der Tat

auch die sowjetische Propaganda übernommen,

auch aus, klar, es gab das andere Trauma für uns,

wir haben das Münchenabkommen im Stich gelassen,

ohne uns, über uns, was in der Tat der Ukraine

jetzt auch drohen würde,

wenn man Frau Schwarzer

oder Wagennecht in der Tat folgen würde.

Das würde das wahrscheinlich auch heißen,

ich weiß es nicht, aber vielleicht.

Und dann plötzlich ab so eine leere Zeit über den Krieg,

über den Angriff Frankreich oder England,

wurde nicht so viel erzählt.

Und dann kommt der 22. Juni 1940,

der Angriff der Wehrmacht

oder von Deutschland nach Deutschland der Überfall

und die Sowjetunion.

Und ich glaube bis heute hatte ich immer den Eindruck,

dass das davon geblieben ist,

dass das auch in Russland nicht tematisiert wird,

dass in der Tat die Sowjetunion

die batischen Ländern überfallen hat,

dass sie Polen überfallen haben mit der Wehrmacht.

Das ist ja ein Kompliz von Hitlerwahn.

Richtig, genau.

Das wird in der Tat gar nicht tematisiert

oder dass sie Finnland überfallen haben,

dass sie Komplizin waren.

Das wird in der Tat auch nicht mal weggeredet.

Darüber wird nicht geredet.

Wir wurden angegriffen

und wir haben uns in diesem Krieg verteidigt.

Und auch in Tschechien wird auch jetzt darüber diskutiert,

ob 1945 wieder ein Kriegsende,

ob das tatsächlich eine Befreiung war,

also mindestens aus der östlichen Sicht.

Weil nach drei Jahren Freiheit 48 haben die Kommunisten

die Macht übernommen.

Die Tschechien haben die auch gewährt.

Aber dann kommen wirklich drackonischen 50er-Jahre

mit Arbeitslagen in der Tat,

mit den kommunistischen Gazettes,

mit vielen Leuten, die man umgebracht hat.

Wir wurden zu einer Kolonie von der Sowjetunion.

Wir werden das wirklich vergleichen,

dass man 1918 nochmal ein Teil von Österreich und Ungarn waren.

Und das wird dann plötzlich 1948

zu einer Kolonie von Russland gewesen sind.

Nur ein paar Jahrzehnte später.

Das ist schon ein trauriges Ende in der Tat.

Ich denke, dass dieser Satz von Rosa Luxemburg,

also einer linken, radikalen Linken,

ein Ausnahmewert hat.

Nämlich, dass Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist.

Und ich halte das auch für logisch.

Ich kann das heute nicht mehr ausführen.

Vielleicht machen wir das bei einem anderen Mal.

Was die Gemeinsamkeit zwischen radikalen Rechten

und radikalen Linken ist, ist das Freundfeinschema.

Und der Freundfeinschema ist kein Platz für den Andersdenkenden.

Ich muss alles tun, um diesen Feind zu vernichten.

Das ist eine Art von Schlachtordnung.

Es gibt belegbare Faszinationen für das Denken von Karl Schmidt.

Auch bei einem Denker,

der mir persönlich und theoretisch sehr lieb ist,

wie Walter Benjamin,

das finden die Leibern, die linken Theoretiker.

Völlig unabhängig von der Ideologie.

Und das sieht man ja auch,

dass jetzt die radikalen rechten Identitären

von den linken Identitären abkupfern.

Und vollkommen natürlich nicht gerechtfertigt,

die Philosophie von Michel Foucault dafür gebrauchen oder missbrauchen,

zu sagen, wir sind die armen Opfer.

Und die Demokratie, das ist überhaupt nichts wert.

Das passiert ja gar nicht.

Und die ganz bewusst die Spielregeln verletzen.

Und das ist eine Herausforderung, wie man damit umgeht.

Und nicht zuletzt auch Putin selbst,

der ja hauptsächlich im eigenen Land damit punktet,

sich als großer Antifaschist darzustellen.

Mit Mitteln, die wir auch,

wenn man Plumpevergleiche umgehen möchte,

gar nicht anders als fascistuide Vernichtungsmittel ansehen muss.

Vielleicht doch als einen etwas helleren Ausblick gegen Ende,

sei erwähnt, dass Sjokobrasko rührenderweise

sehr wohl Gedanken entwickelt hat für danach,

wann auch immer dieses danach einsetzen wird.

Und er hat, finde ich, völlig zu Recht gesagt,

dass wir doch als Zivilisationen, Demokratien,

daran arbeiten müssten Kriterien,

nicht lose Gedanken, sondern Kriterien dafür zu entwickeln,

wie wir der, und hier kommt der Brilliant an den Anfang seiner Überlegungen zurück,

der schrecklichen Einfallsfreiheit rechtzeitig

in einer Art von Frühwarnsystem etwas entgegensetzen.

Und tatsächlich ist es so,

diese Kriterien sind nicht ausgearbeitet.

Es sind kein wirklich öffentlichkeitsmächtiges Thema in der EU.

Wir haben auch wieder eine berechtigte These von Prohasko.

Wir zerstreiten uns über Einzelheiten sei das immer kleinerwärter der Identitäten,

sei das irgendwie die vielzitierten Fischereirechte.

Aber sozusagen die Kriterien, nach welchem System das verbindlich ist,

stoppen wir rechtsverbindlich, international,

bevor es in kriegerische Situationen eskaliert,

diese entsetzliche Freiheit der Einfälle.

Also auch dafür gibt es Menschen,

die überlegen und gerade auch in diesen Gebieten,

obwohl sie ganz unmittelbar von anderen Schrecklichkeiten bedrängt sind.

Und das ist neben dem hervorragenden Eisenbahnnetz,

glaube ich, doch etwas wie Hoffnung und eine berechtigte Hoffnung.

Mir bleibt mich bei euch beiden herzlich zu bedanken für eure Beiträge,

darauf hinzuweisen, dass ich ein großer Fall in der Literatur

von Wolfgang Müller-Funk und von Jaroslaw Rudisch bin.

Einige der Berge, nicht alle, weil Max hat mir verraten,

alles was wir hier diskutieren bleibt ja nicht ohne Spuren

und betrifft zum Beispiel auch den Buchhandel.

Das heißt, Lieferungen von Büchern sind schwieriger geworden in Europa,

als sie es schon waren, auch selbst zwischen Österreich und Tschechien.

Das heißt, es sind nicht alle deiner Werke was Trauriges.

Jetzt lieferbar oder hier lieferbar, aber einige liegen da.

Dann möchte ich hinweisen natürlich auf die Vorstellung um 15 Uhr, Audient.

Audient ist die Vorstellung, also ich nehme fast alles zu allen,

von ihnen gedrungen sollten sie Karten für den Nachmittag haben.

Wenn nicht, die Carlos-Karten sind gültig.

Wir mussten ihr verschieben aufgrund eines Krankheitsfalls.

Übrigens, der Kollegin geht es wesentlich besser.

Also freuen Sie sich auf die Premiere am Donnerstag,

die natürlich ausverkauft ist.

Ab dem 17. gibt es erst wieder Karten für dann Carlos,

und ich kann das wirklich noch schwer empfehlen.

Wir werden auch darüber dann, Wolfgang,

jetzt ein bisschen schon blicken lassen, hier diskutieren.

Ja, nebenbei gesagt, es gibt wieder unseren goldenen Postkasten.

Das war übrigens ein Publikumswunsch,

und es gibt schöne Postkarten, die liegen wie auch andere Worte,

wie Gesubenniers bei Max auf.

Und Sie können, aber sollten Sie noch nicht im Newsletter

einfach Ihre leserlich, Ihre E-Mail-Adresse draufschreiben,

absichtlich in dem Kasten abgeschirmt.

Das heißt, ihr bekommt niemand außer die Menschen,

die Sie bei uns in den Newsletter eintragen, wenn Sie das möchten.

Sie können aber auch einfach eine Bemerkung schreiben,

was Ihnen vielleicht einfällt zu diesen Erlebnissen hier.

Es ist etwas wie ein Postkarten-Gästebuch.

Wir mögen das mehr als, wie soll man sagen,

die üblichen Mail-Kommentare.

Wir sind, wie Sie sicher schon durchschaut haben,

Freundinnen und Freunde des Analogen.

Zumindest pure Kontrast.

Ja, bedanken möchte ich mir aber auch im Voraus,

und Sie neugierig machen für diejenigen, die am Nachmittag bleiben.

Wir hatten natürlich das Problem.

Es gibt ja nach den Vorstellungen von Audienz die Nachtgedanken.

Die Vorstellung ist selbst sehr intensiv, aber kurz und kurzweilig.

Als zweiter Akt gibt es diese Nachtgedanken,

heute eigentlich Nachmittagsgedanken.

Nachdem nicht absehbar war, dass diese Vorstellung heute einspringt

und ich nicht in drei Tagen einen Großautor in Großautor

einfach mal zu Tisch bitten kann,

die uns dann ab nächster Woche auch begleiten werden,

haben die beiden Herren sich bereit erklärt,

auch das Nachmittaggespräch mit mir zu führen.

Das wird keine Wiederholung sein,

sondern da geht es dann ganz klar um Havel und um seine Welt

und sein Theater und die Gedanken, die man daraus schöpfen kann

und die positiven Einfälle.

Ich bedanke mich für Ihre Konzentration.

Die ist für uns ganz wichtig, sonst könnten wir hier gar nichts entwickeln.

Ich freue mich auf den Nachmittag und die beiden Herren,

denn vielleicht wird es ja Fragen geben,

sind ein wenig noch im Raum und auch am Nachmittag wieder hier.

Das ist ein Salon, schauen Sie sich nicht zu diskutieren.

Danke.

Sie hörten in den Ausschnitt eines Salon Europa vom 5.3.2023

beim Festival Europa in Szene in Wiener Neustadt.

Zu hören waren der ukrainische Schriftsteller und Übersetzer

Jurko Brojasko, der tschechische Schriftsteller Jaroslav Rudisch,

der Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk.

Die Diskussionsleitung hatte Theaterfrau und Festivalleiterin Anna Maria Krasnick.

Bei den Veranstaltern bedanke ich mich für die Zusammenarbeit.

Ich verabschiede mich von allen, die uns auf UKW hören.

Meinungsaustausch zwischen intellektuellen unterschiedlicher Provinienz gibt es

regelmäßig im Falter.

Ich empfehle ein Abomordesfalter.

Alle Informationen gibt es im Internet unter www.abo.falter.at.

Ursula Winterauer hat die Signation gestaltet.

Philipp Dietrich betreut die Audio-Technik im Falter.

Ich verabschiede mich bis zur nächsten Sendung.

Sie hörten das Falterradio, den Podcast mit Raimund Löw.

Copyright WDR 2021

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Über widersprüchliche mitteleuropäische Traditionen diskutieren der tschechische Autor Jaroslav Rudiš und Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk mit der Theatermacherin Anna-Maria Krassnigg im Salon Europa.

In der Gesprächsreihe SALON EUROPA diskutieren Theatermacherin Anna Maria Krassnigg sowie Autor und Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk mit hochkarätigen Gästen aus Kultur und Wissenschaft.


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