Echo der Zeit: Über das Schicksal Libanons entscheidet die Hisbollah

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 10/20/23 - 42m - PDF Transcript

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Radio SRF echo der Zeit mit Christina Scheidecker.

Unsere Themen am 20. Oktober.

Wie groß ist die Gefahr, dass die islamistische Hisbollah-Miliz

Libanon in den Krieg im Nahen Osten verwickelt?

Antworten liefert ein Besuch in einer Hisbollah-Hochburg im Süden des Landes.

Großbritannien wiederum versichert Israel seine Solidarität.

Israel habe jedes Recht zur Selbstverteidigung,

in der sich die Regierung sagte, Premier Regis Sunak in Jerusalem,

welches Interesse hat er, sich in diesem Konflikt zu engagieren?

In Venezuela könnte es nächstes Jahr zu Wahlen kommen,

dank eines Kompromisses von Opposition und Regierung.

Die USA belohnen das mit einer Lockerung der Sanktionen.

Und der Textilmaschinenhersteller Rita hat einen großen Stellenabbau angekündigt

und ist damit nicht alleine in der Schweizer Industrie.

Und die Gründe für diesen Trend.

Wir beginnen mit den Nachrichten und Patrick Walter.

Seit bald zwei Wochen ist die Bevölkerung im Gasastreifen eingeschlossen.

Es brauche unbedingt Hilfslieferungen,

sagte heute UNO-Generalsekretär Antonio Guterresch.

Guterresch ist deshalb heute nach Ägypten gereist.

Er verlangt, dass die Grenze zum Gasastreifen bei Rafa so schnell wie möglich geöffnet wird.

Dort stehen seit Tagen Lastwagen mit Hilfsgütern bereit.

Ägypten hat grundsätzlich zugestimmt, den Grenzebegang zu öffnen.

Zuerst müssten aber die Straßen ausgebessert werden, die von den Kämpfen beschädigt sind.

In Ägypten selber sind am Nachmittag 10.000 der Menschen auf die Straße gegangen,

um die Menschen in Gaza zu unterstützen.

Auf dem Tarierplatz riefen sie Brotfreiheit Arabisches Palästina,

das berichten Journalisten der Nachrichtenagentur AFP.

Das Schweizer Außendepartement Eda rät von Reisen nach Israel ab.

Wegen des bewaffneten Konflikts zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas,

sowie auch den Spannungen an der Grenze zwischen Israel und Lebanon und im Westjord an Land.

Das Eda rät von touristischen und anderen nicht dringenden Reisen ab.

Von Reisen in einzelne Landesteile Israels rät das Eda gar generell ab.

Im ganzen Land besteh die Gefahr von Anschlägen und Angriffen mit Fahrzeugen oder Waffen.

Seit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel haben antisemitische Vorfälle zugenommen, auch in der Schweiz.

Allein in den letzten zwei Wochen zählte der schweizerisch-israelitische Gemeindebund so viele Vorfälle wie sonst in einem halben Jahr.

Es habe sogar Tätigkeiten gegen Jüdinnen und Juden gegeben, erklärt der Gemeindebund gegenüber SRF,

zeigt sich ab der Zunahme der antisemitischen Vorfälle sehr besorgt.

In die USA. Präsident Joe Biden hat beim Kongress mehr als 105 Milliarden US-Dollar beantragt für verschiedene Zwecke.

So soll zum Beispiel Israel 14 Milliarden Dollar erhalten für humanitäre Hilfe in Israel,

dem Gasastreifen und der Ukraine sind weitere 9 Milliarden Dollar vorgesehen.

Weitere 61 Milliarden Dollar beantragt das weiße Haus für die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg,

davon rund die Hälfte Militärhilfe.

Da sich das Repräsentantenhaus aber noch auf keinen neuen Sprecher oder eine Sprecherin einigen konnte,

könnte in dieser Gelde derzeit nicht verabschiedet werden.

Nochmals in die Schweiz. Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier sollen Einkünfte aus Nebentätigkeiten offenlegen müssen.

Das will die Staatspolitische Kommission des Ständerats mit 7 gegen 4 stimmen.

Eine parlamentarische Initiative verlangt, dass Mitglieder von Ständerat und Nationalrat angeben müssen,

wie viel Geld sie für Nebentätigkeiten erhalten.

Als nächstes befasst sich die Staatspolitische Kommission des Nationalrats mit den Nebenbeschäftigungen.

Sechs Jahre lang wurde der Staudam Grand Dixence im Unterwallis renoviert,

nun sind zwei Kraftwerke wieder in Betrieb gegangen.

Bis Ende Winter sollen sie wieder voll funktionsfähig sein, schreibt die Betreiber in der Anlage.

Der Staudam ist vor mehr als 60 Jahren gebaut worden, die Sanierung kostete 240 Millionen Franken.

Zu den Börsendaten von 18.04 geliefert von 6, der Swiss Market Index schließt bei 10.349 Punkte minus 1 Prozent.

Der Dow Jones Index in New York fällt um 0,4 Prozent, der Euro wird zu 94 Grad 46 gehandelt, der Dollar zu 89 Grad 22.

Und wie wird das Wetter aufs Wochenende hin?

Der Regen und der Föhn lassen im Norden am Abend nach. Morgen ist es in der zentralen und östlichen Schweiz,

sowie im Tessin wechselnd bis stark bewölkt und dazu regnet es, sonst wird es rechtssonig.

Die Temperatur erreicht morgen etwa 16 Grad.

Die Sorge vor einer Ausweitung des Nahostkrieges zwischen Israel und der Hamas ist groß.

Vor allem Libanon könnte in einen Krieg mit Israel hineingezogen werden.

Denn vom Süden Libanons schießt die radikale Schiedenmiliz Hisbollah immer wieder Raketen nach Israel.

Wer ist die Hisbollah und was bezweckt sie mit diesen Angriffen?

Nahost-Korrespondent Thomas Gutersohn ist in Hisbollah-Gebiete gereist.

Mlita ist das Herz der Hisbollah, denn in Mlita, etwa 2 Stunden autofahrt südlich von Beirut,

wird die Doktrin der Miliz erklärt in einem Freilichtmuseum.

Geschichtsschreibung radikal islamischer Art.

In einem 15 Minuten dauernden Film meldet sich Milizenführer Hassan Nasrallah persönlich zu Wort.

Was folgt, ist die Geschichte einer kleinen, schlecht ausgerüsteten Miliz,

die heldenhaft eine der stärksten Armeen der Welt bekämpft.

Immer wieder wird gezeigt, wie israelische Panzer und Flugzeuge mit primitiven Raketen beschossen werden und in Feuer aufgehen.

Franz ist untermalt von heroisierender Musik.

Der Film endet mit Hass-Tiraden und Kampfansagen des Milizenführers.

Die beste Verteidigung sei der Angriff, schreit Hassan Nasrallah in den Saal,

doch Publikum hatte an jenem Mittwoch kaum, wir sind allein im Kino.

Makram Rabah ist Historiker und Hisbollah-Kritiker.

Im Gesprächen bei Beirut weist er auf die engen Verbindungen der Shi'iten Miliz mit Iran hin,

die weit in die Vergangenheit zurückreichen.

Die Shi'iten im Libanon hätten bereits im 17. Jahrhundert bekannte iranische Klärige dazu bewogen, den Shi'itischen Glauben einzuführen.

Schon damals gab es eine religiöse Verbindung zwischen Libanon und Iran.

In den 1970er-Jahren nutzen die iranischen Milizen, die gegen die Herrschaft des Shahs kämpften, den Süden Libanons als Rückzugsgebiet.

In Libanon topte der Bürgerkrieg, es war die Geburtsstunde der Hisbollah im Jahr 1985.

Ihr Gründungsmanifest sei eine Kopie der iranischen Revolution, sagt Historiker Rabah.

Die gelben Fahnen der Partei trugen zuerst den Slogan Islamische Revolution in Libanon.

Später wurde das Motto umbenannt in Islamischen Widerstand.

Der Widerstand gegen Israel, der im Hisbollah-Museum im Liter glorifiziert wird.

Auf dem Rundgang im Freilichtmuseum sieht man zerstörte israelische Panzer und Helikopter einbetoniert in den Boden.

Darum herum Helme, israelische Soldaten und den Schriftzug, das Grab der Invasoren auf Hebräisch.

Eine klare Botschaft an Israel erklärt der Museumsführer, wenn ihr Libanon jemals wieder besetzen wollt, wartet nur der Tod auf euch.

Eine Anspielung auf die Besetzung Süd Libanons durch israelische Truppen in den Jahren 1985 bis 2000.

Doch auch wenn Israel immer noch der Hauptfeind der Hisbollah sei, operiere die Miliz mittlerweile weit über den Naußkonflikt hinaus, sagt Rabah.

Sie sei quasi zu einer strategischen Beratungsfirma für Terrornetzwerke herangewachsen und berate die palästinensische Hamas, aber auch die Hutti, Rebellen in Yemen und weitere Milizen in Syrien und Irak.

Die Arme der Hisbollah reichten bis nach Lateinamerika.

Das Freilichtmuseum im Liter war früher ein Stützpunkt der Miliz.

In Tunnelanlagen und Schützengräben erklärt die Hisbollah ihre Version der Geschichte.

Zwei Jugendliche blicken fasziniert durch das Ferndrohr eines Maschinengewehrs.

Es zeigt auf einen frühen Posten der israelischen Armee.

Es gefallen ihnen sehr, sagen die beiden, sie kämen oft hierher.

Gerade in diesen Zeiten, wenn ein Krieg mit Israel vor der Tür steht, gebe ihnen der Ort Kraft, sagen die beiden halbwürdig.

Mit schüchternem Lächeln adäquat in Tarnhosen gekleidet.

Das letzte Mal im Krieg mit Israel war Lebanon 2006.

Die Kriegserklärung habe damals Hassan Nasrallah, der Hisbollahführer ausgesprochen, nicht die libanesische Regierung, sagt der Historiker Makram Rabah.

Vor Kriegsausbruch hatte die Hamas im Gazastreifen einen israelischen Soldaten entführt, worauf es auch an der libanesisch-israelischen Grenze zu Scharmützeln kam.

Es gebe aber einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Krieg 2006 und der jetzigen Situation.

Damals gab es noch ein mehr oder weniger funktionierenden Staat Lebanon, welcher der Hisbollah zumindest etwas entgegenwirken konnte.

Das sei heute nicht mehr so. Die Hisbollah sei heute die einzig tonangebende Kraft im Libanon und diese vertrete nicht libanesische Interessen, sondern iranische.

Iran also entscheidet letztlich, ob Libanon in den Krieg hineingezogen wird oder nicht.

Zwei US-amerikanische Flugzeugträger vor der Küste Israel sollen Iran und die Hisbollah abschrecken. Doch die Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen, ist da, sagt Lina Masri,

eine Hisbollahfunktionärin an einer Gedenkfeier gefallener Hisbollahkämpfer in Nabathie, in Süd-Libanon.

Nach dem Angriff auf ein Spital in Gaza diese Woche, warteten sie nur noch auf ein Zeichen, um angreifen zu können, sagt die Frau, mit stechend hellgrünen Augen.

In Nabathie wird nicht lange gemutmaßt, wer hinter dem Beschuss stecken könnte, die Meinungen sind gemacht.

Es sei ein gezielter Angriff Israels gewesen, mit US-amerikanischen Waffen, ist die Hisbollahfunktionärin überzeugt.

Sie würde alles geben, um Israel zu besiegen, ihr Leben und auch jenes ihre Kinder, sagt sie.

Und ihre Kollegin fügt an, dass Israel den Libanon ohnehin angreifen werde, wenn es mit Gaza fertig sei.

Da ist es wieder, das Narrativ aus dem Propagandafilm mit dem Hisbollahführer.

Die militante Gruppierung hat den Süd-Libanon fest im Griff, militärisch und ideologisch.

Auch wenn viele Libanesen nicht hinter der Hisbollah stehen und pro-westlich liberal eingestellt sind, sind es heute nicht sie, die über das Schicksal des Landes entscheiden, sondern die Hardliner der Hisbollah.

Während sich in den Hisbollah-Hochburgen in Libanon also ein Großteil der Bevölkerung bedingungslos auf die Seite der Palästinenser stellt, bekräftigen in diesen Tagen viele westliche Länder demonstrativ ihre Solidarität mit Israel.

Zum Beispiel der britische Premier Rishi Sunak. Er war gestern in Israel, wo er betonte. Großbritannien stehe im Kampf gegen die Hamas fest an der Seite Israels.

Außerdem hat er sich mit anderen regionalen Machthabern getroffen, zum Beispiel mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Heute ist Sunak in Ägypten. Ziel sei es, eine regionale Eskalation unbedingt zu verhindern.

Warum engagiert sich der britische Premier in diesem Konflikt? Und wie steht die britische Gesellschaft dazu? Darüber habe ich heute mit unserem Korrespondenten in London gesprochen.

Erste Frage an Patrick Wöser. Die ist die offizielle Haltung der britischen Regierung hinsichtlich der neusten Eskalation im Nahen Osten.

Im britischen Parlament herrschte diese Woche zwischen den Oppositions- und Regierungsbankenvereinmal größte Einigkeit, also die britische Nation stehe geschlossen.

Hinter Israel und gemeinsam bekräftigte man das Recht Israel, sich gegen den Terror der Hamas zu wehren, mit allen Mitteln.

Man schickte dann auch Kriegsschiffe ins Mittelmeer wie die USA und gestern besuchte Rishi Sunakia Israel und zeigte dort auch physisch Solidarität und Mitgefühlreise dann weiter nach Saudi-Arabien und heute nach Ägypten.

Dabei vertritt Sunak durchaus auch britische Interessen. Aus dem Gaza-Streifen sitzen auch britische Staatsangehörige fest, die man befreien möchte.

Und mindestens neun britische Staatsangehörige sind vor zwei Wochen beim Überfall der Hamas-Terroristen getötet worden.

Sie sprechen von seltener Einigkeit im britischen Parlament. In dem Fall unterscheidet sich die Opposition der Opposition nicht groß von der Position der Regierung.

Leberchef Kirstar mir bemüht, dass ich in dieser Woche tatsächlich als potenziell nächster Premierminister möglichst staatsmännisch aufzutreten.

Also auch er verurteilt den Terror und attestiert Israel jedes Selbstverteidigungsrecht, aber seine Aussagen sind umfächelt von Bemühen, ja nichts falsch zu machen.

Die Laborpartei hat sich eben erst von ihrer antisemitischen Vergangenheit befreit, diese aufgearbeitet und aufgeräumt und eine erneute Entgleisung der Partei wäre peinlich und politisch auch ein Desaster.

Aber innerhalb von Labor finden die ihr einseitigen Stellungsnamen von Starmer eben nicht alle gut. Einige Parteimitglieder und Bezirkspolitikerinnen mit palästinischen Wurzen haben aus Protest bereits ihren Austritt erklärt.

Starmer muss zudem aufpassen, dass er eben so nicht die muslimische Wählerschaft vor den Kopf stößt und heute wurde zum Beispiel publik, dass die Parteileitung die Order herausgegeben hat, dass Lebermitglieder nicht an Demonstrationen teilnehmen dürfen, die den Werten der Partei widersprechen.

Also alles ein Zeichen, dass Kirstarmer seine Partei gerade auf ihr dünnem Eis manövriert.

Schwierige Position. Also viele sprechen ja von einer besonderen Verantwortung Großbritanniens im Nahen Osten. Die britischen Kolonialherren hatten etwas verkürzt gesagt. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts versprochen die Errichtung eines jüdischen Staats auf dem Gebiet von Palästina zu unterstützen, was den Konflikt in der Region bis heute beeinflusst.

Inwiefern hat das dieser historische Verantwortung Auswirkungen auf die britische Position heute?

Also tatsächlich wird in diesen Stunden auch Taran erinnert, dass vor über 100 Jahren über die Grundlage des heutigen Israels in London gelegt wurde. Der damalige britische Außenminister James Balfour hat den Zionisten 1917 die Unterstützung der britischen Regierung für eine Zitat Nationale jüdische Heimstätte in Palästina zugesichtet.

Palästina war damals britisches Protektorat, also Mandatsgebiet. Ich bin nicht Historiker, aber aus strategischem Eigeninteresse damals oder vielleicht könnte man auch sagen schlicht Imperialer oder kolonialer Arroganz haben, die Briten aber nicht nur den Juden, sondern auch den Araben die Erfüllung von ihren nationalen Wünschen, Ambitionen versprochen.

Und einzelne Historikerinnen und Historikerinnen tatsächlich in diesen Tagen an diese koloniale Vergangenheit und Mitverantwortung, aber eine direkte Linie zu den aktuellen Ereignissen oder gar zu den Entscheidenden der britischen Regierung wird dabei nicht gezogen.

Aber inwiefern beeinflusst diese historische Verantwortung denn auch die Haltung der britischen Gesellschaft zum aktuellen Konflikt?

Also die ungeteilte Unterstützung Israel aus der aktuellen britischen Regierung ist tatsächlich nicht ein Spiegelbild der Meinung der britischen Gesellschaft, weil diese ist ja nicht eine homogene Masse, Großbritannien ist eine multietische Gesellschaft.

Allein hier in London spricht man über 300 Sprachen, also quasi soll das wie eine Mini Uno und entsprechend verschieden sind die Meinungen zur Situation im Nahen Osten.

Ich war gestern Mittag zufällig in einem libanesischen Restaurant, an den Tischen wurde heftig sogar sehr eifrig debattiert und die Solbruchstellen des Konsens, die werden eigentlich immer deutlicher.

Also vergangen Samstag kam es zu einer Großdemonstration der Palästinenser hier in London. Gleichzeitig müssen jüdische Einrichtungen teilweise aus Sicherheitsgründen vorübergehend geschlossen werden.

Der Nachrichtendienst warnt davor, dass islamistische Kreise in Großbritannien wegen des Krieges im Nahen Osten sich radikalisieren und Anschläge verüben könnten, also das ist die aktuelle Situation.

Welche Rolle spielt dabei die BBC, die wegen ihrer Berichterstattung über den Krieg in Nahost jetzt immer wieder in die Kritik kommt?

Fast in jeder öffentlichen Debatte oder bei jedem Ereignis lässt sich eine Verknüpfung zur BBC herstellen. In diesem Fall ist die Kritik aber besonders heftig.

Die BBC ist ein Leitmedium und zwar nicht nur hier in Großbritannien, sondern eben ein globales Leitmedium und wird von allen Parteien auch im Nahen Osten gehört.

Die BBC wird zurzeit heftig kritisiert, also zum Beispiel von der konservativen Regierung, wann die BBC genau das Wort Terror benutzt oder eben nicht.

Die Palästinenser haben die BBC vergangen Samstag mit Roter Farbe verschmiert, weil die BBC aus ihrer Sicht zu israelfreundlich sei und Israel selber kritisiert.

Die BBC sogar in einem Fall sogar nicht ganz unbegründet, weil auch die BBC gehörte zu den Medien, die für den Raketen-Einschlag in einem Spital in Gaza vorschnell und ohne überprüfte Fakten Israel verantwortlich gemacht haben.

Großbritannien-Korrespondent Patrick Wölzer.

Das ist das Echo der Zeit auf Radio SRF mit diesen Schauplätzen gleich. Russland, wo das Parlament einen weiteren Schritt macht, weg von atomarer Abrüstung.

Venezuela, wo eine Lockerung der US-Sanktionen Hoffnung macht auf diplomatisches Tauwetter.

Witzwil, in Kanton Bern, wo heute Erwin Speer-Isen, ehemaliger Polizeichef von Guatemala das Gefängnis hat, verlassen können.

Und außerdem Thema, wie man migrieren kann, ohne die eigene Wohnung zu verlassen.

Der deutsch-weiterische Autor und Filmemacher Michael Schindhelm hat aus der Migration ein Lebensthema gemacht.

Der russische Präsident Vladimir Putin hatte es angedroht.

Nun hat es das russische Parlament, die Duma, so beschlossen.

Russland zieht seine Ratifizierung des internationalen Atomtestverbots zurück.

Damit bestätigt sich eine internationale Tendenz.

Andere Abkommen im Nuklearbereich wurden schon zuvor aufgekündigt oder missachtet von verschiedenen Ländern.

Das jahrzehntelang mühsam aufgebaute System der atomaren Rüstungskontrolle liegt in Trümmern.

Die Anschätzung von Fredrik Steiger.

Es gab eine Zeit, da standen sich die Supermächte USA und Sowjetunion Spinnenfeind gegenüber.

Sie bedrohten einander und die Welt mit Tausenden von Atombomben, mit denen sich die Menschheit in die Steinzeit hätte zurückbomben lassen.

Doch nach der Kuba-Krise von 1962, als um ein Haar ein Atomkrieg ausgelöst wurde, gelangten sie zur Einsicht,

dass die Gefahr zu groß geworden war und man sich selber Fesseln anlegen musste.

Und vor allem Transparenz schaffen und sich gegenseitig kontrollieren.

Das ist das A und O, wenn es um Atombomben geht.

Einzig Wissen und Berechenbarkeit schaffen ein Minimum an Vertrauen.

So wurden nach und nach nukleare Abrüstungsverträge ausgehandelt, mit kryptischen Namen, NPT, Start und später Newstart,

INF, ABM, CTBT. Die meisten gelten inzwischen nicht mehr oder existieren nur noch auf dem Papier.

Nun zieht Russland seine Ratifizierung des CTBT abkommens zurück, das sämtliche Atomtest verbietet.

Die USA haben übrigens diesen Vertrag zwar unterzeichnet, aber wegen des Widerstands im Senat gar nie ratifiziert.

Russlands Schritt ist eine politische Drogebärde.

Er bedeutet nicht, dass Moskau gleich wieder Atomtests durchführen wird.

Sie sind aus russischer Sicht unnötig.

Die frühere Sowjetunion führte insgesamt 715 Tests durch.

Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Atomwaffen heute auch mit Simulationen weiterentwickeln.

Das einzige Land, das derzeit noch Atombomben testet, ist Nordkorea.

Üblicher Blieben ist von der ganzen Rüstungskontrollarchitektur der Atomsperrvertrag.

Seit Jahren wird immer wieder versucht, ihn zu stärken und auszuweiten, praktisch ohne zählbaren Erfolg.

Dank des Atomsperrvertrags ließ sich zwar verhindern, dass heute gleich Dutzende von Ländern Atombomben besitzen, was zuvor zu befürchten war.

Doch um den zweiten, ebenso wichtigen Teil dieses Vertrags, nämlich Atomar abzurüsten und zwar gegen Null,

futieren sich die Nuklearmächte seit Jahrzehnten nonchalant und derzeit erst recht.

Daneben gibt es dennoch jungen UNO-Atomverbotsvertrag.

Bloß krankt der gewaltig daran, dass ihm bisher keine einzige Atommacht beigetreten ist.

Triste Realität ist zudem, derzeit finden nirgends Verhandlungen zwischen den Atommächten über Rüstungskontrolle und Atomare abrüstung statt.

China, das rasch von einer relativ kleinen Atomacht zur Atomaren Supermacht aufrüstet und ohne dass daher neue Verträge gar nicht sinnvoll wären,

ist nicht bereit, überhaupt darüber zu diskutieren, geschweige denn ernsthaft zu verhandeln.

Kurz, die weltweite nukleare Rüstungskontrolle liegt in Trümmen.

Ein Ausweg aus dem Trümmerfeld ist wegen der geopolitischen Spannungen nirgends in Sicht.

Die Gefahr eines Atomkriegs ist im Vergleich zur Zeit des Kalten Krieges ganz gewiss nicht kleiner geworden.

Doch anders als damals fehlt heute die Einsicht, dass es so nicht weitergehen darf.

Es ist eine komplette Kehrtwende. Die USA haben einen Teil der Sanktionen gegen Venezuela aufgehoben,

nach Jahren in denen die US-Regierung maximalen Druck auf das südamerikanische Land ausgeübt hatte.

Der Wandel kommt, nachdem die Venezuela-Regierung und die Opposition eine Einigung erzielt haben,

die zu Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr führen könnte.

Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado.

Nicolas Maduro seit über 10 Jahren Präsident von Venezuela zeigte sich diese Woche zufrieden,

mit dem Entscheid der USA einen Teil ihrer Sanktionen gegen seine Regierung aufzuheben.

Schlagen wir eine neue Seite auf, rekonstruieren wir eine neue Beziehung, die auf Respekt und Kooperation basiert.

Zuvor hatte sich Madurus-Regierung mit der Opposition darauf geeinigt,

im zweiten Halbjahr 2024 Präsidentschaftswahlen durchzuführen.

Nach den letzten Wahlen in Venezuela 2018 hatte der damalige US-Präsident Donald Trump

weitreichende Sanktionen gegen Madurus-Regierung verhängt, wegen Wahlfälschung,

Menschenrechtsverletzungen und Korruption. Joe Biden lockert diese Sanktionen nun.

Konkret wird der Handel mit Öl und Gas aus Venezuela wieder erlaubt.

Vorerst für sechs Monate. Im Gegenzug erwarten die USA, dass alle Kandidaten

bei den nächsten Wahlen in Venezuela antreten dürfen.

Auch die chancenreichste Oppositionspolitikerin, Maria Corrina Machado.

Diese liegt zwar in allen Umfragen vorn, darf aber stand jetzt die nächsten 15 Jahre lang

keine politischen Ämter ausüben, weil ihr Madurus-Regierung Korruption vorwirft.

Ob es tatsächlich zu freien und fairen Wahlen kommt, ist derzeit offen.

Und ob die USA demokratische Wahlen in Venezuela wirklich höher gewichten

als den Handel mit Öl und Gas muss sich noch zeigen.

Was aber feststeht, es herrscht Tauwetter zwischen Washington und Caracas.

Als Teil der Annäherung ist ein Gefangenenaustausch vorgesehen

und die USA haben sich ein Rückführungsabkommen mit Venezuela ausbedungen.

Der erste Flug mit von den USA abgeschobenen venezolanischen Migranten

ist bereits in Caracas gelandet.

Seit Nicolas Maduro in Venezuela regiert, haben über sieben Millionen

Venezolanerinnen und Venezolaner ihr Land verlassen.

Es ist die größte Flüchtlings- und Migrantengruppe weltweit.

Die meisten von ihnen zog es in die USA oder in andere südamerikanische Länder.

In Venezuela lebt noch immer jeder zweite in Armut.

Für den Sozialisten Nicolas Maduro ist die Lockerung der US-Sanktionen eine Chance.

Mit dem Geld aus den Öl- und Gasexporten könnte Maduro sein Land

vor dem wirtschaftlichen Kollaps bewahren, früh genug, um die Lebensumstände

der Venezolanerinnen und Venezolaner etwas zu verbessern,

rechtzeitig vor den nächsten Wahlen.

Erwin Speerisen, sein Fall beschäftigt die Genfer Justiz seit über 10 Jahren.

Der frühere Leiter der Nationalpolizei von Guatemala wurde beschuldigt,

in Guatemala an außergerichtlichen Hinrichtungen beteiligt gewesen,

zu sein unter anderem in Gefängnissen.

Diese Fälle kamen in Genfer Gericht, weil Speerisen

als schwarz-risch-quartemaltäkischer Doppelbürger nicht ausgeliefert werden kann.

Es kam zu einer Verurteilung, diese Stand stellvertretend

für den internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit.

Heute nun hat der Fall eine neue Wende genommen.

Westschwarz-Korrespondent Andreas Stütli.

Heute um 14.30 Uhr waren vor der Strafanstalt Witz-Wiel

im Berneseeland alle Kameras auf den großgewachsenen Mann

mit rötlichem Haar unvollbar gerichtet.

Wegen dieser Erscheinung war sein Spitzname

als Chef der Nationalpolizei von Guatemala der Wikinge.

Dass Erwin Speerisen heute freigekommen ist,

hat auch mit einem Urteil des Bundesgerichts zu tun.

Das höchste Schweizer Gericht hat das letzte Urteil

der Genfer Justiz gegen Speerisen aufgehoben.

Der 53-Jährige war davon überrascht,

wie er beim Verlassen der Strafanstalt

den anwesenden Medien sagte.

Es ist eine Überraschung für mich.

Ich bin immer ein Schock.

Sagt Erwin Speerisen,

dem die Erleichterung ins Gesicht geschrieben war.

Speerisen war wegen der Gehilfenschaft

zum Mordes zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Er soll am Tod von sieben Häftlingen

in einem guatemal-täkischen Gefängnis beteiligt gewesen sein.

In diesem Juni kam aber der Europäische Gerichtshof

für Menschenrechte zum Schluss,

dass Speerisen's Recht auf ein unparteiisches Gericht

verletzt worden ist.

Eine Richterin sei befangen gewesen,

urteilten die Strasburger Richterinnen und Richter.

Aufgrund dieses IGMR-Urteils

hoben und auch das Bundesgericht die Verurteilung auf.

Speerisen fühlt sich nach einem Jahrzehntas

angeklagter Ungerecht behandelt von der Schweizer Justiz.

Dieser Fall sei der größte Justiz-Irtum in der Schweizer Geschichte,

fügte sein Anwalt Czior Czokampa an.

Es ist der größte Injustiz-Judizjahr,

in dem unser Land ist bekannt.

In der ganzen historischen Analyse

sind 11 Jahre unjustifiiert.

Elf Jahre lang sei sein Mandant in der Gitte gewesen,

ohne gültiges Urteil.

Der Fall Speerisen,

er steht auch dafür,

dass Verbrechung in der Schweiz

geahndet werden und geachtet davon,

ob sie Tausende von Kilometer weit entfernt stattgefunden haben.

Das war das Ziel von Nichtregierungsorganisationen

wie etwa Trial im Fall Speerisen.

Denn dieser siedelte 2007 nach Genf über,

nachdem er drei Jahre lang

die Nationalpolizei Guatemala geleitet hatte

und lebte in der Calvinstadt zuerst jahrelang unbehelligt.

Erst dann und auf Drängen der NGOs

wurde die Genfer Staatsanwaltschaft aktiv

und die Justizsaga begann.

Jetzt also wird Speerisen

als Justizhopfer dargestellt von Seiten der Verteidigung,

auch weil andere Figuren

der damaligen Polizeiführung Guatemala

in Österreich und Spanien freigesprochen wurden.

Für Speerisen ist das heute gebundesgerichtsurteil

aber kein Freispruch.

Denn erneut muss das Genfer Kantonsgericht über den Fall entscheiden,

ein Gericht, in das Speerisen inzwischen

sicheres Vertrauen verloren hat.

Aus der Schweiz ausreisen werde er aber nicht,

sagte Speerisen heute,

er wolle nun seine Unschuld beweisen.

Es ist ein schwierig zu beurteilen der Fall.

Das anerkennt auch das Bundesgericht.

Wegen des internationalen Charakters,

der großen geografischen Distanz zwischen den Taten

und dem Ort, an dem geurteilt werde,

heißt es im heutigen Urteil.

War es einfach zu kompliziert,

die Taten aus Guatemala zu beurteilen?

Sagt Andreas Ziegler,

Rechtsprofessor und Experte für Internationales Strafrecht

an der Universität Luzan.

Bei solchen Fällen nichts zu machen,

das sei auch keine Alternative.

Unsere Auffassung von Rechtsstaat verlangt,

dass man auch schwierige Fälle an die Hand nimmt,

um eben nicht der Straflosigkeit herrschen zu lassen

oder das Signal auszubreiten,

dass eben ab einer gewissen politischen Wichtigkeit

der betroffenen Personen

man einfach auf die gerichtliche Verfolgung verzichten würde.

So gehen die Gerichtsverfahren weiter

und der 53-Jährige selbst geht nun zu seiner Familie.

Vorerst ist er frei, Erwin Speerisen.

Das letzte Kapitel in der langen Justizaga um ihn

ist aber noch nicht geschrieben.

Der Schweizer Spinnereimaschinenhersteller Rieter

streicht Arbeitsplätze in großem Umfang.

Bis zu 900 Stellen will Rieter in der Produktion abbauen

in der Schweiz und im Ausland.

Das sind dreimal so viele wie im Sommer angekündigt.

Damit ist Rieter nicht alleine.

Auch andere Industriebetriebe haben in den vergangenen Monaten

Überstellungsstreichungen informiert.

Beim E-Bike Pionier Flyer müssen 80 Angestellte

und 300 Gen.

Hero will die Konfitüre Verpackung in Lenzburg schließen.

Auch beim Gebäudezulieferer Arbonia

und dem Schließtechnikkonzern Dormacaba

müssen Mitarbeitende gehen.

Viele verlieren also ihre Stelle in der Industrie.

Zeitgleich ist von einem Fachkräftemangel die Rede.

Was ist da los in der Schweizer Industrie?

Lucia Tyler

Ob für Vellos oder Textilmaschinen die Marktsituation ist der.

Zeit schwierig.

So begründen der E-Bike Fabrikant Flyer und der Textilmaschinenhersteller

Rieter ihren Stellenabbau mit dem Markt.

Doch trotz ähnlichen Wortlaut, ganz vergleichbar,

sind die Ursachen nicht.

Der E-Bike Hersteller Flyer zum Beispiel hat während der Pandemie

plötzlich sehr viele Vellos verkauft und die Produktion hochgefahren.

Nun flacht die Nachfrage ab, Stellen werden wieder abgebaut.

Es handelt sich um eine Korrektur.

Rieter wiederum beliefert nicht Endkonsumenten,

sondern beispielsweise Textilfabriken in China oder der Türkei.

Und in beiden Ländern ist die wirtschaftliche Situation angespannt.

Aufträge kommen nur sperrlich.

Die Fixkosten, vor allem in der Administration, sind zu groß geworden.

Auch andere Firmen setzen den Rotstift an aus unterschiedlichen Gründen.

Gemeinsamkeiten gibt es wenige.

Am ehesten, dass die Firmen meistens von der Nachfrage im Ausland abhängen.

Stefan Brubacher vertritt als Direktor des Branchenverbands Swissmem

die Maschinen, Elektro- und Metallindustrie.

Der erste gemeinsame Nanner ist, dass unsere wichtigsten Absatzmärkte

Deutschland, Europa generell, USA und vor allem auch China

in einer industriellen Rezession ist.

Und das trifft unsere Industrie, die 80% der Güter exportiert, natürlich hart.

Im Frühling, im zweiten Quartal, sei die Auftragslage deutlich eingebrochen,

die Prognosen sind verhalten.

Dazu kommen weitere Unsicherheiten.

Der zweite gemeinsame Nanner ist, dass unsere Firmen mit schwierigen Rambäden

und Kämpfen massiv steigender Franken, Fachkräftemangel,

aber auch generell immer mehr Regulierung und die Unsicherheit mit Europa.

Die Unternehmen kalkulieren derzeit vorsichtig,

dennoch sei die Industrie gut aufgestellt.

Unternehmen bauen zwar Stellen ab, aber in guten Zeiten

stellen sie dafür Mitarbeitende wieder ein. Firmen agieren flexibel.

Und diese Flexibilität hat dazu geführt, dass selbst im Strukturwandel

wir netto mehr Industriearbeitsplätze heute in der Schweiz haben

mit 330.000 Mitarbeitenden und 20.000 Lehrlingen als vor 20 Jahren.

Über einen längeren Zeitraum gesehen ist die Industrie also gewachsen

und viele Firmen suchen derzeit trotz des raueren Klimas

händeringend sogar nach Personal, weil sie spezialisierte,

gefragte Nischenprodukte herstellen, für die Luftfahrt zum Beispiel.

Gemäss Auswertungen der Großbank UBS halten sich Unternehmen,

die Personal aufbauen und jene, die abbauen, seit Monaten etwa die Waage.

Die Beschäftigung sei robust und gerade in den letzten Wochen

hätten Firmen eher wie der Personal eingestellt.

Das sagt auch Yves de Ferron, Leiter des Sektors Industrie

bei der Gewerkschaft UNIA.

Aktuell, wir haben eine Tendenz auf dem Markt in der Schweiz,

wo die Sektor des Industrie-Employeurs recherchieren,

und das trotz unsicheren Zeiten.

Die Firmen, die kürzlich Personal entlassen mussten,

gelten derzeit darum also nicht,

in den Vorboten einer größeren Krise.

Er ist in der DDR aufgewachsen und hat in den Metropolen dieser Welt gelebt,

der Kulturschaffende Michael Schindhelm.

Seit bald 20 Jahren hat er seinen Sitz in einem kleinen Ort

in der Tessiner Hügellandschaft des Malkantone

200 Meter entfernt von der italienischen Grenze.

Tessin-Korrespondentin Caroline Türkauff hat Schindhelm

in einem kleinen Weiler von Monteccio getroffen.

Schindhelm selber bezeichnet sich als Geschichtenerzähler.

Derzeit arbeitet er monatelangen Südostasien,

unter anderem für eine Ausstellung in Basel.

Dazu passe dieses Glockenspiel, meint er, verschmitzt,

während er ins Innere des 300-jährigen Hauses führt.

Die Einrichtung ist schlicht, keine überbordenden Bücherwände.

Das hat auch mit Schindhelms Vergangenheit zu tun.

Auch das gehört zur Migration, dass sie sich entscheiden müssen,

welche Gegenstände begleiten sie eigentlich durch die Welt.

Schindhelms Reise durch die Welt führte ihn vom Osten Deutschlands

zwar aufwuchs, zum Studium, nach Russland, dann nach Basel,

zum Arbeiten, es folgte Berlin, Dubai und aktuell Bali.

Seine Frau stammt aus Singapur.

Er sei ein glücklicher Migrant,

weil er nach dem Fall des eisernen Vorhanges

ohne äußeren Zwang entscheiden konnte, wo er hin wollte.

Was hat ihn in dieses Dorf verschlagen,

wo nicht mehr als 20 Personen leben

und er mit seinen 63 Jahren einer der Jüngsten ist?

Das ist einerseits ein Ort, der wirklich eine Zuflucht bietet

vor zu viel Urbanität und Ablenkung,

wie es für ein Autor und jemanden, der wieder mal für sich allein nachdenken muss,

wahrscheinlich wichtig ist.

Auf der anderen Seite aber ist man trotzdem in der Welt.

Der Flughafen, mein Penzer ist nicht weit weg

und ich gebe schon zu, dass es für mich Flughäfen essentiell sind,

weil ich beruflich zum Teil sehr weit weg bin.

Er pendelt zwischen Ferne und Nähe, großen Städten und diesem Weiler.

Das sei für ihn sehr gesund

dass er in diesen alten Mauern und der grünen Umgebung

ein Lebensgefühl des Daheimseins erschaffen konnte.

Sei sein Zustand ganz anders als der von Migranten,

denn diese sind unfreiwillig unterwegs.

Sie lebten häufig in einer Art Schwebezustand, sagt Schindhelm.

Auch in seinem Schaffen beschäftigt er sich mit Migration.

Er hat ein Film zum Thema gemacht.

Migration sei eines der wichtigsten Ereignisse der modernen Gesellschaft.

Seine Erfahrung in der DDR habe ihn gelehrt,

dass man auch in den eigenen vier Wänden zum Migrant werden kann.

Ich habe mal das Gefühl gehabt, dass nach dem Mauerfall,

als Deutschland sich wieder vereinigt hat,

man so eine merkwürdige Erfahrung machen musste,

dass man auch migrieren kann, ohne dass man sich eigentlich bewegt.

Dass man eigentlich in Ostdeutschland lebte

und die andere Welt, zu der man vielleicht auch hin wollte,

die westliche, wenn sie so wollen, auch Konsumwelt,

Freiheit und Demokratie, dass diese Welt auf eine Zug haben

und dass man plötzlich so viele Dinge neu erlebte,

wie nur ein Migrant sich sonst neu erleben würde.

Die Migrationspolitik der vergangenen Jahre sieht er kritisch.

Ich glaube, dass die letzten Jahrzehnte auch gezeigt haben,

welche Fehler gemacht worden sind in der Migrationspolitik.

Ich glaube, dass ein Fehler der gewesen ist,

dass gerade auf der liberalen und linksliberalen Seite

die Überzeugung, dass, wenn wir alle in einer Gesellschaft

zusammenleben wollen, dass dann auch funktionieren wird,

dazu geführt hat, dass wir nicht gesehen haben,

welchen großen Aufwand es eigentlich bedeutet,

Menschen wirklich zu integrieren und umgekehrt wie viel Toleranz

wir auch wirklich in unserer eigenen Gesellschaft aufbringen müssen,

dafür eine solche Multikultigesellschaft wirklich zu haben.

Multikulti sei vielfach gescheitert.

Die Herausforderung der aktuellen Migrationssituation sei gewaltig.

Gleichzeitig hätten wir in der Vergangenheit

viel Erfahrungswissen über die Migration sammeln können.

Die große Frage sei jetzt, ob wir als Gesellschaft bereit sind,

für das Umsetzen dieser Expertise genug Steuergelder bereitzustellen.

Schindhelm wünscht sich, dass wir als Gesellschaft

Vertrauen haben in unser Schaffen und dass wir vor lauter Alltagsherausforderungen

den Blick fürs große und ganze nicht verlieren,

denn nur so gelingt die Zukunft.

Seine Zukunft führe ihn nicht mehr dauerhaft weg von hier,

von diesem kleinen Ort an der Tessiner Grenze, wo er eingebürgert ist

und sich sowohl fühlt, dass er sich gar als einheimischer bezeichnet.

Ich bin hier verankert.

Ich kenne auch die Menschen in meiner Umgebung hier relativ gut

und die kennen mich auch gut, die wissen auch, was ich mache.

Der Schlüssel dazu sei das Gespräch, sagt Schindhelm.

Guten Appetit.

Er grüßt die Nachbarn und verschwindet dann im Kastanienwald.

Dort geht er täglich hin, weil er so am besten nachdenken kann.

Der Beitrag von Caroline Türkoff gehört im Echo der Zeit,

Redaktionsschluss ist um 18 Uhr 42.

Verantwortlich für die Sendung Markus Hofmann,

für die Nachrichten Karin Britsch am Mikrofon Christina Scheidegger.

Das war ein Podcast von SRF.

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