Thema des Tages: Teure Lebensmittel: Ist die Regierung machtlos?

DER STANDARD DER STANDARD 5/8/23 - Episode Page - 27m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird unterstützt von Otto Versandaté. Ich bin Tobias Holub,

das ist Thema des Tages, der Nachrichten-Podcast vom Standard.

Lebensmittel werden in Österreich immer teurer und das obwohl die Inflationen

vielen anderen EU-Staaten schon wieder zurückgeht. Wie der österreichische Staat das ändern könnte,

damit hat sich heute am Montag ein sogenannter Lebensmittel-Gipfel auseinandergesetzt. Wir

sprechen heute darüber, welche Folgen das haben könnte und wir fragen nach, ob staatliche

Eingriffe im Kampf gegen die Inflation überhaupt funktionieren können.

Nikolas Dvorak, durch für die Standard-Wirtschaftsredaktion diesen von der Regierung schon lange

angekündigten Lebensmittel-Gipfel mitverfolgt, kannst uns für den Einstieg vielleicht noch mal

erklären, was überhaupt das Ziel dieses Gipfels war. Was ist der Hintergrund?

Ja, wie wohl jedem und jeder, der aufgefallen ist in letzten Wochen und Monaten, sind viele

Lebensmittel deutlich teurer geworden, vor allem die Grundnahrungsmittel dieser Beobachtungen

unter Mauern auch Inflationszahlen von der Statistik Austria. Im März beispielsweise sind die Preise

für Lebensmittel im Vergleich zum Vorjahr um 14,6 Prozent gestiegen und das ist ja natürlich doch

deutlich höher als die allgemeine Inflation, die ja mittlerweile unter 10 Prozent liegt und trifft

eben vor allem vulnerable Haushalte, die ohnehin schon relativ wenig haben. Und dafür wurden

jetzt eben auch unter anderem die Handelsketten verantwortlich gemacht. Ebenhofer, Spar,

Rewe sind die drei größten und das war eben so der Ausgangspunkt sozusagen von diesem Gipfel.

Und wer war da jetzt konkret alles dabei? Initiat wurde dieser Lebensmittel-Gipfel wir

genannt wird von Sozialminister Johannes Rauch von den Grünen. Mit dabei waren aber auch der

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnick von der ÖVP und Vizekanzlerin Grünenchef Werner

Krogler als Regierungsvertreter. Auf der anderen Seite gab es auch die Branchenvertreter, die

mit dabei waren, unter anderem der Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will, der ja in der

Debatte auch schon immer wieder zu Wort gekommen ist und ansonsten noch einige Vertreterinnen und

Vertreter von anderen Branchen, aber auch welche aus der Wissenschaft, also mit den wissenschaftlichen

Perspektiven von Forschungsinstituten. Also ein relativ breites Feld und was ist da jetzt

konkret alles besprochen worden an Themen oder Maßnahmen gegen diese Teuerung? Im Gespräch waren

im Endeffekt alle Maßnahmen, die auch davor schon diskutiert wurden. Das sind zum einen freiwillige

Vereinbarungen der Handelsketten mit der Regierung, also die Preise für gewisse Grundnahrungsmittel

für einen bestimmten Zeitraum nicht zu erhöhen. Also eine Art Preisteckel, wenn man so möchte.

Das ist auch bekannt als das französische Modell, weil das eben in Frankreich umgesetzt wurde und

jetzt dann im Sommer ausläuft. Das da hat man gewisse Vergleichswerte. Dann wurde die mögliche

Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel diskutiert, wie das ja vor allem von der Arbeiterkammer,

von den Gewerkschaften und der SPÖ gefordert wurde. Zuletzt hat sich ja dann sogar wie vor

Chef Gabriel Felbermeier dafür ausgesprochen oder zumindest gesagt, dass es kein Tabu mehr ist,

obwohl er davor eigentlich eher dagegen war. Und zum anderen ging es aber auch um eine

mögliche Preistatenbank, die für mehr Transparenz sorgen soll. Auch hier gibt es unterschiedliche

Ansätze. Die einen möchten sie öffentlich zugänglich haben, also auch für Endkonsumentinnen und

Endkonsumenten als eine Art Preis-Vergleich-Portal sozusagen. Und die anderen sprechen sich eher

dafür aus, die Datenbank nur der Bundeswettbewerbsbehörde zukommen zu lassen. Und letztlich ein

bisschen am Rande war auch die Lebensmittelverschwendung Thema, vor allem in Bezug darauf,

wie die Lebensmittel auch an Sozialmärkte und Tafeln weitergegeben werden könnten.

Einige von diesen Themen, vor allem diese Idee des Preisteckels oder einer Umsatzsteuersenkung,

die haben wir auch in einer früheren Podcast-Folge schon besprochen, die werden wir in den

Shownotes noch verlinken, falls jemand mehr Details dazu wissen will. Aber von diesen vielen

besprochenen Themen, was wird denn da jetzt tatsächlich umgesetzt werden?

Ja, das ist eine gute Frage, die die Vertreterinnen und Vertreter aber eher schuldig geblieben sind.

Auf dem Tisch sind offenbar alle der diskutierten Maßnahmen wirklich viel konkretes, hat bei

den Gesprächen aber nicht herausgeschaut. Das heißt, zum Beispiel die Mehrwertsteuersenkung dürfte es

wenn überhaupt wohl nur auf Grunddauungsmittel geben. Das hat zumindest der Vizekanzler Werner

Kugel anklingen lassen. Was das französische Modell anbelangt, also den zeitweisen Preisteckel,

wenn man so möchte, da kann auf keinen Fall von einer Einigung gesprochen werden. Der Handelsverband

Geschäftsführer Rainer Will beispielsweise erhält davon sehr wenig und hat das auch so

kommuniziert. Und auch Sozialminister Johannes Rauch hat sich eher skeptisch gezeigt in der Pressekonferenz.

Konkretesten ist es noch im Bereich der Transparenz-Datenbank geworden. Hier gab es

zuletzt ja viel Kritik und das dürfte sich nun auch in den Gesprächen niedergeschlagen haben.

Rainer Will vom Handelsverband hat zum Beispiel davon gesprochen, die Transparenzanstrengungen

intensivieren zu wollen. Noch immer nicht sehr konkret. Bisschen konkreter wurde es dann mit

der Ankündigung, dass es fürs erste Mal die 20 bis 30 günstigsten Eigenmarkenprodukte auf dem Website

zur Verfügung geben soll. Also als Einsicht für die Endkonsumentinnen und Konsumenten.

Und was das Problem der Lebensmittelverschwendung angeht, war von einer verstärkten Kooperation die

Rede beispielsweise von der Landwirtschaft mit der Wiener Tafel. Da ist jetzt auch schon ganz

oft die sehr große Rolle des Handels in dieser ganzen Geschichte angesprochen und auch konkret den

Handelsverband Geschäftsführer Rainer Will, der war zum Beispiel gestern auch im ORF Fernsehen zu

Gast und hat seine Spate da so ein bisschen verteidigt. Aber wenn ein Händler von den Vieren

als Beispiel um 10 Cent ein Produkt erhöht, kommt kein Konsument mehr hin und kauft bei den anderen.

Daher ist der Metbewerb perfekt. Ist das denn glaubwürdig, dass der Handel an diesen

hohen Preisen tatsächlich wenig bis keine Schuld trägt, so wie das der Vertreter sagt?

Ja, das ist natürlich schwierig zu sagen, weil die Preisgestaltung von außen einfach

nicht einsichtig ist. Das heißt, man hat da relativ viele Prozesse dahinter, vorgelagerte

Lieferketten, Wertschöpfungsketten und wo genau diese Preisaufschläge dann passieren,

das kann man als Außenstehender nur schwierig beurteilen. Was man allerdings sehen kann,

ist, dass die Erzeugerpreise in der Landwirtschaft zuletzt gesunken sind, die Preise im Supermarkt,

in dessen nicht. Aber auch hier gibt es wieder längerfristige Verträge, die das Ganze sehr

komplex machen und dazu kommen ja dann auch noch andere Faktoren, die bei der Preisbildung wichtig

sind, wie die Energiekosten oder auch eben die Personalkosten. Dass der Handel keine Schuld hat,

stimmt dann natürlich so nicht. Er hat auch eine Verantwortung und hat auch gewisse Mechanismen

dahinter, die er bedienen kann. Aber insgesamt wird es natürlich auch sehr stark darauf ankommen,

wie sich die Regierung und dann auch die ganzen Braschenvertreter miteinander abstimmen werden.

Ein erster Schritt, um einen Überblick in diesen Kostenchaos zu bekommen,

könnte eben diese Preisdatenbank sein, über die diskutiert wird. Aber Nikolaus,

du hast dir diesen ganzen Gipfel mitverfolgt. Wie ist denn dein Fazit dazu? Wird der tatsächlich

was bewirken oder war das alles nur Show von Seiten der Politik?

Der Gipfel war jetzt mal ein erstes Aufeinandertreffen der Beteiligten an einem Tisch. Das gab es

davor noch nicht in dieser Form. In zwei Stunden bei so vielen Teilnehmern kann aber natürlich nicht

allzu viel konkretes daraus schauen. So realistisch muss man dann auch sein. Dieser Woche folgen

jetzt dann auch Gespräche einiger Braschenvertreter mit dem Wirtschaftsminister Martin Kocher. Das

ist dann der nächste Schritt und das wurde auch so kommuniziert. Insgesamt würde ich das ganze

nicht als Showpolitik bezeichnen, sondern mehr als ersten Schritt in die richtige Richtung, wenn

auch noch sehr vorsichtig. Viele Expertinnen fordern auf jeden Fall, dass die Politik mehr tut

gegen die Teuerung, wie viel Möglichkeiten und Macht die Politik aber tatsächlich hat. Das

besprechen wir gleich noch ein bisschen ausführlicher. Aber erst mal danke dir für diesen Überblick

zu dem heutigen Lebensmittel-Gipfel, Nikolaus Dwarak. Sehr gerne. Und wir sind gleich zurück.

Ich kenne dich gut.

Ich bin die Franziska. Ich bin der Martin. Und wir wollen besser leben. Lohnt sich 10.000 Schritte zu

gehen jeden Tag? Ist das Großraumbüro wirklich so schlecht wie sein Ruf? Spoiler, ja, bringt

zwar das Intervall zu fasten. Wir fragen die, die es wirklich wissen und probieren es auch gleich

selber aus. Bei besser leben, jeden Donnerstag eine neue Folge.

Erik Frey, du analysierst für den Standard die Wirtschaftspolitik. Und auch wenn wir jetzt gehört

haben, dass dein Österreich nicht mit sehr großen staatlichen Eingriffen zu rechnen ist in

nächster Zeit, kann man nicht von der Hand weisen, dass sehr viele Menschen in Österreich unter

diesen aktuell hohen Lebensmittelpreisen sehr leiden. Was spricht denn jetzt eigentlich ganz

grundsätzlich für solche staatlichen Eingriffe, die da besprochen wurden? Und was spricht dagegen?

Dafür spricht das, wie du gesagt hast, die Menschen leiden. Das spüren sie auch jeden Tag. Noch

viel mehr als andere wirtschaftliche Probleme. Rohe Arbeitslosigkeit zum Beispiel ist für die

Menschen, die einen sicheren Job haben, dass immer die Mehrheit ein geringeres Problem. Die

Inflation merkt jeder, spürt jeder, fühlt jeder und ist dadurch auch besonders emotional ein Thema,

das Leute aufregt und politisch auch sehr relevant. Das heißt, dort wo man es am meisten spürt,

ist dort, wo man jeden Tag einkaufen geht. Und das sind die Lebensmittelpreise. Das vergleicht

auch jeder, hat jeder im Kopf. Also wenn der Staat dort eingreift, dann ist das populär. Zum

mindest es verringert ein bisschen die Unpopularität steigender Preise. Wenn man das gezielt macht auf

gewisse Grundnahrungsmitteln, hat es auch einen gewissen sozialen Effekt, dass man dann den Menschen,

die am meisten darunter leiden, am meisten hilft. An sich jeder braucht Milch, Brot, Butter, Zucker,

aber für die ärmeren Leute, für die mit geringerem Einkommen ist das ein viel größerer

Anteil an ihrem wöchentlichen, monatlichen Budget, als für die, die Gutverdiener sind. Für die

spielt das einfach nicht so eine große Rolle. Und deswegen werden fast jedem europäischen Staat

überlegt, können welche eingreifen, können welche ganz gezielt bei den Lebensmitteln und hier

bei den Grundnahrungsmitteln eingreifen. Das Problem ist, jeder Art des Eingriffes hat unerwünschte

Konsequenzen. Wenn ich versuche, hier dem Lebensmittelhandel gewisse Sachen vorzuschreiben,

dann ja, er wird das vielleicht erfüllen, wenn sie es tun müssen, aber das verursacht der Kosten

auch im Handel. Und das werden sie dann auf einen anderen Punkt auch wieder auf die Konsumenten

abwälzen, weil in die Verlustzone wollen sie nicht gehen. Und man darf nicht vergessen,

der Lebensmittelhandel ist jetzt nicht die große Cash-Cow dieses Landes. So hoch sind die Gewinne

dort nicht, zumindest die Margen sind sehr gering. Wenn man versucht zum Beispiel, die Mehrwertsteuer oder

wenn man das beschließt, dass man die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel oder zumindest auf gewisse

Lebensmittel senkt, das wiederum ist etwas, was dem Staat sehr viel Geld kostet, weil gewisse

große Einnahmen damit wegbrechen. Es ist die typische Iskanne, jeder hat was davon. Und wenn

man das dann irgendwann einmal wieder rückengängig macht, dann hat man den nächsten Preisschub.

Das hat sich auch in anderen Ländern in Europa jetzt nicht unbedingt als sehr günstiger

Wiesen. Also letztlich, wie immer man es tut, ist es falsch. Und zu sagen, naja, wir schauen

es uns weiter an. Zumindest, wenn man politisch darüber redet, dann kann man vielleicht hoffen,

dass sie im Lebensmittelhandel etwas vorsichtiger vorgehen, weil sie sicher keine Maßnahmen

aufwürden wollen, die sich vielleicht doch noch verhindern lassen. Wenn ich das richtig verstehe,

siehst du diese staatlichen Eingriffe generell sehr kritisch. Vor allem, wenn sie jetzt Stichwort

Gießkanne eben zu breit angelegt werden. Aber musste man nicht zumindest Menschen, die sich wirklich

den täglichen Einkauf nicht mehr leisten können, irgendwie unter die Arme greifen als Staat?

Also das Problem an dieser Gießkannenförderung, die ja Österreich sehr, sehr stark gemacht hat,

Österreich hat gesagt, wir greifen nicht in die Preise ein, aber wir helfen den Menschen,

dass ihre Kaufkraft erhalten können. Das hat gut funktioniert. Dieses Geld ist angekommen und

dieses Geld wird ausgegeben. Und das ist eines der Treiber der Inflation. Und deshalb ist diese

Gießkanne ja auch, weil man das ökonomisch sieht, eigentlich keine sehr kluge Politik,

um Inflation zu bekämpfen. Was kann man tun? Eigentlich das Beste, was man tun kann,

ist den Menschen am untersten Rand der Einkommensleiter, die wirklich leiten unter den

gestiegenen Preisen, denen ganz gezielt helfen. Durch Zuschüsse, vielleicht auch durch den

Ausbau von Sozialmärkten, das erfordert einen gewissen Verwaltungsaufwand. Dazu muss man wissen,

wer sind diese Menschen? Die müssen auch irgendwie registriert sein. Hat auch alles seine

Nachteile. Aber zumindest, wenn man das sehr gezielt macht, tut es die allgemeine Inflation nicht

weiter anfeuern, wie die österreichische Politik es bisher getan hat. Und letztlich muss man auch

diesen Sozialstaat so wie wir ihn haben. Wir haben ein dichtes soziales Netz, aber er hat seine

Lücken, er hat seine Löcher. Und da muss man immer überlegen, wo sind die, wo kann man nachhelfen.

Das ist unabhängig jetzt von der Inflation, auch unabhängig davon, was jetzt die Sachen im

Supermarkt jetzt im Augenblick kosten. Es sollen jetzt vorerst ja sowieso keine größeren staatlichen

Maßnahmen mehr kommen, haben wir bei diesem Gipfel gehört. Aber wenn wir jetzt einfach nichts

machen, sollen dann die Preise einfach von selbst wieder zurückgehen? Ist das der Plan?

Also zurückgehen würden sie nur, wenn insgesamt die Agrarpreise auch fallen. Was wiederum auch

nicht gut ist, weil darunter leiden ja die Bauern dann. Also wir haben jahrelang darüber geredet,

Lebensmittel sind zu billig, Fleisch ist zu billig, Milch ist zu billig und die Bauern haben laut

geklagt. Also mit einem Rückgang würde ich nicht rechnen. Was wir hoffen können ist, dass sich jetzt

doch bald diese Preise jetzt stabilisieren und nicht mehr weiter steigen. Und das ist das Interessante

wieder bei Inflation. Wenn einmal die Preise nicht mehr steigen, dann beginnen sich die Leute damit

abzufinden, dass die Sachen einfach jetzt mehr kosten und erinnern sich nicht mehr so genau daran,

dass es früher einmal deutlich billiger war. Es ist der Preis-Schub, der politisch so toxisch ist,

das Preisniveau, das höhere Österreich hat seit vielen, vielen Jahren, seit Jahrzehnten teurere

Lebensmittel als Deutschland etwa. Und damit haben sich die Leute abgefunden. Wie könnte das jetzt

konkret weitergehen? Rechnest du damit, dass die Rohstoffpreise im Hintergrund zurückgehen werden?

Das wissen wir nicht genau. Rohstoffpreise schwanken immer. Die Energiepreise sind ja schon

bereits wieder gefallen gegenüber den Höchstständen des vergangenen Jahres. Offenbar haben sich auch

schon die Agrargroßhandlungspreise sind auch schon wieder gefallen. Ja und das schlägt sich dann

langsam aber immer mit einer gewissen Zeitverzögerung im Handelnieder. Vergessen, wenn nicht die meisten

Sachen, die die Menschen heute kaufen, sind ja außer Beobst und Gemüse, sind auch verarbeitete

Waren. Und dort ist der Energieanteil ein hoher. Dort sind die Personalkosten auch hoch. Und die

Personalkosten im Handel sind genauso wie in allen anderen Branchen, um knapp oder über 10%

gestiegen aufgrund der hohen Kollektivabschlüsse. Also da mit einem großen Rückgang zu rechnen,

ist unrealistisch, ein Einpendeln auf dem Niveau ist eher zu erwarten. Und da ja das Einkommen der

meisten Menschen ja auch steigt, aufgrund der höheren Kollektivabschlüsse, auch aufgrund der

angepassten Sozialleistungen, werden dann die höheren Preise viel leichter verdaulich sein, als sie es

jetzt im letzten Jahr waren. Und von institutioneller Seite gibt es da irgendetwas, was getan werden

könnte, um diesen Preisanstieg zu verlangsamen. Also aus der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte,

und wir hatten ja schon Inflationsschübe in den 1970er Jahren, auch in den 2000er gab es dann

wiederum kurz vor der Weltfinanzkrise einen ziemlichen Schub, hat sich gezeigt, gegen zum

Beispiel gestiegene Energiepreise kann man ja nichts machen. Die sind einfach dann höher,

dann fließt leider mehr Geld an die Scheichs am persischen Golf und an Vladimir Putin in

Russland. Aber billiger bekommt man es einfach nicht. Das einzige, was die staatlichen Institutionen

tun können, ist, indem sie über die Geldpolitik beginnen, die Zinsen zu erhöhen, damit passieren

zwei Sachen. Das eine ist insgesamt das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich. Jetzt kann man sagen,

das ist ja schlecht für uns, wir wünschen uns ja ein gutes Wirtschaftswachstum. Ja, aber Inflation

ist ja auch eine Folge von starken Wachstum, von großer Nachfrage. Eigentlich, dass es in Leuten

gut geht, dass sie deshalb mehr kaufen und dass deshalb die Unternehmen auch die Preise leicht

erhöhen können. Und das erleben wir jetzt im Augenblick ja auch. Das wird nur leicht immer

wieder vergessen in der politischen Debatte, dass die Arbeitslosigkeit so tief ist wie seit ewigen

Zeiten nicht und eigentlich die Menschen relativ viel Geld haben, Geld auszugeben, auch in der

Gastronomie, wo die Preise am stärksten gestiegen sind. Aber um diese Inflation, die einmal in Gang

gekommen ist, um die zu bremsen, muss man die Wirtschaft ein bisschen, das Wachstum ein bisschen

dämpfen, das geht am leichtesten über die Geldpolitik und vor allem die Inflationserwartungen

herunterschrauben. Denn Unternehmen, das Gefühl zu geben, wir müssen jetzt nicht die Preise

voreilig schnell wieder erhöhen, weil ohnehin alles andere wird auch teuer werden, sondern wenn man

davon ausgeht, na ja in den nächsten zwölf Monaten wird die Inflation zurückgehen,

dann werde ich auch meine eigenen Preiseerwartungen nicht so hoch ansetzen. Und das ist das, was eine

Notenbank am leichtesten kann, weil sie über die Zinsen die gesamte Bandbreite der Wirtschaft

beeinflussen kann. Da geht es nicht nur um Zinsen für Häuser und für Konsumkredite,

sondern auch für jede Art von Investition. Und die Notenbanken haben diese Inflationserwartung

am ersten in der Hand. Je früher sie auf die Bremse steigen, desto weniger müssen sie tatsächlich

tun, weil sie dann einfach immer wieder das Signal ausschicken, liebe Leute, wir sorgen dafür, dass

die Preise stabil bleiben. Das ist auch in den letzten Jahrzehnten sehr gut gelungen, nur im letzten

zwei Jahren nicht. Da hat die Notenbank, wie man heute sagen muss, auch die EZB, aber auch die

amerikanische Notenbank, die Fed zu spät reagiert, dass der Preisdruck schon ziemlich in Schwung gekommen

ist. Und jetzt müssen sie halt umso stärker auf die Bremse steigen, die Zinsen erhöhen. Und daraus

entsteht dann die Erwartung, naja, jetzt wird bald die Inflation zu Ende gehen. Das heißt nicht,

selbst wenn wir zu einer 2% Inflation zurückkehren, wie das jetzt das offizielle Ziel der EZB auch ist,

dann werden die meisten Preise weiterhin nicht fallen. Aber nur noch ganz, ganz langsam steigen,

dann erreichen wir das, was wir wollen, nämlich eine Preisstabilität, wo einfach jeder das Gefühl

hat, ich weiß, was die Sachen noch morgen kosten werden. Ich muss nicht mehr Geld jetzt ausgeben

und dann darauf hoffen, dass dann irgendwie ein halbes Jahr später vielleicht mein Gehalt angepasst

wird. Und das sorgt dann für mehr Zufriedenheit und vielleicht auch für einfach ein entspannteres

politisches Klima. Du hast ja vorhin schon gesagt, es würde schon reichen, wenn die Preise zumindest

nicht mehr so stark ansteigen würden. Und die EZB setzt jetzt seit einigen Monaten diese Signale.

Also kann man irgendwie sagen, wenn wir jetzt auf das Beispiel Supermarkt zurückkommen,

in welchem Zeitraum wir damit rechnen können, dass die Preise tatsächlich aufhören,

zu stark zu steigen und dass sich das verbessert?

Aus der Erfahrung weiß man, bis eine geldpolitische Verschärfung, eine Anhebung von Zinsen,

sich wirklich in der Realwirtschaft niederschlagen, dauert es mindestens ein halbes Jahr, manchmal

sogar ein ganzes Jahr. Also von dort wird die Milch oder die Butter nicht sofort billiger werden.

Da muss man darauf hoffen, dass es einfach in den normalen Agrarpreisen und Rohstoffpreisen

zu einer Entspannung kommt. Aber wir müssen ja auch längerfristig denken. Nur immer auf

den kurzfristigen Kassazettel zu schauen, bringt ja nichts. Und da kann man sagen, die Zinsanhebungen

haben ja schon begonnen. Die sind ja schon seit circa einem dreiviertel Jahr. Ist die Zinslandschaft

in Bewegung? Die Erwartung ist, dass die Zinsen weiterhin steigen werden. Also ich würde sagen,

im Lauf dieses Jahres bis zu Jahresende sollte die Geldpolitik sehr wohl ihre Wirkung gezeigt haben.

Allerdings kann es natürlich zu einem neuen Preisschock kommen. Zum Beispiel könnten jetzt die

Öl oder die Gaspreise auch wieder stark ansteigen. Und dann haben wir das gleiche Problem wie vorher.

Dann wird zwar die Geldpolitik zwar etwas getan haben, aber die Preise deshalb nicht unbedingt

sich stabilisieren. Wenn nichts Unerwartetes passiert, dann können wir im Laufe des Jahres

damit rechnen, dass sich die Inflation ein bisschen abmildert, hast du gesagt. Und auch dass dieser

Preisgipfel auch, wenn es keine konkreten Maßnahmen gibt, zumindest durch mehr öffentliche

Diskussion auch dazu führen könnte, dass sich die Preise ein bisschen verbessern. Danke dir für

diese Einschätzung, Erik Frey. Sehr gerne. So viel zu Analyse, wie die Oppositionspartei SPÖ auf

den heutigen Lebensmittel-Gipfel reagiert, das besprechen wir gleich noch in unserem Meldungsblock.

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können Sie gerne auch eine gute Bewertung oder einen netten Kommentar dort lassen,

dann finden uns auch noch mehr Menschen. Also vielen Dank dafür. Jetzt aber dranbleiben,

wir sind gleich wieder da.

Schaffen wir es noch, die Erderhitzung zu stoppen? Wie verändert künstliche Intelligenz unser Leben?

Wie werden wir in einer heißeren Welt leben, arbeiten, urlauben? Und wann fahren Autos autonom?

Ich bin Alicia Prager und ich bin Florian Koch. Um solche und viele weitere Fragen geht es im

Podcast in Zukunft und in Zukunft Klimafragen. Wir sprechen mit Expertinnen und Experten und

diskutieren Lösungen für die Welt von morgen. Jeden Freitag gibt es eine neue Folge.

Und hier ist, was Sie heute sonst noch wissen müssen. Erstens, in Reaktion auf den heutigen

Lebensmittel-Gipfel hat sich nun auch die SPÖ-Chefin Pamela Rendi Wagner gemeldet. Sie hat

angekündigt, einen Misstrauensantrag gegen die Regierung einzubringen, weil diese ihrer

Meinung nach zu wenig gegen die Teuerung unternehmen würde. Konkret fordert Rendi Wagner etwa einen

Mietpreisdeckel oder eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Bei den Maßnahmen wurden

auf dem heutigen Gipfel nicht konkret beschlossen. Dass der Misstrauensantrag erfolgreich ist,

ist allerdings auch unwahrscheinlich, denn dafür wäre eine Mehrheit im Nationalrat nötig und die

haben die Regierungsparteien ÖVP und Grüne. Die Forderungen von Rendi Wagner dürften aber auch

durch den SPÖ internen Führungsstreit motiviert sein. Denn in den kommenden Tagen können

SPÖ-Mitglieder noch abstimmen, ob Rendi Wagner weiter Parteichefin bleiben soll. Auch hier

diesbezügliche Rivales Andreas Babler hat zuletzt eine Kampagne gegen die Teuerung präsentiert.

Zweitens, das russische Militär hat in der Nacht auf den heutigen Montag eine neue Serie

groß angelegter Luftangriffe auf die Ukraine gestartet. Mehrere Regionen starten dabei

unter Beschuss, darunter auch die Hauptstadt Kiev. Laut dem Generalstab der ukrainischen Armee

kamen bei den Angriffen auch Zivilistinnen ums Leben. Hintergrund für die Angriffe dürfte

der morgige 9. Mai sein, denn da wird in Russland traditionell der Sieg über Nazi-Deutschland

im Zweiten Weltkrieg gefeiert. Analystinnen vermuten, dass Vladimir Putin nun im Vorfeld

dieses Tages unter Druck stand, auch im Ukraine-Krieg neue Fortschritte vorweisen zu können.

Und drittens, ob Jogging-Hosen in der Schul- und Arbeitswelt ein No-Go oder besonders modisch sind,

das wurde im Zuge der Corona-Pandemie ja schon heiß diskutiert. Mittlerweile hat sich anscheinend

auch die FPÖ in Wien eine Meinung gebildet, denn sie fordert per Aussendung ein Verbot von

Jogging-Hosen in öffentlichen Schulen, weil der Schlaberlook, Zitat, guter Leistung und

respektvollem Umgang im Weg stehen würde, wie die FPÖ meint. Wie das zuständige Bildungsministerium

dazu steht, haben wir bisher noch nicht erfahren, dass Satire Duo-Gebrüder Moped hat allerdings

schon auf den Vorschlag reagiert, sie fordern alle Schülerinnen in Österreich natürlich

unverbindlich auf, morgen in Jogging-Hose in die Schule zu gehen. Wie es in der Causa-Jogging-Hose

weitergeht, das können sie dann auf der Standard-Punkt-AT nachlesen. Dort finden sie natürlich

auch alles weitere zum aktuellen Weltgeschehen. Wenn Sie jetzt noch nicht genug von Standard-Podcasts

haben, dann empfehle ich Ihnen die neue Folge unseres Schwester-Podcasts, Inside Austria,

da geht es um die weitereichenden Änderungen, die am öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich

geplant sind, warum diese die Medienvielfalt hierzulande bedrohen könnten und wie der ORF

endpolitisiert werden könnte. Inside Austria finden sie überall, wo es Podcasts gibt.

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dafür. Ich bin Tobias Holop, danke auch fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

Standard-Podcast Rätsel der Wissenschaft gehen wir großen Fragen der Menschheit auf die Spur.

Wir fragen Wissenschaftlerinnen, was in schwarzen Löchern passiert, wo die Aliens bleiben und die

Fusionskraftwerke und wo die Mathematik an ihre Grenzen stößt. Rätsel der Wissenschaft

gibt mitwoch eine neue Folge. Überall, wo es Podcasts gibt.

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Beim sogenannten Lebensmittelgipfel wurden kaum Maßnahmen gegen die Teuerung gefunden. Kann die Regierung der Inflation überhaupt etwas entgegensetzen?

Lebensmittel werden in Österreich immer teurer – obwohl die Inflation in vielen anderen EU-Staaten schon wieder zurückgeht. Wie der Staat das ändern könnte, damit hat sich am Montag ein sogenannter Lebensmittelgipfel auseinandergesetzt.

Im Podcast spricht Nicolas Dworak aus der STANDARD-Wirtschaftsredaktion darüber, welche Folgen das haben könnte.

Außerdem fragen wir STANDARD-Textchef Eric Frey, ob staatliche Eingriffe im Kampf gegen die Inflation überhaupt funktionieren können.

Früherer Podcast zu Teuerung bei Lebensmittel

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