11KM: der tagesschau-Podcast: “Sie ist weg!” - Eventim und die verschwundene Firma
tagesschau 6/2/23 - Episode Page - 29m - PDF Transcript
Wo seid ihr? Ich will eure Hände sehen! FKN!
Wenn 10.000 Musikfans jubeln, dann klingelt in der Regel die Kasse.
Wie jetzt am Festivalwochenende.
Rock in Park, Rock am Rängen.
Wer von euch ist mit am Start?
Von einem, weiß ich es sicher, Eventen.
Es gibt kaum ein großes Konzert, Event oder Festival in Deutschland,
bei dem Eventim nicht mitmischt und oft richtig fett verdient.
Hier ist FKM der Tagesschau Podcast.
Ein Thema in aller Tiefe.
Und heute erfahrt ihr, wie es Eventim geschafft hat.
Vom Ticketanbieter zu dem marktbeherrschenden Player im deutschen Live-Veranstaltungsbusiness.
Teils am Kartellamt vorbei und mit fragwürdigen Methoden.
Samy Kames ist Investigativreporter bei BR-Rechercher.
Er hat herausgefunden, wie Eventim funktioniert und mit welchen Tricks gearbeitet wird.
Frei nach dem Motto, so sagen das Branchenkenner unserem Gast,
was nicht illegal ist, ist legal.
Den Rest regeln die Anwälte.
Mein Name ist Victoria Michalsack. Heute ist Freitag 2. Juni.
Du bist ready?
Ich bin ready.
Dann, wenn wir laufen, sage ich, Samy, herzlich willkommen.
Hi.
Diese Geschichte beginnt in einem Büro.
Erzähl mal, wo sind wir?
Wir sind in Hamburg.
Wir sind in einem Büro, das so eng zugestellt ist,
dass es schwer ist, für die Kameraleute überhaupt einen Ort zu finden,
um eine Kamera aufzubauen.
Überall alte Computer, Kabel, CDs, Papiere.
Und mittendrin, Smudo.
Die Öffentlichkeit weiß es nicht.
Jetzt wird sie erfahren, wo noch Zeit.
Smudo, der Rapper, den man vermutlich kennt,
wenn man mal viel Hip-Hop gehört hat,
weil er Mitglied der Fantastischen 4 ist.
Fantastische 4.
Man kennt ein paar Songs.
MFG.
Sie ist weg.
Ich bin wieder allein.
Der Picknicker.
Tag am Meer.
Das ist auch noch ein Song von dem.
Ganz viele Songs seit ihr in den 90er- und 2000ern,
aber bis heute total erfolgreich.
Bravohiz.
Jetzt haben wir die alle schön aufgezählt,
weil wir aus urheberrechtlichen Gründen kein Song hier einspielen können.
Wir haben jetzt euch erinnert an die Sorgen, wenn ihr zuhört.
Smudo kennt man, wenn man später dazu kam,
aus der Baumarktwerbung.
Oder von The Voice Kids.
Und Smudo von den Fantastischen 4.
Oder von der Luca App.
Oder, oder, oder.
Smudo ist ein mega umtriebiger Typ,
mit Musik, mit Hip-Hop in den 90er-Jahren.
Und der dann später immer mehr zum Geschäftsmann wurde.
Der bis heute auch ist.
Jawohl, ich bin nicht nur Musiker, ich bin auch Geschäftsmann.
Aber was die Fantastischen 4 von Anfang an ausmachte,
ist tatsächlich, dass sie sich Frü drungen gekümmert haben,
möglichst viel selbst zu machen.
Die hatten ein eigenes Label gegründet.
Die haben eine eigene Booking- und Event-Agentur gegründet.
Das heißt, sie haben ihre Aufnahmen selbst vermarktet
und diese Booking-Agentur war auch der Grund,
weshalb wir mit Smudo sprechen wollten.
Die Agentur heißt 4 Artists, macht Booking.
Das heißt, sie kümmert sich darum,
dass Künstlerinnen und Künstler auf Tournee gehen können.
Okay, also wie geht das genau?
Was ist da die Dienstleistung?
Also du hast eine Band, willst auf Tour gehen,
wo trittst du in Hamburg auf?
Wo trittst du in Köln auf, wo trittst du in Berlin auf?
Darum kümmerst du dich.
Mit einem Bus schlafen die im Hotel.
Welche Farbe soll die Bettwäsche haben?
Also das ist wirklich so.
Künstlerinnen sind ja super picky.
Also Smudo sagt auch,
ein guter Booker weiß,
welche Farbe die Gummibärchen haben sollen,
die dann auf dem Tisch stehen.
Einfach nur, so zu sagen.
Tournäen sind super anstrengend.
Alles, was mit einem Tournee zu tun hat,
läuft im Großen und Ganzen,
hat seinen Ursprung bei einer Booking-Agentur.
Okay.
Und wieso ist diese Agentur
von Smudo wichtig
für diese Geschichte?
Die Agentur ist deshalb wichtig,
weil sie heute nicht mehr existiert.
Also unsere Live-Booking-Agentur
für Live-Bands Vorartist lief wirklich gut,
wurde immer größer.
Und ich fand Mitarbeiter mäßig von der Anzahl her
wirklich an der Grenze.
Und haben uns immer überlegt,
können wir so weiterwachsen, können wir das überhaupt schaffen?
Wir haben diese Agentur verkaufen,
beziehungsweise die Fantastischen 4.
Smudo sagt, sie wurden immer größer.
Das war irgendwann alles sehr stressig.
Sie brauchten einfach einen größeren Partner,
auch mit mehr Geld im Hintergrund.
Und haben deshalb diese Firma angeboten,
und zwar dem Marktführer Eventim.
Ja, dem Marktführer beim Ticket-Verkauf.
Wie passt das zusammen?
Eventim ist ein Unternehmen
mit einem Umsatz von knapp 2 Mrd. Euro.
Das ist schon sehr ordentlich.
Es hat im Großen und Ganzen
Eventim 2 Spaten.
Das eine ist Ticket-Verkauf.
Du hast schon gesagt, also für
Sowohl Konzerte als auch Ice-Hockey-Musicals
und so weiter und so fort.
Und der andere Teil
sind Konzertveranstalter
oder Unternehmen, die Konzerte veranstalten.
Zum Beispiel Rock am Ring, Rock am Park,
Hurricane Southside und so weiter und so fort.
Das ist alles Teil dieses großen
Unternehmens-Eventim
mit wirklich zig Beteiligungen.
Das ist ein total großes Firmengeflecht.
Das ist Eventim,
einer der, sagen Sie auch in Ihren
Geschäftsberichten,
Marktführer in diesem Bereich,
Live-Segment. Sowohl Tickets
als auch Veranstaltungen.
Und wer steckt hinter diesem Giganten?
Eventim ist eine Aktiengesellschaft.
Sie gehört nicht einer Person.
Aber es gibt eine prägende Figur hinter Eventim,
Klaus Peter Schulenberg.
Er ist aktuell der CEO.
Er hat die Firma damals in den 90ern gekauft
und hatte immer noch die Person
mit den meisten Aktienanteilen, knapp 40%.
Und er ist auch derjenige,
der tatsächlich, egal wie man spricht,
verkürzt gesagt Mr. Eventim ist.
Ich bin einfach bodenständig.
Man muss sich selbst nicht so wichtig nehmen.
Das ist Klaus Peter Schulenberg
im OMA-Podcast von 2018.
Wir verkaufen Künstler,
die sind wichtig, die stehen im Mittelpunkt
und nicht die, die hinter den Kulissen tätig sind.
Klaus Peter Schulenberg
gilt in der Branche
als extrem nüchterner, hanseatischer Kaufmann,
der vor allem auf Zahlen guckt.
Diese ganze Branche
mit Musik und Emotionen überladen,
will ich mal sagen.
Da hat er sehr, sehr früh,
sehr schnell erkannt,
wohin der Weg führt
und zwar quasi Tickets online zu verkaufen.
Die Anfänge der Firma reichen zurück
in das Jahr 1989.
Dort wurde das Unternehmen gegründet
von den drei größten,
damals größten Konzertveranstalter
in Deutschland.
Ich habe das Unternehmen dann 1996 gekauft.
Da machte das Unternehmen
rund 6 Millionen D-Mark Umsatz.
Und die Ausschnitte hier,
in denen wir Klaus Peter Schulenberg hören,
die sind eben aus diesem Interview
mit dem Branchen-Podcast von OMR
im Herbst 2018, also schon
ein kleines bisschen älter.
Habt ihr ihn denn bei eure Recherche
aber auch persönlich getroffen?
Wir haben Klaus Peter Schulenberg leider nicht sprechen.
Wir haben ihn mehrfach angefragt
für ein Interview.
Antwort haben wir bekommen von seinen Anwälten
bzw. den Anwälten-Eventims.
Aus dem Schreiben dürfen wir nicht zitieren.
D.h. Klaus Peter Schulenberg blieb
in dieser gesamten Recherche.
Ich will nicht sagen Phantom,
aber er wurde nicht greifbar für uns.
Ich hatte ein paar
sehr interessanter Gespräche
mit ehemaligen Wegbegleitern,
Mitbewerbern und so weiter.
Die haben gesagt,
was für Klaus Peter Schulenberg
nicht illegal ist,
ist legal
und den Rest regeln die Anwälte.
Klaus Peter Schulenberg gilt
als sehr zielstrebig,
aber auch als
sehr zielstrebig.
Manche sagen hungrig,
der war auf Wachstum aus von Anfang an
und der war von Anfang an auch super erfolgreich.
Wir haben dann ein Spin-off gemacht
am 1. Februar
im Jahr 2000,
waren wir der erste Börsengang,
waren sofort 3.000 fach überzeichnet,
kann man sich heute alles gar nicht mehr vorstellen.
Neuer Markt war
sehr erfolgreich.
Dieser Mann ist heute Milliardär?
Ich sage immer, Glück ist die Voraussetzung
von Erfolg, das ist überhaupt keine Frage.
Viele nennen das
im Nachhinein-Strategie.
Der Eventim-CEO Klaus Peter Schulenberg
scheint nicht so gern darüber zu reden,
wie er zu den reichsten Männern
Deutschlands geworden ist.
Aber wir können ja darüber reden.
Wie funktioniert das Geschäftsmodell von Eventim?
Wie kann die Firma
mit dem Verkauf von Tickets
so viel Geld verdienen?
Wenn man sich alleine das letzte Jahr anschaut,
dann hat Eventim da
einen Umsatz im Bereich Ticketing
von 500 Millionen Euro gemacht
und fast die Hälfte davon sind
Gewinn vor Steuern.
Ich habe das meinen Kollegen erzählt
aus der Wirtschaftsredaktion
und der hat nur gesagt, wow,
grundsolides Unternehmen.
So eine Rendite,
solche Zahlen sind kein Normalfall.
Es gibt wirklich wenig Firmen,
die derart profitabel wirtschaften
wie Eventim in diesem Bereich.
Weil Sie beim Verkauf von Konzertkarten
dann ordentlich draufschlagen,
oder wie?
Klaus Peter Schulenberg hatte selbst mal durchgerechnet
auf einer Konferenz 2015.
Also, wir machen das hier nochmal konkret.
Das war auf der NOAA
einer Internet-Businesskonferenz
in Berlin vor acht Jahren.
Das Video dazu findet man auch im Netz.
Der Durchschnittspreis eines Tickets,
das in Europa verkauft wird, sind 50 Euro.
Und die Gebühren
dieses Tickets machen ungefähr 7 Euro aus.
Roundabout.
Also, Gebühr heißt die Gebühr
dafür,
dass man es über die Plattform Eventim bezahlt.
Ganz genau.
Also, wir haben es mal ganz konkret gemacht.
Bei uns in der Doku ist eine Band.
Du konntest als End-Consumer
einen Ticket kaufen für 36,50 Euro.
Und Eventim
erhebt diverse Gebühren,
die bei einem Ticket von 36,50 Euro
für 36,50 Euro kosten.
Und Eventim erhebt
diverse Gebühren,
die bei einem Ticket von 36,50 Euro
ungefähr
17 Prozent ausmachen.
Ein Eventim für die Vermittlungsleistung,
das ist schon auch nicht wenig.
Das ist aber jetzt in eurem Beispiel
sogar noch mal mehr,
als die durchschnittlichen 12 Prozent
von den Eventim-Geschäftsführer Schulenberg
da auf der Konferenz gesprochen hat.
So oder so, nicht wenig.
Aber als Konzertgänger oder Besucher
einer Veranstaltung merkt man das ja gar nicht so.
Und es ist ja auch nicht so,
dass diese Gebühren absolut
Sittenwidrig hoch wären,
die Eventim nimmt.
Aber dann schießt sie mal in eine ausverkauften Halle
und guckst dich um
und sie ist 15.000 Leute hinter dir
und rechnest sie natürlich auch.
Früher, da musstest du eine Person bezahlen,
die irgendwo im Bahnhof sitzt
in der zugegigen Halle
und dann auf Papier ausgedruckt.
Die Kosten fallen heute alle weg.
Ja, aber dafür gibt es ja heute
die sogenannte Onlinegebühr
und wirklich auch preiswerter?
Ja, es gibt kleinere Mitbewerber auf dem Ticketmarkt.
Da sind die Gebühren zum Teil tatsächlich niedriger.
Das sind jetzt nicht 40 Euro pro Ticket weniger,
sondern so 2, 3 Euro.
Aber es ist schon merklich.
Und wenn man dann weiß,
dass Eventim 250 Millionen Tickets verkauft,
ist die Zahl vom letzten Jahr,
dann denkt man sich, wow,
du hast so viele Tickets,
auf die du eine Gebühr x oben draufschlägst.
Eine Summe,
die die Mitbewerber vermutlich nicht erreichen können,
einfach weil Eventim so stark ist
auf diesem großen
und extrem lukrativen Markt.
Aber ehrlich gesagt,
wenn du jetzt von anderen
kleineren Ticketanbietern sprichst,
da fallen mir so spontan gar keine ein.
So groß und stark scheint die Konkurrenz
von Eventim nicht zu sein trotz der Gebühren.
Wenn wir zurückgehen
in der Zeit 1999, 2000,
damals geht Eventim an die Börse
und das waren ja so die Heydays
an der Börse, die erste,
was dann später als Dotcom Blase bekannt wurde.
Eventim
hat es geschafft, sehr früh Geld zu sammeln
durch diesen Börsengang.
Wir haben mit einem Branchenkenner gesprochen,
der meinte, naja, die haben halt einfach
nach und nach den Marktbären gekauft.
Früher oder später wurde vieles
von dem, was unterwegs war.
Es gab ja mega viele kleine Tickethandler
in jeder Stadt.
Die wurden sukzessive aufgekauft
und auch die größeren Ticket online,
also diese ganzen Ticket-Corner,
die ganzen Sachen, die gibt es zum Teil heute noch,
die gehören aber alle zu Eventim.
Und dann hat Eventim noch was erkannt,
die haben gesagt, wir können zwar Tickets verkaufen,
aber wir brauchen ja auch den Content.
Wir müssen ja auch die Bands haben
und hat sich dann sehr früh dazu entschieden,
auch Booking-Agenturen
oder Veranstalter
mit in den Konzern zu holen
und damit automatisch beide Seiten zu bedienen.
Ah, plötzlich verkauft Eventim
also nicht mehr nur die Tickets als Vermittler,
sondern organisiert und veranstaltet
selbst die Konzerte.
Die Bands auf der einen Seite
und den Endkunden, oder die Endkundinnen
auf der anderen Seite.
Und das zusammen macht dieses Unternehmen so erfolgreich.
Und Eventim betreibt ja sogar eigene
Veranstaltungsarenen und Hallen.
Das heißt, Eventim
muss sich dann nicht irgendwo extra noch
einmieten, sondern hat direkt
die Hallen dafür parat.
Eventim sind häufig mit die größten Bühnen,
die Waldbühne in Berlin, die längstes Arena in Köln,
es gibt es Apollo
in London, die werden alle
von Eventim betrieben.
Da gibt es ein ziemlich großes
umständliches Wort
und das heißt vertikale Marktintegration.
Aber es heißt,
wenn man sich vorstellt,
dass es eine Verwertungskette gibt,
von oben nach unten, dann hat Eventim
auf fast jeder Ebene
die Möglichkeit, Geld zu verdienen.
Wenn man mit Branchenkennerinnen
und Kennern spricht,
dann sagen sie, heute führt eigentlich
kein Weg mehr an Eventim vorbei.
Naja, kommt einem nicht ganz unbekannt vor,
dass es im Musikgeschäft
nicht nur um Musik geht,
um Künstler, um Emotionen,
sondern ums liebe Geld.
Eben auch, wenn es darum geht,
wer mit Streams auf Spotify überhaupt was
verdienen kann.
Das ist auch eine Folge bei FKM.
Die dirty little secrets
von Spotify.
Die Folge findet ihr auch hier bei uns.
Sie heißt, das System Spotify.
Aber jetzt zurück.
Wo waren wir noch mal?
Naja, Eventim ist ein Monopolist.
Man kommt auch nicht vorbei.
Ah ja, genau. Also, es führt
kein Weg vorbei an Eventim.
Auch fürs Mudo
und die Fantafieren nicht.
Die wollen ja ihre Künstler Booking-Agentur
kaufen. Das heißt, die machen jetzt ernst.
Das Mudo sagt, sie hätten sich
zu groß gewachsen.
Es wäre einfach zu viel zu tun gewesen
für so eine kleine Agentur.
Eventim war der spannendste Partner.
Weil sie eine Firma sind,
die bekannt ist dafür,
sehr viele Beteiligungen bei anderen
Tournee-Veranstaltern und so weiter zu haben
und ein sehr erfolgreiches Portfolio
führt.
Und dann verhandeln sie also.
Wir sitzen jetzt hier bei mir im Büro,
dort haben wir uns vor einigen Jahren
zum allerersten Mal persönlich getroffen.
Und so ein Dierungs- und Kennenlern-Gespräch
kommen.
Unser Geschäftsführer habe ich mitgenommen.
Er will jetzt mal Schulen beerkennen.
Und war klar, um was es geht.
Und dann haben wir uns da getroffen beim Fischessen
und haben darüber geschnackt.
Also, dass wir es interessant finden,
mit einem großen Partner zu arbeiten.
Es gab vielversprechende Gespräche
und auch Hände wurden geschüttelt
und sich in die Augen geguckt.
Es war eine große Verhandlung.
Tatsächlich war es
2016-17 soweit,
dass diese Booking-Agentur
Vorartists
mit Eventim zusammengehen wollte.
Die Akten dazu,
die wir gesehen haben,
waren ein bisschen über 50%.
50,2% sollten an Eventim gehen.
Damit wäre Eventim
haupteigner.
Und die anderen Leute,
die fantastischen 4 und noch 2 weitere Personen,
was gegründet haben, die wären noch juniorpartner gewesen. Das musste beim
Kartellamt angezeigt werden.
Das Kartellamt ist zuständig bei Eventim, weil Eventim als international
agierender Konzern mehr als 500 Millionen Euro Jahresumsatz macht und
deshalb müssten da Firmenzusammenschlüsse oder Ankäufe quasi angemeldet
angezeigt werden.
Wir haben hier Eventim, wir würden gerne die Vorartists übernehmen und das
Kartellamt hat gesagt, okay, das gucken wir uns mal an und das Kartellamt prüft
diesen geplanten Zusammenschluss und sagt, sorry Freunde, wenn ihr zusammen
kämmt, dann hätte das Nachteile für den Markt. Es gäbe eine marktbeherrschende
Stellung durch Eventim. Dieser Zusammenschluss wird untersagt.
Der Deal war futsch. Ja, der Deal war futsch. Als der Deal geplatzt ist, war das Mudo
erstmal ein bisschen, er sagt nicht sauer, aber er war so, Mann, why? Sie hätten gerne noch verkauft.
Die Kartellamtsentscheidung hat es natürlich nicht gefreut, aber es ist so ein
fetter Ordner, die haben das sehr gut begründet und ja, was soll ich machen?
Er sagt noch mal so. Er sagt, das wäre eine nette Rente gewesen, die Summe um
dies damals ging. Das Bundeskartellamt verhindert also, dass der
Live-Entertainment-Konzern, der Eventim ist, noch größer wird und noch
mächtiger. Vor Artists darf nicht in Eigentümer wechseln und Mudo trauert
so ein bisschen dem verflossenen Verkaufserlös hinterher. Aber er hat
gesagt, er ist ja nicht so schlimm, es gibt ja noch Mitbewerber, es gibt einen
großen amerikanischen Konkurrenten, Live Nation und an die wollten sie die
Agentur verkaufen. Dann verhandelt, verhandelt, verhandelt und dann sagt
Mudo, kommt auf einmal im September 2019 sein Geschäftsführer, der Booking
Agentur und kündigt. Dann ist das recht schnell gegangen. Innerhalb von zwei
Wochen sind die wirklich alle wie angeknipst gegangen. Und er weiß erst
nicht, wo die alle hingehen. Der Interims Geschäftsführer hat erzählt, es ist
Horror, wie es sie gerade aussieht, Mudo, du glaubst gar nicht. Ich ziehe im
Büro und hier kommt einer nach dem anderen rein und legt das Gündigungsschreiben
auf den Tisch. Richtig Schlange. Also viele auf einmal, viele auf einmal. Wenn der
Booker geht aus der Firma, dann nimmt er in der Regel seine Bands mit. Mudo sagt, es
sind die wichtigsten Mitarbeitenden gegangen, also die mit den großen Bands.
Das heißt, von einer auf den anderen Tag haben wir fast alle Mitarbeiter verloren
und fast alle Bands. Und Mudo fragt sich zum einen, wie so kündigen die?
Und zum anderen, wo gehen die alle hin? Ja, ja, ja. Und relativ zeitgleich entsteht
eine neue Firma mit mehr oder weniger dem gleichen Zuschnitt. Der Booking Agentur
heißt ein bisschen anders, sitzt in Berlin und der Name ist All Artist's Agency.
Und dann wurde mir klar, alle zur A. Die Mitarbeiter, die innerhalb von zwei, drei
Tagen alle gleichzeitig die Künfte hatten, die in einer Schlange bei der neuen
Geschäftsführung standen, ihre Papiere abgegeben haben. So ein Schlag hat sich
alle dort gelandet. Viele heuern dort an.
27 von 45 und fangen dort an, in ihrem alten Job mit auch den alten Bands
weiterhin zu arbeiten. Und der Twist an dieser ganzen Geschichte ist, diese neue
Firma, diese neue Agentur gehört zu 51 Prozent Eventim. Die Firma, die eigentlich
die Agentur von Mudo kaufen wollte, ist aber nicht durfte.
Innerhalb von drei Monaten ist der gesamte Laden abgeflossen in einen neuen
Laden, der von jemandem gemacht wurde, dem das Kartellant gesagt hat, der soll es
nicht machen. 22 Millionen Euro, BAM!
Sami, ihr habt aufwendig zu dem Fall recherchiert, habt auch Einblick in
Gerichtsakten dafür gehabt. Du hast vorhin schon gesagt, der Geschäftsführer von
Eventim Klaus-Peter-Schulenberg, der wollte euch kein Interview geben.
Mudo von den Fantastischen 4 hat aber mit euch darüber gesprochen und der sagt,
ihm wurde die Firma geklaut. Was würdest du sagen? Ist das, was da passiert ist, mit
rechten Dingen zugegangen? Tatsächlich hat er Strafanzeige gestellt mit seinen
Mitgesellschaften. Es gab Ermittlungen und es wurde kein strafbares Verhalten
festgestellt von der Staatsanwaltschaft in Berlin. Das Kartellamt, das sagt, naja,
eine Neugründung ist nicht verboten. Ich würde das mal als ärgerlich bezeichnen
aus unserer Sicht. Wir konnten mit Andreas Mundsprechend dem
Präsidenten des Bundeskartellamtes. Ja natürlich haben wir das mitbekommen,
das ist nichts, was anmeldepflichtig ist, das ist auch nichts, was sie überprüfen
können. Wir haben uns das angesehen, aber wie gesagt, in dieser Form sind wir da
nicht herangekommen, letzten Endes ist es ein ärgerlicher Vorgang. Also das, was
da passiert ist, ist nicht illegal, aber eine Anordnung einer Bundesbehörde wurde
mutmaßlich unterlaufen. Eventim hat einen Fragenkatalog von uns bekommen, haben
nicht geantwortet. Es gibt noch andere Beteiligte in dieser ganzen Vorartistgeschichte,
die sagen, es gab Strafermittlungen, die wurden eingestellt, weil nichts gefunden
wurde und sie haben auch noch mal betont, geheime Absprachen hätte es nicht gegeben.
Okay, also wir merken Musikbusiness, das ist ein knallhartes Geschäft,
und wir haben gemerkt, dieser eine Player, der wird immer größer. Was heißt das denn
jetzt? Vor allen Dingen, was heißt das für Künstler eigentlich?
Naja, für Künstler heißt es, zuerst mal sie müssen sich in der Regel arrangieren und das
können sie sehr gut mit Eventim. Die haben damit wenig Arbeit, das habe ich auch in der
Recherche gemerkt, Künstler sind total happy, wenn sie wenig Arbeit haben und so ein
Kopf frei für den Kram, den sie machen. Musik ist mega nachvollziehbar.
Klar. Deshalb arbeiten sie sehr gerne mit Eventim, einfach auch, weil Eventim die
Power hat, eine Band groß zu vermarkten und die Hallen voll zu bekommen oder die
Clubs. Das heißt aber auch, dass die Fans mehr zahlen müssen und das sagen auch
Kartellrechtler wieder, was man sehr häufig sieht, wenn es so eine Marktkonzentration
gibt, dass der Service schlechter wird. Und das kann man jetzt pauschal für
Eventim nicht sagen, aber es gibt zumindest eine gewisse Unzufriedenheit.
Aber das heißt, es ist ja eigentlich immer so, wenn es so einen großen Player
gibt, der für alle am Markt wichtig ist, also egal, ob das jetzt so was ist wie
Amazon oder wie Google, dann ist es halt auf der einen Seite natürlich mega
praktisch, aber es birgt halt auch immer so ein bisschen die Gefahr, dass da eben
einer die Regeln macht und es gibt dann quasi gar keine Alternative mehr, ne?
Genau und da sagen auch, und das fand ich ziemlich spannend, weil wenn man mit
Leuten spricht mit den Konsumenten, dann sagen die natürlich Eventim ist halt
mega easy, da kaufe ich meine Sachen, ist hundertfach erprobt, hat hundertfach
funktioniert. Kartellrechtler sagen, ganz häufig fällt erst auf, wie ungünstig es
läuft, wenn ein starker Player am Markt ist, wenn der nicht mehr da ist. Man macht
sich es zu bequem, wenn man sagt, es läuft doch alles ganz gut, weil man eben
nicht weiß, wie der Markt funktionieren würde, gäbe es tatsächlich Konkurrenz,
weil dann würde ich vielleicht doch dahin gehen, wo der Service ein bisschen
besser ist oder das Ticket 1, 2, 3, 4, 5 Euro günstiger.
Okay und was nimmst du denn jetzt mit aus deiner langen Recherche? Wo kaufst du
jetzt deine Tickets? Immer noch bei Eventim oder?
Ja, es führt ja keinen Weg dran vorbei, also ich finde es auch nicht schlimm über
Eventim Tickets zu kaufen. Wie gesagt, als End-Konsumer funktioniert es einfach.
Ich glaube und das sagen auch dann die Leute in der Branche, es braucht mutige
Bands, auch große Bands, die sich hinstellen und sagen, wir probieren
was Neues, wir gehen nicht zum absoluten Marktführer, die sind in der Regel dann
auch schon so etabliert, dass sie das sagen können, mit der große Band hat
echt Probleme im Moment auf Tor zu gehen und dann könnte da wieder ein bisschen
Bewegung in den Markt kommen. Ansonsten sagen sehr viele Leute, mit denen wir
sprachen, der Markt ist konsolidiert, in weiten Teilen von Eventim dominiert und
es ist extrem schwer, da ein Fuß in die Tür zu bekommen.
Danke Samy. Ja, danke dir. Ciao.
Und das war unsere Folge für heute zu Eventim, dem Big Player im Musikbusiness.
Samy Kamis hat zusammen mit Friederike Wipfler, Anne Brier, Leonard Bedford
Strom und Julia Schweinberger für BR-Recherche in der Musikindustrie
recherchiert. Ihre dreiteilige Serie findet ihr in der ARD Mediathek.
Sie heißt Dirty Little Secrets. Den Link haben wir euch in die Shownotes gepackt.
Folgenautor ist Mark Hoffmann. Mitgearbeitet haben Hannes Kuns und
Jasmin Brock. Produktion Alex Berge, Ursula Kirstein, Gerhard Wicho,
Hannah Brünjes und Eva Erhardt. Redaktionsleitung Lena Götler und
Fumiko Lipp. FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.
Mein Name ist Victoria Michalsack. Wir hören uns am Montag wieder. Tschüss.
Und ganz zum Schluss haben wir wie immer ein Podcast-Tipp für euch.
Ashida, 25 Jahre danach. Da schaut die Journalistin Miriam Ahns auf einen
Tag zurück, der ihr Leben und das vieler anderer Menschen für immer verändert hat.
Den 3. Juni 1998, als der ICE 884 auf dem Weg von München nach Hamburg
plötzlich entgleist und in eine Brücke am Ortsrand von Ashida rast.
101 Menschen sterben, darunter Miriams Mutter. Im neuen NDR-Podcast Ashida,
25 Jahre danach, blickt sie noch einmal zurück und fragt sich, was genau ist da
passiert? Wer war für den Unfall verantwortlich? Wir haben die Anwohner
den Tag in Ashida erlebt und wie geht es den Hinterbliebenen und den
Überlebenden heute? Den Podcast findet ihr in der AID-Audiothek.
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
Festivals, Konzerte, Live-Shows sind ein Megageschäft – vor allem für ein Unternehmen: Eventim. Der Veranstaltungsgigant mischt und verdient fast immer mit. BR-Investigativ-Reporter Sammy Khamis erzählt in dieser 11KM-Episode wie Eventim zum marktbeherrschenden Player im Ticket- und Veranstaltungsbusiness werden konnte, auch indem er am Kartellamt vorbei expandierte, und was das für Smudo von den “Fantastischen Vier” bedeutet.
Die exklusive Recherche ist Teil der BR-Dokuserie “Dirty Little Secrets” von Sammy Khamis, Friederike Wipfler, Anne Brier, Lennart Bedford-Strohm und Julia Schweinberger. Die Folge “Die verschwundene Firma” findet ihr hier:
https://www.ardmediathek.de/video/dirty-little-secrets/folge-3-die-verschwundene-firma-s01-e03/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2NjODEyYTczLWRiNjMtNGJkZC1iMmY2LTQ1NGU4ZTc0MWEzZA
Hier findet ihr aktuelle Berichterstattung zum Fall Eventim:
https://www.tagesschau.de/investigativ/br-recherche/eventim-musikindustrie-100.html
Hier geht es zu den Aussagen von Eventim-CEO Klaus-Peter Schulenberg 2018 im OMR Podcast: https://omr.com/de/podcast-klaus-peter-schulenberg-cts-eventim/
Und die 11KM-Folge "Das System Spotify: Das Geschäft mit der Geistermusik" findet ihr hier:
https://1.ard.de/11KM_Geistermusikerinnen
An dieser Folge waren beteiligt:
Folgenautor: Marc Hoffmann
Mitarbeit: Jasmin Brock und Hannes Kunz
Produktion: Alex Berge, Ursula Kirstein, Gerhard Wicho, Hanna Brünjes und Eva Erhard
Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler
11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode liegt beim BR.
Hier geht’s zu unserem Podcast-Tipp: „Eschede. 25 Jahre danach“: https://www.ardaudiothek.de/sendung/zugunglueck-eschede-25-jahre-danach/12704413/