FALTER Radio: Robert Menasse über Bruno Kreisky und seine Zeit, Karl Marx, ÖVP und SPÖ - #959

FALTER FALTER 6/20/23 - Episode Page - 50m - PDF Transcript

Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.

Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.

Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.

Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.

Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.

Ich fühle mich so Berlin. Ich muss da wieder hin.

Sehr herzlich willkommen, meine Damen und Herren, im Falter Radio. Bruno Kreisky, das war die Hochzeit der österreichischen Sozialdemokratie.

Im Rückblick oft verkehrt, aber auf jeden Fall ein Klänzendes Beispiel wie Modernisierung, mehr Gerechtigkeit und Internationalismus.

Hand in Hand gehen. Wir tragen über Jahre von einer Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land.

Schriftsteller Robert Menasse wurde dieser Tage der Bruno Kreisky-Preis für das politische Buch 2022 verliehen.

Wir gratulieren. In seiner Festrede im Katharina-Institut erinnert Menasse daran, was Kreisky's Bildungspolitik für ihn, den damaligen rebellischen Linken persönlich bedeutet hat

und wie er es aus aktuellem Anlass heute mit Karl Marx hält und mit dem Marxismus.

Aus dem Schriftsteller bei seiner Rede etwas zusetzt, das ist Otto Menasse, eine unsägliche Koalition von Euschnupfen und Rührung. Hören Sie sich das an.

Am 6. Mai 1979 besuchten zwei Benediktiner ein Schlachtfeld.

Dieses Schlachtfeld befindet sich im Markfeld zwischen Dürrengrut und jeden Speigen, wo es noch heute manchmal vorkommt, dass Bauern beim Pflügen dieses guten Landes mit hellem Wiesengrün und sartem Gold von Lein und Safran gelb und blau gestickt historische Gebäne und Schädel zu Tage fördern.

Die beiden Benediktiner waren die damaligen Philosophiestudenten Konrad Doll, Lisman und ich. Benediktiner genannt als Schüler von Universitätsprofessor Michael Benedikt, Experte für die Kritik der Urteilskraft, dessen Begriff von der Freiheit des Denkens tatsächlich,

eine Freiheit des Denkens in den Jahren unserer universitären Bildung ermöglicht und gefördert hat, die heutige Studenten und Studentinnen eifersüchtig machen muss.

Lisman und ich hatten beschlossen, an diesem milden, schäfchenwolkigen Sonntag einen Ausflug zum historischen Schlachtfeld und der nunmärigen Weinkulturregion jeden Speigen zu machen, um den Kofferraum meines Skoda-Autos,

den meine Großmutter zwei Jahre davor bei der Tombola des Volksstimme-Fests gewonnen hatte, ich bin der Wahrheit verpflichtet.

Sie besaß keinen Führerschein, so ist das Auto an mich gefallen, um dieses Koda also mit Wein zu füllen, um Vorrat für die nächtelangen Hegel, Kant, Benjamin, Adorno und Ja, Marx und Trotsky Diskussionen der nächsten Wochen zu haben.

Bekanntlich war der Geist der Doppelmonarchie, zumindest in der Doppler-Anarchie der Kunst- und Philosophie-Zirke der 70er Jahre einigermaßen aufgehoben.

Jedenfalls da saßen zwei Benediktiner zum solidarischen Leitwesen Prof. Benedikts zwei linksextreme Studenten an einem grob gezimmerten Holztisch im Sonnenuntergang vor einem Weinkelder mit Blick auf das Schlachtfeld,

auf dem Rudolf der Erste, den König Otto Kahr, vernichtend geschlagen hatte, was nicht nur die Grundlage für 640 Jahre österreichischer Habsburger Geschichte schuf,

sondern auch noch die geistigen Grundlagen der zweiten Republikprägte, schließlich wurde im Jahr 1955 das Burgtheater und damit indirekt auch die Wiedererlangung der österreichischen Souveränität mit Grillpazers König Otto Kahr begangen.

Der Weinbauer stellte zusammen mit einer neuen Flasche Wein ein Kofferradio auf den Tisch, sagte, jetzt kommt gleich der Brugmann.

Und Prof. Brugmann, der damalige Hochrechner der Nation, verkündete, dass Bruno Kreiske an diesem Wahlsonntag die absolute Mehrheit nicht nur verteidigen, sondern gar ausbohren konnte.

Und die beiden Benediktiner brachen ihn jubel aus.

Ja, sie jubelten.

Wir haben Kreiske gewählt, aber waren wahrlich keine Kreiske-Ministranten. Über die Auslassungen von Thomas Bernhardt, dieses in keiner Zeile an der lütischen, in all seinen Büchern insgesamt, aber exemplarisch österreich-neurotischen Dichters,

der Bruno Kreiske als Alpenthito und Höhensonnenkönig bezeichnet hatte.

Lachten wir gewissermaßen links außen.

Nebenbei gesagt auch dies ein zutiefst österreichisches Missverständnis, vergleichbar etwa mit der Groteske, das heute ausgerechnet Presse-Aponenten gern Karl Graus zitieren.

Wir kritisierten Kreiske nicht nur noch marxistisch, sondern auch bereits ökologisch.

Bei der zweiten Dorfabstimmung haben wir gegen das Atomkraftwerk gestimmt.

Und Kreiske's Auslassungen gegen Simon Wiesenthal, sein Versuch, nicht nur diesen anzuschütten, sondern in einer Liaison mit einem SS-Manngräben zuzuschütten, wo Gräber waren, erschien uns auch nicht gerade als eine Ruhmestart des Kanzlers.

Dennoch wir jubelten und dann geschah etwas, das heute wohl kaum noch vorstellbar ist.

Der Bauer umarmte aufgrund dieses überwältigenden Mal-Siegs eines Sozialdemokraten glücklich die beiden links-extremen Studenten.

Und dann kam auch der Dorfschandarm vorbei, hörte die Nachricht und balte die Forst, nicht unbedingt wie ein Sozialist, eher wie ein Sportler.

Und dann saßen der Bauer und die Baujarin, der Schandarm, der Adornit und der Trotzkist vor einem Weinkeller, blickten auf die nunmärige Idylle eines für Österreich höchst bedeutsamen historischen Schlachtfels und tranken und feierten Kreiske's Wahlsieg im Abendrot, das allerdings metaphorisch für uns so die Fortsetzung des österreichischen Morgenrotts war.

Diese Geschichte ist mir augenblicklich wieder eingefallen, als ich erfuhr, dass mir der Kreisgepreis zugesprochen wurde.

Ich habe sie früher ein paar Mal erzählt als Sinnbild für die damalige Stimmung und die verblüffend große gemeinsame Schnittmenge politischer Lager.

Aber dann lange nicht mehr, denn dies wollte ich wahrlich nie. Plötzlich einer zu sein, der nostalgisch seine Jugendjahre erklärt oder aber, wenn es nichts zu verklären gibt, mit dem umbölgten Ernst des Zeitzeugenanextoten erzählt.

Für die Nostalgie sprich zwar, dass sehr vieles damals besser wurde, als es davor gewesen ist.

Gegen die Nostalgie sprich unter anderem aber, dass heute zwar vieles besser sein könnte.

Wir aber vor Herausforderungen stehen, die wir uns damals nicht im Traum oder korrekt gesagt nicht im Albtraum hätten vorstellen können.

Und gegen die sogenannte Zeitzeugenschaft sprich, dass wir gerade damals einen ganz anderen Anspruch zu formulieren gelernt haben, nämlich sich in seiner ganzen Lebenszeit als Zeitgenosse zu verstehen, seine Zeitgenossenschaft kritisch zu reflektieren.

Aber auf jeden Fall dies immer ein Zeitgenosse zu bleiben. Das ist der Anspruch, der bleiben muss im Wechsel der Zeiten.

Ein Zeitzeuge hingegen hat, wenn wir ehrlich sind, in der Regel etwas Trauriges. Wir hören ihm zu in der Hoffnung und mit dem Versprechen, dass die Zeit, die er bezeugt, nie wiederkehrt.

Gibt es Zeiten, deren Wiederkehr wir wünschen? Die Glanzzeit der Sozialdemokratie als Bruno Kreisky, Willy Brandt und Olaf Palme, Europa den Stempel aufdrückten.

Wie komme ich auf diesen Gedanken?

Weil sich Jungs gerade rechtzeitig vor der heutigen Veranstaltung Dynamiken in der Sozialdemokratischen Partei gezeigt haben, die als aufbrausende Nostalgie interpretiert wurden.

Aber was waren das für Zeiten, die klarreichen 70er Jahre?

In halb Europa herrschten stalinistische Diktaturen und sogenannte westliche Länder wie Portugal, Spanien und Griechenland waren faschistisch.

Auch wenn dann die faschistischen Regime überwunden wurden, während der Zusammenbruch der stalinistischen Gefängnisse nicht absehbar war,

so war das der historische Kontext, als Österreich ein modernes Land wurde.

Bruno Kreisky war ein großer Staatsmann, darüber besteht wohl kein Zweifel.

Aber wer dies heute mit Wehmut, mit nostalgischen Gefühlen feststellt, bekommt es augenblicklich mit Ambivalenzen zu tun,

die nicht der Person oder der Figur Kreisky geschuldet sind, sondern der Geschichte, in die er gewirkt, in die er eingetreten und in die er aufgegangen ist.

Denn sachlich, im Licht der neuen Geschichte betrachtet haben wir uns heute keinen Staatsmann mehr zu wünschen, der eine Insel der Seligen gestaltet.

Denn der Staat stirbt ab, Europa ist in eine nachnationale Entwicklung eingetreten und Österreich ist ein Teil davon

und wir sollten uns heute Politiker wünschen, die die europäische Idee verstehen und ernst nehmen, die nicht als Österreicher eine starke Aussenpolitik machen,

sondern als europäer globale Politik mitgestalten.

Aber bevor ich darauf eingehe, muss ich noch kurz auf einen Aspekt der Kreisky-Politik zu sprechen kommen, der immer mit ihm in Verbindung gebracht,

ihm vorgeworfen wird und der heute als Frage nach der Finanzierbarkeit des Sozialstaats wieder größte Aktualität gewonnen hat, nämlich seine Schuldenpolitik.

Und hier haben wir tatsächlich im Sinn historischer Gerechtigkeit und das ist mir sehr wichtig, eine Schuld zu begleichen.

Von allen Einwänden, die bis heute gebetenmühlenartig gegen Kreisky und seine Politik vorgebracht werden, ist dieser eindeutig der dümmste.

Dass Bruno Kreisky einen immensen Schuldenberg angehäuft habe, der den Staatshaushalt bis heute heillos belastet und noch für künftige Generationen eine nachgerade unbewältigbare Hypothek darstellt.

Erstens waren diese Schulden verschwindend klein gemessen an heutigen Maßstäben, vor allem aber immer in vernünftiger Relation zu der wachsenden Produktivität des Landes.

Zweitens handelte es sich bei diesen Schulden um Investitionen und nicht um Verschwendung oder Raub.

Im Unterschied zum Beispiel zu den sozialen Verwüstungen, die ein späterer Kanzler zu Gunsten seiner Sponsoren mit jenem Finanzminister produziert hatte, heute nur noch auf den Gerichtsseiten präsent ist.

Kreisky hat Schulen und Universitäten, Spitäler und Straßen gebaute, hat in die Modernisierung der Infrastruktur investiert.

Er hat Geld aufgenommen und investiert, ohne sich dann ratlos fragen zu müssen, was oder wo denn seine Leistung war.

Denn dem Geld, das damals geflossen ist, standen dann reale, materielle Werte im öffentlichen Besitz gegenüber und nicht privatisiertes Vermögen und private Stiftungen in Lichtenstein.

Nein, Kreisky hat nicht Schulden produziert, sondern jenen gesellschaftlichen Reichtum zu befördern begonnen, der durch den klassischen sozialdemokratischen Anspruch von Verteilungsgerechtigkeit definiert war und von dem erst heute endlich wieder die Rede ist.

Die Bildungsoffensive, die Justizreform, die Gleichberechtigung der Frauen, das soll zu teuer gewesen sein, wie viel Bitte hätte denn der Eintritt Österreichs in die Moderne nur kosten dürfen?

Freiheit und Emanzipation zum Saturnpreis.

Und in diesem Zusammenhang ist auch ein kurzes Wort zu fest notwendig.

Das war das verstaatliche Unternehmen, das Jahr für Jahr als Exempel dafür herhalten musste, dass der Staat, vor allem ein sozialdemokratisch regierter Staat und ganz besonders Bruno Kreisky nicht wirtschaften können.

Aber was ist damals entschieden worden? Kreisky hat dieses Unternehmen in den Jahren einer internationalen Stahlkrise am Leben erhalten.

Zahlreiche private Stahlkürcher sind weltweit in diesen Jahren in Konkurs gegangen.

Sie hätten gerne getan, was Kreisky gemacht hätte, aber sie konnten es nicht, weil kein privater Unternehmer konnte, was ein aufgeklärter ideeller Gesamtkapitalist, also ein Staat, bei Bedarf machen kann,

Verluste so lange in Kauf zu nehmen, bis die Privaten aufgeben müssen.

Private gehen in Konkurs, ein Staat mit wachsender Gesamtökonomie nicht.

Und so hat er das Unternehmen und die Arbeitsplätze gerettet.

Aber superschlaue, schwarze Wirtschaftsexperten hatten die staatliche Subventionierung der Defizite schon zu einer Zeit skandalisiert, und das kann man alles heute nachlesen, wenn man will.

Und mit ihren eingebetteten Journalisten die Privatisierung der Fürst gefordert, als Krüpo der Tüssen noch in der Lage gewesen wären, die Fürst wegzublasen.

Dann aber waren die Konkurrenten weg.

Der Markt war, wie man so schön sagt, bereinigt.

Und die Fürst wurde wieder lukrativ.

Und wurde privatisiert.

Die Shareholder sollten Kreisky dankbar sein.

Sollte das Unternehmen wieder in Schleudern kommen, werden wir deren Manager am Ballhausplatz sehen und um ein Revival der Kreisky-Politik betteln.

Wir haben ja schon gesehen, dass ein Virus genügt und ein ÖVP-Kanzler bringt mit zusammengebissenen Zähnen ein füllhorn staatlicher Gelder für private Unternehmen.

Aber reden wir es nicht von notwendigen staatlichen Interventionen in den Markt, erinnern wir uns an die Investitionen in die Demokratisierung der Gesellschaft.

Man muss kein Zeitzeuges sein, um sozialen Frieden hochzuschätzen.

Man muss kein Neoliberaler sein, um freie Entfaltungsmöglichkeiten der Tüchtigen wünschenswert zu finden.

Am besten aber ist es Zweifel los, wenn auf der Basis von sozialem Frieden möglichst viele in den Stand gesetzt werden, tüchtig zu sein.

Wer das will, wird zumindest die Investitionen tätigen müssen, die Kreisky getätigt hat.

Das ist keine Schuldenpolitik, sondern eine Brinkschuld vernünftiger Politik.

Und sie muss dort beginnen, wo auch Kreisky begonnen hat, mit konsequenten Investitionen in die Bildungsinstitutionen, von den Kindergärten über die Schulen, die Universitäten bis zur Erwachsenenbildung.

Denn was die Kreisky-Kritik vornehm ausblendet, ist, dass nicht Kreisky einen Schuldenberg hinterlassen hatte,

sondern dass das spätere, kaputtsparen der Bildungsinstitutionen ein Heer von funktionalen Analphabeten produziert, was uns noch sehr teuer kommen wird.

Als Kreisky so einen ersten Wahlsieg feierte, war ich Schüler.

Also die erste absolute Mehrheit eroberte war ich maturant.

In der Kleinstzeit der Ehrer Kreisky habe ich studiert.

Dieser biografische Hinweis wäre unerheblich, wenn sich damals der Ehrgeiz meiner Mutter nicht glücklich mit den objektiven Möglichkeiten getroffen hätte, die Kreisky Investitionen eröffnet hatten.

Es war damals nämlich nicht unbedingt vorgesehen, dass einer wie ich studiert.

Aber plötzlich standen die Torge der Universität auch für einen wie mich offen.

Und ich wurde der erste Akademiker meiner Familie.

Vielleicht war ich tüchtig, aber der Tüchtige brauchte eine Gasse.

Ich war ziemlich sicher, war ich fleißig.

Aber mir war ein Feld eröffnet, auf dem ich meinen Fleiß mit Lust und Neugier beweisen konnte.

Wenn es also einen Grund dafür gibt, dass ich über Kreisky rede,

ihm dies schuldig bin und meinen Dank abstatte, dann diesen,

dass ich hier und bei jeder sich bietenden Gelegenheit beglaubigt durch meine Erfahrung darauf hinweisen möchte,

dass es nicht unbezahlbare Bedeutung ist, nicht nur für jede einzelne individuelle Biografie,

sondern objektiv auch für die Gesellschaft insgesamt hat,

einen barrierefreien Zugang zu bestmöglicher Bildung zu schaffen.

Damit kein Missverständnis aufkommt.

Ich rede von Bildung und nicht von Ausbildung.

Ausbildung versteht sich von selbst.

Auch Knechte sind ausgebildet.

Sie haben die erforderliche Ausbildung, die sie befähigt, Knecht zu sein.

Man kann im Sinne ökonomischer Erfordernisse, Ausbildung meintet wegen auch als Kapital bezeichnen.

Aber Bildung ist kein Kapital, Bildung ist ein Menschenrecht.

Als solches ist sie die Voraussetzung, sowohl für glückende individuelle Biografien

als auch für ein menschengerechtes Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft.

Was nämlich heute unsere gewählten Barrierepolitiker trotz der Bildungs- und Karrierechancen,

die sie selbst hatten vergessen oder nie gelernt haben, ist, es kann keine Demokratie von Idioten geben.

Ich fühle mich so Berlin, ich muss da wieder hin.

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Ich sage es noch einmal, wenn das so ein Erfolg macht, dann muss man immer wieder sagen,

jenen, die von der demokratischen Legitimation gewählter Faschisten reden.

Es kann keine Demokratie von Idioten geben.

Diejenigen also, die für die Zugangsbeschwenkungen zu Bildungseinrichtungen sind,

für Limitierung der Studienplätze, für die Differenzierung und auseinanderdividierung

der Schüler aufgrund ihrer Herkunft in unbenannten Schultypen,

für die Beibehaltung des Unsinnstas Literatur aus den Lehrplänen gestrichen wurde,

leider muss ich sagen ausgerechnet von einer sozialdemokratischen Ministerin.

Für weitere Hürden wie Studiengebühren, bei Überschreitungen einer ohnehin schon äußerst knapp bemessenen Regelstudienzeit

oder Knockout-Prüfungen und so weiter, die sollen bitte gleich so ehrlich sein und sagen,

sie sind für die Abschaffung der Demokratie ihrem Geiste nach.

Sie sollen nicht von Budgetzwängen sprechen, sondern klar und deutlich aussprechen,

sie sollen klar und deutlich aussprechen,

dass ihnen mündige Bürger mehr schlaflose Nächte bereiten als kaputtgesparte Universitäten.

Ich warte darauf und erwarte es, dass wieder umgedacht wird.

Ich erwarte das zunächst einmal von den Akademiker in dem Nationalrat.

So weit ich das überblicke, sind die Akademiker in der gegenwärtigen Regierung

und zumindest die 50-plus Akademiker heute im österreichischen Parlament.

In den Genuss der kreiskischen Bildungsoffensive gekommen,

sie sind gratis zu den Schulen und Universitäten transportiert worden,

mit gratis Büchern und gratis Lehrbehelfen versehen, gratis in ihre Vorlesungen und Übungen gekommen,

wurden gratis bis heute bis ihre Titel hatten, ihnen sind Chancen eröffnet worden,

die viele von ihnen sonst nicht unbedingt gehabt hätten.

Karriere Chancen, die sie bis in Regierungsämter oder auf Abgeordneten Sitze gebracht haben.

Und jetzt nach ihnen, meine sie, dass viel zu viele studieren wollen,

dass das zu viel kostet und dass man das einschrecken muss.

Nein, kreisge hat keine unzulässigen Schulden gemacht,

sondern es ist diese Generation, die ihre Schuld nicht begleichen will.

Es sind jene, die die Bildungschancen, die sie hatten,

nicht mit Verantwortung verbinden, sondern mit Allüren, Zynismus und Egoismus.

Ja, ich weiß, Dankbarkeit ist keine politische Kategorie.

Aber ich stehe vor ihnen als dankbarer Nutznisser von kreiskes Politik.

Ein Benediktiner, der als Enkel eines Steinbrucharbeiters kannt und die Hegel lesen konnte.

Und im Sinne der Vermittlung zwischen unserer Natur und der Freiheit,

nicht müde werden wir daran zu erinnern, dass es nicht zu viele Studentinnen und Studenten gibt,

sondern viel zu wenig Geld für unsere Bildungseinrichtungen,

obwohl sie mit unseren Steuergeldern längst bezahlt sind,

mit dem Anspruch sie bestens auszustatten.

Ich stehe vor ihnen als dankbarer Kind kreiskes Dankbar dafür,

dass ich sozialisiert wurde in einer Zeit, in der die Köpfe und nicht die Ellbogen gefördert wurden,

in der das Talent und nicht die Herkunft maßgeblich waren.

Und das ist es, was wir heute von Kreis gemitnehmen können,

das ist es, was heute der Anspruch von jedem aufgeklärten Kreis sein muss.

Das Menschenbild, die Haltung, die Werte,

aufgehoben in den neuen Rahmenbedingungen, in denen wir heute leben und in denen wir unser Glück suchen.

Das ist das Gegenteil von Nostalgie.

Menschenbild, Haltung und Werte sind nicht nur Tradition,

sie sind die Grundlage unserer Zeitgenossenschaft und unseres Zukunftsdenkens.

Die Zeiten sind vorbei, in denen man Politik machen konnte wie Kreiske unter seinen Voraussetzungen.

Aber sein Menschenbild, seine Haltung, seine Werte haben sich nicht überlegt.

Die Zeiten sind vorbei, als nach dem strahlenden Dreigestirn Kreisgebrannt Palme,

das Dreigestirn Cousin-Bauer Schröder Pläher die Werte wieder zur Disposition stellte

und dies als Modernisierung der Sozialdemokratie verkaufte.

Und die Zeiten müssen endgültig vorbei sein, in denen Haltung

durch Anbieterung an den Boulevard ersetzt wird und Werte durch Inseratenpreise berechnet werden.

Man kann den Boulevard nicht kaufen.

Auch diese Einsicht sollte eine leere aus der jüngeren Geschichte sein.

Und die Zeiten müssen vorbei sein, in denen das Menschenbild definiert ist,

durch Autochtonik, Xenophobie, rassistische echte Inländer,

denn das war nie das Menschenbild der Aufklärung, das muss klargestellt werden.

Vom Gemeindebau bis zu den Grenzen Europas, dort wo Menschen stranden, in der Hoffnung Menschen sein zu können.

Man soll nicht den Menschen ohne Menschlichkeit recht geben, sondern das Menschenrecht garantieren.

Und es muss Schluss sein mit den vertrotelten Phrasen, mit denen eine hilflose Politik kaschiert

und dabei auch noch die Gesellschaft spaltet.

Trotz aller Brücken und allem aufeinander zugehen sie in Wort- und Tatenlosigkeit.

Zum Beispiel die Phrase, wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen.

Warum frage ich mich, sind mit die Menschen immer nur die rechten die Mitläufer der Verschisten gemeint?

Bin ich kein Mensch, sind wir keine Menschen?

Warum werden unsere Sorgen nicht ernst genommen, die Sorgen vor Recht zurück,

die Sorgen vor Renationalisierung, die Sorgen von wachsender Zustimmung und der Hetze der Kellner Nazis?

Das sind unsere Sorgen.

Und diese unsere Sorgen geht es nie, wenn es heißt die Sorgen der Menschen.

Auch das sollte eine Lehre sein, die wir nicht vergessen dürfen und an die wir erinnern müssen, immer wieder erinnern.

Die Mitläufer sind die Täter.

Die Partei, die Kreiske 1 zur absoluten Mehrheit geführt hat, muss heute wieder eine tatkräftige Partei sein, keine Mitstäterpartei.

Deshalb hat Kreiske auch niemanden abgeholt, sondern die Menschen eingeladen zu kommen, um ein Stück des Weges mitzugeben.

An dieser Stelle muss ich noch einmal persönlich werden.

In den Zeiten, in denen nicht Rassisten abgeholt werden sollten, durch blöde Phrasen von Brücken über Gräben, die zugeschüttet werden, was wir in Deutsch.

Gab es einen Anspruch, sie in Volkshochschulen und Erwachsenenbildungsinstitutionen zu holen, wo sie zum Beispiel Schiller lassen, die Stelle über die Gedankenfreiheit.

Oder wie ich von meiner Großmutter weiß, folgenden Satz aus dem Don Carlos, sagen sie ihm, dass er für die Träume seiner Jugend soll Achtung tragen,

dass er nicht soll irre werden, wenn das Staubes Weisheit die Begeisterung dieser Himmestochter lässt hat.

Ja, die Begeisterung für Träume ist eine Himmestochter und sie hat viel auf Erden ermöglicht.

Wie kam es, dass meine Mutter Mil sich ein Kind war vor dem Einschlafen Heinegedichte vorgelesen hat, sich wiegen dem Rhythmus dieser schönen,

diesem schönen Rhythmus der Musikalität Heines.

Und sie strofen von Troste Hülshoffs Gedicht am Turme auswendig konnte.

Und ich als Kind, zwischen Kindergarten und Volksschule, irgendwie schon intuitiv begreifen konnte,

welch großer Traum, welch Sehnsuchtsmetapher es damals in den Zeiten vorkreisgewahr,

als meine Mutter weder einen Pass noch ein Bankkonto haben konnte, ohne die Unterschrift meines Vaters.

Und sie las, sitzen möchte ich im kämpfenden Schiff, das Steuer wurde ergreift.

Ich sage Ihnen, wie es dazu kam, das war möglich in einer sozialdemokratischen Familie.

Es wird auch so gewesen, seinen guten, bürgerlichen, bildungsbürgerlichen Familien.

Zumindest haben wir uns das so vorgestellt.

Aber es war eben auch möglich in bildungshungerigen, arbeitern angestellten Familien.

Und Leiter, die Kerinnen, die dieser Tage nicht müde werden zu schreiben,

dass dies nicht ein bleibender Anspruch, sondern Nostalgie sei.

Und dass sozialdemokratische Werte jetzt wieder aus der Mottenkiste geholt werden,

denunzieren, ohne es zu merken, auch ihre eigene Klasse.

Aber das vielleicht zu Recht.

Abgesehen davon weiß ich gar nicht, was eine Mottenkiste ist.

Vielleicht hat man sowas in bürgerlichen Haushalten.

Ich habe gesagt, es ist hier und jetzt, wenn wir aus Anlass des Kreisgepreises

an unseren Bruno Kreiske erinnern, nicht um Nostalgie geht, gehen darf.

Es ist eine billige Unterstellung, wir müssen sie zurückweisen.

Es geht um ein Menschenbild, um Haltung, um Werte.

Wie sie Kreiske zu seiner Zeit unter den damals gegebenen Voraussetzungen in Politik umgesetzt hat.

Und wie sie heute unter den heute gegebenen Umständen gestaltend in die Zukunft getragen werden müssen.

Es entspricht nicht einem sozialdemokratischen Menschenbild,

dass es die Sorge der Menschen sei, bitte mit Regierungserlaubnis

und unter Hoppaufrufen von Pulwarmedien auf die Ärmsten hinunterzutreten.

Es entspricht nicht einem sozialdemokratischen Menschenbild, eine Festung zu erbauen,

der ein völkischer Geist herrscht, der Mehrsprachigkeit nicht als Kulturleistung

und kulturelle Vielfalt nicht als Reichtum anerkennen kann.

Und es entspricht nicht dem sozialdemokratischen Menschenbild mitzuklatschen,

wenn diejenigen die ökonomische Sorgen haben, diejenigen dafür verantwortlich machen,

die Sorgen ums Nackte überleben haben.

Es entspricht nicht dem Menschenbild der Haltung und den Werten der Sozialdemokratie,

die Phrasen der Zyniker allen Ernstes zu wiederholen, abholen durch Wiederholen.

Diese Dummen, diese Gemeinen, diese realitätsverschmierenden,

selenvergiftenden, geisttötenden Phrasen, ich kann und will sie nicht mehr hören,

nicht von einer sozialdemokratischen Partei, das sage ich Ihnen als Schulsteller,

als Dichter, als Sozialdemokrat des Herzens.

Und ich erinnere daran, was La Salle gesagt hat.

Es ist und bleibt eine revolutionäre Tat klar und deutlich zu sagen, was ist.

Es ist und bleibt die revolutionäre Tat klar und deutlich und laut zu sagen, was ist.

Und dafür müssen Worte, dafür muss eine Sprache gefunden werden.

Und wir dürfen sie uns nicht von Leitartickern und von Reportern vorkauen lassen,

die nicht Geschichte studiert haben und offenbar auch nicht deutsche Grammatik und Symante.

Das ist die revolutionäre Tat, die zur Grundlage vernünftiger, überfälliger Reformen werden kann.

Aber es sind nicht nur die Phrasen, die wir entzaubern

und auf den Misstraufen dürftiger Ideologien entsorgen müssen,

sondern die Zukunft nicht aus Phrasen bauen und die Werte dürfen nie zu Phrasen werden.

Das klingt das sehr idealistisch.

Aber wie können wir zulassen, dass der Begriff Idealist eine abwertende Bedeutung kommt?

Das wäre man nicht bei Sinnen, wenn man Ideale hat,

während die sogenannten Realisten die Realität zerstören.

Ja, die Begriffe, wir müssen sie definieren, statt uns zu ducken unter Totschlagbegriffen,

die immer hervorgeholt werden, wenn Sozialdemokraten nicht lieb, brav und hilflos sind.

Es muss ich schon wieder persönlich werden.

Irgendwie komme ich immer wieder auf den Satz von Anton Kuh zurück.

Warum gleich sachlich, wenn es persönlich auch geht?

Welche Totschlagbegriffe meine ich?

Zum Beispiel Maxist.

Also, ich gestehe, ich bin ein Maxist.

So, und jetzt kann der Generalsekretär der ÖVP mich gleich gemeinsam mit dem neuen SPÖ-Chef nach Nordkorea deportieren.

Dass ihm jedenfalls bei Andreas Wabler sofort Pyongyang einfällt,

ist ein Niveau, dem gegenüber der unerträgliche Silberstein vergleichsweise ein Nobelpreisträger war.

Ich sage den Namen dieses ÖVP-Generalsekretärs nicht, denn in ein paar Jahren,

wenn man vielleicht lesen wird, was ich heute geschrieben habe,

wird man sonst mühsame Fußnoten machen müssen, um zu erklären, wer er war.

Es geht nur darum, dass heute der Sprecher einer christdemokratischen Partei im Ernst glaubt,

eine Sozialdemokraten auf diese dürftige und dumme Weise verhöhnen

und einer vorgeblichen Lächerlichkeit aussetzen zu können.

Es fällt mir da schwer, sachlich zu bleiben.

Die sachlichste Formulierung, die mir an einfällt, ist, ich frage mich, ob dieser Generalsekretär

den natürlich alle Zeitungen auf und ab zitierten, ein Vollidiot oder ein Zyniker ist.

Und ich frage mich, was wäre schlimmer?

Ich schlage einen Kompromiss vor, er ist beides.

Also, ich bin ein Maxist.

Zugleich bin ich natürlich auch keiner.

Das gehört dazu, einen zu sein und keiner zu sein.

Und was ist das Problem?

Die Frage ist immer Maxis definiert. War Kreiske ein Maxist?

War es tatsächlich ein Maxist, der in Österreich bewahlen absolute Mehrheiten gewonnen hat?

Kreiske hat natürlich Marx gelesen und er ist in die Schule des Austromaxismus gegangen.

Es waren Austromaxisten, die den Karl-Marx-Hof gebaut haben, die Gemeindebauten.

Es waren die Christdemokraten des höhenden heutigen Generalsekretärs, die in die Gemeindebauten hineingeschossen haben.

Und was haben sie selbst gebaut?

Natürlich nicht die Habsburger Kulissen, von denen ihre Hotellerie lebt,

aber auch nicht irgendein nennenswertes Projekt des modernen Österreichs oder des modernen Wien.

Nicht die U-Bahnen, da waren sie dagegen, da könnten ja Hakkos, Saffaritne, die City kommen.

Nicht die Fußgängerzonen, nicht die Donauinsel, nicht das Konferenzzentrum.

Sie haben keine Kindergärten gebaut.

Das einzig nennenswerte Gebäude des Austromaxismus.

Und nicht vergessen, da kommen sie her.

War das Funkhaus in der Argentinierstraße.

Und als es sich zu einem weltweiten Vorbild öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seriöser Informationen entwickelt hatte,

haben sie es abgedreht.

Wie sie überhaupt ein Problem mit öffentlich-rechtlichen Medien haben,

den sie wohl mit ihren Schmähungen und Phrasen zitiert und nicht hinterfragt werden.

Und da frage ich mich schon, warum Maxis eine Schmähung ist.

Austrof erschießt aber nicht.

Und warum FPÖ-Wähler, also Sympathisanten von Keller-Nazis,

überhaupt mit einem warmen Verständnis für gesorgen rechnen dürfen?

In diesem Vergleich bin ich gerne Maxis.

Ich habe Marx gelesen.

Marx zu lesen beleidigt niemandes Intelligenz.

Ich gehe so weit zu sagen, dass Bürgerliche, die ihn nicht gelesen haben,

heute meine Intelligenz beleidigen.

Denn Marx war, wie der Herrsekretär auch nicht weiß, nämlich der Retter des Kapitalismus.

Bis zur Markensanalyse des Mehrwerts haben Unternehmer nämlich nicht verstanden,

woher ihr Profit überhaupt kommt.

Erst durch Marx haben sie begriffen, wie sie ihn berechnen und gewährleisten können.

Es gibt lustige Stellen im Kapital, wo Marx zeigt,

wie dumme Unternehmer durch simple Aufschläge auf ihre Produktionskosten,

die aber nicht zur gesellschaftlichen Wertproduktion entsprachen,

ein Nullsummspiel erzeugten, dass Wachstum, also die Triebfeder des Kapitalismus,

gar nicht möglich gemacht hätte.

Außerdem hat Marx den Kapitalisten gezeigt, wovor sie sich wappnen müssen.

Und im Hinblick auf die Gotteskriterie einer Diktatur des Politarietts auch mit Waffen.

Die Diktatur des Politarietts war Unsinn, aber die Diktatur des Kapitals

als Reaktion wurde waffenstar in der Realität.

Aber Marx war nicht nur der Retter des Kapitalismus, er war auch ein großartiger Autor.

Ein Schriftsteller von Rang.

Kein ÖVP-Sekretär kann ihm damit seinen Aussendungen das Weihwasser erreichen.

Man kann nämlich das Kapital auch als Bildungsroman lesen.

Ganz im Geist seiner Zeit, der Hochblüte des bürgerlichen Romans,

der ein Meister von Gottfried Keller über Goethe bis Wilhelm Rabe ich so liebe.

Das ist ganz einfach zu begreifen.

Hauptteil des Bildungsromans ist eine Figur mit dem Namen Kapital.

Wir lesen, wie sie zur Welt kommt, aufwächst, sich schließlich gesellschaftlich nützlich machen möchte,

Herrschaft beansprucht, auf Widerstand stößt, kämpft, ihren Platz in der Gesellschaft findet,

mit Problemen konfrontiert wird, die sie nicht lösen kann, sich in Widersprüche verstrickt und schließlich stirbt.

Ein ist eine Struktur klassischer Roman.

Die ÖVP und ihre Leitartiklerinnen mit ihrer barotistischen Mimikrie vom Bildungsbürgertum

meinen also ein Bildungsroman rechtfertige Schmähungen.

Marx war übrigens der Erste, der eine glänzende, so begeisterte, wie begeisternte Beschreibung der Globalisierung geschrieben hat.

Lustigerweise im ersten Teil des kommunistischen Manifests.

Kennt der ÖVP-Sekretär diesen Text natürlich nicht.

Aber diese Vorstellung wäre lustig. Würde er ihn lesen, müsste er dauernd nicken.

Denn da steht alles in frischer Sprache, wofür er Phrasen hat.

Und wenn wir ihn beim Nicken ertappen, so toll ist also die Globalisierung der Welthandlung,

wenn wir ihn dann beim Nicken ertappen, könnten wir ihn fragen, wo man Marx ist.

Und dann soll er bitte ins ZIP-Studio gehen und sich erklären.

Und wenn er nicht nickt, dann wäre er Gegner einer globalen Weltwirtschaft.

Und das würde ich gerne sehen, wie der Sprecher der Wirtschaftspartei das erklärt.

Meine Damen und Herren, ich bin Maxist, so wie ich Hegelianer bin und Balsachianer und Zweigianer und so weiter.

Ich bin ein Mensch mit einer Lesebiografie, so wie ich ein Mann bin mit einer Biografie,

die sich zweifellos im Verständnis oder Selbstverständnis, was es bedeutet, Mann zu sein, von der meines Vaters unterscheidet.

Und ich bin auch ein Vater, ohne meine Tochter je geschlagen haben, obwohl es im bürgerlichen Kreisen

damals noch Anhänger der Schwarzen Pädagogik gab.

Und ich bin Vater der Wille, dass sie Tochter glücklich ist, ohne sie in ein Korsett meiner Glücksverstellungen zu pressen.

Und ich bin Sportler und auch wenn ich sie in meinem Alter nur noch als hitziger Theoretiker bin.

Und ich bin Träumer und als solcher privilegiert, denn ich kann um Walter Benjamin zu paraphrasieren,

Kaffeehausbesuche als öffentlichen Teil meiner Arbeit ausstellen.

Und so bin ich auch Maxist.

Und ich habe als solcher nichts mit Havanna oder Pyongyang zu tun, anders als ein ÖVP-Generalsekretär

mit seiner Budapester-Bewusstseinstrübung.

Und ich bin ein Träumer von einem künftigen Europa.

Das ist der Schritt, den eine moderne Sozialdemokratie erst machen muss.

Eine Sozialdemokratie, die den Verdacht endgültig abschüttelt, eine Nostalgie-Truppe zu sein.

Von internationaler Solidarität zu nach nationalem Sozialismus.

Aber das scheint mir jetzt nach den letzten Debatten hoffentlich geklärt.

Dass es nicht um regionalen Sozialismus gibt, der sich aufschwingen will zu nationalem Sozialismus.

Es geht es darum, die europäische Idee zu begreifen, sie zu verteidigen, die Renationalisierungen in Europa zu bekämpfen

und klarzustellen, Sozialdemokratie ist kein nationales Projekt.

Kann es nicht sein.

Eine Sozialunion wird ein nach nationales Europa sein.

Ein Europa der Nationalstaaten, aber wieder ein Europa der Konzerne bleiben,

die selbst multinational, die Nationalstaaten gegeneinander ausspielen können.

Da gibt es noch sehr viel zu diskutieren auf der Basis dieser Begriffe, die wir in die Zukunft mitnehmen wollen.

Menschenbildhaltung und Werte.

Und so können wir eine Perspektive anbieten, die Tradition hat und heute doch neu ist, neu formuliert werden muss

und sich sachlich begründbar von den Erzählungen jener unterscheidet, die unseren Gürtel enger schnallen wollen.

Bisher, und darin liegt ja auch ein großer Verdienst der Sozialdemokratie, hatte jede Generation die Zuversicht,

dass es der nächsten Generation besser gehen werde.

Und das sei vorbei, wird uns heute gesagt.

Das wird uns von jenen gesagt, die immer reicher werden und immer reichere Erben haben.

Nein, meine Damen und Herren, die Sozialdemokratie muss das endlich richtig stellen.

Wir werden dafür sorgen, dass es unseren Kindern und Enkelkindern besser gehen wird,

weil wir eine moderne Sozialdemokratie als Baumeister einer Welt verstehen, in der besser gehen, heute neu definiert wird.

Nicht durch wachsenden Konsum, sondern durch wachsende Qualität unseres Lebens,

durch Absicherung auf der Basis von Verteilungsgerechtigkeit des gesellschaftlich produzierten Reichtums,

statt durch Sparen mit Abfedern durch Einmalzahlungen.

Wir müssen bei Abfedern überhaupt immer an Rupfen denken.

Es wird in einem besser gehen, durch mehr Zeit, statt durch mehr Stress,

in einer gesünderen Umwelt ohne Gifte, und das meine ich buchstäblich und metaphorisch.

Es wird in einem besser gehen, in einer Welt, in der wir wieder von Lebensorten reden und nicht von Standorten.

Respekt vor dem Leben, das muss unser Anspruch sein, Respekt weitergeben,

an unsere Kinder, an unsere Kinder, denen Planeten erben und nicht das Vermögen aus Immobilien und Dosen.

Wir sollen die erste Generation sein, die nicht mehr darauf vertrauen kann und darf,

dass es den Kindern und Enkelkindern besser gehen wird.

Das wird uns dauernd gesagt.

Nein, gerade heute sehen wir die Notwendigkeit, sehr vieles besser zu machen

und das ist unsere Erzählung.

Die Dystopien überlassen wir jenen, die aus Kalkül schwarz sehen.

Jenen, die glauben, dass sie, wenn sie die roten Gefriese und das rote Xindl veracht und schmähen, selbst bessere Leute sind.

Aber es gibt die Geneste, wie gesagt, Leute und Menschen.

Wir werden ja sehen, was die Menschen wollen.

Und damit bin ich wieder Bekönig Otto K.

Es heißt ja, Begrillpazzer nicht, tritt hin auf jeden.

Unser Anspruch, unsere Erzählung, unsere Hoffnungen ist noch mit ein bisschen notwendigem Grün ins Rote.

Das kann man auch wirtschaftstheoretisch, ja, man kann das mehrfach interpretieren.

Kein Baum ist so blöd, dass er ewig weiter wächst.

Aber was er macht, wenn er seine Größe erreicht hat, muss ein Sinnbild sein.

Transformation von Gift in gesundes Klima mit stolzer Krone.

Und ich sage Ihnen, das Scheuere wird in dieser Welt eisen, aber nicht mehr entwischen.

Sind wir stolz? Sind wir bereit?

Warum sage ich wieder?

Ich bin ein literarischer Preisträger und kein Parteisprecher.

Aber ich kann Ihnen sagen, warum ich als freier Geist hier und jetzt wir sage,

weil ich ein Herz habe und weil ich spüre, dass es hier wieder stärker schlägt.

Herzlichen Dank, Robert Menasse.

Die Verleihung des Bruno Kreis Gepreises für das politische Buch fand im Karl-Rena-Institut in Wien am 13. Juni 2023 statt.

Beim Rena-Institut bedanke ich mich sehr herzlich für die Zusammenarbeit.

Ich verabschiede mich von allen, die uns auf UKW hören, im Freirad Tirol und auf Radio Agora in Kärnten.

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Ursula Winterauer hat die Signation gestaltet, Philipp Dietrich betreut die Audio-Technik im Falter.

Ich verabschiede mich, bis zur nächsten Folge.

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In dieser Ausgabe des FALTER Radio hören Sie die Rede des Schriftsteller Robert Menasse bei der Verleihung des Bruno Kreisky Preises für das politische Buch 2022.



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