11KM: der tagesschau-Podcast: Rechtsextremismus: Danke für Ihre Spende!

tagesschau tagesschau 9/11/23 - Episode Page - 28m - PDF Transcript

Rechtsextremist und das Vollzeit. Wer das macht, der braucht Geld. Spenden.

Follow the Money. In dieser Folge FKM geht es um die Geldflüsse der rechtsextremen Szene.

Wie kommen sie an ihre Spenden und welche Rolle spielen Banken und Zahlungsdienstleister dabei?

Und schaut der Staat genau genug hin?

BR-Investigativreporter Alexander Nabert hat zusammen mit Arne Meier-Fünfinger

die Namen hinter den Kontonomern und Spendenlings recherchiert.

Hier ist FKM, der Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe.

Mit unserer ersten Folge nach der Sommerpause.

Ich bin Victoria Kobmann. Ja.

Ich bin's nur mit neuem Nachnamen, denn ich hab im Sommer geheiratet.

Da gewöhnen wir uns jetzt zusammen dran. Also noch mal von vorn.

Ich bin Victoria Kobmann. Heute ist Montag, der 11. September.

Hallo Alexander. Hi Victoria, grüß dich.

Du hast was mitgebracht.

Das ist ein Screenshot aus einem Chat?

Würde ich sagen, so sieht das für mich aus.

Genau, das ist Telegram, was du da siehst.

Und das ist kein Chat zwischen Privatpersonen, sondern das ist so ein öffentlicher Kanal.

Das ist ein Kanal aus dem Umfeld der identitären Bewegung.

Da werden so von der identitären Bewegung und befreundeten Gruppen

oder Tarngruppen oder Untergruppen und so.

Da werden so verschiedene Aktionen, Videos, Spenden, Aufrufe.

Die alltägliche Arbeit von dieser rechtsextremen Organisation geteilt.

Hier findest du das Spendenkonto für die Aktivisten.

Und dann identitäre Bewegung Deutschland e.V.

Ibern, Zweck, Rechtskosten.

Genau. Also das ist ein Spendenaufruf, de facto.

Das ist ein Spendenaufruf. Okay.

Ich erzähl mal kurz, was da passiert ist vielleicht.

Die identitäre Bewegung ist eine rechtsextreme Organisation.

Die ist jetzt seit schon mehreren Jahren auch auf dem Radar des Verfassungsschutzes.

Und früher galt die so ein bisschen als so etwas wie die hippe, rechtsextreme

Jugendbewegung, wenn man so will.

Aber Bewegung waren die eigentlich nie so richtig.

Also das ist eine Hand vor Leute.

Der Verfassungsschutz geht mittlerweile so von ungefähr 500 Personen aus,

die mehr oder weniger dazugehören.

Also im Februar diesen Jahres, da gab es eine Aktion vor einer

Flüchtlingsunterkunft in Peutenhausen.

Das ist in Bayern so nordöstlich von Augsburg.

Und da haben sich diese identitären Aktivisten zusammengesammelt

und haben dann großes ausländerfeindliches Banner auf dem Boden ausgebreitet.

Und die haben Pyrotechnik gezündet und so Rauchbomben und davon Fotos gemacht.

Und die Fotos dann hinterher online verbreitet, die der

Mittlungsbehörden haben ermittelt.

Das geht um Sachen wie Volksverhetzung, Nötigung und so weiter.

Und da gab es jetzt Hausdurchsuchung im August, Ende August.

Und da wurde dann so Technik beschlagnahmt.

Computer, solche Geschichten.

Danach fingen dann die ersten Spendenaufrufer an.

Mein Name ist Micha und ich bin einer der Aktivisten, die sich heute früh

über eine Hausdurchsuchung freuen durften.

Es gab auch ein Video von einem der Aktivisten, der gesagt hat,

ich war dabei und heute Morgen war ich hier die Polizei

und hat mein ganzes Zeug mitgenommen.

Sprich ihr könnt jetzt spenden und somit quasi symbolisch dafür sorgen,

aber natürlich auch ganz direkt mit der Unterstützung,

aber symbolisch dafür sorgen, dass die Repression nicht funktioniert.

Und so ein Aufruf in der Telegram-Gruppe dann einfach zu dem Bankkonto,

ist das auch so der geniege Weg?

Es gibt eine neue Studie, einen neuen Report von CEMAS.

Das ist eine gemeinnützige Organisation in Berlin

und da sind so verschiedene Wissenschaftler zusammengeschlossen,

die sich auseinandersetzen mit zu Sachen wie Rechtsextremismus

und Verschwörungsideologie.

Und die haben jetzt diesen Bericht rausgebracht

zu Rechtsextremer Spendenfinanzierung.

Also die haben sich einmal systematisch angeschaut,

wie genau sammeln Rechtsextremer eigentlich Spenden ein.

Die haben nämlich über 400 Kanäle auf Telegram identifiziert,

also auf diesem Messenger-Dienst, der bei Rechtsextremen

und bei auch so Verschwörungsideologen sehr beliebt ist

und haben diese Telegram-Kanäle durchsucht nach so was wie E-Bahns

und Paypal-Konten usw.

Und dabei fällt schon auf, das ist ein sehr häufiger Weg,

um Spenden zu bitten, um sich zu finanzieren

in der Rechtsextremszene.

Da geht es mal um ganz konkrete Sachen.

Rechtskostenhilfe, unser Lautsprecherwagen ist kaputt,

der muss repariert werden

oder wir wollen ein Banner drucken für eine Aktion

und manchmal geht es ganz allgemein darum,

unterstützt bitte unsere rechtsextreme Arbeit.

So läuft das ganz oft.

Und in der Studie geht es aber nicht nur um die identitäre Bewegung,

sondern auch um andere.

Genau.

Wir haben neue rechte Magazine da drinnen.

Es gibt so prominente Figuren wie Attila Hildmann

oder einen Holocaust-Leugner, der sich der Volkslehrer nennt.

Also es ist ein ganz, ganz breites Spektrum

aus dem Rechtsextremismus.

Okay.

Warum haben die sich das angeschaut beim Zemas?

Also die Frage habe ich natürlich auch gestellt,

und zwar Miro Dittrich.

Ich bin Senior Researcher bei Zemas

und bearbeitet dort Verschwörungsideologie und Rechtsextreme.

Das ist da der Rechtsextremismus Forscher bei Zemas.

Wir sehen sehr stark im digitalen Bereich,

dass viele das Hobby anfangen und erst durch die Finanzierung,

die aus der Gemeinschaft kommt, sich professionellisieren

und eben rechtsextremer Arbeit betreiben.

Und der sagt, damit die rechtsextreme Arbeit überhaupt funktionieren kann,

da brauchen die halt einfach Geld.

Hier kommen schon Summen zusammen, die es Menschen ermöglichen,

ihren geregelten Arbeitserwerb zu kündigen

und sich ganz dem Rechtsextremismus zu widmen.

Also das heißt, man hat sich von der Studie erhofft,

rauszufinden, wie sind die Finanzflüsse

und was hat das gezeigt?

Also was sind da so die Wege?

Also einmal hat es sich gezeigt,

dass die Wege total diversaufgestellt sind.

Also es gibt Livestream-Events,

wo du über digitale Tokens Geld überweisen kannst.

Es gibt Kryptowährungen, also Bitcoin und solche Geschichten,

wo du mehr oder weniger anonym, je nachdem,

Geld überweisen kannst an Antragthöre.

Es gibt aber auch die ganz klassischen Geschichten,

wie eBahn und PayPal und so.

Und was der Bericht jetzt naheliegt,

ist, dass gerade diese letzten genannten Sachen,

also das ganz klassische Bankkonto oder meint wegen des

auch schon mittlerweile klassische PayPalkonto,

dass das, die am meisten benutzt Methoden sind,

um Spenden einzusammeln.

Und eben nicht diese alternative, moderne Kram mit Kryptowährung

oder so, sondern einfach das ganz klassische Bankkonto,

was wir alle haben.

Also anders gesagt, die Rechtsextremen,

die in den Daten auftauchen, vor allem die,

die ihren Namen dafür hergeben, ein Konto zu eröffnen,

die machen das jetzt nicht irgendwie im Geheim verborgenen,

sondern ganz offen.

Genau.

Man will es natürlich den Anhängern auch einfach machen,

Geld zu überweisen.

Und jeder hat nun mal ein Bankkonto

und sehr viele haben auch sowas wie PayPal.

Und offensichtlich sind die Anreize

auf so alternative Wege auszuweichen, gar nicht so hoch.

Wobei ich jetzt sagen muss, also klar,

es kommt so ein bisschen darauf an,

wenn das jetzt eine verbotene Organisation ist,

dann würde ich auch annehmen,

dass man das vielleicht nicht nachverfolgen können soll.

Aber jetzt zum Beispiel bei der identitären Bewegung,

die ist ja nicht verboten.

Und dann kann man ja auch einfach zur Bank gehen, ne?

Die identitäre Bewegung ist nicht verboten,

ist ein eingetragener Verein.

Aber es ist eine rechtsextreme Organisation,

die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.

Ja.

Und wenn so eine Organisation für Verfassungsschutz beobachtet wird,

könnte man ja denken, nicht jeder will unbedingt da ...

Nicht jeder will damit assoziiert werden.

Ja, verstehe.

Genau.

Aber trotzdem, was da der Bericht feststellt ist,

das Allermeiste läuft über das Schnöder-Olle-Bank-Konto.

Welche Verantwortung haben da die Banken- und Zahlungsdienste?

Wir steigen mal ein an eure Recherche.

Was habt ihr euch da angeschaut

und wie seid ihr vorgegangen?

Also, wir haben von CEMAS die Rotdaten bekommen.

Man kann sich das so vorstellen,

eine Excel-Tabelle mit ganz, ganz vielen E-Bahns untereinander

und mit ganz vielen Paper-Links untereinander und so weiter.

Und dann haben wir diese Tabelle ganz lange ausgefüllt.

Also, wir haben geguckt, wo hat jemand überhaupt zu Spenden

aufgerufen mit der entsprechenden E-Bahn?

Und was für ein Akteur ist das eigentlich?

Was für ein Beleg dafür gibt es, dass das ein rechtsextremer ist?

Also, haben wir da eine ganz lange Liste

mit ganz vielen Spenden aufrufen, mit ganz vielen E-Bahns

und ganz vielen Links zu Verfassungsschutz berichten.

Und mit dieser Liste sind wir dann losgezogen

und haben insgesamt für 109 Bankkonten E-Mails geschrieben

an die jeweilige Bank.

Weil jeder E-Bahn gehört jetzt zu einer konkreten Bank

und jede konkrete Bank hat eine E-Mail-Adresse

und da haben wir dann Anfragen hingeschrieben.

Und das haben wir nicht nur für E-Bahn gemacht,

sondern auch für PayPal.

Da haben wir dann eine Liste hingeschickt mit 38 Konten

und haben gefragt, was machen Sie mit diesen Konten?

Haben Sie sich das schon mal angeguckt

und dürfen die eigentlichen Konten bei Ihnen haben?

Wie stehen Sie dazu?

Und was haben die denn dazu gesagt?

PayPal hat dann geantwortet,

dass es grundsätzlich gemäß der PayPal-Nutzungsrichtlinie

nicht erlaubt ist, PayPal zu nutzen

für die Förderung von Hass und Gewalt und rassistischer Interleranz.

Und außerdem würde PayPal regelmäßig Konten überprüfen

und dann bei Verstößen auch Maßnahmen ergreifen,

also beispielsweise die Konten sperren.

Und diese Prüfung, die würden von einem Team von Fachleuten

im Rahmen eines mehrstufigen und langen Prozesses durchgeführt werden.

Okay, das klingt ja total elaboriert.

Aber es fällt natürlich auf, dass erst wir jetzt kommen mussten

mit einer langen Liste, dass die sich die angucken

und dass die nicht von alleine drauf gekommen sind.

Was haben die dazu gesagt?

Also zu den einzelnen Konten wollte PayPal uns nichts sagen.

Das hat uns natürlich für den Moment geärgert,

aber dann ist uns aufgefallen,

was für eine tolle Plattform PayPal eigentlich ist.

Also toll für recherchierende Journalistinnen und Journalisten,

weil wir können ja von außen auf der Plattform viel mehr sehen

als bei einem Bankkonto.

Klar.

Gibt nämlich diese PayPal-Me-Links.

Das sind im Prinzip Spendenseiten.

Ich mache hier mal einen Auf von einem Rechtsextremen

aus unserem Datensatz.

Das ist hier PayPal.com slash PayPal-Me slash

und dann der Nutzername.

Ja.

Und dann hat man hier eine Seite und dann gibt es dann Profilbild.

Und wenn man jetzt diese Seite sich anschaut,

dann sieht man, dieses Konto existiert.

Und es gibt aber auch Konten, die existieren nicht mehr.

Und wenn man da den Link dann aufruft,

bei dem man vorher noch eine Seite hatte praktisch,

dann zeigt ein PayPal hier so eine Fehlermeldung an.

Da steht, wir können dieses Profil nicht finden.

Vergewissern Sie sich, dass der Link korrekt ist

und dass das Profil nicht deaktiviert wurde.

Ah, okay.

Das heißt, ihr konntet quasi selber schauen,

ob diese Spendenkonten noch da sind oder nicht.

Genau.

Und das haben wir gemacht.

Und zwar automatisch jeden Tag seit unserer Anfrage.

Da haben wir uns so ein Tool gebaut.

Ja.

Und das ruft einfach jeden PayPal-Link auf,

den wir da eingepflegt haben, jeden Tag.

Und schaut, gibt es das Konto noch?

Zu dem Zeitpunkt unserer Anfrage waren die alle online.

Und dann haben wir irgendwann gesehen,

ah, jetzt sind zwei verschwunden.

Und dann waren noch ein paar verschwunden.

Und mittlerweile ist es eine zweistellige Anzahl.

Das heißt, dann sage ich jetzt an dieser Stelle mal,

wenn diese Folge fertig produziert ist und ihr sie hört,

dann könnte die Zahl der geschlossenen Konten noch höher sein.

Wir packen euch dann die aktuelle Zahl in die Show notes.

Okay, so hat also PayPal reagiert.

Du hast ja gesagt, den ganzen anderen Banken

habt ihr auch geschrieben.

Was haben die denn gesagt?

Die Banken haben wir gehört,

dass das entsprechende abgefragte Konto gekündigt worden ist.

Das können wir da natürlich nicht so schön von außen sehen,

wie bei PayPal, aber teilweise wurden diese Konten

dann auch schon vor unserer Anfrage gesperrt.

Und teilweise haben Banken das auch mit dem Bankgeheimnis

nicht so richtig ernst genommen und gesagt,

ja, ja, bei diesem Konto,

da gibt es sowieso nicht so eine große Konto-Bewegung.

Das haben die euch gesagt?

Da merkt man aber auch schon, die eine oder andere Bank

ist ja auch nervös, wenn Journalistinnen und Journalisten

da Anfragen schicken und sagen, hör mal,

sie haben eine Rechtsextreme bei sich.

Was sagen sie denn dazu?

Wobei ich also mich jetzt schon so ein bisschen frage,

geht es da um Konten, die dann von Organisationen sind?

Sind die auch teilweise dann von Parteien oder so?

Oder sind die von Privatpersonen?

Manchmal ist es tatsächlich wie bei der identitären Bewegung

einfach ein Konto von einem Verein.

Es gibt natürlich aber auch Privatpersonen,

die ihre Konten dann da angeben für Spenden

oder sagen wir ein NPD Landesverband oder so.

Was aber alle Konten, mit denen wir uns beschäftigt haben,

gemein haben, ist, dass die benutzt werden,

um Spenden einzuerwerben.

Also beispielsweise ist letztes Jahr

ein bekannter Rechtsextremist gestorben

und er sammelt für dessen Beerdigung oder dessen Trauerfeier,

die aber echt zu sein eher so was wie ein Rechtsextremer

Umzug war mit großen Bananen und so weiter.

Es ist manchmal aber auch komplett ohne Anlass.

Also einfach unterstützt unsere Arbeit

für unser Rechtsextremsmagazin

oder für unsere Rechtsextreme Aktivistengruppe

oder so, hier könnt ihr unsere Arbeit unterstützen,

also ganz ohne konkreten Zweck.

Ich frag mich halt, wann darf denn eine Bank

deshalb ein Konto kündigen oder verwehren?

Also bei PayPal habe ich jetzt gelernt,

da denke ich mir, klar, das ist auch ein privates Unternehmen,

die haben Nutzungsbedingungen,

aber bei einer Bank kann man da einfach sagen,

nee, das möchten wir nicht, wie geht es überhaupt?

Wir hatten ja abgefragt 109 Bankkonten

bei ganz unterschiedlichen Instituten

und die aller, aller meisten haben sich da auch

auf das Bankgeheim des Berufen.

Das heißt, wir wissen gar nicht,

wie viele dieser Konten bestehen noch.

Wir gehen jetzt aber mal davon aus,

dass nicht allzu viele gesperrt wurden

und das liegt daran höchstwahrscheinlich,

dass die Hürden relativ hoch sind.

Es gibt ja ein Fall

und über das Konto haben wir schon gesprochen,

dieser Spendenaufruf für die identitäre Bewegung

nach dieser Aktion in Bayern.

Ja, das war ja eine ganz normale E-Bahn.

Das war eine ganz normale E-Bahn

bei der Sparkasse in Paderborn-Deadmold.

Und schon vor Jahren hat die Sparkasse da gesagt,

wir wollen dieses Konto von der identitären Bewegung gar nicht haben

und die haben es dann gekündigt.

Die wollen das nicht?

Die wollen das nicht.

Die haben das Konto von der identitären Bewegung gesperrt

und die identitäre Bewegung ist dann zu Gericht gegangen

und hat gesagt, wir wollen unser Konto wiederhaben.

Und das ging dann durch mehrere Nistanzen

und am Ende musste die Sparkasse das Konto wieder einrichten

und seitdem existiert dieses Konto weiter.

Wir haben da auch eine ganz interessante E-Mail bekommen

vom deutschen Sparkassen- und Liro-Verband,

der uns das noch mal erklärt hat.

Die haben gesagt, Sparkassen können die Kontoführung

nur dann ablehnen,

wenn mindestens ein sachgerechter Grund für die Ablehnung besteht.

Sachgerechter Grund ist jetzt wieder so ein bisschen behördensprech.

Was heißt das denn?

Total juristische Sprache.

Aber es braucht irgendwie einen trifftigen Grund.

So verstehe ich das.

Und der Verband sagt, die Sparkassen,

die sehen Rechtsextremismus schon als so einen sachgerechten Grund,

mit dem sie konnten sperren könnten.

Allerdings, die Gerichte sehen das in der Regel anders und sagen,

nee, nur Rechtsextremismus, das reicht nicht aus.

Es gibt einen prominenten Fall.

Das ist Martin Selner

und das ist der prominenteste Kopf von dieser identitären Bewegung,

über die wir jetzt schon eine Weile gesprochen haben.

Ja, es ist eine ganz prominente Figur in der rechten Szene

in Deutschland und Österreich.

Auch auf Social Media aktiv.

Und bei dem laufen viele Fäden zusammen

aus verschiedenen identitären Gruppen in Österreich,

in Deutschland und teilweise auch aus der Schweiz

und ganz Europa.

Und der hat vor ein paar Jahren mal eine Spende bekommen.

Und zwar von dem Arten-Täter von Christchurch in Neuseeland.

Da ist dieser Mann in eine Moschee gelaufen

und hat über 50 Personen erschossen.

Ein Arten-Täter.

Und der hatte vorher eben eine Spende an Martin Selner gemacht.

Und seit dieser finanziellen Verbindung zwischen diesem Terroristen

und dem Rechtsextremisten aus Österreich

hat der Probleme, Bankkonten länger zu behalten.

Weil da sagen Banken, hui, hui, hui, da wollen wir gar nicht in die Nähe kommen.

Und es werden seine Konten immer relativ schnell gekündigt.

Also das ist dann ein, wie war das Wort, sachgerechter Grund?

Zumindest sehen das viele Banken so.

Und genau, Martin Selner selbst kokettiert auch ein bisschen damit.

Liebe Grüße aus Krakow.

Herrliche Stadt, ich bin aus omergenehmem Gründen hier.

Jede einzelne Kontosperrung wird dann für Propagandazwecke auf Telegram ausgebreitet.

Die Bank hat mir drei Monate lang ein Konto gewährt.

Danach wurde es wie so viele andere Konten gesperrt.

Okay, also wir haben jetzt schon so einiges gelernt über diese Geldflüsse.

Einmal aus der Zemasstudie und auch aus eurer Recherche.

Inwiefern interessiert sich denn eigentlich die Bundesregierung dafür?

Die Bundesregierung wurde ja im Dezember 2021 vereidigt.

Und kurz darauf, als praktisch erster Amtshandel,

Anfang Januar hat die neue Innenministerin Nancy Faeser

eine Rede im Bundestag gehalten und da gesagt ...

Die größte Gefahr für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus.

Und ...

Und deshalb hat die Bekämpfung des Rechtsextremismus es für mich auch die besondere Priorität, meine Damen und Herren.

Und in der Folge wurde dann in ihrem Ministerium in aller Schnelle

ein Aktionsplan gegen Rechtsextremismus entwickelt.

Die Analyse war vorher, der Rechtsextremismus ist nach wie vor die größte extremistische Bedrohung für die Demokratie.

Die Morde des NSU, das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke,

die Anschläge von Halle und Hanau, all das, hat eine neue Dimension

der extremistischen Gefahr offenbart.

Und diese Gewalt, die kam nicht aus dem Nichts, sondern sie hat einen Nährboden.

Dieser Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, das war so ein Zehn-Punkte-Plan.

Als allerersten Punkt, als Punkt eins, steht hier Rechtsextreme Netzwerke zerschlagen.

Wir wollen diese Netzwerke zerschlagen und dafür wollen wir sie schneller und besser identifizieren,

ihre Strukturen durchschauen und wirkungsvoll bekämpfen.

Und dann Satz drei, dazu werden wir die Finanzaktivitäten

rechtsextremistischer Netzwerke aufklären und austrocknen.

Das ist praktisch die allererste konkrete Sache, die in diesem Plan steht.

Und der Plan begründet das dann auch und sagt,

denn ohne Finanzmittel gibt es keine Propaganda und keine Aktivitäten,

um Menschen zu radikalisieren und zu rekrutieren.

Okay, also das ist wirklich ganz vorne erklärtes Ziel.

Erstens, diese Finanzströme verstehen und zweitens trockenlegen,

sofern das juristisch möglich ist dann eben.

Jetzt ist mal die Frage, inwiefern funktioniert das?

Also wie läuft dieser Aktionsplan?

Weißt der Bund von diesen ganzen Strömen, die da in der Studie und eure Recherche rauskommen?

Wir haben die Frage auch mirodittrig von CEMAS gestellt.

Das ist der, der diesen Bericht erstellt hat?

Ich finde, das ist keine Aufgabe, die der Journalismus übernehmen sollte

oder Forschende, sondern wenn der Plan das rechtsextreme Finanzströme auszutrocknen,

ist hier ganz klar die Sicherheitsbehörden gefragt.

Und der sagt so richtig, können die das aus der Praxis bislang nicht sehen,

dass da groß was passieren würde, dass jetzt groß die Finanzströme trocken gelegt würden.

Denn dieser Bericht zeigt ja gerade, dass Spendensammlungen nach wie vor

mit echten Klarnamen oder eingetragenen Vereinen auf Schnöde-Ibahn-Kunden

bei etablierten Banken laufen.

Also die sagen, von Austrocknung kann hier keine Rede sein.

Und ist es auch dein Eindruck?

Also das erklärte Ziel ist ja, diese Finanzströme der extremen Rechten auszutrocknen

und was man eben sehen kann ist, um Spenden bemüht sich die Szene nach wie vor sehr massiv

und das unter den Augen aller.

Also jeder kann sich da auf Telegram durchklicken und diese öffentlichen Spendenaufrufe

auf öffentliche Konten bei deutschen Banken anschauen

und das machen die nicht im Verborgenen.

Das ist so die erste Erkenntnis.

Das heißt, ausgetrocknet ist dieser Finanzströme zumindest mal nicht.

Das zweite ist, wenn wir eine journalistische Anfrage an PayPal schicken oder an Banken schicken

und dann einzelne Konten gesperrt werden, da stellt sich schon die Frage,

wenn schon die E-Mail von uns reicht, schreibt der Staat denn eigentlich keine.

Also warum überlegt sich niemand anderes?

Wir weisen jetzt mal die Banken darauf hin, wer da bei den Kunden ist

und was die da so machen.

Aber der Staat oder der Verfassungsschutz, der doch die Szene beobachtet,

der sitzt doch da auf dem Wissen, der weiß doch, wo sind die Rechtsextremen,

wo betreiben die Konten.

Ich verstehe noch nicht so richtig, warum die keinen Hinweis geben können an die Banken

und sagen können, schaut euch mal dieses oder jenes Konto ganz genau an.

Okay, was sagt die Regierung dazu?

Das Innenministerium? Habt ihr bestimmt nachgefragt?

Da haben wir nachgefragt.

Das Innenministerium hat uns eine E-Mail geschrieben

und gesagt, dass diese Austrocknung der Finanzströme,

die man sich davor genommen hat im Aktionsplan,

die wird jetzt vom Verfassungsschutz umgesetzt.

Und beim Verfassungsschutz, da hat man, sagt das Innenministerium,

die Ressourcen und die Fähigkeiten im Bereich der Finanzermittlung

in den vergangenen anderthalb Jahren erheblich ausgebaut.

Dann haben wir versucht herauszufinden, was heißt denn jetzt erheblich ausgebaut,

Fähigkeiten erheblich ausgebaut, was heißt denn das?

Und darauf gibt es natürlich keine Antwort,

weil beim Verfassungsschutz, da geht es ja um den Geheimdienst.

Da ist vieles geheim, wie der Name sagt.

Also die lassen sich nicht so gerne in die Karten schauen,

wie arbeiten die eigentlich?

Und auf konkrete Erfolge können die jetzt auch noch nicht so richtig verweisen.

Also wenn man sich dann ein bisschen umhört,

dann gibt es dann niemanden, der sagt,

ja, aber wir haben doch hier diesen ganz klaren Fall,

wo wir ganz, ganz viel Geld beschlagnahmt haben,

wegen unserer neuen erheblich ausgebauten Kompetenzen

im Bereich der Finanzermittlung.

Stattdessen heißt es hier in der Antwort von denen,

ein Schwerpunkt der Ausweitung der Aufklärung

recht extremistischer Finanzaktivitäten

liegt in der systematischen Analyse

von kapitalbezogenen Strukturen und Zusammenhängen.

Also auch sehr allgemeine Sätze.

Wie ist das denn jetzt so bei euch nach dieser Recherche?

Würdet ihr sagen, da gäbe es ein Weg,

den der Verfassungsschutz, der jetzt mit dieser Aufgabe

betraut ist, gehen könnte?

Also wenn das erklärte Ziel ist,

Finanzströme von rechtsextremen auszutrocknen,

und das ist es ja jetzt nun mal,

dann ist es eigentlich die Aufgabe der Behörden,

sich auch zu überlegen, wie das geht.

Und ich finde das total richtig, dass man sagt,

wir analysieren, und wir schauen drauf,

und wir gucken uns das an.

Was gibt es da? Was geht da so?

Aber dabei stehen bleiben, bleibt natürlich

hinter dem selbst erklärten Ziel ein Stück zurück.

Man müsste sich dann schon Maßnahmen überlegen,

wie man auch dazu kommt, diese Finanzaktivitäten

einzuschränken oder zumindest zu mindern in irgendeiner Form.

Und da sind im Zweifel die Behörden

und da bringt es Schuld, sich zu überlegen,

wie sie ihr eigenes selbst gestecktes Ziel erreichen.

Alexander, danke dir, dass du uns davon erzählt hast.

Ich danke dir.

Alexander Narbert hat zusammen mit seinem BR-Recherche-Kollegen

Arne Meier-Fünfinger recherchiert,

wie sich rechtsextreme Netzwerke finanzieren.

Und uns davon erzählt,

in der ersten 11 km-Folge nach der Sommerpause.

Morgen bei 11 km schauen wir nach Hamburg.

Ein halbes Jahr nach dem Armor-Klauf,

bei dem acht Menschen gestorben sind.

Das, obwohl es Hinweise gegeben hat,

dass der Täter gefährlich sein könnte.

Kann das also noch mal passieren?

Das hört ihr morgen ab 6 Uhr bei 11 km in der ARD-Audiothek

und überall, wo ihr sonst Podcasts hört.

Lasst uns gerne ein Abo da, dann verpasst ihr keine Folge mehr.

Autor dieser Folge ist Hans-Christoph Böhringer.

Mitgearbeitet hat Jasmin Brock.

Produktion Christiane Gerhäuser-Kamm,

Eva Erhardt, Hanna Brünjes und Fabian Zeck.

Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Kopmann.

Wir hören uns morgen wieder. Tschüss.

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Rechtsextreme sammeln online Spendengelder ganz offen über Bankkonten und Paypal. Dabei hat sich das Bundesinnenministerium zum Ziel gesetzt, rechtsextreme Netzwerke zügig zu zerschlagen. Eine heute erscheinender Report der Organisation CeMAS hat nun untersucht, wie verbreitet solche Spendenaufrufe im Messenger Telegram noch immer sind. Investigativreporter Alexander Nabert hat zusammen mit seinem BR-Recherche-Kollegen Arne Meyer-Fünffinger verfolgt, wer hinter den Kontonummern und Spenden-Links steckt. 11KM folgt der Spur des Geldes in der rechtsextremen Szene und fragt: Was sagt die Recherche aus über den Plan des Bundesinnenministeriums? Und wie gehen Banken und Zahlungsdienstleister wie PayPal damit um?



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Hans Christoph Böhringer

Mitarbeit: Jasmin Brock

Produktion: Christiane Gerheuser-Kamp, Eva Erhard, Hanna Brünjes, Fabian Zweck

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode liegt beim NDR.