Echo der Zeit: Parlament verweigert Zustimmung zu CS-Notkrediten

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 4/12/23 - 43m - PDF Transcript

Radio-SRF Echo der Zeit mit Simon Hulliger Unsere Themen am 12. April, der Nationalrat

verweigert ein Abnicken. Das Parlament lehnt die CS-Notkredite ab, zugesagt sind sie trotzdem.

Was bleibt also von dieser außerordentlichen Session? Die drohende Staatsbleite von zahlreichen

Entwicklungs- und Schwellenländern, dem internationalen Währungsfonds sind die Hände

gebunden, was auch mit China zu tun hat. Die großen Pläne zur Cannabislegalisierung in

Deutschland und was daraus geworden ist. Dann, Lulas erste Hunderttage im Amt. Der

brasilianische Präsident schafft Distanz zwischen Armee und Politik. Und die Crux mit dem Mundart sollen

Westschweißinnen und Westschweizer, Schweizerdeutsch lernen. Wir sollten auch die Möglichkeit haben,

nur zu verstehen. Ich denke nicht, dass wir Schweizerdeutsch reden sollten, aber ich denke,

dass wir verstehen sollen. Sagt der Wattländer-Kantonsrat David Redler. Er fordert Schweizerdeutsch

Unterricht an Wattländer-Schulen. Was ist von dieser Forderung zu halten? Antworten. Im

Echo der Zeit. Das Parlament sagt also Nein zu den Notkrediten für die Übernahme der

CS durch die UBS. Es verweigert dem Bundesrat die formelle Genehmigung. Konsequenzen habe,

dass keine, sagt der Bundesrat. Dieser hat die 109 Milliarden bereits per Notrecht verbindlich

zugesagt. Was bleibt also von diesem 2-Tag-Session? Ruth Wittver hat bei Parlamentarinnen und

Parlamentarien nachgefragt. Es passiert nicht so oft, dass sich SVP, SP und die Grünen verbünden.

Die drei Parteien stimmten praktisch geschlossen gegen die Genehmigung der beiden Notkredite. Im

Nationalrat wurde die SP für ihr Nein von der FDP angegriffen. Die Sozialdemokraten hätten diese

Schande für die Schweiz zu verantworten. Die Co-Präsidentin der SP-Nationalrätin

Mathia Meier sieht die Verantwortung anderswo. Die Schande, die ist passiert. Das war die CS,

die Skandal um Skandal produziert hat, die 3,2 Milliarden Franken Verluste geschrieben hat

und in der gleichen Zeit über 30 Milliarden Franken Boni ausbezahlt hat. Im Wissen darum,

dass sie dann im Notfall gerettet werden und die Bevölkerung dafür zahlen lassen mit ihren

Steugeln. Das ist nicht in Ordnung. Ihre Bedingungen seien nicht erfüllt worden, sagt Mathia Meier.

Eben etwa eine Beschränkung der Boni für Kaderleute oder härtere Eigenkapitalvorschriften für

Schweizer Großbanken. Deshalb habe die SP neigesagt und nicht, weil im Herbst gewählt

werde. So sieht es auch die SVP. Deshalb sei das Misstrauensvotum gegen den Bundesrat wichtig,

sagt Bankenpräsident und Nationalrat Thomas Mathe. Wir hoffen mit dem, dass sich der

Bundesrat das nächste Mal, wenn er wieder an Notrecht denkt, sich zweimal überlegt,

ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, als immer wieder das Notrecht anzurufen.

In der Schweiz dürfen es keine Großbank mehr geben, die vom Bund gerettet werden müsse,

so Mathe. Auch die dritte Partei sieht ihre Ablehnung nicht als Symbolpolitik. Die Grünen hätten nur

ein Ziel, betont Partei-Präsident Balthasar Glättli. Heute müssen die Banken im 21. Jahrhundert

auch wieder in die Zukunft investieren und nicht in den Profit der Aktionäre. Das ist

unsere Vision eines nachhaltigen Bankenplatzes Schweiz. Und deshalb müsse man den Banken

Richtlinien geben, die sie zur Förderung des Klimaschutzes verpflichteten. Hans-Peter Portman

hingegen ist enttäuscht. Der FDP-Nationalrat und Bankdirektor sieht im Entscheid keine Symbolpolitik.

Man sei zwar im Wahlkampf, aber das Nein zu den Krediten sei vor allem ein negatives Zeichen ins

Ausland. Dass man international die Schweiz nicht mehr als wirklich in Rechtsstaat anschaut,

weil Rechtsstaat, ich wäre es ganz klar, die Verantwortung gewesen, hier jetzt dem

Bundesrat den Rücken zu stärken und hier jetzt auch dieser Lösung wirklich auch genügend

politischen Support zu geben. Einen Scherbenhaufen sieht der Präsident der Finanzkommission des

Nationalrats, der grünliberale Roland Fischer. SP und SVP stellten die Mehrheit im Bundesrat,

dass sich diese Parteien jetzt gegen ihre Bundesräte stellten, verheisse nichts Gutes.

Wenn jetzt natürlich von genau diesen Parteien ein Nein kommt im Rat, dann ist es schon erstaunlich und

es ist natürlich auch ein bisschen bedenklich. Es stimmt mich auch ein bisschen sorgenvoll

hinsichtlich der Zukunft unseres Landes. Roland Fischer sagt auch, bei so wichtigen

Beschlüssen sollten die Parteien nicht an den Wahlkampf denken, sondern an ihrer Verantwortung zum

Wohl der Schweiz. Das Parlament verweigert also dem Bundesrat die Zustimmung zu den Notkrediten.

Frage nun an Bundeshauselektorin Christine Wanner. War diese ganze Session wirklich nur Wahlkampf und

reine Symbolik? Nein, das war sie nicht. Mit dem Neindruck des Parlamentes, wie gehört

konkret der Nationalrat aber Protest und Unmut aus, darüber, dass es für die Krediswiss keine

Alternative zur Übernahme gegeben haben soll und darüber, dass es 15 Jahre nach der UBS-Rettung

wieder soweit kommen musste. Was bleibt denn konkret von dieser außerordentlichen Session?

Das Zeichen ist offenbar beim Bund angekommen. So schreibt das zuständige Finanzdepartement der

Bundwerte in den Verhandlungen mit der UBS-Berücksichtigen. Ferner wolle der Bundesrat das Signal auch für

die zukünftige Arbeit mitnehmen. Und was im Hin und Her der beiden Rede etwas unterging,

das Parlament hat dem Bundesrat zahlreiche Aufträge erteilt. Sämtliche offene Fragen und

mögliche Gesetzesänderungen sollen nun gründlich erörtert werden. Da geht es um die Frage nach

den verantwortlichen, nachgriffigen Maßnahmen für Bankenaufsicht und gesetzliche Vorgaben

für große Banken. Wobei die Vorgaben an die Eigenmittel der Banken ohnehin strenger würden,

stellte Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Aussicht und versprach eigene Expertenberichte

zum Fall CS. Es wird aber wohl etwas dauern, bis das Parlament dann diese Antworten bekommt und

damit eben auch eine Grundlage für eine neue Regulierung der Banken könnte,

damit der zeitlichen Distanz der politische Wille schwinden, griffige Gesetze zu erlassen.

Bis diese neuen Grundlagen da sind, dauert es wohl ein Jahr, das ist richtig. Und bis dann könnte

auch der Elan und vor allem aber die unmittelbare Betroffenheit der Parlamentarierinnen und

Parlamentarier verflogen sein. Diese Befürchtung äußerten sie auch, also äußerten auch die

Politikerinnen und Politiker während der letzten beiden Tage. Allerdings liegen verschiedene

Vorstöße seit zwei, drei Jahren bereit, etwa von der SP. Das Parlament könnte sie jetzt angehen,

wenn es den Elan aus dieser außerordentlichen Session nutzen wollte und spielten dann dieselben

Allianzen wie jetzt, also zwischen SVP, SP und Grünen, so erhielten sie sogar Mehrheiten.

Das war direkt aus dem Bundeshaus Christine Wanne. Und jetzt zu den Nachrichten mit Lara

Christen. Da geht es zuerst um das Karfreitagsabkommen in Nordirland. Zum 25. Jahrestag dieses Abkommens

hat US-Präsident Joe Biden heute in der nordirischen Hauptstadt Belfast eine Rede gehalten. Das

Karfa-Freitagsabkommen beendete 1998 den jahrzehntelangen blutigen Nordirland-Konflekt. Biden,

der selbstirische Wurzeln hat, würdigte in seiner Rede das Abkommen, sowie den Mut und die

Entschlossenheit der Menschen damals. Im Rückblick vergesse man, wie hart er arbeitet

und wie erstaunlich der Frieden damals gewesen sei, so beiden.

Wir bleiben im Vereinigten Königreich. Die schottische Regierung will rechtlich gegen

die Zentralregierung in London vorgehen. Es geht um ein Gesetz, welches es Transmenschen

in Schottland ermöglicht, ihren Geschlechzeintrag einfacher zu ändern, auch ohne ein medizinisches

Gutachten. Die britische Regierung hat ihr veto gegen das schottische Gesetz eingelegt,

weil es gegen britische Gleichstellungsregeln verstoße. Das Gesetz wurde blockiert. Die

schottische Regierung will das nun anfächten und hat angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten.

Bundespräsident Al-Berset besucht das Zentralafrikanische Land Kongo Kinshasa und

trifft dort unter anderem den Präsidenten des Landes. Mit ihm will Berset morgen über die

bilateralen Beziehungen sprechen, wie der Bundesrat mithalt. Wichtiges Thema sei aber auch eine

Unofriedens- und Stabilisierungsmission in Kongo Kinshasa, die seit 1999 aktiv ist. An dieser

ist die Schweiz beteiligt, etwa mit Polizeikräften und Minenräumern. Wer in der Schweiz eine Wohnung

oder ein Haus kaufen möchte, muss auch weiterhin mit steigenden Preisen rechnen. Im ersten Quartal

des Jahres kostete ein Einfamilienhaus durchschnittlich gut 6% mehr als im Vorjahr. Das schreibt

die Bank Reifeisen. Die Preise für Stockwerkeigentum stiegen im Vergleich zum Vorjahr sogar um 7,5%

an. Nicht alle Regionen sind gleich stark betroffen. Die Zentralschweiz und die Ostschweiz

verzeichnen die stärksten Preisanstiege bei den Einfamilienhäusern. Wegen Mordes an einem

Obdachlosen hat das Bezirksgericht Zürich einen 21-jährigen Schuldig gesprochen. Es hat ihn

zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt. Diese wird aufgeschoben für eine stationäre

Therapie. Der Verurteiler hat im Herbst 2021 einen Obdachlosen zu Tode getreten. Die Tat filmte

er, das Video teilte er. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nachdem am Rande eines

Köpfspiels des FC Basel vergangene Woche drei Sicherheitskräfte schwer verletzt wurden,

haben die Fans der Basel am Mutten zur Kurve in einem Statement Stellung genommen und sich

entschuldigt. Sie hätten ihre Grenzen massiv überschritten, heißt es da. Die Gewalt schockiere

sie selber. Der FC Basel teilt mit, das Statement sei Grundlage für weiteren Dialog.

Das Bundesamt für Verkehr hat die Montreux-Operland-Bahn und die Südors-Bahn angezeigt. Die beiden

Unternehmen sollen ohne Bewilligung Eisenbahn-Bauten errichtet haben. Es geht um Anpassungen an

einem Bahnhof im Kanton Bern und um eine Stützmauer in Kanton St. Gallen. Die Bauten

wurden inzwischen nachträglich bewilligt, teilweise mit Auflagen. Die Montreux-Operland-Bahn

sagt, die Strafanzeige sei nicht gerechtfertigt. Es habe sich um fortlaufende Verbesserungsarbeiten

gehandelt. Die Südors-Bahn nimmt aufgrund des laufenden Verfahrens keine Stellung.

Die Börsendaten von 18.00 Uhr 11 geliefert von 6. Der Swiss-Market-Index schließt bei

11.232 Punkten minus 0,3%. Der Dow Jones-Index in New York steigt um 0,2%. Der Euro wird

zu 98°, 47° gehandelt, der Dollar zu 89°, 58°. Und wie wird das Wetter?

Am Abend regnet es vielerorts. Morgen ist es im Westen wechselnd bewölkt mit längeren

sonnigen Phasen und einzelnen Schauern. Die Schneefallgrenze sinkt auf 800 bis lokal

500 Meter. Im Osten und Süden ist es meist bewölkt und besonders in Graubünden wieder

holt nass. Dies bei maximal 9° im Norden und 13° im Süden.

Die angespannte Wirtschaftslage führt immer mehr Entwicklungs- und Schwellenländer in

Schuldenkrisen. Den hohe Verschuldung ist denn auch Thema beim Frühjahrestreffen des

Internationalen Währungsfonds IWF und der Weltbank diese Woche in Washington. Schließlich

gehört es zu den Kernaufgaben des IWF, hochverschuldeten Staaten mit frischen Krediten

zu helfen. Das Problem drängt, doch die Lösung ist kompliziert. Der Beitrag von Wirtschaftsredaktor

Jan Baumann.

Die Schuldenlast ist stark gewachsen. Für viele armer Länder in Asien, Afrika und

Lateinamerika. Erst trieb die Corona-Pandemie die öffentlichen Gesundheitskosten in die

Höhe, während gleichzeitig die Wirtschaft einbrach. Nun kommen die weltweit steigenden

Zinsen als Erschwernis hinzu. Sie strapazieren die Staatsfinanzen der Entwicklungs- und Schwellenländer

zusätzlich, weil sie das Schuldenmachen weiter verteuern. Die Lage spitzt sich zu,

sagt Ökonom Manuel Ökslin, Professor für Internationaler Ökonomie von der Universität

Luzern.

Zurzeit sind da 20 Länder insgesamt zahlungsunfähig. Weitere 20 Länder sind nahe an der Zahlungsunfähigkeit.

Sie stecken also in einer Staatsschuldenkrise. Für eine Lösung unterziehen sich hochverschuldete

Staaten in der Regel einem Umschuldungsprogramm des internationalen Währungsfonds. Mittel dafür

hätte der IWF mehr als genug.

Der IWF hat zurzeit ausstehende Kredite von 154 Milliarden Euro. Ausleihen könnte er

maximal gegen die 1.000 Milliarden Euro.

Das heißt, der Großteil des Geldes bleibt ungenutzt. Doch warum ist das so?

Der IWF sei grundsätzlich bereit, neue Kredite zu vergeben an Krisenländer, erklärte Professor

für Internationaler Ökonomie Manuel Ökslin. Doch dafür sei es jeweils nötig, die bestehenden

Schulden zu restrukturieren, wie es im Fachschagung heißt.

Konkret bedeutet das, die bisherigen Geldgeber, andere Staaten oder auch private Gläubiger

verzichten auf einen Teil ihrer Kredite an die Schuldnerländer.

Dafür wird das betroffene Land wieder zahlungsfähig. Es kann dann seine Schulden wieder bedienen.

Umschuldungsaktionen dieser Art haben eine lange Geschichte beim IWF. Sie waren in der

Vergangenheit auch oft erfolgreich. Aber in den letzten Jahren sind sie selten geworden.

Der Grund, China ist als Geldgeber armer Staaten auf den Plan getreten. Die aufstrebende Wirtschaftsmacht

hat so ihren Einfluss auf rohstoffreiche, aber arme Länder ausgebaut. Ökonom Manuel Ökslin

nennt Beispiele aus Afrika.

Sambia, Ghana sind Beispiele, wo China sehr viel Kredit gesprochen hat über die letzten

Jahre. Also China ist ein wichtiger Player im internationalen Kreditgeschäft, vor allem

was Entwicklungs- und Schwellenländer anbelangt.

Aber China stellt sich oft quer bei der vom IWF geforderten Schulden restrukturierung.

China weigert sich oftmals, auf einen Teil seiner Schulden zu verzichten. Auch andere

Kreditklauseln Chinas erschweren es dem IWF, eine Umschuldung voranzutreiben. Und so

sitzt der IWF aktuell auch sehr viel Geld, dass der Fonds effektiv einsetzen könnte,

wenn China die Schulden restrukturierung nicht blockieren würde.

Von einzelnen positiven Ausnahmen abgesehen, wie etwa dem afrikanischen Schuldner-Landschat,

warten die betroffenen Krisenländer nach wie vor auf die Hilfe des IWF. Die Verhandlungen

mit Sambia und Ghana etwa, dauerten an, sagt Manuel Ökselin.

Diese Länder warten denn auch auf die Auszahlung vom IWF-Notkredit. Diese können zurzeit nicht

ausbezahlt werden, weil eben die Restrukturierung der bestehenden Schulden noch nicht geglückt

ist.

Dass es am Frühjahrstreffen des IWF diese Woche einen Durchbruch gäbe, sei unwahrscheinlich,

aber nicht ausgeschlossen. Immerhin hat in Washington IWF-Chefin Kristalina Georgiewa

dieser Tage betont, man arbeite im Rahmen der laufenden Gespräche intensiv an einer Lösung

mit dem gläubiger Land China.

Ich hohe der Zeit auf Radio SRF, die weiteren Themen, die tiefen Gräben in Brasilien und

wie Präsident Lula da Silva sie zu überwinden versucht. Die abgespeckte Cannabis-Legalisierung

in Deutschland und wie die Regierung sie umsetzen will. Dann mundart als Barriere zwischen

der Deutsch- und der Westschweiz und Spitzenforschung in Italien, wie eine Universität in Genua Talente

aus aller Welt anzieht.

In Brasilien ist Präsident Luiz Inacio Lula da Silva diese Woche 100 Tage im Amt. Eine

Amtszeit, die chaotisch begann, mit dem Sturm auf das Regierungsviertel am 8. Januar. Es

war ein gewaltsamer Putschversuch von Anhängerinnen und Anhängern des abgewählten Präsidenten

Shaiye Bolsonaro, unterstützt durch Teil des Militärs. Eine Zereißprobe für die brasilianische

Demokratie. Lula versprach damals, er werde aufräumen im Militär und er wolle Brasilien

einen. Was ist aus diesen Versprechen geworden? Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado.

Was am 8. Januar in Brasilien geschah, lässt das Land bis heute nicht los. Das war ein

Putschversuch von unzufriedenen Faschisten, von Rechtsextremen, die die Macht nicht loslassen

wollten. Stellte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva diese Woche klar, in einer

ersten Zwischenbilanz seiner 3. Amtszeit. Der linke Politiker war bereits vom 2003 bis

2011 Präsident. Die Gefahr, die vom Rechtsextremismus in Brasilien ausgehe, sei bis heute groß,

sagt Roberto Gulal Meneses, Politologe an der Universität von Brasilia. Teile des Militärs

wussten ihm voraus über den Putschbescheid und Unternahmen nichts. Der demokratiefeindliche

Bolsonarismus ist immer noch vertreten im Militär. Wir wissen nicht, wie stark, aber er ist

präsent. Unter Bolsonaro haben sich die Militärs als Co-Eigentümer der Präsidentschaft

gesehen. Die Militärs besetzten wichtige Regierungsposten, für die sie eigentlich nicht qualifiziert

waren. Direkt nach seinem Amtsantritt entließ Lula deshalb 8.000 Armeeangehörige, die in

verschiedenen Teilen der Regierung arbeiteten. Lula stellt damit klar, das Militär ist

nicht Teil der Regierung, es dient ihr. In einem Land wie Brasilien, wo fast 20 Jahre

lang eine Militärdiktatur regierte, ein wichtiger Unterschied. Die Armee-Spitze hat Lula längst

ausgewechselt. Der neue Chef hat den Auftrag, die Politik fernzuhalten aus den Kasernen.

Das höchste Militärgericht wird neu geleitet von einem Lula-Vertrauten. Der Ex-Pilot flog

den Präsidenten-Jet während Lulas 1. und 2. Amtszeit. Auch das Waffengesetz änderte

Lula bereits. Seit Februar müssen Zivilpersonen, die eine Waffe besitzen, diese erstmals

bei den Behörden registrieren.

Bolsonados Regierung liest Zivilpersonen Großkaliberwaffen kaufen. Wofür braucht ein Zivilist ein Gewehr?

Es bestehe die Gefahr, dass solche Waffen in die Hände von kriminellen Geraten oder

von Milizen, sagt der Politologe. Wie viele Waffen es in Brasilien insgesamt gibt und

wie viele Armeeangehörige demokratiefeindliche Ansichten vertreten, weiß allerdings niemand

genau.

Das macht es schwierig, Lulas Leistung zu messen. Beim Umweltschutz fällt das leichter. Die

aktuelle Regierung ist die erste mit einer indigenen Ministerin. Sie bekämpft illegale

Goldminen im Amazonas, in Gebieten, die Urvölkern gehören. Hunderte Indigene starben in den

letzten Jahren, weil ihr Boden und ihr Wasser durch das Merkur der Goldgräber vergiftet

wurde. Lulas Regierung spricht von einem Genozid, leistet Ernährungshilfe. Und doch die Klimafrage,

die Energiewende, die Kriminalität, die Arbeitslosigkeit. Es gibt vieles in Brasilien, was Lula erst

noch anpacken muss. Der einst wegen Korruption zuerst verurteilte, dann freigesprochene Lula,

werde auch nicht alles richtig machen, sagt Politologe Roberto Gullar Meneses.

Wir Brasilianerinnen und Brasilianer müssen kritisch bleiben, auch gegenüber Lula. Unser

Land stand am Rand der Zerstörung. Tiefgespalten ist Brasilien nach wie vor. Tiefgespalten,

obwohl Lula im Wahlkampf mit dem Ziel angetreten ist, das Land zusammenzubringen. Ich wollte

von Südamerika-Korrespondent Interessa Delgado wissen, wie groß ist denn die Zustimmung zu

Präsident Lula da Silva aktuell? Laut aktuellen Umfragen sind nur 38 Prozent zufrieden mit dem,

was die Regierung bisher macht, also nicht allzu viele. Vieles von dem, was Lula anpackt, spielt

halt auch weit weg vom Alltag der meisten Brasilianerinnen und Brasilianer. Der Präsident

ist bisher vor allem mit Aufräumen beschäftigt, dass einen der Gesellschaft droht, da hinten anzustehen.

Ex-Präsident Shea Bolsonaro ist seit kurzem zurück in Brasilien. Er war ja vorübergehend in den USA.

Inwiefern hat das die Situation verändert? Das muss sich erst noch zeigen. Es laufen verschiedene

Ermittlungen gegen Bolsonaro vor Brasiliens höchstem Gericht, auch vor dem höchsten Wahlgericht,

wegen mutmaßlicher Anstiftung zu einem Putsch, wegen Verbreitung von Falschinformationen über das

Wahlsystem, auch Korruptionsvorwürfe. Im Fall einer Verurteilung dürfte Bolsonaro nicht mehr antreten

als Kandidat bei den nächsten Präsidentschaftswahlen. Viele Brasilianerinnen und Brasilianer sind ohnehin

enttäuscht von Bolsonaro, davon, dass er sie monatelang alleine ließ, sich absetzte in die USA.

Aber es gibt andere Politiker, die den Bolsonaro-Dismus verkörpern. Diese politische Strömung ist

größer als Bolsonaro. Teile davon sind rechtsextrem. Das bleibt eine große Herausforderung für Lula.

Aktuell ist Präsident Lula auf Besuch in China. Steht auch hinter dieser Reise die Absicht Lulas,

die politischen Gegner auf seine Seite zu ziehen, Gräben zu überwinden?

Ja, eindeutig. Lula wird bei diesem Besuch begleitet von Geschäftsleuten, darunter auch überzeugte

Bolsonaroisten, vertreterte Fleischindustrie, z.B. denen will Lula etwas bieten. Er hofft auf

lukrative Handelsverträge mit China. Also der Präsident versucht überall Allianzen zu

schmieden, in der Wirtschaft, im Militär, auch im Parlament. Da hat Lula keine Mehrheit. Aber einfach

wird diese dritte Amtszeit für Lula nicht. Was haben diese ersten hundert Tage schon gezeigt?

Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado. In Deutschland soll das Kiffen teilweise legal

werden. Heute hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach seine neuen Pläne zur Cannabis-Legalisierung

vorgestellt und sie gehen klar weniger weit, als die Regierung aus SPD, Grünen und FDP eigentlich

beabsichtigt hatte. So soll etwa der Kauf von 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt werden,

auch das Hegen und Pflegen von drei eigenen Hanfplänzchen. Aus Berlin berichtet Simon Vatze.

Etwas sehr high waren die Ansprüche dieser Fortschrittsregierung an die Legalisierung

von Cannabis in Deutschland. So hoch, dass der deutsche Weg zum Modell von Europa taug,

er hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch im Herbst gesagt, als er die Pläne für

eine weitreichende Legalisierung und einen staatlich vollkontrollierten Markt vorstellte.

Wenn dieses Gesetz so käme, wäre dies auf der einen Seite das liberalste Cannabis-Legalisierungsprojekt

in Europa. Auf der anderen Seite wäre es aber auch der am stärksten regulierte Markt mit der klaren

Zielsetzung Entkriminalisierung und bessere Jugend und Gesundheitsschutz. Allerdings,

diese Ideen betraffen sehr weitreichend europäisches Recht. Ohne grünes Licht aus

Brüssel wollte man nicht loslegen. Doch dieses grüne Licht blieb aus, deshalb hat die deutsche

Regierung ihre Pläne nun auf ein realistisches, international taugliches Maß geschrumpft,

damit sie nicht an Europa scheitern. Und so sieht das aus. Beschränkte Besitz von Hanf

von Pflänzchen wird erlaubt und in nicht-gewinnorientierten Gruppen, so genannten Cannabis-Social-Clubs,

dürfen Mitglieder bis zu 50 Gramm im Monat kaufen. Andererseits soll die Legalisierung der gesamten

Wertschöpfungskette getestet und wissenschaftlich begleitet werden, und zwar bis hin zur Abgabe

in lizenzierten Geschäften. Dafür gibt es spezielle Modellregionen. Nach fünf Jahren wird man dann

sehen, ob sich damit der Schwarzmarkt eindämmen und die Qualität des Materials verbessern lässt.

Denn, dass sei ja das eigentliche Ziel der Legalisierung, mehr Sicherheit, sagte Gesundheitsminister

Karl Lauterbach heute. Wir wollen vor Verunreinigungen schützen, wir wollen davor schützen, dass es

toxische Beimengungen gibt, wir wollen davor schützen, dass über Cannabis der Einstieg in

stärkere Drogen stattfindet, wir wollen die Jugend besser schützen, wir wollen den Schwarzmarkt

bekämpfen, wir wollen die Drogenkriminalität zurückdrängen, wir wollen kein Problem schaffen,

sondern ein ungelöstes Problem wollen wir helfen zu lösen. Trotz Verschäfung des Rechts gibt es

seit zehn Jahren immer mehr Rauschgifte liegte. Die Repressionspolitik der Vergangenheit sei also

gescheitert. Die neuen Pläne zur Cannabis-Legalisierung gehen deutlich weniger weit, als es diese

Dreiequalition eigentlich wollte. Und doch fühlt sich das wohl wie ein kleiner Erfolg an, wobei

Geld, Gasheizungen und AKW gestritten wird, heißt es beim Cannabis, so Landwirtschaftsminister

Cem Özdemir. Wir haben ja da völlige Einigkeit, das ist ja das Gute, es gibt kein Streit in der

Koalition, es gibt kein Streit mit den Fraktionen. Selbstverständlich haben die Fraktionen das Recht,

es gilt das strucksche Gesetz. Wenn wir jetzt präsentieren, werden die sich das nochmal genau

anschauen und möglicherweise hier und da auch noch was verändern, aber in der Grundrichtung sind

wir uns ja einig. Das ist selten geworden zuletzt in Berlin. Viele Jahre Unterricht in einer anderen

Landessprache und ist man dann vor Ort, versteht man dennoch kein Wort. So ergeht es vielen Westschweißinnen

und Westschweißern, die nach etlichen Jahren Deutschunterricht an der Schule in die Deutschschweiß

reisen und realisieren. Mundart tönt komplett anders. Da müsse etwas passieren, findet ein

Kantonsrat aus dem Kanton Watt. Er hat vor einigen Wochen einen Vorstoß eingereicht,

der verlangt, dass Wattländer Kinder an der Schule Schweizerdeutsch lernen. Westschweiß-Korrespondentin

Valerie Wacker hat besagten Kantonsrat getroffen und seine Aussagen in einer Colage zusammengefasst.

Ich bin David Redles. Ich bin ein Anwalt hier im Kanton Watt und ich bin auch am Kantonsrat für

die Grünen hier in Losaden und aufgewachsen im Losan. Ja, ja, 36. Ich bin nicht nach Zürich oder

Bern vor die Universität gegangen. Mein Deutschniveau war wirklich sehr schlecht. Ich habe vielleicht

acht oder neun Jahre gemacht und so. Ich hätte gedacht, Mietfreunde, wir müssen ihm in einem

deutschsprachigen Stadt studieren. Für mich, Bern, war schön. Es ist eine sehr gute Stadt. Ich muss

sagen, dass die vielleicht die sechs erste Monate waren wirklich, es war wirklich schlecht. Aber dann

war es einfach zu studieren. Aber es war ein bisschen schwieriger mit anderen Leuten zu sprechen,

weil alle Delioiten werden auf schize-deutsch reden. Ja, sie könnten wirklich gut auf deutsch-deutsch

sprechen. Aber wir hatten die Gefühl wirklich, dass es war nicht, was sie wollten. In der Schule

lernen wir wirklich nur Deutsch. Es gibt diese sehr generale Idee, dass man in der deutschsprachige

Teil der Schweiz nicht nur Deutsch spricht. Das ist wahr. Aber wir hören das nicht und wir wissen

nicht, wie es tönt. Wir wissen das nicht. Ah, grüße. Wütschke. Das weiß ich nicht, was es ist. Oh,

nein, gar nicht. Es gibt für die ja die tägliche Wörter. Klar, wenn man in Basel geht, gibt es

andere Wörter als in Bern, als in St. Garlen. Es ist nicht einfach, das ist wahr. Aber ich denke,

dass wenn man ein bisschen schweizer Deutsch hat, mit dieser interessanten Aspekte von anderen

Wörtern und eine logische Aspekte, die existiert, man könnte vielleicht ein bisschen mehr interessant

machen, ein bisschen mehr praxisorientiert. Es gibt ein Effort von der Schweiz-deutsch-Leute, um auf

Deutsch zu reden, das ist wahr. Aber es ist immer ein bisschen komisch, weil es ist nicht so

natural. Es ist wirklich nicht die Muttersprache. Das kann ich verstehen. Und so, wir sollten auch die

Möglichkeit haben, nur zu verstehen. Ich denke nicht, dass wir Schweiz-deutsch reden sollten,

aber ich denke, dass wir verstehen sollen. David Redler fühlt sich also ohne Mundarkkenntnisse in

der Deutsch-Schweiz teilweise ausgeschlossen und möchte, dass in Westschweizer Schulen, im Kanton

Watt, Schweizerdeutsch unterrichtet wird. Yuliane Schröter ist Professorin für Deutsche Linguistik

an der Universität Genf. Sie hat ein Buch über die Geschichte und Identität von Schweizer Deutsch

verfasst. Ich wollte von ihr wissen, ob sie die Forderung von David Redler nachvollziehen kann.

Ja, die Forderung ist absolut nachvollziehbar. Von der Erfahrung, die David Redler offenbar zu

dem Postulat veranlasst hat, hört man hier in der Romandie sehr häufig. Man hat jahrelang

Deutsch gelernt. Man geht dann in die Deutsch-Schweiz und versteht vieles oder fast alles nicht. Das

wird von vielen als frustrierend beschrieben. Aber wie könnte denn das konkret aussehen? Wie

kann man Schweizerdeutsch lernen mit all den Dialekten und eben ohne diese, ohne fixe Grammatik,

die auch das Schweizerdeutsch ausmacht? Also was jetzt die konkrete Forderung angeht,

müsste man natürlich zum nächsten paar Rückfragen stellen und fragen, geht es denn hier um

aktive oder passive Kenntnisse? Geht es darum, Schweizerdeutsch auch zu sprechen oder Schweizerdeutsch

in Anführungszeichen nur zu verstehen? Dann müsste man auch sich überlegen, ob das eigentlich

im obligatorischen Deutschunterricht mit der bestehenden Stundenzahl passieren soll, diese

Vermittlung des Schweizerdeutschen, ob das mit mehr Stunden passieren sollte oder gar mit freiwilligen

Wahlen angeboten. Aktive Kenntnisse zu vermitteln, das scheint mir als wenig realistisch. Wie gesagt,

es gibt verschiedene Mundarten und es wäre sicherlich sehr schwierig, sich überhaupt mal

darauf zu einigen, welche Mundarten da vermittelt werden sollte. Und man muss auch sagen, viele

Lehrpersonen hier in der West-Schweiz sind eigentlich nicht qualifiziert dafür, selbst Mundart

zu sprechen und Mundart aktiv zu vermitteln, weil sie selbst eben gar keine deutsch-weizer Mundart

sprechen. Aber passive Kenntnisse des Schweizerdeutsches, das zu vermitteln, das wäre möglich? Also dazu

muss ich sagen, im obligatorischen Unterricht bei der jetzigen Stundenzahl dürfte auch das relativ

schwierig zu machen sein. Aus meiner Erfahrung am Institut für Germanistik an der Universität

Genf muss ich sagen, die Studierenden, die in der West-Schweiz eine Matur gemacht haben,

die erreichen nicht selten nur knapp das Niveau, das sie eigentlich haben müssten, um bei uns das

Studium zu beginnen. Das ist kein Problem, weil wir sehr viele Zusatzangebote haben. Das kann

man also abfangen. Aber mein Eindruck ist, dass im Deutschunterricht bisher nicht unbedingt sehr

viel Platz ist, um wirklich auch noch in das Schweizerdeutsche einzuführen. Anders sehe

das natürlich aus, wenn Mundartkurse ein freiwilliges Zusatzangebot wären oder wenn man dem

Deutschunterricht insgesamt mehr Gewicht, sprich auch mehr Stunden gäbe. Wie wichtig ist denn überhaupt

das Beherrschen von Schweizerdeutsch, um auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bestehen zu können?

Ja, also David Redler zitiert ja in seinen Postulatdaten aus dem Bundesamt für Statistik zu

den üblicherweise bei der Arbeit gesprochenen Sprachen und danach sprechen 62 Prozent der

Erwerbstätigen Schweizerdeutsch, aber nur etwas mehr als 33 Prozent Hochdeutsch. Jetzt geht aus

dieser Statistik offensichtlich nicht hervor, dass 62 Prozent der Erwerbstätigen bei der Arbeit

ausschließlich Schweizerdeutsch zu sprechen bereit oder auch nur in der Lage wären. Und man muss

sagen, dass man ja von denen, die Schweizerdeutsch verwenden, auch annehmen kann, dass sie standarddeutsch

verstehen und das schriftlich auch selbst verwenden. Es gibt noch eine weitere Statistik vom

Bundesamt für Statistik, die in diesem Kontext eigentlich relevanter wäre, und zwar zu den

Sprachen, die erwerbstätige Personen für den Beruf gerne lernen würden. In dieser Statistik ist es

so, dass über 26 Prozent gerne Englisch lernen würden, gefolgt von über 21 Prozent Deutsch,

aber nur 5,6 Prozent würden gerne Schweizerdeutsch für den Beruf lernen. Das heißt, aus den

Statistiken kann man im Grunde lediglich Stoßfolgern, dass solide Deutschkenntnisse für den

Schweizer Arbeitsmarkt von überragender Bedeutung sind, vielleicht auch noch wichtig anzuführen.

Deutsch ist die verbreitete Mutter oder Erstsprache in der Europäischen Union. Und es gibt auch

Berechnungen, nach denen Deutsch wirtschaftlich gesehen die fünf stärkste Sprache der Welt ist.

Das heißt, die Sprache mit der fünf größten ökonomischen Bedeutung, das alles spricht eher

für eine generelle Stärkung von Deutsch. Aber das Problem bleibt im informellen Teil,

zum Beispiel an der Kaffeemaschine oder in der Mittagspause. Da wird dann wieder

Schweizerdeutsch gesprochen und wird das nicht kann, bleibt ausgeschlossen. Es gibt nicht so

viele Studien, wie man denken könnte, zu der Frage, was in der Deutschschweiz eigentlich mit

Personen gesprochen wird, deren Mutter oder Erstsprache erkennbar keine Schweizerdeutsche

Mundart ist. Aus den Schilderungen von anderen oder auch aus der persönlichen Erfahrung,

würde ich jetzt sagen, vor allem in Gruppen, in denen mehrere Personen Schweizerdeutsch sprechen

und einige oder einige wenige es nicht sprechen und auch nicht verstehen. Da besteht in informellen

Situationen tatsächlich die Tendenz, Mundart zu verwenden oder zurück in die Mundart zu wechseln.

Und ich denke, das erklärt sich daraus, dass in solchen informellen Situationen in großen Gruppen

ja häufig die Personen, die miteinander sprechen, sich wechseln. Es bilden sich immer wieder neue

Grüppchen und so lässt sich das erklären. Welche Bedeutung haben eigentlich Dialekte in der Romandie?

In der Romandie haben die Partois, die es ursprünglich mal gab, inzwischen praktisch keine

Bedeutung mehr. Die Situation ist also vollständig anders als in der Deutsch-Schweiz. Ja, um es in

einem Satz zu formulieren, aus der West-Schweizer Perspektive sind genau aus diesem Grund die

Deutsch-Schweizer Mundarten vieles, aber sie sind sicherlich kein wichtiger Bestandteil von so etwas

wie eine Schweizer Identität. Sie sind viel eher ein Kommunikationshindernis, weil eben hier vor Ort

die Situation ein ganz anderes ist. Yuliane Schröder ist Professorin für Deutsche Linguistik

an der Universität Genf. Es gibt einen Sprichwort über das MIT in Boston, über eine der berühmtesten

Universitäten der Welt. In jedem Büro gibt es einen Apple-Computer, eine Grünpflanze und einen

Italiener. Wie leisen Italien produziert, Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher leidet aber

unter einem Braindrain. Viele wandern ab. Es gibt aber auch das Gegenteil, das IIT in Genua. Der

Name tönt nicht zufällig ähnlich wie MIT. Das Instituto Italiano di Tecnologia ist ein

staatliches Forschungsinstitut in Genua. Es beherbergt seit 16 Jahren Spitzenforschung und ist

zu einem Magneten für ausländische Forschende geworden. Aus Genua, Peter Vögerli. Als der

italienische Staatspräsident Sergio Mattarella im letzten Winter für einen Staatsbesuch in die

Schweiz reiste, besuchte er nicht zufällig die ETH in Zürich. Denn auch hier arbeiten zahlreiche

Forschende aus Italien. Am IIT in Genua, seit 2006 in Betrieb, ist das umgekehrt. Von den 2000

Forscherinnen und Forscher kommen knapp ein Drittel aus dem Ausland, sagt der wissenschaftliche

Direktor des Instituts, Giorg Giametta Stolz. Wir haben eine Perzentuale,

sehr hoch, von Strennungen ca. 31% in diesem Moment. Italien hat ein riesiges Problem mit der

Abwanderung von Fachkräften. Seit 2013 haben mehr Menschen das Land verlassen, als zugewandert

sind. Gegangen sind vor allem die jungen, gut ausgebildeten. Wir wissen, es gibt ein Problem sehr

serious in Europa, in Genua, das von Braindrain. Wir machen etwas, weil wir 20%

von uns, die in Italien sind, sehr spesso jungen sind. 20% der Forschenden am IIT seien Italiener,

die aus dem Ausland nach Italien zurückgekehrt seien, betont Metta. Das Institut hat Ableger in

ganz Italien und sogar eine Zweigstelle am IIT in Boston. La speranza è quella di diventare un

MIT italiano. Er hoffe, dass IIT werde ein italienisches MIT werden. Auch den deutschen

Forscher Fabian Meder hat es nach Genua gezogen. Also ich habe in Deutschland gearbeitet bei

Max Planck Institut, ich habe in der Schweiz gearbeitet bei der MPAN und im University College

Dublin, Universität von Bremen. Also ich bin schon einigermaßen rumgekommen, ich finde das Italien

Institute of Technology, das bietet einfach Möglichkeiten, die auf einem sehr hohen Level sind.

In Anfangszeiten war auf jedem Stockwerk eine andere Fachrichtung angesiedelt. Durch die Nähe gab es

einen intensiven interdisziplinären Austausch. Das ist heute nicht mehr so, aber die fachübergreifende

Forschung ist noch immer ein Markenzeichen des Instituts. Besonders die Arbeitsgruppe,

wo wir arbeiten, hat eben diese Möglichkeit, dass wir Pflanzenwissenschaftler, wir haben zusammen

mit Materialwissenschaftlern, zusammen mit Robotikern, zusammen mit Mathematikern und Chemikern. Also

gibt es jeden technischen Hintergrund, den man braucht, um diese interdisziplinäre Forschung zu

machen. Was forscht Fabian Meder? Wir haben herausgefunden, dass man das Pflanzenblatt benutzen kann

und mechanische Energien-Elektrizität umzuwandeln. Und das kann ich gleich mal hier zeigen. Also wenn

man jetzt diese beiden Blätter bewegt, hier sieht man jetzt 50 LEDs, die von jeder Berührung betrieben

werden. Durch Bewegungen steht Reibungselectricität auf der Blattoberfläche, die aus Polymeren

besteht und durch die Pflanze geleitet wird. Wir können im Prinzip mit der Pflanze Strom produzieren

außen, ja vom Wind und von Regen, Tropfen, die auf der Oberfläche landen. Die Forscher haben ein

künstliches Blatt, beschichtet mit Polymeren entwickelt, damit mehr Elektrizität produziert

werden kann. Unser Plan ist, irgendwann ein Blatt zu haben, ein künstliches Blatt zu haben,

was dann zu 99 Prozent aus dem biodegradierbaren Material besteht und zu vielleicht einem Prozent

aus Silikon. Die Blätter wurden im Windkanal getestet, Materialexperten arbeiten an Polymeren,

die sich natürlich zersetzen. Das Fernziel, wenn im Herbst die Blätter fallen wird,

die dieses künstliche Blatt auch mit dem Pflanzenblatt einfach degradiert werden. Mit der gewonnenen

Energie können zum Beispiel Sensoren betrieben werden, die in der Landwirtschaft der digitalen

Steuerung der Bewässerung oder der Lokalisierung von Schädlingen dienen. Mit Polymeren, also Plastik,

experimentiert auch die Griechen Despina fraguli. Aus Agrarabfällen wird statt synthetischem quasi

natürlicher Plastik hergestellt, zum Beispiel aus Kartoffelschalen, Petersilie oder Kaffeesatz.

Aus gebrauchten Schaumstoff haben Despina fraguli und ihre Kollegen ein Material hergestellt,

das Wasser abstößt und gleichzeitig Öl absorbiert. Sie wirft zur Demonstration einen kleinen

Würfel ins Wasser, ihr bleibt trocken, dann legt sie den Würfel in eine Schale mit Wasser und Öl.

Der Würfel nimmt das Öl komplett auf, das Wasser in der Schale sei sogar trinkbar. Eine

Methode, um Wasser und Öl zu trennen. Das Material sei teurer als die herkömmlichen Ölsperren,

lasse sich aber im Unterschied zu diesen nicht nur einmal nutzen, sondern 30 bis 40 Mal wieder

verwenden. Auch der Schweizer Claudio Semini zieht das IIT der ETH vor. Er leitet in Genoa ein Team,

das sich mit Laufrobottern beschäftigt. Ich habe am IIT ein Umfeld gefunden, dass mir wirklich die

Möglichkeit gibt, mein eigenes Team aufzubauen und meine Forschungsambitionen umzusetzen. Das ist

ein Umfeld, wo genügend Finanzierung vorhanden ist, aber auch eine offene Mentalität. Das gefällt

mir hier. Das IIT bietet keine Lehre an, ist also keine klassische Universität. Es arbeitet mit

Praktiken zusammen, war an der Gründung von 33 Start-ups beteiligt und hat rund 150 Millionen

Euro Forschungsgelder angezogen. Was zeigt das Beispiel IIT? Italien ist mehr als die 3Ps. Pasta,

Pizza, Papa, der Papst. Es ist ein sehr heterogenes Land, ein Land starker Gegensätze und ein Land

begraben unter einer dicken Schminkschicht von Klischees. Positiven wie Negativen. So und jetzt

wäre ein Espresso fällig. Dann lassen wir ihn trinken und machen hier einen Punkt. Das war es

vom 1. Jahr der Zeit mit der Aktionsschluss um 18.42 Uhr. Verantwortlich für die Sendung war

Markus Hofmann für die Nachrichten Kevin Gahanes am Mikrofon Simon Hullige.

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An der ausserordentlichen Session hat der Nationalrat die 109-Milliarden-Franken-Notkredite zur CS-Rettung abgelehnt. Konkrete Folgen hat das definitive Nein des Parlaments aber nicht: Der Bundesrat hat die Kredite durch Notrecht bereits genehmigt. Der Kreditvergabe fehlt damit aber der parlamentarische Segen.

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