Echo der Zeit: Massive Angriffe der Hamas auf Israel
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 10/7/23 - 27m - PDF Transcript
Radio SRF – Echo der Zeit mit Ivan Lieberherr.
Unsere Themen am Samstag, dem 7. Oktober.
Massive Eskalation im Nahost-Konflikt, Palästinenser greifen Israel mit Raketen an und überwinden
den Grenzzaun an mehreren Orten. Israel ruft den Kriegszustand aus.
Weshalb kommt es gerade jetzt zu dieser Zuspitzung? Wir ordnen ein und wir fragen nach, was das
Sinn Israel auslöst. Der Schwerpunkt gleich zu Beginn der Sendung.
Dann, Haus bei den US-Republikanern. Wenige radikale Trump-Anhänger treiben die Partei vor sich her.
Das Chaos, was wir in den USA erleben, ist sehr gefährlich. Es ist aber auf eine ganz
bestimmte Weise auch ein Zeichen von Schwächen. Und in gewisser Weise ist das, was wir bei
Trump und anderen erleben, auch eine Form von Verzweiflungstaten.
Sagt Populismusforscher Jan Werner Müller von der Princeton-Universität.
Schließlich Saudi-Arabien im Umbruch. Der Kronprinz setzt zwar Reformen um in Wirtschaft
und Gesellschaft, aber die Menschenrechtslage bleibt düster.
Bürger Israels, wir sind im Krieg. Mit diesen Worten hat der israelische Ministerpräsident
Benjamin Netanyahu auf massive Raketenangriffe aus dem Gasastreifen reagiert.
Militante Palästinenser hat in Israel am Morgen mit Raketen angegriffen, zugleich drangen
bewaffnete Milizen auf israelisches Gebiet vor, mit Motorrädern und Gleitschirmen.
Es kam auch zu Geiselnamen und Entführungen in den Gasastreifen.
Die israelische Luftwaffe Peshos als Reaktion auf den Großangriff Ziele der Hamas im Gasastreifen.
Darüber sprach ich mit Auslandredaktorin Susanne Brunner, die für uns regelmäßig
aus und über Israel berichtet. Sie hat mir vor der Sendung erläutert, was bislang bekannt
ist über die Angriffe.
Was jetzt neu ist, ist, dass die israelische Armee hat bestätigt, dass die Hamas Israelis
verschleppt hat und als Geiseln hält und das im Gasastreifen selbst und in Israel.
Offenbar gibt es noch Gefechte zwischen den Terroristen und israelischen Soldaten und
von beiden Seiten Israel und Gase werden hunderte von Verletzten gemeldet.
Die Übersicht hat wohl niemand ganz genau, auch dürften wohl insgesamt also in Gaza
und Israel bereits um die 250 oder mehr Menschen getötet worden sein, davon mindestens 70 Menschen
in Israel. Der heutige Tag ist sicher der blutigste für Israel und den Gasastreifen seit Jahren.
Ist das eine neue Qualität in diesem Konflikt?
Ich denke so etwas in dieser Form hat man noch gar nie gesehen. Man muss sich vorstellen,
der Gasastreifen ist rund um die Uhr wird er überwacht mit Drohnen von Wachtürmen
aus und anderen Mitteln mit Überwachungssoftware. Und da kommen Terroristen auf Motorrädern
übers Meer und mit Gleitschirmen und landen einfach in Israel und können sich in den
Dörfern ausbreiten. Ich kann mich an die Bilder heute Morgen noch erinnern. Also einfach
so Pickup-Wagen rumfuhren, in Quartieren, in Grenznähe. Also ich denke, das hat es tatsächlich
noch nie gesehen. In israelischen Medien wird dann auch schon Kritik an dieser Regierung
laut, weil namhafte Figuren innerhalb des Sicherheitsestablishments schon lange gewarnt
hatten. Die Regierung konzentriere sich zu sehr aufs Durchboxen ihrer hoch umstrittenen
Justizreform und vernachlässige die Sicherheit des Landes. Und das Minister, die zuständig
sein für Sicherheit, der Aufgabe gar nicht gewachsen sein. Aber ich denke, die Frage,
wie die Geheimdienste und die Sicherheitskräfte dermaßen überrascht werden konnten von
einer Terrororganisation, die wird Israel sicher noch eine Weile beschäftigen.
Warum gerade jetzt diese Eskalation? Gibt es einen Auslöser?
Nein, das würde ich nicht sagen, auch wenn das andere behaupten. Diese Eskalation bahnnt
sich schon lange an. Es gibt nicht einfach einen Auslöser. Der Hauptauslöser ist die
Tatsache, dass Friedensbemühungen schon vor Jahren gescheitert sind. Auf der einen Seite
wächst in den Palästinensergebieten eine Jugend hinter Mauern heran, die zu einem großen
Teil keine Perspektive hat und auch keine Arbeit. Sie wird von einer korrupten autoritären
Machtelite geführt. Die Hamas, die in Gaza regiert, setzt auf Gewalt. Die Vatach und
der Kreise Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas im Westjordan, die schauen vor allem
für ihren eigenen Machterhalt und arbeiten sogar mit Israel zusammen. Was die Jugend frustriert.
Neue Terrorgruppierungen entstehen oder die Hamas kann ganz einfach rekrutieren, vor allem
in den desolaten Flüchtlingslagern, in denen der Mertürekult zelebriert wird und welche
die israelischen Sicherheitskräfte in letzter Zeit immer intensiver angegriffen haben. Auf
der anderen Seite ist eine Regierung in Israel an der Macht, die offen sagt, das ganze Land
ist unser Land, in der Minister offen gegen Palästinenserhetzen und Extremisten in den
jüdischen Siedlungen aufhetzen. Es gibt Minister, die vom Bau des dritten jüdischen Tempels
auf dem Tempelberg reden und provokative Aktionen auf dem Tempelberg durchführen, vor
allem vor der Al-Aqsa Moshe. Davon profitiert vor allem die Hamas oder respektive Terrorgruppierungen
und von den brutalen Angriffen auf die jüdische Zivilbevölkerung profitieren, vor allem die
Extremisten auf der israelischen Seite. Und weshalb meldet sich die Hamas gerade jetzt
zurück, zuletzt gegen Gewalt eher vom islamischen Jihad aus oder von anderen Splittergruppen?
Ich denke, die Hamas ist von extremeren palästinensischen Gruppierungen stark unter Druck geraten. Bei
der letzten Eskalation hat sie sich herausgehalten, was ihr viele vorgeworfen haben, wobei einige
Beobachter jetzt auch mutmaßen. Das habe sie getan, also sich herausgehalten, weil sie sich
auf diesen Überraschungsangriff vorbereitet habe.
Wie weitern nun in der jüngsten Eskalation Israels Premier Netanyahu sagt, es ist ein
Land sei im Krieg. Wie ist das zu verstehen?
Die Frage ist, wie weit wird diese Regierung jetzt gehen? Mehr Land, alles annektieren? Das
hat Minister dieser Regierung bereits gesagt. Und was würde das für Israel bedeuten? Das
Terrorproblem wird Israel jedenfalls wohl noch lange nicht los und die Hamas hat dafür
gesagt, dass es der palästinensischen Bevölkerung wohl nochmals viel, viel schlechter gehen
wird, wie das nach jedem solchen Angriff, solchem Krieg der Fall war. Und das wird ihr
wiederum in die Hände spielen.
Informationen und Einschätzungen von Ausland-Redaktorin Susanne Brunner. Gleich weiter zu Ingar
Rock, freischaffende Korrespondentin in Jerusalem. Ich habe sie gefragt, was die Ereignisse in
Israel ausgelöst haben bei den Menschen.
Die Israelis sind völlig geschockt. Ja, sowas hat es noch nie gegeben. Bis jetzt dauert es noch an.
Ja, die Hamas-Kämpfer hat im Süden, in der Nähe vom Gasserstreifen immer noch kleine
Dörfer unter ihrer Kontrolle, die Menschen sind dort in ihren Häusern versteckt, in
ihren Schutzräumen und rufen auf israelischen Radiosendern an und bitten, um Hilfe.
Also absolut im Schockzustand?
Absolut, ja so. Viele vergleichen das mit dem Yom Kippur Krieg vor 50 Jahren, als Israel
von zwei Armeen angegriffen wurde. Aber mit Leuten, mit denen ich gesprochen habe mit
Israelis, sie sagen, sie können sich nicht erinnern, dass Palästinenser mal ganze jüdische
Dörfer, israelische Dörfer oder Gastete unter ihre Kontrolle gebracht haben und dort einfach
Leute auf einer Straße zum Teil erschossen, von Haus zu Haus gegangen sind und Israelis
verschleppt haben. Es sollen Dutzende Israelis, sowohl Soldaten wie Zivilisten in den Gasserstreifen
verschleppt worden sein.
Im Yom Kippur Krieg wurde Israel auch überraschend angegriffen an einem Feiertag. Also diese Erinnerung
trägt jetzt zum Schock bei heute.
Genau, es ist derzeit wieder ein hoher Feiertag in Israel und es ist Shabbat, also der Ruhetag
und offensichtlich waren weder Armee noch Geheimdienst, noch Regierung in irgendeiner
Art und Weise auf so einen Angriff vorbereitet.
Und wie wird das in den Medien kommentiert?
Viele sagen, das sind die letzten Stunden der Macht von Regierungschef Benjamin Netanyahu.
Er ist ja sowieso schon angeschlagen, seit Monaten protestieren Hunderttausende von
Israelis gegen seine Justizreform und Kommentatoren sagen, er hatte jetzt nichts anderes zu tun,
als die höchste Gerichtsbarkeit zu entmachten, anstatt sich auf so ein Szenario fortzubereiten
und die israelischen Bürger zu schützen. Und deshalb glauben viele, wenn das vorbei
ist, was ja man nicht weiß wann es so weit sein wird, dass es dann die Proteste, dass
sie dann noch zunehmen werden und sich Netanyahu nicht mehr halten kann.
Netanyahu ist ja stets als Gerand für Sicherheit aufgetreten, das wird ihm jetzt zum Verhängnis.
So ist es also seine Anhängerpreisen in ja auch oder unterstützen ihn auch deshalb,
weil sie sagen Netanyahu hat für Wohlstand gesorgt, dafür, dass israelen angesehenes
Landwirt international und dass es kein Krieg gegeben hat, also jetzt von den Hamas
Raketen nicht angegriffen wurde. Und das fällt jetzt ein bisschen in sich zusammen.
Also er steht auch bei seinen Anhängern in der Kritik.
Im Moment sind natürlich vor allen Dingen jetzt derzeit Kritiker aber im Fernsehstationen
was sehr, sehr ungewöhnliches kam, sofort Kritik auf, auch weil er sich stundenlang nicht
zu Wort gemeldet hat, bis jetzt nicht vor die Kameras getreten ist und sowas gab es
auch in Israel noch nie, ja in einer Situation, in der Israel angegriffen wird, halten eigentlich
alle zusammen und das ist im Moment nicht der Fall, also auch das könnte ihm zum Verhängnis
werden.
Sagt Inga Rock, Journalistin in Jerusalem.
Die massive Eskalation im Naostkonflikt hat weltweit Reaktionen hervorgerufen, mehr dazu
in den Meldungen mit Lara Christen.
Von verschiedenen Seiten wurde dazu aufgerufen, die Kampfhandlungen sofort zu stoppen.
So verurteilte Unogenerasekretär Antonio Guterres die Angriffe auf Israel und rief zu diplomatischen
Bemühungen auf. Ein Flächenbrand zwischen Israel und der Hamas müsse verhindert werden.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die Angriffe, das sei Terrorismus
in seiner verabscheuungswürdigsten Form.
Auf der anderen Seite sehen mehrere arabische Staaten die Verantwortung für den Gewaltausbruch
bei Israel. Die Angriffe der Hamas seien die Folge der jahrzehntelangen Unterdrückung
hieß es etwa aus Irak. Und für Qatar ist allein Israel für die Eskalation der Gewalt
verantwortlich. Das Emirat ruft beide Seiten zur Messigung auf.
So viel zum Konflikt im Nahen Osten nun nach Afghanistan. Im Westen des Landes sind mindestens
15 Personen ums Leben gekommen, bei mehreren Erdbeben. Rund 40 weitere sind verletzt worden,
wie es vom örtlichen Katastrophenschutz hieß. Die Erdbeben haben die Grenzregion zu Iran,
Nordwestlich der Stadt Herat erschüttert. Laut der US Erdbebenwarte hatte das heftigste
Beben eine Stärke von 6,3.
In Zürich haben heute rund 1200 Elektrikerinnen und Gebäudetechniker für bessere Arbeitsbedingungen
demonstriert, wie die Gewerkschaft Zina schreibt. Konkret wollen die Demonstrierenden eine Lohnerhöhung
von mindestens einem Prozent, zusätzlich zum Teuerungsausgleich. Auch eine Lösung
für die Frühpensionierung oder weniger Überstunden wurden gefordert. Die bewilligte Kundgebung
wurde von den Gewerkschaften UNIA und Zina organisiert. Von Seiten der Arbeitgeberverbände
gab es bereits Reaktionen. Der Gebäudetechnikverband SwissTech teilte mit, dass einige der Anliegen
bereits Teil der aktuellen Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag sein.
Bei der Lohnfrage sei zudem bereits vor der Demo ein Resultat erzielt worden.
Das Kernforschungsinstitut CERN in Genf hat ein neues Besucherzentrum eröffnet. Mit
dabei war auch Bundespräsident Ale Berse. Mit dem Besucherzentrum, das den Namen Science
Gateway, also Portal zur Wissenschaft, trägt, soll laut CERN neugierig geweckt und kritisches
Denken gefördert werden. Entworfen hat das Gebäude der international bekannte italienische
Architekt Renzopiano, finanziert wurde es mit Spenden und Zuwendungen. Die Wissenschaft
sei der Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft, sagte CERN Generaldirektorin Fabiola Cianotti.
Das CERN kann mit dem neuen Zentrum künftig statt 125.000 bis zu einer halben Million Besucher
im Jahr empfangen. Knapp tausend Personen haben den Losern an der sogenannten MAD PRIDES
teilgenommen. Das ist eine Kundgebung, die eine bessere Akzeptanz psychischer Krankheiten
in der Gesellschaft fordert. Ziel des Morsches sei, Tabus zu brechen und Klischees zu zerstreuen,
die mit psychischen Krankheiten verbunden seien, hieß es vom Organisationskomitee. Auch wenn
das Thema Ernst sei, ziele die MAD PRIDES darauf ab, ihm etwas von seiner Dramatik zu nehmen.
Die MAD PRIDES fand ursprünglich in Kanada zum ersten Mal statt. Seit 2019 gibt es sie auch
in der Schweiz. Die beiden vergangenen Veranstaltungen fanden in Genf und Bern statt.
Sport nun. Der Slovene Tadej Bogacar hat das letzte große Rennen dieser Radsaison für
sich entschieden. Silvan Schweizer.
Bereits zum dritten Mal in Folge triumphierte Tadej Bogacar bei der Lombardeirundfahrt,
die zu den fünf wichtigsten Eintagesrennen im Radsport zählt. 238 Kilometer von Como
nach Bergamo. Der Slovene seines Zeichens zweifacher Tour de France-Siegergriff in einer
Abfahrt rund 30 Kilometer vor dem Ziel an und ließ die restlichen Favoriten stehen.
Bester Schweizer wurde Marc Hirschi als neunzehnte.
Eine ganz große ist auch die Kunstturnerin Simone Biles. Doch heute musste sich die Amerikanerin
an der WM in Antwerpen für einmal geschlagen geben. Im Sprungfinal stürzte sie in ihrer
Paradethisziplin. Diese Hypothek war nicht mehr wettzumachen. Gold ging stattdessen an
die brasilianische Olympiasiegerin Rebecca Andrade. Für Biles gab es immerhin Silvan.
Und wie wird das Wetter, Lara Christian?
Morgen ist es recht sonnig. Besonders im Osten ziehen zeitweise Wolkenfelder vorüber.
Morgenliche Nebelfelder im Mittelland lösen sich auf. Die Temperaturen erreichen 22 bis
26 Grad.
Das ist das Echo der Zeit von Radio SRF. Hier geht es weiter mit dem Zustand der US-Republikaner.
Ein paar wenige Radikale treiben die Partei vor sich her und mit der Absicht des saudischen
Kronprinzenwirtschaft und Gesellschaft zu modernisieren, aber ohne die Kontrolle über Land und Menschen
zu verlieren.
Chaos und Ratlosigkeit in der US-Innenpolitik. An Dienstag wurde Kevin McCarthy abgewählt,
der Speaker der republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus. Und das nach nur neun
Monaten im Amt. Das ist ein bisher einmaliger Vorgang in der US-Geschichte.
Auffallend ist vor allem auch, dass McCarthy, der sich dem rechtspopulistischen Kurs des
ex-Präsidenten Trump stark angenährt hatte, nun von Abgeordneten der eigenen Partei zu
Fall gebracht wurde, denen dieser Kurs noch zu wenig radikal ist.
Mein Kollege Matthias Kündig hat den Populismusforscher Jan Werner Müller von der angesehenen US-Universität
Princeton gefragt, was da innerhalb der republikanischen Partei passiert sei.
Also die Dynamik ließ er sich zumindest in Teilen beschreiben, als die Revolution frisst
ihre Kinder. Die Partei hat sich immer weiter radikalisiert. Es ist ja auch in Europa häufig
davon die Rede, dass die USA so polarisiert sei. Und das ist natürlich auch richtig.
Nur ist diese Entwicklung nicht symmetrisch. Also die demokratische Partei hat sich etwas
nach links verschoben in Teilen, aber in keiner Weise sich gegen die Demokratie an
sich gewandt. Das ist auf der rechten Halt anders. Und diejenigen, die sich diesem, man
muss es wirklich so sagen, Trumpschen Persönlichkeitskult angeschlossen haben, wenn die sozusagen
plötzlich Zweifel haben oder versuchen, auch pragmatischer aufzutreten, dann sind
sie sofort dienigen zur Stelle. Die, bereit sind zu sagen, nein, im Namen der Reinheit
dieser rechtspopulistischen Vorstellungen wird der oder die jetzt abgesagt.
Von inside und in Washington hört man ja auch immer wieder, dass eine Mehrheit der
republikanischen Kongressgeabgeordneten eigentlich Trump und seinen Populismus loswerden
möchten. Warum ginge ihm das nicht? Da würde ich gewisse Zweifel anwenden, ob das so eindeutig
ist. Es gibt sicherlich einige Führungsfiguren, die hinter verschlossenen Türen sagen würden,
um Gottes Willen. Also wir wollen denen nicht nochmal an der Macht haben. Nur diese Dynamik
gibt es ja eigentlich auch schon seit Jahren. Das haben ja viele schon gemacht, aber keiner
hat sich wirklich hervorgewagt mit einer solchen Meinung. Diejenigen, die es getan haben, sind
dann häufig von der Partei selber abgewählt worden oder abgesetzt worden auf irgendeine Weise.
Es heißt ja immer wieder, der Populist Trump habe quasi die republikanische Partei
verführt und habe es jetzt fest im Griff. Aber ist Trump wirklich die Wurzel des Übels der
republikanischen Partei heute? Das ist mir ehrlich gesagt etwas zu simpler gedacht. Also diese
Vorstellung, dass das Staatsschiff der republikanischen Partei glitt auf dem Meer der verantwortungsvollen
Staatskunst hinweg und dann kam dieser Pirat und hat das sozusagen gekapert. Das stimmt so nicht.
Also diese Entwicklung bahnt sich spätestens seit den 90er Jahren an. Einige ihrer Hörer werden
sich heute erinnern, dass es damals auch schon Momente gab, wo plötzlich die Regierung zumachen
musste, weil der damalige Sprecher des Repräsentantenhauses New Gingrich auch einen absolut radikalen
Kurs gefahren hat, auch versucht hat, alle Gegner völlig zu delegitibieren. Das ist ja ein Zeichen von
Rechtspopulismus, dass man nicht sagt, der andere ist Gegner, aber letztendlich legitim. So, nein,
das sind alles Verräter. Das hat damals schon angefangen. Das soll nicht heißen, dass Trump irgendwie
jetzt sozusagen vorherbestimmt war. Das natürlich auch nicht. Aber die Partei war in gewisser Weise
schon für ihn bereit. Gibt es Ihrer Meinung nach in der heutigen republikanischen Partei noch so
etwas wie innerparteiliche Demokratie? Das heißt also einen Wettstreit der Ideen und der verschiedenen
Flügel? Es gibt natürlich die Vorwahlen. Es gibt ja jetzt auch ständig diese Debatten und das ist
auch nicht alles nur Show. Nur es gibt grundsätzlich insofern ein Problem, als dass diese Partei und
da denke ich, gibt es auch ähnliche Entwicklungen in Europa eigentlich kein koherentes Programm mehr
hat. Also deswegen wäre ich mich auch ein bisschen dagegen, dass man sagt, überall auf der Welt
aufstiegtes Rechtspopulismus, da werden Sachen gleichgesetzt, die zum Teil sehr unterschiedlich
sind. Also in einigen Ländern ist es ja wirklich so, dass die Führungsfiguren etwas anbieten,
was auch dazu beiträgt, dass sie letztendlich, um es etwas hochgestochen zu sagen, so etwas wie
kulturelle und politische Hegemonie schaffen, also wirklich vorherrschend werden, aber zum
Teil einfach auch, weil sie Ideen anbieten oder sozusagen ein großes Zelt politisch aufmachen
können, wo sich viele wiederfinden können. Das ist in USA aber nicht so. Das ist auch in einigen
europäischen Wändern nicht so. Wenn Sie heute Leute fragen, was heißt eigentlich Mitte-Rechts oder
was heißt eigentlich Christdemokratie in Europa, werden Sie häufig finden, dass man im Grunde
nicht wirklich ein koherentes Programm anzubieten hat. Also ganz ganz anders als beispielsweise
Reagan und Fertrell in den 80er Jahren, wo ja viele Leute, die eigentlich sich ursprünglich auch eher,
sagen wir mal, Mitte-Links verordneten, hatten irgendwann gesagt haben, das ist ja eigentlich ein
attraktives, koherentes Programm. Also das Chaos, was wir in USA erleben, ist sehr gefährlich. Ich
will das nicht irgendwie verharmlosen. Es ist aber auf eine ganz bestimmte Weise auch ein Zeichen
von Schwächen. Und in gewisser Weise ist das, was wir bei Trump und anderen erleben, auch eine Form
von, wenn man das so sagen darf, Verzweiflungstaten. Inwiefern eine Verzweiflungstat? Weil man im
Grunde weiß, man kann eigentlich an den Wahlurnen nicht wirklich Mehrheiten gewinnen. Also denken
Sie daran, wie oft in den letzten 20 Jahren die republikanische Partei die Präsidentschaftswahlen
verloren hat. Deswegen, man ficht das Wahlergebnis an oder man versucht Institutionen zu besetzen wie
den obersten Gerichtshof, wo man weiß, okay, das hilft uns unsere Ideen, von denen wir eigentlich
wissen, dass sie keine Mehrheiten an den Wahlurnen mobilisieren können, irgendwie noch umzusetzen.
Und was heißt das ganz grundsätzlich für das politische System in den USA,
dass ja eigentlich ganz direkt auf Ausgleich und Kompromiss angelegt ist?
Also es ist ja per se nicht verboten zu sagen, es darf auch mal harten Konflikt geben. Also ich
denke, es ist auch falsch, wie es zum Teil ja auch in Europa der Fall ist, bei jeder harten
Ausländerung, das ist eine sofortzuschreien Krise der Demokratie. Aber wie Sie sagen, das System
ist letztendlich darauf angelegt, dass sich verschiedene Akteurinnen und Akteure irgendwie
auch zusammenfinden. Das passiert halt im Moment nicht. Und das ist natürlich wiederum auch ein
Problem sowohl für die Resultate, weil einfach keine Gesetze kommen. Aber es ist natürlich auch
offen gesprochen ein Geschenk für die Feinde der Demokratie weltweit, die natürlich sagen können,
schaut doch mal, wie instabil das Ganze ist. Schaut doch beispielsweise mal jetzt sehr plakativ
gesprochen nach China, die behaupten ja inzwischen auch, sie hatten eine gewisse Form von Demokratie,
aber natürlich im Sinne von Stabilität und wir führen die Gesellschaft ganz ruhig in die richtige
Richtung von zunehmender Prosperität und zwar sagt Jan Werner Müller. Er lehrt politische
Philosophie an der Princeton Universität in den USA. Heute Abend tritt er in Zürich auf,
auf Einladung der Europe United Society. Der Fall Jamal Khashoggi ließ aufhorchen vor fünf
Jahren. Der saudisch-amerikanische Doppelbürger und Journalist war ein bekannter Kritiker des
saudischen Regimes. Am 2. Oktober 2018 wurde er im saudischen Konsulat in Istanbul brutal ermordet.
Über die genauen Hintergründe ist noch immer wenig bekannt, ob der Mord von höchster Stelle,
also von Kronprinz Mohammed bin Salman in Auftrag gegeben wurde. Auch das ist unklar.
Seither hat sich vieles verändert in Saudi-Arabien, nicht aber in Sachen Menschenrechte. Na Ost
Korrespondent Thomas Gutersohn. Erst kürzlich wurde der saudische Kronprinz im
amerikanischen Fernsehen auf den Fall Khashoggi angesprochen. Seine Antwort auf die Frage,
ob die Mörder nun in Haft sein, war kurz und knapp. Ja, alle involvierten seien in Haft.
Sie hätten sich vor dem Gesetz verantworten müssen, sagt Mohammed bin Salman. Der Kronprinz
ist sichtlich bemüht, im Gespräch mit Fox News Saudi-Arabien als funktionierenden Rechtsstaat
darzustellen. Das Königreich hätte interne Untersuchungen durchgeführt, wie dies auch
Amerika gemacht hätte im Falle von Menschenrechtsverletzungen im Irak. Das Gerichtsverfahren zum
Fall Khashoggi sei nun aber abgeschlossen. Mohammed bin Salman, spricht von einer schmerzhaften
Episode, die nun aber vorbei sei. Viel lieber spricht der Kronprinz von den wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Errungenschaften des Königreichs. Das hohe Wirtschaftswachstum,
das Frauen und Arbeiten und Autofahren dürfen. Doch einige Frauenrechtsaktivistinnen, die sich
just für diese Rechte eingesetzt haben, sind in Haft oder Hausarrest. Warum, fragt Menschenrechtsaktivistin
Hala Aldozadi? Und nicht nur Frauen. Alle mit einem gewissen politischen Gewicht und unerwünschten
Ansichten in Saudi-Arabien würden noch immer von der Regierung zum Schweigen gebracht.
In Herzkampagnen würden Kritikerinnen als Verräter dargestellt, sagt die im Exileben
der Menschenrechtsaktivistin Hala Aldozadi. Sie selbst hat anonyme Droh-Anrufe erhalten. In
Saudi-Arabien geht das Regime weniger zimperlich mit Aktivisten um. Letzten Juli verurteilte ein
Sonderstrafgericht ein pensionierten Lehrer zum Tod wegen regierungskritischer Tweets und YouTube-Videos.
Meinungsfreiheit gibt es in Saudi-Arabien nicht und der Kronprinz stellt sicher,
dass er den öffentlichen Diskurs dominiert.
Mohammed bin Salman, stelle sich als den alleinigen Urheber des Fortschrittes dar,
Zweifel daran, dass das Land nur mit dem Kronprinzen vorwärts kommen könne, werden nicht toleriert.
Denn nur so kann er den Wandel kontrollieren. All den Reformen zum Trotz, Menschenrechte haben es
nach wie vor schwer in Saudi-Arabien. Thomas Gutes Sohn. Saudi-Arabien und wie sich das Land
modernisieren will. Das ist Thema in unserer Sendung international. Dieses Wochenende am Radio
und online unter sf.ch. Audio. Von uns war es das für heute, das Echo der Zeit vom Samstag
dem 7. Oktober mit Redaktionsschluss um 18.27 Uhr. Verantwortlich für diese Ausgabe,
Matthias Kündig, für die Nachrichten Patrick Seiler und am Mikrofon war Ivan Lieberherr.
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In einem Überraschungsangriff haben militante Palästinenser der Hamas seit Samstagmorgen mehr als 2000 Raketen auf Israel abgefeuert. Zugleich drangen bewaffnete palästinensische Kämpfer an verschiedenen Stellen in israelisches Gebiet ein. Berichtet wird von Geiselnahmen und Entführungen. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche Tote und Verletzte.
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