FALTER Radio: Kulturkampf gegen den Rechtsruck - #929

FALTER FALTER 4/27/23 - Episode Page - 45m - PDF Transcript

Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.

Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.

Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.

Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.

Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.

Der Elternratgeber Kinder glücklich erziehen, den Elias nie gelesen hat, ist eine echte Hilfe.

Stapelt er den und andere Ratgeber aufeinander, erreicht er endlich den Staub im Lampenschirm.

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Sehr herzlich willkommen, meine Damen und Herren im Falter.

Mein Name ist Barbara Todt und ich darf Sie diesmal durch die Sendung führen.

Kulturkampf gegen den Rechtsruck.

Wenn die Kultur zu politischen Kampf erinnern wird, das ist das Thema unserer heutigen Sendung.

Es hat sich doch einiges verschoben in den vergangenen Wochen.

In Niederösterreich kam eine Koalition aus ÖVP und FPÖ in Regierungsverantwortung.

Aus Protest dagegen beendete die Akademie des österreichischen Films

die Kooperation mit Niederösterreich und verzichtete auf die Landesförderung.

Mit einer rassistischen, antidemokratischen und fremdenfeindlichen FPÖ

wollte man nichts zu tun haben.

In Wien protestierte eine Gruppe religiöser Hardliner und Rechtsextremer,

angestachelt vom Wiener FPÖ-Schiff Dominic Knapp,

gegen eine Dragqueenlesung vor Kindern in der Rosa Lila Villa.

Einem alteingesessenen Kulturzentrum der Schwullesken und Queer Community.

Vorbilder für diesen Kulturkampf findet die FPÖ bei den ultra-religiösen

und Rechtsextremen in den USA.

Was passiert, wenn Extremisten die Mitte der Gesellschaft unterwandern?

Und vor allem, wie kämpft man nicht nur politisch,

sondern als Kulturmensch dagegen an?

Darüber wollen wir in der nächsten knappen 3,5 Stunden sprechen.

Dazu begrüße ich meine Gäste.

Judith Götz, Genderforscherin von der Universität Innsbruck

und Expertin für Rechtsextremismus. Schön, dass Sie da sind.

Danke für die Einladung.

Ulrike Lunacek, Ex-Nationalarzt-Abgeordnete von den Grünen

und ganz aktuell Koherausgeberin eines neuen Buches Global Family Future.

Schön, dass Sie da sind.

Matthias Dosini, Leiter des Falter Kulturressorts,

selber Buchautor und unter anderem Experte für politische Korrektnesbewegungen.

Und Birgit Sauer, Politologin der Uni Wien.

Und Sie forscht zu Rechtspopulismus und Geschlecht.

Schön, dass Sie da sind.

Vielleicht wollen wir in einer ersten Runde einmal das Phänomen

oder die Phänomene, die sich in Österreich zeigen,

ein wenig international und auch historisch verortet.

Frau Lunacek, Sie haben kürzlich in Ihrem Buch

sich genau damit beschäftigt.

Also mit dem antifeministischen Backlash weltweit.

Wenn Sie sich jetzt anschauen, das, was wir in Wien erleben.

Welche Importe oder welche Traditionen weltweit werden da aufgegriffen?

Also wie lässt sich das quasi verorten?

Also zuerst einmal kurz zu dem Buch.

Es ist ein Buch, das wir gemeinsam zu fünf herausgegeben haben.

Auch aus Anlass von 40 Jahren Frau in Solidarität

eines feministischen Entwicklungspolitischen Vereins,

einer Organisation, der ich schon lange angehöre.

Und deswegen ist dieses Buch eines,

das sowohl sich ansieht, wo antifeministische Bewegungen sind,

aber sehr wohl auch welche Kämpfe die Frauen kämpfen

und was sie auch erreichen und leisten.

Und das sind schon Beispiele drinnen, wie etwa in Kolumbien,

wo es ja über Jahrzehnte Krieg, Frieden, also Krieg und Bürgerkrieg etc. gab.

Und wo im Zuge des Friedensprozesses,

der dann 2016 endlich zu einem Friedensvertrag geführt hat,

oder ich und andere draufgekommen sind.

Und im Buch wird vor allem die Erfahrung der Karrieras beschrieben

und vor allem nach dem Frieden dann, wie es mit ihnen geht.

Aber ein Grund, warum dieser Friedensvertrag nicht,

dass beim Referendum auch positiv von der Bevölkerung

dann sozusagen fürwortet wurde,

war, dass in diesem Vertrag das erste Mal durch die Teilnahme

von Frauen am Friedensprozess in den Verhandlungen in Havana,

auch Forderungen von Frauen drinnen waren

und auch Forderungen für die LGBT-Bewegung.

Und das war mit ein Grund.

Also das sind für mich so aus meiner Erfahrung auch viel

in der Entwicklungspolitik, auch auf europäischer Ebene,

dass hier weltweit schon vor Jahren und zum Teil Jahrzehnten

religiöse Gruppierungen sich, also auf die Frauenrechte,

sind vor allem die großen Weltreligionen,

ist keine davon Freundin von Frauenrechten,

egal welcher Frauenrechte bei der Abtreibung wird es dann ganz schlimm,

aber auch nicht mit Repräsentant und ähnlichem.

Aber das auch je stärker die Bewegung für lesbenschwule,

bissexuelle Transgender mit Queermenschen wurde,

desto mehr gab es auch immer Widerstand dagegen,

von religiösen Gruppierungen, religiösen Fundamentalisten,

aber auch sogech regulärkonservativen Parteien.

In Lateinamerika habe ich das besonders beachtet

und es ist immer so die Frage auch,

wie stark auch patriarchale Strukturen sind,

gegen die sich Frauen- und LGBTI-Menschen wehren

und gegen gewisse Rollenbilder.

Und das, wie gesagt, kommt auch in den Buch auch die Kämpfe dagegen.

Was ich bei den Kämpfen auch spannend finde,

dass sie ganz oft verlinkt sind Frauenrechte mit sozialen Rechten.

Also weil das oft gerade in Gebieten, wo große Armut herrscht

oder bei Indigenen oft und um Land das oft auch zusammen gehört

und nicht getrennt gesehen wird.

Das war jetzt quasi, wir haben jetzt reingesohnt nach Südamerika,

was spannend ist, weil man sieht, wie global offenbar auch dieser Backlash funktioniert.

Frau Sauer, Sie haben ja auch zuletzt ein Buch mit herausgegeben,

bzw. mit geschriebenen Konjunktur der Männlichkeit.

Wo Sie sich auch mit Strategien der autoritären Rechten beschäftigen.

Vielleicht zoomen wir jetzt quasi rüber nach Europa

und schauen uns an, was da gerade passiert.

Also vielleicht noch nicht nach Österreich rein,

da würde ich dann gerne zu Ihnen kommen,

sondern quasi rund um uns auf unserem Kontinent.

Welche Strukturen bzw. Trends, ich mein blödes Wort in dem Zusammenhang,

aber oft mal gibt es ja auch Trends,

bei den autoritären Rechten oder bei den rechtsextremen

konnten Sie da quasi herausfiltern.

Ja, das Interessante ist,

dass die autoritären Rechten Parteien und Bewegungen in Europa

vergleichsweise spät auf diesen Anti-Gender, Anti-LGBT-AQ-Zug aufgesprungen sind.

Und man kann eigentlich zeitlich noch ein bisschen weiter zurückgehen,

als Ulrike Lunacek das gerade gemacht hat, nämlich zurück zur UN-Frauenkonferenz 1995 in Beijing.

Wo das erste Mal sich die großen monotheistischen Kirchen gegen Frauenrechte,

gegen reproduktive Rechte, gegen LGBTIQ-Rechte gewandt haben

und sich sozusagen organisiert haben

und dann eine globale Anti-Gender-Bewegung ins Rollen gebracht haben.

Und die katholische Kirche als eine globale Bewegung war da sehr prominent beteiligt.

Und wie gesagt, die Rechten Parteien in Europa sind eigentlich erst vor 15 Jahren,

etwa wenn man das so sagen kann, überhaupt auf diesen Zug aufgesprungen.

Davor haben sie zwar ihre extremen, reaktionären, geschlechter Ideologien gehabt,

aber jetzt nicht unter diesem Label Anti-Gender, Anti-Queer, Gegenlesben und Schwule.

Und sie haben aber gemerkt, dass mit diesem Thema durchaus Verknüpfungen

zu anderen Themen machbar sind, vor allem eben gegen Migration.

Und da kann man feststellen, dass es dann diskursive, aber auch ganz konkrete Koalitionen gegeben hat.

Nicht, wenn wir uns noch erinnern, Vladimir Putin hat den Krieg gegen die Ukraine

unter anderem mit dem verrotteten kulturellen System des Westens

und eben in der Ukraine begründet.

Und da gibt es eine Koalition mit den orthodoxen Kirchenführern in Russland.

Und da gibt es dann eben auch Koalitionen mit der Fides Partei in Ungarn,

die ganz ähnlich argumentiert und eben Frauenrechte, Abtreibungsrechte,

Rechte für Schwulen und Lesben als ein Verfall von Kultur der Nation.

Das ist auch noch ganz eng damit verknüpft, darin in diesen Bewegungen das so sieht.

Und wir haben eben dann insbesondere auch in Polen, also in Ländern,

wo wir auch eine starke katholische Kirche haben,

haben wir diese Verknüpfung eben von kirchlich-christlichen Führern

mit politischen Führern eben in diesen Kampf gegen Gender.

Spanien war auch schon ziemlich früh in diesem Anti-Gender-Kampf dabei.

Auch da gibt es, war es zunächst die katholische Kirche.

Die rechte Partei Spaniens Vox ist auch erst sehr viel später gegründet worden

und auch sehr viel später überhaupt dann darauf eingeschwungen,

sodass man sagen kann, wir haben in ganz vielen europäischen Ländern

eben genau dieses Phänomen, dass die autoritäre Rechte erkannt hat

als eine politische Strategie, dass sie ihren Kampf,

und ich würde es gar nicht mehr unbedingt Kulturkampf nennen,

sondern viel mehr ihren Kampf um politische Macht an solchen kulturellen Themen aufgezogen hat,

weil sie eben gemerkt hat, damit kann man vergleichsweise einfach

sowohl die Köpfe, aber möglicherweise eben auch die Herzen einer Wählerschaft gewinnen.

Und jetzt auch in Österreich und in der FPÖ, wie wir feststellen mussten.

Dabei war ja die FPÖ lange auch nicht so auf diesem quasi Anti-Gender-Kurs unterwegs.

Sie beobachten das ja sehr genau.

Wann ist das quasi gekippt?

Und welche Ursachen sehen Sie dafür,

vielleicht auch in Abgrenzung zu anderen deutschen extremen rechten Bewegungen?

Also ich würde schon sagen, dass die FPÖ immer wieder Frauenthemen aufgegriffen hat.

Allerdings haben sie sich lange Zeit sehr stark darauf fokussiert,

die migrantische Frau unter Anführungszeichen als Opfer vermeintlich kulturell bedingter Gewalt

und automatisieren, also im Kontext von Zwangsverheiratungen oder Kopftuch oder Burka

oder weiblicher Genitalverstümmelung.

Aber mit diesem Thema sind sie nie so ganz erfolgreich gewesen,

weil gleichzeitig die migrantische Frau auch eine sehr widersprüchliche Figur ist,

weil die FPÖ gleichzeitig auch imaginiert, dass Frauen, denen zugeschrieben wird,

aus anderen Ländern zu kommen, die sie als sehr patriarchal imaginieren,

dass diesen Frauen auch zugeschrieben wird, besonders viele Kinder zu bekommen

und dadurch auch eine Bedrohung für die autochtones Bevölkerung zu sein.

Das heißt, dieses Bild war immer sehr widersprüchlich und stärker erfolgreich.

Sind sie dann tatsächlich ab dem Zeitpunkt geworden,

wo es eine Verschiebung des Opfer-Narratives gegeben hat,

nämlich hin zur unter Anführungszeichen weißen Frau als Opfer,

als Bedrohte von zugewanderten Männern, als fremdmarkierten Männern.

Und damit sind dann eigentlich schon der Durchbruch geglungen mit diesen Frauenthemen

und sie waren einige Jahre, wie auch viele andere rechte Gruppierungen,

sehr erfolgreich über diese rassistischen Instrumentalisierungen von Frauenrechten,

mediale gesellschaftliche politische Öffentlichkeiten zu bekommen

und natürlich auch Angstnarrative in der Bevölkerung zu schüren.

Ich würde sagen, neben der FPÖ sind dann natürlich auch Gruppierungen

wie die Identitären sehr relevant in diesem Zusammenhang,

weil die eben auch vor allem mit Aktionismus dieses Thema sehr ausgeschlachtet haben.

Allerdings würde ich sagen, dass die in den letzten Jahren

aufgrund von unterschiedlichen Faktoren, also starker Repressionswellen,

verbotter Symbole näher zum Rechtstheorismus durch die Namensgleichheit des Manifests,

des Attentators von Christchurch zu einer Kampagne, die sie viele Jahre gefahren haben

und ähnlichen, dass die jetzt zunehmend vom Bedeutungshorizont

verschwunden sind in den letzten Jahren

und dass ihnen diese Instrumentalisierung von Frauenrechten auch nicht mehr so stark gelungen ist,

weil einfach die Medien, die Expertinnen, auch die Bevölkerung

diese rassistischen Implikationen einfach durchschaut haben

und dem nicht mehr so viel Bedeutung und Aufmerksamkeit gegeben haben.

Und da würde ich sagen, passiert aktuell oder eigentlich schon seit rund 1,5 Jahren was Neues,

nämlich das Gruppen wie die Identitären und ihre Nachfolgeorganisationen,

aber auch andere rechte und rechtsextreme Gruppen erkannt haben,

dass mit dem Thema LGBTIQ bzw. Queer oder Drag Queens da neue Resonanzräume geschaffen werden können,

die ihnen mit dem Frauenrechtsthema nicht mehr gelingen.

Also, dass da wieder skandale Tabubrüche möglich sind,

dass da große gesellschaftliche Empörung erzeugt werden kann,

dass ganz viele sich an diesem Diskurs beteiligen, der gerade darum geführt wird

und sie dadurch einfach wieder mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit bekommen können.

Und ich würde sagen, dass hier, also in Bezug auf die Identitären,

ja die Medien diese Gruppierung sehr groß gemacht haben,

weil zahlenmäßig war diese Gruppe im Grunde genommen immer vernachlässigbar,

also selbst in Hochzeiten hatten die in Österreich vielleicht wirklich 40 aktive und 200 sympathisant Innen

und durch das, dass die halt was ganz Neues auch die politische Agenda gebracht haben,

haben sie eben sehr viel Aufmerksamkeit bekommen,

vor allem auch durch den Medien, die lange Zeit sehr unkritisch über viele von ihren Aktionen berichtet haben

und was ähnliches beobachte ich heute auch.

Also, das sozusagen von den Verbesserungen, die es im medialen Diskurs schon gegeben hat

in der Berichtserstattung über die extreme Rechte,

aktuell gerade bei der Berichtserstattung über dieses LGBTIQ-Thema, Dragqueen-Läsungen etc.,

da den Rechtsextremen eigentlich wieder in die Hände gespielt wird,

in dem ihnen so viel Öffentlichkeit gegeben wird

und sehr viele O-Töne wiedergegeben werden, ohne diese kritisch zu kommentieren.

Ja, Tussini, warum verfängt sich dieses Thema so?

Also, so wie Frau Gertz gesagt hat, das funktioniert offenbar medial.

Diese neue Strategie der extremen Rechten,

warum triggert das uns in den Medien aber auch quasi das Publikum für das wir schreiben, so besonders?

Also, sie stellen das etwas anders dar, als meine Wahrnehmung es ist.

Also, ich habe jetzt nicht den Eindruck gehabt,

als würden da rechte Positionen in den Medien stark dargestellt werden.

Also, der unmittelbare Anlass war ja eine kleine Demo

vor dem hier benachbarten Rosalila Villa,

einem klassischen Zentrum der Schwulen- und Lesenbewegung,

wo sich sozusagen ein überschaubarer Mob aus Katholen,

glaube ich ein paar FPÖler waren dabei

und vor allem auch der identitären Bewegung

versammelt haben mit einer riesigen oder relativ großen Gegendemo,

die eigentlich die Überhand hatten.

Das Vorgehen der Polizei mag auf einem anderen Blattpapier sein.

Was ich eigentlich damit sagen will, ist,

dass sozusagen dieses Queer- oder Dragqueen-Thema in einem Land,

wo eine Frau mit Bart, ein Schlagerstar wird,

vielleicht irgendwie auch in einer Relation zu setzen sei.

So schlimm das ist, was sie erzählen über Ungarn, über Russland.

Also sozusagen so die vehemenz mit der dort Gender-Themen

von rechter Seite missbraucht werden.

Davon ist, glaube ich, in Österreich relativ wenig zu spüren.

Und was vielleicht auch damit zu tun hat,

da würde ich Ihnen auch widersprechen.

Also natürlich war die identitäre Bewegung eine sehr interessante Bewegung,

weil sie im Gegensatz zu FPÖ einfach linke Protestformen gekapert hat.

Die Themen waren hier ziemlich austauschbar.

Ich erinnere an, sie haben eine Performance mit Flüchtlingen

im Audimarks gestürmt.

Sie haben Transparenzen am Burg Theater,

gegen rassistische Transparenze gehießt, am Burg Theater.

Und das waren natürlich schon Angriffe auf die liberale Öffentlichkeit

mit neuen Methoden, mit neuen Strategien.

Da scheint mir dieser Aufmarsch hier vor der Rosalila-Wila eigentlich

eine ziemlich leppische Angelegenheit zu sein.

Also eher plump.

Ich würde sehr gerne darauf antworten.

Also ich würde schon mal damit beginnen,

dass ich dem widersprechen würde,

dass es sich bei den Identitären jemals um eine Bewegung gehandelt hat,

weil sie einfach nicht massentauglich waren

und auch nicht so mobilisierungsstark,

dass man wirklich von einer Bewegung sprechen könnte.

Und das schon Teil ihrer selbst Inszenierungsstrategie

ist, die versucht, sie größer zu machen, als sie tatsächlich sind.

Und wenn man sich die mediale Berichterstattung in den letzten Wochen so anzieht,

dann muss man leider schon feststellen,

also nur ein Beispiel von letzten Sonntag,

das Standard veröffentlicht ein Video auf Instagram,

wo die ganze Zeit gegengeschnitten wird,

rechte Positionen, linke Positionen.

Und das sozusagen auf eine Ebene gestellt wird

und beide als legitime Positionen

innerhalb von einem demokratischen Diskurs präsentiert wird.

Also Sie würden nur das eine, Sie würden mir eine Position stellen.

Darf ich noch fertig reden?

Boulevard hat wieder die Bilder,

die die Identitären selbst produziert haben

von ihrem Angriff auf die Villa,

der schon vor zwei Wochen stattgefunden hat übernommen.

Das heißt, hier wird wieder auf die Selbstinszenierungsstrategien

der Identitären reingefallen

und deren Bildmaterial weiterverbreitet

und genau auf die Art und Weise, wie sie es eben wollen.

Dann ist in den Medien auch sehr viel dieser Diskurs

rund um den Kulturkampf oder die umstrittene Veranstaltung

aufgenommen worden.

Dann die ganzen Zitate von Dominic Knapp,

die zutiefst transfeindlich sind.

Und die werden wiedergegeben

und sie werden nicht kritisch kommentiert.

Und was mir fehlt in der ganzen Debatte,

sind Beiträge, die darüber sprechen,

was geschlechtliche und sexuelle Bildung der Vielfalt

alles bewirken kann.

Worum es in diesen Drag Queen Lesungen eigentlich geht,

was da Lernprozesse und Lernmöglichkeiten

für Kinder und Jugendliche sind, die hier geschaffen werden

und warum die extreme Rechte eigentlich

so heiß läuft auf dieses Thema.

Also Analysen.

Und ich würde sagen, ja, anstelle von rechten Positionen

kann man auch Expertinnen interviewen,

die sich mit dem Thema schon seit vielen Jahren beschäftigen,

weil gerade dieses Thema,

rund umgeschlechtliche und sexuelle Vielfalt

und die Angriffe darauf, sind kein neues Thema.

Auch das erleben wir seit rund zehn Jahren.

Und die könnten einfach, also Expertinnen könnten

einfach diese Themen kritisch kommentieren,

einordnen und damit maßgeblich zur öffentlichen

Meinungsbildung beitragen, anstatt rechtes Gedanken

gut unkommentiert wiederzugehen.

Ich muss jetzt den Standard insofern in Schutz nehmen,

weil im Print haben Sie genau das gemacht.

Also da hatten Sie zwei Expertinnen,

die sehr genau erzählt haben, was wir erleben Kinder,

solche Lesungen und warum ist das durchaus auch förderlich

und wie schaut überhaupt kindliches Verständnis

von Identitäten oder geschlechtsidentitäten aus.

Also möglich, dass die auf Instagram anders damit umgegangen sind,

als im Print, aber den Aspekt gab es auch.

Sie wollten...

Ich würde gerne noch den politischen Aspekt dazu noch stärkereinbringen,

denn ja, jetzt ist es, ist die FPÖ, die da drauf an,

aufspringt auch in Österreich.

Aber das war, also ich kenn aus meinen ersten feministischen Zeiten

vor 40 Jahren, war das schon damals gegenüber der ÖVP.

Ich war damals in Innsbruck und habe das Frauenhaus dort mit aufgebaut,

Ende der 70er Jahre.

Da war schon allein die Forderung,

dass es ein Haus für Frauen geben muss,

Frauen und Kinder, die von ihren Männern,

Partnern verbrügelt werden.

Das war schon ein...

Also es wurde nur als Kavaliersdelikt gesehen

und war ganz schwer mit einer ÖVP das überhaupt zu verhandeln.

Und da ist auch schon gegangen,

um die Frage der Geschlechterrollen.

Wie Frauen zu leben haben.

Und wie Männer zu leben haben.

Und ich sehe das ja in diesem,

sozusagen über diese vielen Jahrzehnte,

das ist in den letzten Jahrzehnten,

wo mehr Lesb und Schwule auch öffentlich waren.

Ich war es in Österreich 95, fast 30 Jahre her,

die erste Politikerin und Frau, die offen gesagt hat,

dass sie lesbisch ist.

Dass das mit mehr Rechten auch für Lesb und Schwule

und auch für Transpersonen intersex,

dass es auch nicht binäre Personen gibt,

dass das jetzt sozusagen von viel erreichten Frauenrechten

lange noch nicht genug,

gerade im sozialen Bereich und auch im Wirtschaftsbereich,

sozusagen jetzt die sich raussuchen,

ein anderes Thema, das noch nicht so bekannt ist

und wo es vielleicht noch anderen Aufruhe erzeugt,

als wenn man sich widerstellt dagegen,

dass Frauen vielleicht auch nicht heiraten müssen

und keine Kinder kriegen müssen.

Also in diesem würde ich das schon sehen,

dass das jetzt auch politisch ein stärker ein Thema wird

und Teile auch der ÖVP und der konservativen Parteien,

das mittlerweile auch übernehmen.

Das würde ich auch gerne noch ansprechen.

Kurze Zwischenfrage an Sie, Frau Sauer,

weil Sie vorher gesagt haben, so ungefähr vor 20 Jahren

sieht man, dass in Europa quasi der Trend aufgegriffen wird

und man eben auch stärker gegen nicht binäre

und obqueere Hetze.

Gab es da einen Tipping-Point, also einen Anders

oder war einfach die Sichtbarkeit dieser Lebensentwürfe stärker

oder lässt sich da quasi festmachen,

warum diese Strategieänderung stattgefunden hat?

Also einmal muss man natürlich schon sagen,

dass die Veränderungen der letzten 30 Jahre,

die ökonomische, soziale und politische Veränderungen sind,

die man dann weitläufig als Neoliberalismus bezeichnet,

eine Komponente haben, die man als progressiv bezeichnen kann,

wo eben tatsächlich Gruppierungen,

die marginalisiert waren, lange Zeit sichtbare geworden sind,

ihre Anliegen lautstärker vortragen konnten

und dann auch mehr Rechte bekommen haben, nicht?

Und die gleichgeschlechtliche Ehe war ein Punkt,

wo sich konservative Rechte lagen sie nicht lange,

aufgeregt haben, sehr lange dagegen waren.

Das ging ja auch nur step by step,

eine völlig gleichberechtigung überhaupt möglich war, nicht?

Also man hat ja alles Mögliche versucht, um zu sagen,

nee, also das darf keine Ehe sein, nicht?

Und wie da ein Durchbruch gelungen ist,

war schon klar, diese Kontroversen, die können aufgegriffen werden

und die wurden dann eben auch aufgegriffen durch die autoritäre Rechte.

Damit verknüpft sind und schon vorher war eben auch

eine größere Sichtbarkeit von Frauen in der politischen,

in der ökonomischen Öffentlichkeit,

nicht Quotenregelungen in ganz unterschiedlichen Bereichen,

die ja von den Rechten auch abgelehnt werden,

weil's ihrem Frauen, ihrem Geschlechterbild widerspricht.

Und da würde ich schon sagen, das sind lange Veränderungen,

die die Gesellschaft in Österreich zutiefstransformiert hat,

die aber eben auch gepaart war mit Sozialabbau.

Und ich glaube, das ist auch eine Entwicklung, die reinspielt

und die dann die rechten Akteurinnen aufgreifen

und versuchen dann Zusammenhang herzustellen.

Also das seht ihr, was ihr davon habt, nicht?

Also wir haben Lohnverluste oder zumindest Einfrieren von Löhnen

und dafür gilt es dann, auf der rechten Seite Sündenböcke zu suchen.

Das sind klarerweise Migranten und Migrantinnen,

aber das sind eben auch gut ausgebildete Frauen.

Und deshalb würde ich diesen Diskurs und ich nenne das,

deshalb auch in dem Buch eine Konjunktur,

also eine Zusammenwahl von ganz unterschiedlichen Entwicklungen.

Und mein Ausgangspunkt für meine Forschung war zu fragen,

warum sind es oder warum wären diese Parteien hauptsächlich von Männern gewählt?

Und das ist ja was, was erklärungsbedürftig ist,

liegt aus meiner Forschungserfahrung jetzt daran,

dass es beispielsweise ihnen gelingt, mit diesem Geschlechterthema,

mit dem Queerthema Männer als Opfer zu präsentieren.

Und deshalb habe ich dann auch, ist für mich ein Begriff auch ganz zentral,

diese Antiqueer, Anti-LGBT, IQ, antifeministische Perspektive,

ist sowas wie eine männliche oder maskulinistische Identitätspolitik.

Also da sollen Männer gefangen werden.

Vielleicht gehen sie nicht von Männern gewählt, aber von Frauen geführt,

wenn man sich die Parteien in Deutschland, Italien oder Frankreich anschaut.

Klar.

Aber ist es nicht auch so vielleicht, kurz inzwischen frage ich auch an,

es ist ja auch viel einfacher als Partei, auch als rechte Partei,

aber nicht nur als rechte Partei, auf solche Themen zu setzen,

als mit ökologischen, ökonomischen sozialen Themen in die Debatte zu gehen,

weil es halt auch, wie soll ich sagen, viel emotionaler,

viel schneller Emotionalität hergestellt wird.

Also ist das nicht vielleicht auch ein Kalkül dahinter,

man kann halt schnell Aufregung und Emotion erzeugen und auch Hass?

Vielleicht eben kurze Ergänzung auch zu ihrer historischen Rückschau.

Also als wir dieses Buch über Political Correctness vor zehn Jahren geschrieben haben,

wirkte alles so, als gäbe es einen liberalen, sozusagen liberales Vorwärts.

In Amerika gab es einen schwarzen Präsidenten in Deutschland,

eine Frau als Bundeskanzlerin und eine Schuldenausminister.

Also die Zeichen stimmten.

Und was wir aber nicht erlebt haben, war sozusagen ein liberaler Fortschritt,

was eben auch mit einer veränderten Mediensituation zu tun hat.

Und damals waren die sozialen Medien vor zehn Jahren noch nicht so wirkmächtig,

jetzt ziehen sie es.

Und diese populistische Politik der Emotionalisierung, der emotionalen Radikalisierung,

sucht sich ständig neue Objekte.

Also Diskussionen über Abbau von Arbeitskräften

oder das sozialen Situation leinerziehender Mütter mag weniger spannend sein

als irgendwie eine Drag Queen, die rein visuell schon mal sozusagen die Anliegen einer freien,

einer Minderheiten schützenden Bewegung karriktiert.

Aber allerdings so wichtig wahrscheinlich dieser antifeministische

und Kampf gegen Frauenrecht ist auch sein mag,

innerhalb dieses rechtspopulitischen Spektrums.

Die Themen sind ja auch relativ beliebig.

Das kann mal der Flüchtling sein aus dem nahen Osten 2015.

Die FPÖ machte Wahlkämpfe aber auch mit Rauchverboten

oder wie jetzt mit dem Schnitzel im niederösterreichischen Wirtshaus.

Oder der Bundeskanzler mit der Autonation Österreich,

also sozusagen so diese emotionalen Trigger,

die durch soziale Medien natürlich eine unglaubliche Wirkmacht inzwischen haben

und auch eine Radikalisierungsmöglichkeit,

die scheinen mir manchmal auch über so relativ beliebig zu sein.

Ich würde gerne in einer zweiten Runde, ich gebe Ihnen gleich das Wort vor,

aber ich würde gerne in einer zweiten Runde jetzt auch ein bisschen in Richtung Perspektive,

wie kommen wir, was tun wir dagegen, kommen, damit, ich glaube, in der Analyse

und so, das haben wir jetzt recht tiefgründig und auch breit diskutiert,

aber die spannende oder die wichtige Frage ist ja vor allem auch, was tun.

Sie haben unter anderem erzählt, dass es dazu ja auch schon konkrete Überlegungen

in anderen Ländern gibt, die man vielleicht nach Österreich importieren könnte.

Gerne, ich würde gerne auf zwei Punkte, die schon gefallen sind.

Man merkt, die erfahrene Politiker.

Naja, und vorher schon lange, zehnte, lange als Proaktivistin zu spielen,

weil Begezauer die Frauenkonferenz in Beijing vor fast 30 Jahren erwähnt hat.

Stimmt, zu der Zeit hat es begonnen, diese Kooperation zwischen den auch den verschiedensten Weltreligionen.

Ich habe das selber auch in Cairo bei der Bevölkerungskonferenz,

wo die alle, also die Tawatekan und iranische Mullahs fast Hand in Hand versucht haben,

diverse Rechte zu verhindern.

Und wir haben auch in diesem Buch genau, nämlich was nämlich 1995 auch passiert ist in Beijing,

wo das erste Mal eine deklariert lesbische Frau zum Plenum der versammelten Staatengemeinschaft gesprochen hat.

Der Südafrikanerin Bevalidizi, die jetzt auch in einem Film darüber gemacht hat,

es gab das erste Mal ein Zelt für Lesben, also ein Dach über dem Kopf bei einer in einem NGO-Forum

und die ganze Geschichte drum herum, wie das war.

Also es passt genau zusammen diese Zeit, wo es mehr Sichtbarkeit jetzt der LGBT-Bewegung gibt.

Schon seit den 80er, aber den 90er Jahren ist das schon noch sehr viel mehr geworden.

Und dann gleichzeitig diejenigen, damals vor allem aus den diversen Religionen

und zu Hause konservativen Parteien, die gefunden haben, das wollen wir nicht.

Und das hängt auch mit dem, was Begezauer gesagt hat, und sie auch vergötzt,

mit dem geschlechterrollen Bild zusammen, was, wie sollen Frauen sein und wie sollen Männer sein?

Und da kommt Herr Tussini, weil sie jetzt die Autokampagne des Herrn Bundeskanzlers erwähnt haben,

der spricht auch tendenziell eher Männer an und in ihrem Verhalten und in ihrem, wie sie leben wollen.

Und insofern passt das leider auch jetzt, was Ökologie betrifft, auch wieder zusammen.

Und jetzt komme ich auf Ihre Frage, ja.

Wir haben im Europaparlament vielleicht das auch noch zu erzählen.

Ich habe vor zehn Jahren im Europaparlament begonnen, einen Bericht zu machen,

wo wir gefordert haben, eine Strategie gegen Homophobie und sozusagen jene,

die sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität bekämpfen.

Und das wurde dann im Februar 14 abgestimmt, erfolgreich.

Die Strategie gab es jetzt erst vor zwei Jahren von der Kommission, aber immerhin.

Und in dem Vorfeld haben diese rechtsextremen, oder rechtsextremen,

rechtskirchlichen, katholischen Gruppierungen wie Asteoiraus Spanien,

und da gab es Wachs noch gar nicht.

Das waren auch Teile der spanischen Volkspartei, ja, mit Oppositee Connections.

Citizen Go, und auch in Polen hat es eingegeben, begonnen,

da Massenmails an uns zu schicken, an alle Abgeordneten.

Meine Website wurde gehackt, damals war es natürlich nicht von wem.

Es ist trotzdem gelungen, das durchs Parlament zu bringen.

Und in der Folge dieser Angriffe auch auf diverse Rechts,

oder das waren ja nur Entschließungsanträge, das waren ja dann mal gesetze europäische,

es hat 2020 von meiner Nachfolgerin als Vizepräsidentin MP, Hedy Hautala,

die hat den Auftrag einer Journalistin und Wissenschaftlerin gegeben,

der Elena Sacharenko, über Anti-Gender-Mobilisations in Europa,

einfach zu schauen, einmal zusammenzufassen, wer sind die,

warum machen sie das, mit welchen Parteien kooperieren sie,

wenn sie nicht selber Parteien sind,

auf dem Web zu finden und auf der Website von der Hedy Hautala.

Und die haben sehr wohl auch dann so Empfehlungen gegeben.

Das ist vor allem auch an Politikerinnen, aber auch Aktivistinnen und Aktivisten richtet.

Und eines, was mir wichtig erscheint, dass diesen Empfehlungen war,

dass man nicht diejenigen, die diese Genderideologie

und die Anti- auch sexuelle und reproduktive Rechtekampagnen machen,

dass man die nicht unbedingt, wenn sie Parteien sind,

mit ihren Wählern und Wählerinnen, mit allen verwechseln sollten.

Also das ist sehr wohl auch bei den Wählerinnen und Wählern dieser Gruppe,

in welche gibt die aus verschiedenen Gründen mitmachen,

aber das ist sehr wohl, und das ist der zweite Punkt, auch notwendig ist,

mit, nicht vielleicht nicht mit den Führungskräften dieser Gruppierungen,

auch Gespräche zu tun, aber sehr wohl auch mit jenen,

die dazu tentieren, die dann zu wählen,

weil sie aus verschiedenen, aus Ängste im sozialen Bereich gerade jetzt in dieser Zeit,

und das ist schon 2020 gemacht worden, aber es ist sehr aktuell.

Und das Dritte ist, dass es wichtig ist bei den, auch den Bewegungen,

die sich pro LGBTI-Rechte und Frauenrechte aussprechen,

dass man nie vergessen darf, auch soziale, ökologisch und andere Aspekte hineinzuholen.

Und nicht nur zu denken, das ist das einzige Thema, das wichtig ist.

Also das wären so die drei Punkte, die da zumindest vorkommen.

Und die mir durchaus legitim erscheinen.

Frau Sauer, also quasi auch jetzt in die, ins Policy Making,

ins Policy Making Comment, dass ich es rausbringe,

die Rolle von Mitteparteien wird ja da auch immer wieder hinterfragt.

Also was passiert, wenn sich klassische Volksparteien annähern an solche Positionen?

Es wurde erwähnt, die CSU, aber auch die ÖVP in Österreich,

da haben wir ja doch auch immer wieder quasi das Thema Gender

in einem sehr negativen Zusammenhang gehört.

Was ist quasi die Aufgabe von Mitteparteien in so einer Situation?

Die Mitteparteien sind natürlich auch sehr heterogene Gebilde,

muss man schon sagen, mit ganz unterschiedlichen Flügeln,

die mit beziehungsweise auch gegeneinander kämpfen,

und wo sich jetzt gerade vor der Herausforderung rechter Parteien

dann oft auch sehr reaktionäre konservative Flügel auch durchsetzen konnten

oder eben versucht haben, dann rechte Ränder in Wahlkämpfen,

in der politischen Mobilisierung dann doch auch abzuschöpfen und dahin zurück.

Ich glaube, die Erfahrung von solchen konservativen Parteien,

das ist der Partido popular in Spanien, wie auch die CDU in Deutschland

oder auch die ÖVP hier ist, dass damit nicht wirklich Wahlen zu gewinnen sind

und die Wählerschaft zu überzeugen ist, nicht?

Von daher würde ich denken, dass sich auch konservative Parteien,

auch wenn sie gerade ein christliches Weltbild haben,

sich möglicherweise auch noch mal auf andere Komponenten,

dieses christlichen, nämlich soziale Komponenten auch besinnen sollten

und ich würde schon denken, dass liberale Demokratie,

ich glaube, das ist der Punkt, den Ulrike Lunacek gerade auch angesprochen hat,

dass liberale Demokratie nur funktionieren kann,

wenn es auch ein sozialstaatlich abgesichertes Fundament hat.

Von daher denke ich, dass sich alle Parteien, die sich als demokratisch verstehen,

tatsächlich auf eine solche sozialstaatliche Politik besinnen sollten

und eben sehen sollte, was der Sozialabbau, der Abbau im Gesundheitssystem,

der jetzt gerade in Österreich als wirklich desaströs sich herausstellt,

das, was das eben auch mit den Bürgern und Bürgerinnen gemacht hat,

nicht? Und ein deutscher Kollege hat den Begriff der autoritären Versuchung geprägt

und ich denke, diese autoritäre Versuchung entsteht bei den Bürgern und Bürgerinnen

eben nicht aus dem Nichts, sondern genau aus einer Vernachlässigung,

genau dieser sozialen Frage von sozialen Bedürfnissen

und ich denke, eine ganz zentrale Strategie aller Parteien

sollte tatsächlich sein, dadurch wieder nochmal einen anderen neuartigen sozialen Kompromiss zu schließen,

der Frauenrechte, Queererechte, aber der eben auch die Frage von Umwelt mit einbeziehen muss,

denn anders als mit Umweltfragen ist, glaube ich, heute am Beginn des 21. Jahrhunderts

ein neuer Sozialkompromiss nicht zu machen.

Frau Götz, Sie haben die Medien angesprochen und auch kritisiert in der Art und Weise, wie Sie berichten.

Deswegen jetzt die Frage an Sie, was sollen Medien besser anders machen?

Punktuell habe ich Sie schon erwähnt, also ich glaube, es ist halt sehr wichtig,

auf rechtsextreme Strategien nicht reinzufallen und das bedeutet natürlich auch diese zu kennen.

Das heißt, rechtsextreme arbeiten sehr viel mit Skandalen, mit Tabubrüchen, mit Emotionalisierungen

und ich glaube, da ist es wichtig, genau das zu durchschauen und sich halt fragen,

ist diese Nachricht tatsächlich berichtenswert, wie kann ich darüber berichten

und wie kann ich auch zur Meinungsbildung beitragen, ohne dass ich diskriminierendes Gedankengut wiedergebe?

Weil ich glaube schon, dass man als Journalist und Journalistin auch so etwas wie einen journalistischen Ethos hat

und der bedeutet eben auch, diskriminierende Ideologien nicht zu reproduzieren

bzw. nur dort zu zitieren, wo es notwendig ist

und da würde ich mir eben stärker wünschen, eine Einbettung von entsprechenden Zitaten

in Analysen von Expertinnen und Experten

und dazu gezählt natürlich auch beispielsweise die Bilder nicht zu reproduzieren von den Selbstinszenierungen.

Auch sich anzuschauen, sind bestimmte Gruppen gerade überhaupt von Relevanz?

Also sozusagen diese Resonanzräume, die Sie oftmals auf Social Media haben,

wo sehr viel geteilt wird, wo der Eindruck entsteht,

dass bestimmte Gruppen, bestimmte Einzelpersonen, bestimmte Themen gerade total überrepräsentiert sind

im Vergleich zu anderem tagespolitischen Geschehen, sich da halt eben auch gut zu überlegen,

ob das in Relation steht oder ob das vielleicht einfach auch bestimmte Filterblasen sind,

die da zum Einsatz kommen bzw. es gibt ja auch orchestrierte Kampagnen von rechter Seite,

die versuchen bestimmte Themen zu pushen und deshalb eben zu demaskieren

und sehr sorgfältig in dieser Hinsicht umzugehen,

um halt eben nicht, wie ich schon erwähnt habe, dazu beizutragen,

dass eben so Schlagworte wie Kulturkampf, umstrittene Veranstaltung

oder auch der Terminus Frühsexualisierung, der ein ganz klar rechter Begriff ist

und was versucht anzubringen, was eigentlich in der Pädagogik ganz klar als positiv bewertet wird,

also Kindern und Jugendlichen von früh auf beizubringen, wie Sexualität funktioniert

und dass es viele geschlechtliche Identitäten und Begehrensformen gibt

und dass die ganz klar nebeneinander stehen können und alle gleich viel wert sind.

Das sind ja alles Themen, die für Kinder überhaupt kein Problem sind,

wenn sie adäquate Erklärungen bekommen.

Und das gleiche gilt auch für Sexualität.

Also die Rechten behaupten ja, Kinder hätten keine Sexualität.

Und das ist einfach kompeter.

Kinder hätten keine Sexualität und das stimmt natürlich nicht,

weil die körperliche Integrität von Kindern wird ja sehr oft überschritten

und gerade sexuelle und geschlechtliche Bildung der Vielfalt zählt ja auch,

darauf ab Kindern irgendwie beizubringen, ihre eigenen körperlichen Grenzen wahrzunehmen,

auch zu erkennen, wann Erwachsene irgendwie ihre Grenzen überschreiten

und in Wirklichkeit ist genau diese Form von Bildung eine ganz wichtige Prävention auch gegen Missbrauch.

Jetzt bin ich von den Medien ein bisschen weggekommen,

aber ich wollte einfach noch mal in den Vordergrund stellen,

warum es so wichtig ist, diese Begrifflichkeiten, die ja letztlich auch Bekampfbegriffe sind,

die ganz gezielt eingesetzt werden, nicht zu übernehmen.

Damit sind wir auch am Ende der Sendezeit und haben einen breiten Bogen gespannt.

Danke vielmals fürs Mitmachen.

Ich bedanke mich für Ihr Interesse.

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Ich darf mich verabschieden im Namen des gesamten Teams und bis zur nächsten Sendung.

Sie hörten das Falter Radio, den Podcast mit Raimund Löw.

Copyright WDR 2021

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Rechtspopulisten entdecken die Kultur als politische Kampfarena für sich. Warum Rechte auf den Zug der "Anti-Wokeness" aufspringen und was gegen den Backlash getan werden kann, diskutieren bei Barbara Tóth: Ulrike Lunacek (ehem. Vizepräsidentin im Europaparlament), Birgit Sauer (Politologin, Uni Wien), Judith Götz, (Rechtsextremismusforscherin, Uni Innsbruck) und Matthias Dusini (FALTER).

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