11KM: der tagesschau-Podcast: Klima, Monster, LNG - eine USA-Reise
tagesschau 6/12/23 - Episode Page - 31m - PDF Transcript
Ohne sie steht unsere moderne Welt still. Es fährt kein Auto und der Kochtopf bleibt kalt.
Segen und Fluch zugleich.
Erdöl und Erdgas, die Monster der Vergangenheit, ohne die wir nicht können, so lange wir mit dem
Ausbau der erneuerbaren Energien nicht schneller vorankommen. Jetzt soll Flüssig-Erdgas kurz
LNG als Übergang helfen. Aber ist das wirklich so eine gute Idee? In Wilhelmshafen ist das erste
deutsche Terminal für den Import von Flüssig-Erdgas im Betrieb genommen worden. Mit dem per Schiff
gelieferten Gas sollen die Pipeline-Importe aus Russland ersetzt werden. Ihr hört FKM, der
Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe. Und heute reisen wir in die USA, dorthin,
von wo ein Großteil unseres Flüssig-Erdgases kommen soll. Dort hat sich Michael Höft angeschaut,
wie das Erdgas aus dem Boden geholt wird. Für die ARD-Doku LNG um jeden Preis. Es geht um
strahlende Stiefel, heilige Wasserquellen und besondere Kameras, die gassichtbar machen.
Mein Name ist Victoria Michaelzack. Heute ist Montag der 12. Juni. Michael, herzlich willkommen.
Grüß dich. Hallo. Wir sind als erstes nach Texas geflogen. Da sind mit die größten
Öl- und Gasfelder Nordamerikas. Da sind wir hingefahren, weil da kommt zum großen Teil das
im Moment so gelobte LNG-Gas her. Wir sind im Permian, das ist das Grenzgebiet zwischen Texas und New
Mexico. Und es sieht heute eigentlich aus wie eine Wüste. Das war es aber nicht immer. Das war
eigentlich mal das größte zusammenhängende Grasland Nordamerikas, wodurch aus einiges gewachsen ist,
weil nun aber auch die Gas- und Ölindustrie eine Menge Wasser braucht. Unter anderem fürs
Frecken wird halt das wenige Wasser, was da ist, verbraucht. Und inzwischen ist es eine absolute
Wüstenlandschaft. Und dort stehen unzählige Gasbohrtürme, Ölbohrtürme. Und das ist gewaltig,
das zu sehen, weil man kommt sich fast vor wie in einer Mondlandschaft oder wie eine Landschaft
aus einem Spielfilm, wo man denkt, gibt es das überhaupt? Und da standen wir dann irgendwann mit
unserem Wagen mittendrin und zu allen Himmelsrichtungen gibt es nichts als Bohrtürme. LNG, also die
englische Abkürzung, Liquified Natural Gas. Das ist ja hier in Deutschland ein heiß diskutiertes
Thema. Deswegen hast du dich auf den Weg gemacht, um dir genauer anzusehen, wo das Flüssiggas herkommt.
Und du sagst, wir waren da mit dem Auto mittendrin, mit wem warst du dort? Ich war natürlich nicht
allein. Wir waren unterwegs mit Charlie Barrett, der ist Ökologe von einer Umweltorganisation
Earthworks, heißen die. Und die waren eben dort unterwegs. Da sind dort auch schon länger unterwegs
mit einer Methankamera. Methan ist Erdgas, also das, was wir hier auch verbrennen, ist eben Methan.
Aber Methan wird eben teilweise nicht komplett abgefangen, sondern sozusagen aus diesen Bohrlöchern
dritt es zum Teil auch aus. Und auch das Problem ist, wenn Bohrlöcher nicht mehr so ganz toll
funktionieren, also nicht mehr so viel rauskommt, müsste man es eigentlich aufwendig verschließen,
also den praktischen Propfen drauf tun. Und das machen die aber nicht, weil es einfach so teuer ist,
dass wir ihn lassen, sie ist einfach offen und das Methan strömt er halt raus. Also wie so ein
Gasleck.
Das Verrückte ist, dass man Methan nicht sehen kann. Also wenn du da rumfährst, siehst du nirgendwo,
dass irgendwo was imitiert wird in die Luft. Und dann nehmen die diese Kamera hoch, das Ding
sieht irgendwie aus wie so eine alte VHS Kamera. In Wirklichkeit kostet ihr aber über 100.000 Dollar.
Und dann nehmen die die hoch und man guckt dadurch und man sieht, an allen Ecken und Enden wird es rot
und gelb. Und man sieht eben diese Mengen an Methan, die da entweichen. Und diese Kamera kann das dann
halt visualisieren. Und da steht man wirklich wie angewurzelt vor dieser Kamera und denkt, okay,
das fasse ich jetzt gar nicht. Ich stehe hier mitten in der Wüste, da ist so ein kleiner Metallstab in
der Erde, der eigentlich nach überhaupt nichts aussieht, wo ich denke, okay, steckt halt Metallstab
in der Erde. Und dann guckt man durch diese Kamera durch und dann kommen da diese irrsinnigen
Emissionen raus von Methan. Also diese teure Spezialkamera, die der Ökologe Charlie da mitgebracht
hat, die zeigt dir, dass da Unmengen von Methan einfach so in die Luft abgegeben werden. Also das ist
ja eigentlich gar so, wenn man heizen oder kochen könnte, aber weil die einfach so viel Gas dort
haben, handelt es sich da eher um Reste, um die sich die Förderunternehmen nicht mehr kümmern.
Eigentlich könnten sie es wenigstens abfackeln. Dann würde wenigstens 90 Prozent dieses Methans
verbrennen. Selbst das machen sie aber nicht, weil es ihnen zu aufwendig ist. Sie lassen diese Löcher
einfach offen stehen, dass Methan entweicht. Es ist extrem klimaschädlich, aber es zuzumachen
würde einfach Geld kosten. Und das müssen sie nicht. Sie sind dazu nicht verpflichtet,
also machen sie es nicht. Methan, was nicht verbrannt wird und was einfach in die Umwelt
imitiert, ist eben sehr problematisch dadurch, dass es ein absoluter Klimakiller ist. Wir reden hier
meistens immer von CO2 und von unserer CO2-Bilanz und das CO2 ein Problem ist. Aber Methan ist ein
enormes Problem, teilweise sogar ein größeres Problem als CO2, weil es nämlich deutlich klimaschädlicher
ist. Es berechnet so auf 20 Jahre. Es ist fast 100 Mal so klimaschädlich wie CO2. Auf 100 Jahre
gerechnet ist es 25-mal immer noch so klimaschädlich wie CO2. Also in unserer Lebenszeit, sozusagen in
der Lebenszeit, unser Kinder ist Methan wesentlich klimaschädlicher als CO2. Deswegen ist es ganz
wichtig, das eben einzufangen. Also auf deiner ersten Station in den USA hast du gesehen, wie Methan
bei der Erdgasförderung austreten kann. Nicht gut fürs Klima, aber in den USA wird ja nicht nur
klassisch nach Erdgas gebohrt, sondern es wird auch viel gefreckt. Wo war ich denn danach? Wo ist die
nächste Station? Wir sind weiter gefahren nach New Mexico und zwar in den Chaco Canyon. Das ist eine
sehr beeindruckende Landschaft und das nennt sich der Chaco Canyon. Das sieht ein bisschen so aus wie
alle kennen ja wahrscheinlich Bilder vom Grand Canyon und es hat sehr große Ähnlichkeit damit,
wie sind Landschaften. Es sind wirklich tiefe Canyon mit hohen dramatischen Bergen. Es ist eine
wunderschöne Landschaft und wenn du da durchfährst, denkst du das ist Natur, hier ist überhaupt gar
nichts und dann fährt man um eine Kurve rum und auf einmal sieht man hinter der Kurve eine riesige
Bohranlage oder in der nächsten Kurve sieht man große Tanks auf einmal stehen und da weiß man,
dass das eben keine unbeflegte Landschaft mehr ist. Das ist das Gebiet der Navajos, der Native
Americans, die dort leben und die leben in kleinen Siedlungen, also nicht wie wir uns Dörfer vorstellen,
sondern meistens sind da so drei Häuser zusammen und es ist aber im Verhältnis zu amerikanischen
Standards, die ja tendenziell eigentlich immer große Häuser haben, ist es eigentlich ein Schuppen.
Also sie leben wirklich relativ einfach in Holzhütten und war es auch noch relativ kalt,
als wir da waren. Man denkt immer New Mexico, das ist immer heiß, aber wir waren im Februar da
und da waren es minus 20 Grad und das waren kleine Holzhütten, wo die Drehleben, die eben
wahnsinnig ausgekühlt waren und da haben wir den abends gesessen mit unseren Downjacken an und
der Kamin brannte, aber hat auch nicht genug Hitze geliefert, dass wir uns da wohl gefühlt haben,
aber die Begegnung war als großartig. Und ein eben der Natives, der Mario, hieß der,
ein total toller Typ und mit dem saßen wir abends dann in seinem kleinen Häuschen, es zog,
irgendwie ein Kamin war an und ein bisschen Feuer brannte und dann erzählte er uns, was er von
Gas und von Öl und von diesen ganzen Produktionen hält, die ihm auch in den Reservaten dieser Natives
stattfinden. Und was hat der Mario erzählt? Dass sein Land vergiftet wurde. The oil and
gas companies have poisoned my land, our spewing toxic air into our airscape. Last year there was
over 100 spills. Die hatten ein Lack in einer Pumpstation bei ihm in der Nähe, wo halt nach Gas
gebohrt wird und da ist verseuchtes Wasser vom Fracking auf seinen Grund gelaufen und hat die
ganze Erde verseucht dort. My family's land is around here and this is a well around there and look
at the air quality around it. Also da wird gefracked und das merken die Menschen dort in direkter quasi
Nachbarschaft direkt da, wo die Menschen leben. Direkt da, wo die Menschen leben wird gefrackt und
wenn was passiert ist, ist die Industrie noch nicht mal verpflichtet, das zu regulieren,
sondern sind nur verpflichtetes zu melken. Also die haben eben eine Bohrstelle und dort wird ein
Chemikalienwasser-Sandgemisch unter extremen Druck runtergepresst und mit diesem Fracking-Vorgang,
eben mit diesen Chemikalien und dem Druck, brechen sie das Schiefergestein auf und dann kann das
Gas raus strömen. Das Problem ist, dass das, was man unten rein drückt, nämlich die Chemikalien,
kommen dann natürlich mit dem Gas auch wieder raus und dieses Zeug muss man natürlich gut
entsorgen und wenn man das nicht macht, ist es halt ein Riesenproblem und wenn du damit nicht
extrem sorgsam umgehst, ist das halt verheerend, wenn das in die Umwelt oder ins Wasser kommt. Also
was heißt das genau? Was heißt verheerend? Was passiert dann? Kann man da krank werden? Du vergiftest
die Leute. Also das ist halt die Chemikalien vergiftet, die Leute haben sehr hohe Krebsraten
dort. Also das ist wirklich richtig giftiges Zeug. Also mit den Gesundheit den Folgen ist
natürlich immer ein weites Feld, das ist relativ schwer. Die Krebsraten sind sehr hoch. Das kann
man auch nachweisen bei den Navajos, aber auch bei den Weißen, die in dieser Region leben. Die haben
halt alle sehr, sehr hohe Krebsraten. Wie immer in diesen Sachen ist es wahnsinnig schwer, das
nachzuweisen. Also woran liegt es wirklich? Also die Industrie sagt ja, aber wir können nichts dafür.
Sind die dem denn einfach da ausgeliefert? Also ich meine, es gibt auch in Amerika
Regularien und Umweltschutzgesetz, oder? Ja, das ist halt doch der Unterschied zwischen einem
wirklich krassen Kapitalismus und so einem abgemilderten Kapitalismus, wie wir ihn hier haben.
Dort hat halt die Öl- und Gasindustrie sehr viele Rechte und sehr wenig Pflichten. Das ist wirklich an
anderes Kalibre und die hatten ja auch wahnsinnig auf die beiden Regierungen gehofft, dass sich da
irgendwas ändert. Die hatten das im Wahlkampf auch versprochen, die wollen das ändern, die wollen
nicht mehr, das ist ja im Methan nicht mehr so ausgestoßen wird und passiert ist halt wohl so gut wie gar nichts.
Sie müssen es nicht regulieren. Sie müssen keinen Schadensersatz zahlen. Sie müssen es nur im
Welten und der Mario saß dann da und hat ein verseuchtes Land. Und wenn du dein Land vergiftet
bekommst, dann musst du halt zusehen, wie du selber damit fertig wirst. Deswegen versuchen die ja auch
ein Stück weiter gegen zu kämpfen, weil das ist deren Heimat. Das ist für die wahnsinnig
wichtig. Das sind die heiligen Berge. Sie nennen das alles Secret Places. Also die haben dort ihre
Berge, die haben alle eine Bedeutung. Sie haben die Quellen, die haben eine Bedeutung. Deswegen
können die auch nicht einfach sagen, wir packen unsere Koffer und gehen woanders hin, weil erst
mal ist das deren Reservatsland, das ist ja deren Land. Und sie versuchen sich da halt gegen zu
wehren. Es funktioniert mal besser und mal schlechter. Aber das Problem ist halt, dass sie dort immer noch
nach Gas bohren, auch aktuell und auch neue Bohrungsorte erschließen und sie aber relativ
wenig was dagegen tun können. Weil manchmal kriegt dann irgendjemand dem dann vermeintlich
das Land gehört von den Natives, ein bisschen Geld, dann unterschreibt er das. Man weiß nicht
genau, was hier das Unterdruck passiert, weil sie einfach nicht genau wissen, was sie tun oder
sie sagen, unterschreibt das hier mal, sonst enteignen wir es sowieso und dann unterschreiben
es unter Druck. Es ist ein sehr schwieriges Unterfangen da so richtig hinter zu blicken,
aber auf jeden Fall wollen sie dort nicht weg. Und der Mario hat uns dann erzählt und das fand
ich sehr ergreifend, als wir da abends saßen, sagt er, für seinen Volk ist Öl und Gas. Das sind
die Monster, die früher unter die Erde verbannt wurden.
Und es hat einen guten Grund, dass sie unter der Erde sind. Denn wenn man sie wieder raufholt, dann sind
Monster wieder das, was Monster sind. Sie fressen einen auf oder sie vergiften einen. Und das ist
für die Navajos halt sehr real, weil teilweise werden ihre Felder vergiftet. Da ist die Erzählung
vom Volk der Navajo ja sehr nah an der wissenschaftlichen Realität auch dran, tatsächlich.
Ja, das ist halt sehr bildlich. Man denkt sich so, manchmal in anführenden Stichelchen so naiv,
wie es dann klingen mag, so wahrhaftig ist es aber auf einmal auf der anderen Seite.
Das hat ja also der Mario, der Native American erzählt. Und jetzt weiter mit unserer LNG-Reise
durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Michael, wir waren in Texas und New Mexico. Wo geht's
jetzt hin? Als nächstes sind wir deutlich weiter in den Norden, nämlich in das Dreiländereck von
Ohio, West Virginia und Pennsylvania. Also wir sind nach Pittsburgh geflogen. Das war ja ursprünglich
mal so die Stahlhauptstadt der Region. Und das ist halt fast weg. Deswegen waren die Leute da ganz
froh, dass die eben große Mengen Gas und Öl in der Region gefunden haben. Und dort wird halt
überall gebohrt und ja, man fährt da und sieht sehr, sehr viel Industrie, die in diesem Öl- und
Gasverarbeitenden-Metier tätig sind. Und ja, ansonsten ist das halt eine sehr, sehr bewohnte
Ecke. Man sieht viel Städte, viele kleine Orte. Du warst auch da in Ohio nicht alleine. Wer war
dabei? Justin Noble, das ist ein Journalist, der sich seit Jahren extrem mit dem Thema Fracking
beschäftigt. Und der hat uns eben dort rumgeführt, weil alleine wär man da ein bisschen verloren
gewesen und der hat uns da rumgeführt und zu Menschen gebracht und zu diesen Orten eben gebracht,
die wir sonst auch gar nicht gefunden hätten.
Interessant war das Justin, die sagt zu Justin, du, ich würde gerne mal eine Fracking-Stelle sehen,
wo wirklich gefracked wird. Und das kann man nicht nachschlagen und das kann man nicht googeln,
wo wird gerade gefracked, sondern er sagt, ja, findet man nicht, weil das ist alles immer relativ
geheim. Aber wir machen ganz einfach, fahr einfach hier diesen Laster hinterher, die Sand transportieren,
weil Sand braucht man eben auch für diesen Fracking-Vorgang. Fahre einen, kommen wir,
wir fahren einfach einem Wagen hinterher. Da sind wir einfach einen in diesem Wagen eineinhalb
Stunden hinterhergefahren und dann waren wir in so einer riesigen Fracking-Stelle, wo halt direkt
sozusagen gefracked wurde, als wir da waren. Und davor stand dann ein Haus und neben dem Haus
stand eine kleine Rutsche, eine kleine Schaukel. So, we're now in a community and you can see right
here is the fracking operation. And when I see this, it is really tragic to me. As you can see,
there's a home right here. There are children here, we know, because there's playground. Da wird
halt gefracked an jeder Ecke, also wirklich in Wohngebieten. Da sind teilweise Kindergarten
und überall wird gefracked. I spoken to many parents and children who live next to fracking sites.
Often it might start just with a cloth. What? Neben dem Kindergarten oder wie?
Es war eine Fracking-Station wirklich, die hatte einen Zaun zu einem Kindergarten, direkt.
Interessante, weil es ist gar nicht so groß, wie ein Fußballfeld. Da wird dann erst mal ein
Riesenturm aufgebaut und da ist irrsinnig viel los, weil dann pressen sie eben diesen Chemikalien-Gemisch
in den Boden. Wenn sie das aber einmal gemacht haben, dann bauen sie es wieder ab und dann
sprudelt es von alleine und dann sieht das gar nicht so spektakulär aus. Das ist ein betoniertes
Fußballfeld mit ein paar großen Gas-Hähnen dran, nenne ich das mal. Und das sieht eben gar nicht so
dramatisch aus. Ja, und dann hast du da diese Fläche und dann hast du ein Zaun-Unternehmen.
Es ist ja Kindergarten und auf der anderen Seite ist ein Wohnhaus. Wahnsinn, das hätte ich gar nicht
gedacht. In Deutschland muss man sagen, undenkbar, hier musst du Mindestabstände halten, wenn
irgendwie Industrie hast du sowas. Und das gibt es alles in den USA eben nicht. Das war auch wirklich,
man merkt das eben, dass eben nach Jahren, dass sie das wirklich berührt, weil er kennt ganz
viele Leute, ganz viele Kinder auch, die erkrankt sind und es fielen diesen Fällen hinterhergegangen
und das zu sehen, dass, obwohl man das natürlich auch weiß und die Industrie weiß natürlich,
was sie da tut, dass es trotzdem so weiter macht.
Es gibt einige Berichte über solche Erkrankungen und Hinweise auf mögliche gesundheitliche Folgen
durch Fracking. Nachgewiesen sind solche Zusammenhänge aber bislang nicht. Dafür ist die Studienlage
derzeit zu dünn. Bisher ist also nicht klar, ob Fracking eindeutig zu gesundheitlichen Problemen
führt. Aber im Zentrum stehen dabei ja vor allem, und du hast es schon erklärt, die Chemikalien,
die damit viel Druck in die Erde gepresst werden und dann zusammen mit dem Lagerstettenwasser
beim Frackingprozess wieder hochkommen und mit dem Gas austreten. Und dieses Gemisch dieser
Abfallstoff sozusagen, der muss doch dann auch wieder entsorgt werden. Das hast du dir auch angeschaut,
oder? Erzähl mal. Wir sind dann den LKWs, die diese Giftbrühe, sage ich mal, entsorgen sollen,
hinterhergefahren. Es gibt an den LKWs, man kann es nicht sehen, dass die sowas transportieren,
weil sie nicht gekennzeichnet sind. Wir kennen ja hier, wenn wir hinter einem Benzinlaster
hinterherfahren, da sind doch mal diese gelben Schilder dran, wo 1, 2, 3, 4, 5 draufsteht und das
sagt dann, was da für eine Chemikalienmischung drin ist. Gibt es dort nicht? Die sind einfach
nicht gekennzeichnet und die haben wir verfolgt und wir sind dann geendet in einer alten Stahlfabrik,
die dort jetzt eben diesen Sondermüll entsorgen. Also ihr seid denen quasi heimlich hinterhergefahren,
einfach mal um zu gucken, wo ihr auskommt, wo der Giftmüll landet. Genau, und das ist eine alte
Stahlfabrik in einer Kleinstadt, die dort eben diesen Giftmüll, was sie damit auch immer machen,
das ist das Problem. Und wir sind aber nicht reingekommen, wir haben kein Interview gekriegt,
wir durften dort nicht drehen. Und der Justin Noble hat uns einen Kontakt gemacht zu Dr.
Yuri Gorby, den sollten wir treffen, weil wir sind nicht in die Stahlfabrik gekommen und dann sind
wir die Straßen lang gefahren. Das war so ein bisschen konspirativ, weil auf so einem Müllplatz,
nenne ich das mal, sind wir angekommen und da stand halt der Dr. Yuri Gorby mit seinem Wagen und
wir sind da ausgestiegen und dachten, okay, was will der uns denn jetzt zeigen? Und dann ging der
Kofferraum auf und im Kofferraum standen ein paar Stiefel, das stand aber nicht so, sondern
das stand in so einer Plexiglasbox. Nahm dann Geigerzähler, hielt diesen Geigerzähler an
die Stiefel und der Geigerzähler schnellte nach oben. Das hat uns ja haben.
Das sind die Stiefel eines Mannes, der in dieser Fabrik gearbeitet hat und der hat halt jeden Tag in
dieser Chemie Matsche gestanden und hat damit gearbeitet und die ist halt nicht nur mit Chemikalien
verseucht, sondern auch mit radioaktiven Material. Radium ist ein radioaktiver Komponent,
der in Bohnstruktur wiegen kann. Und so eine der commonen Symptome der Kontamination von Radium
ist die Lose der Tiefel, weil basically das Geigerzähler startet, um nicht die Tiefel zu holen.
Und dann erzählt er uns noch, dass der Arbeiter, der das für sie da rausgeschmuggelt hat,
mittlerweile schon sechs, zehn verloren hat, was wohl ein typisches Indiz dafür ist, dass er strahlen
krank ist. Hier sind wir wieder an diesem Punkt. Es ist schwer, solche Zusammenhänge zu belegen.
Oft fehlt es noch an den nötigen Studien. Es gibt aber Indizien und auch das Bundesumweltministerium
schreibt auf seiner Homepage, dass das Lagerstettenwasser, das beim Fracking austritt, teilweise
radioaktiv sein kann. Und deshalb muss man es ihm anständig entsorgen. Und die Leute in dieser
Region, das war halt ursprünglich mal ein riesiges Stahlindustrie dort und die haben halt wirtschaftliche
Probleme und die versuchen jetzt natürlich irgendwie auch Geld zu verdienen. Wahrscheinlich auch diese
Stahlhütte, die jetzt mit diesen Giftstoffen umgeht, die sind wahrscheinlich froh, dass sie
überhaupt irgendwas zu arbeiten haben, sage ich mal. Aber trotzdem muss man es natürlich richtig
und anständig machen, wo es wenn man es anständig und richtig macht, ist es teuer. Und das will
natürlich niemand bezahlen. Und um das klarzumachen, was da genau radioaktiv ist, das entsteht bei
den Gasbohrungen. Aber was genau ist das denn eigentlich, was beim Fracking radioaktiv ist,
was dann am Ende bei den Arbeitern an den Stiefeln dran ist?
Nee, es entsteht überhaupt nicht. Also es ist praktisch in dem Boden drin. Das ist natürliche
radioaktives Material, was in diesen Schichten vorkommt. Das hat mich sehr überrascht. Ich
finde, das hat man nicht so auf dem Schirm. Nee, ehrlich gesagt, ich wusste das auch nicht. Überall
in diesen Erdschichten hast du radioaktives Material. Und dieses radioaktive Material,
was du da rausholtest, musst du halt entsorgen. Und zwar sorgfältig entsorgen. Das ist halt einfach
strahlendes Material. Michael, jetzt sind wir mit dir durch die USA gereist, um zu sehen,
woher ein Teil des Erdgasestammt, das als LNG zu uns nach Deutschland kommen soll. Also insgesamt
LNG scheint für einige als der Hoffnungsträger. Aber wie gut ist diese Alternative denn nun
tatsächlich in deinen Augen? Also die Recherche hat ergeben, dass LNG überhaupt nicht umweltfreundlich
ist. Also LNG ist von den ganzen Quellen eigentlich die schlechteste Lösung. Mich hat das auf der
Recherche auch überrascht, weil man denkt ja erstmal, naja, ist der Gas, wenn man Gas verbrennt,
ist Gas ja erst mal besser als Kohle in dem Moment, wo man es verbrennt, weil Gas verbrennt
relativ gut. Aber wenn man die ganze Wertschöpfungskette vor Wechsel halt anguckt, ist die bei
LNG halt dramatisch. Also du meinst, die mögliche Umweltverschmutzung, die Giftstoffe,
das zusätzlich entweichende Methan. Um das alles einordnen zu können, sind wir dann an die
Cornell University gefahren nach Ithakaten, da lehrte Robert Howards. Und den haben wir dann
gefragt, ob das eigentlich überhaupt eine vernünftige Sache ist, LNG nach Europa zu
transportieren und nach Deutschland. Und der hat uns dann etwas sehr Erstaunliches gesagt, wo wir
lange darüber nachdenken mussten. Solange man keine erneuerbaren Energie hat, es gibt einfach
eine Zeit, jetzt die wir überbrücken müssen, da ist LNG die allerschlechteste Lösung.
Es imitiert Methan bei der Bohrung, es wird dann an die Küste geschafft, dort wird es runtergekühlt,
auf minus 162 Grad, das ist enorm energieintensiv, dann wird es über den Atlantik geschippert,
da muss man teilweise das Gas ablassen, das ist so eine Art Schwitzeffekt, weil es weiter
gekühlt werden muss, dort verliert man Methan, dann wird es in Deutschland oder in Europa,
wenn wieder in Gas verwandelt, dort verliert man was, am Ende verliert man irgendwas um die 30,
35 Prozent des Gases, bevor es überhaupt in Deutschland ist. Und deshalb sagt er,
am Ende ist es für Deutschland sogar besser Kohle zu verbrennen, als LNG Gas zu benutzen.
Also das ist eine, seine Expertenmeinung, es gibt glaube ich verschiedene, wie eindeutig ist das
überhaupt diese Abwägung, was jetzt besser ist? Also es ist natürlich so, dass wir mehrere Leute
gefragt haben in unserem Film und dass Methan enorm klimaschädlich ist, da gibt es keinen
Zweimeinung, also es ist extrem klimaschädlich. Nun gibt es natürlich bestimmt unterschiedliche
Berechnungen, auf jeden Fall verliert man Methan auf dem Weg und auf jeden Fall wird Methan
in großen Mengen in Amerika, in die Atmosphäre imitiert, das haben wir nicht nur gesehen mit
diesen Methankameras, sondern das kann man auch mit Satellitenbildern nachweisen, dass dort eine Menge
Methan in die Luft geht. Damit ist es klar, dass Methan ein riesiges Problem ist.
Danke Michael, dass du uns davon erzählt hast. War's gut? Ja, vielen Dank, du auch. Tschüss.
Das war unsere Folge 11KM mit Michael Höft, der sich angeschaut hat, wie das Erdgas aus dem Boden
geholt wird. Für die ARD-Doku LNG um jeden Preis findet ihr in der ARD Mediathek. Uns 11KM
gibt es in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Hat euch die Folge gefallen oder
habt ihr Anregungen für uns, dann schreibt uns euer Feedback doch per Mail an 11kmattageschau.de.
Autor dieser Folge ist Marc Hoffmann. Mitgearbeitet haben Mira Sophie Potten und Lena Gürtler,
Produktion Hannah Brünjes, Ursula Kirstein und Gerhard Wichow, Redaktionsleitung Lena Gürtler
und Fumikulip. 11KM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info. Mein Name ist Victoria
Michalsack, wir hören uns in der nächsten Folge wieder. Tschüss.
So, das waren jetzt ziemlich viele Infos über flüssig Erdgas und den Einfluss
aus Klima und die Umwelt. Wenn ihr euch noch mehr mit dem Thema LNG beschäftigen wollt,
dann empfehlen wir euch einfach mal in der App der ARD Audiothek nach LNG zu suchen. Da findet ihr
schon ganz viele Beiträge von Journalistinnen und Journalisten der ARD, darunter auch ein Bericht
vom Podcast Dorf statt Kreis. Der hat sich das LNG Terminal im vorpommerschen Lukmin angeguckt.
Hört doch mal rein und bleibt auf dem Laufenden über die aktuelle LNG Terminaldebatte in Deutschland,
wie sie aktuell beispielsweise auch auf Rügen ausgetragen wird.
Copyright WDR 2021
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat zum Umdenken in der deutschen Energieversorgung geführt: Plötzlich gilt LNG als Hoffnungsträger. Statt den Kohleausstieg zu verschieben, soll per Schiff importiertes Flüssig-Erdgas für die nächsten Jahre russisches Pipelinegas ersetzen und eine deutsche “Gasmangellage” verhindern. Aber wie sauber ist eigentlich LNG? In dieser 11KM-Folge erzählt Journalist Michael Höft von seiner USA-Reise. Dort hat er sich für die ARD Story: “LNG um jeden Preis” angeschaut, wie dort Erdgas, aus dem Boden geholt wird und was die Folgen sein können: radioaktive Abfälle, vergiftete Flüssen und eine enorme Klimabelastung.
Hier geht’s zur Doku ARD Story: “LNG um jeden Preis”:
https://www.ardmediathek.de/video/dokus-im-ersten/ard-story-lng-um-jeden-preis/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuLzIwMjMtMDUtMzFfMjItNTAtTUVTWg
An dieser Folge waren beteiligt:
Folgenautor: Marc Hoffmann
Mitarbeit: Mira-Sophie Potten
Produktion: Gerhard Wicho, Eva Erhard, Hanna Brünjes
Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler
11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode liegt beim BR.