FALTER Radio: Klenk und Löw über den Krieg in der Ukraine - #966
FALTER 6/29/23 - Episode Page - 43m - PDF Transcript
Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.
Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.
Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.
Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.
Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.
Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.
Falter Radio, der Podcast mit Raimund Löw.
Herzlich willkommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, zu dieser Spezialausgabe des Falter Radio.
Mein Name ist Florian Klenk und gegenüber von mir sitzt Raimund Löw, der Macher des Falter Radios.
Raimund, wir machen heute einen ganz besonderen Podcast, weil du bist gerade zurückgekehrt aus Kiev.
Raimund hat sich einfach in einen Zug gesetzt und ist gemeinsam mit dem Institut für die Wissenschaft von Menschen zur Buchwoche nach Kiev gefahren.
Er ist dann nicht einfach nur in Kiev geblieben, sondern ist hinausgefahren nach Butcher und nach Irpin in die Orte, wo die Massaker der russischen Armee stattgefunden haben.
Und während Raimund in Kiev war, hat die ukrainische Gesellschaft diesen unglaublichen Vormarsch der Wagner Truppe auf Moskau miterlebt.
Wir wollen heute darüber sprechen, wie man eigentlich nach Kiev fährt als Reporter, was man dort erlebt, wie die Gesellschaft dort den Krieg miterlebt.
Raimund war selbst in Bunkern in der Nacht. Raimund, vielleicht fangen wir ganz, ganz, ganz einfach einmal an. Wie kommt man von Wien nach Kiev?
Es gibt, man sollte es nicht glauben, eine direkte Zugsverbindung, der ÖBB, aber die ist für Wochen ausgebucht. Da ist jeder Platz ausgebucht.
Es gibt keine Flüge, weil der Luftraum über der Ukraine gesperrt ist. Das ist zu gefährlich.
Man hat früher von Wien nach Kiev eine Stunde und 50 Minuten gebraucht. Im Flugzeug, heute muss man über mehrere Umwege fahren,
entweder mit dem Bus oder mehrere Zugsverbindungen nehmen. Das dauert in Wirklichkeit 24 Stunden.
In unserem Fall sind wir in Wien eingestiegen in den Zug nach Przemysl.
Das ist in Polen?
In Polen, im südöstlichen Teil Polens. Und das ist einer der Orte, von dem Nachtzüge nach Kiev führen.
Und da kriegt man ein Ticket und kann einfach einsteigen?
Einfach ist es nicht. Die ukrainischen Staatsbahnen sind nicht das einfachste auf der Welt. Allerdings sehr pünktlich, unglaublich pünktlich.
Die ukrainischen Züge sind stolz darauf, dass sie pünktlicher sind, trotz Krieg, trotz schlechter Wartung als die Deutschen.
Wer die deutschen Zugverbindungen kennt, weiß, dass das vielleicht nicht wahnsinnig kompliziert ist, pünktlicher zu sein, als die Deutschen.
Aber wenn man sieht, wie das Land, die Ukraine, in was für einem Zustand, die sind, dann ist es doch erstauntlich.
Man steigt also in Przemysl um. Dort gibt es einen eigenen Teil des Bahnhofs, wo schon hunderte Leute warten,
in der Schlange, die die Passkontrolle machen wollen und die dann in den Nachtzug nach Kiev steigen.
Was sind das für Leute? Das sind Leute, die teilweise geflüchtet sind und dann nochmal kurz schauen,
nach dem rechten Sehen, wie es in Kiev ist. Wer fährt nach Kiev?
Es sind auffällig viele Frauen, logischerweise, weil die meisten Männer eingezogen sind.
Es sind Familien, es sind Familien mit Kindern, Frauen mit Kindern.
Und das hat ganz unterschiedliche Gründe, warum nach Kiev gefahren wird.
Wir sind dann in einem Abteil gewesen, da waren zwei Frauen, die das erste Mal nach Lange ihre Familie besucht haben.
Eine Frau in Poznan, in Polen, als Flüchtling gelebt hat, die andere in Norwegen war
und die Ursprünglich Nachbarn waren und die dann begonnen haben zu diskutieren, wie ist das dort, wo du bist,
wie wahnsinnig schwierig ist das für die Kinder. Sehr ähnliche Probleme wie auch bei uns.
Die Kinder gehen in die lokale Schule, lernen polnisch oder norwegisch, in Wien ist das deutsch
und haben dann am Abend immer den Fernunterricht in die ukrainische Schule.
Und das ist eine wahnsinnige Belastung für die Kids.
Und bei allen diesen Familien ist die große Diskussion, sollen wir nicht zurückfahren in diesem Sommer.
Und wann können wir zurückfahren, was sind die Kriterien, nach denen wir entscheiden sollen,
wenn es die Angriffe zurückgehen, wenn sich irgendwie die Lage beruhigt, überlegen eigentlich alle.
In dem Fall, die hier diskutiert haben, war Kron im Schlafwagen nach Kiev, in dem ich gesessen bin, in diese Richtung.
Das heißt, das ist jetzt von Schlafwagen, der hat in einer Vorbesprechung erzählt bei der Rückfahrt,
wir greifen ein bisschen vor, war nach einer russischen Passagiere, mit denen du kannst russisch oder hast wieder russisch,
sozusagen aufgefrischt auf dieser Reise, was erzählen die Russen im Zug?
Das war total spannend, weil das am zweiten Tag nach dem Beginn dieser Brigaschenere wollte war.
Und man hatte so in dem Schlafwagen, der nach Moldau gegangen ist,
wir haben dann auf der Rückfahrt, wo ich eine andere Route nehmen müssen, da ist in jedem Abteil politisiert worden.
Also man hat es gehört, wenn man durchgegangen ist, da ging so ein Putin und Brigaschen und Selenski und Putsch und Schalt.
Also es ist überall diskutiert worden.
Und in dem Abteil, in dem ich gesessen bin, waren zwei russische Staatsbürger, die in der Ukraine leben
und die ausreisen mussten, um ihre Pässe zu erneuern.
Und da ist es natürlich intensiv diskutiert worden.
Also wie ist das Leben in der Ukraine?
Ich habe auch gefragt, wie gehen die Ukraine mit euch um?
Was habt ihr für Schwierigkeiten?
Die Antworten am meisten mit den Menschen haben wir überhaupt keine Schwierigkeiten.
Wir haben große Schwierigkeiten, weil die Hände sind auf russisches Internet und russischen Provider.
Die Geldzahlungen, alles was man in der Ukraine tut, macht man irgendwie übers Handy.
Wenn das jetzt aber in russisches Handy ist, über einen russischen Provider, ist das wahnsinnig kompliziert.
Auch die Geldtransfers sind sehr kompliziert.
Aber die Menschen sind auf interisch.
Da gibt es dann in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine irgendwelche Leute,
die die Verbindung sowohl nach Moskau haben, als auch in die Ukraine haben und die das zum Geschäftsmodell machen.
Die man anmählen kann, kontaktieren kann, die dann für einen diese Transfers machen.
Und das waren die Hauptprobleme, die die Leute gemacht haben.
Was erzählen die Leute über Putin?
Also sprechen sie über Putin über Brigoschin?
Wird darüber offen geredet in dem Zug?
Oder hat man da Angst, dass da möglicherweise der Geheimdienst mithört und die Leute einsperrt?
Wird völlig offen diskutiert.
Niemand hat Angst.
Ich habe auch gefragt, was halt schon von Brigoschin war.
Immer die Antwort war, Niedkarascha, Niedkarascha, Niedkarascha, Niedkarascha.
Was heißt das?
Ach gut, da ist er nicht.
Das war ganz klar.
Aber dann haben sie gleich gesagt, ja, aber der hat so lange viele Wahrheiten plötzlich ausgesprochen,
warum es überhaupt zu diesem Krieg gekommen ist,
dass eine zentrale Passage in einer der Meldungen des Brigoschens war,
dass es überhaupt keine Probleme vorhergegeben hat an der Front,
dass es keine ukrainische Offensive nix gegeben hat.
Und diese des Brigoschens war der Krieg.
Es war überhaupt nur begonnen worden,
weil der Verteidigungsminister gern Marschall geworden wäre
und dazu auch einen erfolgreichen Krieg gebraucht.
Und das wissen die Leute.
Und das wird diskutiert.
Putin ist mal ein bisschen zurückhaltend,
aber auch eigentlich die Antwort ist meistens,
da gibt es ganz unterschiedliche Meinungen.
Der hat dann gesagt, ja, aber wir sollten doch auch diskutieren, ob nicht Stalin ein guter war.
Da sind alle über den Hergefallen.
Er hat gesagt, ja, was gab es da für eine plötzliche Putin-Propaganda?
Und dann waren alle der Meinung, ja.
Also die Putin-Propaganda, die russische Propaganda generell ist sehr stark.
Und worüber sich die Leute informieren,
ist teilweise über ukrainische Medien, aber über Telegramm,
also eine Online-Plattform über die sowohl russische Opinienlieders,
Experten, ihre Meinungen, Kunden, die unzensuliert sind,
als auch die Ukrainer.
Und wie wir hingefahren sind, also jetzt den Sprung auch zur Folgenrichtung,
GF, da hat es Bombenalarm gegeben, nicht auf der Strecke selbst.
Das würde ich gleich fragen, ist eigentlich der Zug, wird der Zugebeschoss.
Ist bis jetzt nicht passiert?
Da gab es nie Zwischenfälle.
Kann man das erklären, warum?
Weil das wäre ja etwas, wo die Russen sagen könnten,
da kann man richtig Terror verbreiten,
warum werden die Gleise nie bombardiert?
Es ist offenbar einmal zu einem Angriff auf Gleise nur gekommen,
nicht auf Züge, weil die russische Seite vermutet hat,
dass da Waffen transportiert werden oder Kriegsgerät transportiert.
Wie sonst ist das bis jetzt nicht wirklich gestört worden?
Und die Ukraine ist ein Land in Bewegung, ununterbrochen.
Da sind hunderttausende Leute jeden Tag fahren von einem einen Ort zum anderen.
Vergessen nicht Millionen sind Flüchtlinge in der Ukraine selbst.
Die in der Ostukraine deblasiert wurden jetzt im Westen.
Teile der Verwandtschaft sind noch im Osten.
Für die ist die Westukraine, für viele aus dem Osten,
ein fremdes Ausland.
Die waren noch nie dort in ihrem Leben.
Aber nur um zu sagen, so in dem Zug, wie wir da aus Pschemnisseln nach GF gefahren sind,
plötzlich in der Nacht überall der Luftalarm auf den Handys.
Alle haben an ihrem Handy eine App.
Ich habe den zwischendurch abgestellt, weil es ziemlich störend ist,
in Wien, wenn es ununterbrochen Luftalarm Signale gibt.
Und die Leute dort haben ihren Alarm, je nach der Region,
auf die dieser Alarm das Handy eingestellt ist.
Und man hört es und man hört, wo ist jetzt das dort Alarm,
jetzt ist das dort Alarm, jetzt ist das dort Alarm.
Das ist ähnlich wie ein Verkehrsfunk bei uns, der sagt, wo Stau ist,
kriegen die Leute einfach Nachrichten, wo der Luftalarm ist
und das hat man im Zug auch erlebt.
Das heißt, der Zug bleibt an stehen.
Da ist aber aus anderen Gründen stehen geblieben,
da ist dann stehen geblieben.
Aber der Luftalarm hat natürlich eine unglaubliche Spannung erzeugt.
Wer die Leute gewusst haben, wenn sie irgendwo ankommen,
in den Ort, in den sie hin wollen, ist das möglicherweise Luftalarm.
Und dann sind viele, die sich gut auskennen,
die gehen dann auf irgendwelche Telegram-Kanäle,
wo man sieht, dass die ukrainische Luftabwehr versucht,
diese Drohnen abzuschießen und die Crews-Missiles abzuschießen.
Das sieht man dann am Handy.
Da kann man dann am nächsten Tag sehen, was ist gelungen,
was ist nicht gelungen.
Also doch eine sehr angespannte Atmosphäre in diesem Zug,
in diesem Nachzug nach Kiew, die dann aufgelöst wird.
Wenn man am Bahnhof in Kiew ankommt, in der Früh merkt,
es gibt keine Verspätung trotz der Angriffe,
trotz der verspäteten Abfahrt, trotz der furchtbaren Situation
in das Land, es gibt keine Verspätung,
kommt ziemlich genau an, wie geplant.
Und dann ist am Bahnhof von Kiew pulsierendes Leben.
Nimm uns einmal an der Hand und wir steigen jetzt aus dem Zug aus
und man steigt sozusagen auf diesem großen Kiew
am Bahnhof aus.
Was erlebt man dort?
Das ist in der Früh gewesen, nämlich ein Nachzug.
Wie schaut es aus, wenn man so sagt, nach Kiew tritt in eine Stadt,
eines Landes, das in diesem Furchtbahnkrieg verwickelt wurde?
Man merkt in dem Augenblick nichts vom Krieg.
Man weiß, dass das ein altem Krieg ist.
Man hat das im Zug mitbekommen, weil der Fliegeralarm war auf den
Handys, aber es sind die langen Listen mit den Zielen,
wo die Leute hinfahren, mit den Zügen.
Es sind die Unmengen von Menschen unterwegs.
Das ist ein schöner alter Bahnhof, man geht hinaus,
das ist Taxis, da sind Busse, Leute, die etwas verkaufen.
Man hat den Eindruck, da ist eigentlich gar kein Krieg.
Das ist etwas, was man an der Oberfläche eigentlich immer das Gefühl hat,
in Kiew.
Das ist eine lebendige Stadt.
Es sind mehr junge Leute auf der Straße oder in den Kaffeehäusern,
in vielen Bezirken, in Wien.
Man glaubt, das ist eigentlich alles normal.
Wenn man ein bisschen mit den Leuten redet, dann merkt man,
ja, aber die hatten die letzte Nacht das Problem,
gehen sie in eine Luftschutzkelle oder nicht.
Und die vorletzte Nacht auch.
Und die haben vielleicht einen Verwandten an der Front.
Und die haben Verwandte, die geflogen sind.
Und da merkt man unter der Oberfläche, wie zerrissen diese Gesellschaft ist
und wie riesig die Belastung dieses Krieges für die Menschen ist.
Du bist dort hingefahren, weil du eine Buchmesse besucht hast
und dort einen ganz besonderen Besucher auch zufällig getroffen ist,
der da in den Weg gelaufen ist.
Wie muss man sich das vorstellen?
Kiew macht jetzt einfach ein Kultur-Event und sagt,
wir haben eine Buchmesse, so wie du es in Wien stattfinden würdest.
Dieses Buchfest, Arsenal Buchfest,
weil heißt, das gibt es seit vielen Jahren,
wird jedes Jahr durchgeführt und bringt alle ukrainischen Verlage zusammen.
Es gibt Diskussionen, es gibt Kulturveranstaltungen,
durchaus vergleichbar mit der Buchwien in Wien oder anderen Buchmessen.
Im letzten Jahr konnte das nicht durchgeführt werden,
weil noch immer nicht klar war, ist jetzt Kiew noch gefährdet oder nicht.
Und dann hat es lange Diskussionen gegeben bei den Veranstaltern.
Soll man das tun, soll man das Risiko eingehen
und sie hat sich entschieden, ja, das machen wir.
Es sind auch Konzerte, die in Kiew laufen.
Das öffentliche Leben ist wieder hochgefahren.
Also auch das intellektuelle Leben.
Das intellektuelle Leben, das Thema ist der Krieg
und wieder mit umgehen mit dem Krieg.
Aber das Leben als solches ist wieder da.
Man geht dann hinein, in diese Ausstellungshalle
sieht überall am Boden die Pfeile,
wo der nächste Luftschutzkeller ist.
Das ist gut angebracht natürlich.
Und zwar unglaublich viele Leute,
die dort sich angestellt haben, um an den Diskussionen
teilzunehmen, viele Verlage, die ihre Bücher präsentieren.
Und das Thema war, Themen waren Krieg und Demokratie,
Frauen im Militär und immer wieder, immer wieder,
verschiedene Aspekte der russischen Kriegsverbrechen,
die dokumentiert werden sollen,
wie sie dokumentiert werden können.
Das Überleben der ukrainischen Sprache,
die von der Kern des ukrainischen Selbstbewusstseins ist
und da wird dran erinnert,
dass im 19. Jahrhundert, in zwei Jahrzehnte lang
die ukrainische Sprache verboten hat,
weil das eine Gefahr war für das russische Imperium.
Da wird dran erinnert, dass ukrainische Publikationen
eigentlich erst in den Allerletzten Jahren
wirklich breit geworden sind.
In der Zeit der Sowjetung war ukrainisch
als Sprache nicht verboten,
aber die offizielle Sprache war russisch
und die wissenschaftlichen Arbeiten,
das politische Leben ist zum allergrößten Teil russisch.
Es gibt so dort auf diesem Buchfest
und plötzlich kommt ein Mann in einer olivgrünen Kleidung vorbei,
ein bisschen unrassiert,
ein kleiner getrunkener Mann und muskulös
und stellt sich als heile Silenzgefahr.
Ja, nicht ganz,
weil er glücklicherweise nicht allein in die,
irgendwo sich auf die Straße bewegt,
sondern dass es also ein Dutzend,
vielleicht zwei Dutzend, schwerbewerfendete Soldaten hat.
Es ist allen bewusst,
die russische Führung wollte den Mann umbringen
und es wird sicherlich irgendeine Gelegenheit gibt,
weiß man nicht, ob das nicht wieder passiert wird.
Also er ist wahnsinnig beschützt.
Er geht trotzdem dorthin.
Das ist ja außergewöhnlich, oder?
Er geht ins Volk.
Er ist von einem Tisch zum anderen gegangen,
natürlich eine riesige Traube von Menschen,
die sich um ihn herumentwickeln.
Und die Leute, die dort reingehen,
vorher durchsucht?
Ja, es ist so wie wenn mein Flugzeug steckt.
Es ist eine Security-Kontrolle.
Aber es ist erstaunlich mutig, dorthin zu gehen,
als wahrscheinlich einer der gefährdetsten Menschen der Welt,
von Tisch zu Tisch zu gehen auf einer Buchmesse.
Wenn man sich nicht unterkriegen lassen soll,
dass man die Angst nicht sich so verbreiten darf,
dass die ukrainische Gesellschaft nicht mehr diskutiert,
nicht mehr zusammenkommt und nicht mehr Bücher produziert
und Bücher liest.
Also das war schon ein Signal, auch das er dorthin gegangen ist.
Er hat mit den Leuten geredet, mit den Verlegern geredet.
Und da war dann ein Tisch,
wo auch eine Fernseh-Group von Al-Jazeera gestanden ist.
Also da hat er dann sein Thema da an dem Tag war.
Die große Gefahr eines nuklearen Terroranschlags in Saporizia,
beim Atomkraftwerk Saporizia,
wo er auch in seiner täglichen Botschaft auf Telegram
und im Fernsehen gesagt hat,
das muss ich einstellen,
darauf, dass so etwas passieren könnte.
Und ist dann weitergegangen
und da ist dann der österreichische Reporter vom Falter gestanden
und hat auch ein bisschen mit ihm geredet.
Du hattest ein kurzes Gespräch mit ihm führen
und die meine Gefragen stellen.
Worum ging es in dem Gespräch?
Die ukrainische Gesellschaft unter Druck im Krieg versucht,
sich wieder selber zu erfinden
und wieder rauszukommen aus dieser eigenen Bonker-Stimmung.
Und diese Buchmesse war ein Symbol dafür.
Und ich habe ihn gefragt, was kann Europa tun,
was tut Österreich genug, um also die Ukrainer dabei zu unterstützen.
Und seine Antwort war interessant.
Er wusste es sofort, aha, sie sind aus Österreich,
sie haben hier, hat er dann zu Laufen begonnen
und er dann gesagt, ja, also,
der Gesellschaft ist dankbar, den Menschen ist dankbar dafür,
in ganz Europa, was sie tun.
Was jetzt die österreichische Regierung betrifft,
na ja, da wissen sie selber, was sie tun können.
Es ist alles ein bisschen langsam, sagt er,
aber er kann nur sagen, also lasst euch von Russland nicht einschüchtern.
Dass eine zurückhaltende Antwort ist,
meine Interpretation, die schon damit zu tun hat,
muss man ehrlich sagen, dass Österreich,
die österreichische Diplomatie, die österreichische Regierung,
nicht als fixer, sicherer, engagierter Unterstützer
des Befreiungskampfes der Ukraine gilt.
Das wird so aufgenommen.
Würdest du auch meinen, dass das tatsächlich so ist
oder ist das die ukrainische Wahrnehmung?
Weil Schallenberg würde sagen, wir stehen bedingungslos
an der Seite der Ukrainer,
oder Nehammer ist noch Butcher gefahren,
hat sich das dort angeschaut, im Journalisten draus,
wir unterstützen sie Sanktionen.
Was kann man der österreichischen Regierung
eigentlich tatsächlich vorwerfen,
im Umgang mit der Ukraine?
Die österreichische Regierung schützt
reifeisen international.
Das ist eine der wichtigsten,
zweitwichtigste westliche Bank,
oder überhaupt Bank in Russland.
Und diese Bank ist natürlich ein Faktor
der Finanzierung des Krieges.
Und das sagen einem die Ukrainer,
wenn man über Österreich sprechen kommt,
das ist im Bewusstsein da.
Österreich gehört nicht zu den
Staaten in der Europäischen Union,
die einen Beitritt der EU
stark befürworten,
sondern Österreich steht da eher auf der Bremse.
Und Österreich ist das offizielle Österreich,
aber vielleicht auch ein bisschen das inoffizielle Österreich.
Es ist ein Land, in dem
sehr viel Verständnis für Putin
kommuniziert wird und die Unterstützung,
die es in der Ukraine gibt,
von vielen österreichischen NGOs,
die läuft über internationale Organisationen.
Die wird nicht mit der Flagge,
wir als Österreicher stehen,
auf eurer Seite gegeben.
Beispiel, die Diskussion um die Minenräumung.
Österreich hat eine große Expertise,
was Minenräumung betrifft.
Die Ukraine braucht Minenräumung
der österreichische Bundespräsidentin.
Da gesagt bitte, da sollten wir doch etwas tun.
Sofort kam vom Bundeskanzler
und von der Verteidigungsministerin ein jetzt.
Das kommt nicht die Frage,
dass der Soldaten jetzt Minenräumung,
auch wenn das natürlich nicht an der Front wäre,
sondern bei Schulen, bei Gebieten,
die irgendwie befreit wurden.
Was tut Österreich?
Österreich sagt, wir finanzieren jetzt
ein internationales Minenraumprojekt.
Also wir verstecken uns,
das heißt das.
Und das sind in vielen Bereichen der Fall,
dass das österreichische Engagement als Österreich,
wir wollen zeigen,
dass wir an der Seite der Ukraine stehen,
dass das möglichst eingehalten wird,
auch wenn man in der Praxis dann doch einiges tut.
Ja, ich spare, dass es auch die Opposition betrifft.
Sowohl die SPÖ hat sich ja nicht gerade mit Rumpelklädgert
als Selensky im Parlament aufgetreten ist.
Die FPÖ generell nicht ist überhaupt rausgegangen.
Um das nur ganz kurz abzuschließen,
verwundert ich diese österreichische Opposition?
Also ich habe den Geschäftsführer
Jupp Obmann-Kucher gelesen,
der einen neuen Wind in die parlamentarische Arbeit
der SPÖ bringt und eigentlich
erkennt eine neue Kraft,
aber doch doch einen innenpolitischen Eindruck macht,
der auf die Frage im Profil nach dem Ukrainekrieg sagt,
das ist ein Krieg, der ist sinnlos von beiden Seiten.
Was ist so das für eine Aussage?
Ein Krieg ist eine Katastrophe.
Aber warum soll der ukrainische Krieg sinnlos sein?
Man muss die Ukrainer müssen sich verteidigen.
Also das ist nicht kein sinnlose Krieg,
sondern ein Verteidigungskrieg, der ist tragisch,
der hat Opfer.
Aber so zu tun, es sei das gleich auf beiden Seiten,
ist eine völlige Verkennung der realen Dynamik,
der Situation und auch der Gefahr.
Und das ist leider, bin ich nicht sicher,
ob das in der SPÖ auch wirklich verstanden wurde.
Du bist nach Butcher gefahren, nach Irbin.
Das sind die zwei Orte, die ganz am Anfang des Krieges,
sozusagen Kiev, fast schon umschlossen war
von russischen Panzerkolonien,
wo furchtbare Massaker stattgefunden haben,
aber die New York Times hat das ja sehr minutiös rekonstruiert,
also die, die das nicht glauben wollen,
oder die glauben, das war eine Inszenierung,
die können sich das Videomaterial, das dort gesammelt wurde,
sehr genau anschauen.
In Irbin hat man diese furchtbaren Bilder gesehen
von Familien, die niedergeschossen wurden,
von Untergranatage gekommen sind.
Wie ist diese Stadt heute?
Wie sieht die aus?
Das ist ein Vorwort von Kiev, so glaube ich,
das Thulnerbach oder das Burgersdorf von Kiev,
wenn man es übersetzen würde.
Wie sieht es dort heute aus?
Es gibt eine große Ausfallstraße von Kiev dorthin.
Da wollten die Panzer kommen dort nicht,
die wollten, wie sie Kiev erobern wollten,
war das die Einfallstraße, über die man in die Stadt wollte.
Da sind jetzt alle paar Kilometer,
sind Militär-Checkpoints, die nicht sehr für tun,
da fährt man vorbei, aber die sind mit Taren,
Vorhängen, ein bisschen geschützt,
da sind halt Soldaten für den Fall,
dass irgendetwas passiert,
und das sind überall die Zeichen
der furchtbaren Ereignisse von früher.
Irbin sind Häuser nach wie vor zerstört,
sehr viele wieder aufgebaut, wahnsinnig rasch wieder aufgebaut,
aber da gibt es eine Brücke,
die ganz legitär ist,
wo hunderte Leute fliehen wollten
vor den Besatzern, die dann beschossen wurden,
und die Leute sind auf der Brücke umgekommen.
Die Brücke gibt es noch, die wird gebaut,
und die Leute stehen dort und haben auf ihrem Handy Fotos,
wie das war, wie sie da drüber ging,
versucht haben, drüber zu kommen,
man sieht die Masse der Menschen am Foto
und sieht dann die Brücke selber, die dort noch steht.
Ein bisschen weiter hinten
ist ein Autofriedenhof als Denkmal,
und es sind in Irbin und Butcher
sehr viele Menschen im Auto erschossen worden,
aus welchen Gründen noch immer,
und da hat sehr viele Opfer gegeben,
und die Autos sind alle zusammengetragen worden,
und sie sind auf ihrem großen Haufen,
und das ist jetzt ein Denkmal.
Da kommen Leute vorbei,
ununterbrochen, geben auf das Auto,
wo der Cousin angesessen ist,
die Cousiner, der Freunde, die ihnen geben,
Grabbeigaben hin,
zu da speisen oder etwas zu trinken,
oder Spielzeuge, die auf dem Autofrax sind.
In anderen Teilen werden Künstler mal die Autos dann an.
Das ist ein beeindruckendes, ziemlich großes Denkmal,
die Dinge, die die Zivilisten und die Menschen
dann durchgemacht haben.
Und dann Butcher selbst
ist eine funktionierende Kleinstadt
mit Fußgängerzone,
und auch da, also wenn man mal reinfährt,
dann denkt man sicher, das ist eine ganz normale Stadt.
Dann schaut man in die Fußgängerzone,
und da sind überall die Plakate mit den Leuten,
die umgekommen sind,
an die man sich erinnert,
einen Termin mit dem Archivar von Butcher,
dem Stadtarchivar,
der seine Aufgabe jetzt sieht,
alle Informationen, die es irgendwie gibt,
über die Zeit der Besatzung von fünf Wochen,
zu sammeln und das zu zentralisieren,
der uns durchgeführt hat.
Neben der Kirche, also bei der Kirche,
in der von Butcher, wie wir gekommen sind,
war gerade eine Hochzeit,
also Zeichen des Lebens,
und das war eine gute Stimmung.
Der Archivar führt uns dann hinter die Kirche
und da sind, glaube ich, bis zu 120 Menschen
begraben worden in den Massengräbern,
weil an bestimmten Tagen die Besatzer
ihre Opfer liegen lassen auf der Straße.
Das sind Dutzende, das war ja das eigentlich,
der Moment, der dann auch ein Wendepunkt
im Verständnis dieses Krieges war,
wo plötzlich Dutzende Leute,
die erschossen wurden,
einfach tagelang auf der Straße gelehrt sind.
Dieser Wendepunkt hat man den Eindruck,
dass in vielen Teilen der europäischen Gesellschaft,
immer noch nicht verstanden wurden.
Es gibt weite Teile nicht nur der politisch rechten,
sondern auch der politisch linken.
Die sagt, keine Waffen waren die Ukraine,
und man so verhandelt mit dem Putin
und einen merkwürdigen Pazifismus
den Ukrainern überstülpen wollen.
Kannst du das verstehen,
diese Art von Pazifismus?
Die sagt, bitte keine Waffen waren die Ukrainer,
dann hört das Ganze auf, dann ist der Krieg zu Ende.
Ja, ich kann es jetzt als Person überhaupt nicht verstehen.
Ich komme aus der Polimene Jugend aus der Tradition
der neuen Linken,
und wir haben für Vietnam uns engagiert,
und das war natürlich dafür,
dass die Vietnamesen gewinnen,
dass die Waffen bekommen, dazu brauchen, ist klar.
Wir haben uns für Lateinamerika engagiert,
und es gab eine eigene Kampagne,
ich erinnere mich genau,
der TATZ, Waffen für El Salvador,
da hat niemand gesagt, die Guerilla in El Salvador
soll jetzt die Frieden schließen,
sich ergeben und sich erschießen lassen,
deswegen sollen sie sich durchsetzen.
Da war vieles falsch damals,
aber die Vorstellung, dass ein Volk,
das angegriffen wird,
das unterjocht werden soll,
das sogar außerordentlicher werden soll.
In Wirklichkeit sollen ja die Ukraine
alle zu Russen gemacht werden,
wenn es nach dem Putin geht,
da hat der X mal gesagt, die sind kein eigenes Volk,
die haben keine nationale Identität.
Und zu sagen, das soll akzeptiert werden,
das ist mir unverständlich.
Für die Menschen in Butcher,
das kann man ihnen fast nicht sagen,
weil sie sagen, gut, wir sind das befreit worden,
von unserer Mähe sind wir befreit worden.
Und was wir jetzt machen,
ist Archivabend, ich geführt in einem,
zu einem Haus, einem Wohnhaus,
ein Wohnblock in der Ecke,
ist eine kleine Gedeckstätte mit Fotos
von Leuten, was ist da passiert da,
es sind sieben junge Leute,
es sind Besatzern,
die haben sich irgendwo versteckt gehabt,
im Park, sind top genommen worden,
sind furchtbar gefoltert worden,
wie man gar nicht sagen kann, wie,
und sind dort an dieser Hauswand erschossen worden.
Und da sieht man die Einschüsse noch,
und da sind die Fotos der Schossinnen
und für die Leute es klar,
wir sind befreit worden
von diesem Horror.
Und die Art und Weise,
wie der Horror war,
hat in der Ukraine selbst
einen, das ist es, Einbruch verstanden worden.
Das Gefühl war, okay,
das ist letztlich das,
was mit uns geschehen soll
und das war, glaube ich,
eine zweite Welle,
der Entwicklung der Widerstandskraft
der Ukraine bis heute
es möglich macht,
doch eine überlegende militärische
Macht zu stoppen.
Kommen wir zu einer ganz
politischen Ereignisse,
die letzten jüngsten Ereignisse,
der Krieg dauert jetzt fast 1,5 Jahre,
oder dieser Teil des Krieges,
der Krieg dauert eigentlich schon seit 2014,
aber dieser Angriffskrieg,
jetzt haben wir vor vergangene Woche
alle miterlebt,
wie auf einmal die Söldner des
Brigoschins, die Wagnergruppe
da auf Moskau durchzieht,
durch Städte durchzieht,
nicht aufgehalten wird.
Man hat das Gefühl, hier kommt ein Warlord
und versucht den anderen Warlord
irgendwie abzusetzen.
Was bedeutet das?
Das war wirklich 2 Tage lang,
aber die ganze Ukraine
hat das jede Minute verfolgt.
Der war viermal Luftalarm,
also wir sind in unserem Hotel
viermal aufgeweckt worden
und dann torkelt man in die zweite
Tiefgarage
und ist dort im Luft
Schutzkeller und alle haben,
die irgendwo Kontakt hatten
und Verbindung hatten, haben auf ihren
Telegram Kanälen geschaut, was macht
jetzt gerade der Brigoschin, was heißt das
in welche Richtung geht das?
Das war das dominante Thema
und das bedeutet,
wir wissen jetzt im Detail natürlich nicht,
wer was mit wem ausgemacht hat,
der Lukaschenko, der bielosische
Präsident sagt, der Putin hat ihm gesagt,
er wird jetzt den Brigoschen umbringen
und der Lukaschenko
ist ein netter Mensch, hat gesagt,
das ist vielleicht nicht eine gute Idee,
er schlägt vor, der soll nach Bielos kommen
und so, das wird alles nicht stimmen.
Was genau passiert,
ist nicht klar,
aber ist auch nicht zu entscheiden.
Wir müssen vielleicht festtragen für unsere Hörerinnen
der 20. Juni,
wenn man diesen Podcast vielleicht ein paar Tage später hört,
können sich die Ereignisse vielleicht schon
dramatisch geändert haben.
Und man kann vor allem auch mehr,
es kann sein, dass man mehr weiß
oder vielleicht ist der
Brigoschin, dass er doch nicht überlebt.
Also jetzt in Belarus,
sein Chat ist dort gelandet, angeblich
und die Soldaten sind dort möglicherweise,
haben die dort Asyl bekommen,
aber vielleicht doch nicht,
werden sie auch in die russische Armee integriert,
um diese Rede zu halten,
das war dann eigentlich eine kleine Ansprache.
Also die Dinge sind heute,
der 28. Juni noch relativ unklar.
Aber zwei Sachen sind klar,
diese Brigoschin-Söldner,
die Wagnergruppe,
waren ein total wichtiger Teil
der russischen Front, auf der russischen Seite.
Die haben an verschiedenen Teilen
der Front die Hauptarbeit geleistet,
die Drecksarbeit geleistet, die sind jetzt weg.
Das heißt,
die russische Seite
ist in diesem Krieg.
Das heißt, die Ukraine hat jetzt
im Augenblick sicherlich mehr Möglichkeiten,
militärisch etwas zu tun,
das ukrainische Militär,
die Offensive, die seit ein paar Wochen läuft,
wirklich zu intensivieren.
Das ist, glaube ich, völlig klar militärisch,
heißt das, Schwächung Russlands.
Politisch heißt das,
Schwächung Putins.
Wenn hier eine Regierung
eines mächtigen Staates
plötzlich Barrikaden aufrichten muss
vor Moskau, damit nicht
irgendeine Rebellion bis zum Kreml kommt,
wenn offensichtlich
weder der Geheimdienst,
FSB noch das Militär oder sonst was,
die Leute hart aufhalten können,
die aus der Osterfamptan in Richtung Osterfamptan.
Und die amerikanischen Geheimdienstler
behaupten Sie, sie hätten gewusst,
dass es zu diesem Aufstand kommt?
Das muss auch, das muss ja vorbereitet gewesen sein.
Das kann nicht von heute auf morgen
starten,
sondern es muss tagelang vorbereitet sein.
Man hat das ja auch schon gehört
bei den wahnsinnig aggressiven
Statements des Prigoshin.
Das heißt jetzt,
jetzt hat der Putin
die Lage im Griff bekommen.
Keine Frage. Aber er ist
geschwächt und da ist jetzt
eine Diskussion, was bedeutet das?
Und wir,
also ich glaube,
man muss ganz klar sagen,
das ist eine positive Entwicklung.
Ein geschwächter
Putin heißt,
er hat weniger Kraft
gegen die Ukraine vorzugehen,
das Regime hat weniger Kraft gegen das eigene Volk
vorzugehen.
Ein geschwächter Putin ist gut,
vor allem für das russische Volk,
für die russische Bevölkerung,
die mehr Spielraum bekommen wird,
wenn es bei dieser Schwäche bleibt,
sich zu organisieren.
Ein geschwächter Putin ist auch gut für Europa,
weil die Bedrohungen für Europa
täglich diskutiert werden
sind ja unglaublich.
Also mit präventiv Atomschlägen,
die werden so diskutiert
im Fernsehen,
als ob sie irgendeine Kleinigkeit
gingen.
Auch hier ist ein grundsätzlich
ein geschwächtes Regime,
ist weniger Gefahr als ein starkes Regime.
Das ist immer mit Risiken.
Einige Experten sagen dann darauf,
naja, es kommt aber noch ein sicher
kein demokratisch-europäisch
gesinhter westlicher Menschen,
möglicherweise jemand viel schlimmerer,
jemand vielleicht wie Brigoshin,
ein richtiger, ein anderer Mafia-Party,
so zu sagen.
Was würdest du diesen Kritikern antworten?
Kann sein, das ist mit Risiken
jede Veränderung, es ist mit Risiken verbunden.
Das größte Risiko jetzt ist Putin
und es ist
eine neofaschistische Radikalisierung
des russischen Regimes.
Man soll nicht unterschätzen,
wenn dieses Regime sich schwächt,
doch die Fähigkeit nach der russischen Gesellschaft
etwas zu tun.
Es hat im Jahr 2011
riesige demokratische
Demonstrationen gegen Putin gegeben.
Es hat heldenhafte Proteste
gegeben gegen den Krieg.
Es gibt den Alexei Navalny,
der jetzt im Straflager
ist und vom Straflager aus
ruft gegen den Krieg.
Es gibt den Karamurser
und viele andere.
Aber es gibt gleichzeitig auch Leute wie Kadirov,
die abdrünnig werden könnten.
Es könnte zu Bürgerkriegen kommen
zu einem Zerfall
der russischen Föderation.
Ist diese Sorge angesichts
des Atomwaffen-Massinals nicht
auch ernst zu nehmen?
Es ist absolut ernst zu nehmen,
aber was ist die Schlussfolgerung?
Wenn die Schlussfolgerung ist,
man muss den Diktator stärken,
weil wenn der Diktator stürzt,
ist es unberechenbar,
dann ist das eine Fehlkalkulation.
Ein russischer Volk für die Ukraine
und auch für Europa ist
ein durchgedrehter,
sich radikalisierender Führungsstab
im Kreml unter Protein.
Kommen wir noch zum Abschluss
zur Heimfahrt.
Du hast aus Kiew Fotos geschickt,
wo man die panzer,
die russische Panzer sieht,
die am Michaelisplatz stehen,
wo die Uma durchgeht,
wie ein Freiluftmuseum,
so einen Panzer
berühren können.
Kiew ist jetzt immer noch
eine freie Stadt.
Das wäre wahrscheinlich nicht der Fall,
wenn Selensky abgehaut wäre,
wenn er geflüchtet wäre.
Was ist das Schlusseindruck,
der Abschied von Kiew,
als du aus Kiew weggefahren bist?
Diese
panzerunterstörten russischen
Kriegsgeräte am Michaelisplatz
hat meine
ukrainische Filmemacherin gesagt,
das ist ein Zitat.
Man weiß, die Russen wollten,
wenn sie Kiew erobern,
ein sieges Parade machen.
Jetzt stellen sie die zerstörten russischen
Panzer auf und sagen,
das ist unsere Parade.
Das empfinden auch die Menschen so.
Das ist ein Zeichen,
wir können uns wehren.
Das sind die Umgeleutete hingehen
und ein bisschen Waffenfrieden.
Da steht überall genau,
wo das Gerät erbaut wurde
ist ein Zeichen
dafür der Selbstbewusstseins.
Es ist aber auch ein Zeichen
dafür, dass es noch nicht vorbei ist.
Und das ist, glaube ich,
die spezielle Situation.
Das ist nicht einfach ein Krieg,
wo es um ein paar Quadratmeter geht
oder um ein paar Tausend Quadratmeter geht.
Das ist nicht ein Krieg,
wo es rein ums Territorium geht,
sondern das ist ein nationaler Befreiungskrieg.
Denn die Ukraine führt,
die Ukraine war eine Art
halbe Kolonie Russlands.
Das russischen Imperium,
das war Teil des russischen Imperiums
seit Jahrhunderten von Jahren
ist aber immer als Kolonie
und nicht das selbstständige Faktor
begriffen worden und verstanden worden.
Und genau das ist ja auch das Ziel
des Putin und seiner Führung.
Die Ukraine sind eigentlich
das alles eine Erfindung,
das sind eigentlich kein wirkliches Volk.
Man muss denen nur erklären,
dass sie alle Russen sind.
Nicht die Algerien geführt haben gegen die Franzosen,
die in Indokina geführt wurden
gegen die Franzosen, viele andere.
Nur dass halt die kolonisierte
Bevölkerung weißes sind
und nicht schwarze und nicht
nicht farbige. Das macht das alles kompliziert.
Aber es ist ein nationaler
Befreiungskrieg, der natürlich auch
mit einer entsprechenden Ideologie verbunden ist.
Auch klar, es gibt,
dass die Triebkraft ist,
ein ukrainischer Nationalismus,
der jetzt nicht ein Nationalismus
ist, die sagt so, andere Nationen
müssen unterworfen werden und sind weniger wert,
sondern ein Nationalismus,
eine unterdrückten Nation. So wie die Nationalismen
auch in der dritten Welt
es früher waren.
Das ist für Europa schwierig, weil Europa
der Politikwissenschaftler
Ivan Krastev, der damit war
in der Delegation, hat das sehr schön gesagt.
Europa ist ein antinationales Projekt,
ein antinationalistisches Projekt.
Europa versteht sich als
eine postnationale Geschichte
und jetzt plötzlich dazu ein Befreiungskampf
einer Nation, die um
überhaupt aufzutauchen
in der Geschichte und durchzusetzen
sich als Nation nationalistisch
ist, ist richtig. Damit muss
umgegangen werden und das ist nicht ganz einfach.
Kann man ganz zum Schluss noch eine
kurze Einschätzung, wie wird dieser Krieg enden?
Wird China vermitteln,
werden die Türkei vermitteln,
werden die Europäer eine Vermittlung haben?
Wie wird der Krieg enden?
In China ist es ziemlich
unruhig, jetzt über die Perigoschen-Geschichte.
In China hat sich völlig,
als Nebenbemerkung,
völlig auf die Allianz mit Putin eingestellt
und wir stellen jetzt fest, der Teil ist so sicher,
ist er gar nicht.
In Beijing sind da einige
beunruhigt
und überlegen sich, ob sie es wirklich
gescheitert war, so auf diese Allianz
mit Putin und Russland
zu setzen.
Es ist unklar
in welcher Phase jetzt nach 1,5 Jahren
der Krieg ist
und das ist natürlich unklar, wie er beendet wird.
Wie er beendet werden wird, hängt
sowohl von der militärischen Situation ab.
Das wiederum hängt
von der Widerstandskraft der ukrainischen Gesellschaft
und vom Know-how
der ukrainischen Militärs
und von den Waffen und der Munition, die sie bekommen ab.
Viele Faktoren, die schwer zu beendet sind.
Aber hängt genauso
von der politischen Entwicklung in Russland ab.
Wenn das russische
die Kriegspartei,
Putin war Kriegspartei,
wenn die Kriegspartei gegeneinander
Krieg führt, dann ist das einmal etwas,
das den Kriegstreiber schwächt
und eine politische Entwicklung
in Russland kann
von heute auf morgen natürlich auch
die Situation verändern an der Front
bewissensdicht. Es wird irgendwann einmal
einen Punkt geben,
wo irgendjemand sagt, Waffenstillstand
ist die Frage, was das heißt,
was das bedeutet und was am Ende
eines Waffenstillstands
eingefroren Konflikts
steht. Es heißt nicht,
wenn einmal Waffenstillstand ist,
dass wirklich die Waffen schweigen
auf lange Zeit. Es kann aber sein.
Es hat eine Art Waffenstillstand gegeben
viele Jahrzehnte in Korea.
Hat man aber auch lange nicht gewusst,
ob jetzt nicht der jeweilige Herrscher
der Kim-Dynastie nicht wieder
einen Krieg anfängt. Bis heute nicht.
Es kann aber auch sein,
dass es eine
böse, schlimme
politische Eskalation gibt,
dass beide Seiten,
also die russische Seite sagt,
ok, jetzt hören wir mal auf, aber gleichzeitig
akzeptieren wir
die unabhängige Freie Ukraine nicht.
Es wird der Ukraine
sehr, sehr schwer fallen,
nach diesen Opfern dieses Krieges
einen Teil zu akzeptieren,
ein Teil, das der
Territorium nicht von der Ukraine
kontrolliert wird.
Das hängt
von der militärischen, gesellschaftlichen
politischen Entwicklung ab. Ist auch nicht
unbedingt jetzt die Aufgabe
von Europäern.
Das wird jetzt die Militärs in Washington
und wahrscheinlich auch in Brüssel werden,
dass schon eine Meinung kam. Aber
für uns geht es, glaube ich, darum
zu zeigen, dass
ein Befreiungskampf
etwas ist, was
derart und Weise passt,
wie wir uns ein Europa vorstellen
und dass eine Niederlage
ist, was wir unter keinen Umständen haben wollen.
Was jetzt wie genau
das
aufhören wird, wann es aufhören wird,
das kann man ernsthaft sicher nicht sagen.
Reimut Löff, danke für diesen Reisebericht.
Danke für die Einschätzung.
Wir haben viel gelernt über das Leben in der Ukraine,
über die politischen Konsequenzen,
politische Möglichkeiten, diesen Konflikt
zu beenden. Ihnen, liebe
Zuhörerinnen und Zuhörer, danke ich für's
dabei sein.
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Ich danke Miriam Hübel, die hier
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und freue mich, wenn Sie beim
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Raimund Löw reiste mit einer Delegation des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen in die Ukraine. Im Gespräch mit Florian Klenk berichtet er vom allnächtlichen Luftalarm und von der Stimmung in Kiew während des Marsches der Wagner-Truppen auf Moskau.
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