11KM: der tagesschau-Podcast: Kinderkliniken am Limit: Jagd nach freien Betten

tagesschau tagesschau 9/19/23 - Episode Page - 23m - PDF Transcript

Ein Kind braucht spezielle medizinische Hilfe.

Und dann, sagt die Kinderklinik, tut uns leid.

Eigentlich ist hier gerade kein Bett frei.

Es gibt zu wenig freie Betten für Kinder.

Es ist nicht nur, wenn gerade Pandemie ist oder irgendeine Winterwelle rollt.

Deutschlands Kinderintensivstationen arbeiten mehrmals im Jahr am Limit.

Warum ist das so?

Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast.

Ein Thema in aller Tiefe.

Heute mit der NDR-Reporterin Britt Rösner.

In einem Fall, der zeigt, wie schnell, wie gut ein Kind im Notfall versorgt wird,

das kann sich am Telefon entscheiden.

Wir sprechen über die akuten Probleme und darüber,

ob die geplante Krankenhausreform von Karl Lauterbach daran etwas ändern kann.

Mein Name ist Victoria Kopmann.

Heute ist Dienstag, der 19. September.

Die Geschichte beginnt am 8. Dezember 2022 in einer Neubausiedlung in Niedersachsen.

Eine Mutter Nadine Michaelis weckt ihre Kinder.

Drei hat sie, eine Tochter und zwei etwas ältere Söhne.

Und die Tochter muss zur Schule, Eva.

Meine Tochter war eine ganz normale 10-Jährige,

die zur Schule gegangen, als TikTok verrückt gewesen ist.

Sehr sportlich.

Rollerblade fahren, Trambolinspringen, Fahrrad fahren.

Eigentlich den ganzen Tag immer aktiv unterwegs.

Sie bereitet das Frühstück vor und hört dann plötzlich ein Schrei aus dem Badezimmer.

Mama kommt ganz schnell nach oben.

Ich habe solche Kopfschmerzen im Mehrplatz der Kopf.

Sie lässt alles stehen und liegen und rennt nach oben

und sieht ihre Tochter vor der Toilette sitzen, sich den Nacken halten

und immer wieder sagen, mir platzt der Kopf.

Und hat sich dann auch mehrfach erbrechen müssen.

Im ersten Moment habe ich gedacht, vielleicht hat es ein Migräne-Anfall.

Aber im Laufe des Vormittags hat sich das überhaupt nicht reguliert.

Und dann hat sie irgendwann angefangen zu äußern.

Ich soll das Hallo runtermachen.

Nadine Michaelis sagt dann irgendwann,

dann hat sie sich eingestanden, es ist doch was Schlimmeres

und den Rettungsdienst gerufen.

Der kam dann auch und auf diesem Rettungswagen

saß unter anderem Henry Hinrichs, Notfallsanitäter,

schon sehr lange und stellt erst mal fest,

dass Eva möglicherweise eine Hirnhaut-Inzündung hat.

Wir haben dann telefonisch über unsere Leitstelle versucht,

eine entsprechende Zielklinik zu finden.

Im ersten Ansatz war Oldenburg aufnahmefähig

und stellte sich dann aber raus, halt stopp,

wir haben gar keine Infektionsbetten.

Dann habe ich das Ganze nochmal angeleiert

für die Kinderklinik Willemshafen.

Und die waren dann auch bereit, uns aufzunehmen.

Also das heißt, die kommen dann da an,

in der Kinderklinik in Wilhelmshafen.

Was stellen die Ärzte da fest?

Dr. Eckbert Meier ist der Chefarzt der Kinderklinik in Wilhelmshafen.

Der hat schon oft die gewartet

und der wusste, da kommt ein Mädchen mit dem Verdacht auf Minigitis.

Und merkt dann aber ganz schnell,

eine Minigitis ist es eigentlich nicht.

Dr. Meier hat sich dann entschieden,

einen Schädel-CT machen zu lassen,

um eine Blutung auszuschließen.

In dem Moment war das auch noch so,

dass ich gedacht habe, und auch mein Mann,

eine Blutung, woher soll sie das haben?

Sie ist nicht gestürzt.

Sie hat keine Möglichkeit jetzt,

wo das hätte so passieren können.

Aber das CT wird gemacht und dann steht relativ schnell fest,

es blutet eben doch.

Okay, also eine Hirnblutung.

Eine Hirnblutung, genau Eva hat eine Gefäßanomalie,

also eine Missbildung von Gefäßen im Hirn.

Das war aber vorher nicht bekannt.

Das sieht man, das erahnt man auf diesen CT-Bildern.

Und aus dieser Gefäßanomalie blutet sie halt.

Ist das lebensgefährlich?

Das ist lebensgefährlich, ja.

Da muss relativ schnell der Kopf entlastet werden.

Also man muss halt ein kleines Loch bohren

und gucken, dass da das Blut im Fall von Eva dann eben abfließen kann.

Und uns war einfach klar,

das Kind muss wirklich eilig verlegt werden.

Solche Versorgung muss in Kliniken betreut werden,

die eine Neurochirurgie haben,

die dann auch möglichst spezialisiert ist auf Kinder.

Dr. Meier fängt dann an zu telefonieren

und sucht eben ein Haus mit diesen Voraussetzungen.

Wir haben erst in Hamburg angerufen.

Die Kollegen sagten, die muss operiert werden.

Aber bei uns gehen die Möglichkeiten zurzeit nicht.

Da müssen sie nochmal weitergucken.

Er hat es dann nochmal in Göttingen versucht,

weil er auch da wusste, wen er ansprechen muss.

Aber Göttingen ist einfach zu weit weg.

Weißt du, was mich irritiert?

Dass der am Telefon sitzt

und Leute anruft, wo er gute Kontakte hinhat.

Ja, ich muss ganz ehrlich sagen,

ich hätte irgendwie gedacht, dass es da so ein System gibt,

wo vielleicht mit einem Ampelsystem oder so angezeigt wird,

wo man eben hin kann.

Und nicht, dass da die Ärzte, gerade wenn es dringt,

es solange am Telefon hängen.

Ja, also es gibt Systeme, wo man sieht Rot und Grün.

Also da gibt es was, da gibt es nichts.

Das ist mal entwickelt worden für die Leitstände

und die Rettungsdienste.

Das ist aber zu statisch, wurde mir erklärt.

Im Winter, wenn alles rot ist, aber trotzdem Bettbrauch,

ist man ziemlich verloren und fängt dann eben an zu telefonieren.

Und das ist auch das, was stresst,

weil da sind dann hoch ausgebildete Menschen,

die halt stundenlang telefonieren

und versuchen, ein freies Bett zu finden.

Also zusätzlich zu der Belastung auf der Station

müssen die auch noch die Zeit finden,

rumzutelefonieren und Patienten zu vermitteln.

Wie ist das denn insgesamt?

Also wie sehr am Anschlag sind denn Deutschlands Kinderkliniken,

was freie Betten angeht?

Also zwischen Herbst und Winter sind die Kinderkliniken voll.

Und das ist immer so in Herbst und Winter.

Da rollen die Infektwellen

und dann sind eben auch nicht nur die Intensivstationen überfüllt,

sondern eben auch die Normalstationen.

Und genau, das führt dann eben auch dazu,

dass schwerstkranke Kinder dann häufig weitverlegt werden müssen.

Und wir wollten dann mal schauen, wie ist das eigentlich im Sommer?

Also wir wissen, in Herbst und Winter ist es immer voll,

aber wie ist es im Sommer.

Und haben dann Professor Florian Hoffmann besucht

auf der Kinderintensivstation der LMU München.

Und haben festgestellt, so richtig leer ist es da auch nicht.

Wie machen wir es?

Acht von acht.

Dabei bleibt es auch und gehen tut niemand.

Das heißt also...

Also es scheint immer normaler zu werden, auch im Sommer,

einfach auch, weil so viele Betten in den letzten Jahrzehnten

abgebaut wurden.

Also wenn man sich die Statistik anguckt,

dann sieht man, dass die Bettenanzahl in der Kindermedizin

eigentlich seit den 1990er-Jahren gesunken ist.

Also sie ist um einen Drittel gesunken.

Wir hatten 95 noch über 25.000 Betten.

Und 2021 waren es dann 17.696.

Also es wird halt immer weniger.

Das heißt, das passiert eben auch ganz häufig,

dass Kinder, die eigentlich in einer Klinik betreut sind,

dann doch notwendig, woanders landen.

Auch im Sommer ist es eng.

Nicht so, dass die Kinder sich stapeln überall.

Aber es ist trotzdem so eng in den Kliniken,

dass wir die Kinder nicht da immer unterkriegen,

wo wir sie haben wollen.

Ja, und genau so ist das ja auch

an diesem Dezembernachmittag in Willemshafen.

Eva geht es immer schlechter.

Sie muss am Kopf operiert werden.

Ihr Arzt, Dr. Meier, telefoniert.

Aber er findet keinen Platz für sie.

Dadurch, dass die Kollegen dann sagten,

das muss Wohnort nahe sein, haben wir gesagt.

Wir müssen dann doch Kontakt einfach mit der Neurochirurgie

in Ollenburg aufnehmen, die auch pediatrische Versorgung machen.

Die Kollegen sagten, da sind wir nicht.

Die richtigen, das muss eigentlich weiter, das muss bis nach Essen.

Sie müssen den Essen anrufen.

Das funktioniert nicht.

Wir verlieren Zeit.

Und Eva wusste auch nicht mehr so richtig, wo sie war.

Das war ein Zeichen, da verschlechtert sich was.

Das zeichte immer mehr, da muss jetzt was passieren.

Sie muss hier weg.

Man hat natürlich in dem Moment einfach nur Todesangst

um sein Kind.

Das kann ich auch nicht anders sagen.

In dem Moment haben wir gewusst,

das muss sofort eigentlich passieren.

Und das macht einen ganz schönen Verzweifelt.

Ollenburg, das Klinikum,

ist eigentlich eine Klinik, die vor allen Dingen Erwachsene versorgt.

Aber die Neurochirurgen da operieren seit ein paar Jahren auch Kinder,

weil die auch mit der Kinderklinik in Ollenburg kooperieren.

Und das ist dann jetzt eigentlich die Chance,

und das Haus für Eva, und da muss sie jetzt hin.

Wie weit ist das jetzt?

Willemshafen, Ollenburg, würde ich schätzen, sind so 40 Minuten.

Da hat sie in der Notaufnahme schon das Team bereit gestanden

und hat sie sofort mitgenommen in den OP.

Da habe ich mich nur kurz vor meiner Tochter verabschiedet

und da hat sie zu mir gesagt, mal, ich schaff das.

Und der Eingriff ist für die Ärzte nicht groß kompliziert.

Also die haben so einen kleinen Bohrer,

der macht ein kleines Loch in die Schädeldecke.

Und dann legen die da so ein,

sieht aus wie so ein kleiner Gummischlauch.

Der wird eingelegt.

Und über diesen Schlauch, über diese Drainage quasi,

kann dann das Blut und das blutige Hirnwasser abfließen erst mal.

Und dadurch ist sie erst mal außer Lebensgefahr.

Die machen dann noch mal eine weitere Aufnahme vom Kopf

und sehen dann, was es mit der Missbildung auf sich hat.

Nachdem der OP hat, der hat es mit uns gesprochen

und hat gesagt, dass sie zusätzlich hinter dieser Gefäßanomalino

ein großes Anarismalien hat.

Und hat uns dann eben gesagt,

dass diese Geschichte in einer Spezialklinik operiert werden muss.

Ich habe mir diese Bilder dann auch später angeschaut.

Das sieht so ein bisschen aus wie so ein unordentlich aufgewickeltes Wollknäuel,

was da in ihrem Kopf sitzt und wo ein Anarismal dahinter sitzt.

Und deswegen sollte Eva nach Essen verlegt werden.

Das Problem war aber, das, was im Grunde ja alle Kliniken hatten,

es gab keine freien Intensivbetten.

Und sie haben dann versucht, bei der Uniklinik in Essen

eine Intensivbetze zu bekommen,

dass sie keine Kinder auf ihre Intensivstation aufnimmt.

Und deswegen starten sie wieder vor der Frage,

wann ist ein Bett für Eva frei?

Also schon wieder kein Bett oder die Sorge, dass es das nicht gibt.

Genau.

Wie viel mal in dieser Geschichte ist das jetzt?

Erst die Frage im Krankenwagen, dann geht es darum,

wohin kann man sie verlegen?

Dann kommt die Not-OP und jetzt ist schon wieder die Frage,

ob sie da überhaupt unterkommt.

Wie kann das sein? Woran liegt dieser Notstand?

Also es fängt alles an mit dem Finanzierungssystem,

im Gesundheitswesen.

Es wird halt das finanziert, was gut planbar ist.

Operationen, die man von 10 bis 12 durchführen kann.

Und dann weiß man, man kriegt am Ende so mehr X.

Das ist planbar, das kann man machen.

Das ist Operation, das ist gut zu tun.

In der Kindermedizin ist es allerdings so,

dass es vor allen Dingen Zeit braucht.

Also man muss sehr viel Zeit in die Versorgung von Kindern stecken.

Man muss sehr viel reden mit ihnen kennen.

Das heißt, es wird nicht vergütet.

Dieses Feeling, wenn man mit Kindern zusammenarbeitet,

das ist großartig.

Und ich würde es jederzeit wieder machen,

egal, wie oft ich wieder geboren werde.

Aber leider finanziell lohnt sich Pädiatrie überhaupt gar nicht.

Das heißt, das, was die da tun,

dafür bekommen sie eigentlich zu wenig Geld.

Dazu kommt, dass all das, was es für die Erwachsenen gibt,

hält so eine Kinderklinik auch noch mal vor für die Kinder.

Die meisten Kinderkliniken in diesem Land sind hochtefizitär

und sind im Grunde immer ein Anhängsel an einer großen Klinik,

die aufgefangen wird durch andere Fachgebiete,

die eben mehr Geld verdienen.

Und Professor Hoffmann erzählt ihm auch,

dass es extrem frustrierend ist,

wenn er und sein Team ihm gute Medizin machen,

dass aber nicht ausreichend finanziert wird

und sie sich am Ende rechtfertigen müssen,

dass das nicht so schlecht ist.

Und hinzu kommt, was auch noch ein Punkt ist,

überall fehlen Pflegekräfte, auch in der Kindermedizin.

Und wenn zu wenig Pflegekräfte für die Kinder da sind,

müssen zusätzlich auch noch mal Betten gesperrt werden.

Und dann fallen halt noch mal Betten weg.

Kommen wir mal zurück zu Eva in diesem ganz konkreten Fall.

Sie braucht ganz dringend Hilfe.

Sie braucht auch diese OP von Spezialisten,

um den Knoten in ihrem Gehirn zu behandeln.

Wann bekommt sie diese Hilfe denn endlich?

Also dazu muss man einmal noch sagen,

aus dieser akuten Lebensgefahr war sie jetzt raus.

Und die Ärzte wussten halt,

wenn man mal aus dieser Gefäßanomalle blutet,

kann es halt sein, dass das irgendwann wieder passiert.

Wann genau weiß man halt nicht.

Das heißt, es galt jetzt zeitnah, also jetzt nicht morgen,

aber zeitnah sollte es halt passieren.

Und sie wollten sie auch am nächsten Tag gleich verlegen.

Und der Professor, mit dem ich da in Oldenburg gesprochen habe,

hat auch ganz klar betont,

wenn es zu einer Blutung gekommen wäre,

hätten wir sie auch behandeln können.

Eigentlich sollte das schon ein Tag nach der Not-OP in Oldenburg losgehen.

Da wurde uns aber gesagt,

dass der Kinderintensivplatz nicht frei ist.

Aber dass es der nächste Tag losgehen soll.

Und der nächsten Tag war es dann genauso.

Der Kinderintensivplatz ist nicht frei.

Das muss doch der Horror für sie gewesen sein.

Für als Mutter, oder?

Sie sagt, man war so abhängig von anderen.

Man musste sich halt darauf verlassen,

dass andere das für einen organisieren.

Man kann halt nicht helfen.

Man kann halt nicht selber gucken,

dass man ein Intensivbett für seine Tochter besorgt.

Und das hat sie auch so ein bisschen fertig gemacht,

hat ich den Eindruck, dass sie halt gesagt hat,

wir mussten drei Tage auf diesen Kinderintensivplatz warten.

So, und dann ist es aber so,

am 8. Abends, bis hier der Ort,

operiert worden, am 11. ging es dann wieder mit dem Intensivtransport.

Sie konnte nicht fliegen,

aufgrund der Druckverhältnisse,

nach Essen gebracht worden, in die Uni-Klinik.

Um dann am nächsten Morgen in der Spezial-Klinik operieren zu werden.

Okay, das ist also dann wieder eine rettende OP quasi.

Also die eine rettende OP gab es schon.

Und das ist jetzt die, die dafür sorgt,

dass das nicht noch mal passiert.

Das ist nicht noch mal passiert, genau.

Eva ist 5,5 Stunden operiert worden.

Das ist eine ganz, ganz schlimme Zeit,

weil man auch so machtlos ist.

Ja, das ist wahrscheinlich das Allerschlimmste,

was einem so als Elternteil passieren kann,

wenn man sich so große Sorgen um sein Kind machen muss.

Und das, was eben anscheinend ja passiert,

dass Kinder eben in solchen Situationen sind,

das kann ja irgendwie nicht so gedacht sein,

dass das so bleibt.

Was müsste da passieren, dass es so nicht weitergeht?

Die Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland soll neu geregelt werden.

Darüber beraten die Minister aus Brunte und Ländern.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das System der Fallpauschalen reformieren,

das er vor 20 Jahren mitentwickelt hatte.

Die feste Vergütung, unabhängig vom tatsächlichen Aufwand,

die schaffe Fehlanreize heißt es.

Ja, jetzt ist es ja so, dass wir gerade vor einer Krankenhausstrukturreform stehen.

Und dass da sehr viele Kindermediziner auch tatsächlich Hoffnung haben,

weil die sagen, das erste Mal eigentlich seit Jahrzehnten

ist das jetzt mal eine Regierung,

die sich auf die Fahne geschrieben hat, das zu verändern.

Das sagt mir auch viele, dass sie das Gefühl haben,

dass die Politik schon darauf guckt

und dass dieser Missstand in der Kindermedizin schon anerkannt ist.

In dem Gesundheitssystem stehen die Kinder tatsächlich eher in den letzten Rängen.

Frau Kinder, Medizin ist nicht wirtschaftlich

und die Ökonomie spielt in dem aktuellen Gesundheitssystem

einfach eine sehr große Rolle.

Ja, sehen wir bereits, dass in unserer Wahrnehmung,

wir in Deutschland schon ein Problem haben,

die Lebenswirklichkeit von Kindern, die Bedürfnisse von Kindern wirklich wertzuschätzen.

Vor allem meine Kollegin Isabel Strö hat mit vielen Klinikleiterinnen

und Leitern gesprochen, großer Unikliniken,

die auch noch mal gesagt haben, das ist jetzt auch wichtig,

dass diese Reform kommt und die sich schon auch erhoffen.

Also zum einen muss es nur Umstrukturierung geben,

aber auch vor allen Dingen muss die Kindermedizin

besser finanziell ausgestattet werden.

Also wir sagen nicht einfach mehr Geld,

sondern wir brauchen tatsächlich Strukturänderungen.

Und es wird ganz entscheidend, wie gut es gelingt,

die strukturiert durchzuführen.

Diese Krankenhausreform, Britt,

sag uns noch mal, was ist da genau geplant

und was kann das für die Kinderkliniken bedeuten?

Ein Kernstück dieser Reform ist, dass die Fallpauschalen,

zwar beibehalten werden, aber Kliniken bekommen jetzt auch Geld dafür,

dass sie eben die Infrastruktur vorhalten.

Ich hatte das vorhin beschrieben in der Kinderklinik,

wenn da eben der Kinderanästhesist und der Kinderschirur kommt

und der vorgehalten wird und da steht, wenn dann was passiert,

das wird halt bezahlt.

Dafür muss ich nicht fünf OP's machen,

sondern ich bekomme einfach das Geld dafür,

dass ich diese Infrastruktur vorhalte.

Es soll sozusagen dafür sorgen,

dass die Kliniken weniger ökonomischen Anreiz haben,

sondern sie wissen, sie kriegen Summe X,

um ihre Fixkosten zu bezahlen.

Also wir haben eben auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach

vor der Sommerpause noch gefragt,

was jetzt speziell die Kindermedizin betrifft

und er sagte halt, man wolle Sonderzuschläge

an die Kinderkliniken zahlen

und das sollen dann bis zu 20 Prozent mehr sein.

Wir sehen Sonderzuschläge für die Pediatrie vor,

weil das ein Bereich, das der Kronig defizitär ist

und das sind Eckpunkten auch festgelegt.

Aber das klingt da wie eine gute Idee,

oder es klingt doch wie ein Schritt in die richtige Richtung.

Genau, das wäre ein Schritt in die richtige Richtung,

sagen mir viele, das ist der Plan.

Wie es dann am Ende ausgestaltet wird, das ist halt noch offen.

Was an Eva's Fall ja auch nochmal deutlich geworden ist,

Zeit ist knapp, Geld ist knapp, Personal sowieso

und dann müssen die Ärzte auf der Suche nach einem Bett,

will durch die Republik telefonieren.

Gibt es da eine Aussicht auf Besserung?

Es ist jetzt tatsächlich so in Bayern,

dass man da versucht, mit einem Projekt das so ein bisschen zu umgehen,

indem man einfach auf Messenger setzt.

Also indem man einfach Gruppen bildet

von Leitern der Intensivstation aus näheren Umkreis

und wenn dann jemand ein Bett braucht, schreibt er in die Gruppe

und sagt, wer hat ein Bett, wer kann mir helfen

und muss nicht 20 Leute anrufen,

sondern die 20 Leute kriegen es auf ihr Handy

und können gucken, können sie helfen oder können sie nicht helfen.

Also die Uni Passau ist damit in dem Projekt involviert

und auch die Kindermedizin aus Passau,

die treiben das gerade so ein bisschen voran

und das soll jetzt im Oktober starten

und möglicherweise ist das ja was, was die Drucksituation

etwas mindert im nächsten Herbst und Winter.

Also, kommen wir wieder zurück zu Eva.

Jetzt wollen wir natürlich wissen, was ist mit ihr, was ist mit Eva.

Also die OP ist dann geglückt, sie konnten das verschließen

und sie wird dann noch tatsächlich vier Wochen weiter dort behandelt.

Tatsächlich ist es so, dass wir wirklich allen äußerst dankbar sind,

egal ob Pflegekraft, Arzt, Therapeut,

alle haben dazu beigetragen,

dass Eva wirklich eine zweite Chance gekriegt hat.

Aber man hat natürlich schon gemerkt,

dass sie vom Personal am Limit sind

und das ist eigentlich auch etwas,

was wir damit zeigen wollen, dass da was passieren muss.

Ja, Eva geht es wieder gut, kann ich sagen.

Wir waren im April und Mai bei der Familie, haben sie besucht

und die letzte Nachricht, die ich bekommen habe, ist von Anfang August

und ihr geht es wieder richtig gut.

Sie geht wieder zur Schule, sie kann wieder ganz viel machen,

sie kann wieder Trampolin springen, was irgendwie ein gutes

oder ein wichtiges Hobby für sie war.

Du bist dran, Mama.

Das Einzige, sie hatte so ein bisschen Wortfindungs-Schwierigkeiten.

Also sie weiß durchaus, was die Farbe gelb ist,

kann gelb aber nicht benennen,

sodass Nadine Michaelisinn auch gesagt hat,

wir haben bis zum Umfallen Uno gespielt,

dass die Farben wiederkommen, dass die Zahlen wiederkommen.

Genau, da bekommt sie auch noch professionelle Unterstützung,

aber ja, ihr geht es eigentlich wieder sehr gut.

Ich hoffe, dass ich bald wieder alles machen kann,

also nicht unbedingt alles, alles,

aber jetzt zum Beispiel wieder in Liner fahren können,

reiten kann bei meiner Freundin

und all solche Sachen, die ich momentan noch nicht darf.

Ich möchte halt so sagen,

dass man niemals aufgeben soll

und dass jeder für einen da ist

und man das versuchen muss,

alles zu schaffen, was man schaffen will.

Britt, danke, dass du uns davon erzählt hast.

Sehr gerne.

Britt Rösner hat zusammen

mit ihrer Kollegin Isabel Strö

für das NDR-Magazin Panorama 3

ein Film zu dem Thema gemacht.

Findet ihr in der ARID-Mediathek.

Uns, 11 km, gibt's in der ARID-Audiothek.

Lasst uns gern Abo da, dann verpasst ihr keine Folge.

Autor dieser Folge ist Hannes Kunz.

Mitgearbeitet hat Stefan Beutting,

Produktion Christiane Geherhäuser-Kamp,

Fabian Zweck und Hanna Brünjes.

Redaktionsleitung Lena Götler und Fumiko Lipp.

11 km ist eine Produktion von BR24

und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Kochmann.

Wir hören uns.

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Wenn mehr Kinderintensivbetten benötigt werden, als verfügbar sind, dann kann es lebensgefährlich werden. Als die zehnjährige Eva plötzlich eine Hirnblutung hat, beginnt für sie und ihre Eltern eine tagelange Odyssee mit ungewissem Ausgang. Medizinisches Personal jenseits der Belastungsgrenze, ein Gesundheitssystem, das Kindermedizin und das Vorhalten von Betten unwirtschaftlich macht. In dieser Folge 11KM erfahrt ihr, was hinter diesen strukturellen Mängeln steckt und ob die anstehende Krankenhausreform noch verhindern kann, dass das System vollends kollabiert. Die NDR-Journalistin Brid Roesner erzählt über die Zustände in den Kinderkliniken und wie es Eva heute geht.



Der Link zur Panorama-Doku:

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2023/notfall-kinderklinik-wenn-kein-bett-mehr-frei-ist,kindermedizin104.html



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Hannes Kunz

Mitarbeit:Stephan Beuting

Produktion: Hanna Brünjes, Christiane Gerheuser-Kamp, Fabian Zweck

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diesen Podcast liegt beim NDR.