Echo der Zeit: Kehrtwende: Deutschland soll 25 Panzer kaufen dürfen

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 3/28/23 - 45m - PDF Transcript

Radio-SRF Echo der Zeit mit Simon Hulliger.

Unsere Themen am 28. März. Panzer für Deutschland. Die zuständige Kommission des Nationalrades

will 25 ausgemusterte Leopard-Panzer an den Hersteller Rheinmetall zurückverkaufen.

Der Blick zurück der Finanzmarktaufsicht FINMA und die Frage, warum steht im Jahresbericht

so wenig zum CSD-Backel? Klimawandel, Konflikte, Armut, die Spannungen steigen und auch die

Wut vieler Menschen.

Auf diese Wut antworten Staaten mit Repressionen. Der demokratische Raum werde kleiner,

waren die Generalsekretärin von Amnesty International.

Dann der umstrittenen Entscheid des internationalen Olympischen Komites. Russische und Belarusische

Athletinnen dürfen zurück in den Weltsport.

Und Chinas Einfluss auf die internationale Finanzordnung. Peking vergibt im großen Stil

Rettungskredite an Länder, die ihre Schulden nicht mehr bedienen können.

Das Problem ist wirklich die Intransparenz. Wir können sehr viel weniger in Echtzeit

nachvollziehen, was da passiert. Wer wird gerade gerettet zu welchen Konditionen? Es

ist alles vielschichtiger geworden.

Sagt der Autor einer neuen Studie zur Rolle Chinas als Gläubiger? Im Echt oder Zeit?

Die Schweiz soll einen Teil ihrer ausgemusterten Leopard-Panze an den Hersteller Rheinmetall

in Deutschland zurückverkaufen können. Dies beantragt die Sicherheitspolitische Kommission

des Nationalrates im Rahmen der bevorstehenden Debatte über die Armeebotschaft. Damit könnte

der Bundesrat einem Gesuch Deutschlands Schweizer Panzer übernehmen zu können entsprechen.

Aus dem Bundeshaus Philipp Burghardt.

Ein erstes Gesuch stillgelegte Leopard-Panze der Schweizer Armee übernehmen zu dürfen

hat dem letzten Jahr Polen eingereicht. Begründet wurde dies damit, dass Polen in großem Ausmaß

Waffen an die Ukraine geliefert haben und deshalb Mittel brauchen, um die eigenen Bestände

aufzustocken. Der Bundesrat lehnte das Gesuch ab. Die Panzer müssten formell außer Dienst

gestellt werden, bevor man sie weitergeben könne und dazu seinen Scheid im Rahmen einer

Armeebotschaft nötig. Der Bundesrat verzichtete dann aber darauf, in der diese eigenen Armeebotschaft

diesen Antrag zu stellen. Das tut nun die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats,

denn mittlerweile ist auch Deutschland mit einem Gesuch an die Schweiz gelangt. FDP-Nationalrätin

Maja Rinniker war die Antragstellerin. Mit 17 gegen 7 Stimmen ist die Kommission ihrem

Antrag gefolgt, 25 der 96 ausgemusterten Schweizer Leopard-Panze nun freizugeben. Allerdings

nur dann, wenn sie an den Herstellereinmetall in Deutschland zurückverkauft werden. Dies

hat die Kommission mit knapper Mehrheit präzisiert. FDP-Nationalrätin Rinniker ist hoch erfreut.

Ich verspüre eine Genugtuung, weil das Thema der Ausredinstellung beschäftigt uns nun

schon seit letztem Sommer, als zum ersten Mal die Anfrage von Polen kam. Wir haben das Thema

in der Kommission mehrfach diskutiert und ich glaube, heute ist uns gelungen, mit Ausnahme

der SVP alle Parteien für diesen Entscheid gewinnen zu können. Auch die armeekritischen

Linksparteien, die SP und die Grünen haben in der Kommission für die Ausredinstellung

der 25 Leopard-Panze gestimmt. SP-Nationalrätin Franzis Karot. Schauen Sie für mich ist

es so, dass in dieser Situation, wo wir jetzt sind, jede Unterstützung der europäischen

Länder, die viel mehr leisten als wir, die der Ukraine dient, ich unterstütze und ich

bin überzeugt, dass das so mit den ausgemusterten Leoparden neutralitätsrechtlich konform ist.

Die SVP ist als einzige Partei der Meinung, dass die Schweiz diese Panzer selber brauche,

um die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee wiederherzustellen. Deutschland wolle

unsere Leopard-Panze ja, weil sie einen Teil ihrer eigenen in die Ukraine geliefert habe,

sagt SVP-Nationalrat Mauro Tuena. Wir haben keine solche Tauschmöglichkeit, das heißt,

wir stehen dann ohne diese Panzer da und das ist sicherheitstechnisch, finde ich das höchst

bedenklich. Der Antrag der Kommission wird in der

Sommersession vom Plenum des Nationalrats bewilligt werden müssen und bei einer Annahme

muss er auch noch die Hürde des Ständerates nehmen. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit

ist also noch längst nicht gesprochen.

Philipp Burkhardt und jetzt zu den Nachrichten mit Marisa Eckli und wir bleiben bei der Sicherheits-

politischen Kommission des Nationalrates. Diese hat sich heute erneut mit der Räumung des

ehemaligen Munitionslagers Mitholz im Berner Oberland befasst.

Die vollständige Räumung von Mitholz soll nun doch schnell beginnen, das sagt die Kommission.

Sie hat ihren Entscheid zur Sistierung des Dosiers rückgängig gemacht, auch auf Druck

verschiedener Seiten, wie der Kommissionspräsident sagte. Durch die Sistierung waren Gelder

blockiert worden für den Kauf und zu räumenden Häusern. Das habe bei der betroffenen Bevölkerung

für Unmut gesorgt. Die ÖV-Branche will ihr Angebot für

Jugendliche und junge Erwachsene attraktiver machen. Ab dem 1. Juni sollen Personen unter

25 Jahren deshalb ein sogenanntes GA-Night kaufen können, für 99 Franken pro Jahr,

wie der Branchenverband Allian SwissPass mitteilt. Das neue Angebot ermöglicht die ÖV-Nutzung

ab 19 Uhr. Es ersetzt das bisherige 725-Abo, das deutlich teurer ist.

Zu schwer, zu groß oder technisch nicht fit genug für den Verkehr. Etwa jeder fünfte

Lastwagen, Lieferwagen oder Bus ist letztes Jahr deswegen in Schweizer Kontrollen hängen

geblieben. Laut dem Bundesamt für Straßen kontrollierten Bund und Kantone knapp 130.000

Fahrzeuge im Schwerverkehr. Fast 24.000 Fahrzeuge wurden beanstandet. 4.700 durften nicht mehr

weiterfahren. Daneben gab es weitere gut 4.000 Beanstandungen, weil Schoffhöhre die Arbeits- und

Ruhezeiten missachtet hatten. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Turgau akzeptiert das Urteil

im Fall Hefenhofen nicht und legt gegen das Erstinstanzliche Urteil Berufung ein. Vor

einer Woche hatte das Bezirksgericht in Arbon einen Landwirt in wichtigen Punkten freigesprochen.

Verurteilt wurde er wegen mehrfacher Tierquälerei sowie einigen Nebenanklagepunkten. Der Mann

soll auf seinem Hof in der Turgauer Gemeinde Hefenhofen über Jahre Tiere vernachlässigt

und gequält haben. Ins Ausland. Die EU beschließt das Aus von Neuwagen mit Diesel und Benzinmotoren.

Diese dürfen ab 2035 in der EU nicht mehr verkauft werden, also in 12 Jahren. Das haben

die EU-Mitgliedstaaten beschlossen. Von Verbot ausgenommen werden Autos, die mit CO2-neutralem

Treibstoff fahren. Diese Ausnahme wurde auf Antrag der deutschen Regierung in den Gesetzestext

aufgenommen. Frankreichs Oberstes Gericht hat es definitiv abgelehnt, 10 Linksterroristinnen

und Terroristen an Italien auszuliefern. Da die Betroffenen seit mehreren Jahrzehnten

in Frankreich lebten, greife eine Auslieferung zu stark in ihr Privatleben ein, so das Gericht.

Ein Teil der zehn Betroffenen gehörte zur Terrororganisation Rote Brigade, die in Italien

in den 1970er- und 80er-Jahren zahlreiche Morde verübt hatte.

Hamza Jussaf ist offiziell neuer Regierungschef von Schottland. Nachdem er gestern von seiner

Partei als Vorsitzender gewählt wurde, hat heute auch eine Mehrheit des schottischen

Regionalparlaments für ihn gestimmt. Jussaf tritt die Nachfolge von Nicolas Dördgen

an, die letzten Monate nach acht Jahren im Amt ihren Rücktritt bekannt gegeben hatte.

Bei einem Brand in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez sind mindestens 39 Migranten

aus Mittel- und Südamerika ums Leben gekommen. 29 weitere seien verletzt worden, teilte die

mexikanische Einwanderungsbehörde mit. Laut den Behörden kam es zum Brand, weil mehrere

Migranten Matratzen angezündet hatten, aus Protest gegen eine drohende Abschiebung.

Zu den Börsendaten von 18.08, geliefert von 6, der Swiss Market Index schließt bei 10.839

Punkte plus 0,5 Prozent. Der Dow Jones Index in New York steigt um 0,2 Prozent. Der Euro

wird zu 99°72 gehandelt, der Dollar zu 92°01. Im Norden gibt es in der Nacht und auch

morgen lokale Schauer, vor allem am Nachmittag zeigt sich ab und zu die Sonne. Im Süden

ist es morgen zeitweise Sonnig. Die Temperatur beizeit der Alpen bei 14 bis 18°.

Die Finanzmarktaufsicht FINMA steht im Rampenlicht. Sie spielt eine Schlüsselrolle bei der Notübernahme

der Credit Suisse durch die UBS. Entsprechend viele Fragen stellen sich nun zur Rolle der

FINMA im CST-Bakel. Heute hat sie den Jahresbericht 2022 veröffentlicht, wer darin nach Antworten

sucht, wird enttäuscht. Interessant ist der Bericht aber trotzdem.

Wirtschaftssektor Jan Baumann

Das vergangenen Jahr hat die Finanzwelt massiven Stress ausgesetzt. Ukrainekrieg, Energiekrise,

Inflation rasant steigende Zinsen. Zusammengenommen ergab sich ein giftiges Gemisch. Und entsprechend

lang ist die Liste der Risiken, mit denen sich die FINMA als Aufsicht über die Banken

und Versicherungen befasst, in ihrem jüngsten Jahresbericht. Dazu ein paar Beispiele.

Wie gefährdet sind die Hypotekarkredite der Banken bei steigenden Zinsen? Wie gut funktioniert

die Bekämpfung der Geldfischerei? Wie strikt halten sich die Finanzhäuser an die Sanktionen

gegen Russland? Wie gut barieren sie Cyberattacken, die immer häufiger werden?

Dazu kommen diverse Untersuchungen zu Skandalen und Verfehlungen, namentlich der Großbanken

Credit Suisse und UBS. Etwa beim Kollaps des Spekulationsvehikuls AKGOS.

Die FINMA macht dazu unschmeichelhafte Bemerkungen. So schreibt sie, auch bei der UBS nicht nur

bei der Credit Suisse, hätten sich Schwächen in der Risikokontrolle gezeigt.

Und nochmals kommt zur Sprache, dass die CS eine schwere Rüge kassierte, für ihre

viel zu riskanten Geschäfte mit dem geschreiterten Greensilfong. Anders die Abschnitte zur Finanzstabilität.

Diese wirken schon fast verharmlosend. Auf den Krisenfall seien CS und UBS relativ

gut vorbereitet. Mit anderen Worten, dank der To-Bit-to-Fail-Regulierung, könnten

die Großbanken ihre Kernfunktionen für die Schweizer Wirtschaft auch in einer Krise

theoretisch weiterhin erfüllen, ohne dass der Staat die Banken retten müsste. Allerdings

ganz am Ziel seien die zwei Finanzkolosse mit ihren Vorkehrungen für einen solchen Krisenfall

dann doch nicht, heißt es im Bericht. In diesem Punkt der Krisentauglichkeit der Großbanken

gibt es nun einen Haufen von Fragen an die Adresse der Firma. Fragen, die die Behörde

offenbar heute nicht alle beantworten wollte. Darum hat sie, nach dem dramatischen Scheitern

der CS, die heutige Jahresmedienkonferenz kurzfristig abgesagt.

Im Jahresbericht findet sich also nichts alarmierendes zur Stabilität der CS. Wie kann das sein?

Frage nun an Jan Baumann hat die Firma im letzten Jahr zu wenig hingeschaut.

Das würde ich nicht sagen. Mittlerweile wissen wir die Skrete im Hintergrund. Da hat die

Firma einiges unternommen. Nur hat sie das nicht an die große Glocke gehängt, nicht alles

im Jahresbericht rapportiert. Aber sie hat bei ihren Analysen der Krisentauglichkeit-Stichwort

der Viktor Fail zubilligen müssen, die CS erfüllte die Sicherheitsanforderungen zumindest

auf dem Papier. Aber jetzt im Nachhinein muss man sagen, Alarmsignale gab es ja eigentlich

schon. Ja, die gab es laut und deutlich waren, die zu hören. Spätestens als im Herbst die

Vertrauenskrise ausbrach und die Kundschaft massenweise Gelderabzug bei der Bank. Die

Firma hatte auch einen Krisenstab, der sich damit befasste. Aber man muss sehen, für

das Scheitern der CS ist nicht die Aufsicht verantwortlich, sondern in erster Linie das

Management. Die Firma hat ja entschieden, keine Medienkonferenz

zu veranstalten. Sie haben es gesagt, ist das klug in einer Zeit, in der es darum geht,

Vertrauen aufzubauen? Ich würde sagen, optimal ist es sicher

nicht. Auf der anderen Seite geben nun die Köpfe der Firma, die Präsidentin und der

Direktor laufend Interviews. Und was sie heute zum, also heute zum CS-Debakel zu sagen haben,

das gehört nicht, eben nicht in den Jahresbericht. Der ist ein Rückblick auf 2022. Die brennenden

Fragen betreffen die künftige Regulierung und die Aufsicht über die Banken. Da geht

die Debatte nun erst richtig los. Das war Wirtschaftssektor Jan Baumann.

Echer der Zeit auf Radio SRF und bei uns geht es weiter mit folgenden Themen. So nicht und

vor allem nicht jetzt. Der Vorstoß der FDP zur neuen UBS erleidet in der Wirtschaftskommission

des Ständerats Schiffbruch. Ein düsteres Bild. Die Menschenrechte stehen weltweit

massiv unter Druck. Das Gespräch mit der Generalsekretärin von Ernest International.

Chinas Schuldner in Schwierigkeiten. Immer häufiger muss Peking Notkredite vergeben. Und

Tschechens liberaler Umgang mit Rauschmitteln. Das Land plant die Legalisierung von Cannabis.

Wie umgehen mit dem neuen Bankenkoloss UBS? Kaum war die Zwangsfusion kommuniziert

gegen die FDP in die Offensive und forderte etwa, dass die UBS das Schweizgeschäft der CS

sofort wieder verkaufen soll. Doch nun ist die FDP mit diesem Vorstoß in der zuständigen

Kommission des Ständerates aufgelaufen. Die Wirtschaftskommission hat alle parlamentarischen

Vorstöße zu CS, die auf dem Tisch lagen, sistiert. Aus Sorge, dass die Übernahme noch

gefädelt werden könnte.

13 Ständerätinnen und Ständeräte sitzen in der Wirtschaftskommission. Sie tagten gestern

und heute hinter verschlossenen Türen im Bundeshaus und hatten hohen Besuch. Finanzministerin

Karin Keller-Sutter und Nationalbankpräsident Thomas Jordan mussten Red und Antwort stehen.

Die Diskussion, die wir führten, war sehr intensiv. Sagt Alex Kubrecht, SVP-Ständerat

und Präsident der Wirtschaftskommission. Wir müssen festhalten, die Geschichte ist

noch sehr heiß. Es ist noch nicht erledigt. Es sind noch nicht die trockenen Tücher. Und

die Kommission ist dann zum Schluss gekommen, dass wir es nicht für sinnvoll erachten, dass

im Moment derartige Anträge weitergegeben werden ins Parlament. Wir haben deshalb sämtliche

Vorstöße und Anträge sistiert.

Auf dem Tisch lagen verschiedene Vorstöße. Unter anderem derjenige der FDP, welcher eine

sofortige Abspaltung der CS Schweiz aus der neuen UBS fordert. Die Kommission hat auch

diesen sistiert und auf später verschoben, weil die Übernahme der CS durch die UBS noch

nicht in trockenen Tüchern sei, wie sich Kubrecht ausdrückt.

Die Verträge müssen noch unterzeichnet werden. Es wäre wahrscheinlich nicht sehr förderlich

für die Sache, wenn eine große Polemik entsteht und dann, falls die internationalen Finanzmärkte

wieder verunsichern würde. Wir sind der Auffassung, dass es jetzt wichtig ist, dass die Stabilität

des Finanzsystems im Vordergrund steht und nicht irgendwelche Vorstöße, die das Gegenteil

bewirken würden.

Tatsächlich sind zentrale Punkte der CS übernahme durch die UBS noch nicht definitiv ausgehandelt

und unterschrieben. Zum Beispiel die Details der 9 Milliarden-Garantie des Bundes zugunsten

der UBS. Um diese Verhandlungen nicht zu torpedieren, will die Wirtschaftskommission

des Ständerates den politischen Druck zurückfahren, betont auch SP-Ständerat Carlo Somaruga.

Das hat unmittelbare Konsequenzen für die Sonder-Session nach Ostern. Das Parlament

dürfte dann zwar die Notkredite gutheißen, der Ständerat dürfte bei weitergehenden

politischen Forderungen aber auf die Bremse treten.

Bereits am letzten Samstag hat auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter vor der Forderung gewarnt,

dass die UBS das Schweizgeschäft der CS umgehend wieder verkaufen müsse. Sie begründete das

in der Samstagsrundschau von Radio SRF allerdings nicht mit noch laufenden Verhandlungen, sondern

mit bereits getätigten Abmachungen.

Das wäre eine wesentliche Veränderung der Abmachung, die man getroffen hat. Ich könnte

mir vorstellen, dass die UBS sich dann überlegt, was sie macht. Ich würde jetzt das Risiko

nicht eingehen.

Die Vorsicht und die warnenden Worte der Finanzministerin und der Ständerätlichen

Wirtschaftskommission kontrastieren mit der Forschenhaltung der FDP. Diese forderte

letzte Woche umgehend, die UBS müsse das Schweizgeschäft der CS rasch wieder verkaufen. Sie

lassierte eine Unterschriften-Sammlung um Druck aufzubauen und druckte in fünf Sonntagszeitungen

auch in Serate mit genau dieser Forderung. Torpediert die FDP also mit ihrer Forderung

den Deal zwischen der CS und der UBS? FDP-Präsident Thierry Burkhardt verneint. Er habe immer zuerst

den Deal sichern wollen.

Das um mir vorgeschlagene Vorgehen ist ja eben, dass zuerst der Kauf vollzogen wird

und anschließend die Frage der Credit Suisse Schweiz angegangen wird. Insofern ist es

keine Torpedierung der jetzt vorgelegten Lösungen. Andererseits bezweifle ich aber ohnehin, dass

die UBS jetzt noch aus diesem Kauf aussteigen könnte, denn das würde nicht nur die Credit

Suisse destabilisieren, sondern das Bankensystem weltweit und damit indirekt natürlich auch

die UBS.

Burkhardt gibt sich also konziliant. Gleichzeitig markiert er aber auch einen Widerspruch zur

eigenen Bundesrätin. Doch mit dem Vorpreschen, das Schweizgeschäft der CS von der UBS abzuspalten,

läuft die FDP zunächst auf. Dieses Anliegen ist fürs Erste auf später verschoben.

Oliber Washington. Die Menschenrechte stehen weltweit massiv unter Druck, so der Befund

des Jahresberichts der Menschenrechtsorganisation eines die Internationalen.

Was sind die Gründe und wo liegen die größten Probleme?

Friedrich Steiger sprach darüber mit Agnès Kallamach, der Generalsekretärin von Amnesty

International.

Der heute veröffentlichte Jahresbericht von Amnesty International ist keine erbauliche

Lektüre. Wird tatsächlich alles immer schlimmer, punkto Menschenrechte?

Ich würde nicht sagen, dass das nur ein Primant ist, in der wir in 2002 noch etwas

zu tun haben. Nicht alles war negativ im vergangenen Jahr. Die Antwort der Staatengemeinschaft

auf den russischen Überfall auf die Ukraine war außergewöhnlich und sollte als Vorbild

dienen. Auf einmal wurden die internationale Ordnung, das Völkerecht hier wieder ins Zentrum

gestellt, Gerechtigkeit und die Respektierung der Menschenrechte wurden gefordert. Bedauerlicher

Weise werden diese Prinzipien nicht auch auf andere Konflikte angewendet. Gleichzeitig

war das Jahr 2022 geprägt durch mehr Repression überall in der Welt, selbst in Europa. Die

Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit werden eingeschränkt, ebenso die Rechte der

Frauen, besonders krass in Afghanistan oder im Iran, aber selbst in den USA mit dem Angriff

auf das Recht auf Abtreibung.

In den USA gibt es eine enorme Deffekt im Jahr 2022.

Welches sind denn aus Ihrer Sicht die aktuell größten Probleme, wo präsentiert sich die

Lage am düstersten?

Das Problem ist, dass die Mehrheit aller Regierungen freiheitsfeindliche Maßnahmen ergriffen hat,

in der Praxis und in der Gesetzgebung. Besonders gravierend ist das in Ländern wie Afghanistan

oder Iran, aber auch im Westen, etwa wenn Großbritannien das Recht zu demonstrieren

einschränkt. Die Freiheit der Bevölkerung schwindet überall, überall.

Wo sieht man bei Amnesty International die Ursachen für die praktisch weltweit negative

Entwicklung in Sachen Menschenrechte?

Wir leben in ausrodentlichen Zeiten. Die Menschheit steht derzeit gleich mehreren existenziellen

Krisen gegenüber, dem Klimawandel, dem Konflikt zwischen den Großmächten, USA, China und

Russland, der Verarmung weiterteile der Bevölkerung, der Zunahme des Hungers. Die Spannungen innerhalb

von Ländern und Zwischenländern nehmen zu. Immer mehr Leute sind wütend. Auf diese Wut

antworten die Regierungen mit Repression, um ihre Macht zu verteidigen. Das Ergebnis

der demokratische Raum schrumpft.

Man gewinnt den Eindruck, dass sich selbstdemokratische westlich orientierte Länder nicht mehr gleichermaßen

für die Stärkung der Freiheitsrechte einsetzen.

Selbstdemokratische Staatenmessen der Verteidigung der Menschenrechte nicht mehr dieselbe Bedeutung

zu. Es ist scheinheilig, wenn Regierungen zwar im Fall Ukraine auf völkerrechtliche

Prinzipien pochen, diese aber in anderen Fällen und oft auch im eigenen Land nicht hochhalten.

Ist man hier nicht konsequent, fällt das internationale Wertesystem zusammen und man

ist außerstande, Freiheitsrechte global durchzusetzen.

Ihre Organisation Amnesty International wehrt oft scharf kritisiert. Autokratische Regierungen

werfen ihr vor, ausschließlich westliche Werte und Prinzipien hochzuhalten.

Wir sind seit Jahrzehnten mit dieser Kritik konfrontiert. Dabei verkörpen die Menschenrechte

universelle Werte, Meinungsäußerungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Freiheit der Frauen. Das

sind nicht westliche Werte. Amnesty International hat mittlerweile 72 Länder-Sektionen mehrheitlich

in Ländern des Südens. Auch dort verlangen die Menschen nach Grundfreiheiten. Unsere

Botschaft ist also eine universelle.

Äußerst scharfe Kritik, aber auch an ihrem Bericht über die israelische Politik gegenüber

den Palästinensen, indem sie von der Partei-System sprechen. Sind sie dazu weit gegangen?

Unser Bericht, in dem Israel als Appartheit-Staat bezeichnet wird, wurde während vier Jahren

sorgfältig vorbereitet. Die Ergebnisse stützen sich auf das Völkerrecht. Uno-Experten gelangen

zu ähnlichen Schlüssen wie wir. Wir stehen zu der Bezeichnung Appartheit, auch wenn man

uns deswegen Antisemitismus vorwirft. Es ist nicht das erste Mal, dass wir scharf kritisiert

werden, weil wir Klartext sprechen. Wir können uns nicht davon abwenden, was in Israel und

Palästina geschieht.

Zu reden gaben auch die Amnesty-Röscherchen zu Ukraine, wo sie den ukrainischen Streitkräften

vorwerfen, die eigene Bevölkerung als Schutzschild zu missbrauchen.

Wir sind nicht die Einzigen, die auch der ukrainischen Seite Menschenrechtsverletzungen

vorwerfen. Aber wir sagen zugleich, dass das Ausmaß an solchen Verletzungen seitens

der Russen ungleich größer ist. Es geht darum, eine Vielzahl von Verbrechen während des

Seitens der Ukraine um punktuelle Fälle geht. Es handelt sich um eine ganz andere Dimension.

Sehr vieles ist offenkundig düster derzeit. Gibt es für sie trotzdem Entwicklungen, die

ihnen Hoffnung machen?

Absolut. Und woher kommt meine Zuversicht? Weil trotz aller Repression, trotz aller

Einschränkungen von Grundfreiheiten, die Menschen das nicht hinnehmen. Sie wehren

sich weiter. Ich als privilegierte Frau aus dem demokratischen Frankreich darf doch nicht

klein beigeben, während die Frauen im extremen Unterdrückungsstaat Iran mutig kämpfen,

während sich afghanische Frauen für das Recht zu studieren oder zu arbeiten wehren. Aufgeben

ist keine Lösung. Man muss sich engagieren, auf welche Weise auch immer. Dann kann man

die Dinge verändern. Anjes Galamachs ist Generalsekretärin von Amnesty International,

die Fragen stellte Fredrik Steiger.

Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus dürfen wieder an internationalen Wettkämpfen

teilnehmen. Das hat das internationale Olympische Komitee heute so empfohlen. Vor einem Jahr

hat das Komitee vorgeschlagen, sie auszuschließen. Nun also die Kehrtwende. Der Sport könne

keine Kriege verhindern, sagte Thomas Bach, der Präsident des IOC, das sei Aufgabe der

Politik. Aber? Sport könne ein Beispiel sein für gegenseitige Respekte, können Türen

öffnen, zu Dialog und Frieden. Athletinnen und Athletinnen aus Russland und Belarus kommen

also zurück in den Weltsport. Frage nun an Sportdetaktor Lionel Mattmüller, wie begründet

das IOC diese Empfehlung?

Das IOC ist der Ansicht, dass es nicht den Werten und der Karte des IOC entspreche, Sportlerinnen

und Sportlaufgrund der Nationalität von Wettbewerben auszuschließen. Das sieht nicht nur Präsident

Thomas Bach so, sondern viele Verbände, die dem IOC angehören. Die Kritik ist vor allem

in Zentral und in Westeuropa laut.

Gibt es Einschränkungen für die Athleten-Atletinnen aus Russland und Belarus?

Sie dürfen nur unter Neutral auf Lage starten. Das dürfte eine Maßnahme sein, um zu verhindern,

dass die beiden Länder sportliche Erfolge ihrer Athletinnen und Athleten propagandistisch

vereinnahmen. Ob das dafür ausreicht, ist zumindest fraglich. Außerdem bleiben Teams

und Sportlerinnen und Sportler mit Verbindungen zu Militär der beiden Länder ausgeschlossen.

Bei vergangenen Olympischen Spielen haben mehrere russische Sportler teilgenommen, die

der Armee angehören. Das alleine bedeutet nicht, dass sie Dienst an der Waffe leisten

oder den Krieg aktiv unterstützen, aber propagandistisch sind sie wertvoll. Und ein weiterer

wichtiger Punkt von heute, über die Teilnahme an Olympischen Spielen ist noch nicht entschieden.

Da lässt sich das IOC noch Zeit.

Nun ist es ja bloß eine Empfehlung. Wie verbindlich ist diese? Könnten einzelne internationale

Spitzen-Sportverbände am Ausschluss festhalten?

Ja, der Internationale Leichtathletikverband beispielsweise hat es bereits im Vorfeld angekündigt,

den Bahn aufrecht zu erhalten. Der Internationale Fechtverband auf der anderen Seite hat es

bereits im Vorfeld entschieden, die betroffenen Sportlerinnen und Sportler wieder zuzulassen.

Es ist nun davon auszugehen, dass sich die meisten Verbände in den nächsten Tagen dazu

äußern werden. Viele von ihnen haben diesen Entscheid heute abwarten wollen. So kann

man sich dann dem IOC anschließen.

Gibt es bereits Reaktionen aus der internationalen Sportwelt auf diesen Entscheid, diese Empfehlung?

Dieser Entscheid hat sich ja abgezeichnet und die Ukraine hat es bereits im Vorfeld

gesagt, dass man auf keinen Fall russische Sportlerinnen und Sportler sehen wolle, bis

dieser Krieg mit einem Sieg der Ukraine endet. Das Land sieht auch einen Boykott der olympischen

Spiele in Betracht. Bereits reagiert hat die deutsche Bundesinnenministerin, der entscheidet,

sei ein Schlag ins Gesicht der ukrainischen Sportlerinnen und Sportler, sagt Nancy Fasser,

für eine Rückkehr Russlands in den Weltsport GBS, keinen Grund.

Das war Sportredaktor Lionel Matt Müller.

Viele Länder haben bei China Kredite aufgenommen, damit sie Brücken, Häfen oder Straßen bauen

konnten, im Rahmen des Projekts Neue Seidenstraße oder auch Belt and Road Initiative. Doch nun

zeigt sich, immer mehr Länder können diese Schulden nicht mehr bedienen. Damit Zahlungen

nicht ausfallen, vergibt China Rettungskredite im grossen Stil. Zu hohen Zinsen.

Dies zeigt zum ersten Mal eine Analyse von Forscherinnen und Forscher der Harvard Kennedy

School, der Weltbank und dem Kiel-Institut für Wirtschaft.

Einer der Studienautoren ist Christoph Trebesch, er ist Leiter des Forschungszentrums Internationaler

Finanzmärkte und Makroökonomienkiel. Ich wollte von ihm wissen, 60% aller Kredite,

die China im Ausland vergeben hat, sind bedroht. So zeigt es die Studie. Was bedeutet es für

China, wenn diese Schulden nicht mehr bedient werden könnten?

Nun, das bringt erst mal die große ambitionierte Initiative der Belt and Road in Gefahr. Es

ist schwierig, neue Kredite zu vergeben, ambitieuse neue Projekte anzustoßen, wenn so

viele Länder in Schwierigkeiten stecken und die Volumina sind eigentlich nicht so groß,

dass sie sozusagen den chinesischen Banksektor gefährden würden, aber es ist eben politisch

und geopolitisch erst mal schlechte Nachrichten.

Nun vergibt China Rettungskredite. An 22 Länder wurden bereits solche ausbezahlt, darunter

die Türkei, Ägypten, Argentinien, Pakistan oder Sri Lanka. Zu welchen Konditionen?

Nun, zunächst einmal sind die sehr intransparant. Wir wissen sehr wenig über diese Rettungskredite

und was wir wissen, deutlich darauf hin, dass die Zinsen eben höher sind, als das, was

Länder etwa an die Weltbank oder den Inzern zu einer Währungsfonds zahlen. Das passt auch

zum Gesamtbild. China verlangt immer etwas mehr als jetzt andere bilaterale oder multilaterale

Gläubige. Das geht in Richtung Marktkonditionen.

Marktkonditionen können Sie das noch kurz erläuten?

Ja, also das sind so die 3, 4, 5 Prozent Zinsen. Das liegt etwas unter dem, was Anleihenhalter

oder internationale Finanzmärkte in diesen Ländern an Rendite erwarten. Aber es ist

eben deutlich mehr, als die Weltbank, die dann so ein Prozent Krediten vergibt. Also

so irgendwo zwischen dem, was jetzt Hedgefonds verlangen würden und dem, was andere Geldgeber

verlangen.

Und behandelt China alle Länder gleich?

Das ist auch sehr stark unterschiedlich. Das haben wir uns nicht in diesem Detailgrad

angeschaut, was jetzt genau die einzelnen Unterschiede ausmacht, aber wo riskantere

Länder bekommen tendenziell weniger Kredite und Rettungskredite. Als reichere Länder

dort würden gerne auch mal mehr frisches Geld nachgeschoben. Das ist nicht der Fall

für die ärmsten Länder, die erhalten meistens keine frischen Kredite, sondern müssen die

Schulden umstrukturieren. Die Zahlungen werden gestreckt, aber eben wenig Schulden

vergeben.

Neue Kredite um alte Schulden zu tilgen, was passiert denn, wenn auch diese neuen Schulden

nicht mehr bedient werden könnten?

Ja, das ist das alte Spiel in Schuldenkrisen, Schuldenkrisen mit neuen Schulden lösen zu

wollen. Das haben wir auch in der Eurozone gesehen. Man hofft natürlich, dass das Problem

sich über die Zeit verbessert, etwa weil die wirtschaftlichen Bedingungen sich verbessern,

die Rohstoffpreise steigen, das Wachstum wieder kommt und sich damit die Lage stabilisiert.

Und das ist eine alte Methode, die natürlich auch schiefgehen kann. Man hat in Griechenland

immer wieder neue Rettungspakete auflegen müssen und das ist eben hier auch denkbar,

dass das erst die erste Welle an Rettungskrediten ist und China dann nochmal einige Jahre nachschieben

wird müssen.

China hat also ein Rettungssystem für Krisenstaaten aufgebaut, quasi als Gegenspiele von westlichen

Institutionen wie etwa dem internationalen Währungsvorder der Weltbank. Was bedeutet

das für das internationale Finanzsystem?

Ich sehe das Ganze als Vorbote einer neuen Welt, in der die internationalen Finanzarchitektur

weniger unipolar als weniger transparent wird, als sie es in den letzten Jahrzehnten

war. Wir waren gewöhnt, dass es aus Washington DC die Rettungskredite kommen in der Eurozone

gab es auch diese regionalen Facilitäten. Und jetzt haben wir einen weiteren Spieler

neben eben anderen neuen Spielern wie Saudi-Arabien, Russland und andere zunehmende Gläubigen Nationen

und das Ganze wird verwirrender. Das Problem ist wirklich die Intransparenz. Wir können

es sehr viel weniger in Echtzeit nachvollziehen, was da passiert. Wer wird gerade gerettet

zu welchen Konditionen? Es ist alles weniger übersichtlich und viel schichtiger geworden.

War das denn vorher so übersichtlich?

Nun, es war halt klar, dass im Wesentlichen der internationalen Währungsfonds Länder

rettet und vielleicht hier unter auch mal die USA oder Japan oder Westeuropa, aber es waren

wenige Spieler und die Informationsflüsse waren standardisiert. Der IWF hatte eben diese

standardisierten Datensammlungen. Auch die US-Regierung teilt sehr viele Daten und nun sind plötzlich

sehr viel mehr Akteure. Das macht die Lösung von Schildenkrisen nicht unbedingt einfacher.

Es fordert mehr Koordination und dadurch ist es komplizierter geworden.

Wenn nun 60 Prozent aller Ausschlagkredite von einem Zahlungsausfall bedroht sind, was

sagt das aus über die Konzeption des Infrastrukturprojektes Neue Seidenstraße?

China wusste von vornherein, dass es hohe Risiken eingeht. Man hat ja ganz bewusst Infrastruktur

aufgebaut, Projekte aufgezogen in Ländern, die bisher aus dem System ausgeschlossen

waren, die bisher nicht an Kredite gekommen sind. Und China ist in diese Länder gegangen,

die kaum Kapital hatten und hat den neue Projekt angeboten. Und es ist wenig überraschend,

dass jetzt, wo sich die Großwetterlage auf den Finanzmärkten in der Wirtschaft verschlechtert

ist, dass die ersten Länder in Schwierigkeiten geraten sind. Insofern ist das erstmal die

logische Konsequenz einer Hochrisikostrategie. Aber wir sehen ja gerade in dieser Studie,

dass China auch neue Mechanismen entwickelt, um mit dieser Situation umzugehen, um die

Krisen auch zu lösen. Und es wird sich zeigen, ob die Investition insgesamt als Verlustgeschäft

gewertet werden muss oder nicht. Das ist derzeit schwierig zu beurteilen.

Christoph Trebes ist Leiter des Forschungszentrums Internationale Finanzmärkte und Makroökonomie

am Kiel-Institut für Wirtschaft. Die tschechische Regierung plant, Cannabis zu legalisieren.

Die Händler müssten sich registrieren lassen und Cannabis zu staatlich festgelegten Bedingungen

verkaufen. Die Aussichten sind gut, dass diese Pläne D1 auch umgesetzt werden. Tschechien

wäre damit ein Vorreiter im sonst wenig progressiven Osteuropa. Die geplante Legalisierung passt

aber gut zu tschechens liberalem Umgang mit Rauschmitteln. Besonders deutlich zeigt sich

dies in Pno, in Brün, wo Süchtigien mit unkonventionellen Methoden geholfen wird.

Osteuropa-Korrespondentin Sarah Novotny. Stefan ist mein Vorname, Pavel mein Nachname. Und

ich bin alt und hässlich. Auf jeden Fall sieht Stefan Pavel aus, als Trinker erfiel.

Auf Weltmeisterniveau habe ich gesoffen. Irgendwann sagte seine Frau, entweder der Alkohol

oder ich. Also machte er einen in den Zug. Aber danach kaufte er als erstes eine Flasche

Wein für drei Franken. Seine Frau ging. Auf der Brache hinter dem Bahnhof von Bernard

trinken manche acht Liter Wein pro Tag. Und viele halten die weißen Barakken hier

zwischen Pfützen, Schlamm und Alteisen für den schönsten Ort überhaupt. Sieht man die

Welt mit Stefan Pavels Augen ist das verständlich. Hier kriege ich Alkohol. Die Kameraden

sind besser als die Leute draußen und man tut unglaublich viel für uns. Hier ist die

nasse Station. Sie funktioniert wie die Schweizer Drogenabgabe nur eben mit Alkohol. Süchtige

bekommen Alkohol in kleinen Dosen. Angefangen hat alles während der Pandemie, als die fast

2.000 Obdachlosen in Tschechens zweitgrößter Stadt nirgendwo hingehen konnten. Und die

vielen Alkoholsüchtigen unter ihnen überall rumsaßen und tranken. Damals gründete Pardaner

Routze eine Organisation für Suchtkranke die nasse Station. Den Alkohol für süchtige

bezahlt der Staat, sagt Psychologe Jan Lapski. Er arbeitet hier. Wir verurteilen die Leute

nicht für versuchen ihnen zu helfen, egal wer sie sind. Es ist der einzige Ort in Tschechien,

wo der Staat etwas tut für Alkoholsüchtige und diese trinken dürfen. Es gibt in den

Barakken auch Essen und Kaffee, Medizin, Duschen, Brettspiele und Kleider. Manche kommen ohne

Hose zu uns, sagt Psychologe Jan Lapski. Oder sie haben keine Schuhe. Die Hälfte aller

Obdachlosen von Burnau besucht regelmäßig die nasse Station, die jeden Tag zu Bürozeiten

offen ist. Und jeder Zehnte, es sind fast nur Männer, beginne eine Therapie gegen die

Sucht, sagt Lapski. Von denen, die damit anfingen, kommen jeder fünfte weg vom Alkohol. Schwer

zu überprüfende Zahlen, das gibt der Psychologe zu. Stimmen sie aber nur annähernd, dann

hat die staatliche Alkoholabgabe in Burnau mehr Erfolg als andere Rezepte gegen Alkoholsucht.

Und das ist das Ziel.

Die kleinen Alkoholdosen, die wir abgeben, sorgen dafür, dass die Süchtigen betrunken

genug sind, um zu funktionieren. Aber nicht so betrunken, dass wir nicht mehr mit ihnen

sprechen, ihnen nicht helfen können. In Burnau probiert man ungewohntes Aus für die

Ärmsten und Schwächsten, für Menschen am Rand der Gesellschaft. Man hat dort Ideen,

die andere technische Städte übernehmen, auch beim Wohnen. Menschen in schwieriger

Lage bekommen eine günstige Wohnung, eine, die der Stadt gehört. Ohne Bedingungen vor

dem Einzug, die Menschen brauchen keine Arbeit, keinen geregelten Tag, können ihre Laster

behalten. Müssen bloß die tiefe Miete bezahlen. Damit sie in der Wohnung bleiben können,

so die Annahme, verbessern sie ihr Leben selbst. So wie Leosch.

Ja, ja, ja. Jako, ja, ja, ja. Ich war noch Alkoholik, vor vier Jahren. Ich war der erste

Kunde der nassen Station, als ich noch süchtig war.

Jetzt aber sitzt Leosch in seiner Mietwohnung und raucht. Alle anderen Süchte hat er abgestreift.

Wohnzimmer, Küche und Barth, Bejeslinoleum, Rollstuhlgängig. Endlich in Sicherheit, sagt

Die letzten 20 Jahre waren erschöpfend.

Drogen, Kriminalität, dann Gefängnis und 20 Jahre Obdachlosigkeit.

Vor sechs Jahren dranklösch so viel Alkohol, dass er ins Koma fiel und im Rollstuhl wieder aufwachte.

Zuerst lebte er weiter auf der Straße, dann schon Klient der nassen Station beschloss er, trocken zu werden.

Sagt, er sei so wild entschlossen gewesen, dass er es ohne Hilfe geschafft habe.

Heute arbeitet er in einer Werkstatt für Behindete, verdient dort die 400 Franken, die er jeden Monat für seine Miete braucht.

Wie bei der Alkoholabgabe, deuten die Zahlen auch beim Wohnen ohne Vorbedingungen auf Erfolg hin.

Praktisch alle der 50 Familien und Alleinstehenden, die in Burno eine günstige Wohnung bekommen haben, schaffen es, die Miete zu bezahlen.

Und vielen geht es heute besser als vorher.

Tschechien ist im Umgang mit Rauschmitten also Liberaler als andere Länder in Osteuropa.

Nun wird die Tschechische Regierung auch beim Cannabis vorangehen und plant die Legalisierung.

Sarana Wotni hat darüber mit Pavel Neppustil gesprochen, der Psychologe arbeitet in der Drogenprävention, er berät auch die Regierung in diesen Fragen

und auch er kommt aus der Stadt Burno.

Kiffen sei ganz normal, weniger stigmatisiert als trinken, findet Drogenfachmann Pavel Neppustil, zumindest in der Stadt.

Wenn Sie jemanden sehen, der in der Weize einen Joint dreht, lächeln Sie höchstens.

Der Mann vom Fach ist für die Cannabis-Legalisierung, er hofft sogar, sie sei erst der Anfang.

Der Krieg gegen Drogen funktioniert überall so schlecht, da sei es klüger, diese zu legalisieren.

Vor allem, wenn man das so schlau macht, wie Tschechien es jetzt vorhat, Cannabis-Händler und vielleicht sogar Konsumentinnen sollen sich registrieren lassen.

Der Staat will Produktion und Verkauf regeln.

Vielleicht, wenn der Staat es kontrolliert, dann gibt es mehr Tools, wie die Produktion weniger riskiert.

Das ist nicht schlecht, denn so hat der Staat mehr Möglichkeiten, um die Risiken von Cannabis zu verringern.

Tschechinnen und Tschechen trinken statistisch gesehen nicht nur sehr viel Alkohol, sie kiffen auch häufiger als die meisten in Europa.

Fast jeder und jede vierte raucht den Tschechen ab und zu einen Joint.

Trotzdem, sagt Pavel Neppostil, brauche kaum jemand Behandlung wegen Cannabis.

Wild Cannabis, wenig Probleme, das habe die Politik wohl überzeugt.

Es ist ein Teil unserer Natur, dass wir ziemlich pragmatisch sind.

Pragmatismus gehört zu unserem Wesen.

Wenn etwas sinnvoll erscheinen und funktionieren, ließen sich die Leute nicht beirren von Vorurteilen oder Moral-Aposteln.

Das gilt auch für den Umgang mit Drogen.

Gleich nach dem Ende des Kommunismus besorgte der Tschechische Staat heroinsüchtigen saubere Spritzen und Therapien.

Später entkriminalisierte er den Drogenkonsum ein Stück weit.

Natürlich gibt es aber in Tschechien Menschen mit Bedenken, auch in der Politik.

Es gibt die Angst, Drogen würden verharmlost junge Leute geradezu in die Sucht getrieben.

Doch das scheint die Angst einer Minderheit zu sein.

Sarah Novotny, das war es vom heutigen Echo der Zeit mit Direktionsschluss um 1844.

Verantwortlich für die Sendung war Matthias Kündig für die Nachrichten Christoph Studer am Mikrofon Simon Holliger.

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Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates will Deutschland 25 eingemottete Leopard-2-Kampfpanzer zurückverkaufen. Eine Weitergabe der Kampfpanzer an die Ukraine würde nicht erfolgen. Die Panzer würden jedoch Teil eines Ringtausches: Panzer der Bundeswehr ersetzen, die an die Ukraine abgegeben wurden.

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