11KM: der tagesschau-Podcast: Jens Söring - Mörderischer Medienstar

tagesschau tagesschau 10/31/23 - Episode Page - 40m - PDF Transcript

Ein Doppelmord, Mitte der 1980er-Jahre im US-Bundesstaat Virginia.

Der deutsche Student Jens Söhring wird einige Zeit später gefasst und auch verurteilt,

die Eltern seiner Freundin brutal umgebracht zu haben.

Mehr als 30 Jahre sitzt er dafür im Gefängnis und wird danach zum Medienstar.

Und warum? Weil er etwa unschuldig ist?

Zumindest ist das die Geschichte, die er in vielen Talkshows und Zeitungsartikeln erzählt, immer und immer wieder.

Wie wird ein Mörder zum Medienstar?

Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast in der ARD Audiothek ein Thema in aller Tiefe.

Zu Gast in dieser Folge ist Lea Eichhorn, NDR-Medienjournalistin,

die sich in einer Recherchekooperation mit ARD Crime Time die Berichterstattung über den Fall noch mal angesehen hat.

Und dafür hat sie sich nicht nur durch Ermittlungsakten und Verhöraufzeichnungen gewühlt,

sondern danach auch den Umgang der deutschen Medien mit dem Thema ganz genau unter die Lupe genommen.

Und sie ist dabei auf Praktiken gestoßen, die deutlich gegen journalistische Regeln verstoßen.

Ich bin Hannes Kunz, heute ist Dienstag der 31. Oktober.

Hi Lea, willkommen bei FKM.

Hi Hannes, danke für die Einladung.

Am Frankfurter Flughafen, da landet ein Mann, der über 30 Jahre lang kein Fuß auf deutschen Boden gesetzt hat, Jens Söhring.

Gefeiert, fast wie ein Popstar, kommt Jens Söhring heute Mittag am Flughafen Frankfurt an.

Umarmt seine Unterstützer, spricht dann kurz in die zahlreichen Mikrofone.

Also, das ist ja alles ziemlich überwältigend hier. Ich freue mich so, ich freue mich so sehr.

Das ist also eine absolute Hochstimmung.

33 Jahre, 6 Monaten und 25 Tagen endlich, endlich hier in Deutschland zu sein.

Das ist so toll und so froh. Das ist der schönste Tag meines Lebens.

Die erste Person, die er umarmt, ist Karin Steinberger.

Es ist eine Journalistin, die für die Wahrnehmung dieser Person und dieses Falsjens Söhring in Deutschland eine besondere Rolle spielt,

weil sie hat ihn über ein Jahrzehnt begleitet, also mehr als 12 Jahre lang hat sie immer wieder sehr ausführlich Geschichten über ihn geschrieben,

seine Geschichte erzählt und das meistens auf einer Seite 3 der süddeutschen Zeitung,

was ja eines der wichtigsten Ressorts in dieser Zeitung ist.

Das ist eine kurze Umarmung, aber es ist eine sehr persönliche Begrüßung.

Ich wollte verstehen, wie sich die Wahrnehmung der Person Jens Söhring im Laufe der Jahre entwickelt hat, ob es da eine Entwicklung gab.

Und daher bin ich in unser Pressearchiv gegangen und habe mir das alles reingezogen. Das waren einige Stunden.

Lass uns erstmal mit dem Fall beginnen.

Es ist ja so, dass dieser Mann, der da mit viel Medien, Trubel und Applaus am Frankfurter Flughafen in Empfang und von Journalistinnen in Arm genommen wird,

kein Popster ist und auch kein Olympiasieger und auch kein politischer Gefangener, der jetzt endlich wieder frei ist,

sondern ein verurteilter Doppelmörder. Jens Söhring, wer ist das?

Jens Söhring ist Sohn eines Mitarbeiters im deutschen diplomatischen Dienst und weil sein Vater in den USA eingesetzt war,

lebt auch Jens Söhring in den USA, hat einen großen Teil seiner Jugend da verbracht und 1984 beginnt er sein Studium an der University of Virginia, der UVA

und lernt dort Elizabeth Hayesam kennen, eine junge Frau, die beiden verlieben sich und es wird eine leidenschaftliche Beziehung,

die aber von anderen auch als toxisch beschrieben wird, also eine Beziehung mit schwierigen Dynamiken.

Und ein paar Monate später werden die Eltern von dieser Elizabeth Hayesam ermordet und zwar auf ziemlich brutale Art und Weise.

Ein Doppelmord, der die Öffentlichkeit damals wirklich erschüttert und aufrüttelt, wird auch viel darüber berichtet in den Medien dort vor Ort.

Die Leichen wurden übel zugerichtet, die sind fast enthauptet, der Tatort ist voller Blut, der Fußboden ist voller Blut, das war ein sehr brutales Verbrechen.

Und nach einigen Monaten geraten Elizabeth Hayesam, also die Tochter der Opfer und Jens Söhring, ihr damaliger Freund,

in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen, die beiden werden gebeten, Proben abzugeben, also sowas wie Blutproben, Fingerabdrücke, Fußabdrücke.

Und Elizabeth Hayesam macht das auch, Jens Söhring wiederum vertröstet die Polizei und sagt, er sei gerade an der Universität so beschäftigt mit seinem Studium,

er habe da gerade keine Zeit zu.

Was ihn verdächtig macht, oder?

Also, als er vertröstet und sagt, er würde die in der Woche abgeben, noch nicht, aber nach dem Ablauf dieser Woche sind Elizabeth Hayesam und Jens Söhring verschwunden.

Weil die beiden nämlich geflohen sind.

Über verschiedene Stationen, Asien, Europa, landen sie dann letztendlich in London und leben da unter falschem Namen und schlagen sich mit kleineren Checkbetrügereien durch.

Der Doppelmord, der ungefähr ein Jahr früher passiert ist, in Virginia holt sie dann aber wieder ein.

Genau, weil einer der britischen Ermittler, der im Rahmen dieses Checkbetrugs ermittelt, durchsucht dann auch das Zimmer und die Sachen von den beiden und findet Notizbücher und Tagebücher und Briefe,

die ihn stutzig machen, weil darin Hinweise zu finden sind auf ein anderes noch viel Schlimmeres Verbrechen.

Und er bekommt den Verdacht, dass die beiden was mit diesem Doppelmord in Virginia zu tun haben und im Kontakt zu den Beamten da vor Ort auf.

Die britischen Ermittler haben die amerikanischen Ermittler dazu geholt und über mehrere Tage gesteht Söhring, dann letztendlich den Mord an den Eltern seiner Freundin.

Und sagt, er sei zu den nach Hause gefahren, habe mit ihnen zusammen zur Abend gegessen und sie dann im Verlaufer des Abends nach einem Streit umgebracht.

Bei der Version bleibt es aber nicht?

Er wiederholt diese Version mehrfach, als er dann aber 1990 in den USA tatsächlich angeklagt wird und sein Prozess beginnt.

Da wieder ruft er dieses Geständnis und sagt, er habe gelogen, um seine damalige Freundin vor der Todesstrafe zu bewahren,

weil eigentlich habe sie ihre Eltern umgebracht und er habe geglaubt, seine diplomatische Immunität würde ihn schützen

und daher habe er diese brutalen Morde auf sich genommen und die Eltern aber im Endeffekt selber gar nicht getötet.

Ja und dabei bleibt er ja bis heute und genau das eröffnet natürlich den Raum für Spekulationen.

Er wurde verurteilt aber damals für diesen Mord zu zweimal lebenslänglich, das heißt, er kommt in den USA ins Gefängnis.

Seine Freundin Elizabeth wird wegen Anstiftung zum Mord ebenfalls verurteilt.

Hatten die deutsche Öffentlichkeit das damals überhaupt mitbekommen?

Also das ist schwer zu beantworten.

Ich habe versucht in meiner Recherche herauszufinden, inwiefern der Fall damals schon eine Rolle gespielt hat

in der deutschen Medienlandschaft und in der Berichterstattung.

Was ein Thema war, war seine Auslieferung in die USA, weil er da schon auch ein juristisches Verfahren angestrebt hatte.

Darüber wurde auch Bericht erstattet.

Aber ich konnte wenig finden bis nichts dazu zu seiner Verurteilung und zu seiner Festnahme oder so.

Okay, das heißt in den 90er Jahren fast gar kein Jens Söhring in den deutschen Medien.

Wenn er aber dann fast 30 Jahre später unter diesem Blitzlichtgewitter in Deutschland ankommt,

da muss ja einiges in der Zwischenzeit passiert sein.

Karin Steinberger ist die erste, die eine große ausführliche Geschichte in der süddeutschen Zeitung über Jens Söhring schreibt.

Karin Steinberger, die wir vorher schon kurz kennengelernt haben, bei dieser Szene in Frankfurt am größten deutschen Flughafen.

Genau, Karin Steinberger hat mal erzählt, dass sie von einem deutschen Pastor auf den Fall und auf Jens Söhring aufmerksam gemacht wurde.

Und dieser deutsche Pastor soll in Kontakt gestanden haben mit einem amerikanischen Gefängnisseelsorger, der sich um Jens Söhring gekümmert haben soll.

Das hat Karin Steinberger mir nicht selbst erzählt, weil sie mir kein Interview geben wollte, aber so hat sie es in einem Interview erzählt.

Und daraufhin soll sie in die USA geflogen sein und hat Jens Söhring im Gefängnis getroffen und ihn interviewt und eben diese erste große Geschichte für die SZ geschrieben.

Die wird 2007 veröffentlicht, Anfang 2007 heißt Vergessen hinter Gittern und man liest daraus sehr viel Mitgefühl mit für ein Mann, der sehr jung verurteilt wurde zu einer sehr langen Haftstrafe.

Man liest da auch raus, dass das amerikanische Gefängnissesystem gnadenlos ist, so formuliert sie es.

Und man liest da auch raus, dass es offenbar Verfahrensfehler gegeben haben soll, die aber vom Bewährungsausschuss nicht gesehen würden oder nicht durchschaut würden.

Was aber in dem Artikel zum Beispiel wenig zu Wort kommt oder wenig Raum bekommt, sind die vielen Berufungsverfahren, die Jens Söhring zu dem Zeitpunkt ja schon durchlaufen ist.

Also er hat Rechtsmittel eingelegt, sein Fall und seine Verurteilung wurden von mehreren unabhängigen Gerichten in den USA überprüft bis hin zum US Supreme Court, also bis zum Verfassungsgericht der Vereinigten Staaten.

Und da sind eben mehrere unabhängige Gerichte zu dem Schluss gekommen, das ist keine Gabe und das müsste man meiner Meinung nach dann auch mitberichten.

Was sind denn letztendlich die entscheidenden Indizien, die die Jury von der Schuld überzeugt haben?

Die Geständnisse, die er abgelegt hat oder beziehungsweise das Geständnis, was er in britischer Haft abgelegt hat, wo er auch den Ablauf des Abends beschrieben hat und zum Beispiel auch beschrieben hat, wo im Raum hat ein Kampf stattgefunden, also wo sollten Blutspuren zu finden sein.

Und diese Geständnisse und die Beschreibungen des Tathergangs zusammen mit den Indizien, die dann vor Ort gefunden wurden, also zum Beispiel Blut der Blutgruppe Null, ein Sockenabdruck und das zusammen mit Verletzungen, die Jens Söhring selber aufgewiesen hat und seinem Fluchtverhalten, das zusammen hat dazu geführt, dass das Gericht ihn verurteilt hat.

Aber es gibt mehrere Medien, die sich plötzlich für ihn und seine Story interessieren.

Genau, also das fängt dann in den Nullerjahren an nach dieser ersten großen SZ-Geschichte, die 2007 erschien.

Ein paar Monate später fliegt ein Kamerateam das ZDF für die Sendung 37 Grad hin und besucht Söhring im Gefängnis.

Jens Söhring hat Jens Söhring die 21 Jahre hinter Gittern verbracht. Alle waren gleichtrostlos. Im Jahr 2001 scheiterte seine letzte große Hoffnung, dass ihm doch noch Gerechtigkeit widerfahren könnte.

Jens Söhring, ein Diplomatensohn aus Deutschland, 18 Jahre alt, intelligent und ein bisschen weltfremd.

Und dann nochmal ein paar Monate später kommt einer der damals bekanntesten deutschen Fernsehmoderatoren und besucht Söhring ebenfalls im Gefängnis, nämlich Johannes B. Kerner.

Herr Söhring, zählen Sie immer noch jeden Tag Ihre Haft?

Ja, natürlich.

Wie lange sind Sie jetzt in Haft?

21 Jahre, vier Monate, zehn Tage.

Warum zählen Sie, wenn noch kein Ende in Sicht ist? Man zählt doch eigentlich rückwärts, wenn man weiß, wann man fertig ist.

Ich habe mir das so eigentlich nie überlegt. Ich zähle die Tage, weil ich hier zu Unrecht einsitze.

Man merkt beiden Filmen an, sowohl 37 Grad als auch Johannes B. Kerner, dass dieser Besuch in einem amerikanischen Gefängnis offensichtlich ein sehr eindrückliches Erlebnis war für die Journalisten und Journalisten, die da vor Ort waren.

Und dass dieses Gefängnis und die Atmosphäre als sehr repressiv und sehr resolut und autoritär empfunden wurde.

Das hat mir die Autorin des 37 Grad Films Katharina Gugel auch erzählt, wie sie das wahrgenommen hat.

Die Faszination ist, sitzt jemand unschuldig hinter Gittern oder nicht?

Das ist, glaube ich, die ganz große Faszination.

Und vielleicht auch noch hinter amerikanischen Gittern.

Das ist noch mal eine andere Dimension als in Deutschland.

Wir sind sehr ergebnisoffen reingegangen, aber ich glaube schon, dass wir mit dem Ergebnis rausgegangen sind, dass mehr Dinge dafür sprechen, dass es stimmt, was er sagt, er ist nicht schuldig.

Kannst du sagen, wie er das denn schafft zu der Zeit, die Journalistinnen und Journalisten von sich und seiner Version der Geschichte zu überzeugen?

Also über die Zeit, das zu sagen, ist relativ schwierig, weil Jens Syringer selbst mit uns nicht gesprochen hat und wir auch nur mit wenigen Journalisten sprechen konnten, die damals mit ihm Kontakt hatten.

Ich glaube, das war eine Mischung aus verschiedenen Faktoren, nämlich einerseits so ein latent antiamerikanisches Stereotyp, dieses Klischee von einer unerbittlichen amerikanischen Justiz und von Menschen, die da irgendwie ihr ganzes Leben lang weggesperrt werden,

dann eine Person, die da in Haft sitzt, die den Journalisten, die gekommen sind, ähnlich war.

Also ein deutscher, mittelalter gebildeter Typ aus der oberen Mittelschicht, der da in diesen amerikanischen Gefängnissen sitzt, die man eigentlich eher mit Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten vielleicht in Verbindung bringt.

Das sind meinem Eindruck nach Schonfaktoren, die dazu geführt haben, dass man sehr breitwillig die Geschichte aufgenommen hat, die Jens Syring erzählt hat.

Und dann kommt ihm noch zugute oder kam ihm zugute, dass dieser Fall wahnsinnig komplex ist und es natürlich eine Herausforderung ist, sich in der Tiefe in diesen Fall einzuarbeiten für Journalistinnen und Journalisten.

Und er, Jens Syring, der ihn gegenüber saß, ist ja der Experte in seinem eigenen Fall.

Also der hat ja dann schon 20 Jahre lang Zeit gehabt, sich mit seinen ganzen Akten zu beschäftigen.

Und die SZ-Journalistin Karin Steinberger, deren Artikel die anderen Formate ja wohl erst auf Syring gebracht haben, die ist dran geblieben.

Ja, sie ist dran geblieben. Also in der SZ erscheinen dann in nahezu regelmäßigen Abständen immer wieder sehr ausführliche, große Geschichten von ihr zu dem Thema.

Und wenn man sich dann ihre Berichterschottung über den gesamten Zeitraum anguckt, dann fällt auch auf, sie wird so Syring-Expertin.

Sie tritt dann auch in anderen Medien als Journalistin die Expertise zu dem Fall hat auf.

Und im Jahr 2016 veröffentlicht sie dann gemeinsam mit dem Dokumentarfilmer Markus Vetter einen Dokumentarfilm, der sich der Geschichte Jens Syrings widmet.

Ich erinnere mich, mir war ziemlich schnell klar, dass es jemand war, den sie sehr gut kannten.

Denn Mrs. Haysum trug ein Nachthämt und einen Morgenmantel.

Ich setzte auf ihre Tochter und sie war es dann auch.

Der Titel war Das Versprechen. Den Film gab es in Deutsch und Englisch.

Und auch hier in Deutschland hat der Film für Aufsehen gesorgt.

Also das war auch eine seriöse Co-Produktion von verschiedenen Filmen.

Versprich mir Jens, was auch immer jetzt passieren wird.

Versprich mir nicht zuzulassen, dass ich dein Leben ruiniere.

Meines habe ich komplett versaut. Bitte lass mich nicht auch noch deines zerstören.

Das ist das erste echte und gute, was ich je getan habe.

Ich habe mein Leben zerstört. Ich habe die Leben meiner Eltern zerstört.

Ich habe so vielen Menschen, so viel Unglück gebracht.

Weil ich dachte, dass es sich um Liebe drehte. Aber die Liebe gab es nicht.

Und wenn man diesen Film jetzt gesehen hat, welchen Eindruck hat man bekommen von Jens Syring und diesem Fall?

Also der Film hat bei vielen, so wie ich das beobachte und auch im Gespräch mit Leuten erfahren habe,

den Eindruck hinterlassen, oh, da sitzt wirklich jemand unschuldig im Gefängnis

und der hat kaum eine Möglichkeit wieder rauszukommen.

Karin Steinberger und Markus Vetter würden widersprechen.

Die haben in Interviews rund um die Veröffentlichung dieses Films gesagt,

dass sie die Schuldfrage offen lassen und dass sie den Zuschauerinnen und Zuschauern die Wahl lassen wollen,

wem sie glauben, also ob sie Jens Syring glauben oder denen, die von seiner Schuld überzeugt sind.

Aber in der Öffentlichung Wahrnehmung dieses Falls habe ich einen anderen Eindruck.

Stefan Niggemaier, der Medienjournalist, hat sich auch mit diesem Film befasst

und hält den auch für ein Film, der sehr einseitig Partei ergreift für Jens Syring.

Filme ist die ganze Erzählung, ist wirklich gut, hochwertig, state of the art.

Und dann kommen diese ganzen Partner mit ins Boot, die alle natürlich eigene Glaubwürdigkeit mitbringen.

Also die Reporterin von der Süddeutschen Zeitung, die den Fall seit Jahren begleitet.

Diese ganzen Logos von öffentlich-rechtlichen Sendern aus aller Welt, die da mit im Boot sind.

Am Ende die Preise für den Film.

Alles zahlt natürlich darauf ein, Leute, das ist ein guter Film

und dann ist es nun ein ganz kleiner Schritt zu sagen, natürlich ist der Mann unschuldig.

Was ja tatsächlich auch noch mehr Menschen animiert hat, sich mit ihm,

sich mit Jens Syring zu beschäftigen, sogar Kontakt mit ihm aufzunehmen.

Ja, also es bildet sich um Jens Syring dann im Laufe der öffentlichen Berichterstattung

auch so etwas wie ein Unterstützernetzwerk, die sich selber der Freundeskreis Jens Syring nennen.

Also das wissen wir zum Beispiel, weil eine Webseite betrieben wurde für Jens Syring

und da als Admin angegeben ist, die Friends of Jens

und man kann den dann schreiben und Informationen zum Fall bekommen

oder auch zu seinen Büchern, die Jens Syring geschrieben hat.

Er hat nämlich aus dem Gefängnis heraus schon auch Bücher geschrieben,

die seine Version dieses Fals und dieser Geschichte darlegen.

Und wir wissen auch, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt dann auch vor allen Dingen in den USA

eine Pressekonferenz organisiert wurde, wo Unterstützer Jens Syrings gesprochen haben

und sich für seine Unschuld ausgesprochen haben.

Du hast ja auch für deine Recherche mit einer Insiderin, mit einer ehemaligen Vertrauten

ein Mitglied dieses Freundeskreises gesprochen.

Was sagt diese Vertraute, wie es dazu ging?

Also diese ehemalige Vertraute Jens Syrings, die war Mitglied in diesem Freundeskreis

und ist dazu gestoßen, weil sie den Dokumentarfilm gesehen hat, der 2016 von Karin Steinberger

und dem Dokumentarfilmer Markus Fetter veröffentlicht wurde.

Das war überwältigend, aber im traurigen Sinne überwältigend,

weil so etwas hatte ich noch nie gehört von so einer riesen Sache.

Dass sie unbedingt etwas tun wollte und quasi sich dieser guten Sache anschließen wollte,

dem Freiheitskampf für Jens Syring.

Und sie wurde, so hat sie es uns erzählt, relativ schnell zu einer Vertrauten im engeren Kreis um Jens Syring

und da war sie dann eben zuständig für das Dokumentenarchiv, was Jens Syring aufgebaut hat.

Sein Modus operandi im Umgang mit Journalisten ist, dass sie mit einer Fülle an Dokumenten überschüttet werden.

Das ist also viel mehr, glaube ich, als Laie, viel mehr Informationen für Journalisten,

die sie brauchen und die sie auch in der Kürze der Zeit überhaupt verarbeiten und analysieren können.

Also hunderte Seiten, Akten, Verhörprotokolle, Tatortfotos,

in der Hoffnung, dass sie dann eben Details, die nicht in seine Version der Geschichte passen, übersehen.

Sie hat erzählt, dass Jens Syring sehr explizit ausgewählt hat,

welche Informationen er Journalistinnen und Journalisten zur Verfügung stellt und welche nicht.

Das lief immer so, dass ich Seiten erstellt habe und ihm das dann per E-Mail geschickt habe

und dann dauerte es ein paar Tage, bis er es bekommen hat und dann kam seine Rückmeldung.

Und seine Rückmeldung, was das FBI-Profil angeht, war, nein, muss das schneiden.

Wir wollen nämlich, wir wollen nicht, dass die Leute sehen, dass es nicht Elizabeth war.

Das wollen wir doch nicht. Das hat er gesagt. Und das habe ich damals gemacht.

An dieser Stelle vielleicht ein redaktioneller Hinweis.

Jens Syring dementiert diese Darstellung, dass Dokumente auf seine Anweisung hin verändert

oder in einen falschen Kontext gesetzt wurden.

Jedenfalls ist es ja aber eine sehr, sehr aktive Rolle, die sie da also eingenommen hat,

um die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Aber warum ist diese Syring vertraute dann irgendwann ausgestiegen?

Ich war immer die Einzige, die sich öffentlich aus dem Freundeskreis, aus dem ehemaligen Freundeskreis

gegen seine Geschichte positioniert hat, weil die Fakten eben eine andere Sprache sprechen.

Ich war diejenige, die laut und offen Kritik geübt hat und dafür bin ich rausgeflogen.

Drei Jahre nach dem Film 2019 kommt Syring dann tatsächlich frei.

Allerdings wird er nicht frei gesprochen, sondern er kommt auf Bewährung raus. Wie kam es denn dazu?

Also Jens Syring hat ja nach seiner Verurteilung, also in den 90ern und bis 2001 zog sich das,

hat er Rechtsmittel gegen seinen Urteil eingelegt, also Berufungsverfahren.

Das geht dann ja von einem Gericht zum nächsten höheren Gericht und da war der Weg dann 2001 abgeschlossen.

Also er hatte dann keine Möglichkeit mehr, ein Berufung zu gehen.

Und dann gibt es aber ab einer bestimmten Zeitpunkt für Heftlinge wie ihn die Möglichkeit,

einen Antrag auf Bewährung zu stellen.

Und da hat er insgesamt 14 Anträge auf Bewährung, an diesem Bewährungsausschuss in Virginia gestellt,

die aber alle abgelehnt wurden.

Und im Jahr 2019 kam dann aber auf den 15. Antrag hin die Entscheidung des Bewährungsausschusses Jens Syring

und auch Elizabeth Haysim, die auch diese Anträge auf Bewährung gestellt hatte, freizulassen auf Bewährung.

Dieser Ausschuss hat bei der Entscheidung auch nochmal extra betont, dass das kein Freispruch ist

und das weiterhin keine Zweifel an seiner Schuld bestehen.

Aber das eben aufgrund der langen Haftstrafe und auch der Jugendlichkeit des Verurteilten zur Tatzeit,

dass man sich entschieden habe, ihn auf Bewährung freizulassen und nach Deutschland abzuschieben.

Da geht der deutsche Medienrommel erst richtig los.

Wir erinnern uns an die Szene ganz am Anfang am Flughafen in Frankfurt.

Wie geht es dann für ihn weiter?

Er kommt ja im Dezember 2019 an und sagt, er möchte sich erstmal zurückziehen und zur Ruhe kommen.

Das macht er dann auch tatsächlich für ein paar Wochen, also ein paar Wochen lang lesen und hören wir wenig von ihm.

Und dann geht es aber relativ bald im Frühjahr 2020 los.

Also Ende Februar erscheint ein großes Spiegelinterview mit Jens Syring über seine Zeit im Gefängnis.

Und wenige Monate später, also im Mai, ist er dann bei Markus Lanz zu Gast.

Erinnern Sie sich an die erste Nacht im Gefängnis.

Was ist das für ein Gefühl?

Der macht eine monothematische Sendung zu Syring und bekommt da sehr viel Raum, seine Geschichte zu erzählen

und auch teilweise sehr fragwürdige Behauptungen aufzustellen.

Wie zum Beispiel, dass die Tatsache, dass er freigelassen wurde von den virginianischen Behörden eigentlich ein Eingeständnis seiner Unschuld sei.

Wofür es aber einfach keine Anhaltspunkte gibt, weil wenn man die virginianischen Behörden fragt,

dann sagen die eben, was schon mit der Entscheidung der Freilassung mitgeteilt wurde, nämlich, dass es keine Zweifel an seiner Schuld gibt.

Und was diese Talkshows alle gemein haben, also es war nicht nur die NDR-Talkshow.

Wie war dann das erste Mal in Freiheit morgens das Aufwachen?

Es war auch WDR Kölner Treff bei Stern TV war er.

Sehen Sie sich jetzt heute in Freiheit als Freund, als Lebenspartner, als Ehemann, vielleicht sogar irgendwann als Vater?

Und beim SWR, SWR-Leute.

Was die gemeinsam haben, ist, dass sie alle sich auf die menschlichen Aspekte der Geschichte konzentrieren wollten und das auch in den Anmoderation so sagen.

Juristisch ist es so, dass sie auf Bewährung freigelassen worden sind und deshalb sprechen wir nicht um Schuld oder Unschuld,

sondern um das neue Leben in ihrer Freiheit.

Jörg Pilawa war das nochmal NDR-Talkshow.

Und so sind auch die Fragen, die ihm gestellt werden, also sehr gefühlig, sehr emotional.

Warum bekommt ein verurteilter Doppelmörder eine derartige unkritische Bühne?

Was sagen die Sender und Sendungsmacherinnen heute, warum sie da derart unkritisch waren?

Die sagen leider nichts.

Also ich habe zahlreiche Redaktionen angefragt und habe denen mein Anliegen geschildert,

ebenso reflektierendes Gespräch darüber zu führen, nach der journalistischen Verantwortung zu fragen,

wie geht man mit so einem Fall, wie geht man mit so einer Person um, was sind da auch die journalistischen Herausforderungen

und weder die NDR-Talkshow noch Markus Lanz, noch WDR der Kölner Treff, wollten mit mir über dieses Thema reden.

Ich verstehe absolut das Interesse an diesem Fall und an diese Person.

Ich glaube, wenn wir jetzt so in journalistischen Kriterien sprechen, das ist sehr gesprächswertig

und das ist natürlich faszinierend.

Also man hat ja selten jemanden vor sich, der 33 Jahre lang im Gefängnis gesessen hat und von dieser Erfahrung erzählen kann.

Aber was das ganze problematisch macht ist ja, und darüber habe ich mit Stefan Niggemeier gesprochen, den Medienjournalisten,

dass, wenn man ihm dann diese Fragen stellt, geht das einher mit der Grundannahme, dass er unschuldig sein muss.

Es überträgt sich natürlich dieses Gefühl von, naja, die würden das jetzt nicht machen, wenn er ein Doppelmörder wäre.

Das wird nicht ausgesprochen, aber das kann ich als Zuschauer natürlich annehmen.

Der Lands würde jetzt nicht mit dem so umgehen, wenn wir davon ausgehen müssten, dass der dieses bestialische Verbrechen begangen hat.

Dann würde man sich ja nicht guten Gewissens mit ihm auf den Sofa setzen und fröhlich darüber plaudern, wie es jetzt ist,

irgendwie Nutella auf dem Toast zu essen, so.

Gab es denn eigentlich auch 2020, 2021 schon kritische Gegenstimmen?

Also, die erste sehr laute kritische Gegenstimme, die veröffentlicht wurde, das war schon mit der Verkündung,

Jens Söhring wird freigelassen im November 2019.

Da hat ein ehemaliger Strafverteidiger und Autor, der in Deutschland lebt, aber Amerikaner ist,

in der FAZ einen Gastbeitrag veröffentlicht, Andrew Hamill, in dem er sehr kritisch mit Söhringsdarstellung des Geschehens

und seinesfalls ins Gericht gegangen ist und sehr scharf und sehr eindrücklich argumentiert hat,

warum er das anders sieht und warum man diesen Fall auch ganz anders betrachten kann,

als er in der Mehrheit der öffentlichen Debatte bisher dargestellt wurde.

Und wie kommt dieser Bericht von Hamill an, also sowohl bei den Unterstützerinnen als auch in der Öffentlichkeit, in den Medien?

In der breiten Medienöffentlichkeit erfährt er wenig Resonanz.

Was wir von der ehemaligen Vertrauten Söhrings wissen, die im Freundeskreis war,

dass der Freundeskreis davon absolut aufgeschreckt war, also die waren alarmiert,

weil das war das erste Mal, dass in einem großen deutschen Medium eine so Söhring kritische Position veröffentlicht wurde

und deren Reaktion war, aber so hat es uns die ehemalige Vertraute erzählt.

Wir schweigen den Tod, wir reagieren da nicht drauf, dann nehmen wir den Sauerstoff, dann verschwindet der wieder.

Aber eine andere Person, die mit dem Freundeskreis in Kontakt stand, war offensichtlich auch alarmiert von diesem Text in der FAZ.

Karen Steinberger hat uns in der Zeit einen enormen Unterdruck gesetzt, dass da jetzt eine Antwort kommen muss,

vom Freundeskreis offiziell, damit das ein Ende findet.

Die war also sehr panisch, weil ihr Film angegriffen worden ist auch in dem Zeitungsartikel

und sie hat uns gesagt, ich kann mich nicht wehren, aber ihr müsst euch wehren.

Und dann haben wir angefangen, gemeinsam an diesem Leserbrief zu arbeiten.

Sie hat den Freundeskreis kontaktiert und hat gesagt, ihr müsst darauf reagieren.

Genau, das belegen auch E-Mails, die uns vorliegen.

Was steht denn in den Mails, genau?

Also in den Mails kann man nachvollziehen, wie dieser Leserbrief entstanden ist,

den der Freundeskreis dann im Endeffekt auch der FAZ geschickt hat.

Zum Beispiel eine Mail, die schreibt Karen Steinberger an mehrere Mitglieder dieses Unterstützernetzwerks

und fordert quasi, dass den jetzt unwidersprochen dastehenden Behauptungen

und zum Teil Falschaussagen von Hemmel etwas entgegenstellen müssen.

Unterschrieben ist das dann mit best Karin.

Und die ehemalige Vertraute Söhrings, die schreibt dann in einer Mail zurück,

liebe XY, liebe Karin, anbeischicke ich euch beiden mal eben den Leserbriefentwurf.

Also da wurden Word-Dokumente hin und her geschickt, in denen dann Formulierungen angepasst wurden.

Und Karin Steinberger schickt dann zum Beispiel einen dieser Entwürfe dann zurück an das Unterstützernetzwerk

und warnt in ihrer Mail vor zu viel Emotionalität.

Das klingt dann nach Kampagne oder es sieht so aus, als müssten wir uns verteidigen

und die Briefe verlieren damit total Anwucht.

Und ich finde an einer Stelle wird es halt auch deutlich, dass sie quasi wie so eine PR-Beraterin wird.

Da schreibt sie, bitte alles auch nochmal an mich schicken.

Ich weiß, wie die Branche tickt und was jetzt fatal wäre.

Bitte gerne alles mit mir absprechen, wir dürfen da jetzt wirklich keine Fehler machen.

Und in keinem Brief dürft ihr oder wir erwähnt werden, das ist auch sehr wichtig.

Also ihr ist ja klar und sie reflektiert, dass eine Redaktion,

wenn die ein Brief von einem Unterstützernetzwerk bekommt, den natürlich auf eine andere Art und Weise wahrnimmt,

als wenn das von ganz unbeteiligten Personen kommt.

Also es ist nicht nur Söhring, der die Informationen steuern und beeinflussen will,

die über ihn an die Öffentlichkeit gelangen, sondern auch eine renommierte deutsche Printjournalistin,

die sich an diesen Freundeskreis wendet und sagt, okay, wir müssen Jens helfen.

Das hat doch mit Journalismus rein gar nichts mehr zu tun.

Für mich und auch für andere, die sich mit der Berichterstattung bei diesem Fall kritisch beschäftigt haben,

wie zum Beispiel Stefan Negemaier, ist an dieser Stelle auch eine Grenze überschritten.

Also das ist eine Täuschung der Öffentlichkeit,

wenn ich auf der einen Seite als neutrale Berichterstatterin über ein Fall auftrete,

der ich als Journalistin ja bin und dann an anderer Stelle im Hintergrund versuche,

Fäden zu ziehen und Strategien zu stricken.

Wie ging es dir, als du diese Mails gelesen hast?

Also ich fand das schon eindrucksvoll im traurigen Sinne.

Also ich als Journalistin berichte natürlich auch mal über Personen und Fälle, die mich emotional mitnehmen.

Und ich habe ein Verständnis dafür, dass man, wenn man sich über mehr als ein Jahrzehnt mit so einem Fall beschäftigt,

dass man da durchaus auch mal Momente hat, wo man dann mit fühlt.

Aber es ist doch unser Job, immer wieder einen Schritt zurückzutreten

und immer wieder zu fragen, okay, wie kann man den Fall noch sehen,

was gibt es für Stimmen, die das anders sehen, um da eben eine gewisse Distanz zu wahren.

Und wenn ich mich aber gemein mache mit einem Unterstützernetzwerk.

Ein Unterstützernetzwerk für einen verurteilten Doppelmörter.

Also ich finde, das ist wichtig dazu zu sagen.

Ja, genau, das gehört auch dazu.

Und mich quasi mit diesem Unterstützernetzwerk gemein mache,

um dann eine Kampagne gegen ein anderes journalistisches Medium zu initiieren,

dann ist für mich ganz klar eine Grenze überschritten.

Und da fehlt mir dann wirklich das Verständnis.

Was sagt Karin Steinberger dazu?

Karin Steinberger haben wir für ein Interview angefragt und das möchte sie uns nicht geben.

Also sie möchte sich zu diesen Vorwürfen nicht in einem Interview äußern.

Wir haben von der SZ und ihr gemeinsam eine schriftliche Antwort auf unsere Fragen bekommen.

Nicht auf alle Fragen, muss man sagen, aber auf einige Fragen.

Und zu den Fragen nach den Emails, die zwischen Karin Steinberger und dem Freundeskreis hin und her gegangen sind,

schreibt die SZ-Chefredaktion nur, dass sie das als privaten Mailverkehr betrachten

und dieser Mailverkehr sei nicht in die journalistische Berichterstattung eingeflossen.

Also die SZ nimmt sie voll und ganz in Schutz?

Ja, so, ich denke so muss man das lesen, dass sich die SZ in dieser Sache offenbar,

wie es in dieser Antwort steht, sich hinter sie stellt

und das nicht als problematisch erachtet.

Lea, wenn wir das jetzt einmal zusammenführen und uns den Umgang der deutschen Medien

mit dem Fall Söhring genau anschauen, wie wert es tut denn das aus heutiger Sicht?

Also wenn ich mir die Berichterstattung jetzt über die letzten,

das sind ja fast 20 Jahre Angucke, die ich mir angeguckt habe,

dann finde ich kein besonders gutes Bild.

Also nicht nur, weil die Berichterstattung an vielen Stellen einseitig und unausgewogen war,

sondern auch, weil ja gerade in den letzten Jahren,

wo dann doch differenziertere Stimmen auch sich in die öffentliche Debatte eingemischt haben,

diejenigen, die den Verlangen journalistisch begleitet haben,

nicht in der Lage waren, ihre eigene Position oder auch ihre eigene Arbeit selbst kritisch zu hinterfragen.

Nachdem ich mich jetzt lange mit diesem Thema beschäftigt habe,

habe ich den Eindruck, dass Redaktionen unter Umständen, bevor sie sich eines Themas annehmen,

selbst kritisch fragen müssen, können wir das leisten?

Also können wir so viel Recherche betreiben und können wir inhaltlich so tief gehen,

dass wir diesem Thema gerecht werden?

Eine Talkshow-Redaktion kann in den wenigsten Fällen so tief gehen,

in so einen komplexen Fall, der sich über 30 Jahre erstreckt,

um da wirklich kritisch und einordnend auf Dinge reagieren zu können,

die Jens Söhring in der Sendung sagt.

Und ich denke, das ist ein Dilemma, das ist schwierig

und deswegen hätte ich auch gerne mit Ihnen drüber gesprochen.

Und vielleicht sollte man auch dazu sagen,

es gibt ja auch die anderen Beispiele, wo eben Journalistinnen und Journalisten

aufdecken, dass Leute unschuldig hinter Gittern sitzen.

Auch die SZ ist da ja durchaus weit vorne,

um unseren Berufsstand vielleicht ein bisschen zu verteidigen.

Wie geht es dir eigentlich damit, also selbst als Journalistin,

den Kolleginnen und Kollegen derart den Spiegel fortzuhalten?

Ich finde, das ist auch keine einfache Aufgabe.

Als Medienmagazin ist das ja für uns unser täglich Brot.

Also wir berichten ja immer darüber, wie andere berichten,

also nehmen immer diese Metaebene ein.

Und mein Angang ist da aber eigentlich nie,

dass ich Kolleginnen und Kollegen in die Pfanne hauen möchte.

Mein Ansatz ist eigentlich immer, dass ich in Selbstreflexion gehen möchte.

Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen cheesy,

aber ich weiß ja selber, ich bin Journalistin, ich weiß,

man kann Fehler machen und man kann Dinge mal falsch einschätzen.

Aber wichtig ist eben, dass man offen dafür ist,

seine eigene Position auch noch mal zu korrigieren.

Und wenn sich Sachverhalte ändern, wenn Fakten hinzukommen,

dann kann es ja sein, dass sich auch ein Fall noch mal ganz neu bewerten muss,

als Journalistin.

Und das ist in diesem Fall eben an vielen Stellen nicht passiert.

Und deswegen finde ich das durchaus gerechtfertigt,

da auch den Finger in die Wunde zu legen.

Aber ja, es ist eine undankbare Aufgabe, ja.

Was macht denn Jens Söhring eigentlich heute?

Jens Söhring hat dann nach seiner Rückkehr

einige Social-Media-Kanäle aufgebaut.

Also er betreibt ein TikTok-Account,

mit dem er um die 100.000 Leute erreicht.

Er hat ein Instagram-Account, er hat ein YouTube-Kanal,

wo er sowohl seinen Schicksal erzählt

und aus seinem Alltag in Freiheit erzählt,

als auch immer wieder Videos zu seinem Fall veröffentlicht

und zu vermeintlich entlastenden Details.

Und womit er wahrscheinlich ganz nett Geld verdient, oder?

Das können wir nicht sagen,

weil Jens Söhring selber wollte ja vorerst nicht mit uns sprechen.

Die Frage hätten wir ihm natürlich auch gestellt,

aber die hat er uns nicht beantwortet.

Natürlich kann man davon ausgehen,

dass wenn jemand so eine öffentliche Präsenz hat,

dass sich daraus auch Engagement ergeben, die Geld einbringen,

wie zum Beispiel das Buch, was er geschrieben und veröffentlicht hat

und auch seine Teilnahme an der Netflix-Doku-Reihe,

die jetzt im nächsten Monat erscheinen soll.

Also er veranstaltet zum Beispiel so Crime-Dinnerabende,

wo man sich ein Ticket kaufen kann.

Dann gibt es ein 3-Gänge-Menü und Jens Söhring erzählt

nebenbei aus dem Gefängnis und von seiner Doppelmordgeschichte.

Und beteuert aber bei alledem seine Unschuld.

Beteuert bei alledem seine Unschuld.

Danke dir, Lea.

Gerne.

Das war FKM, der Tagesschau-Podcast heute

mit den Recherchen von Lea Eichhorn.

Ihr Film heißt Medienkarriere eines Mörders.

Er ist Teil der Reihe Crime Time

und den findet ihr ab heute in der ARD-Media-Tek.

Da kommt auch Terry Wright zu Wort,

pensionierter Scotland-Jardt-Kommissar,

der Söhring damals in London verhört hat.

Von uns verpasst ihr nichts, wenn ihr uns ein Abo dalasst.

Autorin dieser Folge ist Jasmin Brock,

mitgearbeitet hat Stefan Beutting,

Produktion Jacqueline Brejek,

Ruth-Maria Ostermann, Jakob Böttner und Jürgen Kopp,

Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und MDR Info.

Ich bin Hannes Kunz, wir hören uns.

Ciao.

Hey, noch nicht abschalten.

Wem dieser Cold Case noch nicht reicht?

Ich habe noch einen Podcast-Tipp für euch.

Schaut doch mal bei Luisa und Joost

vom The Sting True Crime Podcast

fünf Minuten vor dem Tod vorbei.

Warum bringt ein Täter in einer Nacht drei Menschen um?

Fünf Minuten vor dem Tod, der The Sting Kriminal Podcast.

Hi, wir sind Luisa und Joost.

Wir ermitteln mit euch echte Kriminalfälle

noch mal Schritt für Schritt nach.

Und weil wir nicht nur ein Laber-Podcast sind,

gehen wir auch selbst ins Gericht

und sprechen mit Expertinnen und Experten.

Der verwesungsgerusch und verwechselbar.

Du weißt mich sofort.

Hört ihr jetzt an, was fünf Minuten vor dem Tod passiert ist?

Überall, wo es Podcast gibt.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Es ist einer der spektakulärsten Mordfälle der letzten Jahrzehnte und gleichzeitig ein Medienskandal. Der wegen Doppelmordes verurteilte Jens Söring kommt nach 33-jähriger Haft nach Deutschland und wird gefeiert wie ein Popstar, dank eines starken Narrativs. Demnach ist Jens unschuldig. Überregionale Zeitungen, Talkshows, ARD-Sender übernehmen diese Version auch noch, als längst Zweifel an der Geschichte aufkommen. Die Journalistin Lea Eichhorn hat gemeinsam mit Kolleg:innen von ARD Crime-Time recherchiert, wie eine starke Geschichte kombiniert mit guter PR journalistische Standards aushebeln kann; und wie schwer es offenbar vielen Kolleg:innen fällt, über die eigenen Fehler zu sprechen.



Hier der Link zu ARD-Crime-Time:

https://www.ardmediathek.de/hr/crimetime



Und hier unser True Crime-Podcast-Tipp von DASDING:

https://www.ardaudiothek.de/sendung/5-minuten-vor-dem-tod-der-kriminalpodcast-oder-true-crime/83992738/



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautorin: Jasmin Brock

Mitarbeit: Stephan Beuting

Produktion: Jacob Böttner, Jaqueline Brzeczek, und Jürgen Kopp

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Folge trägt der BR.