Echo der Zeit: Italien zwischen Waldbränden und Überschwemmungen

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 7/26/23 - 35m - PDF Transcript

Radio SRF, Echo der Zeit mit Ivan Lieberherr.

Das sind unsere Themen am Mittwoch, dem 26. Juli.

Schwere Waldbrände im Süden Italiens erneut Überschwemmungen im Norden.

Doch in der Klimapolitik will die Regierung nichts überstürzen.

Es ist eher eine pragmatische Politik,

die zum Beispiel die Autoindustrie in Italien dagegen schützen will,

dass nur noch Elektromotoren als Antrieb zugelassen werden.

Sagt FHZ-Korrespondent Matthias Rüb in Rom.

Der Kanton Bern arbeitet an einem digitalen Impfbüchlein,

parallel zum Bund.

Wir fragen, weshalb das nicht überall gut ankommt.

Und Kambodscha wollte eine Glücksspielstadt aufbauen

nach dem Vorbild von Las Vegas mit chinesischem Geld.

Wir fragen, weshalb nichts wurde aus diesen Plänen.

Die Sendung beginnen wir mit den Nachrichten des Tages

und Marco Koller.

Die sogenannte Kita-Initiative ist zustande gekommen.

Mir als 102.000 gültige Unterschriften seien eingereicht worden.

Teil der Bund mit.

Die Kita-Initiative fordert, dass die Kantone genügend Betreuungsplätze

für Kinder ab drei Monaten zur Verfügung stellen.

So soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden.

Einen Teil der Kosten soll der Bund bezahlen.

Eltern sollen höchstens 10% ihres Einkommens

für die Kita-Plätze ihrer Kinder ausgeben müssen.

Außerdem sollen Kita-Angestellte bessere Arbeitsbedingungen

und höhere Löhne erhalten.

In Israel befasst sich das oberste Gericht im September

mit den Einsprachen gegen die umstrittene Justizreform.

Das geht aus einem Dokument auf der Internetseite des Gerichts hervor.

Das israelische Parlament hat am Montag

dem Kernstück der Reform zugestimmt.

Damit kann das oberste Gericht Entscheidungen der Regierung

in Zukunft nicht mehr als unangemessen kippen.

Für Gegnerinnen und Gegner der Reform ist das nicht nur

ein unzulässiger Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz,

die neue Regelung begünstige auch Korruption

und Machtmissbrauch der Regierung.

In Österreich ist die Polizei mit Razzien

gegen sogenannte Staatsverweigerer vorgegangen.

In den Morgenstunden kam es in mehreren Bundesländern

zu Hausdurchsuchungen.

Laut dem Innenministerium in Wien

hatte der Verfassungsschutz die Hausdurchsuchungen angeordnet.

Er ermittelt gegen 41 Verdächtige.

Im Visier der österreichischen Ermittler

steht die staatsfeindliche Bewegung des fiktiven Bundesstaatspreußen.

Ihr Ziel sei es, die öffentliche Verwaltung

durch grundlose Eingaben lahm zu legen

und Verfahren zu verschleppen.

Und es gebe Hinweise auf eine Verbindung

zur Reichsbürgerszene in Deutschland.

Im westafrikanischen Niger ist möglicherweise

ein Putschversuch des Militärs im Gang.

Laut Medienberichten soll die Präsidentengarde

den Zugang zum Palast des Präsidenten

in der Hauptstadt Niamhe gesperrt haben.

Die Präsidentengarde ist eine Eliteeinheit der Armee.

Präsident Mohamed Bazoum verhandelt

mit Vertretern der Armee.

Auf dem Twitter-Konto des Präsidentenbüros

wurde eine Mitteilung veröffentlicht.

Gemäß dieser wird die Armee die Präsidentengarde angreifen,

die sie zurückzieht.

Inzwischen haben die afrikanische Union

und die Europäische Union den möglichen Putschversuch verurteilt.

Bereits in Nigers Nachbarländer Mali und Burkina Faso

hatte das Militär geputscht.

Vor der niederländischen Küste

versuchen Loschteams nach wie vor

einen brennenden Frachter zu löschen.

Das Schiff mit fast 3000 Autos an Bord

war in der Nacht in Brand geraten und droht zu sinken.

In diesem Fall wird eine Umweltkatastrophe befürchtet.

Seit Stunden stehen mehrere Losch- und Bergungsschiffe im Einsatz.

Der Brand war vermutlich bei einem Elektroauto ausgebrochen.

Eine Person kam ums Leben, mehrere weitere wurden verletzt.

Nicht schuldig.

So lautet das Urteil im Strafprozess gegen Kevin Spacey in London.

Der US-amerikanische Schauspieler

wird in allen Punkten freigesprochen,

wie das geschworenen Gericht mitteilt.

Spacey wurde vorgeworfen, mehrere Männer

sexuell belästigt zu haben,

bis hin zur Nötigung zum Geschlechtsverkehr.

Vor einem Jahr hat Spacey bereits

seinen Prozess in den USA gewonnen.

Auch damals ging es um sexuelle Übergriffe.

Die Börsendaten von 18.04 geliefert von 6.

Der Swiss Market Index schließt bei 11.184 Punkten.

Das ist ein Minus von 0,4%.

Der Dow Jones Index in New York steigt um 0,1%.

Der Euro wird zu 95°52 gehandelt,

der Dollar zu 86°24.

Und wie wird das Wetter?

Heute Abend ist es im Norden zum Teil sonnig,

zum Teil gibt es aber auch Regenschauer.

Morgen beginnt der Tag im Norden zuerst noch bewölkt,

danach wird es ziemlich sonnig bei rund 24°.

Im Süden ist es meist sonnig bei 28°.

Die Brüten der Hitze hat den Mittelmeer-Raum im Griff.

Von Griechenland über Algerien bis nach Spanien und Italien

an vielen Orten kämpfen die Feuerwehren gegen Waldbrände.

Auch auf der italienischen Mittelmeer-Insel

Sizilien brannten Wälder.

Der Flughafen von Palermo war deswegen vorübergehend gesperrt.

Im Norden Italiens gingen derweil schwere Regenfälle nieder,

besonders in Mainland und in Teilen der Lombardei.

Auch in der Gegend und in Gardasee wüteten Unwetter.

Hagelkörner, so groß wie Tennis Bellets,

ertrümmerten Autofenster und demolierten Wohnwagen.

Brände im Süden Italiens über Schwemmungen im Norden

befindet sich Italien in einem meteorologischen Ausnahmezustand.

Das habe ich Matthias Rüb gefragt.

Er berichtet für die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus Italien.

Das kann man so sagen.

Es gibt allerdings heute am Mittwoch leichte Besserung,

wenn auch noch keine Entwarnung.

Das hat drei Gründe.

Im Süden hat die Feuerwehr doch die allermeisten Brände

unter Kontrolle gebracht.

Zweitens sind die Temperaturen jetzt besser geworden.

Also die Hitzewelle scheint zu Ende zu sein.

Spätestens am Freitag wird es also keine Stadt mehr geben

weil Italien die Alarmstufe rot wegen der Hitze hat.

Und drittens, der heiße Schirokowin,

der den Staub und die Hitze aus Afrika über das Mittelwehr

nach Italien bringt, ist doch deutlich abgeflaut.

Wie reagieren die Menschen?

Macht man sich grundsätzliche Gedanken über die Wetterextreme?

Da gibt es zwei Denkschulen, die eine Denkschule sagt.

Ich glaube, man muss sagen, das ist die Mehrheit.

Das sind die Folgen des Klimawangels.

Die andere Denkschule sagt, es sind die Folgen des Wetters.

Es gibt sogar Stimmen, die sagen, es ist ein zu starker,

alarmistischer ja apokalyptischer Ton in dieser Debatte.

Und auf der anderen Seite gibt es den Versuch eines grünen Parteisprechers,

den Negationismo climatico.

Also die Leugnung des menschengemachten Klimawangels

unter Strafe zu stellen.

Also da sehen Sie, wie weit das Spektrum reicht.

Von vor allem rechten Politikern, die sagen Ruhe,

haben es mit Unwetter zu tun.

Auf der einen Seite und auf der anderen Seite sogar der Vorschlag,

gesetzlich zu verbieten, den Klimawandel menschengemachten zu leugnen.

Und zu welcher Denkschule gehört die Rechtsregierung von Georgia Meloni?

Das kann man so pauschal nicht sagen.

Man darf nicht vergessen, es sind ja drei Parteien,

die diese Regierung ausmachen, diese Koalition.

Dort sind die klassischen Christdemokraten, also die vor Zeitall,

dort sind Stimmen eindeutig danach.

Wir haben es mit den Folgen des Klimawandels zu tun.

Bis hin zur rechtsnationalen Lega

und auch zur rechtskonservativen Partei Brüder Italiens von Georgia Meloni.

Die sagen, nein, es ist eben noch nicht der Klimawandel.

Und das ist ein Zitat von Meloni.

Wir dürfen nicht dem ultraökologischen Fanatismus erlegen.

Also unterschiedliche Beurteilungen sorgt das für Spannungen innerhalb der Regierung?

Bisher nicht. Meloni lässt ihre Stellvertreter ein bisschen sich in die Haare bekommen.

Sie lässt sie saloppgesagt Sandkastenstreitigkeiten austragen.

Aber sie hat das Sagen und es gibt keine nennenswerten Spannungen innerhalb der Regierung.

Es wird wohl heute Abend eine Kabinettssitzung geben.

Es wird spekuliert, dass dann der Notstand über das ganze Land verhängt wird,

damit Hilfsgelder aus Rom schneller fließen kann

und damit man eine erste Schadensaufnahme machen kann.

Also da steht die Regierung, soweit ich das beurteilen kann, geschlossen da

und wird den betroffenen Regionen helfen.

Gibt es auch eine Klimapolitik in der Regierung?

Auch das ist schwierig einzuschätzen.

Offiziell heißt es ja, wir wollen die Folgen des Klimawandels bekämpfen,

aber nicht durch, wie soll ich sagen, eine Monokausale

oder eine einseitige Abkehr zum Beispiel von Verbrennermotoren.

Also es gibt auch da ein weites Spektrum von Rechtsaußen,

der Lega bis zur Mitte bei der Forze Italie,

der also der Christdemokratischen Partei,

wo man sich noch nicht wirklich geeinigt hat, welche Politik man verfolgen soll,

aber es ist eher eine pragmatische Politik,

die zum Beispiel die Autoindustrie in Italien dagegen schützen will,

dass nur noch Elektromotoren als Antrieb zugelassen werden.

Das offizielle Italien reagierte Emperor,

als der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach

vor kurzem via Twitter verlauten ließ,

dass der italienische Tourismus keine Zukunft habe,

wenn es immer mehr so spektakuläre Hitze Sommer gäbe.

Hat Lauterbach da einen wunden Punkt getroffen?

Es ist immer ungünstig, wenn die Deutschen in die Welt gehen

und die ganze Welt belehren, wie sie sich zu verhalten haben.

Die Reaktion des offiziellen Italiens, auch der Presse war überwiegend negativ.

Es wird daran erinnert, dass Italien trotz der Überschwemmung

und Anfang Mai in der Emilia-Romagna, trotz der Feuer jetzt,

trotz der Unwetter in der Lombardei,

jetzt mit einer Rekordsaison der Urlauber rechnet.

Und man darf nicht vergessen, der Freppenverkehr macht 13%

der Wirtschaftskraft Italiens aus.

Lauterbach wurde ausdrücklich eingeladen,

kommen Sie gerne immer wieder nach Italien.

Nur müssen Sie sich rechtzeitig darum kümmern, ein Hotel zu buchen,

denn gerade im Süden ist jetzt dieser Tage zumal,

im August, der bald beginnt, alles ausgebucht.

Das ist die kurze Sicht, wie sieht das in 15 Jahren aus?

Voraussagen sind immer kompliziert und riskant,

aber im Moment muss man sagen, gerade jetzt in Rimini zum Beispiel,

in Riccione an der Adrià, die so schwer getroffen war von den Überschwemmungen,

dort ist alles voll. Also kurzfristig ist man optimistisch,

langfristig sagt man, ja, wir werden die Folgen des Klimawandels bekämpfen,

aber Italien bleibt gewissermaßen das ganze Jahr über offen.

Also der Optimismus ist eigentlich ungebrochen.

Zumal in dieser Saison, die tatsächlich sich bisher sehr gut angelassen hat,

ungeachtet der ganzen Probleme, die es gegeben hat,

im Mai mit den furchtbaren Überschwemmungen,

mit den sinnflutartigen Regenfällen

und jetzt mit den Unwetter im Norden und den Bränden im Süden.

Sagt Matthias Rüb, Italien-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Das ist das Echo der Zeit von Radio SRF.

Weiter geht's im Kanton Bern,

der an seinem eigenen digitalen Impfbüchlein arbeitet

und im Kanton Luzern, wo heftig über Tempo 30 auf Kantonsstraßen gestritten wird.

Dann geplatzte Träume im Königreich Kambodscha.

Die Stadt Sianokville hätte zu einem zweiten Las Vegas werden sollen,

doch statt einer glitzenden Casino-Welt sieht man Bauruine

neben Bauruine.

Schließlich die Geschichte einer 24-jährigen Amerikanerin,

die in einem Strudel krimineller Machenschaften gerät,

am Uno-Hauptsitz in New York.

Keine reale Geschichte, sondern ein Spionage-Thriller.

Die Autorin, eine Uno-Insiderin,

verrät uns, weshalb sie einen Krimi geschrieben hat

und nicht etwa ihre Memoiren.

Das Projekt für ein digitales Impfbüchlein für die Schweiz ist gescheitert.

Es wurde wegen Sicherheitsmängeln gestoppt.

Noch während die Rettung der Daten läuft,

laussieren Bund und Kantone den nächsten Versuch.

Doch der Kanton Bern will einen anderen Weg gehen

und seine Corona-Impfplattform zum elektronischen Impfbüchlein ausbauen.

Noch in diesem Jahr soll für die ganze Schweiz das Impfbüchlein digital werden.

So wäre jeder und jedem auf einen Blick klar,

welche Impfungen noch schützen und welche aufgefrischt werden müssen.

Die technischen Grundlagen sind da, um die Impfdaten

als Teil des elektronischen Patienten-Dossiers digital abzulegen

und zu verwalten.

Die Anbieterinnen haben bis Ende Jahr Zeit,

den elektronischen Impfausweis einzubauen.

Bisher ist das noch nicht geschehen,

wie die zuständige Stelle eHealth Swiss schreibt, Zitat.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat noch keine Stammgemeinschaft

den elektronischen Impfausweis implementiert.

Gleichzeitig läuft der Rettungsversuch von über 5 Millionen Impfdaten,

all jener, die das Projekt Meine Impfungen genutzt haben.

Es war das erste schweizweite elektronische Impfbüchlein,

das jedoch wegen schwerwiegender Sicherheitsmängel gestoppt wurde.

Bis im Herbst sollen diese Impfdaten gerettet

und für die Betroffenen zugänglich sein.

Sie ließen sich dann digital übertragen,

zum Beispiel in ein elektronisches Patienten-Dossier.

Auch der Kanton Bern verfügt über einen Datenschatz

bei den Impfungen und möchte diesen bewahren.

Denn fast 9 von 10 Einwohnerinnen und Einwohnern

haben während der Pandemie ihre Covid-Impftermine online gebucht,

über das Portal WACMI.

Damit waren die Impfungen auch dokumentiert,

etwa für das Zertifikat.

Bei der kantonalen Gesundheitsdirektion sagt Johannes Martz.

Das WACMI ist eine Berner-Lösung, eine Lösung für den Kanton Bern,

was aber nicht ausschließt, dass sich andere Kantone auch interessieren dafür

und es dort Möglichkeiten gibt in Zukunft.

Im Moment aber ist es eine bernische Applikation.

Es sei zu früh, um über Kantone und über Details zu sprechen, so Martz.

Bei WACMI ging es bisher primär um die Logistik, rund um die Impfung,

Termine reservieren, Impfstoff verfolgen und so weiter.

Auch die Affenpockenimpfungen wurden über diese Plattform abgewickelt,

seit neuestem die Zeckenimpfung.

Deshalb möchte der Kanton weitergehen, wie Johannes Martz erklärt.

Das heißt, das könnte auf das schweizerische Impfbüchlein betreffen,

dass die meisten Leute irgendwo zu Hause haben und meistens nicht finden.

Dieses Impfbüchlein könnte durchaus auch mit WACMI

einen elektronischen Nachfolger erhalten.

Nach Angaben des Kantons Bern müsste es möglich sein,

diese Impfdaten der einst ins elektronische Patientendossier zu übertragen,

als PDF-Datei.

Jedes Mal, wenn neue Daten ins elektronische Patientendossier geladen werden,

erzeugt dies ein PDF.

Darum ist natürlich auch, wenn man eine Impfung macht,

diese Möglichkeit gegeben, dass man dies auch so übertragen kann.

Das mag technisch möglich sein, bringt aber keinen digitalen Nutzen.

Eine PDF-Ablage ist kein elektronisches Impfbüchlein.

Erst mit den erwähnten technischen Grundlagen des schweizeiten Projekts

gelingt das Abgleichen mit neuen Impfdaten und die Übersicht,

welche Impfung gemacht und welche erneuert werden müsste.

Deshalb geht auch die GDK, die Kantonale Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen

und Direktoren, davon aus, dass sich die elektronischen Systeme verstehen müssten.

Zitat

Wir gehen davon aus, dass bei allfälligen in den Kantonen entwickelten Lösungen

die Interoperabilität mit dem EPD-Impfmodul sichergestellt ist

und dasselbe Austauschformat verwendet wird.

Sonst gelingt das Abgleichen bestehender und neuer Impfungen im elektronischen Patientendossier nicht.

Auch die zuständige Stelle von Bund und Kantonen, IHRF Swiss, schreibt

Wenn nicht das gleiche Austauschformat verwendet wird, kann das Impfmodul im EPD diese Daten nicht lesen.

Der Kanton Bern tut gut daran, seine Anwendung so anzupassen,

dass er sich mit der schweizeiten Lösung versteht und austauschen kann.

Sonst bringt sie den Nutzerinnen und Nutzern wenig.

Der Datenschatz ging er verloren und die Reihe von kantonalen digitalen Projekten,

die isoliert bleiben oder scheitern, würde länger.

Soll auf Kantonstraßen auch Tempo 30 möglich sein?

Und diese Frage ist im Kanton Luzern ein lauter Streit entbrannt.

Verschiedene Gemeinden und Quartiervereine fordern für ihre Zentren Tempo 30,

für mehr Sicherheit und weniger Lärm.

Auf der anderen Seite steht die Luzerner SVP,

die mit einer Initiative Tempo 30 auf Kantonstraßen generell verbieten möchte.

Und mittendrin in diesem Konflikt die Kantonsregierung.

Zentralschweiz-Korrespondent Christian Ökslin berichtet.

Die Bernstraße im Westen von Luzern gehört zu den meistbefahrenen Kantonstraßen der Stadt.

Entsprechend laut ist es hier, die Lärmgrenzwerte werden deutlich überschritten.

Das zeigen die Daten des Kantons Luzern.

Trotzdem passiert nichts und das nicht seit ein paar Jahren,

sondern eigentlich nicht in Betracht seit Jahrzehnten.

Das sagt Stefan Brücker, er ist Co-Präsident des Vereins Babel,

der sich für die Interessen des Quartiers Basel Bernstraße einsetzt.

Tempo 30 würde hierfür weniger Lärm und mehr Sicherheit sorgen.

Davon sind auch andere Quartiervereine in der Stadt Luzern überzeugt.

Sie haben entsprechende Gesuche für die Kantonstraßen auf ihrem Gebiet eingereicht.

Rückenwind gibt ihnen ein Urteil des Bundesgerichts vom März diesen Jahres.

Dabei ging es um eine Lärmsanierung in der Nachbarstadt Kriens.

Das Bundesgericht hielt fest,

dass Tempo 30 ein taugliches Instrument sei zum Schutz vor übermäßigem Lärm.

Lärmschutz sei keine freiwillige Maßnahme,

sondern eine bundesrechtliche Aufgabe, sagt Stefan Brücker.

Das sind so viele Menschen hier an der Basel Bernstraße,

die vom Lärm betroffen sind und darunter leiden.

Ich möchte die Leute sehen, die denen ins Gesicht sagen,

mein Tempo 50 ist wichtiger als dein Schlaf und deine Gesundheit.

Der Kanton Luzern müsse sofort handeln

und die geforderten Tempo 30 Zonen bewilligen.

Ganz anders sieht das der Luzerne SVP-Nationalrat Franz Krüter.

Er ist Teil des Komitees,

das kürzlich eine kantonale Initiative eingereicht hat.

Sie verlangt, dass innerorts generell Tempo 50 beibehalten

und begünstigt werden soll.

In letzter Zeit hätten die Gemeinden zu viele Anträge

für Tempo 30 Zonen eingereicht.

Das beeinträchtige, denn Verkehrsfluss

und Führer zur Unsicherheit argumentiert Krüter.

Die Autofahrerinnen und Lastwagenfahrer

wüssten nicht mehr, wo was gelte.

Das ist nicht nur ein Flickenteppich, es ist schon fast schick an Ösoft,

wird noch ein Radar aufgestellt.

Ich glaube, das ist das, was die Leute nicht wollen.

Wir wollen dort, wo es möglich ist,

auf Hauptverkehrsachsen wie der generell Tempo 50.

Zudem führe Tempo 30 auf den Hauptverkehrsachsen dazu,

dass Autos vermehrt Abkürzungen über Quartierstraße nehmen würden.

Und auch die Busse kämen nicht mehr richtig vorwärts.

Von dort her glaube ich,

muss man einfach diese Interessensabwägung

zugunsten des Verkehrs machen.

Das Thema Tempo 30 beschäftigt den Kanton Luzern

bereits seit einiger Zeit.

Schon vor dem zustande kommende SVP-Initiative

wurden im Kantonsparlament verschiedene Vorstöße dazu eingereicht.

Deshalb hat die Regierung entschieden,

vorerst keine neuen Gesuche für Tempo 30 Zonen zu bewilligen.

Es braucht zuerst eine Gesamtbetrachtung,

sagt Paloma Mayer,

Sprecherin des Bau, Umwelt und Wirtschaftsdepartements.

Welche Auswirkungen haben bisherige Tempo 30 Zonen

auf den Verkehrsfluss,

auf Ambulanz und Feuerwehr und den öffentlichen Verkehr?

Auf diese und andere Fragen wolle man jetzt antworten.

Es macht wie Sinn,

jetzt zuerst diese Abklärungen laufen zu lassen

und auch unsere Praxis beispielsweise

mit anderen Kantonen zu vergleichen,

damit der Regierungsrat eine Grundlage hat,

wie er mit Tempo 30 weiterfahren möchte.

Während die SVP den Bewilligungsstopp begrüßt,

kritisieren die Quartiervereine den Entscheidscharf.

Sie würden von der Regierung hingehalten,

das sei inakzeptabel.

Tempo 30 oder Tempo 50 auf Kantonschrassen,

diese Frage erhitzt im Kanton Luzern also die Gemüter.

Die emotionalen Diskussionen gehen weiter im Herbst

im Kantonsparlament und dann wieder,

wenn die SVP-Initiative zur Abstimmung kommt.

Nach Kambodscha nun.

Dort hat der autokratische Langzeit-Ministerpräsident

Hun Sen am Wochenende die Wahlen gewonnen.

Nicht überraschend, denn eine Opposition

gibt es im Königreich nicht.

Hun Sen will die Macht an seinen ältesten Sohn übertragen.

Hun Manet soll bereits in drei Wochen

zum neuen Regierungschef ernannt werden,

wie heute bekannt wurde.

Menschenrechtsorganisationen bezeichnen Kambodscha

deswegen nun als Erbtiktatur.

Aber es ist ein Land mit Ambitionen,

das zeigt sich in der Stadt Sianok will.

Sie hätte zu einem zweiten Las Vegas werden sollen.

Mit chinesischen Investitionen wurden in den vergangenen Jahren

Hotels und Casinos aus dem Boden gestampft.

Doch strengere Glücksspielgesetze und die Pandemie

machten den großen Plänen einen Strich durch die Rechnung.

Heute reiht sich in der einzigen Boomstadt

eine Bauruine an die nächste.

Südostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi berichtet.

Im Stadtzentrum am Rand eines großen Verkehrskreisels

mit goldenen Löwenstatuen warten Tuk Tuk Fahrer auf Kundschaft.

Vor der Covid-Pandemie hat man hier viel Geld verdient,

sagt dieser Fahrer.

Chinesische Kundinnen und Kunden hätten gut bezahlt.

Um über die Runden zu kommen,

züchtet der Tuk Tuk Fahrer jetzt nebenbei Kampfhäne,

die er mit etwas Gewinn weiterverkaufen will.

Die Vögel hat den Käfigen neben dem Kreisel aufgestellt.

Direkt dahinter ragt ein 16-stöckiger Beton Rohbau

in die Höhe. Vor dem Parter stehen Essenstände und Wellblech-Hütten.

In einer solchen Hütte sitzt eine Gruppe Jugendliche und spielt Karten.

Wir haben alle in der Casino-Industrie gearbeitet.

Die Branche blüte, es gab einen Haufen Jobs.

Aber nach Covid ging es bergab,

jetzt ist es schwierig geworden für die Menschen.

Wir haben alle in der Casino-Industrie gearbeitet.

Die Branche blühte, es gab einen Haufen Jobs.

Aber nach Covid ging es bergab,

jetzt ist es schwierig geworden für uns.

Sagt ein junger Mann Anfang 20.

Es gebe kaum noch Jobs in den verbliebenen Casinos.

Auch hier ist man sich einig, die Chinesen fehlen.

Vor rund 10 Jahren hatten China und Cambodia

eine Sonderwirtschaftszone in Sihano-Gewil vereinbart.

Diese ist inzwischen Teil der globalen

Belt and Road Initiative Chinas.

Die Chinesen finanzierten auch die mehrspurige, moderne Autobahnen,

die Kambochas Hauptstadt und Pendel,

mit Sihano-Gewil verbindet.

Die Casinos schließlich sollten chinesische Besucherinnen

und Besucher anlocken, da in China selbst das Glücksspiel

mit Ausnahme von Macau verboten ist.

Der Buben hielt nur wenige Jahre.

Inzwischen haben viele der Casinos wieder geschlossen

oder wurden gar nicht erst fertiggestellt.

Ein Casino, unweit der Wellblechhütten, hat geöffnet.

Nur die erste Etage der Casinos

ist ein Betrieb, erklärt ein Angestellter.

Besucherinnen und Besucher sind keine da.

Die bunten und lauten Automaten blinken einsam vor sich hin.

Der Niedergang der Casinoindustrie

hat einen direkten Einfluss auf den Immobilienmarkt

in der Stadt gehabt,

sagt der kamboschanische Immobilienbroker Heng Makara.

Die Verlappung der Casinoindustrie

hat einen direkten Einfluss auf den Immobilienmarkten der Stadt gehabt,

sagt der kamboschanische Immobilienbroker Heng Makara.

Kamboschanische Immobilienunternehmen haben Geld aufgenommen,

um das entsprechende Land zu kaufen, die Gebäude zu bauen

und sie dann an Chinesen zu vermieten.

Mit der Schließung vieler Casinos

verließen die meisten Chinesen die Stadt

und die lokalen Unternehmen bleiben jetzt auf ihren Gebäuden

und den Schulden sitzen.

Verantwortlich für das Ende des Casinobooms

ist nicht nur die Covid-Pandemie.

Rund ein halbes Jahr zuvor verboten die kamboschanischen Behörden

nämlich das Online Gambling,

eine wichtige Einnahmequelle der Casinos in der Stadt.

Denn mit dem kaum kontrollierten Glücksspiel

war auch das organisierte Verbrechen in die Stadt gekommen.

International für Schlagzeilen

sorgen sogenannte Cybersklaven,

ein Großteil von ihnen Chinesinnen und Chinesen,

die unter falschen Versprechungen nach Kambodscha gelockt wurden

und hier zum Onlinebetrug an ihren Landsleuten gezwungen wurden.

Nicht alle wurden betrogen, einige taten dies auch freiwillig,

sagt dieser chinesische Geschäftsmann.

Zusammen mit zwei kamboschanischen Mitarbeitern

lehrt der große Flaschen aus einem Lastwagen.

Er betreibt einen Trinkwasser-Lieferdienst.

Der Mann gehört zur Minderheit der Chinesen,

die nach der Pandemie nach Kambodscha zurückgekehrt ist.

Die Casino-Boomzeit scheint er nicht zu vermissen.

Gefährlich sei es damals gewesen.

Es ist jetzt viel besser geworden.

Früher habe ich mich nach 9, 10 Uhr abends

nicht alleine auf die Straße getraut.

Und doch, Siehanouk Will wirkt streckenweise wie eine Geisterstadt.

Über 1.000 unfertige Gebäude soll es in der Stadt geben.

Ein kleines Mädchen spielt auf dem Betonboden.

In den Händen hält es ein Holzbrett mit rostigen Nägeln.

Und es ist nicht nur so,

sondern es ist auch so, dass es in den Händen ist.

In den Händen hält es ein Holzbrett mit rostigen Nägeln.

Die ältere Schwester versucht es ihm zu entreißen.

Die Kinder leben mit ihren Eltern im Partei eines Rohbaus.

Wir haben im Straßenbau gearbeitet.

Doch von einem Tag auf den anderen

hat sich der für uns zuständige Manager einfach davon gemacht,

erklärt die Mutter.

Ihnen sei das Einkommen weggebrochen.

In der Zeit hatten sie bisher nicht gefunden.

Jetzt ist die Familie in diesem Rohbau untergekommen,

ohne Fenster, ohne Türen und ohne Wände.

Und die Familie hat kein Geld für Nahrungsmittel.

Wir suchen Essen auf den Märkten,

fragen auch nach weggeworfenen Lebensmitteln.

Und ja, ehrlich gesagt,

schicken wir nachts auch die Kinder los, um zu betteln.

Auf dem Karlen Betonboden liegen 2 Matratzen.

Mit Plastikplanen hat die Familie

eine Art Schlafzimmer abgetrennt.

Seit 2 Monaten liegt sie hier.

Den Besitzer des Gebäudes

hätten sie noch nicht zu Gesicht bekommen, sagt die Mutter.

Sie würden einfach so lange hier bleiben,

bis man sie hinauswerfen.

Ob die vielen Bauten in Sihanoukville

jemals fertiggestellt werden, ist unklar.

Einige sind zu modernen Ruinen geworden,

die überwuchert von Pflanzen.

Sie wirken wie riesige Mahnmalen

gegenüber dimensionierte Investitionsprojekte.

Spektakel.

Die gab es bei den Vereinten Nationen im Laufe der Jahre

immer mal wieder.

Grusthofs Wutanfall, Gaddafis Tiraden,

Kastros Epische Reden,

Trumps Eidle Selbstdarstellung.

Darüber wurde schon viel geschrieben.

Zum ersten Mal gibt es nun aber auch einen Krimi

um den Uno-Hauptsitz in New York gespielt.

Und indem die Uno nicht nur das Deco,

sondern auch die Handlung liefert.

Fredyke Steiger sprach mit der Autorin

einer jahrzehntelangen Uno-Insiderin.

Ein Auto braust spät abends mit überhöhter Geschwindigkeit

die First Avenue in Manhattan hinauf.

Der Fahrer schwenkt absichtlich nach rechts

und fährt unmittelbar vor dem Personal.

Sie wird mit schweren Kopfwunden und inneren Verletzungen

ins Krankenhaus eingeliefert.

So dramatisch beginnt der Uno-Spionages-Thriller

von Laurence Severs mit dem Titel

Spionin Wiederwillen.

Die Autorin war jahrzehntelang für die Vereinten Nationen tätig

und schrieb ein überaus kompetentes, viele hundert-Zeitendickes,

jedoch gut lesbares, Standardwerk über den Sicherheitsrat.

Noch heute wird sie als Expertin ins mächtigste Uno-Gremium eingeladen.

Neulich beschrieb sie dort die wachsenden Spannungen,

welche die Arbeit des Rates behinderten.

Sie sind heute wieder ähnlich groß wie zu den Zeiten,

da der Roman von Laurence Severs spielt.

1974, mitten im Kalten Krieg.

Der Uno-Sitz war eine Hochburg der internationalen Spionage.

Misstrauen regierte, die Atmosphäre war aufgeladen.

Eigentlich wollte Severs eine Autobiografie schreiben,

doch um dem Ruf der Uno nicht zu schaden,

wählte sie schließlich die Romanform.

Das Hauptpartier der Vereinten Nationen mit seinen pompösen Sälen,

den endlosen Korridoren, den verschlungenen Wegen,

von den düsteren Kellnen und Tiefgaragen

hoch oben auf dem Sekretariatsgebäude

gebe ein grandioses Bühnenbild ab.

Die Hauptfigur des Romans, die 24-jährige US-Amerikanerin Ann Thomas,

wird auch wegen ihrer Neugier in einen Strudel

politischer und krimineller Machenschaften hineingerissen.

Ein zunächst äußerst freundlicher New Yorker Polizist

hat seinen Auftritt, ein väterlicher FBI-Agent,

ein auffallend anhänglicher russischer Diplomat,

ein undurchsichtiger Beamter aus der DDR,

eine naive Kollegin.

Es wird getratscht, beschattet, gedroht und gemordet.

Der Thriller zeigt auch, wie schwer sich die USA-Taten,

als sie merkten, dass ihnen der Uno-Sitz nicht nur Prestige bescherte,

sondern auch Wunderschaften von damals meist männlichen Spionen

aus dem Ostblock.

Erhellend sind auch die Einblicke der UNO-Insiderin Lauren Sievers

in den Uno-Altag in die äußerst hierarchischen Strukturen

und das damals verbreitete Macho-Gehabe

für heute politisch so korrekten Uno.

Die Männer waren die Chefs, oft aufgeblasen und inkompetent,

da viele ihre Posten ihrem Herkunftsland

und nicht Qualifikationen verdankten.

Die Frauen waren Sekretärinnen, hatten adret auszusehen,

Döpies und hochhackige Schuhe zu tragen.

Das zumindest hat sich geändert.

Zurück sind hingegen die politischen Zwiste.

Zwar könne man sie so Lauren Sievers nicht direkt

mit jenen des kalten Kriegs vergleichen.

Es gibt so viel Modernisierung,

ich denke nicht nur in Technologie und Warrfähre und so,

aber auch in der Gedanken.

Das war ein Beitrag von Fredrik Steiger.

Und das war das Echo der Zeit vom Mittwoch,

dem 26. Juli, mit Redaktionsschluss um 18.34 Uhr.

Verantwortlich für diese Ausgabe Anna Drexel

für die Nachrichten Adrian Huber

und am Mikrofon war Ivan Lieberherr.

Das war ein Podcast von SRF.

Das war ein Podcast von SRF.

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Italien kämpft derzeit mit Wetterextremen. In Sizilien toben Waldbrände, in Mailand und in Teilen der Lombardei sorgten schwere Regenfälle für Überschwemmungen. Befindet sich Italien in einem meteorologischen Ausnahmezustand? Das Gespräch mit Matthias Rüb, Journalist bei der Frankfurter Allgemeinen.

Weitere Themen:
(05:44) Italien zwischen Waldbränden und Überschwemmungen
(13:06) Der Kanton Bern geht neue Wege beim elektronischen Impfbüchlein
(17:48) Tempo 30 erhitzt die Gemüter im Kanton Luzern
(22:23) Sihanoukville: Das Ende des Casinobooms
(29:04) Uno-Krimi: Spionin wider Willen