Input: «Heul doch!» – Ein Plädoyer für Männertränen

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 3/15/23 - 31m - PDF Transcript

Ich habe zwei Männer in meinem Leben und die beiden haben etwas gemeinsam.

Sie brüllen ab und zu.

Einer deutlich mehr als der andere.

Mein Sohn ist fünf.

Er geht in Kindergarten und berühlt recht viel.

Wenn er umgekehrt ist, muss er sich nicht aufgerissen haben.

Oder wenn er Streit hat mit seiner Schwester und sich ungerecht behandelt fühlt.

Meistens kann ich ihn dann trausten.

Auch mein Mann ist berührend auf die Welt gekommen.

Er hat als Kind, ich weiss das aus sicherer Quelle, ab und zu mal brüllen.

Aber ich sehe ihn heute fast nie brüllen.

Wenn wir an ein Hochseuge eingeladen sind,

geht er nicht ohne seine Sonne brüllen.

Er hat es nicht gerne, wenn man ihn beim Brüllen sieht.

Und auch von mir macht er es nicht gerne.

Auch nicht bei ganz wichtigem Ereignis in seinem Leben.

Wenn seine geliebte argentinische Nazi den WM Pokal holt.

Oder wenn seine Tochter zum ersten Mal Pappi sagt.

Mein Mann verdrückt seine Tränen.

Ich finde das mega schade.

Kennt ihr es?

Was passiert im Leben eines Mannes zwischen der Kindheit und dem Erwachsensein?

Hören die Buben irgendwann einfach auf die Brüllen?

Wieso?

Und wo fliessen die unbrüllenden Männer Tränen an?

Ein Leben lang Tränen abschlucken kann mir nicht vorstellen, dass das gesund ist.

Oder ist das viel zu pauschal?

Diese Spuren nehmen wir auf.

Im Punkt.

Mein Name ist Julia Lüsscher.

Mein Mann und ich hatten schon ab und zu einen Grund zum Brüllen.

Im Alltag mit zwei kleinen Kindern.

Vor Freude, vor Überforderung, vor Müdigkeit,

vor Rührung auf dem Sofa beim Fernsehen.

Und vor Ohnmacht oder vor Traur in schwierigen Situationen.

Und in diesen Situationen fühle ich mich immer sehr verbunden mit ihm.

Er sieht seine Tränen aber völlig anders.

Wenn ich ganz ehrlich bin,

bist du schon immer noch schambehaftet.

Gerade als Mann.

Immer noch ein Gefühl von Schwächen zeigen,

wo man nicht sagt, das ist leider ganz, ganz tief drin.

Dabei sieht das früher in seiner Kindheit noch nicht gewesen.

Es gab immer Platz für Tränen.

Bis zu einem gewissen Zeitpunkt.

Ich spielte Juniorenfußball.

Und dort hat man relativ bald mal gelernt,

dass wer brült, ungenügend ist, wach ist.

Und das wollte man auf keinen Fall sein.

Ich glaube, das ist schon ein bisschen verinnerlicht.

Die homophoben Sprüche, die in der Garderobe gefallen sind,

von dem Junioren-FC, die ersparen wir jetzt.

Es waren aber nicht wenig.

Auch folgendes kommt euch vielleicht bekannt vor.

Du nicht so, ein echter Indianer kennt keinen Schmerz.

Ist doch nicht so schlimm, komm, bist du, mach weiter.

Und schon sind die Tränen unterdrückt.

Der Junioren-FC-Spirit steckt immer noch in ihm drin,

sagt mein Mann.

Und er meldet sich auch, als erwachsener gerne zu Wort.

Zum Beispiel beim Schaffen.

Ich bin mittlerweile 19 Jahre in der Berufswelt tätig.

Und ich habe in dieser Zeit extrem viele Frauen im Job brülen.

Und noch nie einen Mann.

Noch nie einen Mann.

Und ich selbst habe beim Schaffen auch schon mal brülen,

aber dann bin ich weg.

Also bin ich aufs Wetter.

Würdest du dir einen anderen Umgang wünschen mit Tränen?

Würdest du dir wünschen, mehr brülen können?

Ähm, ich müsste wirklich wissen,

in welchem Umstand.

Nein, ich würde schon auch,

dass es gesellschaftlich akzeptiert wäre,

dass man mal brülen muss.

Es kommt ja nie vor, dass man brült.

Eigentlich in der Öffentlichkeit.

Und wenn, dann ist es Schlagzeilen.

Also Männer sowieso.

Geht es echt nur uns so?

Oder haben andere Männer auch Mühe damit,

ihre Tränen zu zeigen?

Ich bin nicht ganz sicher

und frage mich darum mit diesen Fragen auf die Strasse.

Ich muss sagen, ich finde es gar nicht angenehm,

meiner Frage unterwegs zu sein.

Es nimmt mich zwar sehr, sehr wundern,

aber ich merke, wieso.

Wenn ich mich nicht einmal überwinden muss,

um so eine intime Frage zu stellen,

irgendwelchen fremden Menschen, Männer.

Entschuldigung, darf ich dich etwas fragen?

Ich frage Männer, wie z.B. dich,

wenn du das letzte Mal mit uns brülen musst.

Das ist eine gute Frage.

Zwei Jahre vor etwa zwei Jahren,

als der Grossvater gestorben ist.

Findest du das eine lange Zeit, oder nicht?

Ja, ich glaube, das ist schon relativ lange.

Magst du dich erinnern, wie das für dich war?

Es war damals eigentlich bei Freien.

Man konnte die Emotionen in diesem Sinne rauslassen,

was mir persönlich etwas beherfällt.

Sie hocken das so schön an den Sonnen.

Darf ich schnell zu Ihnen hocken?

Ja.

Darf ich Sie fragen, wenn Sie das letzte Mal brüllen?

Ja, ich bin tot von einem Sänger,

einem Mitsänger.

Ich bin mit einem Chor,

und dann bin ich mit ihm im Fussballspiel.

Die Schweizer Spanien sind nebeneinander,

haben die Schweizer angeführt.

Und am nächsten Tag hat das Geiss, dass er gestorben ist.

Und er ist beim Chor auch neben mir gesessen.

Das war die Ruhigung.

Und kennen Sie das auch,

dass sie einen Tränen unterdrücken?

Ja, das gibt es auch.

Es ist zum Brüllen,

aber es macht mich dann auch noch emotional hässig.

Und dann geht das Brüllen gerade.

Ich habe keinen Platz mehr.

Ja, keine, extrem gut.

Irgendetwas, die sagt also,

Herr, ihr seid zusammen,

da muss sicher eine Brille auch verändern.

Zum Beispiel, dass ich Militär habe,

wenn ich eine so mega, mega, mega müde habe.

Ich habe eine Übung gemacht,

die ich keine Lust habe.

Und dann habe ich dort wirklich gespürt,

jetzt könnte ich voll losbrüllen.

Ich musste heben,

ich musste zusammenreissen,

dass es nicht ausbricht.

Was wäre passiert, wenn die Brille trägt?

Ich kann es nicht losfinden.

Das ist eigentlich noch eine gute Frage.

Ich glaube, das ist irgendwie so ein innerer Zwang,

dass man sich dagegen stellt

zu unterdrücken.

Also, das mache ich ganz automatisch,

ich kann da nicht sagen, wieso.

Mega spannend.

Einerseits, wie bereit,

weil ich die allermeisten Männer über das Brüllen rede,

mit mir eine fremde Person

und mein Eindruck bestätigt sich.

Brüllen, vor allem von anderen,

das ist für niemand richtig angenehm.

Wahrscheinlich.

Das, was ich in meinem Umfeld höre,

bei den Strassen und Fragen erfahren,

das bedeutet aber schon darauf hin,

Männer und ihre Tränen,

das scheint keine einfache Beziehung zu sein.

Aber was weiss man tatsächlich darüber?

Ich fange an das Internet abgerasen

und merke,

dass ich ein ziemlich aktuelles Thema erwischt habe.

Die Gesellschaft wandelt sich,

starre Rollenbilder werden immer mehr hinterfragt.

Ich finde Artikel über das Brüllen,

das sich speziell an Männer richtet.

Webseite von Manacochings,

die man in einer Gruppe,

eine Woche in der Wüste zu sich finden kann

und Emotionen einfach wahrnehmen kann.

Und ich finde,

das Brüllen wurde in den letzten 40 Jahren

auch wissenschaftlich ziemlich intensiv erforscht.

Ein Name,

das immer wieder auftaucht,

hat Fingerhuts.

Er ist emeritierter Professor

für Psychologie in Holland

an Tilburg Universität.

Wenn ich darauf abkomme,

habe ich ihn am Telefon.

Ganz so spezielle Deformation professionell

hat er sich in seinem Arbeitsleben aufgelesen.

Wenn andere Brüllen fangen er an zu analysieren.

Brüllen ist eines von seinen Fachgebieten.

Der Artfingerhuts kann meinen Eindruck wissenschaftlich bestätigen.

Babys brüllen zuerst alle noch über gleich viel,

wenn sie auf die Welt kommen.

Egal, welches biologischen Geschlecht sie haben.

Buben sogar leicht mehr als Mädchen.

Ab 13.00 Uhr geht tatsächlich ein Schär auf.

Buben brüllen ab dem Alter ein deutlich weniger.

Ganz deutlich wird der Unterschied im erwachsenen Alter.

Frauen berühlen per Monat bis zu 10-mal.

Männer sagen, sie brüllen in einem Monat gar nicht

oder höchstens 3-mal.

Spannende Zahlen.

Aber auch wirklich schaurig schwarz-weiß.

Es klingt so,

als würden wir alle Frauen in einen Topf frühen

und alle Männer in anderen.

Es ist aber auch wichtig, im Hinterkopf zu haben.

Der Unterschied zwischen den Geschlechter

könnte kleiner sein als die zwischen einzelnen Menschen.

Das heisst konkret, es gibt auch nicht wenig Männer,

die deutlich mehr brüllen als gleichaltige Frauen.

Das klare schwarz-weißbild von Männer,

die deutlich weniger brüllen als Frauen.

Das ergibt sich aus einem Schnitt der Bevölkerung.

Es zeigt, eine gewisse Tendenz ist da.

Schon in den 80er-Jahren hat Artfingerhuts

angefangen zu brüllen, erforschen.

Hier war das noch eine völlige Pionierarbe.

Heute, 40 Jahre später,

will ich im Gespräch mit ihm herausfinden,

für was es eigentlich gut ist, zu brüllen.

Und dann kommt so ein Satz,

Crying makes us better people.

Brüllen sollen uns zu besseren Menschen machen.

Dieser Satz macht mir recht Eindruck.

Und steht jetzt auch einfach noch völlig verkürzt da.

Das wollen wir noch genau herausfinden.

Wir näheren uns schrittweise

dieser Aussage vom Tränenforscher.

Gemäss einer Studie vom Artfingerhuts

kommen Tränen nämlich zuerst einmal gar nicht so gut,

den wichtigsten Auslöser für uns Menschen zu brüllen.

Egal, welches Geschlecht.

Das sage ich gar nicht.

Traur bin ich angenommen,

sondern das Gefühl von Ohnmacht

oder von Machtlosigkeit.

The central element,

the key determinant of crying,

is powerlessness.

Frauen, so der Artfingerhuts,

fühlen sich im Alltag

viel häufiger machtlos als Männer.

Zum Beispiel, wenn der Computer abstürzt sei

oder das Auto abliegt

und brüllen in diesen Situationen häufiger.

Männer hingegen fangen dann eher an zu fluchen.

Sie drücken das Gefühl

von Machtlosigkeit oder Ohnmacht weg

und gehören in die Wut.

And there, that determines the difference

between men and women.

Vor allem von dort kommt mit der Unterschied,

dass Männer viel seltener brüllen als Frauen.

Bei existenzieller Erlebnis,

zum Beispiel, wenn jemand näher stirbt

oder bei einer Trennung,

werden die Unterschiede zwischen Geschlechter kleiner.

Auch dann, sagt der Artfingerhuts,

brüllen Frauen leicht mehr als Männer,

aber lange nicht so deutlich mehr.

Ich denke das noch einmal durch.

Männer fühlen sich im Alltag

also seltener machtlos als Frauen.

Und brüllen darum insgesamt deutlich weniger.

Das klingt so ein bisschen,

als hätten Männer den Alltag besser im Griff als Frauen.

Tränen wären in diesem Zusammenhang gesehen,

also ein Zeichen von Überforderung und Schwäche.

Krass!

Ich muss sagen, es überzeugt mich nicht.

Einfach ist es natürlich auch nicht.

Das ist nur eine Erkenntnis aus 40 Jahren

Forschung vom Artfingerhuts und seinem Team.

Die anderen sprich total für die Tränen.

Ein Beispiel.

Ich kenne diese Situation wahrscheinlich.

Ich habe ihn im Tram,

es steigt eine fremde Person ein,

ich habe ihn schräg wie ein Weih an

und sie hat Tränen in den Augen.

Erste Impulse,

vielleicht einmal peinlich berührt,

wegschauen,

aber eigentlich weiss man instinktiv,

das könnte man machen,

es nass auch etwas geben,

ein Zeltchen,

oder fragen, ob man etwas tun kann.

Voilà.

Die Funktion von emotionalen Tränen

sei im Grunde ganz simpel.

Sie verbinden Menschen miteinander.

Zum Beispiel euch mit der bröhlenden Person im Tram.

Es klingt banal, so verbunden durch die Tränen.

Aber wenn ich es mir recht überlege,

prehistorisch in den Höhlen,

die sonst nackt überleben gegangen sind,

beim Aufziehen von Kindern,

beim arbeiten in einem Team,

im Gesundheitswesen,

bei den Errichten von Infrastrukturen,

von Staaten,

überall geht es darum,

dass Menschen verbunden sind,

miteinander arbeiten und füreinander.

Und Tränen unterstützen also das Miteinander.

Darum schätzen wir sehr so,

wenn unsere Helden berühlen.

Wir fühlen uns dann verbunden.

In diesem Fall mit Roger Federer,

der sich nach dem Rücktritt bei seiner Frau und Familie bedankt.

Der Held ist also auch einfach einer von uns.

Tränen verbinden also.

Soweit, so neuliegend.

Das ist schon einmal ein guter Grund,

um sie nicht zurückzuheben.

Der Psychologieprofessor an die Fingerrutsche

geht aber noch einen Schritt weiter.

Wenn er möchte, ich finde, es lohnt sich.

Menschen, die von sich selbst sagen,

sie berühlen einen,

ein besonderes Wolltätig.

Zu diesem Schluss kommt er an die Fingerrutsche

wegen einer ganzen Reihe von Studien in seinem Institut.

Eine tue ich euch hier auf die Röseln, so als Beispiel.

Bei dieser Studie hat man den Probanden

und die Probandinnen gesagt, willkommen,

nehmen zuerst mal Platz.

Hier haben wir ein Buch.

Eure Aufgabe ist,

zu zählen den ganzen bestimmten Buchstaben.

Alle ein.

Eine richtig mühselige Arbeit also.

Für jedes zwanzigste N

kommen da 10 Rappen über.

Von diesem Geld

könnt ihr aber fast nichts selbst behalten.

Der grosse Teil des Erlösers

spendet ihr an einen wohltätigen Zweck.

Und jetzt der Zusammenhang mit den Brüllen.

Menschen, die vor dem Experiment angehen haben,

dass sie relativ viel brüllen,

haben länger durchgegeben,

mehr N gezählt

und so einen wohltätigen Zweck mehr Geld gespendet.

Ich zähle 1&1 zusammen

und komme zum Schluss meiner Errechnung.

Wenn Männer sich weniger mächtig

fühlen müssen,

darum mehr brüllen würden

und verbunden werden mit anderen Menschen,

hätten wir dann alle etwas davon.

Sollte die Männer mehr brüllen?

Der Atfingerhutz findet ganz klar jein.

Man muss also nicht unbedingt mehr brüllen.

Aber wenn es einem zu brüllen sieht,

dann sollen wir die Tränen auch nicht unterdrücken.

Lass es einfach los.

Das klingt gut.

Das klingt einfach.

Ich merke aber an mir selber,

es ist überhaupt nicht einfach.

Wie soll das erst sein für einen Mann,

der in der Kindheit und Jugend

immer wieder vermittelt bekommen hat?

Bist du ein krasser Sieg?

Der Brüll steht sicher nicht.

Und dann stelle ich mir vor,

sammelt sich die Tränen an in der Brust,

herrter zu einem See.

Und dann, was passiert, wenn der See überläuft?

Wie kommt denn ein junger Mann

in den Sinn der Straßenumfrage?

Ich glaube, die Emotionen,

die man aussen lassen kann,

würden sich sehr gut anfühlen.

Also im Sinne von,

man tut anstatt den Relief gespürt,

das Entlasten, das wow, die Emotionen sind aussen,

tut man sich einfach innen bewahren.

Und die Entlastung spürt man nicht.

Das bedeutet, es belastet einen immer noch.

Ich habe das extrem gemerkt,

dass wenn man einen mega belastet,

wirklich loslädt mit den Emotionen ausdruckt,

dann fühlt man sich freier.

Aber was braucht es denn,

an den Punkt zu kommen,

zum Tränen zuzulassen?

Ich gehe weiter zu der nächsten Station.

Ich suche eine Situation,

in der Männer Tränen erleben

und dürfen pflüssen.

Unkind. So wie es meinen 5-jährigen Sohn

jetzt noch kann.

Ich mache mich darum auf,

einen recht rauchen Ort auf den ersten Blick

in KS 4 zu Zürich.

Da ist es schon angeschrieben,

und hinter diesen Türen muss es sein.

Der Safe-Place für Männer Tränen.

Das Männerbüro.

Hallo!

Und die Privatenverein,

die sich Männer in Notlagen melden

für Beratungen mit Sozialarbeiter.

Ich finde mich wieder

in einer geräumigen, heller Altbauwohnung.

Das erste Stimmung wie in einer gemütlichen

Arztpraxis.

Das schmeckt nach Kaffee.

Und ich treffe Timo Jost,

Sozialarbeiter im Männerbüro.

Ich bin Timo Jost.

Ich habe soziale Arbeit studiert

und arbeite seit 3 Jahren

im Männerbüro Zürich.

Ich berate hier Männer

zu verschiedenen Lebenssituationen,

die doch häufig sehen,

aber schwierig sind

und haben hier regelmäßig mit Tränen

zu tun.

Der Timo Jost läuft in einem Beratungsraum

in Kinderheer.

Ich habe meinen schweren Rucksack an den Boden gestellt,

sitzen im Sessel,

die Männer, die normalerweise

meinen Platz hocken,

können ihren emotionalen Rucksack

nicht einfach so abstellen.

Die meisten Männer, die hier sitzen,

kommen freiwillig.

Zum Teil werden sie aber auch vermittelt

von Behörden und Justizen,

weil es Gewalttätig-

oder Straffällig geworden sind.

Hier in diesem Raum, in diesem Sessel,

können die Männer ihren Rucksack

ein Stück weit aufmachen

und erzählen, was drinsteckt.

Was hat das Nahrsdurchpack beratet

wie eine Einladung?

Männer kommen

zu uns, wenn sie häufig nicht mehr

so weiter wissen.

Das ist auch immer ein Hilfesuch,

Verhalten von Männern,

dass sie in die Sparke kommen.

Das kann man ja allgemein sagen,

dass sie nicht unbedingt Hilfe haben.

Sie werden vielleicht einen Rat schlagen

und dann ist es schon gut.

Häufig haben wir schon Beziehungs-

thematiken.

Sie glauben es nicht so gut.

Dann mache ich eine Anfrage

und dann kommt eine Frau von 3 Monaten

und sagt, ich werde von der Trennung

zu einer Wohnung suchen.

Das ist eine sehr traurige Geschichte.

Dann haben wir aber auch Männer,

die zu uns kommen,

die zum Beispiel um eine Gewaltthematik gehen.

Die merken,

ich bin manchmal Gewalttätig

und habe das Problem

und ich brauche Hilfe.

Ich stehe an alleine.

Mir kommt ein Gefühlsspirale

in den Sinn, wo ich im Laufe der Recherche

an dieser Sendung immer wieder gehört habe.

Das sind emotionale Tränen

herum aus einer Traur,

aus einer Verletztheit

und die emotionalen Tränen

werden umgeleitet

sozusagen in einen anderen Gefühlskanal.

Das kennt auch

Thimo Joost aus seiner Arbeit.

Aus einem unterdrückten Gefühl

wie Traur, kann gut werden.

Dass das in Aggression umschwenkt

ist etwas Klassisches.

Das ist dann vielleicht mehr Thema Gewalt

als wenn die Aggression einen Gewalt umschlägt.

Dass dort

Überforderungen auch mit den Gefühlen

durchaus ein starker Treiber

für später Gewalttätiges verhalten kann.

Und wenn jemand

gegenüberhuckt und sagt,

wie geht es dir überhaupt?

Was ist denn los?

Magst du mal erzählen?

Und dann der Raum auch wirklich gehen

oder zu erlosen?

Ich denke, das ist ein Setting,

das viele vielleicht auch nicht so kennen.

Und dort haben wir regelmässig

Tränen bei uns.

Das ist schon häufig.

Ein Umgang mit der eigenen Gefühl-Lerne.

Wenn es unangenehme Gefühle sind

wie Ohnmacht, Verletztheit,

Traur,

das kann man üben,

findet Thimo Joost.

Einerseits Tränen, da finde ich die Frage,

was ist es, was es nicht zuzuladen?

Was ist es, was dich zurückhebt?

Wo du dich getrauscht über Sachen redest,

über das letzte Mal weinen?

Oder

bei wem melde ich mich, wenn es mir mal nicht gut geht?

Die Frage stelle ich mir eher,

wenn es mir mal gut geht.

Wenn ich am nächsten Mal

im Seich gucke,

darf ich dir anrufen.

So etwas auch vorab mal einholen.

Ich nehme mit,

unerwünschtige Gefühle

brauchen Zeit,

ich habe einen Überraum

und was kann helfen,

ein Gegenüber, das echt interessiert ist.

Dann kann aus der Frage,

wie geht es dir eigentlich,

ein Dürreöffner werden?

Oder sogar ein Dammbrecher,

der unter Umständen sogar schlimmeres verhindern kann?

Weil brüllen kann ich ja richtig gut tun.

Das finde ich auch meinen Mann,

der es aber selber fast nie macht.

Ich finde, ich habe den Stau

mit nichtsem so gut abgeladen,

wie mit Brüllen.

Es sieht aus wie positiv oder negativ

angestellter Gefühl.

Es ist wie ein Stau-Damm,

das muss brechen.

Ich ziehe jetzt

auf die letzte Station in diesem Podcast.

Ein Spielplatz.

An welchem öffentlichen Ort

in einer Stadt wird mehr brüllen

als hier?

Und ich habe Unterstützung

von einem Entwicklungspsychologe.

Moritz Damm und ich hocken

in der Nähe von Rutschbahnen und Zankkästen

auf ein Benkel an die Sauna.

Und wir graben unseren Kopf

nach Antworten auf die Frage,

was genau passiert

bei Kind und Jugendlichen?

Wieso brüllen die Jungs

in einem bestimmten Alter plötzlich

so viel weniger?

Er ist Entwicklungspsychologe

der Uni Zürich,

selber Vater der drei Kinder,

das Spielplatz erprobt und erfährt

im Trösten, wenn die Tränen fliessen.

Um uns herum brüllen immer

mal wieder ein Kind.

Babys, viele, kleine Kinder,

die ältesten da sind wahrscheinlich so 5-6.

Die, sagt auch Moritz Damm,

die brüllen ja

alle ungefähr gleich viel.

Die Schere geht auf überlegende

Anfänge vom Jugendalter

in der Pubertät zum Alter

von 13 Jahren in den Durchschnitt.

Und da können verschiedene

gründen Rollen spielen.

Einerseits gibt es hormonelle Gründe,

dass Mädchen und Buben sich

relativ stark körperlich,

aber auch hormonell, verändern.

Kurzer Einschub,

auch der Psychologe und Forscher

an die Fingerhut sagt,

das männliche Geschlechtshormon

heisst aus Tiron das Hemmi Tränen.

In Studien mit Transgender-Menschen,

die eine geschlechtsageliechende Therapie gemacht haben,

sieht das auskommen.

Zurück auf den Spielplatz.

Das Mond trägt ihren Teil zu dieser Sherbie.

Auch die Sozialisation spielt eine Rolle.

Es gibt Studien, die zeigen,

man reagiert als Erwachsene

unterschiedlich, wenn ein Bub brüllen,

wenn ein Mädchen brüllen,

der Bub wird ein Styrotyp.

Das macht man nicht, das Mädchen wird ein Styrotyp.

Das ist ganz normal, das ist okay.

Es zeigt seine Emotionen, dass man so reagiert.

Das kann man sich versuchen, bewusst zu machen.

Das möchte ich bei mir beobachten.

Das ist vielleicht ein blinder Fleck auch bei mir.

Wie reagiere ich,

wenn ich ganz ehrlich bin zu mir selber,

wenn ein Bub brüllen und wie bei einem Mädchen.

Was sehe ich bei Freunden,

Lehrerinnen, Grosseltern?

Sind Fragen vom eigenen Verhalten

in Bezug auf brühlende Kinder

das lohne ich sich?

Da ist Moritz Dahm überzeugt.

Aus zwei Gründen.

Einfach Grund, zuerst.

Kinder sollen sich emotional so frei

wie nur möglich entwickeln können.

Weil?

Problematisch wird, wenn man ständig

gesagt bekommt, was du jetzt machst,

das ist nicht adäquat, das darfst du nicht.

Man unterdrückt so seine Gefühle.

Man hat wie ein kleines Repertoire,

ein Verhaltenswesen,

das man darf zeigen.

Man muss das auf die Seite schieben,

obwohl man es gerne tut.

Das ist sicher nicht förderlich

für die Entwicklung der eigenen Identität.

Der zweite Grund geht noch etwas tiefer.

Wenn ein Kind immer wieder gehört,

du nicht so,

wegen dem musst du sicher nicht brüllen,

dann kann das für unsichere.

Das kann, muss nicht dazu führen,

dass man dann auch das Gefühl hat,

man darf nicht so sein, wie man will.

Man fühlt sich vielleicht hilflos,

was dann am Ende auch zu einer depressive Verstimmung

zum Beispiel führen kann.

Nicht muss, aber durchaus dann auch

im extremen Fall führen kann.

Okay, eben das,

den extremen Fall.

Aber auch wenn es nicht ganz so weit geht.

Führe mein eigenes Sohn

für Kinder meiner Nachbarschaft

und eigentlich auch für den Bub,

der mein Mann mal war.

Der in der Garde oben vom FC.

Für all die Kinder wünsche ich mir,

brüllen wenn es dir danach ist.

An deinen Tränen ist nichts peinlich.

Im Gegenteil, sie sind wichtig

für uns Menschen.

Sie haben uns zusammen.

Nur, wie bringen wir das an

als Gesellschaft?

Wer es mit Kindern zu tun hat,

mal sagen, den Verhalten hinterfragen.

Und, das braucht Überwindung,

ein Gespräch suchen

mit anderen Menschen.

Wenn man hört,

dass jemand sagt,

es sei stark wie ein Indianer,

dass man einmal darauf anspricht,

wieso Indianer und nicht Indianer sind.

Und warum sich das Bub

anders verhalten müssen als Mädchen.

Das kann, das ist ein kleines Schritt.

Man muss immer bei sich selber anfangen

und dann vielleicht auch andere

Personen darauf ansprechen,

wenn man das beobachtet

bei seinen eigenen Kindern

oder den Kindern, die man betreut,

diese Unterschiede nicht zu machen,

sondern ihre Freiheit

in Entwicklung zu lassen.

Ja, das könnte anstrengend werden.

Aber in Bezug auf mein eigenes Sohn

ist es mir genug wichtig,

ich nehme das vor.

Und Erwachsene?

Ihnen würde es ja gemäß meinen Gesprächspartner

gut tun,

zu brüllen unter bestimmten Umständen.

Männer sollten nicht grundsätzlich mehr brüllen,

haben wir gehört vom Anfängerhutz.

Aber wenn ihr als Madenar ist,

dann sucht die Situation

für das brüllen Sorgefältig aus.

Weil, wichtig,

brüllen hat nicht per se

eine reinigende oder

erlösende Wirkung.

Nur, wenn es umfällt, positiv reagieren,

gebe einem das Brüllen ein gutes Gefühl.

Wagen soll man es.

Findet auch den Sozialarbeiter

aus dem Mannenbüro Timo Just.

Ich sage nicht, mit dem

Brüllen zu brüllen,

aber für mich ist Brüllen

eine Auseinandersetzung

mit Gefühlen und Emotionen,

ganz einfach.

Ich glaube sehr fest,

dass man sich mit den eigenen Gefühlen

und Emotionen auseinandersetzen

wäre extrem gesund

für sehr viele Menschen,

aber vor allem auch für Männer.

Dann kommen wir zurück

zu dieser schlechten Frage.

Wahrscheinlich geht es

nicht so gut.

Und ich hoffe,

ich kann euch inspirieren

mit diesem Podcast

zum Thema Mannentränen.

Ich selbst brülle das

nächste Mal mindestens

bewusster

und überlege mir auch jetzt,

wenn würde ich an Leuten,

falls ich dann alleine wäre.

Zum Gefühl nicht

abendrücken,

sondern in einem sicheren Raum

mit vielen Adressen

input atsrf3.ch

Und

das nächste Thema

brennt mir auch schon unter den Ekel.

Kennt ihr das Gefühl von

heute passiert es,

heute fliege ich auf beim arbeiten

und alle merken, ich kann gar nichts.

Ich rede vom Hochstabler-Syndrom

bekannt auch als

Imposter Syndrome.

Es betrifft häufig Menschen,

die gut ausgebildet sind,

gegen Aussen jedenfalls so wahrgenommen

werden und eigentlich auch ziemlich selbstbewusst.

Innendauer meldet

sich aber immer wieder der kritische Stimme.

Du hast alle um dich umhin

das Licht geführt, dein Erfolg

ist eigentlich gar nicht verdient.

Und das ist nur eine Frage der Zeit.

Es kommt jeden Moment aus, dass das ein grosses

Missverständnis ist und du

völlig fehl am Platz.

Ich würde mich sehr freuen über Rückmeldungen

auch per Mail

an input atsrf3.ch

Mein Name ist Julia Lüscher.

Eine gute Zeit. Bis dann.

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Alle Babys weinen, doch Jungs hören ab einem gewissen Punkt in der Entwicklung praktisch auf damit. Erwachsene Männer mit Tränen in den Augen sind in der Öffentlichkeit entweder unsichtbar – oder sie werden heroisiert. Doch warum sind Männertränen tabu?

Und wie viel haben ungeweinte Tränen mit Aggression und Gewalt zu tun? «Input»-Redaktorin Julia Lüscher geht dem Weinen auf die Spur und lernt von Tränenforscher Ad Vingerhoets: «Crying makes us better people!»

In der Sendung zu hören: 

* Ad Vingerhoets, emeritierter Professor für Psychologie an der Tilburg Universität, Holland. 
* Timo Jost, Sozialarbeiter im «Mannebüro Zürich»
* Moritz Daum, Professor für Entwicklungspsychologie an der Uni Zürich