11KM: der tagesschau-Podcast: Globaler Waffenhandel - Auf den Spuren eines Phantoms

tagesschau tagesschau 5/2/23 - Episode Page - 31m - PDF Transcript

5 Millionen Dollar. Die hat das FBI als Kopfgeld aufhin ausgesetzt.

Für Geheimdienste ist er einer der meistgesuchten Menschen der Welt.

Sein Name Carl Lee.

Noch nie gehört?

So ging's mir auch. Das wird sich mit dieser Folge ändern.

Sein Spitzname, das Phantom. Der Vorwurf, Carl Lee soll Bauteile für Raketen verkauft haben.

Trotz Sanktionen, von China aus an den Iran.

Heute erfahrt ihr, wie Carl Lee zu der Schlüsselfigur in der internationalen Sicherheitspolitik werden konnte.

Wir fragen uns, was wusste die chinesische Regierung?

Denn die Geschäfte von Carl Lee könnten bald auch eine Rolle im Krieg in der Ukraine spielen.

Der Investigativjournalist Philipp Grüll von Bayerischen Rundfunk recherchiert seit über 4 Jahren zusammen mit Kollegen zu dem Fall Carl Lee.

Der Film dazu erscheint heute auf Arte.

Ihr hört FKM, der Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe.

Abonniert uns gerne, zum Beispiel in der ARD-Audiothek. Mein Name ist Victoria Michalsack.

Heute ist Dienstag, der 2. Mai.

Philipp, herzlich willkommen hier im Studio.

Hi.

Die Präsentz dieser Geschichte wurde mir so richtig deutlich, das war im Januar 2020.

Der Iran hat mit einem Vergeltungsschlag auf die Tötung des Milizen-Generals zu die Manier reagiert.

In der vorigen Nacht wurden Raketen auf zwei Stützpunkte...

Damals war Suda die Amerikaner mit einer Drohne einen ranghohen, iranischen General getötet.

Und dann war die Frage, wie reagieren die Iraner darauf?

Die Angriffswelle startet kurz nach Mitternacht. Angeblich 22 Raketen abgefeuert von iranischem Boden.

Es war klar, die Iraner haben Raketen, relativ leistungsfähige Raketen.

Keiner wusste aber genau, wie leistungsfähig sind sie und trauen sie sich, die einzusetzen gegen die Amerikaner.

Und dann haben sie sie eingesetzt und haben Raketen gegen eine US-Militärbasis im Irak geschossen.

Anschläge mit Symbolwert und einer deutlichen Warnung.

Glücklicherweise wurde niemand getötet, weil, da sind sich viele Experten sicher,

sie haben totale Eskalationsspirale in Gang gesetzt.

Weil es zum ersten Mal ein direkter Angriff, ein offener Angriff der Iraner auf die Amerikaner war, mit Raketen.

Und nach diesem Angriff hat die Welt damals auch den Arten angehalten.

Es ist schon ein bisschen in Vergessenheit wegen dem Ukrainekrieg, wegen der Pandemie, sie ist seitdem sehr viel passiert.

Aber damals ist bei Twitter zum Beispiel der Hashtag World War 3 getrendet.

Und viele Zeitungen haben geschrieben, stürzt jetzt der Nahe Osten in einen neuen großen Krieg, wird es ein Flächenbrand.

Was hat der für Folgen?

Es gibt auch einige Satellitenbilder, wo man sieht, dass die sehr sehr präzise waren, die Raketen, die das die im Prinzip, da gab es einsam Gebäude,

im Prinzip das genau in der Mitte getroffen haben.

Früher waren die Raketen der Iraner extrem ungenau.

Es war keine militärische Waffe, in dem Sinn, dass man quasi gezielt einen Hangar, wo Flugzeuge drin stehen, attackieren konnte.

Aber dazu sind die Iraner wohl nun in der Lage und sie sind es wohl auch dank dieses Phantoms.

Also ein Phantom sagst du, das hilft dem Iran, an hochmoderne präzise Raketen zu kommen.

Und zwar trotz der UN-Sanktionen, die es ja gibt, die es ja verbieten, das Atom- und Raketenprogramm des Iran zu unterstützen.

Ja, einem Phantom, das Karl Li heißt, oder Li Fang Wei. Li Fang Wei ist der chinesische Name dieses Mannes.

Das handelt sich um den Chinesen, aber er hat sich selbst diverse andere Namen gegeben und der, der meistens auftaucht, ist Karl Li.

Und mir wurde damals klar, dass diese Geschichte, die wir gerade recherchieren, so brisant ist,

weil der Mann und den es geht, dieses Phantom, diese Person hat über Jahrzehnte dafür gesorgt, dass die Iraner diese Raketen bauen können.

Dass die leistungsfähiger werden, dass die Reichweiten stärker werden und dass sie treffsicherer werden.

Dass nicht mehr der Streuradius hunderte Meter sind, sondern dass die um Gebäude vielleicht sogar ganz genau treffen, aus hunderten Kilometern Distanz.

Und diese Person, um die es geht bei unserer Recherche, die steht damit ja in unmittelbarm Zusammenhang.

Ich habe diesen Namen ehrlich gesagt vorher noch nie gehört. Man findet auch kaum was im Internet zu ihm.

Wie kann das denn sein? Also, dass ein Mann offenbar eine so wichtige Rolle spielt, aber sein Name ist völlig unbekannt.

Ja, das war für uns auch einfach die große Frage. Und wir haben, was man halt so macht, zunächst mal gegoogelt und wenig gefunden.

Und dann haben wir angefangen, uns einzuarbeiten in die Massenvernichtungswaffen-Community, wenn man so will, oder Raketen-Community.

Da gibt es natürlich weltweit viele Experten. Und wir haben die angeschrieben, um Treffen gebeten, Hintergrundgespräche.

Vieles davon war immer vertraulich, haben dann immer gefragt, mit wem kann man noch sprechen, mit wem noch.

Das sind wir dann in die USA geflogen für einige Tage und haben in Washington so eine Art Speed-Dating zum Thema Massenvernichtungswaffen hatten wir.

Also, wir haben einen nach dem anderen getroffen, der dabei im Think Tank hier und im Think Tank da.

Und haben dann, ich meine, so läuft das oft bei so Recherchen, dann lässt man sich halt immer weiter empfehlen und weiter empfehlen.

Und bei diesem Gesprächen haben wir dann schon das eine oder andere erfahren.

Und dann wurde dann aber immer gesagt, wenn ihr wirklich mehr erfahren wollt, dann müsst ihr mit Van sprechen, haben sie immer gesagt.

Van, und zwar Van van Diepen.

Und nach einer Zeit hatten wir dann die Adresse, die Nummer und er war bereit, sich mit uns zu treffen und wir sind dann dahin gefahren.

Und das war in Alexandria, so ein Vorort von Washington.

Diese Gegend ist bekannt dafür, dass dort sehr viele Mitarbeiter der US-Geheimnienste CIA und so leben oder NSA.

Und da wohnte eben auch dieser Van van Diepen, sehr idyllisch in so einem Bungalow, hat dann ja die Tür geöffnet.

Streifenhemd, dicke Brille, netter, älterer, grauheriger Herr.

Seine Frau hatte Cookies gebacken und dann haben wir uns da unterhalten.

Und dann saß sie bei dem im Wohnzimmer, ganz privat bei ihm.

Genau, wir saßen bei dem im Wohnzimmer, das war erstaunlich und dann hat er so erzählt.

Und ja, es wurde da klar, der war so jahrelang von seinem Schreibtisch aus in Washington der große Gegenspieler von diesem Kali.

Der war jahrzehntelang ein Topbeamter im US-Ausministerium unter anderem und auch beim nationalen Geheimdienstdirektor der USA.

Da war der fürs Thema Massenvernichtungswaffen zuständig.

Er hatte sehr, sehr viel mit Geheimdiensten zu tun und ist mittlerweile in Pension.

Er erzählte, wie sie auf den gekommen sind, dass quasi in den Informationen, die die Geheimdienste abgefangen haben, immer wieder dieser Name aufgetaucht ist.

Immer wieder Lieferungen aufgetaucht sind.

In den Iran, so Anfang der Nullerjahre war das.

Und dann haben die USA, das fand wir auch sehr interessant, was sie dann machen in solchen Fällen.

Also die schicken dann nicht irgendwie eine Spezialeinheit, die sich dann abseilt über dem Schiff zunächst mal, um das Schiff zu stoppen,

sondern die informieren dann befreundete Regierungen, wo dieses Schiff zum Beispiel, das bestimmte Dinge an Bord hat, mal in den Hafen anläuft,

dass da was an Bord ist und der Zoll oder die dortigen Behörden durchsuchen halt dann dieses Schiff und dann nehmen sie halt den Container raus.

So wollte man der Sache quasi her werden.

Man hat quasi Infos gehabt, der liefert was und dann wollte man es aus dem Verkehr ziehen.

Aber das Problem war, der hat so viel geliefert und so oft geliefert, er hat das genannt wie Wackermole spielen.

Also Wackermole, ich habe dann auch nachgeschaut, das ist in den USA, das ist Hau den Maulwürfspiel bei uns.

Ach ja.

Genau, man hat so Löcher, es kommen Maulwürfe raus und man hat so einen Hammer und muss immer drauf hauen und irgendwie kommen immer mehr Maulwürfe, immer schneller raus

und irgendwann sind nur noch Maulwürfe da und dann verliert man.

Und so hatte das auch beschrieben.

Also, ihn war klar, so läuft es nicht und sie müssen eigentlich her davor gehen gegen den.

Also dieser Khali, der ist richtig gut im Geschäft mit dem Iran.

Ja, er ist Waffenhändler, aber nicht im herkömmlichen Sinn.

Das war für uns dann auch schon mal ganz interessant, am Anfang zu sehen, wie das eigentlich heutzutage läuft, dieser gefährliche Handel.

Und da geht es mehr um kleine Teile und um Rohstoffe.

Also zum Beispiel um Grafit, das der produziert in einer Fabrik, die ihm gehört, in Nordost-Kina.

Und dieses Grafit darf nicht in den Iran importiert werden, einfach so, weil Grafit man nicht nur für Bleistifte braucht,

sondern zum Beispiel auch für Strahlhuder von Raketen.

Strahlhuder, was ist das?

Ja, das haben wir auch alles mit der Zeit gelernt, Strahlhuder sind.

Raketen haben ja außen manchmal Flügel am Ende, aber die haben auch welche, die nach innen zeigen, also quasi in den Feuerstrahl.

Und die können den Feuerstrahl lenken und können somit die Rakete lenken.

Da braucht man extrem hitzebeständige Materialien und Grafit wird dafür unter anderem verwendet.

Und das hat der Tonnenweise zum Beispiel geliefert in den Iran, aber auch sogenannte Gyroskope, haben wir auch dann erst gelernt, was das ist,

ist eine Art Messinstrument, das auch in jedem Handy mittlerweile drin ist, in jedem Smartphone,

ist im Smartphone quasi zeigt, wie es gerade gehalten wird, was man braucht für verschiedene Anwendungen, ob es gerade schräg oder gerade gehalten wird.

Und das kann man natürlich auch verwenden für eine Rakete.

Dann sagt das Gyroskop der Rakete, auf welcher Flugbahn sie sich gerade befindet.

Das darf das ja auch nicht einfach in den Iran und er hat solche Gyroskope auch geliefert, hunderte, also wirklich für hunderte Raketen

und dass die iranischen Raketen mittlerweile sehr genau treffen, wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass der eben diese Gyroskope geliefert hat.

Also die Geheimdienstler wissen, dass dieser Khali Raketenbauteile an den Iran liefert und das in großen Mengen.

Aber was ist denn über diese Person, dieses Phantom noch bekannt, zumindest in Geheimdienstkreisen, was wissen die denn vielleicht noch?

Also was man gemerkt hat, die wussten schon einiges, also dass ja zum Beispiel in Dalyan wohnt,

eine Metropole in einer chinesischen Hafenstadt, siebeneinhalb Millionen Einwohner, also eine riesige Hafenstadt,

dass der dort lebt, dass er aus Heilongjiang stammt, das ist die nordöstlichste Provinz Chinas,

das ist quasi direkt an der Grenze zu Sibirien, da stammt er her.

Dann, dass wohl Familienmitglieder von ihm auch mitmachen in diesem Business, ein Bruder von ihm beteiligt sein soll,

dass die Firma ursprünglich auf seinen Vater registriert war, also solche Informationen, das war jetzt nicht alles von ihm,

aber die Amerikaner hatten schon so Informationen.

Und woher hatten die die, also wie Machtsohn Geheimdienst das?

Da sagen die natürlich immer wenig dazu, also was die immer schützen, sind die Quellen und natürlich auch ihre Vorgehensweisen.

Klar.

Aber wir haben selber auch einiges dazu gefunden, und zwar dann eben mithilfe von Kollegen, die auch kinesisch können, in Handelsregistern in China.

Das ist nämlich sehr interessant, weil man denkt ja, man findet dort gar keine Informationen,

aber interessanterweise ist China in mancher Hinsicht transparenter als Deutschland.

Also dort gibt es Handelsregister, die man sehr gut durchsuchen kann.

Dort kann man auch zum Beispiel in Datenbanken nach Gerichtsurteilen suchen.

Das gibt bei uns nicht.

Wo man Hinweise gefunden hat, dass zum Beispiel Kali's Firma eine andere Firma verklagt hat, weil die irgendwas nicht geliefert hat.

Also da gab es lauter so Puzzleteile.

Und dann zum Beispiel die Passnummer, die auf dem Wanted Plakat oder die die Amerikaner haben von ihm, die Angebliche.

Also man muss sagen, in China ist es so, jede Person bekommt eine Passnummer oder besser gesagt eine Identifikationsnummer, die man nur einmal im Leben bekommt.

Und die enthält Daten wie das Geburtsdatum, den Geburtsort, all diese Dinge, die haben die Amerikaner quasi mit veröffentlicht, als sie ihn gesucht haben.

Ja, da gibt es so ein richtiges Plakat, wie man das auch vielleicht schon mal gesehen hat.

Da steht dann wirklich Wanted by the FBI.

Dann ist dann Foto, da steht dann Li Fangwei.

Und da ist auch diese Nummer bei.

Genau, die ist da dabei.

Auch die ganzen Aliasnamen.

Alias Patrick, Alias Sunny Bay, Alias Kali und so.

Die gibt es auch noch.

Genau, da hat er etliche Aliasnamen.

Also das heißt, man hat an diversen Stellen diverse Puzzleteile gehabt.

Aber es ist natürlich schon interessant, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die USA mit ihren Spionage-Satelliten jeden Winkel der Erde ausleuchten können.

Alles mögliche Abhören, Kommunikation überwachen.

Und zum Beispiel auf diesem Wanted-Plakat nur ein uraltes, schwarz-weiß Foto von ihm ist.

Also das ist ein Pass wahrscheinlich.

Und ein verwaschenes Foto, dass es da nichts Neueres gibt, wenn man den sucht, dass man der Öffentlichkeit präsentieren kann.

Das ist schon sehr eigenartig.

Ja, von so einer wichtigen Person, ne?

Wundertein.

Ja, genau.

Okay, also die Spur führt nach China.

Wie ging es da weiter mit der Recherche?

Ja, und es war klar, dass wenn wir diese Geschichte erzählen wollen, wenn wir auch einen Film dazu machen wollen, dann müssen wir irgendwie in China recherchieren.

Auch in China drehen.

Und dann kam Corona.

Und es kam überhaupt niemand mehr ins Land.

Ja, das war ja also nirgendwo, war das ja so krass wie in China, ne?

Also es war ja alles zu.

Ja, genau.

Und dann war nach langer Überlegung letztlich der einzige Weg, dass wir gesagt haben, wir müssen mit jemanden zusammenarbeiten, der schon in China ist

und schon einen Journalisten, wieso man hat und quasi dort recherchieren kann.

So frei, wie man in China recherchieren kann.

Und das haben wir dann gemacht mit dem Christoph Giesen, der jetzt Korrespondent beim Spiegel ist in China, in Peking

und hat dann noch den Kollegen, den Matthias Böhlinger, der für die Deutsche Welle dort war, sich mit dem zusammengetan, den noch mit ins Boot geholt.

Und so waren wir dann so als Team, als Netzwerk quasi in China handlungsfähig.

Unsere Überlegung war, dass die Kollegen zunächst mal dahin fahren, wo er sein soll, wo die Firma sein soll, beziehungsweise wo diverse Firmen sein sollen,

weil der ein ganzes Firmen-Netzwerk hat und die haben dann eine Firma nach der anderen angelaufen und geschah, was ist da.

Mit Kamera auch?

Mit Kamera und das war irritierend.

Das war letztlich ein völlig abgeranzter Wohnkomplex mit irgendwie kleffenden Hunden und irgendwie Müll, der da rum liegt.

Also mit einer Firma hat das gar nichts zu tun.

Passt irgendwie nicht zusammen?

Ne und in einem Fall hat dann eine alte Frau die Tür geöffnet, die hatte gerade irgendwie so ein Messer in der Hand,

es war aber ein Gemüse-Messer und hat irgendwie gerade Gemüse geputzt und dann haben sie die nach Kali gefragt

und dann meinte sie, den müsst ihr selbst finden oder so.

Also ganz eigenartig, man merkt, die weiß irgendwie was

und das Interessante war, die haben die gefragt, woher die kommt, ursprünglich und dann hat sie gesagt, Ausheilung, Jung.

Also da gab es Bezüge, aber uns war gar nicht klar wie

und im Nachhinein stellt sich so dar, dass das quasi Strohleute sind, die der kennt von früher, die er dort platziert hat bei seinen Tarnfirmen letztlich.

Okay, also die sagt, den müsst ihr selbst finden, klingt jetzt nach einer großen Sache, wenn man bedenkt,

dass das ja selbst die Geheimdienste noch nicht geschafft haben, den zu finden.

Aber ihr, deine Kollegen vor Ort, ihr hattet ja noch andere Adressen, hast du gesagt.

Genau, es ging dann weiter und letztlich zu dieser Fabrik, wo wir wussten, wo die Adresse ist,

wir hatten auch schon auf Satellitenbildern und das angesehen, also da war zweifelsfreie Fabrik.

Ja, zunächst war es so, ihnen ist auch irgendwie jemand gefolgt, glaube ich, sie wurden irgendwie beschattet,

aber am Tag später haben sie es dann nochmal versucht und da war dann tatsächlich diese Grafitfabrik von Kali,

also die dort, ich glaube so 100 Kilometer außerhalb von Dalian zu finden ist.

Es war auch Grafit im Hof zum Beispiel, das man da gesehen hat.

Ja, also das hat dann schon gezeigt, da ist auf jeden Fall was.

Und die Kollegen haben später dann noch, also das haben sie quasi danach gemacht,

um nicht vorher jemanden aufzuscheuchen, den Bruder angerufen von Kali.

Von dem hatten wir nämlich eine Nummer.

Ja, wie seid ihr denn da rangekommen?

Letztlich über Daten, die im Handelsregister auch drin waren, also die haben zu dieser Nummer geführt am Ende

und der Christoph Gießen und der Matthias Böllinger haben dann da angerufen

und der hat dann mit ihnen tatsächlich gesprochen und er hat auch bestätigt,

dass Geschäfte, mit denen sie rangemacht wurden in der Vergangenheit,

weil er sagt angeblich aktuell nicht mehr, aber wo sein Bruder ist, das wollte er nicht verraten, wo Kali ist.

Der Bruder gibt einfach so Auskunft am Telefon?

Ja, und es ist irgendwie so absurd zum Teil, weil man das FBI sucht mit 5 Millionen Dollar jemanden

und dann vor Ort ist ein abgeranztes Wohngebäude, wo die Firma sein soll und der Bruder geht ans Telefon.

Es passt irgendwie alles eigentlich nicht zusammen, aber genau,

aber das hat auch das Faszinierende an dieser Recherche für uns ausgemacht,

also dass immer wieder irgend so was aufgetaucht ist.

Ihr kommt bei euren Recherchen also richtig nah dran an Kali, an den Mann, den das FBI seit Jahren sucht.

Wir finden einen Fabrikgelände, der Bruder sagt, man habe irgendwann mal Geschäfte mit dem Iran gemacht,

das wirkt alles schon irgendwie komisch, aber ich frage mich, wie geht das?

Also weiß die chinesische Regierung da Bescheid, China ist ja Mitglied im UN-Sicherheitsrat

und hat 2006 auch die Sanktionen gegen das iranische Atom- und Raketenprogramm unterstützt, jedenfalls offiziell.

Also welche Rolle spielt denn da Peking?

Ja, das war für uns unabhängig davon, ob wir den jetzt finden und ob es den gibt eigentlich die Hauptfrage dann

oder die Hauptgeschichte, die Rolle der chinesischen Regierung in dem Ganzen.

Alle Experten, mit denen wir gesprochen haben, sagen, wenn die chinesische Regierung das nicht wollte,

dann könnte die den sofort stoppen und das hat sie über Jahrzehnte nicht gemacht.

Also wenn man sich ansieht, wie der chinesische Staat funktioniert, der Sicherheitsapparat funktioniert,

dann ist klar, wenn der 20 Jahre lang agieren kann und diese Sachen liefert, dann ist es im Interesse der chinesischen Regierung,

das ist gar nicht anders möglich.

Ja, und er ist ja nun mal nicht festgenommen oder ausgeliefert worden.

Also die USA suchen den unter Hochdruck, aber die chinesische Regierung in Anfangszeichen rückt ihn nicht raus.

Genau, die Amerikaner haben den in Abwesenheit angeklagt zweimal

und die Auslieferung haben sie auch beantragt, aber ausgeliefert wurde er nie.

Und ihr habt ja auch mit der chinesischen Regierung bzw. mit dem Teil davon dann gesprochen, oder was sagen die denn jetzt zu?

Ja, wir haben offizielle Anfragen gestellt natürlich und da kam nie eine Antwort, aber was wir auch gemacht haben,

in München gibt es eine einzigartige Möglichkeit einmal im Jahr Politiker zu konfrontieren, die man nie konfrontieren könnte mit irgendwas

und zwar ist es die Münchner Sicherheitskonferenz, wo ja Staatschefs und Minister und Geheimdienstler alle hier in den Bayerischen Hof kommen

und da war auch Wang Yi, der chinesische Außenminister der damalige, war auch da als einer der hochrangigen Gäste.

Es war 2020 war das Ganze und da haben wir beschlossen, wir konfrontieren den damit.

Im China würde man wahrscheinlich sofort verhaftet werden, aber dort geht es, um das Mikrofon hinzuhalten und zu sagen, was sang sie denn zu Kali?

Der chinesische Außenminister ist dann stehen geblieben und hat sich dann die Frage übersetzen lassen von der Übersetzerin

und hat dann so ihn angeschaut und hat dann gesagt, ja das sind alles haltlose Anschuldigungen.

Hat dann gegrinst, hat ihm, glaube ich, noch auf die Schulter geklopft und ist abgezogen.

Ja, es war letztlich auch, also keine inhaltliche Antwort, aber was schon interessant war, man hat gemerkt auch an seiner Mimik,

dem war sofort klar, wo wir sprechen. Die Message war irgendwie, zumindest würde ich so interpretieren, ich weiß genau, wo du redest,

genau, aber lass mal mal.

Und gut, wir wussten zu dem Zeitpunkt auch, dass ja die Außenministerien verhandeln seit Jahren über den Kali und zwar auf höchster Ebene.

Wir wussten, dass auf amerikanischer Seite zum Beispiel Barack Obama persönlich das Thema Kali gegenüber den Chinesen thematisiert hat.

Das hat euch dieser Ex-Geheimdienstler, der Van van Diepen erzählt.

Genau, genau, und andere Quellen auch noch.

Aber was interessant ist, Groundless Charges hat es übersetzt, die Übersetzerinnen, also haltlose Anschuldigungen.

Es ist nicht ganz richtig, aber vielleicht ein bisschen hat es schon gestimmt zu dem Zeitpunkt, weil nämlich was ziemlich Komisches passiert ist.

Am Anfang hatten wir ja eine große Gesprächsbereitschaft bei den Amerikanern.

Die haben uns das erklärt, wie das so ist mit Kali.

Aber dann ist folgendes passiert, niemand hat mehr über Kali gesprochen.

Und zwar wie von einem Tag auf ein andern.

Diese ganzen Regierungsmitarbeiter, mit denen wir zuvor zu tun hatten, es war als würden die an dem Art Gedächtnisverlust leiden.

Und interessanterweise gibt es einen Journalisten in den USA, der hat mehrmals über Kali geschrieben gehabt.

Und zwar Jeff Stein heißt der von Newsweek.

The silence was deafening, as they say, it's a mystery to me.

They have memory loss, they suddenly can't remember. I have to remind them.

You know Kali, the Chinese, all that guy.

So, they're not talking about Kali.

Wir konnten uns wirklich lange überhaupt keinen Reim darauf machen.

Also wir haben es nicht so ganz verstanden.

Eigentlich über Monate haben wir es nicht verstanden.

Bis wir eines Tages, also man schaut dann jamanisch irgendwie alle paar Tage, ob es irgendwas Neues gibt, zu Kali vielleicht doch irgendwas auftaucht.

Und dann sind wir irgendwann auf die Idee gekommen, in die chinesische Version von Wikipedia reinzuschauen.

Und da gab es nämlich einen Eintrag zu Kali.

Und wir haben geschaut, wer denn diesen Eintrag verfasst hat. Man sieht da immer so die Historie.

Und haben gesehen, da ist ein Satz aufgetaucht, da war 30 Minuten online und wurde sofort gelöscht,

dass Kali jetzt festgenommen wurde in Dalian und im Gefängnis sitzt.

Und das war für uns tatsächlich so, was ist jetzt passiert?

Also nach 20 Jahren kann das stimmen.

Und dann war es so, dass Christoph Giesen und Matthias Böllinger in Dalian bei einer dieser Adressen waren,

wo angeblich eines seiner Firmen ist.

Und da war so ein Nachbar, der hat gerade irgendwie Gurken oder Sukini geerntet im Garten.

Es war wirklich, hat null ausgeschaut, wie eine Firma.

Und die haben den nach Kali gefragt und der gesagt, Kali, der ist doch im Gefängnis, oder?

Und wir haben aus immer mehr Ecken diese These gehört, dass Kali nun doch gestoppt wurde von den Chinesen.

Ah, auf einmal.

Und dann hat uns jemand den Hinweis gegeben, schaut euch doch mal an, was in dem Zeitraum,

in dem ihr möglicherweise festgenommen wurde, sonst passiert es zwischen den USA und China.

Und zwar besonders im Bereich Wirtschaft.

Und exakt zu dem Zeitpunkt, wo er angeblich verhaftet wurde, gab es ein Treffen zwischen Donald Trump und Hichen-Pink.

Da war dieser Handelsstreit auf dem Höhepunkt mit den Strafzöllen damals.

Und die Chinesen wollten noch höhere Strafzölle verhindern vonseiten der USA

und haben damals Zugeständnisse gemacht in Amerikanern auf mehreren Feldern.

Für uns sieht es ganz danach aus, dass quasi ein Deal gab, den großen und Teil dieses Pakets war, dass Kali aus dem Verkehr gezogen wird.

Ah, okay. Also deswegen hast du auch vorhin gesagt, der chinesische Außenminister hatte auf der Sicherheitskonferenz 2020

vielleicht sogar recht mit dieser Aussage haltlose Anschuldigungen.

Also möglicherweise saß Kali da schon im Gefängnis und ihr wusstet es gar nicht.

Also es scheint ja so, dass Peking da vom einen auf den anderen Tag durchgegriffen hat.

Also dieser gefährlichste Waffenhänder der Welt ist am Ende tatsächlich nichts anderes als eine Schachfigur für China gewesen,

den man dann in einem anderen Deal, in dem Moment dann noch viel wichtiger war, plötzlich auf den Tisch legen konnte

oder wieder wegziehen konnte von dem Tisch. Das ist die letzte Entwicklung in dem Ganzen.

Was aber nichts dran ändert, dass die Amerikaner nach wie vor mit 5 Millionen Dollar Kopfgeld nach ihm fahnden.

Also das ist bis heute aktiv. Und dass seine Netzwerke auch bis heute aktiv sein sollen.

Okay, also dieses Problem bleibt. Die Firmen sind weiterhin aktiv, die stellen weiterhin all das her, was eben so gefährlich ist,

um Waffen zu bauen und dieses Raketen-Arsenal vom Iran, das ist weiterhin gefüllt.

Aber es geht in Wirklichkeit eher um Chinas Interessen, um ein größeres Ganzes,

in dem diese Waffenlieferung an den Iran und Kali eigentlich ein Hebel sind.

Es gibt so bei außenpolitischen Vordenkern in Peking auch, findet man öffentlich,

die These, dass der Iran eine Karte ist in der Hand, ein Trumpf in der Hand von China,

wenn man quasi die Verbindungen dorthin pflegt und wenn man die auch in die Lage versetzt zu zündeln im Nahen Osten.

Also sie sollen nicht, eine Atomböme sollen sie vielleicht nicht haben, aber sie sollen schon Raketen vielleicht haben,

weil das hält den Westen und insbesondere die USA beschäftigt im Nahen Osten.

Letztlich um Aufmerksamkeit wegzulenken von Taiwan, vom südkinesischen Meer, wo es ja Gebietstreitigkeiten gibt,

von Konflikten vielleicht mit den Philippinen, die dorthin stehen, mit Verbündeten der Amerikaner.

Ja, es ist wie so ein großes Schachspiel letztlich und dieser Kali ist eine Figur auf diesem Brett.

Es zeigt letztlich, wie vernetzt es auch alles ist, wie zum einen, wie dieser Handel läuft, wie verdeckt,

dass das irgendwelche Teilchen sind, die keiner auf dem Schirm hat, also eben nicht nur Panzer,

über die wir gerade immer reden, im Zusammenhang mit der Ukraine, sondern dass andere Dinge extrem gefährlich sind.

Es zeigt, wie vernetzt das Ganze ist, dass, weil jemand in Nordost-Kina bestimmte Geschäfte macht am Ende der Iran-Raketen hat,

die dann im Jemen Krieg eingesetzt werden gegen Saudi-Arabien zum Beispiel, die Israel bedrohen

und wo jetzt ganz konkret die Gefahr besteht, Russland und der Iran nähern sich gerade sehr stark an in dem Gebiet,

Moskau und Tehran wollen eine Rüstungkooperation und angeblich hat Russland angefragt,

tausend ballistische Raketen vom Iran zu importieren.

Das heißt, am Ende können es dazu führen, dass im Ukraine-Krieg Raketen,

deren Entwicklung durch Kali ermöglicht wurde, eingesetzt werden.

Also es zeigt letztlich, wie vernetzt diese ganzen Dinge sind und dass Sicherheitsprobleme ja oft sehr schnell dann global werden.

Das ist nie regional bleibt.

Und das heißt, das könnte jetzt auch den Ukraine-Krieg betreffen?

Ja, und es würde den sogar sehr betreffen, weil ein Raketenexpert hat uns gesagt, man glaubt es gar nicht,

aber der Iran hat Raketen, die haben die Russen gar nicht und die Amerikaner haben die auch gar nicht,

weil die sich durch Rüstungskontrollabkommen dazu verpflichtet hatten, keine Mittelstrecken Raketen zu haben.

Also deren Raketen reichen in der Regel entweder weniger als 500 Kilometer weit, die Russischen,

oder gleich richtig weit, aber diese Mittelstrecke, da haben die eigentlich keine Raketen

und diese Lücke könnte Moskau mit den iranischen Raketen, deren Entwicklung durch Kali mit ermöglicht würde, schließen

und wäre dann in der Lage vom Landesinneren aus mit Raketen in die Ukraine reinzuschießen, was jetzt im Moment nicht geht.

Also diese Raketen sind sehr weit vorne quasi platziert und damit auch exponiert diese Stellungen

und das würde sich damit ändern, also das heißt, es würde den Vorteil auf jeden Fall für Russland bedeuten.

Also alles hängt mit allem zusammen und ist immer noch oder wieder sehr, sehr aktuell.

Philipp, danke, dass du uns von dieser Spurensuche erzählt hast und von diesem Phantom, dass zumindest wir jetzt kämmen.

Gerne.

Ciao, was gut.

Ciao.

Das war 11km der Tagesschau-Podcast.

Die Dokumentation Wanted, der gefährlichste Waffenhändler der Welt von Philipp Grüll,

Bastian Obermeier und Frederik Obermeier läuft heute Abend auf Arte.

Ihr findet sie auch in der Arte-Mediathek und uns 11km gibt es in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcast gibt.

Folgenautor ist Marc Hoffmann, mitgearbeitet Hartjas Minbrock.

Produktion Fabian Zweck, Viktor Werisch, Alexander Gerhardt und Eva Erhardt.

Redaktionsleitung Lena Götler und Fumiko Lipp.

Zum Abschluss noch ein Podcast-Tipp von uns, Dark Matters in der ARD-Audiothek.

In Dark Matters geht es um etwas, das euch interessieren dürfte, wenn euch diese Folge gefallen hat.

Nämlich um die Arbeit deutscher Geheimdienste.

Hi, ich bin Eva Maria Lemke und ich hab was für euch.

Den Podcast Dark Matters, Geheimnisse der Geheimdienste.

Ihr ahnt, es geht um Spione, es geht um Doppelagenten, aber auch um Beamte mit der Lizenz zum Abheften.

Ja, die deutschen Geheimdienste, die sind nicht wirklich bond, aber auch nicht nur Behörde.

Und manchmal geht bei ihnen auch richtig was schief.

Vergessen Informanten, vergeigte Operationen, verbaselte Geheimdokumente.

Alles, worüber sie lieber nicht reden würden, erzählen wir in Dark Matters mit den Experten der ARD.

Jeden Mittwoch gibt's eine neue Folge in der ARD-Audiotheke und überall sonst, wo es Podcasts gibt.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Kaum einer kennt Karl Lee alias Li Fangwei, aber für US-Geheimdienste spielt der chinesische Geschäftsmann wohl in der höchsten Liga. Das FBI hat ein Kopfgeld von 5 Millionen Dollar auf Karl Lee ausgesetzt, weil er den Iran trotz Sanktionen wohl jahrelang mit modernen Raketenbauteilen versorgt hat – anscheinend unter den Augen der chinesischen Führung in Peking. In dieser 11KM-Folge tauchen wir zusammen mit Investigativ-Reporter Philipp Grüll vom BR in die Welt der Geheimdienste ab. Philipp erzählt, wie es seinem Rechercheteam letztlich gelingt, dem Phantom Karl Lee auf die Spur zu kommen und wie Karl Lee zu einer entscheidenden Schlüsselfigur im Spiel der Weltmächte wurde.



Die Doku zur Recherche:

https://www.arte.tv/de/videos/093708-000-A/wanted-der-gefaehrlichste-waffenhaendler-der-welt



Und hier geht es zur BR24 Reportage von Philipp Grüll: https://www.br.de/radio/br24/sendungen/reportage/waffenhaendler-karl-lee-das-chinesische-phantom-100.html



Das offizielle FBI-Fahndungsplakat:

https://www.fbi.gov/wanted/counterintelligence/li-fangwei



Aktuelle Berichte über Iran und zum Atomabkommen: https://www.tagesschau.de/thema/atomabkommen/ und https://www.tagesschau.de/thema/iran/



Wir empfehlen außerdem den Podcast “Dark Matters” in der ARD Audiothek::

https://www.ardaudiothek.de/sendung/dark-matters-geheimnisse-der-geheimdienste/12449787



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Marc Hoffmann

Mitarbeit: Jasmin Brock

Produktion: Fabian Zweck, Ruth-Maria Ostermann, Alexander Gerhardt und Eva Erhard.

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler

11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode trägt der BR.