11KM: der tagesschau-Podcast: Finnland: Atomkraft, ja bitte!

tagesschau tagesschau 4/17/23 - Episode Page - 33m - PDF Transcript

Atomausstieg, Haken dran.

Deutschland ist raus aus der Atomenergie seit diesem Wochenende,

zwölf Jahre nach Fukushima.

Das haben aber nicht alle EU-Nachbarn so entschieden,

wie unsere ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Finnland z.B. setzt voll auf Atomstrom, geht da all in,

baut jetzt neue Atomkraftwerke und die Mehrheit der Finnen

steht voll dahinter, inklusive der finnischen Grünen Partei.

Deutschland oder Finnland, welches der beiden Länder manövriert sich

mit seiner Entscheidung wohl eher ins Abseits.

Ihr hört FKM, der Tagesschau-Podcast, ein Thema in aller Tiefe.

Ab heute wieder jeden Tag, Montags bis Freitags eine frische Folge.

Mein Name ist Victoria Michaelzack und heute ist Montag,

der 17. April.

NDR-Reporter Johannes Jolmes hat das neueste finnische Kernkraftwerk

besucht und wollte herausfinden, warum sehr viele Menschen in Finnland

derart hinter der Atomenergie stehen.

Hallo Johannes. Hallo, Victoria. Johannes, du warst in Finnland.

Warum setzen die auf Atomkraftwerke?

Regieren doch sogar Grüne?

Zumindest sind die Grünen mit an der Regierung beteiligt.

Sie sind ja gerade Wahlen dort gewesen, da muss man gucken,

wie sich das in der Zukunft dargestaltet.

Aber in der Vergangenheit waren oder sind Grüne mit an der Regierung

beteiligt gewesen, sind zwar die kleinste Partei in der Regierung,

glaube ich, gewesen, aber im Gegensatz zu ihren Schwesterparteien

in vielen anderen Ländern in Europa sind die Grünen für Atomkraft.

Es hat uns jetzt nicht irgendwer erzählt, irgendein Parteimitglied,

die waren verabredet mit Atahiane, den haben wir im Wahlkampf getroffen

in Helsinki und Atahiane ist der Fraktionchef der finnischen Grünen

und der hat sehr schön beschrieben, welchen Prozesses bei den Grünen

in Finnland gegeben hat, nämlich auch die finnischen Grünen waren

mal kritisch bis hin zu skeptisch der Atomkraft gegenüber

und haben 2014 in dieser Frage auch mal eine Regierung platzen lassen

und sind dann und so beschreibt er es in einen Umdenken gekommen,

das hat damit zu tun, dass sie die in Anführungsstrichen

die Vorteile der Atomenergie sehen, wenn die Kraftwerke gebaut sind,

dass sie im Betrieb relativ geringe CO2-Emissionen haben

und viel, viel bessere Werte haben als Kohle und Erdgas.

Und er sagt, wir wollen finnlandsführende Wissenschaftspartei sein

und wenn man wissenschaftliche Argumente sich anguckt,

dann muss man auch der Wissenschaft folgen und ins Umdenken kommen

und seine eigenen Argumente, die man hat, vielleicht hinterfragen.

Und das haben die Grünen auch getan und haben jetzt sozusagen

eine neue Position zur Atomkraft.

Und das ist das, was wir jetzt haben,

und haben jetzt sozusagen eine neue Position zur Atomkraft entwickelt

und die sieht so aus, dass man den Kurs der Regierung dort natürlich unterstützt

und auch keine Probleme mit der Atomenergie hat.

Und warum genau? Was sind deren Argumente?

Warum die auf Atomkraft setzen?

Ich glaube, sie machen eine schlichte Abwägung.

Also sie gucken sich an, was brauchen wir?

Und Atahiane, der Grüne, hat das mir so beschrieben,

wir haben zwei Boundaries, sprach ja, zwei Grenzen,

die unseren Diskurs bestimmen auf der einen Seite.

Wir wollen das Klima schützen.

Wir müssen weg von fossilen Energie.

Wir müssen auf die anderen Seite auf die anderen Seite,

ist es so, dass wir ein Industrieland sind,

dass wir stabil Strom brauchen, dass wir verlässlich Strom brauchen

und dass wir in Zukunft noch mehr Strom benötigen werden.

Nämlich, man will, so wie in vielen Ländern in der Welt,

stärker auf E-Mobilität setzen, brauchst du mehr Strom für.

Man will auch die Industrie in Teilen elektrifizieren.

Man will auch die Industrie in Teilen elektrifizieren.

Man braucht auch mehr Strom für.

Und unsere Überlegungen, also von den finnischen Grünen,

muss zwischen diesen beiden Leitplanken stattfinden.

Also CO2-Sparen und genug Energie haben.

Genau.

Wie viele Atomkraftwerke gibt es in Finnland?

Aktuell gibt es fünf Atomkraftwerke in Finnland,

also die Insel, wo wir waren, auf Olkiloto.

Das sind zwei, die sind schon seit Ende der 70er,

Anfang der 80er Jahre am Laufen.

Und dann gibt es noch zwei weitere Atomkraftwerke in Finnland.

Die sind aber an einem anderen Standort.

Zu dem ganz neuen, da seid ihr jetzt hingefahren, zu Olkiloto 3.

3 steht für den dritten Reaktor auf der Insel Olkiloto.

Also die Insel heißt nicht Olkiloto 3,

sondern das ist sozusagen der dritte Reaktor.

Genau, das ist so knappe drei Stunden von Helsinki entfernt,

bisschen nördlich an der Ostsee gelegene Insel,

die jetzt nicht besonders groß ist,

aber groß genug, um drei Atomkraftwerke zu beherbergen.

Ihr wart ja auch da und ihr wart auch im Atomkraftwerk drin,

also zumindest in einem Besucherzentrum zur Besichtigung.

Wie sah es da aus?

Genau, wir haben uns alle erst in den Besucherzentrum getroffen.

Ich glaube mal, wir waren so insgesamt 10, 15,

vielleicht auch 20 Journalisten aus der ganzen Welt.

Also waren Teams aus Japan, aus Deutschland, aus Serbien, aus Schweden.

Also waren viele, viele Teams, die sich an diesem Media Day,

an diesem Pressetag angucken wollten,

wie die Finns mit der Atomkraft machen.

Und dann sind wir alle in einem kleinen Bus gestiegen

und sind dann zu dem Kernkraftwerk gefahren, 5, 600 Meter entfernt.

Mussten uns dann erstmal einmal alle anziehen,

natürlich so eine schöne gelbe Jacke, damit wir auch gesehen werden.

Und dann ging es in die Turbinhalle von dem neuen Reaktor.

Ich würde jetzt mal beschreiben, es war so groß,

vielleicht wie ein Fußballfeld ungefähr,

vielleicht ein bisschen größer, anderthalb Fußballfelder,

das die ganze Zeit so ein Summen auf den Ohren,

weil der Reaktor schon am Arbeiten ist.

Und da wurden wir dann von nur einem Sprecher dadurch geführt.

Er hat auch uns relativ freie Hand darin gelassen,

was wir drehen konnten, konnten uns da total frei bewegen,

ohne dass man gleich einen Aufpass an seiner Seite hatte

und hat dort die Fragen der Journalisten beantwortet.

Und das, was mir aufgefallen ist, wenn man in diese Halle reinkommt

und da hat man natürlich dann als deutscher Journalist

dann gleich so ein Auge für, dass dir dick und fett

ein großes Siemensloh entgegengesprungen ist.

Also Siemens war in der Entwicklung auch maßgeblich beteiligt.

Und man sieht dann sozusagen überall das kleine Siemens-Logo,

das und das wurde im Müllheim an der Ruhe, habe ich gesehen,

produziert, stand hat, so was dran.

Also obwohl der auch schon aus der Atomkraft aussteigt,

hat man auf jeden Fall beim Bau des finnischen Atomkraftwerks

war man dann doch relativ maßgeblich beteiligt.

Weil man darf jetzt ja nicht so tun,

dass dieser finnische Reaktor komplett ohne Probleme gebaut worden ist.

Er hat viel zu lange gedauert und wurde viel, viel teurer,

als man es eigentlich geplant hatte.

Soweit, glaube ich, die ersten Planung waren,

sollte der schon 2009 oder 2010 fertig sein.

Wir haben jetzt 2023, er geht jetzt in diesen Tagen erst ans Netz.

Also das hat natürlich viel, viel länger gedauert

und es soll nach jetzigen Berechnungen, glaube ich, auch 11 Milliarden kosten.

Das war ja niemals damals so eingepreist.

Was sagt denn der Betreiber dazu?

Es hat daran gelegen, dass, glaube ich,

ganz einfach viele Köche verdäben dem Brei.

Es ist so, dass gerade in der Anfangsphase

viele Unternehmen daran beteiligt waren.

Da gab es immer wieder Wünsche und vom Betreiber,

aber es gab auch sozusagen Erfahrungen,

die diese Unternehmen gesammelt haben, wie man Atomkraftwerk gebaut,

in den eigenen Ländern.

Und das war halt sehr schwer zu harmonisieren.

Und da hat man sehr, sehr große Runden immer gedreht,

wie man das nun baut, die man das nun bauen könnte.

Und das hat dann dazu geführt,

dass es dann viel, viel länger gedauert hat,

als man eigentlich sich erhofft hat.

Aber der Betreiber, der sieht das jetzt nicht als Katastrophe trotzdem.

Die sagen, die stehen dazu.

Ja, das ist ein Problem,

weil das kann ja nicht wegdiskutieren,

dass das Atomkraftwerk knapp zehn Jahre später im Betrieb geht.

Aber er setzt da ein anderes Narrativ.

Er sagt, wir waren halt die Ersten, die das Ganze gebaut haben.

Wir waren die Pioniere.

Und er spricht davon von einer Pionierleistung aus.

Und er sagt, wir waren die Ersten, die das Ganze gebaut haben.

Wir waren die Pioniere.

Und er spricht davon von einer Pionierleistung aus.

Und er sagt halt, dass viele jetzt in Zukunft

diesen finnischen Erfolgsweg, so wie er ihn nennt, folgen würden.

Das ist natürlich so ein bisschen in seinem PR-Sprech,

was er dann macht.

Aber es ist jetzt nicht so, dass er einfach darüber hinweggeht

und sagt, nee, es haben wir gar keine Probleme gegeben.

Also, wie adressiert er schon?

Aber er dreht das natürlich so ins positive Teil für sich.

Ja.

Und er sagt, wir waren die Pioniere.

Atomkraft ist ja ein umstrittendes Thema.

Unter anderem auch wegen der Debatte um die Endlage rum.

Also, hier in Deutschland ist ja diese Frage,

wie wir mit dem Atommüll umgehen.

Also, wohin damit eigentlich ohne Antwort bisher?

Wie ist das bei dieser Debatte in Finnland?

Sind die da weiter?

Ja, man muss ja, glaube ich, ganz klar sagen,

die Finnen sind so nach dem, was wir recherchiert haben,

eigentlich am weitesten in der ganzen Welt, nämlich ab 2025,

sollen dort Brennstäbe, also abgebrannte Brennstäbe,

auch eingelagert werden.

Und es hat natürlich den Vorteil in Finnland,

dass das Endlager, naja, ich würde fast sagen,

es sind nur wenige Fußminuten entfernt von zumindest diesen drei Reaktoren.

Also, man kann da wirklich rüberlaufen.

Also, Luftlinie maximal ist es ein Kilometer.

Da entsteht dann auch das finnische Endlager, Oncalo heißt das.

Das bedeutet passenderweise so viel wie Hohlraum, kleine Höhle.

Ja, eine kleine Höhle, 450 Meter.

Unter der Erde ist es schon, wobei klein, glaube ich, relativ ist.

Das Tunnelnetzwerk sind, ich glaube, am Ende knapp zehn Kilometer.

Also, es ist dann schon eine sehr weit verzweigte Höhle, würde ich mal sagen.

Okay, und das habt ihr euch auch angeschaut, diese Höhle, wie du sagst.

Wenn man schon mal da ist, natürlich.

Ihr seid da richtig in die Tiefe, oder wie?

Genau, und das mit einem klassischen Auto.

Also, wir sind mit dem Geologen der Betreiberfirma.

Diese Betreiberfirma gehört den beiden Atomkraftwerksbetreibern

und mit dem Geologen sind wir dann in die Tiefe gefahren.

Also, rumpelt dann so ein bisschen und man sieht erst mal nicht viel.

Dann taucht man auf einmal rechts und links, sieht man dann so kleine Lampen

und auch Schilder, wo steht, wie tief man denn gerade ist

und mit wie viel Kilometer man schon geschafft hat.

Und dann ruckelt man quasi auf Lebenboden oder auf Erdboden sich nach unten.

Also, das muss man sich jetzt nicht so vorstellen,

dass das eine schön asphaltierte Straße ist, sondern man fährt halt immer so stetig

zwei, drei Prozent Gefälle nach unten.

Und dann sieht man mal ein bisschen gegenlich kommen

und dann fährt man rechts an die Seite und dann hubt der, der einem entgegen kommt

und wir hupen dann auch und da fahren wir weiter runter.

Und irgendwann nach so, ich würde mal sagen, 10, 15 Minuten

waren wir dann auf der entsprechenden Tiefe angekommen,

wo dann auch die Brennsthebe eingelagert werden sollen.

Das sind dann knapp 450 Meter.

Und man muss sich das so vorstellen, du hast ein Haupttunnel,

ich nenne ihn jetzt mal den Versorgungsweg, da fahren die ganzen Lkw,

da fahren die Maschinen, die die Bohrung vorn nehmen

und da sind auch wir dann runtergefahren.

Und dann rechts und links gehen dann immer so kleinere Tunnel ab.

Und diese kleineren Tunnel, da sollen dann auch später die Brennsthebe reinkommen.

Das muss man sich so vorstellen, dass diese kleineren Tunnel,

da wird dann nochmal ein 8 Meter tiefes Loch gebotelt.

Die Brennsthebe kommen dann in eine Kupferhülle rein

und sollen dann dort versenkt werden.

Und wenn man dann 3, 4 von diesen Kupfercontainern eingelagert hat,

dann wird diese Höhle dann auch verfüllt.

Und dann geht man an die nächste Höhle ran.

Also hat das mehr so den Weib von der Tiefgarage oder eher von einem Bergwerk?

Also ich glaube, es ist so mittendrin.

Das ist jetzt nicht so die moderne Tiefgarage, wie man sich das vorstellt.

Weil asphaltiert ist das Ganze nicht.

Es ruckelt schon so ein bisschen, wenn man darunter fährt.

Aber natürlich ist je tiefer man kommt, dass da wechseln sich auch die Strukturen.

Weil unten hat man dann auch das Versorgungszentrum, würde ich mal sagen.

Da ist eine Werkstatt, wo auch Sachen repariert werden.

Da sind dann auch sehr viele Arbeiter unterwegs gewesen.

Das haben wir uns auch angeschaut.

Also es ist jetzt nicht, dass man sich das so vorstellen kann,

wie eine Tiefgarage, alles schön asphaltiert.

Es ist ja, es ist halt zweckdienlich für den Zweck, den die finden.

Dort sehen nämlich ihren Atommüll einzulagern.

Wo wir hier gerade über Atommüll sprechen.

In so einem Atomkraftwerk fallen nicht nur Brennstäbe an,

sondern auch tonnenweise schwach oder fast gar nicht strahlender andere Abfall.

Wie man so ein AKW entsorgt und ob man es auch recyceln kann,

das hört ihr am Donnerstag bei 11km.

Lasst uns gerne ein Abo da, dann verpasst ihr die Folge nicht.

Zurück nach Finnland und der Frage, ob so ein Endlager direkt neben dem AKW

so eine schlaue Idee ist.

Also glaubt man den finnischen Betreibern und auch den Geologen,

mit dem wir gesprochen haben, ist das aus ihrer Sicht der Beste

oder wie es der Geologe uns gegenüber ausgedrückt hat.

Es ist nicht unbedingt der Beste, aber es ist ein machbarer und ein guter Platz.

Und das ist auch die, glaube ich, die Logik, die sich Finnland

bei der Endlagersuche vorgenommen hat.

Nämlich, sie sind nicht danach gegangen, was ist jetzt der beste Platz,

wo sind alle glücklich mit, etc.

Sondern auch, dass sie sich mit dem AKW in den letzten Jahren

in den letzten Jahren in den letzten Jahren in den letzten Jahren

haben, was ist jetzt der beste Platz, wo sind alle glücklich mit, etc.

Sondern welcher Endlagerstandort ist umsetzbar, ist gut genug,

dass wir hier über viele Tausende Jahre hier den Müll lagern können.

Er ist sicher, also muss sicher natürlich sein.

Und das war ein weiterer Punkt, hat er auch die Unterstützung in der Bevölkerung.

Also das sagt uns auch der Geologe, es hilft ja nichts,

wenn man das gegen den Widerstand der Bevölkerung macht.

Aber ich mir jetzt auch denke, na gut, das ist jetzt schon direkt neben

Atomkraftwerk, die wohnen ja schon da.

Wahrscheinlich sind das die Leute, die jetzt gesagt haben,

gut, ich wohne neben einem Atomkraftwerk, die gehen jetzt wahrscheinlich

nie mehr extra auf die Straße für einen Endlager.

Nein, natürlich nicht. Also genau, das ist aber tatsächlich auch der Grund.

Und das sagen die, finden auch recht offen, zumindest mit denen wir dort

da gesprochen haben, auch in dem Ort, na ja, viele von uns arbeiten

oder sind in irgendeiner Form mit dem Atomkraftwerk verbunden.

Wenn die schon so einen Endlager gefunden haben, wo man Atommüll

sicher lagern kann. Also ich frage für einen Freund,

da hat der deutsche Atommüll nicht auch hin.

Die Frage habe ich natürlich auch den Geologen gestellt.

Der war eigentlich ein sehr trockener Typ, würde ich mal sagen.

Aber in dem Moment hat er dann doch so ein bisschen,

ich weiß nicht, ob es Ironie, Sarkasmus,

oder vielleicht hat er es auch ernst gemeint, hat durchblicken lassen.

Er sagte dann zu mir auf diese Frage,

dieses Endlager sei so ein bisschen wie eine Garage.

In der Garage packt man auch nur sein eigenes Auto.

Sprich jetzt die Hoffnung, die man haben könnte,

dass deutsche Atommüll irgendwann nach Finnland kommen könnte.

Die ist leider, muss man dir enttäuschen,

das gibt es aber auch einen gesetzlichen Grund.

Es ist in Finnland verboten, dass Atommüll außerhalb des Landes

geschafft wird, aber auch, dass Atommüll nach Finnland geholt wird.

Also damit will man natürlich den Handel mit Atommüll unterbinden.

Also die Hoffnung von Deutschen, dass unser Atommüll,

den wir über Jahre hier angesammelt haben,

irgendwann in Finnland eingelagert wird,

das wird leider nicht passieren.

Wenn ich jetzt an Deutschland denke an die Endlagerproteste

um den Standort Gorleben zum Beispiel,

da kann ich mir gar nicht vorstellen,

wieso was ganz ohne Protest ablaufen kann.

Gab es da eigentlich Proteste?

Fragt man den Betreiber und recherchiert man dort vor Ort,

dann sind die Proteste in den letzten Jahren zumindest ausgeblieben.

Also zumindest keine großen Proteste,

die man das von mir aus in Deutschland in der Vergangenheit

immer mal wieder gesehen hat.

Das ist ja jetzt erstmal ein ganz anderer Blick auf Atomkraft,

als wir den haben.

Soweit wir das recherchiert haben, hat sich sogar der Ort,

also es ist ein Zehntausend Seelenstadt,

die vor der Insel liegt, um diesen Endlager-Standort beworben.

Das ist natürlich, wenn man das aus einer deutschen Brille sieht,

total undenkbar, dass sich ein Ort dafür bewirbt,

dass man das Endlager bekommt.

Und wenn man ein bisschen ins Archiv steigt

und sich die Äußerung vom damaligen Bürgermeister durchliest,

das war so Anfang der 2000er Jahre,

der argumentierte eigentlich so, dass er sagt,

na, wir haben auch eine Verantwortung dafür,

wir haben hier den Atommüll produziert,

da müssen wir auch hier damit umgehen.

Und darum haben wir auch gesagt,

wenn das hier alle Standortbedingungen passen,

also das richtige Gesteinsform,

es ist sicher keine Erdbeben, etc.,

dann kann man das auch hier machen.

Und was war das jetzt für ein Gestein?

Granit, fincher Granit.

Habt ihr denn trotzdem jemand gefunden,

der auch dagegen ist in Finnland?

Also wir haben jetzt niemanden explizit gefunden,

der sich gegen Atomkraft dort ausspricht.

Natürlich gibt es diese Stimmen auch,

aber sie sind natürlich, ich hatte eben mal die Umfragen,

zitiert, 11%, glaube ich, die sich dagegen aussprechen.

Die sind halt nicht so präsent im öffentlichen Diskurs.

Und ich hatte dann, es hat uns jemand in der Vorbereitung

auch ein bisschen bei der Recherche geholfen,

der auch viel für die ARD dort arbeitet.

Den habe ich mal gefragt, na, wie schwer ist das denn,

jetzt auch hier Atomkraftgegner zu finden

und der beschrieb das, dass das wirklich jetzt nicht

eine so breite Bewegung ist,

wie wir das aus anderen Ländern kennen.

Und dann, ah, habt ihr deswegen jetzt niemanden?

Genau, wir haben dort mit den, waren wir bei den Bürgermeistern

und haben uns dort sozusagen das Lagebild

oder seine Situationsbeschreibung mit ihm darüber gesprochen

und haben dann natürlich auch im Vorfeld geguckt,

was gibt es denn dort für kritische Stimmen?

Aber am Ende, glaube ich, muss man dann auch die Entscheidung treffen,

dass natürlich dort eine große Mehrheit sich für Atomkraft ausspricht

und darum haben wir da auch diesen Unterschied,

den man da ja auch findet, dass man bei der Grünen Partei

erst mal davon ausgehen will, dass sie eher kritisch sind,

der Atomkraft gegenüber, weil das ja sozusagen auch ein,

ein Kennzeichen der Grünen Partei in vielen Ländern ist,

in Finnland dort ganz anders ist.

Und soweit wir das auch gehört haben, auch in der Umweltbewegung,

gibt es dort eher eine andere Position,

als es in Umweltbewegungen in anderen Ländern gibt.

Also in eurer Doku ist jetzt der Fokus einfach darauf,

dass die dort sehr positiv eingestellt sind, so eine Gegenposition,

die gibt es, aber die kommen bei euch jetzt nicht viel.

Genau, die sind jetzt bei uns in dieser Doku jetzt nicht drin,

weil es uns vor allem darum gibt, wie es sozusagen

andere Länder auch auf politischer Ebene mit der Atomkraft umgehen,

um ihr Energiesystem, um ihre Stromversorgung

für die nächsten 10, 20 Jahre aufzustellen.

Okay, wir haben es eben schon so ein bisschen angesprochen,

wie das denn da auch so in der Gegend ist.

Wie ist das denn jetzt genau vor Ort, da wart er ja.

Ihr habt auch den Bürgermeister getroffen da.

Also das Rathaus ist erstmal von außen relativ unspektakulär.

Wenn du bei einem dann in dieses Rathaus reingehst,

dann denkt man sich schon so, wenn man das vielleicht so mit

deutschen Rathausern vergleicht.

Wow, das sieht schon recht modern aus.

So der Raum, wo die Sitzungen abgehalten werden,

der hat schon alle Spielereien der Moderne.

Also das wirkt schon eher wie so eine sehr fancy Sitzungssaal,

als das man dort sich vorstellen könnte,

dass der Politikerinnen und Politiker über diverse Fragen

entscheiden, die für die Stadt wichtig sind.

Und ich glaube, das Highlight ist, es hat so drei, vier Stockwerke,

das Rathaus und also man geht dann so drei, vier Stockwerke nach oben

und man sieht dann eine Installation und diese Installation erinnert

sehr stark daran, wie Brennstäbe in das Wasser reingefahren werden

am Atomkraftwerk.

Also das ist eine Installation, die dort in dem Rathaus ist.

Wie sieht so aus wie Brennstäbe, oder was?

Man sieht da Wasser von oben herunterfallen und das fällt dann...

Das ist echtes Wasser, das ist ein Wasserfall im Rathaus.

Ja, so ein Mini-Strahl ist das, der dann runterfällt in ein Becken rein

und das wirkt dann so ein bisschen...

Da sind so kleine Streben da drin, dass man einen Eindruck haben könnte.

Das ist so ein bisschen die Nachempfung, was man aus Atomkraftwerken kennt,

wo die Brennstäbe nach unten ins Kühlwasser reingelegt werden.

Okay, also sieht auch schick aus da?

Ja, je nachdem, was man so für einen Geschmack hat, aber...

Es ist auf jeden Fall anders als in einem Rathaus,

wie man es sich vielleicht so vorstellen würde.

Okay, also Geld ist da?

Ja, ja.

Okay, man könnte vielleicht sagen, also Kohleenergie.

Nein, danke, aber die Kohle für die Förderung von Wandhunkraftwerk,

die haben sie genommen.

Die haben schon natürlich, und das sagen sie ja auch ganz offen, profitieren sie

davon, dass in nächster Nähe diese drei Kernkraftwerke sind

und auch das Endlager sind.

Also 20 Millionen Euro, die sie jedes Jahr dort aus der Steuer erhalten,

ist natürlich ein ziemlicher Batzen Geld, mit dem man schon

gerade so als Kommunen mit 10.000 Einwohnern einiges machen kann.

Also das beschrieb uns der Bürgermeister, sie hätten da jetzt

sich eine neue Bibliothek gebaut.

Also klar, das ist, glaube ich, eine Abhängigkeit,

darum sind sie sich auch bewusst.

Also es ist jetzt nicht, dass sie das irgendwie so verheimlichen

und das eigentlich so als kleines, schmutziges Geheimnis verstecken,

sondern das sagen sie ganz genau, das sagen sie relativ offen,

dass sie davon auch natürlich profitieren.

Natürlich hängt diese Stadt auch am Troph der Betreiber,

aber das Argument, was mich am Ende überzeugt hat,

war, dass natürlich viele auch in diesen AKWs arbeiten

oder im Endlager.

Da sagte der Bürgermeister und da sagten auch die Leute, die dort arbeiten,

wir sehen ja als erstes, wenn etwas schiefläuft

und wir wissen ja auch um die Risiken, die mit der Atomkraft verbunden sind.

Da glaubt doch keiner, dass wir das jetzt unter dem Tisch kehren würden,

wenn unsere Familie hier nur knappe 20 Kilometer entfernt wohnt.

Also wir sehen das ja sofort, wenn sollte irgendetwas schieflaufen

und das ist, glaube ich, auch der Grund, warum dort zumindest in der Region,

wenn man auch die Beteiligten fragt, gab es denn da mal Proteste oder so etwas,

da guckt man in etwas ratlose Augen

und man muss dann sich lange, glaube ich, zurück erinnern,

wann es denn da mal Proteste gab.

Also der aktuelle Bürgermeister, der ist jetzt glaube ich seit knapp 6 Jahren

im Amt, der schüttelte nur bei der Frage den Kopf und sagte,

also in seiner Amtszeit könne er sich nicht daran erinnern

und auch die Betreiberfirma hatten jetzt nicht den Eindruck,

dass es dort in den letzten Jahren zu großen Protesten gekommen ist,

vor dem AKW oder auch vor dem Endlager.

Okay, also wir merken in Finnland, da gibt es wirklich einen anderen Blickwinkel darauf

und auch auf dieses neue Atomkraftwerk, und zwar überall in der Bevölkerung,

bei den Menschen, die da wohnen, den Anwohnern, der Lokalpolitik.

Jetzt frage ich mal so, wie viel Strom produzieren denn die Atomkraftwerke in Finnland?

Inwiefern bekommt Finnland denn seinen Strom?

Inwiefern bekommt Finnland denn seinen Strom noch aus Atomkraft?

Also Finnland hat eine sehr, auch wenn man das vergleicht mit anderen Ländern,

eine sehr hohe Abhängigkeit von der Kernenergie.

Ich glaube, es müssten jetzt knapp um die 40 Prozent sein.

Also dieser neue Reaktor trägt fast 14 Prozent.

Nun, so sagt der Betreiber, zur finnische Stromerzeugung bei.

Und wenn man dann so bei 40 Prozent am Ende ist, dann ist das schon relativ viel.

Also im Vergleich mit Deutschland.

Im Vergleich mit Deutschland ist noch höher, in Deutschland ist, glaube ich, gar nicht mehr.

Also in Deutschland laut Statistischem Bundesland sind aktuell, glaube ich, noch 6 Prozent aus Atomkraft.

Also viel weniger und fast 50 Prozent aus erneuerbarer Energie mittlerweile.

Genau. Also es waren ja nur noch 4, 5, 6 Prozent, jetzt ist ja gar nichts mehr.

40 Prozent, was in Finnland ist, ist sehr hoch und das ist natürlich auch eine Gefahr,

weil wenn man natürlich dort Probleme hat und man muss ein Kernkraftwerk vom Netz nehmen,

dann geht natürlich auch gleich die Stromproduktion runter.

Das hat man ja in Teilen auch in Frankreich gesehen.

Die mussten ja dadurch, dass sie Probleme hat mit ihren AKWs im letzten Jahr,

dann doch ein paar vom Netz nehmen und das führt natürlich dazu,

dass man dann auf andere Weise sich den Strom beschaffen muss durch Import etc.

Wenn wir jetzt von unserer Reise zurückkommen,

was machen die Finns anders, Johannes?

Ich glaube, sie treffen eine andere Abwägung.

Die Debatte, die dort geführt wird, ist nicht so ideologisch aufgeladen.

Man hört, glaube ich, eher dem anderen noch ein bisschen zu.

Man hat auch nicht diese Vergangenheit, die man in Deutschland hat,

wo sich an der Frage der Atomkraft ja oder nein,

ja ganze Generationen auch politisch sozialisiert haben.

Also ist natürlich ein Gründungsmitus in Deutschland jetzt der Grünen.

Das ist glaube ich, stellt in Deutschland eine Besonderheit dar,

die in anderen Ländern nicht vorhanden ist.

Und in Finnland ist man da glaube ich,

ist das so mein Eindruck nach der Reise, die wir dorthin gemacht haben.

Am Ende ein wenig pragmatischer, man trifft einfach eine Abwägung zwischen,

wir brauchen Strom, wir brauchen dauerhaft Strom,

wir brauchen verlässlich Strom, im besten Fall sogar günstigen Strom.

Und auf der anderen Seite haben wir Klimaziele,

die wir so schnell wie möglich erreichen wollen.

Und da kann man jetzt sozusagen dieses Bild bemühen,

das ist so die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Ich glaube, das würden die Finns nicht sagen.

Also ich glaube, sie sehen das nicht in dieser Entscheidung,

die vollkommen blauäugig der Atomkraft gegenüberstehen und juhu schreiben.

Natürlich sehen sie auch die Risiken.

Und natürlich sehen sie auch die Probleme bei der Endlagerfrage.

Das ist natürlich man für viele, viele hunderttausend Jahre,

das Endlager ist dort bis auf eine Million Jahre ausgelegt ist,

etwas unter die Erde bringen muss.

Und natürlich kann man stand jetzt sagen,

wir glauben, dass das wissenschaftlich auch noch in so viel tausend Jahren

ohne Probleme zu lagern ist.

Aber natürlich ist das eine wissenschaftliche Aussage,

die natürlich auch von der Realität überholt werden kann.

Aber für die Finns ist es, und das beschrieb der grüne Athehiane,

im einem Bild, was mir am Ende im Kopf hängen geblieben ist,

sehr schön.

Er sagte, wenn wir Kohle oder Erdgas verstromen,

die CO2-Menge, die wir in die Luft pumpen,

die ist halt weg, den kriegen wir nur noch schwer eingefangen.

Mit dem Atomol ist das anders.

Was auch sehr wichtig ist, ist die Risikoversorgung.

Also eigentlich ist das nuclear Wast sehr toxisch,

sehr radioaktiv, sehr nasses Material,

aber es ist kompakt und solid.

Wenn man diese beiden Sachen hat, dann ist es doch,

aus unserer Sicht, also aus Sicht der Grünen,

bei der Menge an Strom, die wir in einem Atomkraftverkehr stellen,

ein ziemlich guter Deal, so waren seine Worte.

Und das, glaube ich, beschreibt so diese Herangehensweise ganz anders.

Also man ist aus meiner Sicht noch ein bisschen offener in der Frage,

wie man in Zukunft sein Energiesystem aufstellen will.

Und das ist, glaube ich, eine sehr pragmatische, sachliche Abwägung.

Die kann in anderen Ländern anders ausfallen.

Da ist jetzt auch kein der Grüne, kein Missionar, der sagt,

ihr Deutsch müsst das unbedingt so machen.

Aber er hat dann schon immer so ein paar Spitzen gegenüber Deutschland,

dass er sagt, na ja, ihr steigt jetzt aus der Atomenergie aus,

führt aber dazu, dass in Deutschland wieder mehr Kohle verstromen wird,

Kohlekraftwerk aus Reserve geholt wird.

Und da schüttelte er halt mit dem Kopf und sagt,

das kann doch nicht der richtige Weg sein, dass wir mehr fossil

und dadurch das Klima mehr Schaden anzuführen.

Das ist sozusagen die Grüne Überlegung dort.

Das ist, glaube ich, eine andere Abwägung, wie es hier in Deutschland ist,

wie es auch in einigen anderen Ländern ist.

Aber so ist sozusagen dort deren Kalkulation.

Johannes, danke, dass du uns mal diesen ganz anderen Blick

auf Atomkraft aus Finnland gezeigt hast.

Ja, danke, dass ich bei euch sein durfte.

Mach's gut, tschüss tschüss.

Übrigens, der Anteil der Atomenergie ist zurzeit weltweit

auf dem niedrigsten Stand seit 40 Jahren.

Laut dem World Nuclear Industries Status Report von 2022

hat Atomstrom weniger als 10 Prozent der globalen Stromerzeugung ausgemacht.

Und damit wird zum ersten Mal mehr Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen,

als aus AKWs.

Das war unsere Folge hier bei 11km der Tagesschau-Podcast.

Johannes Jolmes hat zum finnischen Umgang mit dem Atomstrom recherchiert,

zusammen mit Thomas Berbner, Katharina von Schurzen-Tala,

Christian Stichler und Philipp Künschner.

Den Link zur AID-Doku Deutschland schaltet ab, der Atomausstieg

und die Folgen findet ihr in unseren Show notes.

Autor dieser Folge ist Sandro Schröder.

Mitgearbeitet haben Hans-Christoph Böhringer und Stefan Beutting.

Produktion Christoph van der Werf, Hanna Brünjes und Konrad Winkler.

Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Michalsack. Wir hören uns morgen wieder.

Tschüss.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Während bei uns die letzten Kernkraftwerke am Wochenende abgeschaltet wurden, baut Finnland neue AKWs. Das Land bricht auf in eine strahlende Zukunft. Sauber und ressourcenschonend sei die Atomenergie, sagen Befürworter:innen und die geben in Finnland den Ton an. Haben wir da etwas übersehen? Dieser Frage folgen wir bei 11KM gemeinsam mit NDR-Journalist Johannes Jolmes. Zusammen mit anderen hat er Finnlands neuesten Atom-Reaktor besucht, ist in das künftige finnische Endlager eingefahren und hat darüber eine TV-Doku gedreht: “Deutschland schaltet ab - Der Atomausstieg und die Folgen”, zu finden unter diesem Link in der ARD Mediathek:

https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuLzIwMjMtMDQtMTFfMjItNTAtTUVTWg



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Sandro Schröder

Mitarbeit: Hans-Christoph Böhringer und Stephan Beuting

Produktion: Konrad Winkler, Christoph van der Werff und Hannah Brünjes

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler

Host: Victoria Michalczak

11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Folge liegt beim BR.