FALTER Radio: Extremisten erobern die Mitte - #938
FALTER 5/13/23 - Episode Page - 52m - PDF Transcript
Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.
Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.
Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.
Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.
Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.
Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.
Okay, mein Bumble Date läuft gerade richtig gut, sonst bin ich ja echt verkopft.
Aber weißt du was? Not this time.
Mein Intuition sagt mir, lass dich drauf ein. Vertraue dein Bauchgefühl. Go with the flow.
Und dieses Mal werde ich auf mein Intuition hören. Für etwas Neues.
Oder für die Story.
Noch ein Drink?
Finde was Deins ist. Auf Bumble.
Herzlich willkommen, meine Damen und Herren im Falter Radio.
Verschwörungstheorien sind seit der Corona-Pandemie und dem Sturm auf das Kapitol in Washington,
wie sie zum Massenphänomen geworden. Wie Extremisten die Mitte erobern, das ist das Thema dieser Sendung.
Extremisten von Tuenon und Anhänger eines großen Austausches, die früher Randfiguren waren, erobern die Mitte.
War Antipolitik-Wissenschaftlerin Julia Ebner.
Ebner recherchiert an der Kavain rechtsradikalen und islamistischen Gruppen.
Und ihre Diagnose ist erschreckend.
Immer mehr Menschen lassen sich von Verschwörungstheorien leiten.
Der Grasierende Radikalisierung treten die Parteien der Mitte viel zu zack auf den Gegen.
In einigen Fällen, wie bei den Republikanern in den USA, seit Donald Trump, leisten sie dieser gefährlichen Entwicklung sogar Vorschub.
In einem neuen Buch mit dem Titel Radikalisierung, wie die Mitte Extremisten zum Opfer fällt, zeichnet Julia Ebner ein düsteres Bild.
Sie vorsteht Oxford und am Institute for Strategic Dialogue in London.
Das Gespräch führt sich im Bruno-Kreis-Geforum mit der Journalistin Tessa Shishkovitz zu Beginn.
Die Frage, was denn diese Massenradikalisierung ausgelöst hat.
Diese Frage hat mich die letzten Jahre teilweise an Nächte lang wachgehalten.
Wie kann es dazu kommen, dass Massen an Amerikanern, nämlich wirklich Millionen von Amerikanern,
diesen Sturm auf das US-Kapitol unterstützen, ideologisch unterstützen, emotional unterstützen, politisch unterstützen.
Ich habe mir ja schon 2017 begonnen, mehr QAnon, diese Verschwörungsmythos Community anzusehen, die ihre Ursprünge in den USA hat.
Eigentlich ursprünglich davon ausgegangen ist, dass die Annahme war, dass die Klientenfamilie im Untergrund von Washington D.C.
ein Pädophilien-Netzwerk, ein Kindermissbrauchs-Netzwerk anleitet.
Und dieses Verschwörungsmythos hat sich dann effizient ausgebreitet.
Schon vor Beginn der Pandemie, es war schon 2019 soweit, dass QAnon Millionen von Followers hatte im internationalen Raum,
also bis im deutschsprachigen Raum und auch in Österreich, haben sich Gruppen gebildet.
Und es haben sich diese sehr absurden Verschwörungsideologien immer weiter verbreitet,
bis auch in die Mitte der Gesellschaft, bis in die bürgerliche Mitte hinein.
Teilweise auch haben sie linke Ecken, linksliberale Ecken sogar an Bord holen können
mit der Anti-Eliten-Rhetorik, die dahinter steckte.
Und das hat sich dann im Laufe der Pandemie auch immer mehr kombinieren lassen.
Natürlich mit zum Beispiel Impfgegner-Narrativen, mit der Querdenkerszene, wo es auch starke Überlappungen gibt
und auch mit antidemokratischen Einstellungen.
Und jetzt auch mit dem Ukrainekrieg hat sich das auch nochmal ausgeweitet auf andere, auf neue Zielgruppen,
nämlich vor allem radikale Pro-Russland-Aktivisten, Aktivistinnen, die dann auch immer mehr hineingezogen wurden.
Und es geht in dem Buch nicht nur um QAnon, aber QAnon ist ein Beispiel dafür,
wie diese Radikalisierung von wirklich Massen von Menschen stattgefunden hat.
Und ich möchte auch ganz vorweg sagen, dass es natürlich trotzdem ein Spektrum ist.
Also ich spreche von der Radikalisierung, da gibt es auch das Moderate, eher moderate Ende,
Menschen, die vielleicht anfällig sind für Radikalisierung oder für diese Ideologien,
aber nicht gleichgesetzt werden können mit den Menschen, die schon ganz am Ende angekommen sind eines Radikalisierungsprozesses,
vielleicht sogar Gewalt befürworten, auf jeden Fall antidemokratische Einstellungen befürworten
und teilweise wirklich absurde Verschwörungsmythen, absurde Verschwörungsmythen glauben,
wie zum Beispiel, dass alle in der Politik Reptilien sind
oder dass wir alle, alle die sich impfen haben lassen, hybride sind
und dass die Weltbevölkerung einer globalen Überwachung unterzogen werden soll
oder dass es Satanisten, dass die Eliten, die sogenannten globalen Eliten,
Satanisten sind, die das Blut von jungen Kindern trinken, um jung zu bleiben.
Das sind dann schon sehr extreme Ausprägungen davon.
Aber es gibt natürlich ein gesamtes Spektrum und das hat mich auch in diesem Buch
sehr stark, also aus Forschungsperspektive auch sehr stark interessiert,
wie sich diese Koalitionen auch gebildet haben
und eben Menschen, die ursprünglich nicht radikal waren, immer mehr auch in diese Ecken,
immer mehr auch dahinein gerutscht sind.
Ich meine, es war ja so, dass wir uns immer gedacht haben, okay, die Leute, die glauben,
das sind Buckingham Palace, die Mitglieder der königlichen Familie nur Reptiluiten sind,
dass das halt ein paar Narische sind, die irgendwo an der Straßenecke stehen
und irgendwelche Plakate halten.
Jetzt, wenn man sich aber die Umfragen anschaut, zum Beispiel zu Amerika,
das fand ich dann schon also sehr beeindruckend, dass da herausgefunden wurde,
dass 16 Prozent, also jeder achte ungefähr, glauben, dass die US-Administration
aus Bedoufilen besteht, die von Satan regiert werden, kontrolliert werden.
Mit 16 Prozent, also das ist jetzt nicht neuer Straßenecke, Echokammer.
Und wenn wir uns erinnern, wie wir am 6. Jänner 2021 zu Hause,
gerade so ein bisschen, wahrscheinlich alle auf 6. Jänner,
ist man so ein bisschen nach den Weihnachtsfeiertagen noch ganz gemütlich drauf
und trinkt noch ein Gläschen und plötzlich haben wir im Fernsehen gesehen,
dass sich da ein wild geworbener Mob beginnt, zusammen zu roten
und das Kapitol zu stürmen.
Damit war eigentlich klar, dass diese Radikalisierung nicht mehr nur theoretisch darüber diskutiert,
dass man die Eliten-Institutionen stürmen muss, sondern das tatsächlich tut.
Ja, das war für mich auch ein Wendepunkt.
Also ich hatte schon davor begonnen, das Buch zu schreiben,
aber ich habe dann auch vor allem begonnen, mit diesen Dynamiken näher zu beschäftigen,
die diese Randalierer beim Sturm auf das US-Kapitol motiviert haben.
Und das Interessante ist ja, dass es auch hier wieder Parallelen
im deutschsprachigen Raum gibt und auf internationaler Ebene.
Dass schon Monate davor ein Versuch gestartet wurde, den Reichstag zu stürmen,
also im August 2020 und dann auch einige Monate nach dem Sturm auf das US-Kapitol
ein Versuch, das neuseeländische Parlament zu stürmen,
dann hatten wir natürlich auch von nicht allzu langer Zeit einen Versuch in Brasilien,
der auch, wo es überall bei all diesen Vorfällen sehr ähnliche Slogans gab,
sehr ähnliche Symbole, das Symbol Q,
dass wir auch hier in Österreich immer wieder zu sehen bekommen bei Protesten
und auch diese Sprache und dieses Verschwörungsmythos von QAnon,
das sehr stark präsent war.
Und es haben auch Studien gezeigt, der Universität of Chicago,
dass QAnon eine der Hauptideologien waren, die diesen Sturm auf das Kapitol motiviert haben.
Die andere war der große Austausch.
Auch diese Ideologie haben wir hier in Österreich natürlich mit der identitären Bewegung
oder der größeren neuen Rechten sehr präsent vorhanden oder ist sehr stark.
Auch bei uns ein potentielles Problem, was die Radikalisierung betrifft.
Und ich habe mir für das Buch dann auch die Online-Chat-Verläufe angeschaut.
Also ich habe es geschafft, innerhalb dieser Chatgruppen,
die auch teilweise sich mobilisiert haben im Vorfeld vom Sturm auf das US-Kapitol hier Einblicke zu bekommen,
in was diese Menschen, wie die Menschen davor kommuniziert haben,
also auch die Organisatoren, die hinter diesem Sturm auf das Kapitol stecken.
Und da war es sehr viel herauszulesen, auch auf sozialer Ebene,
dass es auch sehr stark um diese neue Form der Gruppenzugehörigkeit ging
und auch darum natürlich, das war im Mitten der Lockdowns, mal sich persönlich zu treffen.
Es waren alle ganz aufgeregt, dass sie sich jetzt persönlich da auf eine Reise nach Washington,
die sie begeben.
Die sind ja aus allen Teilen aus den USA angereist zum Teil.
Und auch ihren Ärger und ihre Wut in die reale Welt zu tragen
und hier einen tatsächlichen Einfluss zu haben und sich nicht nur auf das Netz
oder die sozialen Medien limitiert.
Ich meine, das ist sehr beeindruckend in dem Kapitel, wo du das beschreibst,
wie die während des Sturms auf das Kapitol, also wir sozusagen alle vom Fernseher uns das angeschaut haben,
warst du in den Chat-Booms unterwegs und hast gesehen, wie die sich während des Sturms auch noch radikalisiert haben.
Kannst du das ein bisschen beschreiben, damit man das versteht, wie du dich da auch bewegst in diesen Gruppen
und wie man sich das vorstellen soll, dass du da überhaupt teilnehmen kannst,
weil das ist ja für alle normalen Konsumentinnen und Konsumenten des Internets gar nicht machbar oder vorstellbar.
Ja, es sind natürlich geschlossene Gruppen gewesen, also vor allem Gruppen auf Discord,
teilweise gab es auch Gruppen auf anderen Plattformen, aber es war zu spüren,
dass es hier sehr stark eine Verbreitung von Hass auf Politiker, also das Nancy Pelosi,
wurde immer wieder genannt, es wurde zu Mord an Nancy Pelosi aufgerufen
und sehr stark Gewalt, also Gewaltmotivationen waren extrem stark erkennbar
und auch Aufrufe zu Mord und Gewalt an diesen Politikern, die als die Feinde gezeichnet wurden.
Das hat sich auch während, also während sich das Ganze abgespielt hat im Kapitol,
war es interessant, das mit dem, was sich in den Online-Kanänen abgespielt hat, zu kombinieren.
Das habe ich auch in diesem Kapitel versucht, diese Online-Welt mit der Offline-Welt gleichzusetzen.
Es haben sogar einzelne Randalierer, dann in der Zwischenzeit, als sie irgendwie in diesem,
es waren ja solche Massen auch da, die dann mit der Polizei oder mit den Sicherheitskräften vor Ort
aneinandergeraten sind, dass es zu großen Staus kam und die auch nicht mehr wussten,
in welche Richtung sie gehen sollen. Und da haben auch sehr viele dann hinein in die Gruppen gepostet
in der Zeit, die vor Ort waren. Das war natürlich ganz interessant,
dass auch als fast schon live Berichterstattung natürlich von den Trump-Sympathisanten,
von den Randalierern zu erleben, wieder die Kommunikation ablieft.
Und da hat man auch in realzeit sehen können, wie sich diese Menschen immer mehr wechselseitig
aufstacheln zu Gewalt und immer mehr ein Übermut oder eine Art von Enthusiasmus entsteht.
Sie können jetzt wirklich riesigen politischen Wandel erzeugen, wenn sie schaffen, das Kapitol zu stürmen.
Also der Anspruch, eben ganz grundlegende demokratische Institutionen zu attackieren
und ganz radikale Veränderungen zu bewirken, der war auf jeden Fall gegeben.
Und wie funktioniert es, dass du in diese Echokamern überall reinkommst?
Wie ist deine Arbeitsweise, die das möglich macht?
Ich mache ja schon sehr lange, schon seit mittlerweile sieben Jahren, verdeckt die Recherchen.
Also ich habe das auch schon von meinem Erstesbuch, schon wahrscheinlich 2016 damit begonnen.
Ursprünglich eher in die IS und schihadistische Kanäle, dann habe ich mich auch immer mehr
auf die rechtsextremistischen und Verschwörungsmythos Kanäle fokussiert.
Und es hat eigentlich immer damit begonnen, dass ich Online-Identitäten anlege.
Also in den unterschiedlichen sozialen Medien, die von den einschlägigen Gruppen verwendet werden,
dass ich hier glaubhafte Profile erstelle und die über einen Zeitraum lang aufbaue,
da muss man natürlich, also ich habe es immer versucht, die Balance zu halten zwischen
ich will nicht noch mehr, ich will nicht radikales Gedankengut verbreiten,
aber ich muss glaubwürdig genug sein, damit man sieht, dass ich eventuell sympathisiere
und eventuell rekrutiert werden könnte.
Und dann ist es ganz unterschiedlich, je nach Gruppe manchmal habe ich proaktiv mich an die Gruppen gewandt
und hier versucht, rekrutiert zu werden, beziehungsweise aufgenommen, also im Aufnahmeprozess zu bestehen.
Mittlerweile sind auch die Gruppen, es hat sich sehr stark verändert im Laufe der letzten Jahre,
sind sie viel misstrauischer geworden, was neue Mitglieder betrifft.
Weil natürlich mehr Journalistinnen, mehr Forscherinnen, auch die Sicherheitsbehörden
teilweise in diesen Gruppen drin sind und da ist ein großes Bewusstsein,
dafür da, dass man Aufnahmeprozesse braucht, wo man auch wirklich beweisen muss,
also man muss teilweise Fragebögen ausfüllen und beweisen muss, dass man thematisch versteht,
worum es geht, dass man die Kultur versteht und die Insiderbegriffe kennt,
dass man Teil der Community ist.
Manchmal ging es auch darum, Backgroundchecks durchzuführen,
also da muss man dann wirklich sehr glaubhafte Accounts haben.
Ich habe auch sogar eine Website erstellt für eine Undercover Identität speziell,
die sich als Free Speech Warrior, also so im Sinne der Meinungsfreiheit,
als es eigentlich so Citizen Journalist, also so Bürgerjournalistin, inszeniert hat
und habe ein falsches LinkedIn Profil kreiert, um glaubwürdig zu sein.
Auf LinkedIn muss man sagen, da ist es sehr leicht, ein Fake Profil zu erstellen,
weil einen da jeder annimmt, egal was man da in die Taglern schreibt.
Das habe ich das Gefühl, dass jeder die Kontakte im professionellen Netzwerk machen will.
Deswegen war das relativ einfach.
Aber das kostet natürlich wahnsinnig viel Zeit erstmal, aber auch Kraft,
weil man dann in politischen Kreisen verkehrt, wo man Bauchweh hat
oder wo man auch sich denkt, was da an, gerade so in den Kreisen,
wo in den ersten Echo kam man mit den Islamisten, also da ist man als westeuropäische Feministin
wahrscheinlich auch schwer, das glaubwürdig darzustellen,
überhaupt auch in den Diskurs einsteigen zu können, oder?
Auf jeden Fall in den islamistischen Kanälen war es auch so, ich spreche kein Arabisch
und ich war auch nur in den europäischen Gruppen, also die, die sich auf Französisch
oder Deutsch oder Englisch unterhalten haben und konnte da zumindest glaubwürdig genug sein,
aber sie nehmen natürlich auch Menschen auf mit nicht islamischem oder nicht naöstlichen
oder arabischem Hintergrund. Also das war ein Vorteil, dass sie hier auch offen sind,
im Gegensatz zu den Rechtsextremisten, die weniger offen werden für Menschen,
die nicht europäisch sind oder keine weiße Hautfarbe haben usw.
Also da ist es, die sind eigentlich fast noch exklusiver, da war es in den islamistischen Kanälen anders,
da haben sie z.B. getestet, ob man zu Weihnachten eh erreichbar ist
und nicht eventuell christlich sein könnte oder Weihnachten feiert.
Also das heißt, da musste man dafür zeigen, dass man hier auch online ist.
Also nichts mit Weihnachtsbaum und Dings und Familienessen, sondern...
Doch, schon was.
Ja, aber schwierig eben, weil wenn du verschiedene dieser Profile gleichzeitig auch betreibst,
dass man das nicht durcheinanderbringt, ob man jetzt gerade versucht den Robotimisten zu gefallen
oder den islamisten oder irgendwie so verschiedene Dings ist das,
kannst du das dann in verschiedene Abteilungen einpacken und trotzdem dein Leben führen?
Ja, aber es ist teilweise schon schwer in der Rolle zu bleiben, vor allem wenn es offline ist.
Es war schon teilweise schwierig, die Identitäten voneinander zu trennen,
aber ich mache das ja ohnehin in meiner Forschung,
dass ich mich mit diesen unterschiedlichen Extremismus oder Phänomenbereichen beschäftige.
Das heißt, ich bin auch schon sehr drin, was die Sprache betrifft, was die Insider symbolik betrifft und so weiter.
Und da kennen auch sehr schnell kleine Hints oder kleine Signale,
die auf eine gewisse ideologische Richtung hindeuten können.
Also z.B. auch bei Querdenker-Protesten,
wo man nicht sofort unterscheiden konnte, wer läuft da jetzt nur mit,
wer ist vielleicht nur einfach ein Familienvater,
eine Familienmutter, die besorgt ist um die eigenen Kinder
und wer ist wirklich schon sehr radikal und tief drin in diesen Verschwörungsmythen.
Also da war es hilfreich, auch dieses Hintergrundwissen zu haben,
was sage ich zu welchen Menschen, in welchem Moment?
Also das bewahrte ich vielleicht auch davor, sehr emotional zu reagieren,
wenn du das auch als Forscherin, als Wissenschaftlerin sehen kannst
und eine gewisse Distanz dann auch hast.
Ja, ich denke auch, also es ist fast so, dass wenn man zu sehr diesen Inhalten ausgesetzt ist
und das zeigen auch Studien, also radikalen Inhalten über einen Zeitraum ausgesetzt ist,
dann beginnen auch chronische Trauma-Erfahrungen zu wirken
und das bedeutet auch, dass man teilweise abstumpft.
Also wir haben auch psychologische Betreuung beim Institut für das ich arbeite,
weil das ein großer, ein schon auch, also auf psychologischer Ebene Effekte haben kann.
Aber ein Effekt ist auch, dass man sich distanziert davon emotional.
Und ja, das war auf jeden Fall der Fall
und ich hatte auch immer das Grundziel vor Augen, dass ich ja, ich will Informationen,
also mein Ziel auch bei den Büchern ist es Einblicke zu geben,
die eventuell bei Präventionsmaßnahmen helfen können,
die Radikalisierung helfen können oder auch sogar teilweise Anschläge verhindern können
oder geplante Gewaltakte und so weiter oder Angriffe auf demokratische Institutionen.
Also ich habe auch immer alles weitergeleitet an die zuständigen Behörden,
wenn es wirklich zu einer Planung von solchen Taten kam
und zur Umsetzung der Worte in Taten.
Aber weil du die Querdenker erwähnt hast in Deutschland,
wo du beschreibst im Buch auch eine Szene vor der Frankfurter Ober,
wo eben gerade diese spezifisch deutsche und auch österreichische Mischung aus Impfgegnern,
die dann auch schon sich als provotinistische, so genannte Pazifisten,
wo sich das so plötzlich schon vermischt hat.
Und das ist natürlich schon ein ganz spezielles,
also ein bisschen anders als die amerikanische Tuenon-Szene.
Was sind da die Unterschiede?
Woran macht so das fest, wie dieser Diskurs dann auf diesen Demonstrationen auch abläuft?
Okay, mein Bumble-Date läuft gerade richtig gut, sonst bin ich ja echt verkopft.
Aber weißt du was?
Not this time.
Mein Intuition sagt mir, lass dich drauf ein.
Vertraue dein Bauchgefühl.
Go with the flow.
Und dieses Mal werde ich auf mein Intuition hören.
Für etwas Neues.
Oder für die Story.
Noch ein Drink?
Finde was da eins ist.
Auf Bumble.
Also die radikale pro Russland-Bewegung, die es im deutschsprachigen Raum gibt,
und da muss man natürlich differenzieren,
also manche haben auch eventuell Familie oder haben private Gründe,
aber die wirklich sehr radikalen Ausprägungen davon,
das gibt es in dieser Art und Weise im amerikanischen Raum und auch im britischen Raum nicht,
weil einfach die Verstrickungen auch mit Russland
und sowohl auf wirtschaftlicher Ebene als auch auf politischer Ebene in Österreich
und in Deutschland schon ein Spezialfall sind.
Also schon deutlich stärker vorhanden sind.
Und auch die Informationslandschaft viel mehr von pro-Russischen Einschlüssen geprägt ist.
Also die russischen Staatsmedien, RT, Deutsch und Sputnik
haben seit Jahren auch schon lange vor, lange vor im Ukrainekrieg und lange vor Covid,
haben die auch schon sehr stark Stimmung gemacht im deutschsprachigen Raum,
haben auch versucht, ihre Informationen oder ihre Desinformationen teilweise
an das deutschsprachige Publikum zu bringen, das als strategisch sehr wertvoll gesehen wird.
Und das war ganz interessant auch bei diesem Prósland-Demo, auf der ich war,
dass sich das jetzt immer mehr vermischt hat auch mit der Querdenkerszene.
Das war in Frankfurt in dem Fall, es gab da ja sehr extreme Fälle,
von denen auch medial berichtet wurde in Berlin am Wochenende davor,
gab es auch wirklich also fast Ausschreitungen dort.
Man hat gesehen, dass sich gerade so diese Verschwörungsmythos-Communities
und die Querdenkerszene dann mehr auf den Ukrainekrieg verlagert haben.
Ich würde aber auch sagen, dass selbst Impfgegnenschaft ein Thema ist,
das auch im deutschsprachigen Raum ganz anders zu sehen ist als im englischsprachigen Raum.
Also dass es hier eine viel größere und breitere Masse der Bevölkerung gibt,
die das ganze Spektrum abdeckt von vielleicht skeptisch, leicht skeptisch,
gegen Impfungen eingestellt, bis hin zu sehr extrem und an Verschwörungsmythen glaubend.
So einen großen Teil der Bevölkerung gibt es in Großbritannien oder auch in den USA nicht.
In den USA wahrscheinlich immer mehr aufgrund der Einflüsse von QAnon.
Also in London haben wir ja gesehen, dass es gab schon so kleinere Demos und Proteste,
was das Impfen betroffen hat, aber mir kam immer vor, dass die Regierung dort,
die ja bekanntlich unter Boris Johnson sehr viel, sehr falsch gemacht hat,
das einzige, was in diesem Diskurs und das Impfen mir gut vorgekommen ist,
war, dass man betont hat, dass es eine Freiheit ist, sich impfen zu lassen.
Während hier es ein bisschen so gelaufen ist, dass viele Leute das Gefühl gehabt haben,
sie werden gezwungen, irgendwas zu machen.
Also es war in England natürlich schon auch so, dass der Lockdown hat,
alle haben ein bisschen einen Lauch zu ausgesessen und es war aus.
Aber beim Impfen, was ja das eigentliche Thema dann auch hier war,
wo das so auch wirklich heiß gelaufen ist,
das wurde in England eher so als Freiheit gesehen
und auch als Privileg, dass man sich sozusagen schützen kann,
während sich das hier ein bisschen anders dargestellt hat.
Woran liegt das?
Ist das ein kulturelles Unterschied in den Gesellschaften?
Ich denke, es ist zum einen ein kultureller Unterschied
und hier war auch die Impf-Skeptiker-Landschaft, wie gesagt,
auch schon vorher deutlich stärker ausgeprägt.
Ja, aber es ist schon auch eine Frage der Kommunikation auf politischer Ebene
und natürlich auch von, also die Gesundheitsbehörde in Großbritannien,
die NHS, hat schon wirklich sehr gut kommuniziert zu Zeiten der Pandemie
und da hat man auch wirklich gemerkt, die Menschen haben jeden Abend ja applaudiert
für die Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten,
was für ein Opfer die auch bringen
und hat gemerkt, was das trotz allem auch gemacht hat mit der Bevölkerung
auch im Sinne von, man nimmt die Impfungen an, um auch ihnen das Leid
und diese schwere Arbeit zu ersparen
und man hatte also gefühlt eine viel konsistentere Kommunikationsstrategie
auf politischer Ebene oder generell in Großbritannien,
als es hier in Österreich und auch in Deutschland war,
dass alles viel mehr eine sehr inkonsistente Kommunikation,
die teilweise von Tag 1 bis Tag 5 sich in eine andere Richtung verwandelt hat
und wo auch natürlich unterschiedliche Parteien
ganz unterschiedliche Standpunkte vertreten haben.
Keine einzige Partei, also meines Wissens nach in Großbritannien
vertritt Impfgegner, Ideen oder sogar Verschwörungsmythen,
die damit teilweise einhergehen.
Das war schon interessant, dass wir gerade in Österreich
doch im Freundeskreis, oft auch in der Familie,
das es Leute gegeben hat, die eben beim Impfen plötzlich gesagt haben,
dass ihnen das unangenehm ist
und das kommt natürlich schon auch aus einer,
durchaus auch progressiven Haltung,
dass man nicht einfach irgendwas annimmt,
was irgendwelche Pharmakonzerne unbedingt einem erzählen.
Also war das auch eine Kommunikationsgeschichte,
die hier auch anders gelaufen ist,
auch eine andere Tradition,
wie man sich mit Autoritäten auseinandersetzt?
Ja, und es wurden die Ängste natürlich,
die teilweise auch legitim waren,
also Ängste kann man ja nie abwerten,
die sind immer eigentlich legitim,
Ängste wurden nicht genug aufgegriffen
und wurden nicht genug thematisiert in der Politik.
Und ich denke, das hat ein Vakuum hinterlassen,
das dann leider von Extremisten und von Verschwörungsmythen
gefüllt werden konnte.
Also das war ein schon auf jeden Fall,
wo die Politik nicht ausreichend getan hat,
um auch diesen Ängsten entgegenzuarbeiten
und teilweise ist damit auch eine Skepsis gegenüber
nicht nur der Politik,
sondern auch der etablierten Medienlandschaft
und sogar der Wissenschaft entstanden,
die, würde ich sagen,
sehr, sehr schwer nur reversibel ist, wenn überhaupt.
Und das ist ein Langzeitschaden,
den die Covid-Pandemie hinterlässt,
selbst nachdem die Pandemie vorbei ist,
wird uns das noch weiterhin verfolgen.
Also die Ausbreitung von Falschinformationen
und Verschwörungsmythen in der Gesellschaft.
Das ist eben das große Thema,
das du auch versuchst, zu behandeln.
Und da bist du natürlich auch nicht die einzige,
wie man jetzt mit diesen radikalisierten Menschen
im Internet, aber auch eben inzwischen in der Realität,
bei Demonstrationen, wenn das gewalttätig wird,
aber wie man sieht am Sturm aufs Kapitol,
dass das auch sozusagen institutionsbedrohend werden kann,
wie man damit umgeht und was man tun kann,
um die wieder einzufangen.
Das ist jetzt einmal ein Maßnahmenkatalog,
den ihr da im Institut für Strategic Dialog entwickelt habt,
der sich an die Regierungen richtet,
aber auch an uns alle natürlich,
weil man auch lernen kann,
wie man mit diesen Bedrohungen umgeht
und wie man versuchen kann, auch im Diskurs mit Leuten,
gewisse Sachen, die man selber verstanden hat
über dieses Phänomen, das auch zu drehen,
wie in der Diskussion mit Freunden
oder im Internet umgegangen werden kann.
Deswegen wollte ich noch mal darauf zurückkommen,
auch auf deine Doktorarbeit,
weil das ein sehr interessantes Phänomen ist,
dass man die Identitätsfusion,
um das ein bisschen zu erklären, wollte ich dich bitten,
was du damit meinst,
dass also sozusagen eine Identität eines Einzelnen
in einer Gruppe aufgeht
und so stark aufgeht,
dass sich der Einzelne so damit identifiziert,
dass man bereit ist, mitzugehen,
auch wenn da vollkommen eine Quatsch
oder radikale Blödsinn verzapft wird,
der eine dazu bringt,
dass man plötzlich in ein zipeloses Büro eintrinkt.
Als verantwortlicher Staatsbürger und Staatsbürgerin
würde man das ja nicht jeden Tag tun.
Das ist das, was man mit diesen Identitätsfusionen interessiert.
Das würde mich interessieren,
wenn du das noch ein bisschen erklären kannst.
Aus sozial-psychologischer Perspektive
gibt es zwei unterschiedliche Formen
von Gruppenzugehörigkeit,
die manchmal sehr oft sogar zusammen auftreten,
manchmal aber auch getrennt voneinander.
Das eine ist die Identifikation mit der Gruppe
auf ideologischer Ebene,
was noch nicht notwendigerweise zu einer Gewaltbereitschaft führt.
Das ist rein ideologisch
das wiederholten Ausgesetztsein
von einschlägigen Inhalten,
die in der Gruppe als Normen gesehen werden
oder als akzeptabel gesehen werden.
Also das typische Brainwashing in Wirklichkeit.
Die andere Form der Gruppenzugehörigkeit
ist Identitätsfusion,
die viel tiefer auf emotionaler Ebene
und auf Identitätsebene wirkt.
Das ist das,
wenn die persönliche Identität
komplett mit der Gruppenidentität zu einem wird,
also equivalent wird.
Da gibt es in der Forschung schon diverse Studien,
die zeigen in unterschiedlichen Kontexten,
zeigen, dass Menschen,
die so fusionierte Identitäten mit der Gruppe haben,
viel eher bereit sind,
sich also gewaltvoll für die Gruppe aufzuopfern.
Also zum Beispiel zu Terrorzugreifen,
zu Terroranschlägen oder mehr Thürakten,
also sich wenn die Gruppe,
da muss noch ein Wende dazukommen,
also es gibt noch andere Komponenten,
die dazukommen müssen.
Das ist vor allem, wenn die Gruppe
existenziell bedroht wahrgenommen wird.
Wenn es also eine existenzielle Bedrohung
von einem wahrgenommenen Feind gibt,
von einer demonisierten und oft auch
entmenschlichen Außengruppe.
Das sind so die Formel,
die ich auch in meinem PhD immer wieder gefunden habe
und die statistisch relevant ist
in den alten Terrormanifesten,
die ich mir in meiner Forschung angeschaut habe,
von Anders Breivik,
also ich bin zehn Jahre zurückgegangen,
habe 1000, also gut,
jetzt zu Beginn meines PhDs zehn Jahre zurückgegangen,
habe 2011 mit
dem Anschlag von Anders Breivik begonnen
und habe alle Manifeste,
die dann in tatsächlichen Anschlägen
resultiert sind,
habe ich mir angeschaut
und analysiert auf sprachlicher Ebene
und eben auf psychologischer Ebene.
Und das war so das Grundmuster,
war immer, dass es Identitätsfusionen
sehr stark gab
bei diesen Menschen im Zusammenhang
mit einer existenziellen Bedrohung,
einer wahrgenommenen Bedrohung
für die eigene Gruppe.
Was sehr interessant war für mich
in dieser Frage der Identitätsfusion,
das ist natürlich auch,
wenn es jetzt um existenzielle Bedrohungen geht,
wenn man das zum Beispiel jetzt
sich anschaut in der Szene
der Aktivistinnen und Aktivisten
gegen den Klimawandel
und gegen die Klimakatastrophe mehr zu tun,
das dort natürlich auch
eine einzelne Person wie Greta Thunberg
überhaupt gezeigt hat,
wie man eine Massenbewegung bründen kann
als einzelne,
wenn man auch diesen sozusagen
starken Glauben an
eine existenzielle Bedrohung vermitteln kann.
Und da ist aber genau
der springende Punkt,
was der Unterschied dann ist,
warum erstens
Leute sich radikalisieren
und auch gewaltbereit werden
und warum das zum Beispiel
bei der Klimabewegung
bei QAnon.
Was ist der Unterschied?
Ich habe jetzt tatsächlich im Vergleich
auch politische Manifeste,
sowohl radikale als auch moderate angeschaut
und darunter auch zum Beispiel
Reden von Greta Thunberg,
also auch Hauses on Fire,
was eigentlich auch aus Manifest gesehen werden kann
und auch zum Beispiel
I Have a Dream
von Martin Dota King Jr.
und da war es schon interessant zu sehen,
dass sie eigentlich die existenzielle Bedrohung
des Abstraktes,
also nicht von einer klaren Feinkruppe ausgehend
gesehen haben,
was auf die gesamte Menschheit einwirkt.
Also wo die Eigengruppe eigentlich
wir Menschen sind.
Und das ist schon ein gravierender Unterschied.
Vor allem in der Sprache von Greta Thunberg
sieht man das sehr stark.
Sie sieht ja diese Bedrohung des Klimawandels,
die eben nicht,
wo es nicht eine Personifizierung
dieser Bedrohung gibt,
sondern die trotzdem noch auf abstrakter Ebene
bedroht.
Also da findet die Identitätsfusion
nicht in diesem Sinne.
Was schon, was eher sein kann,
ist, dass es zu einem sich selbst
aufopfern für die gesamte Gruppe kommt.
Also eher im Sinne von
wahrscheinlich eher sowas wie
und das merkt man schon,
dass die Aktivisten bereit sind,
auch wirklich selbst, also wenn man sich da
Superkleber drauf gibt, ich weiß nicht, ob das schon mal
irgendwer hier in dem Raum gemacht hat, aber das ist ja schon,
das ist schon auch ein sich aufopfern
Form, also schmerzhaft.
Aber es ist
gewaltfrei.
Es ist sozusagen vielleicht nicht angedämmt für einen selber,
aber es ist gewaltfrei.
Und das, was ich interessant finde
bei dieser,
dass es ein universelles Konzept ist,
das Greta Thunberg an und das niemanden ausschliesst,
sondern die gesamte Menschheit
einbezieht, während
bei rechtsradikalen Gruppierungen
dann sozusagen eine Abgrenzung
zwischen den verschiedenen Gruppen.
Genau, ja.
Und das kommt auch genauso dann,
also zeichnet sich auch in der Sprache ab
und zeichnet sich auch in den Taten ab,
zumindest so wie ich auch die
diese Manifeste analysiert habe
und die Folgen und Konsequenzen davon.
Das ist glaube ich nämlich auch ganz wichtig,
weil man diskutiert über die Gefährlichkeit
von Bewegungen, dass wir
gerade im letzten Winter hatten wir also
sehr viel Kritik an den Klima-Klebern
und Kleberinnen und da habe ich
eben den Eindruck gehabt, die Leute
weil vielleicht man immer Angst hat,
wenn so eine Bewegung entsteht, dass es sich
radikalisiert und das aber das Konzept,
das die angewendet haben, ja immer darauf
bezogen war, dass man sich nicht
abgrenzt von einer Bevölkerungsgruppe,
wie das oft der Fall war in Bewegungen,
die auf die Straße gegangen sind,
sondern dass es darum ging,
den gesamten Globus zu retten.
Also das, finde ich, sollte man schon auch immer
ein bisschen im Auge behalten.
Aber bei dem, was du
in dem Maßnahmenkatalog gesagt hast,
eine Sache, die mir da auch viel,
die auch interessant zu erklären ist,
die sich eben aus diesen
Identitätsfusionen
speist, ist, dass man,
wenn man verstehen will, wie diese
Radikalisierung funktioniert,
dass man dann, wie du vorschlägst,
ein Mengendiagramm
des extremistischen Ökosystems
zeichnet, um das zu verdeutlichen,
wo sich die verschiedenen Echokammern
überladen.
Kannst du das erklären, wie man das
findet?
Ja, also man sieht vor allem,
wenn man sich die anderen Räume anschaut,
ganz speziell in anderen Räumen,
man sieht zwar auch bei den Protesten
und bei dem, was sich dann offline abzeichnet,
sieht man, dass es starke Überlappungen gibt
zwischen den unterschiedlichen radikalen Gruppierungen.
Ich habe mir sogar die Überlappungen
im ersten Buch zwischen islamistischer
Szene und rechtsextremer Szene angeschaut,
was ja komplett kontraintuitiv ist,
aber selbst da gibt es Überlappungen,
vor allem im Antisemitismus
in diesen neueren Formen von Radikalismus,
also gerade
Querdenker Szene,
QAnon
und auch die radikale pro- russische Bewegung.
Da gibt es ja starke Überlappungen
und auch
zum Beispiel
Frauenfeindlichkeit ist auch ein gutes Beispiel,
das ist oft ein Eingangstor
in eine fremden Feindlichkeit
und in einen weißen Nationalismus.
Also auch da gibt es
einen klaren Effekt
oder gibt es eine klare Überlappung
sowohl in den Online-Räumen,
das hat man auch bei der US-amerikanischen
Altrights sehr gut gesehen
und auch in den neuen Rechten
und die mittlerweile beide,
beide diese Bewegungen, die ich gerade erwähnt habe,
sind auch sehr stark,
überlappen sich auch sehr stark
mit Klimawandel-Leugnungskreisen zum Beispiel.
Also sowohl
diese weißen nationalistische neue Rechte
als auch
die weitere
grundlegendes Misstrauen
in alle Institutionen und in die Wissenschaft haben,
dass es hier zu einer
sehr starken Mobilisierung
einfach gegen den Status quo,
gegen die wissenschaftlichen Institutionen
und gegen
alle, die als mächtig empfunden werden.
Ich war auch, also ich habe mir auch
die Klimawandel-Leugner-Szene
zum Beispiel angeschaut,
war auch an der Cover bei einer Veranstaltung
bei einer größten Konferenz
im deutschsprachigen Raum
und sogar im europäischen Raum.
Es war eine internationale Konferenz
im deutschen Ort Gera
und dort bin ich
plötzlich auf einem Tisch
gesessen mit Identitären
und mit Neonazis, ohne das zu wollen.
Also ich wollte, mein Ziel war ja eigentlich
wirklich hier besser zu verstehen, was treibt die Menschen an,
die sich den Klimawandel
oder die Klimakrise leugnen
oder zumindest skeptisch gegenüber
dem eingestellt sind
und ich habe mich plötzlich wiedergefunden
mit der Echokammer von
Neurechten und Identitären
bis hin zu Neonazis.
Das hat mir auch diese Überlappungen gezeigt
und deswegen halte ich es für so wichtig,
besser zu verstehen, wie funktionieren
teilweise manche Gruppen auch
als Eingangstor in weitere
radikale Ideologien
und wie entwickeln sich Verschwörungsmythen
und greifen unterschiedliche Themen auf
und verbinden so auch,
werden auch zu einer viel größeren, mächtigeren Bewegung.
Auch QAnon, das hat man so
lautnah beobachten können, wie
diese QAnon-Bewegung
alles aufgegriffen hat, was der
Forschern an Verschwörungsmythen vorhanden war.
Ich weiß nicht, ob Sie schon mal
diese große Zeichnung oder Abbildung
von QAnon gesehen haben,
die alles abbildet.
Die versuchen ja, die Mondlandung,
die haben die Gruppen aufgegriffen,
die nicht an die Mondlandung glauben,
die vielleicht glauben,
dass Princes Diana Smart
unter ganz mysteriösen Umständen
stattgefunden hat
und hier Verschwörungsmythen darum spannen,
dann wahrscheinlich auch Verschwörungsmythen
rund um die Hollywood-Eliten,
auch welche zum Zweiten Weltkrieg,
also wo teilweise sogar der Holocaust
geleugnet wird oder verharmlost.
Das wurde jetzt kombiniert
mit ganz neuen Ideen, eben zum Coronavirus,
zur Impfstoffen, zur Pharmaindustrie.
Natürlich werden dann auch alte Mythen,
wie zum 9-Eleven, auch noch integriert
oder zur Finanz- und Wirtschaftskrise.
Also es ist einfach hochkomplex
und interessant zugleich, wie sie geschafft haben,
hier unterschiedliche
Menschen auch hineinzubringen,
die vielleicht davor an die eine oder andere
Verschwörungsidee geglaubt haben.
Das tun ja wirklich viele so aus wie 9-Eleven,
ist recht weit verbreitet.
Und da war leider
dann immer mehr auch diese Radikalisierung
in die anderen Verschwörungsecken
stattgefunden hat.
Das war auch die Gefahr, oder ist die Gefahr
vom QAnon und ist zugleich
aus Forschungsperspektive
und es war wichtig, das besser zu verstehen,
um dem auch entgegenwirken zu können.
Und was machen wir dann damit?
Also wenn wir jetzt wissen, wie das funktioniert,
wie sich diese Verschwörungen auch verbreiten,
kann man dann,
wo setzt man dann an,
um diesen Diskurs auch
vielleicht beeinflussen zu können?
Dann könnte man sehr gezielt
Interventionen starten
oder Präventionsprojekte, die sich
vor allem auch an diesen Eingangstoren
in den Extremismus orientieren.
Und wenn wir uns die Kulturen zusammenhängen,
dann können wir viel besser hier
ganz spezifisch ansetzen
und auch besser verstehen.
Was sind die psychologischen Bedürfnisse
in diesen unterschiedlichen Gruppen?
Warum widmen die sich jetzt
diesen Thema gerade?
Zum Beispiel die Frauenfeindlichkeit
zu verwenden.
Ich habe auch ein ganzes Kapitel zu
Incell, zu dieser online
Frauenfeindlichen,
zu diesem Mosaikon
männlichen Account.
Aber hier gibt es ganz tiefe Identitätskrisen,
die diese Menschen beschäftigt.
Ein ganz großer Selbsthass,
der sich auch sehr oft in Suizid zeigt
und gar nicht in Gewalt an anderen,
aber eben auch in eine andere Richtung ausschränken kann.
Und dann teilweise
von Extremisten,
gerade der weißen nationalistischen Bewegung,
ausgenutzt wird, um zu sagen,
eigentlich ist es ja so,
Feminismus ist nur deswegen
oder wir haben eigentlich so eine niedrige
Geburtsrate unter weißen Europäern,
also das ist dann die Aussage,
aufgrund der feministischen Politik
oder der liberalen Politik ganz allgemein,
das Gleiche findet auf Migrationsebene
statt, aufgrund der liberalen
Pro-Migrationsebene, ist auch die Geburtsrate
weiter gesunken. Die versuchen sehr stark
darauf einzugehen, also auch auf diesen
Anti-Feminismus
einzugehen, um dann die Ideen weiter
zu spannen.
Und das wird teilweise sehr strategisch,
ist sehr strategisch angelegt.
Man sollte schon viel früher verstehen,
wie diese Menschen in einzelnen
schon radikalen Communities,
teilweise aber auch Hobby-Communities
ausgenutzt und ausgebeutet werden können.
Und um das dann zu
beeinflussen in eine andere Richtung,
spricht man dann, das erwähnst du auch
in diesem Maßnahmenkatalog,
mit Influencerinnen und Influencern
oder macht man das selber
oder gibt es dann Regierungsprogramme,
die da irgendwie greifen könnten,
dass man in sozialen Medien
Dinge schaltet. Also das wird ja dann
oft eher klammseh und funktioniert
dann nicht, weil man das nicht von oben natürlich
steuern kann, so was, dass man sagt, oh
nein, also übrigens, also die Brunnen wurden
nicht vergiftet von den Juden,
schon im Mittelalter nicht zu Pestzeiten
und auch heute ist es nicht schwarz-schutz,
der sich dafür und so weiter.
Das ist ja nicht einfach, so einen Diskurs
dann gezielt zu verändern,
um sich gegen diese Radikalisierung
zu wenden.
Absolut, das ist
eben schwierig und kompliziert,
weil auch so viele emotionale
psychologische Bedürfnisse
mit Spielen, die auch ganz unterschiedlich
ausgeprägt sein können bei Individuen.
Aber was ich auf jeden Fall
sowohl aus der Forschung entnehmen kann,
also auch aus
meinen eigenen Erfahrungen,
auch beim Institut für Strategic Dialog
und unseren Deradikalisierungsprogrammen
ist, dass man an der psychologischen Ebene
ansetzen muss. Also dass man mit Fakten
nicht besonders weit kommt.
Deswegen würde ich dafür plädieren,
dass man sehr stark auch mit Psychologen
zusammenarbeitet, dass man auf
Präventionsebene generell die Themen
Psychologie und digitale Kompetenz
vielmehr miteinander verknüpft,
also im Bildungsbereich
und auch, dass
auch viel bessere
evidenzpassierte Politik
und auch Intervention passieren muss.
Wir haben leider gesehen,
dass in den letzten 10 Jahren
sehr viel an Deradikalisierungsprogrammen
und Maßnahmen immer wieder stattgefunden hat,
wo es gar keine
wirklich
robuste Beweis- oder Evidenzlage dafür gab,
ob das überhaupt funktioniert
oder eventuell sogar kontraproduktiv sein könnte.
Wir haben also zum Beispiel
auch beim Institut für Strategic Dialog
deswegen experimentelle
Forschung betrieben und versucht
zu verstehen, welche Ansätze sind
tatsächlich wirkungsvoll und können
Menschen deradikalisieren
oder zurückbringen aus Radikalenkreisen
und welche sind eher
entweder nicht effektiv
oder sind sogar kontraproduktiv.
Also zum Beispiel nennen,
für ein funktionierendes?
Ja, also wir haben unterschiedliche
mit unterschiedlichen
PädagogInnen zusammengearbeitet
und unterschiedlichen Interventions
Menschen, die Interventionsprogramme
anbieten, zum Beispiel
mit Aussteigern aus extremistischen
Kreisen und mit
auch mit PsychologInnen
und teilweise noch mit anderen Gruppen.
Aber was am effektivsten war,
war tatsächlich, also AussteigerInnen
waren besonders effektiv in der Kommunikation
und da kam es dann auch
genau darauf an, wie die Kommunikation
begonnen hat. Also
soll das jetzt eher informell sein
über ein Online-Chat
oder soll das schon
sehr formell oder
auf sehr höflicher
Ebene passieren. Und das ist
ganz interessant, weil da gibt es auch, ich weiß nicht,
die Details, aber da gibt es auf jeden Fall auch
Ergebnisse, wie man da am besten vorgeht,
um an unterschiedliche Menschen
auch am besten
heranzukommen bzw. dass sie es auch
am besten annehmen können.
Weil das ist das Wichtigste, das ist ja auch
in jeder
psychologischen
Betreuung so oder auch bei Psychotherapie,
wenn Menschen gar nicht,
überhaupt gar nicht teilnehmen wollen,
dann wird sehr wenig passieren,
weil sie dann auch gar nicht offen sind
oder für eine eventuelle
D-Radikalisierung.
Bildung, psychologische Betreuung
ist ganz sicher immer wichtig,
direkter Kontakt zu Leuten, wie du sagst von Leuten,
die auch selber das verstehen können,
weil sie selber radikalisiert waren
und jetzt versuchen sich da einzubringen,
um die D-Radikalisierung
zu befördern.
Aber ein ganz wichtiger Komplex,
der natürlich die ganze Welt jetzt bewegt,
der bei euch in dem
Maßnahmenkatalog auch vorkommt,
das Internet besser regulieren muss,
damit man
diese Bewegungen auch
erstens besser verstehen kann,
besser auch sehen kann, wo die hingehen
und auch einfach den Haas
reduziert, auf der auf die Leute
dann irgendwie ausgeschüttet wird,
gegen die sich
so ein Mob dann verschwört.
Da hat die EU
gerade auch einige Initiativen
gestartet, so wie den Digital Act
und versucht
in diesen Jahren, wo das im Grunde genommen
uns davonrennt, die Bewegung
und man mit Gesetzestexten
so mal auf EU-Eberne
bis man alle 27 Regionen dazu gebracht hat,
eine etwas so unterstützen,
eine Initiative dauert sie immer besonders lang,
aber siehst du das
eher optimistisch oder pessimistisch,
dass man das überhaupt schaffen kann,
dieses Beast, diese Wutmaschine
zu regulieren?
Also ich muss sagen,
ich bin ehrlich gesagt eher pessimistisch,
was es Plätze
unter Kontrolle bringen,
es ist
extrem schwer ausreichend
Regulierungen zu schaffen, auf internationaler
Ebene, weil
natürlich diese Firmen, diese Tech-Firmen
ja international sind, teilweise ihren Sitz
in den USA haben, und
man sehr leicht regionale Regulierungen
mit VPNs usw. umgehen kann,
worin gerade Extremisten besonders gut sind.
Deswegen ist es enorm schwierig,
dann kommen hinzu
Privatsphäre,
Schutzregulierungen, Maßnahmen,
die ja auch wichtig sind,
aber gerade die verschlüsselten Apps
betreffen, wo sehr viel kommuniziert wird
im Moment, also gerade
als rechtsextreme Gruppierungen betrifft
auch nach wie vor islamistische Gruppierungen,
und
natürlich ist der Digital Services Act
auf europäischer Ebene ein
erster Schritt, und ein gutes Zeichen
denke ich, es gibt auch
ähnliche Maßnahmen, also das Netz
Durchsuchungsgesetz war ja auch schon
ein erster Schritt in Deutschland oder
im deutschsprachigen Raum,
Hass entgegenzuwirken und Desinformationen
oder Online-Inhalten, die gewalt inspirieren
könnten, entgegenzuwirken,
aber all diese Regulierungen
betreffen vor allem die großen Tech-Firmen
und schließen eigentlich nicht die
kleineren, teilweise aber radikaleren
Plattformen mit ein. Es hat sich
eine ganze Online-Welt ergeben
aus alternativen
Tech-Plattformen und sozialen Medien,
wie zum Beispiel Gap, Parler
und Bitschüt und Odyssey,
die alle so alternativen sind
zu
die Alternativen sind zu YouTube,
zu Twitter und zu Facebook,
wobei es für Twitter mittlerweile keine Alternative
mehr braucht, weil mit Elon Musk
sehr viel rückgängig gemacht wurde, was
wir seit Jahren versucht haben,
zu erarbeiten. Also es wurden sehr viele
Accounts wieder aktiviert,
die davor schon geschlossen wurden,
weil sie Hass und teilweise sogar gewaltvolle
oder antisemitische Inhalte verbreitet haben.
Das
hat bewirkt, dass jetzt eine ganz neue
Hasswelle entstanden ist auf Twitter.
Auch insofern
bin ich leider eher auf der pessimistischen
Seite, was das betrifft,
weil man einfach nie einschätzen kann,
was neue Plattformen mit sich bringen,
was eventuell
neue CEOs mit sich bringen
und auch
natürlich, was die ganz neuen Technologien
noch an Herausforderungen bringen
werden. Also ChatGPT
und
ähnliche und auch Deepfakes
bringen ganz neue Herausforderungen,
sowohl auf der Desinformationsebene
und der Verbreitung von Verschwörungsmythen
als auch auf
der Rekrutierungs-
und Kommunikationsebene, was das an Vorteilen
für kleine extremistische Randgruppen
bietet, die dann
den Anschein erwecken können mit solchen
KI gesteuerten Bots zum Beispiel.
Sie werden viel größer
und auch einen viel größeren Einfluss haben können,
dass es
auf jeden Fall besorgungserregend
und auch da braucht es Regulierungsmaßnahmen,
die schon dem vorsteuern
und dem entgegenwirken, bevor es dazu kommt.
Das war die Extremismusforscherin
Julia Ebner im Gespräch mit
der Journalistin Tessa Shishkovitz
im Bruno Kreisgeforum
vom 12. Mai 2023.
Das Gespräch haben wir leicht gekürzt.
Für die Zusammenarbeit mit
dem Bruno Kreisgeforum bedanke ich mich
sehr herzlich. Julia Ebner
als Buch Massenradikalisierung
können Sie im Falter Buchversand bestellen.
Ich verabschiede mich von allen,
die uns auf UKW hören
im Freirad Tirol und auf Radio Agora
in Kärnten.
Wenn sich politikwissenschaftliche Forschung
und Aktualität überschneiden,
dann findet sich das mit Sicherheit.
Dann findet das mit Sicherheit
einen Niederschlag im Falter.
Ich empfehle euch ein Abonnent des Falters.
Alle Informationen dazu gibt es im Internet
in unserer Adresse
www.habo.falter.de
Ursula Wintrauer hat die Signale gestaltet
Philipp Dietrich betreut
die Audio-Technik im Falter
im Namen des gesamten Teams
verabschiede ich mich bis zur nächsten Folge.
Okay, mein Bumble-Date
läuft gerade richtig gut
sonst bin ich ja echt verkopft.
Aber weißt du was?
Not this time.
Mein Intuition sagt mir,
lass dich drauf ein,
vertraue dein Bauchgefühl.
Go with the flow!
Und dieses Mal werde ich auf mein Intuition hören
für etwas Neues
oder für die Story.
Noch ein Drink?
Finde was deins ist.
Auf Bumble!
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
Seit der Corona-Pandemie und dem Sturm auf das US-Kapitol sind Verschwörungtheorien zum Massenphänomen geworden. Extremismusforscherin Julia Ebner hat undercover recherchiert. Ein Gespräch mit Tessa Szyszkowitz im Bruno Kreisky Forum.
----------------------------------------
//WERBUNG//
F‑Secure Total bietet Sicherheit, Privatsphäre und Identitätsschutz im Internet – alles in einer einfachen App. Neukunden in Deutschland und Österreich bekommen F-Secure Total um 55 % günstiger - einfach den Code FALTER55 hier (f-secure.com) eingeben.
Hosted on Acast. See acast.com/privacy for more information.