11KM: der tagesschau-Podcast: Ein Jahr Meloni: Die gefährlichste Frau Europas?

tagesschau tagesschau 10/23/23 - Episode Page - 32m - PDF Transcript

Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Deutschland 24 Regierungen erlebt, Italien dagegen schon

67.

Doch so eine wie die aktuelle gab es noch nie.

Seit genau einem Jahr regiert Georgia Meloni für das Magazin Stern die gefährlichste

Frau Europas, ihre Partei populistisch, postfaschistisch und ziemlich weit rechts.

Wie hat sich Italien in den ersten zwölf Monaten unter Meloni verändert?

Oder hat das Amt die Populistin verändert?

Wir fragen Ingo Zamparoni, den ihr aus den Tagesthemen kennt.

Für seine ARD-Doku Mein Italien unter Meloni ist er durch die Heimat seines Vaters gereist

und hat es mit Familie und Freunden gesprochen.

Ihr hört 11 km der Tagesschau-Podcast mit mir, Hannes Kuns.

Ihr hört mich, wenn Victoria nicht kann.

Heute ist Montag, der 23. Oktober.

Bonjour No Ingo, wir freuen uns, dass du da bist.

Bonjour No.

Italien war für mich immer so ein Thema, das ich im Hinterkopf hatte und immer gedacht

habe, irgendwann würde ich auch gerne mal ein Film über Italien machen, und zwar so

wie ich es kenne und wie ich es kennengelernt habe, denn viele Deutsche sehen Italien

ja als das totale Sehnsuchts- und Urlaubsland und fahren da gerne hin, aber haben dann

oft mit der Politik oder mit dem, was passiert, nicht so viel am Hut.

Firmare die Immigration irregulare, weil die Nationen existen, wenn sie den Konfinement

anwenden.

Und auch für mich, ehrlich gesagt, ist manches sehr unverständlich gewesen und als dann

vor einem Jahr eben die Wahl so ausging und dann eben Giorgio Miloni an die Macht gekommen

ist mit einer Politikerin, die eben Wurzeln im Postfaschismus hat.

Da waren natürlich die Fragezeichen, die sowieso immer sehr groß sind mit Blick auf italienische

Politik, Stichwort Bellosconi oder ständig wechselnde Regierung, die waren natürlich

noch größer und dann war relativ klar, dass wir dann gesagt haben, okay, das ist das

Signal, das ist der Moment, wo wir sagen, da schauen wir mal genauer hin.

Genauer hinschauen, sagst du, indem du dich für diesen Film mit deiner italienischen Familie

und deinen Freunden getroffen hast.

Pronti!

Ciao!

Pronti!

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Wenn wir jetzt nochmal zurückschauen auf den Wahlkampf, den Georgia Meloni geführt hat,

wie und mit welchem Sound hat sie es denn geschafft, dieses Thema Migration für sich zu nutzen

und auch die Stimmung für sich zu nutzen?

Georgia Meloni war ja zuvor schon an einer Regierung beteiligt.

Unter Berlusconi war sie die jüngste Ministerin und da eben quasi war sie schon bekannt in

dem Sinne.

Aber war dann, seitdem sie dann 2014 sich abgespaltet hat von der Allianz der Nationale und dann

eben mit den Fratelli d'Italia gegründet hat, immer in der Opposition, reine Lehre.

Davor waren ja alle so mehr oder weniger an irgendeiner Regierung beteiligt, die Cinque

Estelle.

Aber jetzt auch ihre Koalitionspartner, Forza Italia, Lega Nord oder Lega, jetzt nur noch,

die ja quasi mit ihr jetzt regieren, haben da vorher unter Draghi auch schon regiert und

sich dann immer auch mehr oder weniger auf Kompromisse einlassen müssen und sie war

immer ganz klar reine Lehre, Opposition, absolute Forderungen und sehr krawallig auch

unterwegs.

Wir dürfen hier keinen mehr reinlassen, wir müssen uns um Italienerinnen und Italiener

zuerst, das kennen wir auch aus anderen Ländern, America First oder in Deutschland und ja,

damit hat sie gepunktet und konnte auch immer als sehr klar und als nicht wackelig erscheinen

bei den Wählerinnen und Wählern und ich glaube, dass viele dann auch desolutioniert waren

mit der bisherigen und den bisherigen Regierungen und dann gesagt haben, okay, dann warum nicht,

die Italiener sind da insgesamt ein bisschen weniger ideologisch, glaube ich, die sind

da sehr pragmatisch.

Was war denn ihre Botschaft?

Das ist auf jeden Fall innenpolitisch, wir müssen uns mehr kümmern, wir können ja das

Konzept fördern und fordern, aber dass es wieder weniger gefördert wird, sondern mehr

gefordert werden muss von den Menschen, also dass sie gesagt haben, wir müssen quasi uns

selber wieder am Schopf packen und aus dem Dreck ziehen, ob das funktioniert so, das

ist immer die große Frage, das ist immer dahingestellt, das ist immer so ein leicht dahingestelltes

Narrativ, man muss sich da nur in die Hände spucken und anpacken, das war, glaube ich,

der eine Punkt.

Und außenpolitisch?

Die eine Botschaft war natürlich, wir machen jetzt die Grenzen dicht, wir packen dieses

Problem Einwanderung und Migration an und das andere war, wir lassen uns nicht von Europa

über den Tisch ziehen, das ist ja dieses Narrativ, das ein Viktor Orban oder auch die Peace-Partei

in Polen sehr genutzt hat, um auch Stimmen zu fangen, auf Stimmungsfangen zu gehen sozusagen

und gesagt hat, wir müssen selber entscheiden, was für uns wichtig ist und nicht, was da

in Brüssel die Bürokraten entscheiden und ja, auf eine gewisse Weise hat das auch verfangen.

Hier schimpft Meloni auf einer Wahlkampfveranstaltung, die EU würde sich um alles kümmern, nur eben

nicht um die wichtigen Dinge, wie zum Beispiel eine Energiestrategie, sie hat also ganz schön

gewettert gegen die Europäische Union.

Absolut, ja, also wann hatte er dann die größten Bedenken, als sie dann die Wahl gewonnen hat,

was passiert denn jetzt, wenn Ungarn und Polen mehr oder weniger ausschären, das fällt

eine EU vielleicht noch aus, aber wenn Italien, eine der großen Volkswirtschaften, ein G7-Land,

ein Gründungsmitglied der Europäischen Union, wenn die jetzt quasi uns von der Stange gehen,

was für eine Zukunft hat dann Europa, was für einen Dominoeffekt kann das haben und

was passiert da, also da waren die Sorgenfalten gerade auch in Brüssel und in ganz Europa,

glaube ich, gewaltig nach dem Wahlsieg von Giorgio Meloni.

Und jetzt ein Jahr danach, was würdest du sagen, haben sich irgendwelche dieser Befürchtungen

bewahrheitet?

Ne, muss man sagen, haben sich nicht, zum Glück, es ist tatsächlich so, dass sich viele in

Italien auch gewundert haben und wundern, aber auch glaube ich in Europa, wie sehr Giorgio

Meloni dann den Krawallton zurückgeschraubt hat und sich auch sehr eingefügt hat in

gewisser Weise in die europäische Ordnung, die Unterstützung der Ukraine, da war sie

einer der stärksten Unterstützer nach wie vor seit Amtsübernahme oder auch die Sanktion

gegen Russland.

Man darf nicht vergessen, Berlusconi, ihr Koalitionspartner, der ist mittlerweile verstorben,

aber der war ein sehr enger Freund, aber bewunderer vielleicht in erster Linie von Putin und da

dachte man, okay, das könnte vielleicht ins Wanken geraten Pustekuchen, da ist überhaupt

nichts passiert in die Richtung und auch dieses gemeinsame Nachwägen in der Migrationsfrage

suchen.

Sie ist mit Ursula von der Leyen und Marc Grütte aus den Niederlanden nach Tunesien

gereist.

Sie hat diesen EU-Asylkompromiss, der jetzt gerade ausgedengelt wird, zwar vorangetrieben,

aber das war ja nicht so, dass sie Europa die Pistole auf die Brust gesetzt hat und

gesagt, so machen wir das jetzt, sondern das ist schon auch insgesamt europäischer

Konsens.

Auch die Bundesregierung geht plötzlich ein Kurs mit, der vor ein paar Jahren noch als

sehr, sehr negativ gesehen wurde und da hat sie sich sehr eingefügt und mein Vater sagte

in dem Film ja auch, wer die Kasse hat bestimmt.

Für mich im Moment ist der große Anker, der große Bruder, Europa und die haben immer

mehr das Sagen und im Moment, die haben die Kasse und das ist auch nur, wenn du die Kasse

hast, bestimmt auch in eine Familie das Prozedere.

Das ist natürlich ein großes, großes Argument, glaube ich, dass Italien sehr angewiesen ist,

erst mal auf den Haushaltstopf aus Brüssel auf die Gelder, aber dann der Corona-Hilfsfonds,

da ist eine Menge Geld, viele Milliarden eben auch für Italien vorgesehen gewesen

und das ist an Bedingungen geknüpft und die zu erfüllen, wir haben ja gesehen, was es

Polen gekostet hat an Strafzahlung oder zurückgehaltenen Geldern durch seinen Kurs und ich glaube,

das ist eine der Hauptgründe meiner Meinung nach, warum Italien sich da eher an die Regeln

hält.

Also, dass sie so kooperativ auftritt, sagst du, hat damit zu tun, dass sie abhängig ist

von EU-Geldern.

Wenn man das verkürzen möchte auf einen Punkt, ja, das ist sicherlich ein Respekt, der da

reinschlägt, das würde sie so wahrscheinlich nicht zugeben, aber ich denke, das hat damit

schon zu tun.

Oder hat sie sich vielleicht auch ein Stück weit verändert, gemäß Sicht oder einfach

vielleicht noch nicht ihr wahres Gesicht gezeigt?

Das ist die große Frage, auf Freunde von mir in Bologna, Stefania, die wir in dem Film

treffen, die sagen, die ist ein bisschen die Wölfin im Schafspelz und das kommt alles

vielleicht noch, wenn erst nochmal genug in verschiedenen Institutionen, dass alles

durchdrungen wurde von ihr und dann, dann werdet ihr euch noch wundern.

Probabilmente decidero di andare via, però l'abandonare la lotta non è una cosa che fa parte

di me.

Das mag sein und natürlich darf man sich jetzt, glaube ich, nicht einfach wieder schlafen

legen und sagen, ah, Italien, das passiert schon nix, das wird schon gut gehen.

Ich glaube, insgesamt aber ist es tatsächlich auch da der Aspekt, dass wenn man in der Opposition

ist und irgendwas fordert, da kann man dann laut und schrill tönen, aber wenn man dann

in der Regierungsverantwortung ist, dann ist es, glaube ich, da noch mal was anderes.

Da sind dann schon noch mehr Zwänge, die dann ein-einen fangen, so ein bisschen.

Sie tritt ja auch ganz anders auf als Matteo Zalvini zum Beispiel, ehemaliger Innenminister,

jetzt ihr Stellvertreter, der sehr populistisch und breitbeinig daherkommt.

Ist es vielleicht auch ein Stück weit Strategie, würdest du sagen?

Ich glaube schon, dass sie so ein bisschen mehr staatsmännisch oder staatsfrauisch,

wenn man so will, daherkommt.

Auch dieses, ich lass mal meine Minister vielleicht die schmutzige Arbeit machen und vielleicht

auch meine Parteikolleginnen und Kollegen vielleicht auch so ein paar Code words, also

eine Francesco Lulubrici da, ihr Schwager, muss man dazu auch sagen, der hat Meloni

Schwester geheiratet, aber der ist ihr Landwirtschaftsminister, der dann irgendwann im Frühjahr dann von

dieser Umvolkung oder dieses Austausch ist irgendwie schwadroniert hatte, was ja auch

so ein Code ist für viele Rechtspopulisten und dass sie sowas gar nicht in den Mund nimmt,

das braucht sie gar nicht, weil das ja ihre Leute so machen.

Das könnte auch ein Aspekt sein, dass sie sich da quasi ein bisschen zurückhält, staatsmännischer,

für all Italiener ansprechbar erscheinen will und das andere passiert aber durchaus schon.

Das ist natürlich, glaube ich, auch Teil dieser Strategie möglicherweise.

Okay, also wir halten fest, sie tritt auf europäischer Bühne zurückhaltender, kooperativer,

gemäßigter auf, als das viele befürchtet haben.

Wie ist es denn innenpolitisch?

Lass uns da vielleicht auch erst mal darauf schauen, wie es vor einem Jahr war, mit welchen

anderen Themen, also neben der Migration hat sie denn Stimmung gemacht und vor allem wie

hat sie es gemacht?

Vor allen Dingen mit Blick auf die Familienpolitik und auf was ist eine Familie.

Italien ist ja nach wie vor auch ein sehr konservatives Land, auch sehr katholisch geprägt

und dass so dieses klassische Vater-Mutter-Kind-Bild, das ideal ist und dass alles andere Leimutterschaft

und Adoptionsrechte von homosexuellen Paaren und sowas, das war so ein Aspekt, den sie

angegangen ist und wo sie dann echt auch ein paar Schritte wieder zurückgedreht hat,

das Rat.

Während sie außenpolitisch die Moderate gibt, schränkt sie im Inneren die Freiheit der

Medien ein, beschneidet die Rechte von Minderheiten und stellt beispielsweise die Elternschaft

gleichgeschlechtlicher Paare infrage.

Wir wollen eine Nation, in der es kein Skandal mehr ist, zu sagen, dass unabhängig von legitimen

Entscheidungen und Neigungen jedes Einzelnen, wer alle geboren sind, durch einen Mann und

eine Frau, eine Nation, in der es kein Tabume ist, zu sagen, dass es die Mutterschaft nicht

zu kaufen geht, dass die Gebärmutter nicht zu mieten ist, dass Kinder nicht Produkte

sind, die man aus dem Regal kauft, als wäre man im Supermarkt.

Wir wollen neu beginnen beim Respekt der Würde.

Und das war ein Aspekt, aber ich glaube, was eher ein Thema war für viele, war eben diese

Sache mit dem Bürgergeld, dass man eben eine Unterstützung bekommt und natürlich gibt

es Sozialhilfe in Italien, aber da ist auch viel Missbrauch gewesen.

In Italien wird von diesem Monat an fast 170.000 Haushalten die Sozialhilfe gekürzt.

Das sogenannte Bürgergeld gibt es nur noch, wenn im Haushalt Kinder, Menschen mit Behinderung

oder Senioren über 65 leben.

Beschlossen wurde die Kürzung von der

Sozialhilfe in Italien, aber die Arbeitsfähige, mittelalte Italiener oder Italienerin, vielleicht

auch ohne große familiäre Bindung, der muss ein bisschen mehr darauf achten, wie er über

die Runden kommt.

Und was sie auch, glaube ich, sehr propagiert hat, da hat sie noch wenig umgesetzt bislang,

aber ist eben eine härtere Justiz, wenn man mal vereinfacht das so ausdrücken möchte.

Also, dass sie gesagt hat, dass Straftäter nicht einfach so davon kommen können und da

hat sie jetzt auch Jugendstrafrecht, hat sie verschärft drastisch, dass jetzt wieder

Recht und Ordnung, wenn man so will, herrschen würde in Italien.

So hat sie es verkauft und das hat verfangen.

Und sie war sehr laut dabei.

Ja, also, vor allem, wenn man sich anguckt, wie sie im Wahlkampf aufgetreten ist, fast

schon schrill und fast schon demagogisch und hat da von der Kanzel runter gewettert.

Und jetzt?

Ja, also, sie ist ja durchaus auch, mir sagte der eine Kollege, der Journalist Aldo Kazzullo,

den ich interviewt habe für meinen Film auch, sie ist auch sympathisch in gewisser Weise,

also nahbar, sie kommt ja schon auch nicht so abgehoben rüber, sie spricht nach wie vor

in diesem römischen Dialekt, so einem Vorstatt-Dialekt, so einem Arbeiterviertel ist sie aufgewachsen

und versteht sich nicht auf irgendein verquastes Hochitalienisch.

Also, das ist dann schon, glaube ich, auch etwas, was sehr verfangen hat.

Jetzt ist in den USA ganz viel von einem Kulturkampf, die Rede auch bei uns in Deutschland

gibt sowas in Italien auch, hat sich der verstärkt.

Ich glaube schon, also meine Freundin Stefania in Bologna, die ich da getroffen hat, die

sagte, das ist so eine Regierung, der Poker-Toleranz ernannte sie ist, also, dass da wenig Toleranz

herrscht für Andersdenkende, Anders-Scienter und diese Vorgabe keine sozialen Experimente,

sondern, ne, dass man eben eine Leimoterschaft für homosexuelle Paare unterbindet und auch

irgendwelche Raves gleich am Anfang, es war eine der total bedeutungslos eigentlich,

aber, ne, so als Signal, man hat irgendwelche Trans-Partys verboten und solche Sachen.

Mit Lonis Gegner, vor allem im Migranten-LGBT-Q-Plus-Szene der Sozialstadt, das ist gerade gesagt

alles, was Linkses und Party macht, hast du diesen Kulturkampf auf deiner Reise auch

wahrgenommen?

Nicht so direkt, aber meine Freundin Stefania in Bologna, die eine sehr linksgerichtete Stadt

natürlich auch ist, sehr progressiv, sehr, sehr weltoffen, studentisch geprägt und sie

sagte mir, dass dieses Gefühl, dass nicht jeder so sein kann, wie er will, dass das

schon entstanden ist, dass diese Regierung das nicht so möchte, sondern, dass eher

zum konformistischen Blockpressen möchte vielleicht und das ist natürlich etwas, wenn

ich in einem Land lebe, wo ich sage, hey, nicht jeder kann so nach seiner Fassung glücklich

werden, das ist ein anderes Italien als das, was man vielleicht früher noch kannte.

Wir haben noch da einen Elefanten im Raum, und zwar einen postfaschistischen, weil über

was wir noch gar nicht gesprochen haben, ist, wo Giorgio Miloni herkommt, und ich meine

es nicht drum, sondern ihre Partei, die Fratellit Italia, die steht in der Tradition des italienischen

Faschismus, kann man das so sagen.

Ja, in Italien wird von Post-Post-Faschisten gesprochen, weil in direkter Tradition stehen

sie nicht mehr, sie sind quasi eine Generation weiter, wenn man so will, von der Entwicklungsstufe.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als Mussolini gestürzt worden war, als dann Italien

sich für eine Republik entschieden hat, hat sich eine Partei gegründet, der Movimento

Socialista Italiano, der für sich beansprucht hat, wir sind die Nachfolgen, wir sind die

Erben von diesem Faschismus, der davor 20 Jahre lang Italien regiert hatte, und die waren

immer eine kleine Splitterpartei, und waren nie jetzt groß bedeutsam, aber waren eben

auch toleriert in gewisser Weise.

Und die wären, glaube ich, auch in dieser Nische geblieben jahrelang, wenn nicht dann irgendwann

Mitte der 90er Jahre Silvio Berlusconi an die Macht kam und Koalitionspartner brauchte und

die dann quasi ins Boot geholt hat, als kleinen Juniorpartner.

Dadurch, das war, wenn man so will, der Tabu-Bruch, da wurden die dann salonfähig.

Daraus hat sich dann die Allianz der Nationale unter Fini entwickelt.

In gewisser Weise hat dann Giorgia Miloni, die da in der Jugendbewegung dieses MSI unterwegs war,

und dort ihre, als 15-, 16-Jährige, ihre ersten politischen Schritte gegangen ist und da auch

assoziiert wurde in diesem postfaschistischen Umfeld, die hat dann 2014 gesagt, ne, ne, wir

wollen schon hier unsere eigene Sache machen und nicht so eine kleine Fraktion sein in

diesem Gebilde.

Wir machen jetzt die Fratelli d'Italia in Anlehnung auch, die die

Nationalhymne beginnt mit Brüder Italiens, Fratelli d'Italia mit dieser Zeile und auch

in dem Logo ist diese faschistische Flamme noch, den der MSI auch hatte, nach wie vor vertreten.

Und das ist natürlich dann, das sind alles so Symbole, die in diese Richtung deuten und spielen

und so und deswegen ist da diese Tradition schon da.

Du warst auf deiner Reise ja auch im Geburtsort von Mussolini in seinem ehemaligen Wohnhaus.

Wir wohnen jetzt in der Hölle-Rendouche.

Ja, das ist ein ganz goriles Kapitel dabei.

Das einzige Haus im mundo, das wir uns hier salvieren.

Das ist ein Predapio in der Emilia-Romagna, ist der Geburtsort von Benito Mussolini.

Dort ist sein Geburtshaus nach wie vor, steht das da.

Auf dem Friedhof ist ein Musoleum, wo man dann in den Gruft absteigen kann und da ist

dann ein großen Marmor-Sag, ist er dann begraben mit seiner Familie und das ist natürlich

eine Pilgerstätte für Rechtsextreme und für Postfaschisten oder Neofaschisten, wie

man auch immer das nennen möchte.

Und es gibt dazu noch ein Wohnhaus in der Nähe, wo ein Anhänger Mussolinis das gekauft

hat und eine riesige Sammlung von Artefakten, von seinem Tennisleger bis zu seinen Uniformen,

von seinen G-Stöcken bis zu seinem Fahrrad und das so.

Aber total uneingeordnet und nirgendwo quasi mit einer Gegenüberstellung, was der Faschismus

auch für furchtbare Exzesse und Opfer gefordert hat und einfach nur so, ja so, das war so.

Also würden wir von der römischen Ausgrabung hier sprechen und das ist schon sehr skurril.

Wie ging es dir, als du da durchgegangen bist, durch dieses Haus?

Das war schon gerade für jemanden, eigentlich müsste es für jeden das sein, aber gerade

mit unserer Vergangenheit für einen Deutschen ist das sehr skurril, wo Souvenirs verkauft

werden auf der Hauptstraße von diesem Dorf, T-Shirts, Mussolini, Weine, Aufkleber, Sticker,

Dinger, die bei uns zum Beispiel auch Symbole verboten wären oder sind und das ist sehr,

sehr beklemmend und also da musste ich schon ein bisschen auch schlucken.

Das ist jetzt vielleicht ein Extrembeispiel, aber würdest du sagen, die Italienerinnen

und Italiener haben ein entspanntes Verhältnis zum Faschismus, kann man das sagen?

Na so bezeichnet Georgia Meloni auf jeden Fall ihr Verhältnis zum Faschismus und da

ist in gewisser Weise auch was dran.

Das Bild des Faschismus in Italien ist halt auch deswegen von einer gewissen Entspanntheit

dann geprägt, weil man sich so dieses Märchen ein bisschen erzählt hat, so hat es Aldo

Cazzullo in meinem Film auch gut zusammengefasst, der das so ein bisschen verglichen hat mit

so einem Märchen, das man sich erzählt hat.

Von Benito Mussolini als diesem gütigen Staatsvater vielleicht einem gutmütigen Diktator

vielleicht auch, der alles richtig gemacht hat, mehr oder weniger Italien wieder Recht

und Ordnung verschafft hat und auch Ansehen in der Welt und wenn dann nicht, aber blöderweise

er sich nicht mit Adolf Hitler eingelassen hätte und dann in diesen Zweiten Weltkrieg

eingetreten wäre und all das, was passiert ist, dann wäre er ja eigentlich ein großer

Staatsmann Italiens gewesen.

Das ist natürlich eine komplett falsche Geschichte, aber so hat man sich das nach dem Zweiten

Weltkrieg so ein bisschen auch vielleicht selber gerne in die Tasche gelogen und vorgemacht

um es vielleicht auch ertragen zu können, dass das passiert ist in Italien.

Es gibt viele Italienerinnen und Italiener, die das nach wie vor genauso sehen, aber Aldo

Cazzullo, der stellvertretende Chefadaktur des Corriere della Serra, sagte eben halt ganz

klar, wir müssen uns eigentlich in Grund und Boden schämen und das tun wir Italienerinnen

und Italiener eben nicht.

Wenn man sagt, das ist alles Vergangenheit, da haben wir nichts mehr mit zu tun, dann

fällt es natürlich leicht, heutzutage in der Wahlkabine ein Kreuz zu machen bei einer

Partei oder einer Politikerin, die ganz klar gewisse Linien in diese Vergangenheit hat

und das kann man dann ausblenden und sagen, die ist doch eigentlich eine normale Politikerin,

halt nur ein bisschen härter rechts als andere.

Okay, aber was heißt das?

Also wie viel Mussolini, wie viel Faschismus steckt tatsächlich noch jetzt in der jetzigen

Ministerpräsidentin?

Naja, das ist so die Frage.

Nachdem, was sie im Wahlkampf von sich gegeben hat, hätte man gedacht, da steckt eine Menge

noch drin und nachdem, wie sie jetzt als Ministerpräsidentin sich gibt, ist das schwierig zu definieren,

denn manche Positionen, wie gesagt, gerade auch das, was Migration betrifft, sind ja

auch in Deutschland, in Europa mehrheitsfähig und konsensfähig und dadurch fragt man sich

dann, ja, ist das jetzt noch post-faschistisch oder ist das jetzt irgendwie einfach nur

sehr konservativ oder einfach nur rechts und das ist nicht so leicht zu beantworten,

finde ich.

Wie sehen das deine Freundin, deine Familie, die du getroffen hast?

Also wie bewerten die jetzt dieses erste Jahr Miloni?

Also ich glaube, viele sind noch so ein bisschen, mal gucken, allzu viel hat sie ja noch nicht

machen können, würde vielleicht gerne mehr machen, hat sich noch nicht so viel verändert.

Ich glaube, die einen sind sehr happy, dass es in eine gewisse Richtung geht.

Die Italiener haben es oft so, dass man sich selber auch kümmert, vielleicht wenn man

auch enttäuscht ist oder gar nicht so viele Vertrauen bzw. Erwartungen in eine Regierung

in Rom steckt, weil die eben nach zwei, drei Jahren wieder weg ist oder eben eher für

sich nur arbeitet oder wie auch immer und dann sind viele Italiener mehr so auf sich

eingestellt, auf die Familie, das ist wichtig.

Ich gucke, dass es auf meiner Scholle alles passt und wo bleibe ich so ein bisschen?

Und wie geht dein Fazit nach einem Jahr?

Also ist sie nun die gefährlichste Frau Europas, wie es der Stern getitelt hat oder nicht?

Basieren auf dem, was sie bislang gemacht hat, kann man das so nicht sagen.

Ich glaube, dass das Potenzial von dem, wo sie herkommt und von dem, was sie auch schon

früher gesagt hat und wie sie auftritt, dass da durchaus ein, würde man sagen, ein disruptives

Potenzial besteht und das ist vielleicht auch etwas, was viele angesprochen hat,

auch dem Motto, da muss mal was Radikaleres passieren, weil bislang verschiebt sich jetzt

immer so ein bisschen um die Mitte herum und dann endet das doch wieder im Nichts passieren.

Da würde ich, ich sage mal, vorsichtig optimistisch sein, aber eben auch nicht sagen, hey, alles

klar in Italien, da passiert schon nichts.

Ich glaube, die Italiener sind, das war so mein Erkenntnis, wie ich glaube ich auch schon sagte,

ein bisschen weniger ideologisch und dadurch auch ein bisschen weniger leicht zu manipulieren

von politischen Führern oder Parteien.

Aber es ist auch schon noch eine andere Situation, was mir auffällt im Film.

Aber jetzt auch, wenn du so sprichst, du bist relativ entspannt, was so, was so die Zukunft

angeht, täuscht das, machst du dir keine Sorgen?

Sorgen mache ich mir immer in gewisser Weise.

Aber ich glaube, da habe ich doch einen gewissen Grundoptimismus, der so dieser italienischen

Aspekt in mir ist.

Ich glaube, die Italiener haben so dieses Arangiarzi, dieses sich durchwurschteln irgendwie.

Die Kölner würden sagen, das hätte noch immer Jodje Young.

Verzeihe, mein Kölsch ist wahrscheinlich perfekt ausgesprochen.

Aber das, ich glaube schon, ich oder ich möchte es glauben.

Vielleicht ist es auch naiv, dass das nicht den Bach runtergeht in Italien.

Also klar würde man schon sagen, dass ich da ein bisschen entspannter bin.

Vielleicht auch nach dieser Drehreise.

Und von daher, ja, sperare nel melio, sagen die Italiener, ins Beste hoffen und aus Beste hoffen.

Und da mit der Einstellung fahre ich, glaube ich, auch so ein bisschen durchs Leben.

Vielen Dank dir, Ingo Grazimille.

Prego, un cedice.

Die ARD-Doku von Ingo Zampironi, mein Italien unter Miloni, die findet ihr in der ARD.

Mediathek und 11km bietet natürlich den vollen Service, den Link findet ihr in den Show-Nords.

Und da gibt es auch einen Link zu einer 11km-Folge über die Macht der Medien in Italien.

Genauer gesagt den verstorbenen Politiker und Populisten Silvio Berlusconi und seinen Medienmacht.

Autor dieser Folge ist Moritz Ferle.

Mitgearbeitet hat Mark Hoffmann, Produktion Hannah Brünnes, E.V.R.

Er hat Ursula Kirstein und Fabian Zweck, Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

11km ist eine Produktion von BR24 und NDR Info, mein Name ist Hannes Kuntz, wir hören uns, ciao.

Und wenn ihr Lust habt, hört doch in den neuen Enjoy-Podcast Arm und trotzdem rein.

Was bedeutet es, im reichen Deutschland in Armut aufzuwachsen?

Wie sehr prägen diese Erfahrungen und wie wird man das Stieg mal los, dass Armut mit sich bringen kann?

Steffi Kim und Falk Schacht erzählen es uns.

Dafür haben wir mit Marcel Jansen, Janin Ullmann und vielen anderen bekannten Menschen über ihre Kindheit in Armut gesprochen.

Wir sind alle in Armut aufgewachsen und trotzdem sprechen wir jetzt darüber.

Ab sofort in der ARD, Audiothek und überall, wo es Podcast gibt.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Giorgia Meloni wurde einst als “gefährlichste Frau Europas” betitelt. Mit rechtem Populismus und scharfen Tönen unter anderen in der Migrationspolitik hatte sie 2022 die italienischen Parlamentswahlen gewonnen. Seit dem 22. Oktober 2022 steht die Postfaschistin an der Spitze der Regierung Italiens. ARD-tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni, der selbst italienische Wurzeln hat, erzählt in dieser 11KM-Folge, ob und wie sich das Land unter Meloni verändert hat. Für seine ARD-Doku “Mein Italien unter Meloni” ist er durchs Land gereist und hat mit Familie und Freunden gesprochen.



Hier geht’s zur ARD-Doku “Mein Italien unter Meloni” von Ingo Zamperoni und Daniela Agostini: https://1.ard.de/Mein_Italien_unter_Meloni



Wir haben uns bei 11KM auch schon ausführlich mit dem verstorbenen "Vater aller Populisten”, Silvio Berlusconi, beschäftigt. Unsere Folge “Populismus und Medien: Wer braucht wen mehr?” findet ihr hier: https://www.ardaudiothek.de/episode/11km-der-tagesschau-podcast/populismus-und-medien-wer-braucht-wen-mehr/tagesschau/94540644/



Hier geht’s zu “arm & trotzdem”, unserem Podcasttipp: https://www.ardaudiothek.de/sendung/arm-und-trotzdem/12806163/



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Moritz Fehrle

Mitarbeit: Marc Hoffmann

Produktion: Fabian Zweck, Ursula Kirstein, Eva Erhard, Hanna Brünjes

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode liegt beim BR.