Thema des Tages: Droht die Mittelschicht zu verarmen?

DER STANDARD DER STANDARD 8/17/23 - Episode Page - 26m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird unterstützt von SOFOS. Ich bin Tobias Holop,

das System des Tages, der Nachrichten-Podcast vom Standard.

Hohe Lebenskosten, ein kriselndes Gesundheitssystem und ratlose Politik. Immer

mehr Menschen in Österreich haben Angst, dass durch die aktuellen Krisen ein

gesellschaftlicher Abstieg droht. Es ist die Angst, dass es nicht mehr aufwärts geht

in Zukunft, dass man sich weniger leisten kann oder dass es einem schlechter

geht als den Eltern, dass das Gleiche für die eigenen Kinder gilt.

Und es ist die Angst irgendwie, dass Träume zerplatzen, glaube ich. Dabei wird

immer wieder auch der Begriff der sogenannten Mittelschicht genutzt.

Auch sie wäre neuerdings in Gefahr. Aber was bedeutet Mittelschicht eigentlich?

Darüber sprechen wir heute. Wir schauen uns an, wie groß die Mitte der

Gesellschaft in Österreich wirklich ist und ob ihre Abstiegsängste berechtigt sind.

Gerald John, du bist Innenpolitik-Kredakteur hier beim Standard und hast dich in letzter Zeit

intensiv mit den Sorgen der sogenannten Mittelschicht beschäftigt. Das ist ein Wort,

das man in letzter Zeit sehr oft hört, aber von dem ich gar nicht so genau weiß,

was es eigentlich bedeutet, kann man diese Mittelschicht irgendwie konkret definieren?

Ja, also ich fürchte, da muss ich jetzt zwei Sätze zumindest ein bisschen technisch werden.

Also wenn man da internationalen Organisationen, OECD folgt, dann gehören alle Personen zur

Mittelschicht, deren verfügbares Einkommen zwischen 75 und 200 Prozent des medialen

Einkommens liegt. Also verfügbares Einkommen heißt nach Steuern und nach Sozialleistungen,

das was sie wirklich zum Leben haben. Da gibt es unterschiedliche Zahlen, die sich da bemessen.

Das sind nicht alle ganz aktuell. Aber als Faustregel kann man ungefähr so sagen,

wenn man so 20.000 bis 60.000 zur Verfügung hat, zählt man zur Mittelschicht. Wenn man ein bisschen

von diesen Zahlen wegkommen will, dann kann man aber auch das gemeinsame Interesse sozusagen

definieren. Also ich würde sagen, Mittelschicht könnte man auch alle nennen, die vom Arbeitseinkommen

leben, also die ja auskommen, durch Arbeiten schaffen, recht stabile Jobs halt haben und die

zwar ein bisschen vermögen oft haben, aber das nicht hoch genug ist, um davon zu leben. Also das

ist meistens der eigene Wohnung oder das eigene Haus. Also das wäre typisch Mittelschicht, würde ich sagen.

Und kann man da irgendein Prozentsatz sagen, wie viel Prozent der Bevölkerung da dazugehören?

Ja, das sind etwa zwei Drittel und zwar schon seit 20 Jahren ziemlich stabil zwei Drittel.

Alles klar. Jetzt führen nicht nur Politikerinnen und Politiker immer wieder die angeblichen

Sorgen der Mittelschicht aktuell ins Feld, in die Diskussion. Ein großes Thema, das mir da in

den Sinn kommt, als erstes ist die Teuerung, die glaube ich viele Menschen beschäftigt, kannst

uns einen Überblick geben. Welche Ängste treiben den Menschen mit zu einem mittleren Einkommen,

wie du beschrieben hast, aktuell um? Ich würde sagen, Abstiegsängste. Dass man nicht

mit zur Mittelschicht gehört, sondern den unteren Brereich der Gesellschaft abdriftet. Das ist

natürlich einerseits die Angst vor Arbeitslosigkeit, dass man den Job verliert und nicht mehr das

Auskommen findet oder eben jetzt seit der Teuerung, dass es sich hinten und vorn nicht mehr ausgeht.

Jetzt muss man sagen, ich glaube jetzt nicht, dass es jetzt das typische Mittelschicht Schicksal

ist, dass die Menschen von heute auf morgen wegen der Teuerung zum sozialen Markt einkaufen gehen

müssen. Da gibt es dann schon oft noch Buffa, andere Dinge, wo man sich einschränken kann,

abseits der Lebensnotwendigkeiten. Aber es ist die Angst, dass es nicht mehr aufwärts geht in

Zukunft, dass man sich weniger leisten kann oder dass es einem schlechter geht als den Eltern. Dass

das Gleiche für die eigenen Kinder gilt, dass man denen nichts hinterlassen kann. Und es ist die

Angst irgendwie, dass Träume zerplatzen, glaube ich. Dass man sich mehr erwartet hat und dass

jetzt so die Perspektive, dass man sich doch einen schönen Wohlstand aufbauen kann, irgendwie zu

zerbärsten scheint. Das ist so eine große abstrakte Angst, die wir, glaube ich, alle ein bisschen

haben und gerade, wie du zuerst beschrieben hast, in dieser Mittelschicht sind nicht unbedingt große

Buffa da, dass man vieles ausgleichen kann. Deswegen ist die da vielleicht größer. Aber kann

man das auch irgendwie nachweisen? Also kann man das in Statistiken ablesen, dass die Mittelschicht

droht, in eine Armut abzurutschen? Na ja, für die Inflationskrise ist noch keine abschließende

Bilanz möglich. Also zuerst auf jeden Fall einmal haben die höheren Preise natürlich Kaufkraft

gekostet, aber es gab dann viele stattliche Ausgleichsmaßnahmen auch. Da werden wir dann später

noch mehr reden. Wenn man es jetzt all along betrachtet, über 20 Jahre gerechnet, ist diese

Angst eigentlich nicht berechtigt, weil in Österreich zeigen die Daten eben, dass die

Mittelschicht eigentlich nicht nur stabil ist von der Dimension her, wie wir schon gesagt haben,

sondern auch immer wohlhabender geworden ist. Also von Generationen, Generationen von Jahr zu

Jahr sind die Einkommensgrenzen eigentlich gestiegen und Österreich war das sehr erfolgreich. Das

ist ein Zeichen einer gut funktionierenden Wirtschaft, die mit großen Produktivitätsteigungen.

Man liest ja schon immer wieder Schlagzeilen, dass die Mittelschicht erodiert, also nach unten

quasi ein bisschen ausreinend, aber das ist in Deutschland und nicht in Österreich. In Österreich

ist es stabil geblieben. Also in Deutschland ist es tatsächlich so? In Deutschland ist es so,

dass die Mittelschicht seit vielen Jahren im Schrumpfen begriffen ist. Der Unterschied von

Österreich zu Deutschland gibt es mehrere Gründe. Also Österreich hat einen sehr starken Sozialstaat,

für den die Mittelschicht zwar ordentlich steuer zahlt, aber von dem sie auch viel herausbekommt,

z.B. eine soziale Absicherung, ein immer noch trotz aller Defizite ein gutes Bildungssystem. Die

Wirtschaft war sehr produktiv, wir haben erfolgreiche Unternehmen. Manche Ökonomien sagen,

auch die Osterweiterung war ein großes Glück für Österreich, dass wir das sehr profitiert haben.

Und Österreich hat im Vergleich zu Deutschland nicht den Niedriglohnsektor so aufgemacht. Also

in Deutschland gab es also Reformen, wirklich berüchtigte Hartz IV Reformen, die Jobset bringen

sollen durch den Druck bei den Sozialleistungen. Aber das hat eben auch einen Niedriglohnsektor

aufgemacht, den gibt es in Österreich nicht und auch die Pensionisten sind bei uns deutlich

besser abgesichert. Also das hat alles die Mittelschicht stabilisiert. Also gerade in

Österreich gibt es tatsächlich dieses Abstiegszenario bisher noch nicht, aber trotzdem schnaufen viele

Menschen unter den vielen aktuellen Krisen die Inflation haben wir schon angesprochen. Das

gesagt, man kann das jetzt noch nicht abschließend beurteilen, aber kann man schon irgendwie

festmachen, wie die Teuerung eben gerade diesen Mittelstand betrifft? Ja, also am Anfang hat es

natürlich real Einkommensverluste gegeben. Also das hat jeder gemerkt, deine Supermarkt geht,

die Dinge werden exorbitant teuer, die Mieten sind gestiegen und das Einkommen ist vorerst

mal gleich geblieben. Also da hat man natürlich ein Bussen gehabt. Jetzt muss man das allerdings

längerfristig betrachten. Da gibt es Untersuchungen zum Beispiel. Also die beste Untersuchung stand

vom Budgetdienst des österreichischen Parlaments. Die Regierung hat ja einerseits Hilfen ausgegeben

und andererseits gab es dann eben auch Lohnsteigerungen. Also die Gewerkschaft war sehr erfolgreich bei

den kollektiven Handlungen, finde ich. Also es gab Abschlüsse, die durchaus über der Inflationsrate

gelegen sind und das ist gerade für den Mittelstand wichtig. Der profitiert zum Teil ein bisschen

natürlich auch von den staatlichen Förderungen. Da gab es schon ein paar Dinge, die dazu

geschneidert waren auf ihn. Aber vor allem auch durch die Lohnsteigerung. Und jetzt kommt der

Budgetdienst zum Schluss, das eigentlich für 2022 über alle Einkommensgruppen die

Teuerung durch diesen Mix mehr oder minder abgefangen wurde. Da muss man dazu sagen,

das ist natürlich ein Durchschnittswert. Das gilt jetzt nicht für jede Lebenssituation gleich.

Kommt darauf an, wie man wohnt, welche Wohnkosten, welche Energiekosten hat, ob man Kinder hat oder

nicht. Das kann es ziemlich variieren. Und man muss sagen, das ist erst im Nachhinein geschehen.

Also das ist wichtig, darauf hinzuweisen. Zuerst gab es einmal diese Einbußen, die dann nur

nicht eben diese Abstiegsängste auch getrickert haben. Und im Nachhinein wurde dann einiges abgegolden.

Für 2023 in dieser Projektion, die ja noch nicht abgeschlossen sein kann für dieses Jahr fürs

laufende Jahr, schaut es allerdings auch so aus, als würden die Einkommensverluste nicht ganz

kompensiert werden können. Aber da warten wir noch auf ein abschließendes Urteil sozusagen.

Und wir müssen uns anschauen, wie die Inflation sich wirklich entwickelt. Noch ein anderes Thema,

das wir auch schon kurz angesprochen haben, das gerade in der Mittelschicht sehr relevant ist,

ist das Thema Wohnen. Vielleicht auch Eigenheim, wo du gesagt hast, dass es für viele Menschen sehr

schwierig ist, sich ein Eigenheim vielleicht anschaffen zu können. Wie entwickelt sich das?

Wer steht da am Horizont? Ja eben, das habe ich gemeint. Das kommt immer darauf an aus der

eigene Lebenssituation, wenn man die Teuerung trifft. Und dann ist es so, dass ein klassischer Traum

der Mittelschicht ist, sich etwas Eigenes aufzubauen, glaube ich. Also eine eigene Wohnung oder ein

Häuschen im Grünen, mit Garten, das wollen einfach viele Menschen. Und das ist definitiv

schwieriger geworden. Das liegt es nicht unbedingt nur an der Teuerungswelle, denn die Immobilienpreise

sind schon davor massiv gestiegen. Also ich habe mir rausgesucht, dass im Jahr 2021 schon

bevor die große Inflation gekommen ist, um 11,8 Prozent allein in dem Jahr, das ist natürlich ein

Wert, mit dem die Lohnsteigerungen nicht mitgekommen sind. Also man hat ums Geld immer weniger Immobilie

kaufen können, so zu sagen. Und was jetzt noch dazu kommt, durch die Inflationsbekämpfung, sind

die Zinsen gestiegen. Also die Europäische Zentralbank hat das verfügt und jetzt schnell noch die

Kreditzinsen in die Höhe. Das kann schon bei einem Kredit von 300.000 Euro ungefähr 500, 600 Euro

bei der Monatsrate dann ausmachen, je nach Kondition, nach Laufzeit. Und das muss man erst

dann nochmal stemmen. Und das ist tatsächlich so, das hört man immer wieder, dass manche Menschen

sagen, naja, das wird sich sicher niemals gehen, dass ich da mir etwas aufbaue, ohne etwas zu erben.

Gerade über dieses Thema Kreditzinsen haben wir gestern erst eine große Podcast-Forge gemacht,

die können wir auch nochmal verlinken. Wir sprechen jetzt dann gleich noch über die Probleme,

die es aktuell im Gesundheitswesen auch gibt und darüber, welche Antworten die Politik in

Österreich darauf hat oder nicht hat.

Wir sind gleich zurück.

Ich bin die Franziska. Ich bin der Martin. Und wir wollen besser leben. Lohnt sich 10.000

Schritte zugehen jeden Tag? Ist das Großraumbüro wirklich so schlecht wie sein Ruf? Spoiler Ja,

bringt zwar das Intervall zu Fasten. Wir fragen die, die es wirklich wissen und probieren es auch

gleich selber aus. Bei besser leben jeden Donnerstag eine neue Folge.

Gerald, fassen wir mal zusammen. Die Inflation hat die Mittelschicht zwar getroffen. Man kann

noch nicht abschließend sagen, wie stark, aber ein großer Teil davon ist auch abgefedert worden.

Was das Wohnen angeht, steigen die Kosten stark und es wird immer problematischer. Und ein

anderes Thema, das ich ganz oft höre, gerade in meinem Bekanntenkreis, ist das Gesundheitssystem.

Dass es dort immer weiter kriselt, dass es immer längere Wartezeiten bei Ärztinnen gibt,

eine Überlastung des Gesundheitswesens, zeichnet sich da eben auch für den Mittelstand,

die sich vielleicht nicht private Ärztinnen und Ärzte leisten können, ein sehr großes Problem ab?

Also wenn die Politik nicht adäquat reagiert, dann ja, also wir wissen,

dem Gesundheitssystem setzt die demografische Entwicklung zu, die Alterung der Gesellschaft.

Die Menschen werden älter, das ist ja erfreulich, aber natürlich brauchen die,

um gut altern zu können, stärkere Gesundheitsversorgung. Da steigen die Kosten auch schon

allein wegen des technischen Fortschritts. Gleichzeitig gibt es auch einen Personalmangel.

Und mit all dem ist das österreichische Gesundheitssystem leider nicht gut aufgestellt,

strukturell. Das genau so fühlen wir das zu weit führen. Aber es ist so, dass bei uns die

Patienten nicht unbedingt dort landen, wo sie am besten behandelt werden würden. Es gehen

so viel in die teuren Ambulanzen, in den Spitälern. Es fehlen dann Angeboten im sogenannten

niedergelassenen Bereich, also an Ordinationen und Ambulanzen mit flexiblen Öffnungszeiten,

wo viele Dinge schon gut erledigt werden könnten, wenn es dieses Angebot gäbe. Ja,

und viele Menschen nehmen halt wahr, dass die Wartezeiten halt zum Teil recht lang sind auf

bestimmte Eingriffe, wobei man jetzt dann natürlich auch die Kirche im Dorf lassen muss. Also laut

Gesundheitskasse sind gerade 3% aller Kassenstellen jetzt nicht besetzt. Das ist jetzt nicht ein

österreichweites Massenphänomen, das man keine Ärzte mehr findet. Und bei den Wartezeiten muss

man dann auch immer unterscheiden, ob es jetzt wirklich Eingriffe sind, die wirklich akut notwendig

sind oder die planbar sind. Also da ist es ja dann schon für mich ein bisschen zumutbar, wenn man ein

bisschen warten kann. Ja, weil das sorgt natürlich für gewisse Verunsicherung. Ein anderer Punkt ist

die Pflege. Also jüngere Menschen, für die ist das noch weit weg, aber sie erleben es bei ihren

Eltern. Da gibt es auch einen starken Personalmangel. Da hat man auch das Gefühl, man kann sich

nicht mehr so verlassen. Es gibt eine Verunsicherung über den Zustand des Pensionsystems. Und ja,

der Mittelstand fragt sich natürlich, wir zahlen sehr viel dafür, dann wollen wir auch diese Versorgung

haben. Und all das schürt natürlich auch Ängste. Was das Gesundheitssystem angeht, tut sich

aktuell auch viel. Das sollen sogenannte Primärversorgungszentren eingeführt werden, wo

verschiedene Ärztinnen und Ärzte zusammenkommen. Aber wie erfolgreich das sein wird, wird sich dann

auch noch erst zeigen in den nächsten Jahren. Gerald, jetzt haben wir aber einige Probleme

gesprochen. Ich glaube, das ganz große ist die Teuerung. Was mir als Antwort der Politik und

konkret von unserem Bundeskanzler Karné haben wir in letzter Zeit im Kopf geblieben ist. Die

größte Aussage, die es da gegeben hat, war, dass wir Bargeld in die Verfassung nehmen sollten. Das

wird jetzt wahrscheinlich nicht die Teurungskrise lösen, auch nicht andere große Krisen über den

Klimawandel. Hat die Politik in Österreich Antworten auf diese Probleme, die es gerade im Mittelstand

gibt aktuell? Also ich halte die Bargelddebatte auch für einen populistischen Holler. Aber bei

der Bewertung will ich da schon fair sein und jetzt nicht ein Sommerloch Thema, der ÖVP jetzt

quasi so als paradigmatisch für die ganze Politik nehmen. Also man kann jetzt der Region nicht

vorwerfen, dass sie nichts getan hätte. Jetzt ging die Teuerung auch nicht für die Mittelschicht.

Also die Hilfspakete haben schon enorme Umfänge und da ist auch manches für die

Mittelschicht dabei. Gerade für Familien, denken wir, man hat eine Höhung des Familienbonus

noch einmal vorgezogen. In dem Jahr greift jetzt die Abgeltung der kalten Progression. Das ist

diese schleichende Steuererhöhung und die kommt auch jetzt speziell der Mittelschicht zur Verfügung.

Also da wurde schon manches gemacht. Ich finde, wenn es eine Schwachseite bei der

Steuerungsbekämpfung gibt, die größere, das ist dann schon doch eher bei den Armen. Also bei

den arbeitslosen Geld. Da gibt es keine Valorisierung, keine Anpassung an die Inflation. Also wer

arbeitslos ist, der ist wirklich arm und gefährdet. Wobei man allerdings auch sagen muss, das kann

natürlich schon auch Mittelstandsmenschen treffen. Also es kann ja so sein, dass jemand sein Job

verliert, obwohl er eigentlich vom Verdienst her in dem Mittelstand fällt und dann ist die Absicherung

wirklich nicht sehr gut. Das muss man sagen, wenn man länger bleibt, dann galubiert die Teuerung

davon dem arbeitslosen Geld, weil es eben nicht angepasst wird an die Teuerung. Nichtsdestotrotz

könnte man natürlich noch mehr machen für die Mittelschicht. Also wichtig finde ich den

Sozialstaat, wie wir vorhin schon gesprochen haben, wieder vordermann zu bringen, damit das nicht die

Mittelschicht immer allein alles stimmt über ihre Steuern, wäre es vielleicht ein guter Punkt,

dass man sich endlich zu einer Vermögens- oder Erbschaftssteuer durchringen könnte, weil dann

würden die wirklich wohlhabenden belastet werden. Damit sinnvoll wäre es sich auch Qualifizierungsmaßnahmen

auszubauen für Menschen, die arbeiten, um denen möglicherweise bessere Jobs zu bieten, denn es

wäre eine Fachkräfte momentan gesucht. Also wenn man den unter den Armen greifen könnte,

das würde der Mittelschicht auch sehr helfen. Investitionen in die Bildung wären sicher auch

ein wichtiger Schritt oder eben das Wohnproblem anzugreifen. Also da gibt es sicher verschiedene

Modelle, wie man auch die Grundstückspreise dämpfen kann, die sich ja dann in die Mieten,

selbst im geförderten Wohnbau, niederschlagen. Man kann ja Marktiengriffe bei den Mieten

diskutieren, Wohnbauprogramme fahren, damit ein größeres Angebot da ist, damit die Immobilienpreise

sinken. Es gibt viel zu tun. Schauen wir mal, was da jetzt dem langsam anlaufenden Wahlkampf für

die Nationalratswahl nächstes Jahr dann auch wirklich angekündigt wird. Aber wenn wir jetzt

noch mal ein bisschen langfristig auf diese Mittelschicht schauen, du hast vorher gesagt,

über die letzten 20 Jahre ist in Österreich sogar ziemlich stabil geblieben. In Österreich hat es

diesen Abstieg bisher nicht gegeben, teilweise sogar leichte Aufstiegsmöglichkeiten. Was denkst

du, wie das weitergehen wird in den nächsten 20 Jahren? Wird es da so weitergehen, wie bisher oder

der Rot durch diese vielen neuen aktuellen Krisen eben doch ein Abstieg für die Mittelschicht?

Ja, also das ist jedenfalls keine Natur gesetzt, das Abrutschen muss. Also ich glaube, wir haben

ja eskiziert, was man tun kann und die Politik hat das in der Hand. Also es steht nicht so schlimm,

möchte ich einmal sagen. Wie das mit der Deuerung ist, das werden wir dann sehen,

wie die Bilanz dann am Ende ausschaut. Aber es gibt durchaus auch einige Anzeichen für

Gründe für Optimismus. Also wir haben eine arbeitskräfte Knappheit momentan. Also das

arbeitslosen Problem, eine klassische Angst, arbeitslos zu werden für die Mittelschicht,

das wird wahrscheinlich immer kleiner werden. Und Arbeitskräfte-Knappheit heißt auch,

dass man Chancen auf gute Jobs hat. Wie gesagt, Qualifizierungsmaßnahmen werden da vielleicht

ein guter Punkt. Und was man jetzt nicht vergessen darf, es ist immer so, dass die Lohnerhöhungen,

die Lohnsteigerungen, zwölf Monate hinterher hinten beim Kollektivvertrag. Das war jetzt ein

Problem, da war die Inflation da und dann kommt irgendwann zwölf Monate die Lohnsteigerung und

da hat man dann einen großen Gap. Aber die nächsten Kollektivverträge richten sich nach der sehr hohen

Inflation, die zuletzt war, in den zwölf Monaten davor. Und zu dem Zeitpunkt, wo dann die Kollektivverträge

angehoben werden, wird die Inflation laut Prognosen schon niedriger sein. Also die Verluste,

die es jetzt wahrscheinlich gegeben hat beim Einkommen, sollten sich jetzt dann eigentlich

in real Lohngewine umschlagen. Also da ist durchaus schon ein bisschen ein Grund auch

optimistisch in der Zukunft zu schauen. Das große Problem, wie gesagt, sind die

Wohnungspreise im Mix mit den Krediten. Es gibt auch Grund für Optimismus, die große Masse in

Österreich muss ich nicht die massiven Abstiegsängste machen, aber es gibt natürlich viel zu tun für die

Politik nichtsdestotrotz. Vielen Dank, dass du uns da heute einen Überblick gegeben hast,

Geraldion. Wir machen jetzt dann gleich noch weiter mit unserer Meldungsübersicht und sprechen

unter anderem über eine mögliche Anklage gegen Exkanzler Sebastian Kurz. Wenn Sie in der

Zwischenzeit die journalistische Arbeit, die wir hier beim Standard machen, unterstützen möchten,

dann können Sie zum Beispiel ein Standard-Abo für die gedruckte Zeitung abschließen. Man

kann auch für die Website ein Abo abschließen oder wenn Sie unseren Podcast Thema des Tages

auf Apple-Podcasts hören, dann kann man dort ein paar Euro für ein sogenanntes Premium-Abo zahlen

und sie in Zukunft ohne Werbung hören und vor allem sehr unterstützen. Also vielen Dank dafür.

Wir sind gleich wieder da. Jedes Unternehmen, jede IT-Security-Abteilung und jede IT-Umgebung

ist anders. Deshalb bietet SOFOS mit Cyber Security as a Service individuelle Möglichkeiten ohne großen

Aufwand, ein erfahrenes Thread-Hunting-Team kompatibel zu ihren Anforderungen einzusetzen. Mehr

als 17.000 Kunden vertrauen bereits auf SOFOS-MDR, dessen Service auch in Kombination mit Security

Tools anderer Hersteller möglich ist. Jetzt informieren unter www.sofos.de slash MDR.

Ich bin Doris Priching und ich bin Michael Steingruber und gemeinsam sind wir Serienreif. Das

ist der Standard-Podcast über die spannende Welt der Serien. Genau, bei uns erfahren sie

faszinierende Details über House of the Dragon und die Ringe der Macht und restlos alles über

satanische Spiele in Stranger Things. Wir widmen uns Seriengrößen von Obi-Wan Kenobi bis zu RuPaul

und zerlegen die neueste Marvel-Serie Serienreif, euer Streaming-Podcast,

jedenzeit im Donnerstag eine neue Folge.

Und hier ist was sie heute sonst noch wissen müssen. Erstens, die Entscheidung über eine

mögliche Anklage gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz dürfte gefallen sein, das hat die

Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigt. Es geht um den Vorwurf der Falschaussage vor dem Ibiza

U-Ausschuss, Kurz bestreitet das und es gilt die Unschutzvermutung. Wegen der Prominenz von Kurz

musste das entsprechende Vorhaben im Justizministerium geprüft werden, dort ist es mehrere Monate lang

gelegen, jetzt oder das Ergebnis der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Ob Kurz nun tatsächlich angeklagt

wird, will die Staatsanwaltschaft den Kürze bekannt geben, zuvor muss noch sein Anwalt informiert

werden. Juristinnen rechnen damit, dass es zu einer Anklage kommt, denn die Staatsanwaltschaft

zieht Widersprüche zwischen der Aussage von Kurz und sichergestellten Chatnachrichten. Damit es

schlussendlich zu einer Verurteilung kommt, müsste allerdings ein bewusster Vorsatz dahinter

nachgewiesen werden. Zweitens, der SPÖ-Vorsitzende Andreas Barbler hat angekündigt, noch im August

eine Nationalrats-Sondersitzung zum Thema Teuerung anzusetzen und zwar gemeinsam mit der FPÖ. Dabei

sollen Maßnahmen gegen die Teuerung gefordert werden, unter anderem ein Mietpreisdeckel,

verpflichtende Zinsen für Sparerinnen und eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.

Bisherige Anti-Teuerungsmaßnahmen der Regierung bezeichnet Barbler als nicht ausreichend. Auch

die FPÖ hat mittlerweile den Antrag auf eine Nationalrats-Sondersitzung bestätigt, sie sagt,

dass die Teuerung getrieben werden würde durch die Corona-Pandemie, durch Neutralitätsfeindlichkeit

und durch Maßnahmen gegen den Klimawandel. Trotz des gemeinsamen Antrags hat FPÖ-Chef Herbert

Kickel auch gegen die SPÖ ausgeteilt, er spricht von einer Doppelmoral und davon,

dass die SPÖ billiger Erfüllungsgehilfe für die Regierung gewesen sei. Die Nationalrats-Sondersitzung

soll laut SPÖ und FPÖ noch im August stattfinden, ob die geforderten Maßnahmen dann umgesetzt werden

ist, allerdings sehr fraglich, immerhin haben ÖVP und Grüne noch immer eine Regierungsmehrheit im

Nationalrat. Drittens, die Social-Media-Plattform TikTok hat angekündigt, bald alle Daten von

europäischen Nutzerinnen auch in Europa zu speichern. Bisher waren die Daten auf

internationalen Server-Farmen abgelegt, z.B. in den USA oder in Singapur in Südostasien.

Nun sollen die Daten auf drei Datencenter in Irland und Norwegen überführt werden,

das sei aber sehr aufwendig, wie die Verantwortlichen sagen und werde deshalb noch bis Ende 2024 dauern.

TikTok kommt ja immer wieder in Kritik, Daten an die Behörden in China weiterzugeben und auch bei

der Moderierung von Inhalten, die auch schädlich sein können, gibt es häufig Probleme, zuletzt

z.B. im Vorfeld des Anschlags auf die Pride Parade in Wien. In einigen Regierungsorganisationen,

z.B. der Europäischen Kommission oder dem Innenministerium in Österreich, wurde TikTok

auf Diensthandys deshalb bereits verboten. Und viertens, heute am Donnerstagabend startet das

Frequency Festival in St. Pölten. An den drei Festival-Tagen werden dieses Jahr Musik-Acts

wie die Ärzte, Macklemore, Imagine Dragons, Kraftclub oder Armin van Buuren auftreten,

zusammen mit vielen kleineren Musikerinnen und Musikern. Die Tagespässe dafür sind

schon ausverkauft, es gibt allerdings noch einzelne Tickets für das ganze Festival oder auch VIP-Karten.

Für die nächsten drei Tage sind in St. Pölten heiße Temperaturen um die 30 Grad angesagt,

alle die hingehen also bitte unbedingt nicht aufs Wassertrinken vergessen.

Reportagen und Rezensionen vom Frequency können Sie dann auf der Standardpunkt.t nachlesen und

dort finden Sie auch alles weitere zum aktuellen Weltgeschehen. Wenn Sie jetzt noch nicht genug

von Standard-Podcasts haben, dann habe ich heute gleich zwei Tipps für Sie. In unserem

Schwester-Podcast Besser Leben geht es darum, was man bei den aktuell heißen Temperaturen tun kann,

um die Wohnung gut herunterzukühlen. Und im Podcast Serienreif gibt es Serien- und

Film-Tipps für die nächsten Monate. Serienreif und Besser Leben finden Sie überall, wo es

Podcasts gibt. Falls Sie für das Standard-Podcast-Team irgendwelche Anregungen oder auch Feedback haben,

dann schicken Sie gerne eine Mail an podcast-at-der-standard.at. Und wenn Ihnen diese Erfolge

von Thema des Tages gefallen hat, dann abonnieren Sie unseren besten Gleich- und verliebsten

Podcast-Plattform, dann verpassen Sie auch keine weitere Folge mehr. Gute Bewertungen oder nette

Kommentare helfen uns auch sehr weiter, also vielen Dank dafür. Ich bin Tobias Holub und die

inhaltliche Vorbereitung für diese Folge hat Schold Wilhelm übernommen. Vielen Dank

von uns allen fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

Wie können wir die Erderhitzung stoppen? Wie verändert künstliche Intelligenz unser Leben?

Und wann wird nachhaltiges Reisen endlich einfacher? Um diese und viele weitere Themen

geht es im Podcast-Edition Zukunft und Edition Zukunft Klimafragen. Ich bin Alicia Prager und ich

bin Jula Bayra. Wir sprechen über Lösungen für das Leben und die Welt von morgen. Jeden

Freitag gibt es eine neue Folge überall, wo es Podcasts gibt.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Krisen von Teuerung bis Wohnungsnot bereiten vielen Menschen Abstiegsängste. Sind sie berechtigt, und hat die Politik Antworten?

Hohe Lebenskosten, ein kriselndes Gesundheitssystem und ratlose Politik: Immer mehr Menschen in Österreich haben Angst, dass durch die aktuellen Krisen ein gesellschaftlicher Abstieg droht. Dabei wird immer wieder auch der Begriff der Mittelschicht genutzt – auch sie wäre neuerdings in Gefahr. Aber was bedeutet das eigentlich?

Im Podcast spricht Gerald John aus der STANDARD-Innenpolitikredaktion darüber, wie groß die Mitte der Gesellschaft in Österreich wirklich ist und ob ihre Abstiegsängste berechtigt sind.

Mehr zum Thema

Was tun gegen steigende Kreditzinsen?

Hat Ihnen dieser Podcast gefallen? Mit einem STANDARD-Abonnement können Sie unsere Arbeit unterstützen und mithelfen, Journalismus mit Haltung auch in Zukunft sicherzustellen. Alle Infos und Angebote gibt es hier: abo.derstandard.at