11KM: der tagesschau-Podcast: "Don't shoot the messenger" - Hass gegen Wettermoderator:innen

tagesschau tagesschau 9/21/23 - Episode Page - 25m - PDF Transcript

Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit den Tagesthemen.

Hier hat aber über das ganze Carsten Schwank in unserem ARD-Wetterstudio Carsten,

wie entwickelt sich diese extreme Wetterlage denn?

Auf jeden Fall zu einer außergewöhnlichen Systemschwetzer ist er sonst nichts.

Egal wie das Wetter ist, es muss in die Klima-Iliologie gepresst werden.

Bei einem Wetterbericht geht es nicht mehr nur darum,

ob ich einen Regenschirm einpacken sollte.

Meteorologinnen und Meteorologen erklären Starkregen und Hitzewellen.

Sie erklären Klima-Extreme und den Klimawandel.

11km fragt in dieser Folge, warum provoziert das richtigen Hass?

Isabell Schneider vom NDR hat für Panorama dazu recherchiert.

Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast.

Ein Thema in aller Tiefe.

Mein Name ist Victoria Kopmann.

Heute ist Donnerstag, der 21. September.

Hallo.

Manche sagen ja liebevoll Wetterfrosch oder Wetterfee.

Wir wissen ja alle, wer gemeint ist.

Die Meteorologinnen und Meteorologen,

die am Ende der Sendung nach den News den Wetterbericht präsentieren.

So einen hast du begleitet.

Ich habe Carsten Schwank begleitet.

Ich habe ihn am Ende August getroffen,

an einem Montag in Frankfurt beim HR.

Dort befindet sich die Wetterredaktion der I.D.

Von da aus werden alle Wetter-Schalten gesendet.

Herzlich willkommen zum Wetter vor acht.

Fast drei Tage lang, fast pausenlose

und unterbrochene Starkregen-Güsse in den Alpen.

Es wird leicht zugeschaltet, ist Carsten Schwanker.

Herzlich willkommen zu den Wetter-Aussichten für Rheinland-Pfalz.

Carsten Schwanker ist Mitte 50

und seit 1995 schon im Mediengeschäft unterwegs.

Er arbeitet als Meteorologe für die I.D.

und für verschiedene dritte Programme.

So einer von den Bekannteren würde ich sagen.

Wetter vor acht sehen wir den oder in den Tagesthemen.

Fragen wir bei unserem Metrologen Carsten Schwanker.

Carsten, du hattest ja schon angedeutet,

es könnte ungemütlich werden.

Carsten Schwanker ist ein sehr aufgeräumter Typ.

Er ist nicht gekleidet, sieht so typisch aus wie jemand,

der sein Leben im Griff hat.

So aufgeräumt habe ich ihn tatsächlich auch bei seiner Arbeit erlebt.

Als jemand, der sehr strukturiert arbeitet,

der das schon lange macht, weiß, was er tut.

Die Wettermodatoren arbeiten dort beim HR

in der Wetterredaktion immer in Schichten.

Seine Schicht hat an diesem Tag um 14 Uhr begonnen.

Das heißt, erst mal aktuelle Wetterlagen

und Vorhersagen checken und sich überlegen,

was heute rein meteorologisch gesprochen sozusagen das Wichtigste ist

und im Mittelpunkt der Wetter-Sendung stehen soll.

Es ist jeden Tag anders und es ist schon in fünf Minuten anders.

Also der Wetterbericht, den ich in diesem Moment live im Fernsehen erzähle,

den gibt es so nur einmal, weil ich in einer Stunde später

mit großer Wahrscheinlichkeit schon wieder ein bisschen anders erzählt habe.

Das Wetter ändert sich ständig.

Und an dem Tag, an dem ich ihn da in Frankfurt besucht habe,

waren das gerade die heftigen Regenfälle in den Alpen

und die großen Regenmengen, die dabei runtergekommen sind

und dann auch so langsam Richtung Deutschland, Baden-Württemberg gezogen sind.

Er hat dann erst mal mit seinen Kollegen gesprochen in der Redaktion,

welche Karten man dafür am besten zeigen könnte zur Illustration,

der Wetterlage.

Und dann nach dieser Vorbereitungszeit geht es dann auch so langsam

ins Wetterstudio gegen 17 Uhr

und von dort aus wird eben dann in die ganze IED geschaltet.

Wir können uns mal das anschauen, was in den letzten drei Tagen

an Regenmengen heruntergekommen ist.

Manche Messstationen haben sogar mehr als 400 Liter Regenwasser.

Klimawandel ist nichts Lokales, sondern ein weltweites Problem.

An diesem Tag waren das, glaube ich, so acht bis zehn Schalten,

die er da runtergerockt hat.

So weit ich mich erinnere, also zwei für den SWR,

eine zum RBB, zum NDR, zum WDR, dann noch das Wetter vor acht

und am Schluss dann noch die Tagesthemen.

Die laufen ja immer erst sehr spät und das wird auch live gemacht.

Das heißt, es kann schon mal ein sehr langer Tag sein

und jeder Tag ist eben auch so ein bisschen anders, je nach Wetterlage.

Ja, und dieser Teil der Nachrichten und damit ja auch dieser Job,

der wird ja immer wichtiger, weil jetzt ja auch Wetterextreme

häufiger sind, also wie oft hatten wir das auch hier schon bei FKM,

Hitze, Dürre, Starkregen, Überschwemmungen.

Wir hören uns, sehen das ja alles in den Nachrichten.

Die Waldbrandlage im Süden Europas und rund ums Mittelmeer bleibt angespannt.

Spanischen Valencia klettert das Thermometer auf 46,8 Grad.

Die dritte Hitzewelle in diesem Jahr trifft Spanien.

Stromausfälle, zerstörte Häuser, brennende Wälder.

Die Verzweiflung ist groß ausmodest.

Ein Sturm mit Starkregen hat im nordafrikanischen Libyen

in mehreren Städten verheerende Überschwemmungen ausgelöst.

Immer öfter spielt die Klimakrise jetzt halt auch in den Wetter-Nachrichten

eine Rolle.

Und sie zu ignorieren wird halt auch immer schwieriger.

Zum Beispiel letzte Woche.

Da gab es einen Brennpunkt in der ARD zur Flutkatastrophe in Libyen.

Am 12. September, da habe ich Carsten Schwanker auch als Experten gesehen.

Das zog dann dieser tropische Wirgesturm

mit diesem enormen Wassermassen Richtung Nord Libyen.

Und hier gab es an einer Wetterstation 414 Liter.

Das ist ungefähr dreimal so viel wie im Ahrteil viel,

das innerhalb eines Tages.

Das ist nicht nur ein weiteres Jahr, was ein bisschen zu warm ist,

sondern wir sehen, dass weltweit Rekorde fallen.

Und was sagt Carsten Schwanker,

wie verändert sich sein Berufsbild zusammen mit dem Klima?

Also er sagt, dass sich sein Job tatsächlich verändert hat

in den letzten Jahren.

Und dass es immer wichtiger wird,

eben über Zusammenhänge und Hintergründe aufzuklären.

Eben auch, was den Zusammenhang von Wetter und Klima angeht.

Denn wenn sich das Klima verändert,

verändern sich auch die Wettersysteme.

Und wir sehen das in unserem Alltag,

an dem, wie sich das Wetter eben verändert.

Also für ihn gehört das Thema Klima ganz klar in den Wetterbericht dazu.

Also er möchte das dann auch mit vermitteln quasi,

was die Wissenschaft dahinter ist, ja.

Aber es ist anscheinend nicht so,

dass damit mehr Anerkennung einhergehen würde für diesen Job.

Genau, also der Grund, warum ich mich damit beschäftigt habe,

war, dass man immer öfter gesehen hat,

dass ja die Wettermoderatoren immer mehr Anfeindungen erleben.

Eben genau dafür, dass sie über diesen Zusammenhang

von Wetter und Klima aufklären.

Also auch ganz klar benennen,

dass wir im Moment eine Klimakrise haben,

die vom Menschen verursacht wurde.

Und das gefällt eben nicht jedem,

dass das in so großer Deutlichkeit

auch in den Wetternachrichten vermittelt wird.

Und was sind das für Anfeindungen?

Also vorgeworfen wird in Moderatoren Hysterie,

dass sie übertreiben würden,

dass das ideologisch motivierte Panikmache von links sei,

eben wenn sie über diesen menschengemachten Klimawandel aufklären.

Das bekommen sie auf Social Media ab.

Ein paar Kommentare und Nachrichten kommen auch per Mail rein.

Dann gibt es auch teilweise diffamile Medienartikel,

die ihnen Wahlkampf mit Klima vorwerfen.

Also das ist schon eine breite Masse an Kommentaren,

die da so ankommen bei denen.

Der ÖRR, der öffentlich-rechtliche Rundfunk,

macht so lange weiter, bis der Mop euch außer Landes jagt.

Das ist ja schon, finde ich, eine neue Ebene,

dass der Mop uns außer Landes jagen soll.

Also ganz oft ist da von Systemlingen die Rede.

Als Systemschwetzer wird er bezeichnet, als Mietmaul.

Da schwingt eben auch immer so dieses Misstrauen

gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit.

Und er sagt eben auch, dass das teilweise zermürbend ist,

einfach diese Masse an Kommentaren zu bekommen.

Jetzt könnte man meinen,

dass Internet, insbesondere Kommentarspalten,

sind ja leider nicht gerade bekannt

und das freundlichen Miteinanders.

Hat dieser einzelne Meteorologe

jetzt einfach ein Beliebtheitsproblem bekommen?

Bekommt nur er jetzt einfach ein negatives Feedback?

Oder liegt das eben doch nicht an seiner Person?

Nee, tatsächlich ist es, glaube ich,

nicht das Beliebtheitsproblem des Carsten Schwanke,

sondern es betrifft auch noch andere Meteorologen.

Ich habe zum Beispiel Östhen Terli getroffen,

der beim ZDF jetzt seit rund 10 Jahren das Wetter moderiert

und da eben auch über die Klimakrise aufklärt.

Auch auf Social Media und positioniert sich da immer wieder.

Und Terli ist eben auch so Anfang 50,

also auch schon jetzt nicht gerade ein Anfänger in dem Bereich,

ist auch eher so der junge und dynamische Typ

und man hat ihm aber sehr angemerkt,

wie sehr ihn dieses Thema bewegt, fand ich.

Man versucht die Berichterstattung zu unterdrücken,

also indem man denjenigen,

der diese Sachen vorträgt, diskreditiert.

Das kann von harmlos nicht, glaubt das nicht,

bis sie werden schon sehen, was sie davon haben,

gehen also Drohungen quasi, aber auch rassistische Beleidigungen.

Welche sind das?

Er wollte die auch zum Beispiel nicht vorlesen,

um das nicht zu reproduzieren.

Das würde ich jetzt an der Stelle hier auch nicht tun.

Ja, kann ich verstehen.

Aber in der Qualität ist das dann natürlich nochmal

eine Schippe drauf, was da so ankommt.

Bei ihm ist es auch so, dass es ihn beschäftigt,

mit dieser Flut an Kommentaren umzugehen.

Jetzt sind Schwanke und Terli zwei Wetter-Moderatoren

aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Und der ist ja eh immer wieder besonders

Ziel von Verschwörungserzählungen.

Ist das denn bei den privaten Sendern auch so?

Genau, also das gibt es eben nicht nur hier bei uns,

sondern eben auch bei Privat-Sendern,

ist das immer wieder der Fall,

dass da solche Kommentare und Anfeindungen kommen.

Eine Sprecherin von wetter.com,

da werden die Wetter-Shows für Pro 701 produziert,

hat mir zum Beispiel auch bestätigt,

dass bei denen das Ganze eben auch leider nur zu gut bekannt ist

und immer wieder solche Nachrichten ankommen.

Und ich habe dann noch mit Alban Booster gesprochen,

der moderiert die Wetter-Schalten für Pro 701

und auch er meinte, dass er das in seinem Alltag erlebt.

Also zum Beispiel, das es immer öfter heißt,

dass sie bezahlte Propaganda verbreiten würden,

dass sie die Klimakrise überdramatisieren,

dass sie eben runterkommen sollen von ihrer links-grünen Ideologie,

also eigentlich ähnliche Vorwürfe wie bei den öffentlich-rechtlichen Moderatoren,

was mich auch tatsächlich überrascht hat.

Ja, Klimakrise, wer spricht da schon gerne drüber?

Lauter, schlechte Nachrichten.

Gibt es da auch Lösungen?

Beim Podcast Mission Klima, Lösungen für die Krise,

zeigt der NDR Lösungen, die einen Unterschied machen.

In der aktuellen Folge geht es auf Höhereise nach Amsterdam

und ihr lebt plötzlich in einer Donutwelt.

Amsterdam ist nämlich die erste Stadt weltweit,

die die sogenannte Donut-Ökonomie umsetzt.

Das bedeutet zum Beispiel Teilen, Recykeln, weniger Konsum.

Wie Amsterdam damit zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden will

und ob Klimaschutz und Kapitalismus überhaupt zusammengehen,

das gibt es in der neuesten Folge von Mission Klima.

Ab Freitag, den 22. September, da, wo es auch 11 km gibt,

in der AID-Audiothek und überall, wo es sonst noch Podcasts gibt.

Also, Wettermoderatoren und Moderatoren allgemein bekommen Hassnachrichten,

egal bei welchem Medium sie arbeiten,

aber warum bekommen die das jetzt besonders ab?

Weshalb kochen die Emotionen so hoch beim Wetterberecht?

Ja, genau, das war auch so ein bisschen unsere Frage,

die wir uns in der Recherche gestellt haben.

Also, der Wettermoderator, der ja eigentlich immer als so unpolitisch galt

und nur das Wetter quasi vorgetragen hat,

der wird jetzt zum Politikum und dafür angefeindet,

dass er Fakten präsentiert.

Darüber habe ich auch mit Philipp Schmidt gesprochen.

Der ist Psychologe bis vor Kurzem an der Universität Erfurt,

jetzt an der Ratbutt-Universität in den Niederlanden

und der beschäftigt sich ganz spezifisch

mit dem Einfluss von falschen Informationen im Gesundheitsbereich

und auch mit der Frage, welchen Einfluss haben Wissenschaftsleugner auf Menschen.

Und der sagt, es sind mehrere Punkte, die da mit rein spielen.

Zum einen ist es so, dass die Klimakrise jetzt immer mehr Berufsgruppen beschäftigt.

Also, die ragt in immer mehr Berufsfelder rein

und immer mehr Menschen müssen sich gezwungenermaßen damit auseinandersetzen.

Dann ist es bei den Wettermoderatoren eben auch noch so,

dass die medial super präsent sind.

Also, viele sehen und hören einfach die Nachrichten

und eben auch die Wetternachrichten.

Und die Wettermoderatoren, ja, die werden einfach auch gar nicht

als sozusagen Transporteure von wissenschaftlichen Fakten

oft wahrgenommen von den Wissenschaftsleugnern,

sondern eben als Vertreter einer politischen Ideologie,

die grün gefärbt ist

und sehen sich dann in ihrer eigenen politischen Überzeugung angegriffen

und reagieren dann eben auch so emotional mit Hassbotschaften.

Ein weiterer Grund ist, dass es natürlich auch beim Klimawandel

so ist, dass der mehr Konsequenzen mittlerweile hat für die Menschen im Alltag.

Wir sehen nicht nur die Konsequenzen im Fernseher,

sondern es wird auch viel mehr darüber diskutiert,

zum Beispiel, wie können wir die Ernährung umstellen,

um klimafreundlicher zu werden und so weiter und so fort.

Und da geht es ja wirklich auf den Teller der Leute.

Und das bedeutet, es wird konkret.

Und wenn es konkret wird, dann werden oft auch die Reaktionen impulsiver und extremer.

Ja, und die Wettermoderatoren, mit denen du gesprochen hast,

die erleben genau das.

Karsten Schwanke und auch Eustin Terli haben beide erzählt,

dass es bei ihnen auch immer weiter in Richtung persönliche Angriffe geht.

Also, dass es um ihr Aussehen geht, um ihre Kleidung,

um Charakteristika, die Migrationsgeschichte, etc.

Und darüber habe ich eben auch mit Philipp Schmidt gesprochen

und der sagt, wenn es so gut wie keine sachlichen Argumente gibt gegen das Inhaltliche,

dann versucht man eben, die Person anzugehen und zu diskreditieren.

Das ist das sogenannte Argumentum atominem

und das ist auch so eine ganz beliebte Argumentationsstruktur bei Wissenschaftsleugnen.

Und übrigens auch ein Muster, was wir schon in der Pandemie gesehen haben.

In der Art, wie zum Beispiel Virologin und zum Beispiel Christian Drosten angegangen wurden.

Und von wo kommen diese Anfeindungen dann vor allem?

Also ganz oft kommt das so aus einer rechtspopulistischen Richtung.

Es ist auch etwas, was tatsächlich gerne von rechtspopulistischen Parteien gefüttert, gespeist,

genährt wird sozusagen, sagt auch Philipp Schmidt.

Denn die sind es ja meistens auch die Stimmung gegen das so bezeichnete Establishment machen wollen.

Und dazu gehört es eben auch, dass man wissenschaftliche Fakten,

eigentlich längst etablierte wissenschaftliche Fakten, in Zweifel zieht.

Und die Idee dahinter ist in so eine Art von anything-goes-Charakter zu kreieren.

Das bedeutet, wenn ich nichts mehr glauben kann, nicht mal mehr wissenschaftlichen Daten lagen,

ja was mache ich denn dann?

Und dann ist die Idee, dann kann ich den Leuten alles füttern.

Also ganz oft ist es so, sagt auch Philipp Schmidt,

dass diese Botschaften von einer sehr kleinen Gruppe von Menschen gesendet wird.

Also Botschaften, die die Klimakrise in Zweifel ziehen, die Zweifel daran sehen,

dass es von Menschen gemacht ist.

Und dass es aber eine große Menge von Menschen gibt, die eben diese Botschaften glauben

und dann auch weiter transportieren und im Sinne dieser Botschaften handeln

und dann eben auch Wettermoderatoren anfeinden, die genau das berichten

und über diese Zusammenhänge aufklären.

Ist das diese postfaktische Debattenkultur, die wir auch in anderen Bereichen sehen,

dass also so ein bisschen in den Raum gestellt wird,

dass man nicht nur seine eigene Meinung haben kann, also die Interpretation von Fakten und Daten,

sondern auch noch seine eigenen Fakten, ist das dieses Phänomen?

Ja, also ich weiß nicht, ob man in der postfaktischen Gesellschaft noch von Debattenkultur sprechen kann.

Aber ja, tatsächlich geht das in diese Richtung.

Und wenn Fakten nichts mehr wert sind, dann zählt eben nur noch wer am lautesten schreit

und wer sich am stärksten positionieren kann und nicht mehr die Wahrheit sozusagen.

Und das ist es ja, worum es letztlich geht, die Wahrheit zufall zu bringen in der postfaktischen Gesellschaft.

Wir haben ja eben schon darüber gesprochen, der Klimawandel ragt ins Leben der Menschen hinein

und es kann natürlich auch total nervig sein oder teuer oder aufwendig sich darum zu kümmern

oder was tun zu müssen und das ist dann natürlich unangenehm.

Dann ist es das auch vielleicht einfach, was halt gefällt.

Genau, also die Klimakrise bzw. das, was wir eigentlich dagegen tun müssten,

wird ja auch so immer so ein bisschen geframed als Freiheitskiller.

Also das Klima zu schützen bedeutet eben auch immer ein bisschen weniger zu tun,

ein bisschen weniger zu fliegen, ein bisschen weniger Fleisch zu essen, ein bisschen weniger Auto fahren.

Das kann eben auch genutzt werden, um daraus so eine Verbotserzählung zu machen,

von wegen, da will euch jemand was wegnehmen.

Und das kann eben auch eine Erklärung sein, warum es bei manchen Menschen zu so einer Abwehrhaltung gegenüber Klimafakten kommt

und auch gegenüber denjenigen, die sie transportieren.

Und die dann anscheinend in Verbindung gebracht werden mit politischen Positionen und Parteien,

die sich mehr für den Klimawandel wünschen, zum Beispiel die Grünen.

Genau, und das ist eben auch was, worüber ich mit Karsten Schwanke zum Beispiel gesprochen habe

und auch mit Al-Santerli, die sagen halt beide, es ist ein wahnsinnig großes Problem,

dass dieses Thema Klimakrise immer so als links gelabelt wird.

Ich habe mal getwittert, Physik ist links, also Provokationen darauf, weil Physik ist natürlich nicht links.

Ja, die Parteien, die sich besonders fürs Klima einsetzen und für Maßnahmen für Klimaschutz,

die sind tendenziell eher links, zumindest in Deutschland.

Aber ich habe mich so gefragt, wieso eigentlich?

Also ich stelle mir die ganze Zeit vor, in so einer Parallelwelt könnten doch viele,

viele Menschen, die sich zum Beispiel sehr viel um die Heimat kümmern wollen politisch

oder die sehr viel in der Landwirtschaft arbeiten, die könnten doch alle total viel für den Umweltschutz tun wollen.

Ist ja eigentlich komisch, oder? Dass das so links uns vorkommt immer.

Genau, das ist total wichtig, was du da ansprichst.

Es geht hier um nichts Geringeres als die Bewahrung unserer Schöpfung, unserer Spezies,

also eigentlich um ein urkonservatives Thema.

Und trotzdem gibt es immer wieder so Aussagen, zum Beispiel von Friedrich Merz.

Jeder von uns nimmt das Thema Klimaschutz sehr ernst.

Wir sind allerdings nicht so im Alarmismus unterwegs wie hier einige in der Bundesregierung

und die Welt geht nun in der Tat morgen nicht unter. Ja, das ist unsere Auffassung.

Also das schwingt schon unterschwellig diese Botschaft mit Klimaschutzjahr

und der Klimakrise begegnen Jahr, aber auch mal langsam hier, oder Volker Wissing.

Wir können unser Land nur mit konkreten Vorschlägen nach vorne bringen

und nicht mit Klima bla bla.

Also das ist ja auch so ein Seitenhieb darauf, dass zu viel übers Klima gesprochen wird quasi.

Und wenn man so ein Diskurs führt, dann führt das natürlich nicht dazu,

dass man schnell vorankommt, sondern dass man eher die Botschaft vermittelt,

wir haben noch Zeit. Das was Schwanke und Terli sagen ist, wir haben keine Zeit mehr

und deshalb vermitteln sie es auch in ihren Wettersendungen in so einer Dringlichkeit.

Und wie gehen die jetzt eigentlich damit um mit dem, was da passiert?

Also diese Anfeindungen, die werden ja anscheinend mehr, die sind auch ziemlich heftig.

Also beide sehen das so ein bisschen ähnlich, würde ich sagen.

Schwanke sagt, manchmal gibt es Tage, an denen es zermürbend für ihn ist.

Aber dann setze ich mich hin und sage, ne, so schnell gebe ich jetzt hier nicht auf.

Und dann bleibe ich dabei und unterfütte meinen ersten Tweet mit weiteren Fakten,

mit dem nächsten Beispiel, mit dem nächsten Argument.

Und schaue schon, dass ich da nicht zu leicht aufgebe oder einfach ruhig bin,

sondern dafür ist es mir zu wichtig, auch bei meinen Fakten, bei meiner Aussage zu bleiben.

Und wie geht Ostern Terli damit um?

Also Terli hat vor kurzem seine Kommentarfunktion eingeschränkt bei der Plattform X ehemals Twitter

und er hat auch schon anklängen lassen, dass es für ihn jetzt auch nicht abwegig wäre,

die Plattform ganz zu verlassen, wenn es so weitergeht und die Angriffe in der Form zunehmen.

Aber er will trotzdem laut bleiben und Aufmerksamkeit auf das Thema Klimakrise lenken.

Zeitweise ist es ein Kampf, also na klar.

Also das ist dieses permanente Positionieren und versuchen dagegen zu halten.

Das ist natürlich sinnlos, also dieser Kampf, die Klimakrise oder die globale Erhitzung zu leugnen.

Der ist für die Gegenseite nicht zu gewinnen, weil die Physik ist die Physik.

Er sagt auch, dass er eigentlich findet, dass Wissenschaftler, Meteorologen und auch Journalisten sich da stärker wehren sollten.

Seine Position ist, wir müssen das verteidigen.

Wenn Fakten nicht mehr ernst genommen werden und weich gekocht werden,

dann haben wir eben ein gewaltiges Problem in unserer Gesellschaft,

was weit über die Thematik der Wissenschaftsleugnung hinausgeht.

Wie gehst du jetzt aus dieser Recherche raus eigentlich, Isabel?

Weil auf der einen Seite ist es halt schon, finde ich, bewundernswert,

wie Schwanke und Terli damit auch umgehen und weitermachen wollen.

Aber irgendwie finde ich es auch echt ein bisschen frustrierend.

Ja, also ich glaube, es gibt da zwei Sichtweisen irgendwie, die man so annehmen kann.

Man kann natürlich sich das angucken und Axelzucken sagen, ja, das ist halt so.

Das ist jetzt die Gesellschaft, in der wir leben.

Und das machen wir auch einfach sehr oft, würde ich sagen,

weil uns einfach die Zeit fehlt, um da mal innezuhalten und dann genauer drauf zu schauen.

Aber ich glaube schon, dass es manchmal hilft, sich genau diese Zeit zu nehmen

und eben mal innezuhalten und sich zu fragen, wo sind wir eigentlich gerade,

wo sind wir mittlerweile angekommen, dass Wettermoderatoren dafür angefeindet werden,

dass sie Klimafakten berichten und wie sind wir überhaupt da hingekommen sozusagen.

Ja.

Und drauf zu schauen und sich zu fragen, okay, wer streut diese Botschaften,

von wem werden sie verbreitet und was ist das Ziel dieser Botschaften?

Fand ich in dem Zusammenhang sehr wichtig und das haben wir versucht,

eben zu tun in dieser Recherche.

Danke dir, Isabel.

Ja, sehr gerne und danke, dass ich hier sein durfte.

Bis dann.

Ciao.

Am Montag geht es bei 11 km und die Ampel-Regierung,

die anders sein wollte als Koalition bisher, offener, harmonischer und fortschrittlicher.

Zur Halbzeit checken wir, wo die Ampel steht und blicken hinter die Kulissen,

hinter die Schlagzeilen mit dem ARD-Hauptstadt-Korrespondenten Georg Schwarte.

Und das war 11 km heute mit NDR-Reporterin Isabel Schneider.

Den Link zu ihrem Panorama-Film, Hass gegen Wetter-Moderatoren,

den findet ihr in den Shownauts.

Und wenn euch diese Folge gefallen hat, dann erzählt auch wem davon,

den ihr kennt und lasst uns gern ein Abo da.

Autorin dieser Folge ist Nicole Alis.

Mitgearbeitet haben Katharina Hübel und Hannes Kunz.

Produktion Eva Ehhardt, Christiane Gehäuser-Kamm,

Viktor Werisch und Jürgen Kopp.

Redaktionsleitung Lena Götler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Kopmann.

Behören uns am Montag wieder.

Tschüss.

Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

“Bis der Mob euch außer Landes jagt.” Das ist nur eine der Hassnachrichten, die Wettermoderator:innen in Deutschland bekommen. Denn beim Wetterbericht geht es nicht mehr nur darum, ob ich einen Regenschirm einpacken sollte: Meteorologinnen und Meteorologen erklären Starkregen und Hitzewellen, sie erklären Klimaextreme und den Klimawandel. Für 11KM fragt Host Victoria Koopmann: Warum provoziert das Hass? Panorama-Autorin Isabel Schneider vom NDR erzählt uns von ihrer Recherche bei ARD-Wettermoderator Karsten Schwanke und ZDF-Meteorologen Özden Terli.



Und hier geht’s zum Panorama Film von Isabel Schneider: https://www.ardmediathek.de/video/panorama/klimakrise-hass-gegen-wetter-moderatoren/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS9kYTEzZGM1NC1lYzExLTQ3MTktODRjNi05ZjBkNGVmZDI4ZWI



Zum Podcast-Tipp “Mission Klima - Lösungen für die Krise” geht’s hier lang: https://www.ardaudiothek.de/sendung/mission-klima-loesungen-fuer-die-krise/73406960/



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautorin: Nicole Ahles

Mitarbeit: Katharina Hübel und Hannes Kunz

Produktion: Christiane Gerheuser-Kamp, Viktor Veress, Jürgen Kopp und Eva Erhard

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung dieser Folge liegt beim NDR.