Echo der Zeit: Der Vertrag von Lausanne wirkt bis heute nach

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 7/22/23 - 29m - PDF Transcript

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Radio SRF echo der Zeit mit Ivan Lieberherr.

Unsere Schauplätze am Samstag, dem 22. Juli.

Losan, wo vor 100 Jahren ein Vertrag unterzeichnet wurde,

der die Grenzen der modernen Türkei festlegte

und die Träume der Kurden von einem eigenen Staat zerstörte.

Um daran zu erinnern, sind Kurdinnen und Kurden heute auf die Straße gegangen.

Dann, Manipur, der kleine Bundesstaat im Nordosten Indiens,

Wine-Konflikt zwischen der hinduistischen Mehrheit

und der christlichen Minderheit eskaliert.

Wir erläutern die Hintergründe der neuen Gewaltwelle.

Und der Campus Abtaun Basel, wo das kleine Unternehmen Quantum

und große Pläne hat mit Quantencomputern.

Vieles ist noch Zukunftsmusik.

Wir fragen, welche Rolle die Schweiz bei der Entwicklung

und Nutzung dieser Technologie spielen kann.

Die Sendung beginnen wir mit der Nachrichtenübersicht

und Tobias Meier.

Auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim

ist laut den lokalen Behörden ein Munitionslager angegriffen worden.

Das Munitionslager sei wegen des Angriffs in Brand geraten,

teilte die von Russland eingesetzte Regierung auf der Krim mit.

Der Bahnverkehr sei eingestellt und die Bevölkerung aufgefordert worden,

die Gegend zu verlassen.

Auch der Verkehr auf der Krimbrücke wurde zwischenzeitlich gestoppt.

Den Grund dafür nannten die Behörden aber nicht.

Die Brücke verbindet das russische Festland mit der Halbinsel.

Anfang Woche war die Krimbrücke bei einer Explosion beschädigt worden.

Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky sagte an einer

Sicherheitskonferenz, die Brücke müsse zerstört werden.

Russland benutze sie, um seine Truppen mit Munition zu beliefern.

In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist es zu einem Protest gekommen,

weil in Dänemark ein Koran verbrannt worden sein soll.

Die Demonstrierenden versuchten, ins Botschaftsquartier zu gelangen.

Wie Nachrichtenagenturen berichten, wurden sie von der Polizei zurückgedrängt

unter anderem mit Wasserwerfern.

In den letzten Tagen gingen in Irak und anderen muslimischen Ländern

mehrfach Menschen auf die Straße, um gegen Verunglimpfungen

des Korans in Schweden zu demonstrieren.

Die Regierung Malaysia hat ein Musikfestival in der Hauptstadt

Kuala Lumpur gestoppt, weil sich zwei Männer auf der Bühne geküsst hatten.

Der Sänger und der Basist der britischen Band The 1975

hatten mit dem Kost dagegen protestiert,

dass Homosexualität in Malaysia strafbar ist.

Der zuständige Minister sagte zum Abbruch des Festivals,

es gebe keine Kompromisse, wenn Malaysische Gesetze infrage gestellt,

verunglimpft oder verletzt würden.

Er unterstütze die Meinungsfreiheit, sagte er weiter,

es dürfe aber nicht gegen Traditionen und Werte der lokalen Kultur verstoßen werden.

Das Mittelmeer verändert sich wegen des Klimawandels.

Es wird salziger und wärmer.

Zu diesem Schluss kommen Forschende des spanischen Instituts für Meereskunde.

Sie haben Daten der vergangenen 30 Jahre ausgewertet,

mit Proben aus verschiedenen Wassertiefen.

Gemäß der Studie erwärmt sich das Mittelmeer

wegen des Klimawandels alle 100 Jahre um rund 2°C

und an einigen Stellen um 3°C,

wie z.B. an der Costa Brava im Nordosten Spaniens.

Die Erwärmung des Mittelmeers verändert laut anderen Studien

die Artenvielfalt im Meer.

Und nun noch ein Update aus dem Waldbrandgebiet in Wallis.

Dort sei die Lage derzeit stabil,

das Feuer aber nach wie vor nicht unter Kontrolle.

Das sagte ein Sprecher der Gemeinde Bitch zur Nachricht in Agentur Kiston, STA.

Auch heute seien 60 bis 80 Einsatzkräfte daran,

die Glutnester zu löschen.

50 Personen warten noch immer darauf,

in ihrer Häuser zurückkehren zu können.

Sie mussten am Montag die Gefahrenzone verlassen.

Zum Sport, Tour de France.

Jonas Wingegard steht vor seinem zweiten Gesamtsieg.

Daniel Spichtig.

Der dänische Vorjahres-Sieger verteidigte sein Lieder-Trikot

auf der zweitletzten Etappe problemlos

nach Paris fahren.

Auf dem letzten Teilstück wird der Gesamt-Lieder traditionellerweise

nicht mehr angegriffen.

Den Tagessieg auf der Bergetappe in den Vogesen

sicherte sich der Gesamtzweite Tadei Pogacar.

Das Lovene versuchte noch einmal alles,

um seinen Rückstand von über sieben Minuten zu verkürzen.

Doch Wingegard ließ sich erst im Sprint kurz vor dem Ziel leicht distanzieren.

Und im Final des Tennis-Tourniers in Gestalt

kommt es morgen zum Duell zwischen Spanier Albert Raas

und dem Argentinier Pedro Cacin.

Wer Albert Ramos wäre, ist der zweite Sieg in Berner Oberland.

Pedro Cacin steht zum ersten Mal überhaupt in einem Final auf der ATP-Tour.

Und wie wird das Wetter Tobias Mario?

Morgen scheint zunächst die Sonne am Nachmittag ziehen,

dann aber mehr und mehr Wolken auf,

gleichzeitig frischt der Südwestwind kräftig auf.

Am Abend regnet es lokal.

Die Höchstwerte liegen in der ganzen Schweiz zwischen 27 und 30

Grad.

Es war am 24. Juli 1923 in Losan.

Am Verhandlungstisch wurden wichtige Grenzen im mittleren Osten gezogen

und im Vertrag von Losan festgehalten.

Das Gebiet der modernen Türkei.

Aber auch das Gebiet der Kurden verteilt auf vier Länder,

auf die Türkei, den Iran und den Irak und auf Syrien.

Mit dem Vertrag von Losan wurde also die Hoffnung der Kurden

auf einen eigenen Staat zerstört.

Gerade weil die Kurdenfrage damals nicht gelöst wurde,

hat dieser Vertrag auch heute noch folgen, 100 Jahre später.

Kurdinnen und Kurden haben heute in Losan des Vertrags gedacht.

Westschweiz-Korrespondent Andreas Stüdli war dabei.

Tausende Kurden haben heute in Losan gegen den Vertrag demonstriert.

Dafür sind sie aus ganz Europa angereist

und auch aus der kurdischen Diaspora in der Schweiz sind viele hier,

wie Emre Al-Kulteli.

Er sagt,

Ich bin geflüchtet seit fünf Jahren bin ich in der Schweiz

und genau aus den Gründen,

welche der Losan-Vertrag in Nordkurdistan,

aber auch in anderen Teilen von Kurdistan geschaffen hat.

Wegen der Spätfolgen des Vertrags.

Damit meint er,

Ich wurde zur Gefängnisstrafe verurteilt wegen meinen politischen Aktivitäten,

weil ich ein freies Kurdistan gefordert habe.

Ein freies Kurdistan, ein eigener Staat.

Dafür sei es nach dem Ersten Weltkrieg zunächst noch gut aus,

denn 1920 wurde in Parisev ein Vertrag ausgehandelt,

der Autonomie für die Kurden vorsah

und ein multikulturelles Kleinasien.

Dann kam alles anders.

Die Griechen und die Türken führten Krieg gegeneinander

und die Türkei an deren Seite auch viele Kurden mitgekämpft hatten, gewann.

Nur drei Jahre nach dem Vertrag aus dem Pariser Vorort

begannen in Losan neue Verhandlungen.

Der Schweizer Geschichtsprofessor Hans-Lukas Kieser

lehrt an der Universität Newcastle in Australien.

Er hat zu ihm ein Buch zum Vertrag von Losan publiziert.

Mit dem Entwurf aus Säfch

habe der Losan-Vertrag nichts mehr zu tun, sagt er.

Losan ist dann das pure Gegenteil.

Das ist die Anerkennung eines türkisch-nationalistischen Einheitsstaates

in ganz Kleinasien.

Und alles andere vorher angedachte, nicht nur angedachte,

aber festgelegte,

wurde tatsächlich zum Teil stilschweigend adakta gelegt.

Auch der Traum vom kurdischen Staat wurde in Losan beerdigt.

Ausgehandelt wurde der Vertrag von den Siegermächten

des Ersten Weltkrieges allen voran Frankreich und Großbritannien.

Verhandelt wurde mit der Türkei,

die Kurden durften nicht einmal

eine eigene Delegation stellen.

Der Vertrag von Losan wird auch als Orientfrieden beschrieben.

Dieses Bild sei aber falsch, sagt Kieser.

Das war in dem Sinne gar kein Frieden,

sondern einfach ein Deal zwischen den Machtabern der Zeit.

Ein Deal, der heute unterschiedlich betrachtet wird.

Aus türkischer Sicht ist es die Gründung des heutigen Staates

und eine diplomatische Sternstunde.

Für die Minderheiten wie die Kurden, die Armeenir, die Asyr oder die Aleviten

ist der Vertrag hingegen eine offene Wunde,

weil ihre Interessen nicht berücksichtigt worden sind.

Und vor allem ein Deal, bei den die Westmächte ihre eigenen Grundsätze

wie das Völkerrecht missachteten.

Denn nach dem gewonnenen Krieg wurden in der Region Menschen vertrieben.

Über eine Million Griechen, vor allem orthodoxe Christen,

mussten die Türkei verlassen

und umgekehrt 350.000 Muslime Griechenland.

Das wurde in Losan abgesignet

und das sei europäischer Defetismus, sagt Kieser.

Aber Losan, würde ich sagen, ist eigentlich der entscheidende Beginn,

weil da hat man, was im Völkerrecht nie anerkannt worden wäre,

vorher einen Zwangsaustausch befürwortet und mitorganisiert.

Das sei die Art von Realismus, wie die damaligen Mächte

in Zwischenkriegszeiten Konflikte lösen wollten.

Die Meinung damals war, die Diplomatie glaubte,

also im Westen und im Grunde in der Türkei,

das sei nun ein für alle Mal einfach erledigt,

aber das war eine Illusion.

In der Realität gingen die Konflikte eben weiter

und vor allem die Kurden würden bis heute unter dem Vertrag von Losan leiden,

sagt Hans-Lokas Kieser.

Wir wollen, dass man die Kurden zum Beispiel bis heute

so wenig unterstützt, zum Beispiel mit ihrem ES-Problem,

mit ihren Gefangenenlagern.

Das ist eigenartig, man ist immer die Angst,

dass man Ankara verbrellt und das hat direkt massiv mit Losan zu tun.

Der Vertrag von Losan brachte deshalb nur vorübergehend Frieden.

An der Demonstration wünscht sich Emre Al-Kulteli vor allem eines.

Wir wollen eigentlich die Autonomie,

das heißt, wir wollen mit den anderen Völkern der Region zusammenleben.

Vorschläge, wie das gehen soll,

das will ein kurdischer Kongress bis am Montag in Losan diskutieren.

Die türkische Gemeinschaft gedenkt des Vertrags von Losan dann im Herbst.

Das ist das Echo der Zeit vom Radio SRF.

Weiter geht's mit einem Konflikt zwischen religiösen Gruppen

im Nordosten Indiens.

Erstmals hat sich nun Premier Narendra Modi dazu geäußert,

wiederwillig.

Mit Quantencomputern, die selber zwar viel Energie verbrauchen,

aber helfen könnten, die Klimakrise zu bewältigen.

Und mit den Korsaken in der Ukraine

und ihrem Kampf gegen ungemütliche Nachbarn in der Vergangenheit,

wie in der Gegenwart.

Manipur im Nordosten Indiens,

ein kleiner Bundesstaat mit rund 3,5 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern.

Dort konnte es immer wieder zu Konflikten zwischen der hinduistischen Mehrheit,

die die Politik dominiert und auch sonst privilegiert ist

und zwei vorwiegend christlichen Stämen.

Im Mai ist dieser ethnische Konflikt eskaliert.

Und diese Woche nun wurde ein Videoclip publik.

Er zeigt einen sexuellen Übergriff auf zwei Frauen der christlichen Minderheit,

begangen von mehreren Männern der hinduistischen Mehrheit.

Der Clip hat die Lage weiter verschärft

und eine landesweite Debatte ausgelöst.

Darüber sprach ich mit Maren Peters, unserer Korrespondentin in Indien.

Ich habe sie gebeten, uns zuerst die Hintergründe dieses Konflikts zu erläutern.

Bei dem Konflikt stehen sich zwei ethnische Gruppen gegenüber.

Auf der einen Seite die Mehrheit der Maithi, das sind überwiegend Hindus.

Sie leben in der kleinen fruchtbaren Ebene Manipur.

Sie haben viel Geld und Einfluss.

Und auf der anderen Seite stehen Stämme wie die Kuki und Naga.

Das sind überwiegend Christen.

Sie leben in den Bergwäldern, gelten als benachteiligt und relativ arm.

Und diese Spannungen zwischen beiden ethnischen Gruppen

sind Anfang Mai nach einem Gerichtsurteil erstmals eskaliert.

Das Oberste Gericht, das hatte der Regierung von Manipur,

empfohlen auch den Maithi, die ohnehin eben besser situiert sind,

bestimmte Vorrechte zuzugestehen,

die die Verfassung eigentlich nur für benachteiligte Stämme wie die Kuki vorsieht.

Da geht es also um den bevorzugten Zugang zu Land und zu Regierungsjobs zum Beispiel.

Die Kuki, die haben gegen diesen Gerichtsentscheid demonstriert,

weil sie Angst haben, dadurch noch stärker in die Ecke gedrängt zu werden

von der Maithi Mehrheit.

Und diese Proteste sind dann schnell gewalttätig geworden.

Und seitdem wurden mindestens 120 Menschen getötigt,

Frauen vergewaltigt, 100.000 von Menschen vertrieben,

Häuser und viele, viele Kirchen zerstört.

Der Konflikt ist also im Mai eskaliert.

Nun hat aber wie eingangs erwähnt ein Videoclip eines sexuellen Übergriffs

den Konflikt noch weiter eskalieren lassen diese Woche.

Was ist geschehen?

Ja, der Inhalt dieses Videos ist unglaublich brutal.

Es zeigt zwei Frauen der Kuki-Minderheit,

die von einer Gruppe Maithi-Männern gezwungen werden,

sich in der Öffentlichkeit nackt auszuziehen.

Diese Männer Horde treibt sie anschließend durchs Dorf

und eine der Frauen wird am Ende massenvergewaltigt.

Ihr Bruder, der ihr helfen wollte, wird sogar umgebracht.

Das Video ist schon vor mehr als zwei Monaten gedreht worden,

ist aber jetzt erst einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden,

weil das Internet in Manipur seit Beginn des Konfliktes gesperrt war,

bis vor wenigen Tagen angeblich aus Sicherheitsgründen.

Weil dieses Video erst jetzt bekannt geworden ist,

ist dieser Konflikt jetzt noch einmal eskaliert.

Der Oberste Gerichtshof Indians hat dieses Video

inzwischen als zutiefst verstörend bezeichnet

und sowohl die Regierung von Manipur als auch die Zentralregierung

in Delhi aufgefordert, gegen die Täter vorzugehen.

Denn interessanterweise hatte diese schreckliche Tat

bis hier keinerlei Konsequenzen für die Täter.

Die Familien der Frauen haben zwar Anzeige bei der Polizei erstattet,

die hat aber seitdem nichts unternommen.

Und was unternimmt die Politik sonst, die lokale Regierung,

die Zentralregierung in Neu-Deli?

Leider nicht, beide Regierungen in Delhi und Manipur

haben sich seit zweieinhalb Monaten überhaupt nicht zu dieser

Gewalteskalation geäußert, sondern die Dinge einfach laufen lassen.

Und parallel bewaffnete Einsatzkräfte nach Manipur geschickt.

Die Genehmigung hatten auf Zivilisten zu schießen

und den Konflikt damit vielleicht sogar noch weiter verschärft haben.

Kritiker werfen insbesondere dem hindu-nationalistischen

Regierungschef Narendra Modi deshalb Komplizenschaft vor,

mit der in Manipur dominierenden Maiti Hindi Mehrheit.

Der Regierungschef Modi hat sich erst jetzt Ende der Woche

erstmalig geäußert, nach zweieinhalb Monaten des Schweigens,

allerdings nur zum sexuellen Übergriff.

Und auch erst nachdem dieses Video plötzlich auf Social Media

verbreitet wurde, das hat offenbar Druck gemacht.

Modi hat sich zum sexuellen Übergriff geäußert,

aber nicht grundsätzlich zu diesem Konfliktstellung bezogen.

Genau, er hat nur diesen Vorfall, wie er das nannte, verurteilt,

als beschämenden Akt für jede zivilisierte Gesellschaft.

Und dann rief Modi noch die Chefs aller Bundesstaaten dazu auf,

Frauen besser zu beschützen.

Aber eben grundsätzlich zum Konflikt in Manipur hat er nicht gesagt,

obwohl schon so viele Leute ums Leben gekommen sind.

Modi weicht also aus und auch das nicht zum ersten Mal bei wichtigen Themen.

Was sich im Bundesstaat Manipur zeigt,

dass die Hindus viele Privilegien haben,

während Minderheiten diskriminiert werden,

lässt sich das übertragen auf ganz Indien?

Ja, das hat leider System.

Die Diskriminierung religiöser Minderheiten

ist wichtiger Bestandteil der Regierungspolitik,

die darauf abzielt einen Hindustart zu errichten.

Und das, obwohl die indische Verfassung ganz klar

den musikularen Staat vorschreibt.

Diese Politik führt dazu, dass Hindus,

die in Indien mit rund 80% klar die Mehrheit stellen,

bevorzugt behandelt werden,

während Minderheiten wie Muslime oder eben auch Christen,

wie wir in Manipur sehen, zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden

und auch entsprechend behandelt werden.

Darum können sich diese Minderheiten eben oft nicht darauf verlassen,

dass die Polizei der Staat ihnen hilft, wenn ihnen etwas zustößt.

Dieses Muster hat sich auch in Manipur wieder gezeigt.

Es gibt ja auch eine Opposition zur hindu-nationalistischen Partei.

Wie äußert die sich?

Ja, es gibt eine Opposition angeführt von der Kongresspartei,

aber die war bisher zu schwach und auch zu zersplittert,

dass sie etwas gegen die sehr gut finanzierte

und auch sehr starke Regierungspartei, die BJP, hätte ausrichten können.

Die BJP, die hat die letzten beiden Wahlen

mit ihrer Politik haushoch gewonnen, liegt bei Umfragen auch jetzt weit vorn.

Sie ist also sehr erfolgreich mit ihrer nationalistischen Politik.

Die Opposition hat zwar in den letzten beiden Tagen im Parlament lautstark

eine Debatte über den Aufstand und einen Kommentar auch von Modi gefordert,

aber bisher hat die Regierungspartei diese Debatte nicht zugelassen

mit dem etwas fadenscheinigen Argument,

dass die Opposition zu viel Radau mache im Parlament.

Die Regierung hat das Parlament dann lieber vorübergehend schließen lassen.

Nochmals zurück zum Konflikt im Bundesstaat Manipur.

Wenn ich Ihnen zuhöre, dann ist wohl kaum mit einer baldigen Entspannung zu rechnen.

Der Konflikt dürfte weiter schwälen und immer wieder auch Gewaltexzesse auslösen.

Ja, das kann man zum jetzigen Zeitpunkt zumindest nicht ausschließen,

solange die hindo-nationalistischen Regierungen in Manipur

und auch in Delhi nicht endlich ein Machtfort sprechen und entschieden eingreifen,

wird dieser Konflikt wahrscheinlich nicht so schnell beendet werden.

Jetzt richten sich alle Augen auf das Parlament,

in der Hoffnung, dass Modi bei der Wiedereröffnung am Montag

dann endlich doch noch Farbe bekannt, aber garantiert ist das nicht.

Erläuterungen von unserer Südasien-Korrespondentin Maren Peters.

Quantencomputer.

Da sind Computer, die komplexe Daten schneller verarbeiten können,

als die komplexe Computer, weil sie viele Rechenprozesse parallel ausführen können.

Sie brauchen dazu viel Strom.

Trotzdem könnten Quantencomputer auch Lösungen für die Klimakrise liefern.

Klaus Ammann hat sich das zeigen lassen bei der Firma Quantum in Allesheim.

Quantencomputer stehen bisher vor allem in Universitäten und anderen Forschungszentren.

Damia Bogdan aber will sie auch kommerziell nutzen.

Der Chef von Quantum Basel hat sein Büro in einem modernen,

erst teilweise bezogenen Gebäude auf dem Campus Abtaun Basel,

der in Allesheim im Süden der Stadt am entstehen ist.

Quantenrechner haben heute bereits in der Wirtschaft viele Möglichkeiten,

wo man mit den heute bestehenden Systemen klare Wettbewerbsvorteile schaffen kann.

Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu herkömmlichen Rechnern.

Damia Bogdan macht ein Beispiel.

Quantencomputer haben den Vorteil, dass sie nicht nur mit 0 und 1,

mit sogenannten Bits rechnen, sondern mit sogenannten Q-Bits.

Das bedeutet, dass man sämtliche Zustände zwischen 0 und 1 auch mitrechnen kann.

Und das ermöglicht, komplexe Berechnungen viel schneller

und teilweise auch akkurater durchzuführen.

Ein Auftrag, den Quantum Basel bereits ausgeführt hat,

kam vom US-Industriekonzern Channel Electric.

Dieser muss regelmäßig rund 40.000 unterschiedliche Maschinenteile

in verschiedenen Werkstätten reparieren lassen.

Und jetzt ging es darum, dass man diesen ganzen Prozess so optimiert,

dass die Teile, bevor sie überhaupt kaputtgehen,

schon einen Slot in der Reparaturwerkstätte haben.

Die Logistik dahin ist geregelt worden.

Und am Schluss ist die Effizienz und die wird gemessen in Ausfallzeit

bzw. in der Länge, bis es repariert ist, viel stärker gestiegen.

So und ähnlich könnten Quantencomputer viele Prozesse

in unterschiedlichen Branchen effizienter machen, ist Damia Bogdan überzeugt.

Das Problem, diese Rechner benötigen riesige Mengen Strom.

Der Quantum Basel-Chef streitet das nicht ab.

Er betont aber, dass Quantenrechner pro Rechnung deutlich weniger Energie

verbrauchen als herkömmliche Computer.

Schätzungen gehen von 100 bis künftig 1000 Mal weniger Energie

für die gleiche Berechnung.

Und weil Quantencomputer komplexe Aufgaben lösen könnten,

könnten sie gerade im Energie- und Klimabereich künftig eine wichtige Rolle spielen.

Heute basieren Prognosen zum Klima beispielsweise auf historischen Daten.

Die Hoffnung nun sei, dass man künftiges auch schaffen wird,

aufgrund von Realtime-Daten dann auch viel adäquater und schneller

auch in die richtige Richtung steuernd einzugreifen.

Vieles ist noch Zukunftsmusik.

Noch betreibt Quantum Basel auch keine eigenen Rechner in Arlesheim.

Das Unternehmen mietet Quantenrechnerkapazität

bei großen Industriepartnern wie IBM.

Doch die Branche entwickelt sich rasant,

vor allem in den umliegenden europäischen Ländern.

Die Schweiz, die von vielen europäischen Forschungsprogrammen ausgeschlossen ist,

drohe den Anschluss in dieser Zukunftstechnologie zu verlieren,

schreibt beispielsweise mit den Nationalräten Elisabeth Schneider-Schneiter

in einer Interpellation an den Bundesrat.

Die Branche fordert mehr Unterstützungsgelder.

Neben dem Energieverbrauch und der Finanzierung

stellen sich auch ethische Fragen rund um Quantencomputer.

Diese könnten künftig auch verwendet werden, um Verschlüsselungssysteme zu knacken,

ohne Verschlüsselungssysteme, aber ist die Privatsphäre von Einzelpersonen

und Unternehmen gefährdet.

Kurz, wohin sich die Technologie entwickelt

und wie wichtig die Rolle der Schweiz in dieser Entwicklung sein wird,

ist heute offen.

Klar scheint Quantencomputer werden immer präsenter in der Wirtschaft

und damit auch in der Politik.

Die Ukraine kämpft seit dem russischen Angriff um ihr Überleben als unabhängiger Staat.

Und sie sucht auch nach ihrer Identität.

Dabei spielen die Korsaken eine zentrale Rolle, jene freien Krieger,

die sich ab dem 16. Jahrhundert gegen den russischen Zaren,

den polnischen König und den osmanischen Sultan behaupteten.

Auslandredaktor David Nauer hat die Wiege der ukrainischen Korsaken besucht,

eine Insel im Fluss Nipro.

Die Schweiz hat das Rütli, die Ukraine hat die Insel Kortiza.

Mächtig zieht der Nipro rechts und links vorbei.

Auf einer Anhöhe am Nordrand der Insel steht ein Dorf ganz aus Holz.

Eine Kirche mit drei Türmen, Wirtschafts- und Wohngebäude mit Schilftach,

ein hoher Palisadenzaun zum Schutz.

Was aussieht, wie aus dem 16. Jahrhundert, ist ein Nachbau von 2010.

So sollen die Korsaken gelebt haben,

die im Umland der heutigen Großstadt Saaparija siedelten.

Mitten auf dem Dorfplatz steht Witzscheslaw Saricev.

Er ist Chef-Historiker des Korsaken-Museums auf Kortiza.

Hier haben die Korsaken gebetet.

Da hat das Korsaken-Parlament getagt.

Dort waren die Truppen untergebracht.

Saricev liebte es, aus der Geschichte zu erzählen.

Wer waren die Korsaken?

Das waren Menschen, die hier am unternden Nipro gelebt haben.

Sie fischten. Sie kontrollierten die Flussübergänge.

Sie arbeiteten aus Lotsen für die Schifffahrt.

Manche von ihnen waren schon sehr lange hier.

Andere waren vor den russischen Zaren geflohen.

Oder vor den polnischen Königinnen.

Wildes Feld wurde das Gebiet einst genannt.

Eine Steppenlandschaft zwischen den Großreichen.

In diesem Niemandsland waren die Korsaken zu Hause.

Auf der Insel Korsaken,

sollen sie ihre erste Festung gebaut haben.

So genau weiß man das freilich nicht.

Überreste einer Korsaken-Siedlung

fand man bloß auf einer kleinen Nachbarinsel.

Wie oft, wenn sich Nationen ihre Identität zimmern,

sind historische Fakten und Myzen ineinander verwoben.

Manches aber ist durchaus bekannt über die Korsaken.

Sie haben sich eigene Regeln gegeben.

Und das war besonders.

Rundherum herrschten Könige, Zaren und Dachan der Tataren.

Sie aber bauten eine Demokratie auf.

Sie wählten ihren Hetman, ihren Anführer selbst.

Heute liegt rund um Hortezade, Großstadt, Saaparizia.

Die Front ist weniger als 40 km entfernt.

Die Russen schießen immer wieder Raketen auf die Stadt.

Die Russen schießen immer wieder Raketen auf die Stadt.

Das Gebiet war auch vor 500 Jahren schon gefährlich.

Ständig gab es Kämpfe mit den Tataren

oder mit anderen Reiterarmeen aus dem Osten.

Ungemütlich auch die anderen Nachbarn der Korsaken,

das Königreich von Polen, Litauen und die Moskauer Zaren.

Die Korsaken lebten in einem Zustand ständigen Krieges.

Sie waren allzeit bereit zum Kampf, sei es zur Verteidigung

oder zum Angriff.

Eine freie demokratische Gesellschaft,

die sich selbstbewusst gegen autokratische Imperien wird.

Ähnlichkeiten mit der Gegenwart sind nicht Zufall.

Sie sind Teil des ukrainischen Selbstverständnisses.

Die Korsakischen Urahnen sind den Ukrainern heute wie der Vorbild.

Historiker Saricev sieht überhaupt viel Kontunität

zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Man kann sagen, dass es so ist,

dass der Krieg, den wir jetzt haben,

ist die Fortsetzung eines Jahrhunderts der alten Konflikts.

Hier treffen verschiedene Zivilisationen aufeinander.

Dazu kommen wirtschaftliche und politische Interessen.

Mitten drinnen die Ukrainer, so wie einst die Korsaken.

Wer dieser Geschichte interpretiert,

dann ist es der Krieg.

Das heißt, die Korsaken.

Wer dieser Geschichte interpretieren folgt,

der glaubt auch, die Russen haben sich mit den Falschen angelegt

in diesem Krieg. Historiker Saricev.

Als mich mein Sohn am 24. Februar letzten Jahres geweckt hat

und sagte, Papa, der Krieg hat begonnen,

da habe ich als Historiker gleich gewusst,

den Russen wird nichts gelingen.

Die Korsaken, diese freien Krieger von früher,

sollen den Ukrainen Zuversicht geben im Krieg von heute.

Die Korsaken und das ukrainische Selbstverständnis,

das war David Nauer.

Und das war das Echo der Zeit vom Samstag,

dem 22. Juli, mit Redaktionsschluss um 18.28 Uhr.

Verantwortlich für diese Ausgabe Lukas Schneider

für die Nachrichten Marisa Eckli.

Und am Mikrofon war Ivan Lieberherr.

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Vor 100 Jahren wurde der Vertrag von Lausanne unterzeichnet. Er zog im Orient neue Grenze und legte das Staatsgebiet der modernen Türkei fest. Gleichzeitig begrub der Vertrag von Lausanne auch die Hoffnungen der Kurden auf einen eigenen Staat. In Lausanne sind Kurdinnen und Kurden heute auf die Strasse gegangen und haben daran erinnert.

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