FALTER Radio: Der falsche Terrorvorwurf einer Razzia - #906
FALTER 3/16/23 - Episode Page - 45m - PDF Transcript
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Falter Radio, der Podcast mit Raimund Löw.
So herzlich willkommen meine Damen und Herren im Falter. In dieser Sendung geht es um den
falschen Terrorvorwurf einer Ratia. Im November 2020 sind in Österreich fast 1.000 Mann Polizei
und Antiterrorpolizei ausgerückt, um Wohnungen und Büroräume aufzubrechen, Computer zu beschlagnahmen
und angebliches Beweismaterial sicherzustellen. Der damalige Innenminister Nehermer, der heutige
Kanzler, sprach von einer Antiterroraktion gegen die Muslimbrüderschaft. Operation Luxor war
die Bezeichnung der Behörden für die spektakuläre Aktion. Aber seither werden Verfahren eingestellt,
Hausdurchsuchungen stellen sich als Gesetzwidrig heraus. Gegen mehr als 70 muslimische Bürger waren
Strafverfahren eröffnet worden wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung, der Mitgliedschaft in einer
Terrororganisation und der Geldwäsche. Diese schweren Vorwürfe waren offenbar unbegründet.
Die schweren Beschuldigungen haben sich in Luft aufgelöst. Die mehr als 70 Beschuldigten sind,
rehabilitiert, der Rechtsstaat hat funktioniert, kann man sagen. Aber eine juristische und eine
politische Aufarbeitung des Skandals lässt auf sich warten. Solidarität mit dem zu Unrecht
beschuldigten hat es vor allem im Ausland gegeben. War die österreichische Öffentlichkeit lange zu
zögerlich, weil Islamfeindlichkeit so weit verbreitet ist in unserem Land. Darüber werden
wir heute sprechen und ich begrüße sehr herzlich die Juristin Ingeborg. Zerbes Gundag,
Frau Dr. Zerbes ist Professorin für Strafrecht an der Universität Wien. Sie hat die Untersuchungskommission
zum Terroranschlag in Wien von 2020 geleitet und da hat diese Operation Luxor auch eine gewisse
Rolle gespielt. Warum ist es da gegangen? Also das wurde uns jedenfalls von den befragten
Nachrichtendienstlichen Dienststellen so geschildert, auch auf unsere Nachfragen extra. Es war ja
wenige Tage nach dem Anschlag, war ja bereits diese riesige Operation Luxor und sehr medienwirksam
ausgetragen, dass man über Jahre bereits Ressourcen gebunden hat für diese sehr personalintensive
Zugriffe, einschließlich Vorbereitung, heißt jetzt Observation, Vertrauensleute finden und so
weiter. Über lange Zeit, sodass Ressourcen gebunden waren und der Ressourcenmangel war
spürbar. Wir wissen wie er ausgegangen ist letzten Endes. Ganz konkret kann ich sagen die
Verschiebung der Gefährderansprache gegen den späteren Atemtäter, also damals dann späteren
Atemtäter, die war diese Operation Luxor geschuldet. Das heißt man hat Operation Luxor betrieben und
in Wirklichkeit, wo ein wirklicher Atemtäter war, dort hat man nicht so genau hingeschaut. Wir
sprechen dann noch über die Details. Ich begrüße sehr herzlich den Soziologen Reinhard Kreisel. Guten
Tag. Guten Tag. Herr Kreisel ist Kriminalsoziologe, er leitet in Wien das Vienna Center for
societal security. Und ebenfalls begrüße ich den Integrationsexperten genannt. Künger,
hallo. Hallo. Herr Künger ist unter anderem im wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle
Politischer Islam der österreichischen Bundesregierung tätig. Und dann sind wir online verbunden
mit zwei Experten. Islamwissenschaftler Thomas Schmiedinger ist hier, hallo. Hallo, ich bin
zwar kein Islamwissenschaftler, aber gerne mit dabei bei der Diskussion. Eine Naastexperte,
das ist die genaue richtige Bezeichnung. Thomas Schmiedinger lehrt und forscht zur Zeit im
irakischen Kurdistan an der Universität der Stadt Erbil. Und ich begrüße ebenfalls online den
Politikwissenschaftler Farid Hafes. Hallo. Hallo. Farid Hafes war einer der Opfer der Operation Luxor,
er richtet und forscht jetzt an einem amerikanischen Bundesstaat, Massachusetts, genauso wie an einem
College in New York, wo er erst zugeschaltet ist. Also es ist ein globaler Talk, wir sind in
Wien. Farid Hafes ist in New York und Thomas Schmiedinger ist im Irak. Farid Hafes, dieses
Verfahren gegen sie ist Anfang des Jahres eingestellt worden, sie sind rehabilitiert. Aber es
hat zweieinhalb Jahre gedauert. Wie hat dieses Verfahren ihr Leben verändert? Zum einen ist es so,
dass ich einmal nicht mehr da bin, wo ich einmal war, nämlich in Wien, sondern im Wesentlichen
meine Sachen gepackt habe. Ich muss gestehen, ich hatte schon bereits davor das Gefühl, dass es
eigentlich immer enger wird in Österreich, im Spezifischen, in Europa, im Allgemeinen,
in Kontinentaleuropa, im Allgemeinen, weil sich die Stimmung immer mehr zuspitzt. Und ich hatte
eigentlich davor auch schon die Absicht in die USA auszuwandern. Und nachdem die Operation Luxor
dann passiert ist und das einen enormen, auch eine psychische, ökonomische, politische Last mit
sich gebracht hat, in Zuge der Ratia, habe ich dann endgültig meine Koffer gepackt und habe gesagt,
okay, ich werde jetzt in die USA tatsächlich auswandern, weil es einfach keinen Sinn mehr macht,
wenn die eigene Forschung auch als Indiz für Terrorismus erachtet wird von den
Sicherheitsdiensten hier noch irgendwie freie Wissenschaft ausüben zu können.
Jetzt, wenn wir noch einmal zurückgehen zu dem Tag der Hausdurchsuchung bei Ihnen. Sie haben das
immer wieder beschrieben, wie die Tür aufgebrochen wurde, das Fenster eingeschlagen wurde, wie ihre
Kinder schockiert waren. Wenn Sie zurückdenken haben Sie, haben die Polizei beahmt, der damals
wirklich geglaubt, da steht jetzt ein gefährlicher Terrorist vor Ihnen und nicht ein Wissenschaftler
der Artikel schreibt. Bin ich mir nicht so sicher, um ehrlich zu sein, aber ich glaube, es geht auch
jetzt weniger sozusagen um das Individuelle, weil auch wenn man sich sozusagen das Verhalten der
einzelnen Polizei angehörigen und Sicherheitsdienste anschaut, sieht man, dass sie sehr unterschiedlich
mit sehr unterschiedlichen Leuten umgegangen sind. Ich glaube, das, was wirklich zählt am Ende des
Tages ist, dass es einen politischen Befehl gegeben hat. Es gab eine Anordnung von Seiten der
Staatsanwaltschaft, es gab eine Vorbereitung von Seiten der Sicherheitsdienste. Ich kann Ihnen eines
sagen, in den Einvernahmen, die ich immer wieder machen musste bei den österreichischen Geheimdiensten,
damals BVT, heute DSN, da schien es tatsächlich so, als würden die das glauben. Also, dass hier
gerade jemand dabei ist, ein weltweites Qualifat aufzuspannen von Wien aus, in dem Dinge gemacht
werden, die jetzt bei jeder anderen Religionsgruppe als Teil der kollektiven religiösen Praxis
betrachtet werden würde. Dabei sind sich jemand, der Bücher schreibt und Artikel schreibt gegen die
Islamophobie in Österreich und in Europa. Jetzt, der österreichische Rechtsstaat hat ja funktioniert.
Sie sind rehabilitiert. Andere sind auch rehabilitiert. Sehen Sie das auch so? Nicht ganz. Also,
natürlich, Sie haben schon recht auf der einen Seite, das Oberlandesgericht als das Beschwerdegericht
hat meinen und auch viele andere Fälle sozusagen eingestellt, also die Ermittlungen eingestellt.
Man muss auch sagen, es kam ja nie zu einem Strafprozess. Also, es ist ja nie zu Gericht
gekommen. Es war nie so weit wie bei einem Strache oder anderen bekannten Fällen, die jetzt gerade
in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. Sondern es war eigentlich immer die Ermittlung vor,
bevor das überhaupt jetzt in einen Gerichtssaal kommt. Gleichzeitig sage ich, Jain hat der
Rechtsstaat funktioniert, weil man muss schon eine Sache sagen. Das Landesgericht Graz,
das ja eigentlich also per Definition Haft- und Rechtsschutzrichter sein sollte. Das heißt,
eigentlich den Beschuldigten beschützen müsste, die haben ja in erster Linie überhaupt all
diese Ratsien ermöglicht. Die haben auch bei mir mit Verweis darauf, dass meine Islamophobie
Forschung ein Indiz für Terrorismus sein würde, ja auch in erster Instanz mein Einstellungsgesuch
abgelehnt. Das heißt, ob der Rechtsstaat hier funktioniert hat, ich würde sagen,
er könnte besser funktionieren. Aber wir sind noch nicht in irgendwelchen urbanischen Zuständen,
wo sozusagen das Gericht komplett eingekauft wurde von der Politik und damit ja natürlich in
der zweiten Instanz hat der Rechtsstaat funktioniert. Frau Zerbes, wie sehr ist das ein dunkler
Fleck für die Justiz, der ganze Vorgang? Oder muss man am Ende sagen, alles gut, weil der
Rechtsstaat hat letztlich funktioniert, aber eben nur in zweiter Instanz? Also man muss mal dazu
sagen, es ist das Ermittlungsverfahren bereits ein Teil des Strafverfahrens. Also nicht erst ab der
Anklage schon vorher und damit ist auch das Stigma verbunden gegen die Personen, die sozusagen
in so einer Ermittlungsmaßnahmen involviert sind, vor allem weil das sehr medial ja auch sehr
aufbereitet. Das ist jetzt nicht bloß ein Vorverfahren, sondern es ist das Ermittlungsverfahren
zu einem Strafverfahren und deswegen auch die staatsanwaltschaftliche und richterliche
Verantwortung. Es ist ein dunkler Fleck insofern, als hier wirklich ein paar Sachen zusammenspielen,
die man anders hätte entscheiden können und müssen. Es fang damit an, dass die Sicherheitsbehörden
im weitesten Sinn Sicherheitsbehörden hier Dinge zusammengetragen haben und ausgedeutet haben,
die in keiner Weise, ich habe ja das Urteil des Oberlandesgerichtes, das ist im Beschluss des
Oberlandesgerichtes auch gelesen, den keiner Weise irgendwie darauf hinweisen, dass jemand einen
Anschlag vorbereitet, ein Kalifader richten, den so die Scharia hier einführen will, also nichts der
gleichen weiß darauf hin, also dass die Polizei, die es so ausgelegt oder die Sicherheitsbehörden,
die es so ausgelegt haben, BVT, Landesverfassungsorganisationen, die Auslegung übernommen ist von
der Staatsanwaltschaft, auch nicht wirklich so überprüft wie wenn man das vernünftig und unbefangen
liest und dann, und das ist ein Problem und das ist ein Problem auch in anderen Verfahren, die Richter und
Richterinnen im Ermittlungsverfahren, die segnen die staatsanwaltschaftlichen Anordnungen durch so eine
genannte Stampilie ab, also einfach den Stempel drauf, mit dem sie sich anschließt an die
Argumentation der Staatsanwaltschaft und das ist eine Bewilligung und nicht ein noch einmaliges
Durchdenken des staatsanwaltschaftlichen Gedanken. Das ist erst viel zu spät, dann passiert Herr Kreisel
inwiefern, kann man sagen, das ist ein Justizskandal, was da passiert ist? Es ist ja wie wir schon gehört
haben, es ist sowohl als auch, also es ist meinerseits auf der Ermittlungsseite was, das ist die
Urteil, das ist eine schallende Ohrfeige, wenn man hier ist vom Oberlandesgericht Graz, dann liest
an für die Ermittlungsbehörden, der war es miserabel, andererseits wir haben es geschafft und
sie sind alle wieder rehabilitiert und alle Anschuldigungen sind zurück, insofern hat es
funktioniert, inwieweit es im Vorfeld, ich würde noch ein Stück weit zurückgehen und sagen die
Ermittlungs, also die polizeilichen Ermittlungen, die sind ja sehr lange gelaufen, bevor die
Staatsanwaltschaft dazu gekommen ist und da ist doch einiges, glaube ich, drunter und drüber
gegangen, wo man sich das nochmal genau anschauen müsste, wie arbeiten die Sicherheitsbehörden
hierzulande und die Staatsanwaltschaft sollte auch belastende und endlastende Fakten gegeneinander
abwägen, das ist auch nicht geschehen, also insofern am Ende sind wir glücklich, sind wir gut
rausgekommen, aber es gibt doch eine Reihe von Sachen, die skandalös waren. Kenan Künger,
was macht dieser Vorgang mit den Muslimen in Österreich? Auf der einen Seite, der Staat gibt so,
das war ein Yatom, Stitz sagt, das war der Anfang, das war nicht begründet, auf der anderen Seite,
vielleicht auch das Gefühl, Muslime kommen viel leichter ins Visier von Polizei und Justiz als
andere. Also was wir ohne weiteres sagen können, ist erst mal vielleicht aus Ausgangsbild, dass wir
so eine Dreierkonstellation hatten unter denen das passiert ist. Wir haben in der Tat eine muslimische
Bevölkerung, die hier ressentiment ausgesetzt ist, das ist das eine, wir merken das politisch,
wir merken das medial, das ist die eine Seite. Das ressentiment ist aber nicht von der Luft
gefallen, auch das ist erklärungsbedürftig. Wir haben auch in den letzten 10, 15 Jahren, also
vergessen wir bitte nicht, wir hatten den islamischen Staat, wir hatten Ausreiser, wir hatten sozusagen,
die in den Jihad gegangen sind, wir hatten Anschläge in Europa. Das heißt, die Befürchtung in
die Sorge in Europa, auch die Skepsis gegenüber, den Islam und den Muslime war entsprechend hoch,
das ist die zweite Kombination und dann kommt eigentlich auch eine Politik, die eigentlich das
stückweit instrumentalisiert. Damit haben sie eine Ausgangslage, die ein bisschen den Rahmen
schafft für das, was dann politisch und rechtlich passiert ist. Der Innenminister, der sich große
Symposition setzt und sagt, wir haben einen großen Schlag gegen den islamischen Terror.
Genau, zwei, drei Tage nach so einem Terroranschlag ist das sozusagen so eine Situation und dann
passieren sozusagen offensichtlich innerhalb der Institutionen sozusagen auch Prozesse,
die nicht mehr an den Ansprüchen der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Das hat nur zwei
Wirkungen gehabt, um das zu sagen. Das eine ist in der Tat, die Muslime haben zum Recht das Gefühl
gehabt, es gibt sowas wie institutionelle Diskriminierung. Die kann sozusagen mit diesem,
mit diesem sozusagen Vorfall jetzt passiert, das belegt werden. Zugleich aber ist etwas anderes
passiert. Wir haben nämlich innerhalb der, also der Vorwurf der Terrorfinanzierung und des Terrorismus
ist sozusagen völlig absurd gewesen. Aber wir haben natürlich sozusagen unter dieser Decke auch
sozusagen islamistische Strömungen innerhalb der Muslime, erzkonservative Vorstellungen,
Leute, Menschen, die sich mit der Schere auch anfreuen, die gibt es auch. Das ist nur ein Teil
der Muslime. Die fühlen sich jetzt eigentlich alle alsamt. Auch jetzt freigesprochen, weil sozusagen
dieses Unrecht, was dort passiert ist, gibt sozusagen einen Schutzmal für die, sagen wir sind
institutionell diskriminiert worden und eine vernünftige Auseinandersetzung über Islamfeindlichkeit
einerseits, Muslimfeindlichkeit einerseits, aber auch problematische Entwicklungen in Teilen der
muslimischen Bevölkerung ist dadurch vergiftet gegenwärtig. Thomas Schmidinger, Sie haben ja
den Hausdurchsuchungsbefehl über weite Strecken gelesen, da noch sehr kritisch im Fall darüber
geschrieben. Auch im Podcast haben wir mal darüber gesprochen. Aber aus Ihrer Sicht sind das fachliche
Lücken, die da passiert sind oder ist da nicht schon auch eine tendenziöse, anti-islamische Haltung,
die man da spürt und in dem ganzen Vorgang zu Tage getreten ist? Ich habe nicht nur den Hausdurchsuchungsbefehl
gelesen, sondern ich habe danach dann auf die ganze Studie gelesen und einen Privatgutachten dazu
geschrieben, auf der dieser Hausdurchsuchungsbefehl aus der Anordnung der Hausdurchsuchung
passiert hat und schon bei der Anordnung für die Hausdurchsuchung war klar, dass hier entweder
bewusst sehr tendenziös Dinge ausgelegt worden sind oder Personen am Werk waren, die genau null
Kompetenz haben, diese beschriebenen Vorgänge zu beurteilen. Das ist dann in diesem Gutachten,
das ich dann gelesen habe, noch viel deutlicher geworden. Also da sind falsche Übersetzungen
darin, es wurden keine Originalmaterialien verwendet, keine Primärquellen verwendet, es wurden Dinge
der Mosmann-Beruderschaft zugeschoben, die von anderen Organisationen gemacht worden sind. Also
da waren wirklich einerseits die Litanten am Werk und andererseits Leute am Werk, die mit einer
bestimmten Absicht wahrscheinlich dieses Gutachten verfasst haben und was man jetzt natürlich das
Staatsanwaltschaft vorwerfen muss, ist, dass sie solche Gutachter ausgesucht haben, die nicht die
Kompetenz hatten, weder die sprachliche noch die fachliche Kompetenz, diese Fragen zu beantworten.
Thomas Schmidinger, Muslim-Beruderschaft, der Begriff damals groß groß hochgefahren
worden, eine konservative Strömung in der arabischen Welt, in der islamischen Welt. Sie sind jetzt in
mirakien viel Völkerstaat, mit turbulenter Politik. Was spielen da diese Muslim-Brüder
überhaupt für eine Rolle? Spielen die überhaupt irgendeine Rolle, damit sie uns das vorstellen können?
Die Mirakis, die Muslim-Beruderschaft, nicht so stark wie jetzt in Syrien oder in Ägypten,
das liegt auch daran, dass die Mehrheit der irakischen Bevölkerung schied ist und die
Muslim-Beruderschaft eigentlich ein sunnitisches Phänomen ist. Es gibt aber eine kleine politische
Partei, die der Muslim-Beruderschaft zuzurechnen ist, das ist die islamische Partei des Iraks,
die aber keine besonders große Rolle mehr spielt. Interessanterweise, die sterbste Rolle spielt die
Muslim-Beruderschaft hier in Kurdistan, wo es eine Partei gibt, die islamische Union-Kurdistanz,
die von Muslim-Brüdern gegründet worden ist und die ist auch im kurdischen Parlament als kleinere
Partei vertreten, also die Macht bei Wahlen regelmäßig so zwischen 5 und 10 Prozent und vertritt
schon so etwas wie einen gewichtigen Teil, sage ich mal, des religiös-konservativen Spektrums.
Interessanterweise ist es zugleich so, dass um das Zähne derart die Muslim-Bruderschaft in den
verschiedenen Staaten sehr stark aus, dass sie nämlich sehr pragmatisch auf jeweils lokale
Bedingungen reagiert und deshalb die Muslim-Bruderschaft in verschiedenen Teilen der Welt durchaus
unterschiedlich agiert. Also die kurdischen Muslim-Brüder hier sind durchaus auf Teil der
kurdischen Nationalbewegung und es ist interessant, dass eben es eine arabische Partei der Muslim-Brüder
in Irak gibt und eine kurdische bei beiden Muslim-Brüdern. Also die Vielfalt des politischen
Spektrums ist natürlich riesig. Die Partei der Muslim-Brüder in Israel war in der letzten
Regierung vertreten, also das alles zu subsumieren und eine Polizeisicht ist natürlich absurd.
Jetzt, Haffes, kommen wir weg vom Blick in den Nahen Osten zurück zu dieser Operation. Luxa,
Sie haben gesagt, die ganze Operation war entschlagigend die Meinungsfreiheit. Eine starke Aussage,
warum? Aus mehrererlei Hinsicht. Zum einen, glaube ich, ist es mal ganz wichtig festzuhalten,
man kann immer über religiöse Strömungen diskutieren und sie kritisieren, konservative,
liberale, was für sich, für welche Richtungen. Aber das Problem, das wir hier haben, ist,
es wurde ein Terrorprozess eröffnet. Das ist etwas ganz anderes, als zu diskutieren. Und wenn
Menschen wegen der Anschuldigung einen Terroranschlag zu planen, die Welt umzugrempeln, ein Land wie
Israel zu zerstören und die ägyptische Regierung zu stürzen, also wenn gegen sie ermittelt wird,
mit diesen Gründen. Und am Ende des Tages, diese Beschuldigten einvernommen werden und sie gefragt
werden, beten sie fünfmal am Tag. Wie stehen sie zu dieser oder jener religiösen? Das sind sie
gefragt worden. Das ist jeder Beschuldigte. Es gab einen Katalog, der ist an die alle
Beschuldigte gegangen. Und da sind Fragen gestellt worden, wie muss ihre Frau ein Kopf
durchtragen? Da dürfen ihre Kinder Musik hören, wo nach einem ganz orientalistischen Muster,
nach einem total stereotypen vorhottelsbeladenen Muster abgefragt wurde, sozusagen, was ist die
religiös-konservative Einstellung dieser Menschen? Dein Podcast macht kurz Pause. Im
Gegensatz zu Hades Beach, die online scheinbar immer lauter wird. Es sind etwa fünf Prozent der
Menschen, die online Hass verbreiten. Lasst uns dagegen gemeinsam lauter sein. Wenn Liebe laut ist,
hat Hass keine Chance. Werde Teil der Initiative gegen Hass im Netz der deutschen Telekom und
ihren Partnern. Auf telekom.com slash gegen Hass im Netz. Und das läuft aber alles unter
Terrorprozess und geht einher mit einer finanziellen Zerstörung des Lebens dieser Menschen. Mit einer
Zerstörung der Reputation dieser Menschen. Dann liegt etwas enorm im Argen. Dann geht es nicht
darum, sozusagen, dass hier diskutiert werden kann und problematisiert werden kann. Das ist ja der
neokonservative Schmeg. Nicht nur bei uns in Österreich. Es ist ja überall in westlichen
Ländern so. Dass es diese Richtung gibt, die die ganze Zeit sagt, wir dürfen nicht über dieses
und jenes reden. Und das darf man ja nicht mehr sagen, weil dann kommen die linken Gutmenschen,
die dann beginnen, um sein Redeverbot zu machen. Aber was haben wir und was hat es denn ermöglicht,
dass die Operation Luxor überhaupt stattfindet? Es war eine sehr systematische Debatte, die ausgegangen
ist von der Regierung Sebastian Kurz, die eine so derartige Kriminalisierung von Muslimen unter
dem Motto der bösepolitische Islam geführt hat, dass es dann eben ermöglicht war, dass seine
Operation Luxor stattfindet und dass es keinen großen Aufschrei gegeben hat vonseiten der Zivilgesellschaft.
Frau Zerbes, hat die Tafels recht, dass das ein Schlag gegen die Meinungsfreiheit war, die ganze
Geschichte? Also ich finde, die ganze Geschichte hat große rechtsstaatliche Probleme und dazu gehört
natürlich die Meinungsfreiheit auch. Und Meinungen und religiöse Ausrichtungen hat das alles gesagt,
wurde eben ausgedeutet als Bereitschaft zu Brotalität. Die in keinem dieser Beweismittel,
die angeführt wurden, Telefonabhörungen in irgendeiner Form zum Ausdruck gekommen sind. Im
Gegenteil eher gewalt ablehnend. Eher, ich kenne es nicht alle, aber eher in diese Richtung. Das ist
also insofern richtig. Rechtsstaatlich alles in Ordnung, das haben Sie vorher auch gesagt. Ich denke
mir nach zwei Jahren Strafverfahren, wo dann sozusagen die Einstellungen dann gekommen sind,
nach und nach, plus minus zwei Jahre. Das ist auch sehr lange Zeit, in der Geldblockiert ist und
Anwaltskosten anfallen und sehr viel nicht ersetzbares Beschädigt wird. Also der Rechtsstaat hat
vielleicht zum Schluss funktioniert, aber die Schäden, die vorher angerichtet worden sind,
die kompensiert er dann nicht mehr. Herr Kreisler, wenn man das jetzt politisch als politischer
Beobachter und politischer Teilnehmer als Staatsbürger sieht, ist er nicht bei all dem hier nach
zweieinhalb Jahren, müsste man doch nicht sagen, okay, wäre eigentlich ganz schön, wenn sich der
Innenminister jetzt die Kanzler entschuldigt bei den Moslemen in Österreich, die in irgendeiner
Weise in Generalverdacht geraten sind. Warum passiert das nicht und denkt sowas eigentlich niemand an?
Na ja Sie, schauen Sie diese Operation Luxor, der größere Rahmen ist, dass es ein bestimmtes
Politikmodell, governing through crime regieren mit Kriminalität und Furcht. Und da ist die
Operation Luxor ist ein Lehrbuchbeispiel dafür. Man findet immer wieder Gruppen, die Frage ist,
wer ist Schuld an allen Malesen dieser Gesellschaft, wer gefährdet uns, wer gefährdet uns an
Zusammenhalt, wer gefährdet uns unsere Nation, unsere Kultur, unsere Ordnung, unsere Ökonomie.
Und da kommt man immer wieder auf Ausländer, ranständige Gruppen etc., etc. und Operation Luxor
war ein klassischer Fall. Muslime sind keine Wähler in den meisten Fällen, sie sind anders als die
sogenannten Bio-Österreicher. Und dann passt sowas, die sind sozusagen, wenn sie so wollen,
jetzt versuche ich mal in den Schuhen eines Herrn Neher, eines Herrn Kurz zu stehen, die sind in
diesem Sinne nicht satt, es sind keine vollständigen Bürger, sind nicht satisfaktionseck. Wenn sie
einem österreichischen Bürger so ein Ungemach zufügen würden, gäbe es natürlich ein Blumenstrausser
oder Entschuldigung. Wobei die meisten österreichische Staatsbürger sind natürlich. Aber nicht im Rahmen
dieses kulturalistischen Verständnisses. Und ich denke, das ist ein wichtiger Punkt,
dass es eben nicht geschehen ist. Und letztendlich bleibt es ja doch so, irgendwas wird schon
dran gewesen sein. Sowas bleibt hängen. Herr Günger, wie kommt man raus aus dieser doch
politisch vertragten Situation, um sich zu befreien aus diesem Konglomerat von Vorurteilen,
Islamfeindlichkeit, aber doch auch nötiger politischer Auseinandersetzung in alle Richtungen?
Ich würde hier nur ein bisschen sozusagen noch etwas präzisieren meines Erachtens. Es ist,
ich glaube, das ganz große Problem und das hängt auch mit der Frage zusammen, ist nicht nur,
wenn sozusagen was völlig aus der Luft gegriffen ist. Also der Terror ist aus der
Luft gegriffen Punkt. Das ist das eine. Aber meistens haben wir dieses Phänomen mit der
Wahrheit lügen. Das heißt, es gibt Missstände in Teilen der Bevölkerung, genau wie wir es in
der österreichischen Bevölkerung haben. Und die werden instrumentalisiert, aufgebraucht,
größer gemacht, als sie da sind. Und was ich grundsätzlich uns allen nur anraten kann,
ist, dass wir präzise sind. Das ist immer das, was ich sage. Seien wir präzise,
weil wenn wir präzise sind, ist es dann auch nicht ein entweder oder, sondern man sagt, es gibt
diese Missstände. Das, was passiert, ist rechtzeitig sozusagen hochbedenklich gewesen. Und ich finde,
es braucht auch eine Wiedergutmachung. Und dieser Staat, der wir haben, muss zweierlei
gleichzeitig machen. Und das Dumm ist, wir kippen zu stark. Der Staat muss einerseits sagen, erstens mal,
die Muslime sind ein selbstverständlicher Teil dieser Bevölkerung. Und in dem Sinne ist es sozusagen
völlig in Ordnung. Unter der Bedingung gibt es aber Probleme, über die wir zu sprechen haben.
Was wir haben, ist manchmal so ein Othering. Und wir haben so ein bisschen das Problem,
wenn man eher für die Muslime ist, sieht man die Missstände innerhalb der Muslime nicht. Oder
sozusagen man diabolisiert sie nur, wie wir es gegenwärtig auch hatten. Und ich glaube,
das ist wirklich die Zwickmühle. Aber da muss ich jetzt auch noch was sagen. Da haben auch unsere
Akteure innerhalb der Muslime sozusagen auch einen Anteil dabei. Man muss fairerweise sagen,
ein Großteil der muslimischen Eliten, die wir haben, lange, lange Zeit waren sie eher die
wirklich die, die, die, die Aushängeschilder sozusagen, die dann sprachfähig kommunikativ
versucht haben, die Interessen der Muslime darzustellen, haben aber die ganzen Missstände.
Also der Jihadismus ist nicht von selbst gekommen. Hochreaktionäre sozusagen islamistische
Vorstellungen waren schon im Raum. Sie haben sie nie selber aktiv angesprochen. Und somit haben
sie auch einen Beitrag geleistet, dass wir sozusagen eine positive Aufarbeitung auch in der
Community nicht vorgenommen wurden. Mein Problem ist deswegen, dass wir dahin schauen müssen. Ich
würde gerne auch eine politische Diskussion auch mit Herrn Havers führen, aber sozusagen über die
politischen und die Haltungen, die man hat, aber doch nicht über sozusagen Terrorismus. Und das
verschiebt die Tektor nicht. Da haben wir das Spiel wieder. Aber wir sind es, glaube ich, trotzdem
einig, dass eine solche kritische Debatte durch genau diese Vorgänge eher verunmöglicht war.
Genau, das ist der Punkt. Das sehe ich ja bei mir selbst. Ich habe eine jahrelange kritische
Debatte unter anderem auch mit dem Fahrrad Havers geführt. Also wir waren uns in vielen
Fragen überhaupt nicht einig. Aber mir war immer klar, dieser Vorwurf ist von hinten an vorne,
einfach ein Hahn habe ich gezogen. Und ich muss jetzt sozusagen selbstverständlich auch Leute
mit denen ich sonst teilweise durchaus politische Dispute führe, gegen den Terrorvorwurf verteidigen.
Und das schadet auch jeglichem kritischen Disput auf Augenhöhe. Das ist ja verunmöglicht worden
geradezu durch dieses Verfahren solche Debatten über Inhalte zu führen. Weil ich debattiere
nicht mit jemanden, der, wo ich mir auf so einer Ebene, wo ich befürchten muss, dass das, was
wir inhaltlich debattieren, so ausgelegt wird, dass der möglicherweise dadurch ins Gefängnis
wandert. Weil plötzlich inhaltliche Differenzen zur Konstruktion von Harnepüchen und Terrorvorwürfen
verwendet werden. Also die von dir gewünschte offene Debatte auch über Probleme, sowohl von
anti muslimischen Resultimas als auch von ärztkonservativen muslimischen Strömungen
innerhalb unserer Gesellschaft, die wird durch solche vorgleichen eher behindert.
Da war es auch ein politischer Schaden zu sagen, Chihadismus, das ist ja eben der Hintergrund.
So die Sorge von Chihadismus gibt es einen Trend in ihrer Region, wo sie jetzt sind. Im
Nahen Osten geht der Chihadismus eher zurück nach dem ES geschlagen wurde. Gibt es eine
Differenzierung innerhalb der verschiedenen chihadistischen Gruppen, die auch politisch
Sinn macht, politisch zu versuchen, darauf einzubirken, wie ist die aktuelle Bedrohung
des Chihadismus im Moment? Da muss ich jetzt noch einmal sagen, was
der Chihadismus betrifft, das ist ein völlig anderes Segment, wie alle anderen Formen des
politischen Islam hier. Im Irak waren sich alle Strömungen, alle anderen, inklusive
auch die Moslembrüder einig, dass die Chihadisten zu bekämpfen sind. Es gibt noch versprengte
Reste, es gibt noch Untergrundstrukturen des ES. Die Szene ist aber sehr viel diversifizierter,
als sie es früher war. Vor allem sehe ich aber problematische Entwicklungen für die
Zukunft. Es gibt hier zum Beispiel das Problem, dass über 45.000 Kinder, die im sogenannten
islamischen Staat geboren worden sind, keine irakische Staatsbürgerschaft und keinerlei
Papiere erhalten und damit keinen Zugang zu Bildung haben und das rache Bedürfnis gegenüber
Angehörigen von ehemaligen IS-Mitgliedern größer ist als die Überlegung, wie wir diese
Familien von IS-Angehörigen wieder in die Gesellschaft reintegrieren können. Das selbe
Problem haben wir in den gefangenen Lagern in Syrien, wo auch österreichische Staatsbürgerinnen
und Staatsbürger jagellang mittlerweile festgehalten werden und österreichische Kinder mit österreichischer
Staatsbürgerschaft in einem Klima aufwachsen, wo sie der IS-Propaganda ausgesetzt sind und
keinerlei Zukunftschancen haben. Das heißt, ich fürchte mittelfristig, dass hier eine
neue Generation heranwächst, die in ihrer Chancenlosigkeit möglicherweise wieder ein
gefundenes Fressen für Extremisten aller Arzt sein könnte. Das heißt, im Moment ist die
Situation hier sehr ruhig. Es gibt ein paar Restrückzugsgebiete in der Provinz Kierkuck
und in der Nähe hier, nicht von Erbil in der Nähe, macht nur. Aber die längerfristigen
Probleme, insbesondere von Angehörigen, von IS-Angehörigen, sind so gelagert, dass
wir in 10, spätestens 15 Jahren hier gefahren haben, dass es eine zweite Welle des IS gibt.
Farid Hafeis zurückzukommen zur Operation Luxor, zu den vielen Einstellungen der Verfahren.
Jetzt, welche Konsequenzen für Sie aus Ihrer Sicht sollte aus diesem ganzen Vorgang mal
politisch gezogen werden in Österreich, in Europa?
Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Frage. Und zwar, auf der einen Seite bräuchte es
in Wirklichkeit eine politische Verantwortung. Das ist das Um- und Auf. Weil wenn das politisch
nicht aufgearbeitet wird, dann und das See haben wir kürzlich erst gesehen, weil einem
der ehemals Beschuldigten, nachdem er die Staatsbürgerschaft um Staatsbürgerschaft
angesucht hat, das war gleichzeitig auch der Lebensretter in der Terrarnacht, ihm diese
verweigert wurde vom Geheimdienst mit dem gleichen Verweis wieder auf diese alten Ermittlungen,
die eigentlich vom OLG dann als Null und Nichtig erkannt wurden. Und es braucht eine politische
Verantwortung. Und ich glaube nicht, dass diese politische Verantwortung, wie wissen alle
wie Österreichische Innenpolitik, funktioniert. Die kommt nicht von selber. Und ich glaube,
das braucht einen Druck. Es bräuchte in Wirklichkeit einen Untersuchungsausschuss. Wir haben ja
jetzt zum Beispiel überhaupt nicht diskutiert über die internationale Dimension. Ich glaube
ja gar nicht, dass das alles unbedingt unmittelbar begonnen hat mit einem innenpolitischen Interesse,
sondern dass das erst später dazu gekommen ist bei Personen wie mir. Aber ursprünglich
hat das Ganze ja begonnen, eigentlich um einen Distance gegen die ägyptische Regierung,
zu beschatten. Und der Verdacht ist, die ägyptischen
Sicherheitskräfte haben vielleicht in österreichischen Sicherheitskräften gesteckt, tut's da was,
weil Moslembruderschaft in Ägypten eine große starke Oppositionsbewegung ist.
Eine der guten wichtigen Fragen, die eigentlich geklärt werden müsste. Und damit man versteht,
was ist eigentlich der Grund, warum das alles passiert ist? Und auch was ist der Grund,
warum dann manche Personen zu bestimmten Episoden in diesem Verfahren dann hinein gezogen wurden.
Aber ich glaube so, diese politische Verantwortung ist unheimlich wichtig. Und das Problem ist ja,
die politische Kommunikation der Türkeesen ist ja eine sehr gute, nicht nur Sebastian Kurz,
auch was danach noch vielleicht nicht mal ganz so perfekt funktioniert hat, aber die
sind ja nicht auf den Mund gefallen, die Herrschaften und die Damen. Also wenn wir hier von
Differenziertheit sprechen, der Kurz und auch der Strache in Regierungsverantwortung hat er immer
gesagt, wir tun das um das Große der Muslime zu beschützen gegen die ganz wenigen Bösen
vom politischen Islam. Also sozusagen die Mechanismen sind ja vorhanden, um eine scheinbare
Differenziertheit zu präsentieren. Aber ich möchte mal vielleicht diesen Vergleich geben.
Angenommen, das ist ja auch so eine Sache. Die Beschuldigten in der Operation Luxa waren ja
sehr unterschiedliche Gruppen. Aber angenommen, ich subsumiere das, wo ich mich zwar auch nicht
selber dazusehen würde, als sozusagen die Erzkonservativen. Man muss sich das so vorstellen,
jetzt wird irgendein Jesuiten-Ordn oder irgendein anderer Ordn in Österreich, die Malteser,
werden eingehemst und dann wird gegen sie vorgegangen wegen Terrorverdacht. Das ist ungefähr
das, was hier passiert ist. Und ich glaube, das ist etwas, wo die politische Verantwortung
und das Bewusstsein noch sehr weit entfernt sind und wo in Wirklichkeit die Opposition
hier einen Druck ausüben müsste. Herr Kreisel, was macht das eigentlich politisch, wenn man
sagt, ja, schwamm drüber? Das ist schlimm gelaufen, reden wir nicht mehr drüber, reden wir über
was anderes? Naja, das Erinnerungsvermögen des Volkssovereins ist bekanntlich sehr kurz.
Also, wenn Sie ein Jahr in die Zeitung zurückblicken, haben Sie alle drei Wochen einen neuen Skandal,
der drei Wochen später wieder vergessen ist. Ich denke, in dem Fall, was macht es damit?
Ich glaube, es gibt sozusagen eine Grundstimmung, eine Xenophobe ausdennerfeindliche Grundstimmung
in Österreich, in Deutschland, die ist einfach aus einer Art Grundrauschen da und das muss immer
wieder gefüttert werden. Und solche Ereignisse sind sozusagen der niedrigschwellige Input,
der dieses Sentiments am Laufen hält. Um Sie wichtiger wäre eigentlich, dass man sagt,
okay, ziehen wir Bilanz? Gehen wir nicht zu Tagesordnungspiel. Wir ziehen ja Bilanz, nur wir sitzen
hier in einer, sozusagen in einer Bubble der aufgeklärten liberalen Öffentlichkeit und draußen
gibt es die Kronenseitung, draußen gibt es die parlamentarische Öffentlichkeit und da ist genau
diese Forderung nach Differenzierung, wie Sie hier zu Recht stellen, kommt da draußen nicht mehr an.
Frau Zerbes, zur Tagesordnung überzugehen und in der Justiz ist das möglich oder muss man
nicht gleich so einer großen Geschichte auch da sagen, bitte, da muss doch Konsequenzen geben,
wenn so etwas so schief gelaufen ist. Wenn man sich anschaut, was schief gelaufen ist,
nämlich, dass die Kontrollmechanismen, also die polizeilichen Ermittlungsergebnisse sollen
von der Staatsanwaltschaft kontrolliert werden, ob diese Ermittlungsergebnisse in einem,
in dem Fall in einer Haustuchsuchung übergehen soll und die Staatsanwaltschaft wird in dem Fall
vom Gericht kontrolliert, indem das Gericht die Bewilligung gibt. Das ist gedacht als jeweils
neu Überlegung von der jeweiligen Instanz oder von der jeweiligen Institution. Die polizeilichen
Ermittlungen ergeben, was die Staatsanwaltschaft denkt sich das durch Richter oder Richterin,
sollte das ebenfalls tun. So ist es gedacht. Das Problem ist, dass hier, das ist evident gewesen,
eine Stelle von der jeweils nächsten ohne viel oder vielleicht gar nicht darüber nachzudenken,
übernommen hat. Da müsste man ansetzen. Und ich denke, mit dieses Verfahren nicht einzigartig.
Das ist ein generelles Problem unserer juristischen, unserer Justizpraxis, dass sozusagen die Richterin
oder der Richterin im Ermittlungsverfahren abstempelt, was die Staatsanwaltschaft bewilligt
haben möchte. Er geht ja schwankend drüber, wenn man sagt, in der Politik schwankend drüber,
in der Justiz schwankend drüber, dann kommt ja das immer wieder. Kennt ihr es so was ja bei
neuen politischen Rahmenbedingungen oder auch die bestehenden politischen Rahmenbedingungen
sich doch wiederholen? Also, wir sind nicht in vielen Punkten gleicher Meinung, aber in der Hinsicht
bin ich eindeutig der Meinung, es braucht dann Untersuchungsausschuss, weil es auch noch nicht
klar ist, also inwiefern die Politik da drin war, inwiefern sie nicht da drin waren, inwiefern
sozusagen wie voraus allen der Gehorsam eine Rolle gespielt hat oder eine Stimmungslage ist. Also,
es gibt vieles, was sozusagen, ich finde, institutionell politisch aber auch gesellschaftlich
aufzuarbeiten wäre. Einer selbst, um sowas wie eine Wiedergutmachung zu finden, das ist das eine.
Das waren alles keine lupenfreien Demokraten, die dort sozusagen festgenommen worden sind oder
zumindest angeklagt worden sind, aber es waren eben keine Terroristen. Punkt, das muss man ganz
klar feststellen, das andere ist, wir müssen das einfach für die Resilienz des Staates davon
lernen, dass sowas nicht doch mal wieder passiert. Also, ich mache mir dann natürlich jetzt neben
den einzelnen Schicksalen sehr viel Sorgen über, wirklich unsere Institution den Recht hat,
dass sozusagen in so einer Dunzlage, wie ich das eben habe, versucht zu beschreiben, so was
dann möglich sein kann. Und das macht mir viel mehr Sorge, weil das ist natürlich sozusagen,
da ist das Machtponopol und die Verhältnismäßigkeit auch mit im Raum neben den Punkten, die sie
angesprochen haben. Und es hilft uns nicht weiter. Ich teile das auch, was Thomas Schmidgern
genauso gesagt hat, wir brauchen wirklich sozusagen, die Welt ist nicht mit dem Entweder oder, also
entweder sind sie nur gut oder nur böse, es passiert sozusagen, dass wir viel genauer hinschauen
müssen. Und ich bin für die Präzision, dass wir hinschauen. Und ich glaube auch, dass wir dann
wirklich auch die Missstände, die wir haben, ansprechen können. Aber wir dürfen in keiner Weise,
was passiert ist, so fahrlässig vorgehen oder die Stigmatisierung ganzer großer Bevölkerungsteile
vornehmen. Das geht natürlich nicht. Thomas Schmidgern, wie sehr wird das in der arabischen
Welt wahrgenommen, diese Stigmatisierung, ganzer Bevölkerungsteile bei uns auch? Islamfeindlichkeit
in der Politik bei uns, die sich hier niedergeschlagen haben? Das ist in Europa ein generell negatives
Bild von Muslimen und von Islam gibt, ist hier schon weitgehend bekannt. Es ist auch der konkrete
Fall sehr bekannt geworden, unter anderem durch einen Bericht von Al Jazeera, mit dem ich selbst
allerdings sehr unglücklich war, weil mein Interview, das mit mir geführt worden ist, sehr manipulativ
zusammengeschnitten worden ist. Aber das war in einer der großen Shows von Al Jazeera überall in
der arabischen Welt zu sehen und es war auch sonst in vielen Nachrichtenthema. Also politisch
informierte Menschen in der arabischen Welt wissen schon, was da geschehen ist und ich glaube,
dass es Österreich sicher auch in der arabischen Welt geschadet hat, im Image, das wir hier haben.
Farid Hafe ist eine Untersuchungskommission. Was werden für Sie die allerwichtigsten Punkte,
die in einer potenziellen Untersuchung dieser ganzen Operation geklärt werden müssten?
Eines der Gutachten, die verwendet wurden für die Operation Luxor, war ein vom ÖIF
finanziertes und im Projekt Ballhausplatz von Sebastian Kurz aufgenommener Bericht von jemandem,
der auch in der Dokumentationsstelle politischer Islam sehr aktiv ist und eigentlich ein
wichtiger Wortspender war, um die türkische Islampolitik immer wieder zu unterfüttern. Es gibt
sozusagen hier ganz klar bestimmte Eckpunkte, die beleuchtet werden müssen. Es ist glaube
ich auch ganz wichtig, die Frage zu klären, was hat das mit ausländischen Interessen anderen
Geheimdiensten außerhalb der Republik Österreich zu tun? Also da ist wieder Ägypten ein bisschen im
Fokus, das untersucht werden sollte. Der Minister Nehammer hat über verschiedene
Geheimdienste gesprochen, die ihm zugejubelt hätten angeblich. Ob dem wirklich so ist,
weiß ich nicht. Es ist eine Sache, was man politisch verkauft, das andere, was wirklich
ist. Auch da bräuchte es eine Aufklärung. Es ist die Frage, was eigentlich in der
interimistischen Regierungszeit geschehen ist, weil das ist die Zeit, wo das hineinfällt, wo scheinbar
diese eine Gruppe muslimbroterschaft im Geheimdienst gegründet wurde. Wir haben bis jetzt de facto
keine Akten in Sicht, keine Vollständige. Das heißt, es gibt ganz, ganz viele schwarze Flecken. Es gibt
Flecken, wir wissen nicht, was ist da passiert. Es wird noch immer verheimlicht. Also es gibt
überhaupt keinen Anschein, dass der neue Geheimdienst DSN in irgendeiner Weise hier versucht,
aus den Fehlern zu lernen. Im ganzem Gegenteil, mir scheint es, als würde hier weiter vorgegangen
werden. Und das zeigt eigentlich eine völlige Lernunfähigkeit, die von Zeiten des angeblich
neu aufgestellten Geheimdienstes hier ausgeht. Und das ist hochproblematisch. Und da werden
wir sicher nachfragen müssen, da werden wir dranbleiben müssen. Das war hier ein Versuch einer
Bilanz, zweieinhalb Jahre nach der Ratia gegen Muslime in Österreich. Ich bedanke mich bei allen,
die mitgemacht haben. Vielen Dank für Ihr Interesse. Kritische Berichte über laufende Verfahren
finden Sie regelmäßig im Falter. Der Herr ist ein Abonnent des Falters. Eine gute Idee. Im Namen
des gesamten Teams darf ich mich verabschieden bis zur nächsten Sendung. Sie hörten das
Falter Radio, den Podcast mit Raimund Lüff.
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
Wie Islamfeindlichkeit der Politik und Irrtümer der Staatsanwaltschaft bei der Operation Luxor in einen Justizskandal münden, der nur schwer zu applanieren ist. Zu hören: Politikwissenschaftler Farid Hafez (Boston), der betroffen war, Juristin Ingeborg Zerbes (Universität Wien), Nahost-Kenner Thomas Schmidinger (Erbil), Soziologe Reinhard Kreissl und Integrationsexperte Kenan Güngör.
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