FALTER Radio: Der Antisemitismus junger Zuwanderer - #928

FALTER FALTER 4/26/23 - Episode Page - 33m - PDF Transcript

Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.

Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.

Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.

Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.

Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.

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Falter Radio, der Podcast mit Raimund Löw.

Herzlich willkommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, zu diesem Falter-Radio-Spezial.

Mein Name ist Florian Klänke, ich bin der Chefdirektor der Wiener Wochenzeitung Falter

und neben mir sitzt Andreas Beham, Rechtsextremismusforscher.

Andi Beham, wir kennen einander seit mehr als 25 Jahren und Sie sind wohl einer der besten Kenner des Rechtsextremismus und des Antisemitismus in Österreich.

Sie arbeiten am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Was ist das eigentlich genau?

Eine Einrichtung, wie der Name sagt, von Menschen gegründet, die im Widerstand gegen den Nazismus waren aus unterschiedlichen politischen Richtungen.

Am stärksten natürlich vertreten im Widerstand. Die größte Ablehnung haben wir links aus dem kommunistischer Widerstand.

Was dazu führt, dass unsere Einrichtung bis heute von extremen Rechten als kommunistische Tarnorganisation diffamiert wird.

Und ich sagte immer ganz selbstbewusst, wir sind so kommunistisch wie die zweite Republik,

die an Gründungsurkunde ja bekanntlich auch von den Kommunisten mitunterzeichnet wurde, die ja aus dem Widerstand gegen den Nazismus heraus entstanden ist.

Also wer uns so diffamiert, der sagt auch vieles aus über seine Einstellung zur zweiten Republik zum Widerstand.

Wir werden ja auch immer wieder als pushewickem Blattel bezeichnet. Also gut, die kennen wir, wir sind jeder Kommunist.

Bei uns ist sozusagen der wahre Kern der kommunistische Dominanz im Widerstand und darum gehen wir recht selbstbewusst um mit solchen Diffamierungen.

Das Dölf hat schwerpunktmäßig den Nationalsozialismus, seine Vorgeschichte, seine Verbrechenfeindungen und den Widerstand,

aber auch seine Nachwirkungen, die Verfolgungen der NS verbrechen das Gedenken der Erinnerung und einen ganz starken Bildungsauftrag.

Über das werden wir heute reden. Vielleicht soll ja seine Informantinnen und Informanten nicht offenlegen,

aber wir können verraten, dass wir immer wieder vom Falter, wir sind ja sehr nah in der Wiener Innenstadt, immer wieder in das Archiv gegangen sind,

das Andy Baer haben geführt hat, um auch zu zeigen, wie die FPÖ damals vernetzt war in die rechtsextreme Szene.

Wir unterhalten uns aber heute nicht nur über die rechtsextreme Szene, sondern wir unterhalten uns heute über den Antisemitismus in Österreich

und zwar genau über eine Studie, die in den letzten Tagen sehr große Schlagzeilen gemacht hat, eine Studie mit dem Namen Antisemitismus 2022

und die wurde vom österreichischen Nationalrat in Auftrag gegeben, und zwar beim renommierten IFES-Institut.

Was stehen in der Studie drinnen? 2.000 Jugendliche wurden dafür befragt, das ist ein relativ großes Sempel

und die Personen unter 25 Jahren wurden in der Studie stärker gewichtet.

Es gibt also diese Studie auskunft, vor allem auch über den Antisemitismus der jungen Menschen

und es gibt eine sogenannte Aufstockungsgruppe mit familiärer Migrationsgeschichte in der Türkei, aber auch mit Jugendlichen aus dem arabischen Raum.

Und die Ergebnisse, das kann man eigentlich schon so sagen, sind irritierend, weil in Österreich 36% die Aussage,

die Juden beherrschen die internationale Geschäftswelt, zutreffend finden.

30% die Aussage in wachsendem Ausmaß zeigen sich heute wieder Macht und Einfluss bei den Juden zustimmen.

36% stimmen dem Satz zu, die Juden versuchen heute Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der Nazizeit Opfer gewesen sind.

Und fast jeder fünfte meint, es ist nicht nur Zufall, dass die Juden in ihrer Geschichte so oft verfolgt werden.

Was auch auffällt, ihr gebildeter Testo weniger Antisemitismus oder Testo besser wieder verborgen.

Aber, und das ist das, worüber wir heute reden, in der Schule wurde mit einem Drittel der Jugendlichen nicht über den Holocaust gesprochen.

Die Hälfte der Jugendlichen hat keine Gedenkstätte besucht oder mit Zeitzeugen gesprochen.

Und drei Viertel haben in der Schule auch nie über den Naostkonflikt gesprochen, der möglicherweise auch ein Treiber für antisemitische Verschwörungsmütten ist.

Die Aufstockungsgruppe, also die Jugendlichen aus dem arabischen oder türkischen Raum, haben eine viel stärkere Belastung.

40% unterliegen antisemitischen Verschwörungsmütten in der Gesamtbevölkerung sind es nur 30%.

Herr Beham, überrascht Sie das alles?

Nein, überrascht mich nicht, also es steht in Kontinuität zu Vorgängerstudien, auch zu Vergleichsstudien aus benachbarten oder vorhandigen westeuropäischen Ländern,

die alles haben ähnliche Ergebnisse aufweisen.

Aber dann, wenn man genauer hinschaut, einzelne Zustimmungswerte überraschen dann schon in ihrem Ausmaß.

Na ja, das entgegen vergangener Studien, wobei gerade in der Vorläuferstudien Antisemitismus 18 und 20 auch des Nationalratspräsidiums bzw. Parlaments in Auftrag gegeben.

Aber das auch meines Wissens schon angedeutet, nämlich, dass im Unterschied zu früher oder zu den mir bekannten älteren Studien der Antisemitismus jetzt bei den Jüngeren stärker ist als bei den Älteren.

Das war früher immer umgekehrt.

Also wird es die alten Antisemiten gegeben und die Jugend was oder hoffnungsvoll?

Genau das was und das scheint sich jetzt zu drehen und das sind wir uns eine ganz sicher, wo da die Ursachen liegen können.

Aber ich würde mal so vermuten, also es muss man sich wirklich nur genauer anschauen und diskutieren und auch auf Folgestudien warten und vor allem vielleicht auch auf qualitative Verdiefungen, Verdiefungsstudien.

Aber ich würde mal sagen, dass das für die Zumutungen, dass das mit den Zumutungen, denen Jugendliche ausgesetzt worden in den letzten Jahren, Stichwort Corona, Krise, Lockdowns und so weiter, dass die doch scheinbar eben auch antisemitisch verarbeitet werden.

Oder diese Krisen, die damit verbunden sind, als wäre eine These und damit zusammenhängend, was wir auch aus der Studie wissen, Verschwörungsmythen, Verschwörungsnative sind besonders begünstigende Faktoren für Antisemitismus und die wiederum haben wir auch in dieser Gruppe sehr stark.

Und wir wissen ja beide, wie diese Verschwörungsmythen auch gerade in den letzten Jahren um sich gegriffen und kursiert haben.

Sie sind nicht nur jemand, der im Dokumentationsarchiv sitzt und forscht und kluge Bücher schreibt, jetzt gerade ist ein Buch von Ihnen über Antisemitismus erschienen, sondern sie gehen in Klassen.

Sie gehen tatsächlich so, wie es sich gehört für Forscherinnen und Forscher, dorthin, wo es was zu erkennen gibt und sie versuchen dort Kinder zu sagen, davon zu überzeugen, dass Antisemitismus ein Unsinn ist und haben den Begriff des globalisierten Klassenzimmers geprägt, der so wichtig ist, warum?

Ja, ich habe weniger geprägt, sondern aufgegriffen und verwende ihn auch zustimmen, weil wir eben dem Rechnung tragen müssen, den Veränderungen in den Klassenzimmer, Stichwort Migrationsgesellschaft, die Herkünfte der Schüler und Schülerinnen vielfältiger wären, die Hintergründe, egal ob religiös oder wie auch immer.

Und dem sich auch die Unterrichtsinhalte anzupassen hätten.

Es wäre doch, oder ist ein Plädoyer auch von mir, dass man, so zu sagen, ähnlich wie in der Sozialarbeit, natürlich ist schulische Bildungsarbeit etwas anders, aber doch stärker, eben diese sozialen Hintergründe, sozusagen mit Einbezieht reflektiert, auch im Unterricht in den Lehrplänen, die Herkünfte auch die unterschiedlichen Betroffenheiten und das geht.

Zum Beispiel entgegen aller negativen und warnenden Stimmen oder negativ pessimistischen Stimmen, auch in der sogenannten Holocaust-Education.

Da war jahrelang sozusagen die Stimmung vorhergehend, oh je, es wird immer schwieriger, Holocaust zu unterrichten, weil eine immer größer werdende Zahl in den Klassenzimmer ja keinen deutschsprachigen Herkunftshintergrund mehr hat und von daher keine Betroffenheit gegeben sei.

Das heißt, das sagen, es geht mich nicht zu anderen Bedriften, nicht mehr negativer.

Genau, und das kann ich überhaupt nicht bestätigen, weder was das Interesse der Betroffenen betrifft, die haben nämlich genauso ein Interesse.

Es sagt viel aus über den Zugang der Lehrer und Lehrerinnen, weil die offenbar dieses Thema nur unterrichten können oder wollen über persönliche Schulverhältnisse oder Verstrickungen, egal in welcher Generation dann,

und sich eben zum Beispiel aus unterschiedlichen Perspektiven, Widerstandsperspektiven und der Holocaust war ja zumindest ein europäisches, jetzt nicht Projekt, aber Ereignis.

Alle europäischen Länder waren auf die eine oder andere Art damit konfrontiert und das könnte man ja auch im Unterricht viel stärker reflektieren.

Das heißt, wenn ich es richtig verstehe, wir zwei, wie wir da sitzen, sind in den 80er Jahren das erste Mal mit Holocaust in der Schule konfrontiert worden.

Die Ära Waldheim, die Ära Heider, man ist eine Klassenfahrt gemacht durch Mauthausen oder Gedenkunterrichter, Zeitzeugen gehabt.

Und jetzt kommen Schüler, die eigentlich mit der Geschichte Österreichs wenig zu tun haben, die vielleicht in Syrien oder Afghanistan oder der Kaisersozialisiert wurden und die sitzen in den Klassen und die Lehrer sagen, was soll ich denen über Mauthausen?

Das sind damit, haben sie gar nichts zu tun.

So, jetzt sagen Sie aber ein und sagen, so ist es gar nicht.

Genau, Sie haben nämlich sehr wohl und zurecht ein Interesse an dieser Bildungsarbeit an diesen Angeboten, weil Sie ja, und das spricht auch für die Jugendlichen, instruktiv merken, Sie wollen die österreichische Gesellschaft verstehen,

dass wir jeder Jugendliche auf eine oder andere Art, also Teil des Erwachsenwerens, des Sich-Integrierens und Anführungszeichen.

Und dazu gehört dieses Wissen, nämlich nicht nur über Holocaust, über NS, sondern auch wie nach 1945 damit umgegangen wird, die Kontinuitäten, das Weiterleben.

Also ich glaube tatsächlich bis heute, dass die politische Kultur und damit die Gesellschaft österreichs ohne dieses Wissen auch nur annähernd zu erfassen ist,

darum dieses Interesse bei den Jugendlichen, das im Übrigen empirisch auch nachgewiesen ist.

Aber wie gesagt, man muss dann in den Bildungsangeboten eben das heterogener werdende Klassenzimmer dann durchaus auch berücksichtigen.

Also die Holocaust-Education hat sich dem auch in der Praxis schon, aber vielleicht noch nicht genug, dem angepasst.

Und die Lehrerinnen und die Kalinoabilien traut sich, also das Interesse ist da.

Sie haben in einem Vorgespräch gesagt, man muss die Perspektive der Kinder aufnehmen.

Man muss so sagen, nicht dass die Perspektive von den Lehrerinnen und Lehrern oder der Generationen, die früher unterrichtet waren, sondern man muss die Spezifik auch die Herkunft möglicherweise in Anwürtt nehmen.

Und Sie sagen, da gibt es so sagen Beispiele, wie man die Kinder erreichen kann, indem etwa die Rolle der Türkei als neutrales Land thematisiert.

Was gibt es da für Beispiele?

Genau, eben für die mit türkischen und dann für seine Migrationshintergrund, eben Beispiele des Widerstandes, des Rettens von Junen und Jüdinnen.

Da gibt es gerade im türkischen Beispiel doch einiges auch für den Unterricht zu zeigen, wie Selatin Ölkümen, der auf Rodos als türkischer Diplomat tätig war,

ich glaube, um die 200 rettende Pässe ausgestellt hat.

Oder Ismail Netschted kennt, der in Marseille als türkischer Generalkonsult, der noch in einen Zug, sozusagen aufgesprungen ist, der am Weg war in die Vernichtungslager und 80 Leute rausgeholt hat.

Das heißt türkische Helden sind die ähnlich wie Schindler auf der Schindlers Liste, aber man hat sozusagen eine Art türkischen Schindler.

Aber im Unterricht findet man nicht erwähnung, man schaut Schindlers Liste und sagen wir mal in der Klasse, jetzt in Wien an Berufsschule 50% haben und dann für den türkischen Migrationshintergrund und die Namen werden nicht genannt.

Also dann mache ich einfach auch zu wenig Angebote für die Jugendlichen.

Das ist ein weiterer Grund, der ist ein Ostkonflikt, der sozusagen ein Treiber ist.

Wie erleben Sie die Diskussion darüber? Wie könnte ein Lehrer heute oder mit Ihnen gemeinsam, wenn man ein Projekt macht, über das Thema diskutieren?

Also da ist es ermutigend aus der Studie, aus den Zahlen, was wir damit nehmen, dass die Behandlung des Ostkonflikts im Unterricht, die aber und das zeigt die Studie auch viel zu wenig erfolgt, dass die nachweislich eine positive Wirkung hat.

Also die sozusagen immunisiert gerade gegenüber israelbezogenen Antisemitismus.

Wie funktioniert das konkret? Wie kann ich mir das vorstellen? Ich bin jetzt ein kleines Mäuschen in der Schulklasse, wie geht man das an?

Naja, zunächst einmal, ich sage mal, es gibt die schlechte Nachricht und die ist auch in der Studie sozusagen dann in Zahlenform gegossen, nämlich einen erhöhten Antisemitismus bei Menschen, die sich muslimisch, also es ist arabisch, türkisch, also Hintergrund erhoben worden, identifizieren.

Das wäre sozusagen die schlechte Nachricht, die gute Nachricht, weil dieser Antisemitismus jetzt nicht seine Ursache, aber seinen Anker oder Aufhänger einmal auskonflikt hat und mit jeder Eskalation in dem Konflikt stärker wird und auch in den Klassenzimmer merkbar wird.

Darum kann zumindest ich und auch Kolleginnen und Kollegen, die das versuchen, natürlich nicht immer mit gleicher Erfolg, aber im besser erfolgreicher Präventiv begegnen, weil es wirklich ist ein realer Konflikt, nicht so beim unteranfangszeichen Autochtonen-Antisemitismus, der sozusagen ursächlich auf innere neurotische Konflikte beruht.

Worüber, also kann ich da im schulischen Setting, das kartearbeitische Setting, darüber will ich da diskutieren, aber da habe ich einen Konflikt, einen realen Konflikt, einen territorialen Konflikt mit Daten, mit Zahlen, mit Entwicklungen und bei einer gewissen Bereitschaft bei meinem Gegenüber, das ist natürlich verausgesetzt, ich habe natürlich auch schon hier wirklich fanatisierte und es sind vor allen Dingen Jungs nicht nur bei mir erheitlich gehabt, wo das nicht mehr gegangen ist, die sie aller beim Wort Israel die Ohren zugehalten haben.

Weil es Israel nicht gibt in ihren Augen und man das Wort nicht aussprechen darf.

Aber das sind wirklich Ausnahmen.

Aber bei einer bestimmten Bereitschaft zuzuhören, auf meine Argumente einzugehen, merkt man, wie das Restaurant immer weniger wird, weil es, wie gesagt, da kann man wirklich über einen realen Konflikt drehen.

Ich habe mit Jugendlichen zu tun, die wirklich überrascht sind und das mir aber dann glauben, noch mehrmolliger Kontrollversicherung im Internet, wie groß die Anzahl der Muslime in Israel ist.

Und wie ihr Leben dort ausschaut.

Also das sind wirklich Jugendliche, die wirklich ja und manchen da extrem vorm quasi in den Unterricht kommen, im Glauben, jüdisch-israelis werden palästinensische Kinder zum Frühstück, also jetzt über Zeichnetage stehen.

Das hängt damit zusammen, dass sie fast ausschließlich mehr denn aus den Herkunftsländern konsumieren, die noch dazu gleich geschaltet sind und teilweise von autoritären Staaten geführt werden.

Ist das noch immer so?

Das ist im Fall der Türkei sogar verstärkt zu beachten.

Wie es überhaupt interessant ist, dass in dieser Vergleichsgruppe, also wo es türkisch und arabisch und dann übrigens sagen stämmige Personen befragt wurden, unter den türkischsprachigen wie höhere, zum Beispiel israel-bezogene Antisemitismuswerte haben, wie in den arabischsprachigen.

Und das hängt sozusagen mit den Medienkonsumieren zusammen?

Und es wird in der Studie auch mit dem höheren Bildungsgrad, auch in dieser Gruppesbildung sozusagen das stärkste Faktor erklärt, dass in arabischsprachigen Gruppen ein durchschnittlicher höherer Bildungsgrad vorherrscht.

Sie haben auch noch etwas Spannendes gesagt, nämlich, dass man die eigene Diskriminierungserfahrung anspricht, dass viele der Jugendlichen, die in den Schulen sitzt, sozusagen selbst diskriminiert wurden, selbst Opfer von Hatecrime werden.

Wie machten sie das?

Ja, da muss man vielleicht noch einen Schritt zurückgeben, nämlich gegen den Irrglauben noch mal angehen, dass nur Holocaust Education gegenüber Antisemitismus sozusagen immunisiert für alle Zeiten.

Und das ist natürlich falsch, das ist wichtig und wird, wie gesagt, auch nachgefragt.

Hat auch wieder jetzt nachgewiesen in der Studie ein hemmenden Faktor auf Antisemitismus unbestritten, aber es braucht noch etwas dazu.

Das wäre eben das, was wir Antisemitismus-kritische Bildungsarbeit nennen.

Und wenn sich die jetzt an Jugendliche richtet, die mehrheitliche, also 70, 80 Prozent oder mehr Migrationshintergrund haben und noch im besonderen türkischen oder arabischen Hintergrund.

Und ich gehe da jetzt rein in die Klasse und sage so, jetzt rede mit euch über euren Antisemitismus.

Da machen die, ganz zunrecht, gleich mal zu, weil sie sich sowieso in der Gesellschaft und in den Medien einem Generalverdacht ausgesetzt haben.

Das sind nämlich, dass sie, dass alle Muslime und Jugendliche noch besonders antisemitisch seien.

Also das heißt besser und richtiger und auch in der Praxis sozusagen sich bestätigt hat sich eben der Zugang,

dass man Antisemitismus nicht abkoppelt von anderen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und vor allen Dingen von der jeweiligen Betroffenheit der Jugendlichen.

Das heißt, ich gehe rein und öffne meinen Raum zur Artikulation ihrer Diskriminierungserfahrungen.

Das heißt, die Kinder erzählen, wo werden sie als Muslime diskriminiert?

Oder als, und anfangs zeichen, Türken oder als Syrer, wer auch immer sie dann gelesen werden.

Und was ich ihnen dabei auch noch versuch zu versichern, dass ich in dieser Frage auf ihrer Seite stehe,

trotz sozusagen meiner Mehrheit zu österreichischen Herkunft meiner Nichtbetroffenheit von Rassismus,

engagiere mich, sei die politisch denken, auch gegen Rassismus.

Das heißt, das ist dann sozusagen das Lasso mit, den man fängt um zu sagen, dass was du da fühlst,

fühlen jetzt auch die Hunde, die du sozusagen für schuldig erklärt hast.

Genau, jetzt wechsel ich Perspektive.

Jetzt formen wir nicht, wo werden wir diskriminiert, abgewertet oder wo werden wir?

Sondern wo werden wir?

Und da bedone ich das wir, da nehme ich mich nicht raus.

Ich sage auch, ich bin voller antisemitischer Vorurteile.

Ich bin in einem antisemitischen Land aufgewachsen.

Und das, was ich versuche, ist mir mein Leben lang diese Verstrickungen, wie man sagt, in den Antisemitismus bewusst zu machen.

Und mehr verlange ich von euch nicht.

Also sich nicht so auf ein moralisches Protest draufzustellen und sagen, ich bin frei von Vorteil,

ich bin frei von Antisemitismus und die Jugendlichen quasi da automatisch in ein Schulverhältnis zu bringen.

Also das wäre auch noch Teil meiner Strategie oder meiner Praxis,

um dann eben diesen Schwenk zu den eigenen Vorteilen zu erleichtern.

Und natürlich, da kommt dann vieles auch unappetitliches her.

Da braucht man auch eine dicke Haut, wobei auch ich meine Grenzen habe.

Also dort, wo die körperliche Integrität, also bei Gewalt und offenen Hass- und Vernichtungsaufruf und Drohungen,

da muss man dann manchmal auch Bildungssettings abbrechen.

Wie oft passiert das?

Also bis jetzt einmal in fünf, sechs, sieben Jahren, also nicht öfter.

Genau, geben Sie uns ein bisschen einen Einblick, wie die Jugendlichen dort sitzen.

Sie kommen in eine, weiß nicht, Wiener Berufsschule oder in eine neue Wiener Mittelschule.

Was lacht Ihnen das uns an entgegen?

Na ja, Berufsschule, leider muss man sagen, relativ selten.

Und das ist auch eines der zentralen Ergebnisse der Studie,

dass man bei den Berufsschülern und Schülerinnen oder ehemaligen sehr hohe Werte haben,

Antisemitismuswerte.

Und dort gleichzeitig, und das scheint einer, da könnte das sein, sehr wenig.

Auch das sind die, die am wenigsten in der Schule oder in ihrem Bildungskarrieren über diese Themen gehört haben.

Die Gymnasiasten kriegen ihre Holocaust-Awareness-Bildung und die Arbeiterkinder?

Ja, und voll.

Und auch unter diesem Aspekt zeigt sich, wie fatal dieses höchstelektive und so früh eben auf Trennung ausgelegte

österreichische Bildungssystem ist.

Also das wäre, es gibt auch unter politisch-bildnerischen Aspekt hier,

ganz starke Argumente für einheitliche Schule bis alle 16, also zumindest bis alle 16 sind.

Die Studie ist hier jetzt sehr stark auch von der ÖVP vermarktet worden.

Man müsste eigentlich nochmal sagen, vielleicht haben wir das gleiche Bildungsangebot für die Kinder von Arbeiterinnen

und für die Kinder von Gut-Situierten.

Und das würde sich möglicherweise schon ein bisschen was bessern.

Unbedingt, unbedingt.

Wobei natürlich eines, und da ist dann die Frage, wie sie Fakta und Bildung und Soziales,

sozusagen dann gegenseitig auch überschleinend bedingen.

Nämlich, dass es ja nicht nur die fehlende Bildung oder Bildungsangebote sind,

sondern auch bestimmter sozialer Bekannt, der die Jugendlichen sehr früh wirklich existenzielle Sorgen haben lässt.

Und die ökonomischen, sozialen und so weiter Krisen viel stärker sozusagen auf sie wirken

und dann wiederum eigene Krisen, die sowieso, oder Krisenphasen in diesem Sinne als Jugendliche dann noch verstärken.

Da wollte ich einigen sagen, Sie haben am Anfang gesagt, dass diese vielen Krisen Corona

und jetzt auch die Inflationskrise sozusagen verschwörungsmütend befördert.

Also ist Armut ein Treiber für solche Ideologien?

Nein, nein.

Also beide sind wirklich nicht unmittelbar, wie die sozialen Faktoren nicht unmittelbar wirken.

Also es geht immer um die Verarbeitung der Bedrohungen.

Und wie man wissen, können sich auch Wohlstands-Bürgerinnen von Abstiegsängsten gepeinigt sein.

Und das ist egal, von wo man absteigt.

Aber es wirken halt sozusagen ökonomische Krisendenzen hier in diesen sozial-wulnerablen Schichten für unmittelbarer und für härter.

Und es gibt auch hierfür weniger auch Formen oder sozusagen nicht selbsttätigende und andere schädigende Formen der Verarbeitung dieser Krisenerfahrungen.

Also das schlägt dann sehr oft um in Angst und dann in Hass.

Aber zurück kommen wir auf Ihre Frage, was begegnet mir in den Schulen?

Also vor allen Dingen in den NMS, also in neuen Mittelschulen und AHS, BHS relativ wenig auch, so wie die Beruf schon ein bisschen mehr.

Ja, es ist zunächst ein interessiertes, misstrauriges, oft auch lang nicht schon wieder, aber doch Interesse.

Das auch war und da will ich jetzt meine Leistung nicht zu groß machen oder zu gut einer zu gründlich darstellen lassen.

In den Haufe von Minuten gibt es immer in einer wirklich engagierten, zumindest zuhören, wenn die immer mitarbeiten und mitreden,

aber doch in einer sehr aufmerksam interessierten Teilnahme, was natürlich auch nicht in allen Fällen gleich von zu 100 Prozent ist,

aber doch in einer Mehrzahl der Fälle und auch der Grund ist, warum ich es immer noch so gern mache, obwohl ich auch nicht jünger wäre.

Also der Altersgeb wird eine geringe, aber es funktioniert immer noch.

Spielen die Moscheen in negativer Hinsicht eine Rolle und gibt es Bestrebungen in der Glaubensgemeinde sozusagen dagegen anzuarbeiten?

Sie arbeiten ja, glaube ich, auch mit der muslimischen Jugend zusammen, die da sehr aktiv versucht, diese Vorteile zu beschädigen.

Was passiert da gerade?

Ja, wir haben in der Vergangenheit Projekte gemacht gegen den Antisemitismus, Bildungsprojekte, Fortbildungsprojekte.

Da tun sich einiges in der Glaubensgemeinschaft, würde ich sagen, auch im Prozess des Generationenwechsels.

So dass die Jüngeren sind, hoffnungsvoll?

Genau, aber auch schon der jetzige Präsident im Vergleich zu den Vorgängern.

Da hat sich doch einiges getan und dementsprechend auch in den Moscheen wird weniger, also im Vergleich zu früher, bis gar nicht mehr eben gehetzt oder zum Junemal aufgerufen oder was auch immer.

Ist da tatsächlich zu sehr weggeschaut worden? Ein Vorwurf, den die ÖVP immer wieder macht, hat das linke Milieu, dem sie auch immer wieder vorwerfen,

durchaus mit antisemitischen Codes durchdreht zu sein, hat das linke Milieu da ein bisschen weggeschaut?

Durchaus, wobei es natürlich auch ohne das Entschuldigen zu wollen, eine Reaktion war, sozusagen auf den Generalverdacht von rechter Seite und ich weiß schon,

dann leigt man oft dazu quasi in ein Gegenreflex und da kommt auch wieder ein bisschen was paternalistisches dazu,

in seinem Versuch eine von Rassismus betroffene bedrohte Minderheit quasi zu beschützen und Anführungszeichen dann, dass man da nicht so genau hinschaut,

aber im Großen und Ganzen würde ich auch angesichts meiner eigenen Arbeiten zu diesem Thema und von Kolleginnen und Kollegen,

dass zumindest für jenen Teil der Linken, die sie auch ein bisschen wissenschaftlich damit beschäftigen, genau hinschaut,

doch in Abredeständer gibt es schon seit den späten 90er, frühen 2000er Jahren sehr viele Arbeiten zum Antisemitismus in muslimischen Communities

und da zeigte ihm auch die Studie, dass die Leute, die sich selbst als religiös begreifen bei, weiß wissens, bei allen Items deutlich erhöhte Zustimmungswerte aufweisen.

Da muss man zunächst ein bisschen relativieren, von anderen Studien wissen wir, dass das für die christliche Religion genauso zutrifft.

Also je religiöser sich jemand, bezeichnet es durch höhere Antisemitismus und Rassismuswerte,

was ja doch auch vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen wohl damit zu tun hat, mit der Religion jetzt weniger als Theologie,

sondern als Identitätsmarker, weil es heißt ja nicht alle, die sich selbst als religiös bezeichnen, dass sie im theologischen Sinn auch religiös sind.

Ich weiß, selbst von Wiener Vorstadtgangs, dann muslimischer Hintergrund, die keine Ahnung haben, die nicht wissen, was in die fünf Säulen des Islam aber rumrennen

und allen ihren zweiten zu unglaublicher Klären oder ihren Fragen, bist du im Ausleim?

Ja, also im Fall des Christentums sprechen wir von Kulturchristentum, also ein Christentum ohne Theologie, ohne Inhalte.

Also nur zur Abgrenzung als Identitätsmarker, das ist hier in den Studiennet berücksichtigt.

Also ich warne davor die Menschen, die sich selbst als religiös bezeichnen, wirklich im theologischen Sinn als religiös,

weil ich habe eben wie gesagt die Erfahrung gemacht bei den Jugendlichen, je mehr, und das ist vor allen Dingen bei der muslimischen Gruppe,

je mehr Wissen über Islam, desto weniger Antisemitismus.

Das ist eine pseudo-religiöse Bildung.

Unbedingt, und es hängt natürlich auch mit den Fanatisierungen innerhalb der Milieus, mit dem sogenannten Islamismus, zusammen unter Einschläge in Propaganda,

ja mit dem, was man als Instant-Internet-Islam bezeichnet, denn sie für Jugendliche ohne religiöses Vorwissen dann quasi aus dem Netz ziehen

und wo halt dann eben viel Hetze und wenig sozusagen eben an, tatsächlich Theologie ist.

Aber da muss man sich eben auch gleichzeitig gegen Stimmen wenden, die den Koran oder den Islam oder alle Muslime pauschalen

oder das ganze sozusagen ins Lager des Antisemitismus stellen.

Weil sonst kann ich nicht mit einem Islam oder mit einer islamischen Theologie gegen Antisemitismus arbeiten.

Und das geht wie gesagt erfolgreich und das gehört auch noch dazu zu dieser guten Nachricht, wo ich gesagt habe,

weil eben der Antisemitismus bei sich muslimisch identifizierend jugelich ein ankennender Auskonflikt habe,

habe ich da mehr Erfolge, weil es um einen realen Konflikt geht.

Ich habe auch mehr Erfolge aufgrund der Ähnlichkeiten von Juden, Dumm und Islam.

Aber weil es eben so viele Ähnlichkeiten gibt zwischen Juden, Dumm und Islam,

weil, und das spüren Sie auch und bestätigen Sie mir auch, oder spätestens am Ende der Fortbildung,

Menschen, die Juden und Jüdinnen hassen, in der Regel auch Muslime hassen,

also weil das immer als Syndrom so zusammen gehört, gerade im christlichen Abendland,

können wir das an so viel Episode in der Geschichte, vor allem in kriminellen Episoden des Abendlandes,

zeigen, dass die Feinbilder zusammengeschweißt waren.

Darum kann ich so quasi über diese Ähnlichkeiten, über die Gemeinsamkeit in der Betroffenheit

leichter Zugänge schaffen und mehr Erfolgen, wie zumindest mir,

fällt das bei der österreichischen Mehrheitsgruppe, also mehrheitsgesellschaftlichen Gruppe schwerer.

Andreas Bärm, das war ein spannendes Gespräch über den Antisemitismus bei den Jungen.

Wenn man sie in die Schule holen will, wie macht man das? Da ruft man im Döv an.

Wenn jetzt die Lehrerinnen und Lehrer zuhören, was machen die?

Ja, oder am besten per E-Mail, wobei ich selbst tatsächlich, ich habe zum Morgen wieder Schule,

was mich sehr freut, aber meine Schulbesuche dann doch in den letzten Jahren ein bisschen reduziert habe,

aber wir haben ein junges, engagiertes Team von Trainerinnen, Workshop-Leiterinnen.

Und das kann man beim Dokumentationserief so sagen bestellen, muss man da was bezahlen?

Es gibt momentan einen Topf vom österreichischen Bildungswissenschaftsministerium.

Extremismusprävention macht Schule und über den läuft das.

Da ist das Ziel für die nächsten drei Jahre jetzt nicht für uns,

aber fürs Ministerium 75.000 Schülerinnen zu erreichen, also über 3000 Workshops.

Da sind wir einer der vielen Vereine und Institutionen, die hier Leute dann an Schulen schicken darf.

Und wenn Sie sich vertiefen wollen, Andreas Bärm hat ein Buch herausgebracht,

Kritik des Antisemitismus heißt es, es ist nicht im Falterverlager schienen,

aber im Schmetterling Verlag, habe ich gesehen, hat 240 Seiten, gibt es um 12,40€,

können Sie über den Faltershop bestellen.

Vielen Dank fürs Kommen Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, und danke, dass Sie dabei waren

und wir gemeinsam vertiefen konnten, was es mit dieser Antisemitismus-Studie aufsicht hat.

Bleiben Sie dran, bleiben Sie uns gewogen, Dankeschön, bis bald.

Sie hörten das Falter Radio, den Podcast mit Raimund Löw.

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Eine aktuelle IFES-Studie zeigt, dass Zuwanderer aus der Türkei und aus arabischen Ländern überraschend oft antisemitisch denken. Dagegen kann etwas getan werden, sagt Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Ein Gespräch mit FALTER-Chefredakteur Florian Klenk über die Ursachen des Judenhasses bei Österreichern und bei Zuwanderern – und warum es dennoch Hoffnung gibt. 

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