Input: Das Hochstapler-Syndrom: «Bald fliege ich auf!»

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 5/24/23 - 31m - PDF Transcript

Stelle euch vor, ich kam in eurem Traumjob.

Wir haben einen langen Weg hinter euch mit Ausbildung, Berufungen, Bewerbungsverfahren,

viel Arbeitserfahrung.

Wir haben alle Hürden genommen, die nötig sind.

Andere bewundern euch für euren Weg, eure Kompetenz.

Ich bin Oberärztin geworden mit diesem Gedanken.

Eigentlich bin ich ja gar keine Oberärztin.

Ich melde euch im Inneren, aber immer wieder, diese Stimme.

Ich weiss zu wenig, ich tue zu wenig, ich interessiere mich zu wenig.

Jetzt sehen die in mir etwas, was ich gar nicht bin.

Eine Stimme, die uns abortiert.

Du hast einfach unverschämt viel Glück gehabt bis jetzt.

Dabei kannst du ja eigentlich gar nicht.

Warte noch, bald fliegst du auf.

Ist das irgendwie absurd?

Ich erfinde das aber nicht.

Betroffene leiden unter dem sogenannten Imposter-Syndrom

oder Hochstabler-Syndrom.

Wenn ich merke, dass ich bei meiner Gartenarbeit

fast mehr aufblühen als an meinem Büro bin,

dann habe ich das Gefühl, bin ich überhaupt ein Akademiker.

Oder bin ich einfach schlau genug gewesen,

um einen akademischen Abschluss zu machen.

Aber ich bin es eigentlich gar nicht.

Vielleicht ist es euch auch schon über den Bildschirm gekostet.

Oder ihr kennt die Innenstimme aus eurem eigenen Kopf.

Das Imposter-Syndrom geistert in den sozialen Medien.

Wird von Zeitungen und Blocks aufgegriffen,

oft mit so kurzen, knackigen Tipps,

wie man sich von dieser inneren kritischen Stimme befreien kann.

Ich möchte es aber in diesem Podcast noch etwas neuern wissen.

Wie kann das sein,

dass gut qualifizierte Menschen

eine so an ihren Fähigkeiten zweifelt im Job?

Was steckt wirklich hinter dem Imposter-Syndrom?

Und kann man etwas dagegen tun?

Diese Spuren nehmen wir auf.

Schön sind da dabei.

Mein Name ist Julia Lüscher.

Imposter.

Zugegeben, ich kenne das hochstabler Gefühl auch von mir selbst.

Mal ist es stärker, mal weniger.

Vor ein paar Wochen habe ich darum angefangen,

mein Freundeskreis von meinem Imposter-Syndrom zu erzählen.

Ich war erst stund, wie viele Freunde und Bekannte gesagt haben,

ah, für das gibt es einen Namen.

Das Gefühl kenne ich bestens.

Das Feedback habe ich von Freunden und Freunden,

die in der Pflege arbeiten, in der sozialen Arbeit, in der Medien.

Besonders eingefahren ist mir das Beispiel von einem Freund.

Er hat zwei Studiengänge abgeschlossen,

eine nach der anderen genommen und dann wurde er auch noch gewählt.

In einem Amt mit einer grossen Verantwortung.

Und doch meldet sich in seinem Kopf,

Tag für Tag, die ganz perfide Imposter-Stimme.

Eigentlich kannst du ja gar nicht.

Heute fliegst du auf.

Das Gefühl ist intim.

Es nervt, es stresst und es ist schon behaftet.

Ich frage diesen Freund mit den zwei Studiengängen

über wildere Überreden für meine Sendung.

Er überlegt sich so lange und sagt ab.

Ich muss sagen, ich verstehe es,

ich finde es aber umso dringlicher,

dass man über das Imposter-Syndrom spricht.

Ich platziere einen Aufruf in meiner letzten Inputsendung

und schildere das Hochstabler-Syndrom

und komme als Mail-Überer vom Alex.

Er schreibt, er sei Biologe,

er kam nach der ausbildenden, spannenden Job

in einem Naturschutzprojekt.

Das Feedback von Team und Vorgesetzten war immer gut.

Und gleich hat er immer wieder das Gefühl gehabt,

er geltet alle noch etwas vor.

Wir telefonieren und wenig später

sitze ich im Zug zu ihm auf Arau.

Ich treffe Alex am Bahnhof.

Er schlägt vor, dass wir eine Stadt abwärts

an die Aare laufen, über den Ruck auf den Inseln.

Wir hocken auf ein Benkel mit Aussicht auf den Fluss.

Bis zu meinem Aufruf

hat Alex vom Imposter-Syndrom noch nie etwas gehört.

Es war für mich so ein ...

genau, genau das Moment.

Und ich muss sagen,

aha, das gibt es wirklich.

Das passiert nicht nur mehr, das hat sogar einen Namen.

Ich habe auch gefunden, da muss ich mehr darüber wissen.

Ja, ich bin froh, dass es das Thema gibt.

Alex ist 30, hat ein Master in Biologie

und ist sehr schnell erfolgreich ins Präusleben gestartet.

In einer angaueren Behörde

konnte er ein Naturschutzprojekt leiten.

Das Feedback von Vorgesetzten und Teamkolleginnen

sei immer sehr gut gewesen.

Und doch hat sich immer wieder die kritische Stimme geweldet.

Du hast doch keine Ahnung, worauf du fliegst.

Vor allem ist es mir aufgeploppt,

wenn es um Vorträge ging,

z.B., wo die Erwartungen auch sehr hoch sind.

Ich bin auf dieser Bühne statt

und ich bin, wenn ich in das Hall schaue, der Jüngste.

Und ich sage mir jetzt, wie wir es eigentlich machen.

Ich habe einfach gemerkt,

dass es doch völlig verzerrt ist,

auch wenn nachher Rückfragen kommen.

Aber wie ist das genau?

Wenn man sich einigermaßen gut verkaufen kann,

es kommt einem immer eine schlaue Antwort in seinem Dummerweis.

Als das man einmal sagen würde,

sei eine super Frage.

Ich habe keine Ahnung und ich wünschte,

es wäre alles anders oder so.

Alex hatte beim Schaffen immer wieder das Gefühl,

er könne diesen Anforderungen einfach nicht gerecht werden.

Und er hat sich darum umso mehr ins Zeug geleitet.

Ich verbeise mich in die Arbeit,

bis sie stimmt, bis sie gut ist.

Oder bis sie perfekt ist?

Ja, so gut wie möglich, ja, genau.

Aber wo perfekt ist,

wenn du ein wunderschönes Plätzchen ausgesucht hast

und jetzt den Köpflitz ...

Von mir aus können wir einfach hinter das Bäumehocke dort

und schauen, wie es sich entwickelt.

Sonst können wir dann gerne einen anderen schieben.

Dann müssen wir uns das Gespräch unterbrechen,

uns ein neues Plätzchen suchen.

Und das neue Bänkel ist dann zwar passend angeschrieben.

Das passt ja nur besser.

Wir hocken also aufs Schwarzbänkel.

Aber es ist noch ein bisschen nass.

Es ist uns ein bisschen ein Fehler passiert in der Planung,

dass wir jetzt hier hocken, die im Regen verursachen.

Wir hätten den Beiden,

wir können das Wetter-App checken vorher.

Ja, nun, könnte man sagen.

Aber ihr merkt es bald,

Fehler machen, das hat sich Alex verboten.

Also dass man am meisten berührt,

beim Recherchieren bis jetzt,

ist es Menschen, die das Phänomen kennen.

Ein wahnsinniger Anspruch haben,

dass ich selber und möglichst wenn Fehler vermieden.

Und wenn dann mal eine auskommt,

dann geht es so eine kleine Welt unter.

Der lachst.

100 Prozent. Also ganz genau.

Es ist wirklich so, ich hasse Fehler.

Und ich glaube, es ist mir auch nicht mega geklärt worden

meine 20-Jahre-Bildung Fehler zu machen.

Also ich warte irgendwie nach wie vor noch darauf.

Sie muss sagen, das ist jetzt einfach hindus.

Du hast jetzt einfach falsch gemacht.

Und man hat irgendwie das und das

wirklich ins Hand gesetzt wegen mir.

Warten auf den Fehler

oder so ein bisschen Mut hat zum Fehler.

Den Punkt lädt mich irgendwie nichts los.

Wir kommen jetzt ganz am Schluss

von dieser Sendung noch darauf zu sprechen.

Der Alex, der macht sich viel Gedanken.

Er zweifelt, ob er richtig ist in diesem Job

und er zweifelt an seiner Kompetenz.

Trotz seinem Weg mit Studium, Praktika und Arbeitserfahrung.

Ich fühle mich ehrlich gesagt amigst nicht wie ein Akademiker.

Irgendwie, wenn ich merke,

dass ich bei meiner Gartenarbeit

fast mehr aufblühe als an meinem Büro bin,

dann habe ich uns gefühlt.

Bin ich überhaupt ein Akademiker

oder bin ich einfach schlau genug gewesen,

um einen akademischen Abschluss zu machen,

aber ich bin es eigentlich gar nicht.

Was ist denn ein Akademiker in deinem Bereich?

Ich glaube noch ein bisschen mehr Freakiger für seine Sache.

Ich gehe extrem gerne in die Natur aus,

ich gehe Sachen beobachten

und gleich gibt es halt immer noch mehr Freaks.

Leute, die eben auch nicht so gut sind.

Leute, die für dieses Thema noch mehr Faszination haben.

Und ich glaube, es gibt Akademiker,

die eben mega aufgehen,

die in krasser Konzepte arbeiten

und am Schreibtisch sind

und etwas auf ein Papier zu bringen.

Bis man das Resultat sieht, geht es vielleicht noch 15 Jahre oder so.

Und ich habe das Gefühl,

dass super Akademiker das ertragen.

Und es findet die Befriedigung am Abend.

Also ein super Akademiker,

der wäre also einerseits nahelieber in der Natur

und andererseits nahelieber am Schreibtisch,

wenn es nach Malix geht.

Irgendwie hat Dunke zu mich,

er hat sich das unerreichbares Ideal aufgebaut

und zwar gerade in beide Richtungen.

Vieles, was Alex erzählt,

passt auf den ersten Blick gut zu dem,

was ich zum Hochstabler-Syndrom recherchiere.

Er erfüllt die Qualifikationen für sein Job.

Er kommt gut zu Feedback über.

Er ist erfolgreich, kann man sagen.

Aber er findet, er müsste doch nach ein bisschen mehr sein.

Nach ein bisschen nördiger, nach ein bisschen erfahrener.

Und er hat das Gefühl,

er muss in seinem Job Kompetenz vorspielen.

Halt wie ein Hochstabler.

Ich leise mich weiter in das Thema ein

und treffe noch einmal auf verspannende Personen.

Die Ärztin und Therapeutin Michaela

haben euch fest Mutig.

Der Nachnamen passt einfach perfekt zum Thema.

Ich schreibe Michaela Mutig ein Mail

und wenig später basteln wir

einen anderen Leitung um.

Jetzt sollten Sie uns wieder hören.

Gut, ich höre Sie auch.

Sie lebt eigentlich in Deutschland,

ist aber zum Zeitpunkt des Interviews

in Frankreich in den Ferien.

Michaela Mutig hat ein Sachbuch geschrieben

zum Imposter Syndrome

und morgen fliege ich auf.

Heißt es, ich verlinke euch das in der Show Notes.

Michaela Mutig bietet Coachings an für Betroffene.

Und ich bin ja auch betroffen.

In der Hinsicht passt es auch wieder ganz gut.

Genau.

Die Expertin für das Imposter Syndrome

kennt diese fiesen Stimmen ursprünglich aus ihrem eigenen Kopf.

Ja genau, diese Stimmen sind nicht mehr so stark

beziehungsweise sind auch nicht mehr so häufig.

Jetzt wäre zum Beispiel so eine Situation,

wir telefonieren und ich erzähle was über ein Imposter-Syndrom

und eine kleine Stimme sagt,

bist du denn wirklich auch Expertin?

Du weißt doch bestimmt nicht alles

und hast vielleicht nicht die aktuellsten Studien.

Du weißt zu wenig oder du kannst zu wenig

oder du willst Expertin sein.

Für Michaela Mutig möchte ich wissen,

wie entsteht dann das Imposter-Syndrom?

Was steckt hinter diesen extremen Selbstzweifel

und kann man etwas dagegen machen?

Zuerst interessiert mich aber,

wie sich dann bei ihr das hochstabler Gefühl zeigt.

Michaela Mutig hat es als Teenagerin zum ersten Mal gemerkt

in ihrem Hobby.

Judo hat sie gemacht, ziemlich erfolgreich

und viel Wettkampf ohne.

Das Problem sei die Erfolge,

der hat sie unglücklich gemacht.

Und ich habe gemerkt, je besser ich wurde

und je öfter ich auf dem Treppchen stand,

desto weniger Spaß hatte ich dran

und desto mehr Druck hatte ich vor dem Turnieren,

da wurde schon bei der Autofahrt schlecht.

Je weniger konnte ich es genießen,

weil ich immer irgendwie auch dieses Gefühl hatte,

Puh, jedes Mal ist es eher Glück gewesen

und jetzt erwarten die von mir immer mehr.

Irgendwann ist dieser Druck viel zu groß geworden.

Richtig heftig hat sich das Gefühl,

aber die ganze 25 Jahre später eingestellt.

Aus der ehemaligen erfolgreichen Judo-Ka

wurde unterdessen eine Medizinstudentin

und Ärztin im Spital.

Und offenbar hat sie die immer so gute Arbeit abgeliefert,

dass sie nach ein paar Jahren befördert wurde,

zur Oberärztin.

Ihr merkt es wahrscheinlich schon,

das ist jetzt eben ein Moment,

in dem die Impostelstimme besonders gern zuschlägt.

Ich bin Oberärztin geworden mit diesem Gedanken.

Eigentlich bin ich ja gar keine Oberärztin.

Oberärztinnen kleiden sich anders,

sie treten anders auf, sie haben andere Interessen

und die wissen auch sehr viel.

Und ich habe mich da überhaupt nicht wiedergefunden

und habe selber auch gar nicht glauben können,

dass zum einen mein Chefarzt in diese Richtung auch motiviert hat

und dass er mich dann auch genommen hat.

Ich hatte immer dieses Gefühl,

jetzt sehen die in mir etwas, was ich gar nicht bin.

Das Gefühl, der Anspruch von innen und aussen nicht zu knügen,

das ist gross und grösser geworden.

Das war auch immer so ein Punkt,

dass ich dachte, ich weiss zu wenig, ich tue zu wenig,

ich interessiere mich zu wenig

und musste erst später nach und nach lernen,

als ich mich damit beschäftigt habe,

dass es nicht darum geht, etwas völlig perfekt hinzukriegen

und alles zu wissen,

sondern dass es immer auch darum geht,

das richtige Maß zu haben und genug zu wissen

und man muss nicht alles wissen.

In dieser Zeit

hat Michaela Mutig als Oberärztin geschaffen im Spital.

Sie spürte das Impostor-Syndrom

selbst besonders deutlich.

Und dann wurde sie aktiv dagegen.

Sie hat ihren Freundeskreis angefangen darüber zu reden

und hat sich Informationen zusammengesucht.

Das machen wir jetzt auch gerade.

Darum an dieser Stelle ein paar Fakten.

Das Impostor-Syndrom wird nicht als eigene psychische Krankheit betrachtet.

Im internationalen Klassifikationssystem

von der medizinischen Diagnose ICD,

heisst das kurz,

ist es nicht aufgeleistet.

Es gilt Änder als Persönlichkeitsmerkmal,

als Spektrum,

die gewisse am einen Ende sagen würden,

ich habe das gar nicht

und am anderen Ende werden die, die sagen,

ich habe das sehr fest und leide darunter.

Irgendwo auf diesem Spektrum bewegen wir uns alle,

gerne einmal hin und her.

Das Gefühl kann je nach Lebensphase dominanter sein

oder weniger.

Im Päckchen vom Impostor-Syndrom

sind meistens mit dabei

enorm höhere Ansprüche an die eigene Leistung.

Selbst Zweifel,

die nicht besser werden,

mit einem positiven Feedback,

sondern gemeinerweise schlimmer,

weil Betroffene externalisieren ihren Erfolg.

Das heisst, die innere kritische Stimme

kann zum Beispiel bei einer Beförderung sagen,

jetzt habe ich einfach mega Glück gehabt.

Oder, das ist ja sehr seltsam.

Die anderen sehen meine eigene Unfähigkeit gar nicht.

Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind,

ist schwierig zu sagen.

Zahlen, die ich finde, schwankern,

irgendetwas zwischen 40 und 70% von allen Menschen

haben sich schon mal wie Hochstabler gefühlt.

Ohne dass sie sind.

Auch Zahlen sind in diesem ganzen Thema verzerrt.

Diese Zahl ist einerseits gross,

weil sie so ein schambehafteres Thema ist.

Und gleichzeitig sagen bei Studien,

die direkt nach dem Hochstabler-Gefühl gefragt werden,

viele Menschen, ja, das kenne ich,

weil sie sich irgendwo auf diesem Spektrum bewegen.

Von selber hätte das aber nicht als Problem erwähnt.

Das erklärt wahrscheinlich auch,

warum das Phänomen in den sozialen Medien

so gerne nur geistert.

Man könnte uns vermutlich alle

von Hochstablern identifizieren.

Zurück zu Michaela Moutig.

Aus den Betroffenen Ärztin

wurde unterdessen ein Fachexpertin

für das Impostor-Syndrom.

Sie hat sich zuerst aus eigenem Interesse

viele Informationen darüber zusammengesucht,

so viel, dass sie beschlossen hat,

alles auf das Impostor-Phänomen zu setzen.

Sie hat das Sachbuch darüber geschrieben

und bietet heute für andere Betroffene Coachings an.

Ich möchte von Ihnen wissen,

wie und wo entsteht dann das Hochstabler-Syndrom?

Es gibt sehr viele verschiedene Bausteine,

die dann zusammengenommen zum Impostor-Syndrom führen.

Zum Beispiel, wenn ich jetzt

prinzipiell eher ein introvertierter Mensch bin

oder ein Mensch, der sehr perfektionistisch veranlagt ist

oder auch ein Mensch mit sehr geringem Selbstwertgefühl,

dann ist das schon mal ein Risikofaktor.

Das heisst nicht, dass diese Menschen

automatisch ein Impostor-Syndrom entwickeln,

aber sie sind gefährdeter.

Und dann können gewisse Prägungen

aus der Kindheit eine Rolle spielen.

Also Prägungen in einer Lebensphase,

in der wir uns ein Bild machen

von Intelligenz und Kompetenz.

Bei Imposter-Betroffenen

ist oft schon schon irgendetwas schief gelaufen.

Ihres Bild wurde sozusagen verzerrt.

Michaela Mutig macht das Beispiel.

Und das muss noch nicht mal eine traumatische Erfahrung gewesen sein.

Es kann auch so das Gefühl haben,

die Mama ist so stolz, weil ich so intelligent bin.

Und dann hat das Kind vielleicht das Gefühl,

ich bin intelligent, weil ich nicht lernen muss.

Spätestens dann in einer höheren Schule

kriegt das dieses Kind mit, ich muss ja doch lernen.

Und dann kommt manchmal das Gefühl,

ich bin gar nicht so intelligent.

Jetzt enttäusch ich die vielleicht.

Also dass ein Kind plötzlich sich in der Rolle sieht,

die es nicht erfüllen kann.

Und dann könnte die verzerrte Selbstwarnemigung stehen.

Intelligent wäre ich nur,

wenn der Erfolg mir einfach so etwas zuflügen würde.

Ich muss mich aber richtig anstrengen,

um so gut zu sein.

Und das darf auf keinen Fall rauskommen.

Sonst merken die dann alle,

dass ich gar nicht von Natur aus so schlaube.

Ich leise bei den Recherchen

außerdem von zwei anderen Faktoren,

die das Hochstabler-Syndrom verstärken können.

Einerseits sind oft Menschen betroffen

mit einer Migrationsgeschichte.

Menschen, die als Kind und auf dem Bildungsweg

keine oder wenige Vorbilder hatten,

führten Identifikation mit dem Job.

Die ehemalige First Lady

der USA, Michelle Obama,

bekannt sich zum Beispiel zu ihrem Imposter-Syndrom.

Und andererseits betrifft es oft Menschen,

die in einem Arbeiterinnenmilieu aufgewachsen sind

und in einer höheren Klasse

in Anführungszeichen aufgestiegen sind.

Wir wechseln den Schauplatz

und bleiben aber beim Thema Herkunft und Kindheit.

Ich besuche Joel Houser

in ihrer Praxis in Zürich.

Joel Houser ist Coach

für Menschen mit perfektionistischen Tendenzen.

Und sie sagt, das Imposter-Syndrom

ist eine Ausprägung

von diesem ungesunden Perfektionismus.

Joel Houser ist spezialisiert,

primär auf hochbegabte Kinder und Erwachsene.

Entsprechend kommen zu ihren Klienten und Klientinnen,

die das Karriereleiterli enorm hoch aufgeklettert sind

und sich aber mit jeder Sprosse

noch einmal einen selbstzweifel mehr geholt haben.

Top qualifiziert die Menschen also,

die sich als Hochstablerinnen fühlen.

Professorinnen, ETH-Professor,

Führungspositionen in Banken,

in anderen Unternehmen,

also sehr divers.

Klienten und Klientinnen,

die bei ihnen landen,

bewegen sich auf dem extremsten Ende

vom Imposter-Syndrom.

Dort, wo die hohen Ansprüche enorm stressen

oder sogar krank machen können.

Viele kommen nach Burnouts

oder nach Depressionen zu ihren.

Ich staune.

Einerseits finde ich so,

irgendwie noch beruhigend,

die höchsten Qualifikationen,

das Gefühl kennen,

ich fliege nur so auf.

Und gleich,

die Menschen haben sich in ihrem Fach

alle möglichen Titel geholt

und fühlen sich doch insgeheim als Hochstabler.

Wie geht das auf?

Da läuft doch etwas schief.

Und ja, das tut es,

sagt Joel Houser.

Aber eben nicht primär im Job,

sondern schon viel früher im Leben.

Also ich habe hier

eine Frau zum Beispiel,

die,

wenn sie Feufe nach Hause gebracht hat

von den Eltern, sofort fragt,

was nur ein Feufer,

warum sie nicht ächsen.

Und sie einfach gemerkt hat,

eigentlich ist sie nur geliebt und erwünscht

und wird überhaupt in die Ärmung genommen,

wenn sie gute Leistungen bringt.

Jetzt als Erwachsene

sucht Betroffene,

also unbewusst im Umkehrschluss

über die Leistung,

Liebe.

Und das treibt natürlich enorm an.

Es macht ambitioniert,

aber es macht unter Umständen auch krank.

Eigentlich ist es so,

dass sie

zu wenig Liebe,

die gratis ist,

quasi bekommen.

Sondern immer für diese Liebe

hat sie gekämpfen.

Und diesen Kampf

führt.

Und sie kämpfen um Anerkennung.

Sie kämpfen um

noch mehr Leistung.

Und haben die Illusion,

dass sie irgendwann,

wenn sie all die Preise

von der Welt gewonnen haben,

endlich geliebt werden.

Puh.

Echt ein trauriger Hintergrund

tut sich da auf.

Okay.

Das macht jetzt der Aschi

als Werte in Extremform

vom Imposter-Syndrom

ein Phänomen

von top-spezialisierten Akademiker

und Akademikerinnen.

Aber im Ansatz

kennen wir das ja alle.

Wir bewegen uns in einer Leistungsgesellschaft,

die sehr viel abverlangt,

die belohnt, wer fließig ist

und die straft, wer nicht ganz 100 % gibt.

Zum Beispiel im Job.

Wir definieren unseren Selbstwert

in einem gewissen Mass

was wir bräuchlich machen

und wie gut wir es machen.

Die Menschen,

die bei der Schule Hausarist Coaching gehen,

erleben eine Extremform von diesem.

Eine sehr ungesunde Verknüpfung

von Liebe, Selbstwert

und Leistung.

Ihre Klienten und Klientinnen

fühlen sich im Arbeitsalltag oft

darum als Hochstapler,

weil sie einerseits Anerkennung suchen

im Job, andererseits aber auch Liebe.

Und weil diese Liebe nie kommt,

meldet sich

im Kosterstimm.

Jetzt bist du in deinem Träumjob angekommen,

aber es reicht

immer noch nicht.

Gib noch ein bisschen mehr.

Noch ein bisschen mehr.

Es gibt Auswege.

Aus dem nagenden Hochstaplergefühl

sagen beide Expertinnen

und zwar diverse Auswege.

Es fängt aber alle mit dem gleichen Schritt an,

sagt Michaela Mutig.

Sie weiss es ja auch aus eigener Erfahrung.

Alle Erste

ist drüber sprechen.

Wenn wir drüber reden,

kommen wir zum einen in eine gewisse Entlastung rein.

Dann haben wir nicht mehr so das Gefühl,

wir machen jetzt jemandem was vor,

sondern wir haben die Möglichkeit,

uns zu öffnen.

Und vor allem haben wir die Möglichkeit,

dass auch wir hören vom anderen, hey, mir geht es genauso.

Auch dieses Gefühl, ich bin ja gar kein Alien,

ich bin ja nicht alleine mit diesen Gedanken,

das ist ja sehr häufig.

Okay, cool, denke ich so wie wir.

Dann haben wir jetzt schon mal etwas richtig gemacht.

Der zweite Tipp kommt von Joël Hauser.

Das ist eigentlich mehr

eine Tourneubung,

die könnte Spaß machen.

Eine andere Methode ist,

dass ich meine Klienten fragen,

mit der Hand

zu zeigen, wie hoch die Ansprüche sind.

Häufig steigt

die Hand über den Kopf

und ist recht hoch.

Dann bitte ich die Klienten nochmal

eine Zeit lang so umzulaufen

und sagen, wie ist das eigentlich für den Körper?

Wenn man so im Alltag umläuft

und die Hand so hoch oben hat

und sagt, ja, schon nicht so angenehm,

ja, es zieht, das ist

streng.

Und dann bitte ich sie einmal

einfach die Augen zuzumachen

und am Körper der Leibnis

die Hand auf eine höhere

Zitze, die für sie angenehm ist.

Und dann geht die Hand

über den Kopf, das ist

vielleicht so auf die Hüfte

oder so.

Und dann sagt sie, ja so

wäre es schon viel angenehm.

Ich wecke auf mein Mikrofon,

es ist etwas schwer für mich,

es ist gerade ein bisschen unangenehm

mit meinem Arm.

Ja, ich habe sie ja schon antworten.

Auch ich, die Autorin

dieser Sendung,

kenne das Gefühl der hohen Ansprüche

und der starken kritischen Stimme

sonst kommt er noch einmal aus,

dass du gar nichts kannst.

Der letzte Tipp

der Schoelhauser kann ich darum

auch gerade aus eigener Erfahrung

mittempfehlen.

Ein Klassiker aus der Psychologie,

ein Erfolgsdagebuch.

Wobei, nein, eben nicht ein

Erfolgsdagebuch, sondern

soll man führen, so wie sie

in vielen Artikel zu meinem Poster-Syndrom

steht, das setzt sie nur wieder

unter Druck. Der Unterschied

mit einem guten Moment.

Am Abend oder zwischendurch

kann man sich aufschreiben,

was einem so viele schöne Erlebnisse

kommen. Zum Beispiel kann man das

ganz einfach in das Handy töckeln.

Das hat mir sowieso immer dabei.

Es müssen nicht wahnsinnig

gute Momente sein.

Es können ganz kleine Sachen wie

ich am Morgen aus dem Haus bin

und habe einen wunderschönen

Vogelgesang gehört.

Das langt nicht.

Oder der Bus-Schöpfer,

der ich ausgestiegen bin, hat mir

ein Lächeln geschenkt. Also wirklich

Kleinigkeiten.

Das Trainieren ist hier darauf,

aus Positiven im Alltag wahrzunehmen

und nicht immer an den negativen

Erinnerungen herumzugröpeln.

Wir konditionieren unser Hirn also

so um.

Ja, Humor hilft auf jeden Fall

gegen das nagende Gefühl.

Ich möchte das Poster-Syndrom aber

nicht verharmlosen.

Es hilft, dass einem die eigene

Ansprüche sehr stressen

oder an den Rand der Belastung bringen.

Ebenen 1 zu 1 Coaching

im Rahmen einer Psychotherapie

kann einem zum Beispiel geholfen werden.

Und das haben wir jetzt auch gehört.

Darüber reden nimmt

einem Poster-Syndrom den schambehafteten

Anstrich speziell

mit anderen betroffenen.

Häufig

ist es sinnvoll, einen Kurs

zu machen.

Ja, auch die ganze Thematik

von

Ich bin nicht alleine, die das hat

und ich muss mich nicht schämen

oder Scham kann ich teilen

mit anderen

und sobald ich

quasi

das kann äusseren, auch in einer Gruppe.

Dann hat die Scham

wie nicht mehr die Macht über mich.

Tönt überzeugend,

aber das braucht viel Überwindung.

Tatsächlich in einen Kurs zu gehen

mit fremden Menschen

über die innersten Unsicherheiten.

Ein letzter Tipp

oder mir ein Gedanke

hat der Input-Hörer Alex

schon geliefert.

Bei uns im Gespräch, im Regen,

auf dem Benkli an den Ahren.

Vielleicht mögen die Roja erinnern.

Es ist wirklich so, ich hasse Fehler

und ich warte irgendwie

nach wie vor noch darauf.

Das ist jetzt einfach

falsch gemacht

wegen mir.

Das klingt wie ein Kraftlicken

im Fehler.

Ich hätte zeigen können,

dass man einfach nicht alles weiss,

nicht alles kann.

Es würde einem auch Mut geben

um Sachen auszuprobieren,

wo Fehler anfälliger sind.

Also ein Weg in den Schlag,

das man eigentlich nicht sicher ist.

Es würde einem

wahrscheinlich Mut geben,

ein Stück weit.

Ja,

eben,

der Mut zum Fehler.

Ich nehme das mal mit für mich,

vielleicht macht sie ja mit euch auch etwas.

Das Imposter-Phänomen

kommt mir ein bisschen vor

wie ein Labyrinth aus Zerraspiegel.

Kennen das die von der Kielbe,

die einem immer ein bisschen vorgaukeln,

man sei zu klein oder zu gross

oder zu breit oder zu irgendetwas.

Und

wo ist jetzt schon wieder der Ausgang

im Zerraspiegel-Labyrinth?

Vielleicht

hätt euch der Podcast ja ein Hinweis geben können

auf diesen Ausweg.

Ich bin auf jeden Fall gespannt,

was diese Sendung mit euch gemacht hat.

Feedback gerne an input

at srf3.ch

Mein Name ist Julia Lüscher.

Im nächsten geht es

bei Input um ein Thema,

das uns alle betrifft.

Die Ablösung von unseren Eltern.

Sich vor allem von der Mutter lösen.

Es ist wahrscheinlich ein lebenslanger Job.

Wirklich eigenständig

entscheiden, zum Beispiel,

sich nicht mehr wie ein Kind fühlen,

kaum macht die Mutter eine kritische Bemerkung.

Es klingt einfach,

ist es für die Meister von uns aber nicht.

Die Patricia Banzer

stürzt sich in dieses Thema

und hätte gerne eure Hilfe.

Konkret sucht sie

einen Sohn, den wir mit ihr reden möchten.

Darüber wie schwierig

es sein kann, sich von der Mutter abzunablen.

Wo ist es besonders anstrengend?

Wie kann es aber auch gelingen?

Danke vielmals

für das Schreiben

an input at srf3.ch

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Alex (30) war bestens qualifiziert für seinen Job, bekam gutes Feedback, und doch fürchtete er: «Ich kann ja eigentlich gar nichts. Bald fliege ich auf.» Hochstapler- oder Impostor-Syndrom heisst das Phänomen, und es betrifft mehr Leute, als man denkt. 

«Oft kommen Betroffene erst nach einem Burnout auf das Syndrom», sagt Coach Joëlle Huser. Input-Redaktorin Julia Lüscher fragt nach: Woher kommt das Hochstapler-Syndrom? Und können wir es loswerden?

_

Zu hören in diesem Podcast:

- Input-Hörer Alex, 30

- Michaela Muthig, Ärztin und Coach. Buch: «Und morgen fliege ich auf» coaching-azur.de/buch-und-morgen-fliege-ich-auf <https://coaching-azur.de/buch-und-morgen-fliege-ich-auf/>

- Joelle Huser, Coach und Spezialistin für Perfektionismus. Buch: Lichtblick für helle Köpfe lmvz.ch/wissen/lichtblick-fur-helle-kopfe <https://www.lmvz.ch/wissen/lichtblick-fur-helle-kopfe>

_

Feedback gerne an input@srf3.ch.

Autorin: Julia Lüscher