11KM: der tagesschau-Podcast: Ciao, Bella? - Italien nach der Flutkatastrophe

tagesschau tagesschau 6/9/23 - Episode Page - 26m - PDF Transcript

Die Urlaubshoch-Saison startet, nur statt deutsche Vita kämpft das beliebte Reiseziel der Deutschen gerade noch mit Schlamm und Müll.

Schwere Unwetter mit Starkregen sorgen für Chaos und Verwüstung in Italien.

Entlang der Adria-Kürste gibt es über Schwemmungen und Stromausfälle.

Remini, Ravenna, Bologna, die bekannten Urlaubsorte in der Emilia-Romagna.

In 36 Stunden fällt dort so viel Regen wie sonst in einem halben Jahr. Am Ende sterben 15 Menschen.

Und nach der Flutwelle droht jetzt eine andere Gefahr für die Region, die so sehr vom Tourismus abhängt.

Nämlich eine regelrechte Flutwelle an Stornierungen.

Als das Unwetter losbricht, recherchiert der ARD-Italien-Korrespondent Rüdiger Kronthaler gerade zum Thema Overtourism.

Also zur Frage, wie das Land damit umgehen soll, dass es zu viele Touristen anlockt.

Auf einmal stellt sich die ganz andere Frage. Wie viele werden nicht kommen?

Und wie will das Land, wie will die Urlaubsregion Emilia-Romagna künftig weitermachen in Sachen Tourismus?

Was muss sich in Zeiten von starker Ereignissen und Klimawandel ganz grundlegend ändern?

Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe.

Zu finden in der ARD-Audiothek. Mein Name ist Victoria Michalsack. Heute ist Freitag der 9. Juni.

Rüdiger, hallo!

Damit wir einmal so die Dimension begreifen, was da so passiert ist.

Du warst vor Ort in dieser Region Emilia-Romagna. Wie sah das da aus nach dieser Katastrophe?

Also das war vom 16. auf dem 17. Mai. Am 16. Abends habe ich schon gesehen, dass da viel überschwemmt ist.

Und ich habe dann auch gesehen, dass es eine große Warnung gibt. Die Leute wurden aufgerufen, die Flüsse zu meiden.

Sich, wenn sie nah am Fluss sind oder in der Nähe, dass sie ins erste Geschoss gehen und so weiter, weil man eben mit einer starken Flut rechnet.

Und am nächsten Morgen hieß es eben, wenn O es gibt, tote.

Und innerhalb von 36 Stunden ist so viel Regen gefallen wie sonst in einem halben Jahr.

Dann kam es nicht hinterher. Und dann haben sie nachts evakuiert, panisch evakuiert, wenn sie konnten, weil eben ganze Häuser übersplutet wurden.

Die Leute, die da gerettet wurden, haben gesagt, es ging einfach wahnsinnig schnell.

Also da hat man keine Vorstellung. Da heißt es, O das Wasser kommt und dann heißt es, das dauert dann nicht länger als 20, 30 Sekunden.

Und das Haus ist voll, sozusagen. Die Flüsse sind alle nach oben.

Und es gibt eben auch so Handyvideos, wie Leute dann brüllend auf der Terrasse stehen, auf dem Balkon stehen und eben auf sich aufmerksam machen.

Das Strom ist da dann auch ausgefallen.

Oder umgekehrt Leute, die am Raden von so einer überfluteten Straße stehen und so reinrufen in die Straße.

Es gab 15 Tote. Ich glaube, die meisten auf jeden Fall sind alte Menschen, also die alleine waren und das vielleicht einfach auch nicht mitbekommen haben oder zu langsam waren.

Es ist falsch eingeordnet haben, auch nicht weg wollten. Es ist auch die Menschen, die noch nach Tagen evakuiert wurden, weil es sind vor allem alte Leute gewesen.

Ja, das ist also so eine Dramatik und auch noch auf so einer großen Fläche.

Also die Region Emilia-Romanias sagt, es sind 439.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.

Das ist bei der Landschaft betreffend, ohne die Städte, sind überflutet worden.

Das sind also gigantische Ausmaße.

Ja, und hier gab es immer so einen Referenzpunkt zu einer großen Flut in Emilia-Romania in den 50er Jahren.

Und die Flut jetzt im Mai hat das Vierfache der Fläche zerstört im Vergleich zu der Flut in den 50er Jahren.

Wir sind von Rom aus dorthin gefahren und über den Apennin rübergefahren.

Und wenn man dann auf der Seite ist, wo es runtergeht, dann sozusagen Richtung Bologna, dann sieht man erstmal wahnsinnig viele Erdrutsche entlang der Autobahn.

Es gab, ich habe jetzt nochmal nachgeschaut, über 400 Erdrutsche im Apennin.

Ortschaften, die abgeschnitten waren. Straßen, die weg sind. Ortschaften, wo man heute nur zu Fuß hingehen kann.

Und dann kommt man runter in die Ebene und dann sieht man erstmal wieder gar nichts.

Dann muss ich, okay, es war sehr warm, sehr heiß.

Und wir sind nach Fort Liege fahren. Es ist so eine Universitätsstadt, eine kleinere Universitätsstadt.

Und kommen rein in den Ort. Und dann haben wir gleich die Stelle angesteuert, wo im Wusten der Teil der Stadt war überschwemmt.

Und das sieht aus ein bisschen wie ein Wüstenort.

Das ist dann von der Polizei so ein bisschen abgesperrt, aber man kann dann schon hinfahren.

Es sieht sehr endzeitlich aus. Man sieht Leute mit so weißen Ganzkörperanzügen, die rumlaufen.

Es ist alles mit Sand bedeckt, voller Staub, voller Sand.

Die Leute mit diesen Ganzkörper-Schutzanzügen, die da in irgendwelchen Häusern verschwinden, da wohnt dann niemand.

Am Schwarten dabei, man hört laute Geräusche, laute Pumpmaschinen, die immer noch Wasser rauspumpen,

obwohl das Wasser im Prinzip urflächlich verschwunden ist, aber in den Kellern teilweise noch drin ist.

Und es ist alles verschlammt. Man fährt vorbei in riesigen Müllbergen.

Das sind dann Waschmaschinen, Sofas, irgendwelche Vorhänge.

Erst erkennt man es gar nicht, weil es alles in dieser einheitlichen Matschfarbe ist.

Aber das ist alles mit elektrischen Geräten durchmischt, Autos, die nicht mehr benutzt werden können.

Also die Autos, die überschwemmt wurden, sind auch alle zerstört.

Also die stehen dann so darum und große Bagger fahren umeinander und transportieren dann diese Müllberge weiter.

Wie geht es denn damit, dass man da so gar nicht hinterher kommt?

Also ich glaube, dass die sich alle, also die wir so gesprochen haben, die hatten eigentlich so ein ganz gutes Gefühl im Sinne von, wir konnten was tun.

Und jetzt wir halten zusammen.

Und da gibt es auch an den Häusern, sieht man dann so Bettlaken aus den Fenstern raushängen, wo drauf steht.

Danke an die Engel, an die Angeli, weil das ist so ein geflügles Wort.

Das bezieht sich auf den Hochwasser in Florenz.

Und da waren dann auch die Angeli da, also Leute, die quasi dann einfach gekommen sind irgendwo her aus dem Land und geholfen haben beim Aufräumen, sozusagen.

Privatwerte?

Ja, so eine Verbundenheit.

Da haben wir Diego Gottarelli kennengelernt, der ist vom Zivilschutz, vom Alpinen Zivilschutz.

Und der war seit eben über zwei Wochen schon dort in der Gegend.

Und der hat dann gesagt, ich dachte jetzt so, wow, jetzt wird er mir erzählen, wow, was ich alles geschafft haben.

Und er sagt, nein, nein, komm mal mit, ich zeig das was anderes.

Und dann sind wir dann in seinen Jeep gestiegen, weil da konnte man nicht anders hinfahren.

Dann sind wir quasi an den Häusern vorbei, in so einen anderen Weg rein und dann vielleicht zu 300 Meter.

Der Matsch war so 40 Zentimeter, fast ein halber Meter tief, also da kommt man sonst gar nicht durch.

Und dann war dann so ein bisschen abgelegen, ein anderes Haus noch und er hat gesagt, die haben dieses Haus vergessen.

Sie haben es zwei Wochen lang vergessen.

Sie hatten zwar, die kriegen ständig neue Notrufe rein und er hat das so ganz ehrlich gesagt, wir haben die übersehen.

Er ist auf der Liste ganz unten gewesen und wurde vergessen.

Jetzt wollen wir das aufholen. Man hat ihn vergessen.

Wie konnte das passieren?

Das passiert Unabsicht. Bei solchen Notfällen laufen wir immer nur hinterher.

Also, der hat ja da auch diese Überforderung ganz offen, ganz transparent gemacht.

Nach dem Motto, hey, es gab so viele Einsätze, wir wussten gar nicht wohin.

Ja, und wir haben dann den Manager von dieser ganzen Müllbeseitigung getroffen an einer gigantischen Müllhalde.

Das ist eigentlich ein Parkplatz.

Aber da waren Berge an Müll und er hat uns gesagt, dass jetzt 100.000 Tonnen Müll angefallen sind in diesen zwei Tagen,

als diese Flut, die Emilia Romagna überflutet hat.

Also, genau, das ist der Andrea Ramonda.

Und er hat gesagt, das Wichtigste ist jetzt erstmal, tatsächlich diesen Müll so schnell wie möglich auch vorzuschaffen,

weil das hat einen ganz wichtigen Effekt für die Menschen, die eben mit diesen Schäden jetzt zurechtkommen müssen.

Also, er sagt, dass sie sich jetzt beeilen müssen, dass die Notlage jetzt einfach beendet werden muss für die Anwohner,

dass sie auch nicht mehr sichtbar ist, damit eben die Menschen wieder zur Normalität zurückkehren können

und gerade die Bürger, die etwas Liebgewonnenes verloren haben.

Und das kennt man ja, glaube ich, auch aus dem Anteil, dass man da auch so sehr tempo gemacht hat.

Da ist man zumindest optisch, die Flut so ein bisschen verschwindet.

Ja, es sind 100.000 Tonnen Müll angefallen.

Das sind die Menge von zehn Monaten innerhalb dieser kurzen Zeit.

Diese Region, Emilia Romagna, die lebt ja viel vom Tourismus.

Also, das sind Städte wie Rimini, Bologna, Ravenna.

Das sind unsere Urlaubslieblinge, nicht nur der Deutschen,

aber auch vieler Deutschen eben auch, wo man unglaublich gerne hinfährt.

Das sind super schöne Städte, schöne Strände.

Und bald ist ja auch wieder Hauptsaison.

Das muss ja wahrscheinlich super schnell wieder schick aussehen für die Touristen, oder?

Ja, das haben sie schnell hingekriegt.

Also, tatsächlich am Anfang, da haben sie noch gesagt, ja, wenn es nicht so viele Tote gäbe,

müsste man eigentlich um den Strand trauern, weil in vielen Ecken einfach auch,

da war mich gleichzeitig auch ein starker Sturm und hat große Teile des Strands so weggerissen und unter den Sand weggenommen.

Die haben schon wieder aufgebaut, die haben alles hergerichtet.

Das sieht alles super aus wieder.

Aber es gab eben auch sehr viele Stornierungen.

Also, wir haben jetzt nochmal nachgefragt, es sind 3-4.000 Stornierungen in Emilia Romagna da an der Küste entlang.

Und das hört sich jetzt erst mal wenig an, aber das sind ja Familien und so weiter,

das sind ja noch viel mehr Menschen.

Und es ist ja auch der Beginn der Saison.

Also, eigentlich beginnt jetzt die Saison mit den Pfingstfergen in Deutschland, in manchen Bundesländern.

Und also Juni, das ist so der Startschuss.

Und ja, so vordergründig, die versuchen das wieder schnell herzurichten.

Die haben ja sehr viel Erfahrung mit Tourismus und die wissen auch, dass sie das priorisieren müssen,

weil eigentlich nur die Sommersaison ist wirklich die Hauptsaison dort.

Ja. Und haben Sie das denn geschafft?

Also, wie sieht es da jetzt aktuell aus an den Stränden?

Vordergründig sieht es gut aus.

Alles wieder hergerichtet, die Sonnenschimme stehen da in Reih und Glied bis vorne an die Wasserkante.

Im Problem war jetzt noch, dass das Meer mit Koli-Bakterien belastet war.

Das kam eben über die Flüsse, weil die eben auch Kläranlagen und so weiter überflutet hatten.

Und dann mussten sie Strände schließen.

Aber stand jetzt, glaube ich, nur noch einer wirklich geschlossen.

Die messen es dann jeden Tag nach.

Und das war natürlich auch immer so was, oh nein, so im Entlang von Mündungen,

da war die Belastung mit Koli-Bakterien zu hoch.

Also, die Belastung von den Koli-Bakterien, die war zu hoch, um Touristen dorthin zu lassen?

Oder was heißt zu hoch?

Der Verbot, man durfte nicht ins Wasser rein.

Ja, okay, und das ist natürlich die Katastrophe, dann kommen keine Touristen.

Ja, ich denke, dass sie das jetzt aber tatsächlich im Griff haben.

Also, da werden sie auch nicht trixen, glaube ich.

Also, momentan scheint sich das wirklich so zu verdünnen, dass das Problem jetzt nicht mehr besteht.

Okay, also das heißt für die jetzige Saison, das heißt, es könnte noch klappen,

dass die Touristen trotzdem kommen.

Genau, sie versuchen es hinzukriegen und es könnte schon noch klappen.

Der Haupttouristen ansturm ist ja dann im Juli und im August.

Und dass sie das bis dahin auch gut schaffen.

Aber klar, wenn du erst mal so vom Image her, das ist dann oft entscheidend,

sich die Leute ja auch dann spontan oben.

Und deswegen hoffen sie natürlich, dass die Touristen dahin das vergessen haben.

Ja, diese Überflutung, die waren ja eine Riesenkatastrophe,

waren überall in den Medien.

Wie überraschend kam das denn eigentlich?

Eigentlich nicht besonders überraschend, muss man sagen.

Also, das hatten die schon in der Woche davor, haben die schon gesagt,

die nächste Woche wird sehr nass, da wird sehr viele Regnen in der Gegend.

Das ist natürlich so extrem kommt, das konnten sie nicht vorhersehen.

Und das, wenn es sehr stark regnet, dass dann die Flüsse über die Ufer treten

und dass das Land dort dann überschwemmt wird, das ist denn auch klar.

Ich habe ein Interview gelesen mit einem Geologen, der hat dann gesagt,

die Stellen, wo überall die Flut tatsächlich sich ereignet hat,

das sind genauen Stellen, die auch so vorhergesehen wurden,

weil das sind Gebiete, das ist sehr, sehr flach.

Es ist sehr dicht besiedeltes Gebiet oder landwirtschaftlich,

sehr intensiv genutzt.

Das heißt, es gibt kaum Wälder, die Flüsse fließen nicht frei,

sondern sind sehr stark reguliert.

Und wenn dann so eine Wasserbombe kommt, wie man hier in Italien sagt,

dann ist logisch, wo soll das Wasser denn hin?

Dann kommt das eben so.

Das heißt, in gewisser Weise dieses Szenario gab es schon,

natürlich, dann so viel regnet in so kurzer Zeit.

Das ist schon ein extremes Phänomen und das war ja so nicht erwartet worden.

Wobei, man muss sagen, die Warnungen gingen schon sehr frühzeitig raus.

Und jetzt ist natürlich die Frage, warum ist das denn so schlimm geworden?

Also, das ist ein sehr intensiv genutztes Gebiet.

Wenn man, vielleicht hat man so das Bild vor Augen,

wie es dort an den Stränden aussieht bei Rimini,

da ist es mehr, dann kommt der Strand.

In der Strand ist wie jeder Quadratzentimeter auf dem Strand,

ist sozusagen genutzt, da steht ein Sonnenschirm oder da ist das,

da ist ein kleiner Kiosk und das ist alles total durchmöbeliert.

Und in dieser Philosophie geht es dann im Landesinneren weiter.

Also, da ist dann sehr intensive Landwirtschaft,

das ist alles mit den lineal gezogene Felder, viele Straßen,

dann die Siedlungen, die so ein bisschen ausfranzen,

große Industriegebiete, sehr viel versiegelter Boden.

Und dann ist auch irgendwie klar, dass, wenn sich so was ereignet,

dass das diese Ebene, die dort ist, unter Stress setzt.

Hinzu kommt, dass das auch sehr flach ist, das Land dort,

dass dort manche Ortschaften unterhalb des Meeresspiegels liegen.

Und dann ist es natürlich umso fataler,

weil das, was ja nicht mehr wegfließt, also steht dann fast.

Und das macht es dort dann so dramatisch.

Und gibt es da eigentlich keine Deiche, die das aufhalten könnten?

Doch, das ist tatsächlich, da haben wir so eine Deichlandschaft,

so ein bisschen wie man es aus Norddeutschland kennt.

Jetzt sagen die Leute dort, ja, die werden nicht nur jetzt auch die Bauern,

sondern auch Experten sagen, dass die Deiche nicht genug gepflegt werden.

Aber es ist also ganz extrem, ist es im Por Delta,

also wo der Fluss Por ins Meer mündet.

Ich dachte immer, das ist der Fluss Po, sagt man doch.

Aber die Italiener sagen Por, die Deutschen sagen Por.

Genau, das ist so eine, eigentlich so eine Sumpflandschaft.

Und da waren vor 200 Jahren, hat da kein Mensch gewohnt.

Und das hat man aber dem Meer so abgetrotzt.

Das heißt? Ja, man hat das Trocken gelegt.

Und das hat man nur geschafft, weil man eben dort große Deiche gebaut hat,

bisschen wie in Holland, wie man es aus Holland auch kennt.

Also Deiche gebaut hat und dadurch aber das so erschlossen hat

und die Sumpfe trocken gelegt hat.

Und dort liegen die Ortschaften 4 Meter unterhalb des Meeresspiegels.

Also das ist eine ganz extreme Kulturlandschaft.

Wenn man das jetzt noch so ein bisschen aufzieht,

ein bisschen zusammendenkt, das auf der einen Seite sozusagen vom Land her

immer wieder diese Extremwetter zu erwarten sind,

dass die kommen.

Und zum anderen ja der Meeresspiegel steigt.

Und das Meer auch immer mehr ins Landesinnere reindrückt,

dann sieht man dort welchem Stress dort diese Kulturlandschaft steht.

Und die Überschwemmung haben jetzt nicht nur landwirtschaftliche Flächen getroffen,

sondern auch Städte.

Also die Altstadt von Ravenna zum Beispiel, die ist ja nur ganz knapp gerettet worden.

Ja, aber nur weil man eben sich entschieden hat,

wir retten die Altstadt auf Kosten der Felder vor der Stadt.

Und da wurden große Felder und Länder rein,

dann überflutet, dann sind auch Dörfer dazwischen.

Da hat man quasi dann diese Entscheidung getroffen.

Wir retten die Altstadt von Ravenna auf Kosten dieser Felder.

Diese Jahrhundert flut jetzt und auf der anderen Seite dann wieder die Dürren.

Ich meine, dass das Wetter extremer wird, wissen wir,

dass der Klimawandel immer extremer wird, das wissen wir auch.

In dem Fall der Emilia-Romania geht es ja aber auch um diese Deiche

und diese ganz intensive Landnutzung und Urbanisierung.

Trifft das alles Italien deswegen also besonders hart?

Ich denke, man muss das, glaube ich, die Sachen wieder zusammendenken.

Also diese Regenfälle, das war extrem.

Am Tag danach, als es passiert ist, hat dann der Zivilschutzminister das auch gesagt,

dass so weit sind in Aufzeichnungen des Sehen gab es das noch nie.

Aber die Frage ist auch immer, auf welchen Boden fällt dieser Regen?

Und von daher, das ist interessant, kann ich mir vorstellen,

dass man sagt, wenn vor 100 Jahren das passiert wäre,

dann hätte das die Siedlungen nicht weiter tangiert.

Aber mittlerweile ist es so.

Weil der Boden trocken ist oder versiegelt, viel mehr als damals meinst du?

Genau, weil es einfach die Siedlungen waren einfach kompakter,

waren eben oben die Menschen, die meisten Städte dort ne Gegend,

sind ja auch auf der Anhöhe gebaut, das sieht man auch die ganzen,

also die alte Ortskern, Ravenna ist jetzt ne Ausnahme.

Und auch Bologna, da hat es ja auch die Flut in der Stadt ein bisschen gewesen,

aber das war ne Ausnahme.

Im Prinzip haben die Leute früher schon gewusst,

warum sie in der Anhöhe bauen.

Und am Meer, das war alles unbebaut, da diese ganzen Küstenstreifen,

da waren diese Städte sind alle relativ jung.

Und heute baut man halt überall, wenn man sagt, na gut, da baue ich halt den Damm

und dann passt es schon, sag ich jetzt ein bisschen salopp.

Aber das ist sehr interessant.

Auf der anderen Seite ist es halt, Italien ist ja auch so ein bisschen durch die Lage,

weil es so wie so ein Halbinsel, so ins Mittelmeer hinein,

wie so ein Stieg sozusagen, der ins Mittelmeer reingeht,

ist halt auch so lokalen Wetterphänomen sehr stark ausgesetzt.

Also, weil sich das Meer erwärmt, ist einfach das Meer das Art,

da sozusagen ein langes Gedächtnis ist.

Wenn das sich langsam erwärmt, dann heißt es,

dass auch sehr viele lokale Starkregen entstehen.

In dem Fall war es eine Großwetterlage.

Das war wirklich so, aber auch diese Phänomenen nehmen Italien zu.

Und da denken ganz viele Orte nach, wie sie sich auch umbauen müssen,

damit sie eben dann nicht immer diese Schäden haben.

Ja, okay.

Also, das heißt, wegen solcher Wetterphänomene,

die wir in diesem Format im Starkregen,

auch wenn jetzt in diesem Fall auch mehrere Faktoren dazu gehören,

zum Beispiel eben die Versiegelung und die Nutzung auch durch den Menschen vom Boden.

Fest steht aber, irgendwie müsste sich wahrscheinlich mal was ändern.

Also, wir haben eine Wissenschaftlerin getroffen, Valentina Orioli,

die ist an der Universität Bologna.

Und sie ist Raumplanerin und kommt selber aus Cisena,

also einer Stadt, die ebenfalls überflutet wurde.

Wir sind in ihr Büro an der Ecke,

hing dann ihre Weste, also die wohnt in Cisena immer noch

und pendelt immer nach Bologna und hat selber dort mitgeholfen vor Ort.

Er hat vor Ort mitgeschaufelt, ist selber betroffen, aber eben auch Wissenschaftlerin

und schaut sich diese Räume an und analysiert diese Räume, diese Flächen.

Und sie hat eben gesagt, dass die Fläche sehr, sehr intensiv einfach genutzt wird.

Und von daher, der Regen auch keinen Platz hatte, die Flüsse hatten keinen Platz.

Es sind sämtliche Flüsse der Emilia-Romania über die Ufer getreten.

Man könnte einige Teile von Städten aufgeben.

Man könnte Gebiete oberhalb von Städten ausdrücklich

als natürliche Überschwemmungsgebiete vorsägen.

Nur wenn wir das machen, haben die Flüsse,

wenn wieder sich so ein Extremeter ereignet, dann Platz

und richten eben nicht diese extreme Zerstörung an.

Also das heißt, es müsste sich mal eigentlich was ändern.

Was sagt denn die Regierung dazu in Italien?

Bislang gar nichts. Die Regierung ist jetzt vor allem im Krisenmanagement beschäftigt.

Das heißt, sie versuchen, Gelder zu finden.

Sie haben selber über 2 Milliarden Euro bereitgestellt.

Es gibt so Vorzahlungen für die Betroffenen.

Sie verhandeln mit der EU, ob aus der EU, aus Europa Geld kommt,

um jetzt auch erst mal die Schäden zu reparieren.

Wenn es hier um strukturelle Änderung geht,

da geht es sehr stark darum, dass man die Deiche wieder befestigt

und also den Status quo wieder herstellt.

Als wir dort waren, kam eben dann auch der italienische Staatspräsident

Sergio Matarella, kam auch dorthin.

Das war dann in Zufall, da haben wir gesagt,

ok, das schauen wir jetzt mit an, wie das ist und auch was er sagt.

Und dann hat eben Matarella gesprochen.

Alle waren ganz still, die Schulklassen, die Kinder, die vorher so hibbelig waren,

alle waren ganz still, haben gehört.

Er hat gesprochen, er ist ein bisschen so der Großvater der Nation.

Und er hat einfach besonders den Helfern seinen Dank gesagt.

Und er hat gesagt, sie können sich sicher sein, wir werden sie unterstützen.

Also so eine Zusage gegeben, dass die Region nicht vergessen wird.

Und ich war eben mit einem von diesen Alpini dort, von diesen Werkwachtlern

und nicht mit dem Jäger, sondern mit einem anderen von den Helfern.

Und der hat halt gesagt, ja, das hat wahnsinnig gut getan, ihn so zu hören.

Aber irgendwie, der war auch unzufrieden mit dieser Großlage.

Wir wissen, ob was los ist, wir wissen, was gerade passiert.

Und der war, ich würde sagen, 70, also ein älterer Herr sozusagen.

Und er hat gesagt, er erwartet einfach, dass die Politik in so einen Handeln reinkommt

und nicht nur in so einen Verwalten.

Was sind denn so die Vorstellungen von der Zukunft, wenn jetzt einfach nichts passieren würde?

Also, wenn der Meeresspiegel steigt, würden die Deiche dann reichen,

wenn man sie einfach größer baut, oder wie würde das weitergehen in Italien,

dann würde nichts mehr.

Das ist eine gute Frage. Also, die Extremwetter-Phänomene nehmen statistisch gesehen zu.

Das heißt, die Regenmenge bleibt gleich, aber es ist lokal und zeitlich konzentrierter.

Das heißt, das Land ist einfach immer wieder diesen starken Regen ausgesetzt, sehr lokal.

Also in diesem großen Stil, wie es jetzt war, das ist nochmal was Besonderes.

Das heißt, wie kann man darauf reagieren?

Ich denke, man kann entweder darauf reagieren, zu sagen, man akzeptiert das,

man kann einfach immer wieder die Sachen unter Wasser stehen

und man verschärft das Warnsystem

und die Leute haben dann diesen Schaden, der ist ja auch nicht versicherbar

bzw. die Versicherung werden es dann bei solchen extremen Situationen nicht übernehmen.

Das heißt, der Staat, die Gesellschaft muss dann dafür aufkommen, muss das sozusagen auffangen

und man baut noch höhere Deiche und versucht sozusagen mit Ingenieurskunst irgendwie zu organisieren.

Oder man sagt, okay, wir müssen vielleicht einfach einen neuen Weg einschlagen

und die Räume neu gestalten und Siedlungen verdichten,

dafür eine Höhe bauen, dafür mehr Platz lassen für die Natur.

Und wie ist es denn mit dem Tourismus?

Also wenn wir jetzt sehen, die Strände, vielleicht gibt es die bald auch nicht mehr in dieser Größe,

wenn das Meer immer weiter reinkommt, also wenn der Meeresspiegel steigt,

werden ja vielleicht auch die Strände in Zukunft kleiner.

Es wird einfach heißer, vielleicht zu heiß.

Ist es auch eine Überlegung, ob man vielleicht noch ein anderes Standbein sich sucht außer Tourismus?

Mit dem Eindruck, mit dem ich dort war, mit diesen Begegnungen, die man dann so hat,

so mit den Leuten, die da so in extremen Situationen sind

und dann mit dem Blick über diese geleckten Strände, über diese tot erschlossenen Strände fasst

und über diese ausgereizte Ebene, diese optimierte Flächennutzung, die man dort sieht,

dann dachte ich mir, die Zeiten sind vorbei.

Es wirkte so, wie aus der Zeit gefallen.

Es würde sich da so eine alte Welt so ein bisschen verabschieden oder verabschieden müssen,

weil dann kommt eine Flut und deckt einfach alles zu.

Und das ist klar, dass dieser extreme Umgang mit diesen Flächen und mit diesem Land,

dass das nicht bestehen kann.

Das war mein subjektiver Eindruck.

Danke, Rüdiger, dass du uns davon erzählt hast.

Gerne, danke dir.

Das war Elfkm, der Tagesschau-Podcast.

Heute mit dem AID-Korrespondenten in Italien, Rüdiger Kronthaler,

der bei den Überschwemmungen vor wenigen Wochen vor Ort war, in der Emilia-Romania.

Wenn es euch gefallen hat, gerne weitersagen und uns ein Abo dalassen bei Elfkm.

Klar, oder?

Dieses extreme Klima zwischen Dürre und Überschwemmungen,

das trifft übrigens nicht nur Italien, vor allem Afrika,

trifft diese Wasserkrise weit vor Europa.

Der Weltspiegel-Podcast schaut deshalb genau hin und spricht mit AID-Korrespondenten

in Afrika und Italien über diese Naturkatastrophen.

Das ist unser Podcasttipp für heute.

Denn die Wasserkrise macht auch vor Deutschland nicht Halt.

Und dafür gibt es Lösungsideen im Weltspiegel-Podcast.

Dürre und Überschwemmungen, Wege aus der Wasserkrise.

Den Link zur Folge in der AID-Audiothek haben wir euch in die Show Notes gepackt.

Autor dieser Folge ist Stefan Beutheng.

Produktion Eva Erhardt, Rud Maria Ostermann, Konrad Winkler,

Jacqueline Bredcek und Jürgen Kopp.

Redaktionsleitung Fumiko Lipp und Lena Gürtler.

Elfkm ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Michalsack.

Wir hören uns am Montag wieder.

Tschüss!

Copyright WDR 2021

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Es war eine Jahrhundertflut: In 36 Stunden fällt in der italienischen Urlaubsregion Emilia Romagna so viel Regen, wie sonst in einem halben Jahr. 15 Menschen sterben, Schlamm begräbt Landstriche.

Eigentlich wollte ARD-Korrespondent Rüdiger Kronthaler zum Thema Overtourism in Norditalien recherchieren. Nur statt zu vieler Touristen, rollt jetzt die Stornowelle in der beliebten Urlaubsregion. In dieser 11KM-Folge erzählt Rüdiger Kronthaler von seinen Eindrücken aus dem Flutgebiet, wie die Menschen in Forní gegen Schlamm und Müll ankämpfen. Je mehr das gröbste Chaos beseitigt ist, desto stärker rückt eine Frage in den Vordergrund: Wenn die Mischung aus Klimawandel, Landnutzung und Versiegelung zu dieser Katastrophe geführt haben, was muss dann geschehen, damit die Menschen in der Emilia Romagna auch zukünftig noch mit und von Tourismus leben können?



Hier geht es zu den aktuellen Entwicklungen auf tagesschau.de: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/italien-hochwasser-tourismus-landwirtschaft-100.html



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor: Stephan Beuting

Produktion: Eva Erhard, Ruth-Maria Ostermann, Konrad Winkler, Jacqueline Brzeczek und Jürgen Kopp

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Episode liegt beim BR.



Hier geht’s zum “Weltspiegel Podcast: Dürre und Überschwemmungen - Wege aus der Wasserkrise?”. Das ist unsere Podcast-Tipp in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/episode/weltspiegel-podcast/duerre-und-ueberschwemmungen-wege-aus-der-wasserkrise/ard/12730935/