11KM: der tagesschau-Podcast: Chinas Quantentrumpf .... made in Germany?
tagesschau 10/9/23 - Episode Page - 29m - PDF Transcript
Quantentechnologie, dazu hört man oft, das ist irgendwie Zukunft.
Ein Schlüssel-Element, das die Quantenphysik unsere Zukunft bestimmen kann.
Bitzentechnologie.
Die Uni Heidelberg arbeitet an dieser Quantenforschung seit 20 Jahren mit einer Uni in China zusammen.
Und diese Zusammenarbeit ist so brisant, dass sie sogar die NATO beschäftigt.
Denn es könnte um die Zukunft der Kriegsführung gehen.
Investigativreporterin Esther Felden hat die Verstreckungen der deutschen und chinesischen Forschung recherchiert,
zusammen mit einem Team von deutscher Welle und Korrektiv.
Esther, herzlich willkommen.
Ja, danke.
Es ist eine Geschichte über Freundschaft und Spionage, über Neugier und Geheimnisse.
Und am Ende müssen wir uns fragen, kann sich ein Physiker auf die Freiheit der Wissenschaft berufen?
Oder ist das zu naiv?
Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast.
Ein Thema in aller Tiefe.
Mein Name ist Victoria Kopmann.
Heute ist Montag, der 9. Oktober.
Wenn man an Heidelberg denkt, zumindest ich, dann denkt man an so ein richtig beschauliches Städtchen.
So alte Häuschen, es ist nur Uni-Staats.
Warum ist die Uni Heidelberg Gesprächsthema bei der NATO?
Die NATO entwickelt gerade eine Strategie für Quantentechnologien.
Und da ist Heidelberg eine Top-Adresse.
Quantentechnologie, muss man dazu sagen, ist eine der Zukunftstechnologien
und interessant für die Kriegsführung der Zukunft.
Damit kann man zum Beispiel Kommunikation, Verschlüsseln, Abhörsicher machen,
hat militärisch sehr viel Relevanz, vor allem auch in Bereichen wie Spionage, Aufklärung, Überwachung.
Und tatsächlich ist es so, dass die Uni Heidelberg in diesem Bereich Quantenforschung
eine ganz, ganz enge und seit 20 Jahren gewachsene Kooperation hat mit einer chinesischen Top-Universität.
Das ist die University of Science and Technology of China, kurz USTC.
Und um diese Beziehung zwischen diesen beiden Hochschulen ging es in einem Webinar Anfang 2022
bei der NATO, bei dem Kommando-Bereich, der eben für die Kriegsführung der Zukunft zuständig ist.
Einfach nur, damit wir es so grob verstehen, nicht wie es funktioniert,
das können wir, glaube ich, vergessen, da können wir eine Elfkm-Themenwoche zu machen.
Aber wofür ist Quantenphysik so wichtig? Warum ist es the next big thing?
Ja, also das gilt quasi als Grundlage für ganz viele moderne technologische Entwicklungen,
also wie zum Beispiel ein Mobiltelefon, Laser, MRT, Scans oder Navigationsgeräte.
Und vieles ist auch noch nicht marktreif oder steckt noch komplett in den Kinderschuhen.
Aber es herrscht halt Einigkeit darüber, dass die Quantentechnologie ein riesiges Potenzial haben wird
und die Welt verändern könnte. Aber die Technologie kann eben auch militärisch eingesetzt werden,
beispielsweise um Tarnkappenflugzeuge aufzuspüren oder eben für die abhörsichere Kommunikation,
die natürlich auch für Militärs extrem interessant ist.
Ja, und bei dieser Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China in Sachen Quantenphysik,
da gibt es eine Schlüsselfigur. Wer ist das?
Das ist ein chinesischer Quantenphysiker mit dem Namen Panjan Wei.
In China ist er ein regelrechter Superstar, was Quantenphysik angeht.
Und dieser Panjan Wei, der kam in den 90er Jahren nach Europa,
nachdem er an dieser chinesischen Universität USTC, da hat er studiert.
Und dann ist er nach Österreich gegangen und hat dort in Innsbruck und in Wien weitergemacht
und hat dann seinen Doktor gemacht, und zwar bei niemand geringerem als dem späteren Physik-Nobelpreis-Träger Anton Zeilinger.
Der hat gerade letztes Jahr den Nobelpreis bekommen.
Und von dort ist er dann, 2003, weiter nach Heidelberg, weil er ein Kollege quasi gehethantet hatte.
Er galt halt damals schon als unglaubliches Talent und genialer Wissenschaftler.
Dann selbst hat im chinesischen Staatsfernsehen mal gesagt,
dass die Quantenkommunikation zur sicheren Übertragung dient
und gegen Hackerangriffe schützen soll.
Und dass das eben auch in der Landesverteidigung und in der Verwaltung sehr gut eingesetzt werden kann.
Das ist sein Spezialgebiet und das verfolgt er dann auch in Heidelberg.
Er ist auch ein begnadeter Netzwerker.
Er bleibt nämlich nicht lange alleine, sondern er holt auch immer wieder weitere begnadete
oder sehr talentierte Quantenphysiker aus China nach Heidelberg,
um sich dort weiterzubilden, ihren Doktor zu machen oder auch Postdocs.
Also, das heißt, der fördert auch weiter die Zusammenarbeit mit China
und ist da so eine Art Bindeglied?
Genau, der ist auch mehrfach im Jahr in China
und pendelt halt so ein bisschen zwischen den Welten, zwischen den Unis hin und her
und baut sich da halt quasi eine Forschungsgruppe auf,
die nicht nur aus deutschen Forschern oder europäischen Forschern besteht,
sondern eben auch aus einer Rüstungszahl von chinesischen Forschern,
die auch von der USTC kommen.
Okay, also Pan forscht da in Heidelberg mit einer eigenen Forschungsgruppe.
Wie geht es dann weiter?
Dann kommt das Jahr 2008, also fünf Jahre nachdem er gekommen ist,
geht er dann auch wieder weg aus Heidelberg,
geht zurück nach China an seine Heimatuniversität, die USTC,
und er geht nicht allein, er geht mit Samt seinem ganzen Labor,
sprich er überführt Geräte, zwei Lasersysteme mit Samt-Equipment,
von Heidelberg nach Hefei an den Hauptcampus der USTC.
Dafür kriegt die Universität Heidelberg 176.000 Euro,
wir haben die dazugehörige Rechnung gesehen
und er nimmt auch noch weitere Forschungsprojekte,
drei große Forschungsprojekte nimmt er mit
und wenig später folgen auch schon die ersten der Leute,
die er nach Heidelberg rekrutiert hat
und gehen auch wieder zurück an die USTC.
War das eine Überraschung oder war das so geplant?
Also ich glaube man kann sagen, die Uni Heidelberg hätte ihn gerne behalten.
Also er hat das Renommee der Uni ganz schön nach oben gepusht
und er hat auch viel Geld daran geschafft.
Also er hat Fördergelder von Seiten der EU
und beispielsweise auch von der deutschen Forschungsgesellschaft bekommen
im Wert von 4,6 Millionen Euro insgesamt
und hat da einfach sehr viel auch selber Gutes getan für die Uni.
Deswegen, die hätten den sicherlich gerne behalten,
aber Weggefährten, mit denen wir gesprochen haben,
die waren alle der Meinung, naja, das ist nicht verwunderlich,
dass er zurückgegangen ist, das haben wir eigentlich erwartet,
denn er war halt immer so ein Pendler
und eben auch ein überzeugter Patriot.
Was macht er denn dort in China?
Woran forscht er da weiter, woran arbeitet er?
Das ganz große Thema für das er sich interessiert
ist die Quantenkommunikation, also verschlüsselte
und abhörsichere Kommunikation.
Das ist auch ein Bereich innerhalb der Quantenforschung,
der besonders weit schon entwickelt ist
und er hat sich immer so mit der Frage beschäftigt,
wie kann man diese sichere Kommunikation,
wie kann man das über eine ganz weite Distanz,
möglich machen.
Und was Wegbegleiter uns erzählt haben,
er hat sich auch immer dafür interessiert,
wie man diese theoretische Forschung, also Grundlagenforschung,
wie man das auch in die Anwendung bringen kann
und in der Praxis dann haben kann.
Und mit seinem Team, das er dann dort an der USTC aufgebaut hat,
hat er also auch immer wieder neue Rekorde gebrochen,
Schlagzeilen gemacht.
China hat den weltweit ersten Satelliten ins All geschickt,
der mit Quantentechnologie ausgestattet ist.
Also die haben zum Beispiel 2016 den ersten Quantensatelliten
ins All geschickt und 2017 haben sie dann
mithilfe dieses Satelliten auch das erste interkontinentale
Quantentelefonat durchgeführt.
Und nun über größere Distanzen getestet werden.
Nur noch mal, damit wir das alle verstehen,
ein Quantensatellit, also ein Satellit im All
und dann versucht man über die Quantentechnologie
verschlüsselt, über diese sehr weite Entfernung
miteinander zu kommunizieren.
Ich glaube so kann man es sagen, ja.
Das heißt, bei der verschlüsselten Kommunikation
da geht es dann auch richtig um Anwendungen schon?
Genau, er war immer interessiert auch die Sachen quasi
in die Anwendung zu bringen.
Und 2009, also nur ein Jahr nachdem er zurückgegangen ist
nach China, ist er gemeinsam mit der
University of Science and Technology der USTC
Mitgründer eines Start-up-Unternehmens, das nennt sich
Quantum C-Tech. Mittlerweile ist das Unternehmen
nochmal deutlich größer geworden. Es hat 6 Zweigstellen
und eine davon ist in der Provinz Xinjiang.
Die gibt es seit 2017 diese Zweigstelle.
Und bei dem Namen da klingen natürlich die Alarmglocken,
denn Experten schätzen, dass es in der Region Xinjiang
mehr als 1000 solcher Lage gibt.
Heute aber zeigen nun erneut Bilder aus dieser nur
schwer zugänglichen Welt, was sich offenbar wirklich
abspielt hinter der Fassade.
In Xinjiang, das ist diese Region im Westen Chinas,
da lebt die muslimische Minderheit der Uyghuren
und da weiß man ja, seit einigen Jahren durch verschiedene
große Leaks, wie die dort unterdrückt
und total überwacht werden.
In der Region hat also diese Firma, die von Pan mitgegründet
wurde, jetzt eine Zweigstelle. Darüber haben wir dann
auch mit Experten gesprochen. Die haben uns gesagt, das ist
kein Zufall. Also wenn eine Firma und besonders eine
so junge, die es noch nicht so lange gibt, wenn die sich dort
niederlassen darf, dann heißt das oder dann muss das heißen,
dass sie sehr enge Verbindungen zum Sicherheitsstaat haben muss.
Und das heißt, du hast jetzt gesagt, das ist kein
Zufall, wenn eine Firma dort in diesem District ist,
wo auch eben das passiert. Was bedeutet das? Also
welche Verbindung gibt es da?
Wir haben ein interessantes Video im chinesischen Netz
gefunden. Das zeigt ein Webinar von Ende
2020, also Corona Lockdown, ein Online-Vortrag
und das spricht der technische Direktor von Quantum
Sea Tech in Xinjiang zu jungen Leuten.
Und er geht sehr deutlich darauf ein auf
eine Frage, die aus dem Online-Publikum kommt,
warum denn die Quantentechnologien für eine Region wie
Xinjiang wichtig sind. Und da sagt er dann, dass das also
für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit extrem
wichtig sei und dass Xinjiang also jede Menge Feinde
von außen zu bekämpfen habe und dass da die Quantentechnologien
von ganz großer Bedeutung sind.
Unmittelbar nach unserer Veröffentlichung war
dieses Video, das wir allerdings runtergeladen hatten,
im Netz nicht mehr zu finden und nicht mehr abrufbar.
Das heißt, da gibt es einen Ableger von diesem
Start-up in einer Region, in der eine Minderheit unterdrückt wird.
Das wissen wir. So. Und in einem Video sagt einer der
Verantwortlichen des Start-ups, dass dessen Quantentechnik
genau dort dafür sorgen soll, dass Feinde von außen
abgeschompt werden. Aber beweist das jetzt, dass
dieses Start-up direkt etwas mit der Überwachung zu tun hat?
Also, wir können nicht mit 100%iger Sicherheit sagen,
dass die Firma Quantum C-Tech dort in Überwachung
verwickelt ist. Was wir sagen können, ist, dass sie
zusammenarbeitet mit einem der ganz bekannten Rüstungsfirmen,
nämlich der China Electronics Technology Corporation.
Und dieser Konzern, der ist für die Xinjiang
eingesetzte Polizeieb verantwortlich, mit der die Uiguren
dort auf Schritt und Tritt überwacht werden.
Und der Konzern, der bezeichnet sich selbst als,
und das zitiere ich jetzt von der Webseite,
das mächtigste nationale Zentralunternehmen auf dem
Gebiet der Verteidigungselektronik und Sicherheitselektronik.
Und mit denen arbeitet Quantum C-Tech also zusammen.
Und nicht nur die, sondern auch die USTC, also die
Universität, die hat einen Vertrag mit diesem Konzern.
Und den wiederum hat 2018 niemand anders als Panjuan Wei
unterzeichnet. Der war zu dem Zeitpunkt schon Vizepräsident
der USTC. Und da schließt sich dann der Kreis.
Man kann auch vielleicht noch dazu erwähnen,
dass im Chinesischen diese Firma nicht Quantum C-Tech heißt,
sondern Guodun Quantum. Und das bedeutet übersetzt so viel wie
Quantenschutzschild der Nation, sagt ja auch was aus.
Und in einem Bericht, den Quantum C-Tech für die Börsenaufsicht
in Shanghai 2022 gemacht hat, da gibt es Unternehmen auch selbst
an, dass sie Zitat an mehreren militärischen Projekten arbeiten.
Und das ist natürlich ein wichtiges Stichwort.
Denn in dem Moment geht es ja darum, dass es nicht nur um Forschung geht,
um Grundlagenforschung, sondern um Militärprojekte
vom Chinesischen Staat. Und das ist natürlich so der Knackpunkt,
wieso wir eigentlich darüber reden, dass wir jetzt sagen,
okay, inwiefern hat die Uni Heidelberg,
haben Deutsche und europäische Fördergelder,
einen Anteil an militärischen Projekten in China?
Das ist ja quasi das Problematische daran, ne?
Also, dieses Startup für Quantentechnologie,
das der Herr Pan auch mit gegründet hat,
das arbeitet ganz offiziell mit der chinesischen Rüstungsindustrie zusammen.
Machen die das öfter, dass die mit Startups aus der Forschung zusammenarbeiten?
Na ja, also im Prinzip, man muss wissen, dass jeder eigentlich
für das Militär arbeitet oder arbeiten muss in China.
Denn in China herrscht offiziell die sogenannte militärisch-zivile Fusion,
militärisch als erstes Wort.
Das ist ein Begriff, der geht schon weiter zurück, nämlich ins letzte Jahrtausend.
Aber seit Xi Jinping im Amtes, das ist seit 2013,
hat das Ganze halt noch mal eine größere Bedeutung bekommen.
Und es bedeutet einfach ausgedrückt, dass alles dem Militär untersteht.
Also jeder Staatsbürger hat die Pflicht,
seinem Land auch militärisch zu dienen und sei es eben auch durch Wissen.
Dahinter steht, dass China bis ins Jahr 2049 die modernste Armee der Welt haben will.
Und dafür braucht man natürlich auch Kooperationen, Technologietransfer.
Das ist also sozusagen ein Mittel zum Zweck.
Und die Quantenforschung, die spielt dabei mittlerweile eine ganz wichtige Rolle.
Mit dem erklärten Ziel, das zitiere ich jetzt aus dem 13.5-Jahres,
also das ist jetzt ein toller Titel, das ist der 13.5-Jahresplan
der kommunistischen Partei Chinas zur zivilmilitarischen Verschmelzung
von Wissenschaft und Technologie für die Jahre 2016 bis 2020.
Und da steht als erklärtes Ziel für die Quantenforschung
Errungenschaften der zivilen Grundlagenforschung in militärische Anwendungen zu verwandeln.
Also da kann man das schwarz auf weiß, ganz offiziell abgesegnet
mit Brief und Siegel von der kommunistischen Partei Chinas nachlesen.
Und was sagt Pan dazu?
Wir haben Professor Pan natürlich kontaktiert.
Wir haben ihn um ein Interview gebeten, das hat er abgelehnt.
Er hat zugestimmt, dass wir ihm Fragen schicken dürfen
und er das schriftlich beantwortet.
Er hat uns dann auch eine insgesamt neunseitige Antwort geschickt
auf unsere, ich glaube, fünf oder sechs Fragen waren es,
also wirklich sehr, sehr ausführlich.
Und er hat gesagt, ich zitiere jetzt,
ich möchte betonen, dass jede wissenschaftliche Entdeckung
und Technologie eine doppelte Verwendung haben kann.
Dies ist ein Aspekt, den kein Wissenschaftler und kein, hat er großgeschrieben,
kontrollieren oder vorhersagen kann.
Doppelte Verwendung im Englischen heißt das dual use,
also dass etwas sowohl für zivilen Nutzen
als auch fürs Militär verwendet werden kann.
Und auf die Frage nach Quantum City Tech,
nach der Zweigstelle in Xinjiang
und nach den Verbindungen des Unternehmens zur Rüstungsindustrie,
da hat er uns geschrieben, er wisse nicht,
warum Quantum City Tech eine Zweigstelle in Xinjiang habe.
Und er sagt, dass er eigentlich so quasi
nach der Unternehmensgründung und der Frühphase
des Unternehmens seit 2011 nicht mehr aktiv
in der Unternehmensführung involviert ist,
hat gesehen davon, dass er eben aktionär ist.
Er ist der zweitgrößte Aktionär nach der USTC.
Das ist quasi seine Antwort,
dass er eigentlich so mit dem operativen Nix zu tun hat
und davon nichts weiß.
Was hat denn dieses Start-up dazu gesagt?
Kurz gesagt gar nichts, wir haben die kontaktiert,
die haben nicht geantwortet.
Es gab auch im Umfeld von Paar noch weitere Leute,
die in Heidelberg waren und die zurückgingen,
die auch in Start-ups sich engagiert haben,
die ebenfalls mit der Rüstungsindustrie zusammenarbeiten.
Auch da haben wir natürlich versucht, die zu kontaktieren
und auch von denen kamen rein gar nichts zurück.
Ich glaube, man muss dem Pan zugestehen,
dass er natürlich Wissenschaftler ist
und eben an seiner Forschung interessiert ist.
Aber er ist halt eben auch Teil eines Systems.
Und wenn er in diesem System erfolgreich sein will,
das ist er ja, dann muss er halt auch seine Rolle spielen.
Und das tut er auch.
Pan hat ja 2008 Heidelberg verlassen
und ist zurück nach China gegangen
und hat da dann die Forschung gemacht,
die eben auch Anwendungen für das chinesische Militär hat.
Aber wie geht es denn mit der Forschungskooperation weiter
zwischen Heidelberg und der chinesischen Uni?
Ja, man würde jetzt denken, das hört auf,
aber im Gegenteil, die Verbindungen werden sogar noch offiziell.
2011 unterschreiben die Uni Heidelberg und die USTC
einen Vertrag.
Da geht es um Austausch von Studenten und Lehrpersonal.
Das heißt, es geht weiterhin und her.
Jetzt fragt man sich natürlich, was sagt die Uni Heidelberg dazu?
Mit wem habt ihr da gesprochen?
Wir haben mit verschiedenen Leuten gesprochen
aus dem Rektorat, mit dem derzeitigen Leiter
der Physikalischen Fakultät
und auch mit einem Professor,
der so ein bisschen das deutsche Pendant ist von Professor Pan.
Das ist Professor Matthias Weidemüller.
Sie kennen ja beide Seiten.
Was sind für Sie die größten Unterschiede
in den Forschungsbedingungen hier und dort?
Das ist eine Frage, die wird natürlich oft gestellt.
Diese Frage ist, muss ich wieder fragen,
die Zeit geben Sie mich.
Der kam 2008 nach Heidelberg.
Also in dem Jahr, als der Pan wieder nach China zurückging
und er hat seitdem dort ein Lehrstuhl für experimentelle Physik.
Und Matthias Weidemüller ist selber auch fünf Jahre in China gewesen.
Und zwar in Shanghai.
Das ist der Zweitcampus der USTC.
Und dort hat er teilgenommen oder hat gelehrt im Rahmen
des sogenannten Tausend Talenteprogramms.
Das ist ein Regierungsprogramm.
Ganz kurz zur Erklärung, das Tausend Talenteprogramm,
das ist in der letzten Zeit sehr umstritten.
Der Vorwurf ist, dass China versucht damit gezielt
Wissen und Top-Wissenschaftler ins Land zu ziehen
und so in den Dienst des Staates zu stellen.
Sogar der Bundesverfassungsschutz warnt vor diesem Programm.
Neben der Tatsache, dass es dort interessant war,
Wissenschaft auch zu machen, die Möglichkeit in Labor dort aufzubauen,
was mich sicherlich gereist hat, war auch die Tatsache,
in gewisser Weise mitzubekommen, wie fühlt sich dieses Land an?
Wie ist das?
Die kriegen da ganz, ganz hervorragende Forschungsbedingungen
und viel Geld und tolle Labore.
Es gibt Leute, die das abgelehnt haben,
mit denen hatten wir auch schon Kontakt,
die teilweise aus moralischen Gründen gesagt haben,
das machen wir nicht.
Matthias Weidemüller hat zugegriffen
und hat das mit seiner Neugier begründet auf das Land
und auch darauf, wie die Wissenschaft da funktioniert.
Es gab damals schon klare Randbedingungen, die ich gesetzt habe.
Das ist sehr, sehr wichtig.
Alles, was ich forsche, wird auch publik und wird öffentlich.
Jeder hat zu jeder Zeit die Möglichkeit,
reinzuspazieren.
Nichts ist quasi versteckt.
Alles ist offen.
Mir redet niemand rein über das, was ich forsche.
Über die Forschungsthemen redet mir niemand rein.
Wieso, wie wir das hier haben, wissenschaftliche Freiheit,
verbunden natürlich mit einer Verantwortung.
Wir entscheiden, alles wird öffentlich, also publiziert.
Die Dinge werden publiziert, die wir machen.
Er ist Grundlagenforscher
und er lebt diese Grundlagenforschung.
Er sagt, ich stelle die wichtigen Fragen an die Natur
und das ist halt das, was auch wahnsinnig wichtig ist
und wir können das doch nicht aufhören,
weil es vielleicht irgendwann mal eine Anwendung gibt,
die dann militärisch sein könnte.
Da denke ich doch als Grundlagenforscher nicht dran.
Das ist ja ein generelles Dilemma der Grundlagenforschung.
Wir stellen Fragen an die Natur.
Wir versuchen wirklich zu verstehen, wie funktioniert
oder wie ist die Natur.
Dass wir aber natürlich durch die Erkenntnisse, die wir gewinnen
und das sehen wir bei der Quantenphysik,
dann auch irgendwann sich dahinter Entwicklung auftun können,
die zur Anwendung führen.
Die haben wir natürlich als Grundlagenforscher nicht im Blick.
Sie wissen, wie das ist.
Als Wissenschaftler, man ist ein Scheiß-Ree.
Man möchte seine Wissenschaft machen
und die möchte man am liebsten so,
ich habe am liebsten irgendwo vor sich hinbröseln.
Das kann man sich ja so richtig bildlich vorstellen,
wie der da in seinem Labor steht und vor sich hinbröselt.
Allerdings, Herr Weidemüller ist ja nicht weltfremd,
der kriegt ja mit was passiert.
Und der kriegt auch mit,
dass sich um den Pan seit einigen Jahren
nicht nur positive Schlagzeilen ranken,
sondern dass da eben auch durch diese militärischen Verbindungen,
dass da ein anderer Zungenschlag irgendwie reingekommen ist.
Ich glaube, dass die beiden sich natürlich gegenseitig fachlich
schätzen, das ist glaube ich klar.
Was hat das quasi in der Beziehung gemacht zwischen ihnen,
wenn man weiß, dass es in China diese zivilen militärische Fusion gibt,
wo sich vielleicht auch Einfachforscher nicht rausziehen können.
Wir haben den Herrn Weidemüller natürlich im Interview auch Fragen gestellt,
nach seiner persönlichen Beziehung zu paren.
Und da hat er dann doch spürbar mit sich gerungen
und es letztendlich immer wieder ausgewiechen.
Also ich kann Ihnen sagen, dass ich persönlich,
und das ist natürlich ein Riesen,
wir müssen ja auch manchmal stolz sein auf das System, das wir haben.
Auf die Frage, was sich diese Schlagzeilen geändert hat,
ob das sein persönliches Verhältnis getrübt hat,
da hat er immer nur geantwortet, wie stolz er ist
auf das deutsche Wissenschaftssystem
und darauf, dass wir hier eine Forschungsfreiheit im Grundgesetz festgeschrieben haben
und dass das natürlich auch mit Verantwortung einhergeht.
Aber auf die Nachfragen nach seinem persönlichen Verhältnis zu paren,
auch im Laufe der Jahre, ist er auch nicht wirklich eingegangen.
Das ist natürlich jetzt so ein bisschen die Frage,
lassen wir uns hier veräppeln, um es mal so zu formulieren.
Nehmen wir hier deutsche und europäische Forschungsgelder
und finanzieren damit quasi chinesisches Militär.
Und auf der anderen Seite ist natürlich die Frage,
die ich mir auch stelle,
inwiefern ist es denn auch naiv zu denken,
man könnte Wissenschaft irgendwie national machen
und nicht international?
Also die Grundlagenforschung ist natürlich
auf die internationale Kooperation angewiesen
und das ist auch so eine Sorge, die wir immer wieder gehört haben.
Wir können doch nicht aufhören, uns auszutauschen,
weil das bedeutet natürlich auch,
wenn man ausgeschlossen ist vom Austausch,
dass man nichts mitkriegt
und dass man irgendwann vielleicht den Anschluss verliert
und natürlich den Universitäten auch total wichtig.
Zu der Zeit, als Japan nach Heidelberg kam,
da war China ein sehr, sehr begehrter Partner.
Also politisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich,
das war explizit gewünscht, mit China zusammenzuarbeiten.
Ganz genau, und das hat sich halt einfach geändert.
Mittlerweile ist China offiziell ein Wettbewerber
und wird auch als systemischer Rivalen bezeichnet.
Und tatsächlich gab es jetzt gerade in diesem Sommer
zwei wichtige Papiere von Seiten der Bundesregierung,
die sich mit dem Thema beschäftigen.
Das eine ist die erste nationale Sicherheitsstrategie,
die im Juni veröffentlicht wurde.
Und das zweite ist die erste China-Strategie,
die wurde im Juli veröffentlicht, Mitte Juli.
Also wenn ich jetzt mal kurz aus der China-Strategie zitieren darf,
da steht ein Satz drin, den wir sehr wichtig finden.
Da heißt es, die chinesische Politik
der zivilmilitarischen Fusion setzt unserer Zusammenarbeit Grenzen.
Wir berücksichtigen, dass auch zivile Forschungsprojekte,
inklusive Grundlagenforschung,
von China strategisch auf ihre militärische Verwendbarkeit hin
betrachtet werden.
Ja, die Bundesforschungsministerin mit China Stark Watzinger,
die hat ja auch kürzlich davor gewarnt,
dass China in der Wissenschaft eben immer mehr zum Rivalen wird.
Da wir gerade über die Forschungsministerin sprechen,
die hat am 21. August in einem Gastbeitrag
für die FAZ sich nochmal zu dem Thema ausländische Einflussnahme,
Abfluss von Know-how und Technologie geäußert.
Und da sagt sie dann, dass man also speziell mit Blick auf China
eine noch kritischere Abwägung bei der Zusammenarbeit braucht
und dass das die Überprüfung auch der bestehenden Kooperation
mit einschließt.
Man dürfe also nicht naiv seinem Umgang,
insbesondere mit einem Regime, das das Ziel verkündet,
zivile Forschung in militärische Anwendungen zu überführen
und dadurch Dominanz zu kriegen bei kritischen Technologien.
Das sagt sie ganz deutlich.
Und sie nennt in dem Zusammenhang auch explizit das Beispiel Heidelberg.
Da gibt es jetzt also auch langsam eine klare Haltung von Seiten der Politik
zur Einflussnahme von China auf die Forschung.
Aber dagegen steht eben die Freiheit der Wissenschaft.
Die steht ja sogar im Grundgesetz.
Was sagt denn jetzt die Uni Heidelberg zu eurer Recherche?
Die Uni Heidelberg hat als direkte Reaktion auf unsere Recherche
ein Statement veröffentlicht,
woren sie festhält an den Kooperationen, an den bestehenden Kooperationen.
Sie ruft sich auch wieder auf die Grundlagenforschung,
sagt zwar, dass sie das mit Sorge sieht,
dass also in China quasi alles dem Militär unterstellt ist
und dass auch die Forschung Teil des gesamten Regierungsprogramms,
was eben auch alles unter dem Militär gestellt ist,
dass das dann Teil davon ist.
Aber die Kooperation auch mit Professor Pan geht vorerst weiter.
Und als wir dort waren in Heidelberg, zu dem Zeitpunkt,
hat Herr Pan noch zwei Doktoranden in Heidelberg betreut.
Isda, danke dir, dass du uns davon erzählt hast.
Ja, sehr gerne.
Das war unsere Folge 11 km für heute.
Über die Verstrickungen der deutsch-chinesischen Kooperation
bei der Quantenforschung.
Die Recherche hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen
der deutschen Welle und der Investigativplattform
korrektiv zu diesem Thema recherchiert.
Ein YouTube-Video zu der Recherche verlinken wir euch in den Shownauts.
Wenn ihr noch mehr Recherchen und Themen nicht verpassen wollt,
dann abonniert uns doch, wo auch immer ihr uns hört.
So.
Folgenautor ist Hans-Christoph Böhringer,
der übrigens auch mal an der Uni Heidelberg Physik studiert hat,
aber jetzt nicht direkt an dieser Recherche beteiligt war.
Mitgearbeitet hat Lisa Henschel.
Produktion Adele Messmer, Eva Erhardt,
Jacqueline Bredcek und Hannah Brünjes.
Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.
11 km ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.
Mein Name ist Victoria Kopmann.
Wir hören uns morgen wieder.
Tschüss.
Und noch was,
wenn jetzt euer Interesse an der Politik Chinas geweckt wurde,
dann empfehle ich euch den Podcast Welt macht China
mit Korrespondenten und Expertinnen der ARD.
Den Podcast verlinken wir euch in den Shownauts.
Start your how.
Hier ist Joyce Lee, Host vom ARD-Podcast Welt macht China.
In Welt macht China berichten aktive und ehemalige ARD-KorrespondentInnen
und Expertinnen aus dem Land und über das Land
und sie räumen nebenbei auch mit ein paar Klischees auf.
Welt macht China, gibt es unter anderem in der ARD-Audiothek.
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
In Heidelberg liegt nicht nur Deutschlands älteste Uni, in Heidelberg liegt auch die Wiege der chinesischen Quantenstrategie. Dort forscht in den 2000ern der talentierte Quantenphysiker Pan – bis er auf einmal mit Team und Labor zurück nach China zieht. Er wird zum Star der Quantenforschung und baut dort ein Netzwerk auf. Eine Recherche von Deutsche Welle und der Investigativ-Plattform Correctiv zeigt nun, dass dieses Netzwerk auch Verbindungen zur chinesischen Rüstungsindustrie und Ableger in der Xingjiang-Region hat. Dort unterdrückt und überwacht der chinesische Staat die Uigurische Minderheit. In dieser 11KM-Folge erzählt Esther Felden von der Deutschen Welle von dieser Recherche. Und weil die Forschungskooperation in Heidelberg weitergeht, spricht sie mit uns darüber, ob das nun die Freiheit der Wissenschaft ist - oder doch ein wenig naiv.
Das Video der Deutschen Welle zu der Recherche:
https://www.youtube.com/watch?v=iMSkIupYBy4&t=258s
Wenn ihr euch für mehr Einblicke in den chinesischen Staat interessiert, empfehlen wir euch den ARD-Podcast Welt.Macht.China:
https://www.ardaudiothek.de/sendung/welt-macht-china/10494211/
An dieser Folge waren beteiligt:
Folgenautor: Hans Christoph Böhringer (der, Transparenzhinweis, mal an der Uni Heidelberg Physik studiert hat)
Mitarbeit: Lisa Hentschel
Produktion: Adele Meßmer, Eva Erhard, Jacqueline Brzeczek, Hanna Brünjes
Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler
11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Folge trägt der BR.