Echo der Zeit: Bund friert Boni bei Credit Suisse ein

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 3/21/23 - 46m - PDF Transcript

Die Themen vom 21. März. Der Bund sistiert Boniauszahlungen an Kada, der Großbank Credit

Swiss. Die Meldung von heute Nachmittag. Unser erstes Thema. Dann. Eine Rösscherche

der britischen Financial Times zu den Verhandlungen mit den Großbanken sorgt für rote Köpfe im

Bundeshaus. Wenn das stimmt, was dort geschrieben ist, dann könnte das ein großes politisches

Erbeben sein. Sagt etwa der Parteipräsident der grünliberalen Jörg Großen.

Der chinesische Präsident Xi spricht mit seinem russischen Amtskollegen Putin über Frieden

in der Ukraine. Dahinter steckt viel Eigeninteresse, sagt der Fachmann vom Merkator-Institut für

China-Studien. China möchte die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland weiter stabilisieren. Es möchte

aber auch die im Moment eskalierende Weltlage nicht weiter eskalieren lassen. Und in Berg-Karabach

ist der Krieg zwischen Armenien und Azerbaijan zwar vorbei. Die Zukunft aber äußerst ungewiss.

Bevor es besser wird, wird es noch viel schlimmer, sagt dieser Experte im Echo der Zeit.

Der Bundesrat verzichtet darauf, bereits ausbezahlte Boni an die Mitarbeitenden der CS zu verbieten.

Aber noch nicht ausbezahlte Boni werden vorläufig existiert, wie das Finanzdepartement heute

Nachmittag mitgeteilt hat. Aus dem Bundeshaus Philipp Burghardt.

Wird eine systemrelevante Bank vom Staat direkt oder indirekt unterstützt, so muss der Bundesrat

Maßnahmen im Bereich der Boni verfügen, so schreibt es das Bankengesetz vor.

Dies Artikel sollte jetzt erstmals bei der Übernahme der Credit Suisse zur Anwendung

kommen. In einem ersten Schritt teilt der Bundesrat jetzt allerdings mit, dass der Artikel nicht

für Boni gelte, welche die CS bereits zugesichert und sofort ausbezahlt habe. Der Bundesrat

verzichtet darauf, solche Vergütungen für das vergangenen Geschäftsjahr rückwirkend

zu verbieten. Die Betroffenen können ihre Boni also behalten.

Der Bundesrat begründet seinen Entscheid mit Rechtssicherheit. Zudem wolle man nicht

Mitarbeitende treffen, die die Krise nicht selber verursacht hätten. Für bereits zugesicherte

aber aufgeschobene Vergütungen für das letzte Jahr hat der Bundesrat noch keinen Entscheid

gefällt. Solche Boni würden auf Anweisung des Finanzdepartements vorläufig sistiert.

Ausgenommen seien Boni, die sich bereits in Auszahlung befinden würden, wie der Bundesrat

schreibt. Er hat das Finanzdepartement beauftragt,

ihm weitere Maßnahmen zum Thema Vergütungen für das vergangenen Jahr und auch für die

kommenden Jahre vorzuschlagen. Bis wann diese Maßnahmen vorliegen sollen, sagt die Medienmitteilung

nicht.

Das möchte die Außenpolitische Kommission des Nationalrats. Sie hat eine entsprechende

Motion eingereicht mit 13 zu 11 Stimmen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, dem Parlament

ein entsprechendes Unterstützungsprogramm für die Ukraine vorzulegen. Die mindestens

5 Milliarden Franken sollen unter anderem für die humanitäre Hilfe den Schutz der

Zivilbevölkerung oder die Räumung von Minen eingesetzt werden.

Der Schweizerische Gewerbeverband lässt Plagiatz vor Würfe gegen den designierten neuen Direktor

Oric Schneider untersuchen. Eine externe, unabhängige Person soll prüfen, ob Schneider

bei seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen in den vergangenen Jahren abgeschrieben hat.

Außerdem soll geklärt werden, ob er zwei Professuren vorgetäuscht hat. Diese Vorwürfe

hat die NZZ am Sonntag erhoben. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen österreichischen

Plagiatzforscher. Oric Schneider hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Untersuchung der Vorwürfe

soll abgeschlossen sein, bevor Schneider am 1. Juli das Amt als Direktor antritt,

bezahlt der Schweizerische Gewerbeverband mit. Ein Landwirt aus dem Kanton Turgau soll

über Jahre hinweg Tiere gequält und vernachlässigt haben. National bekannt geworden ist sein

Hof in der Gemeinde Hevenhofen 2017, als Bilder von ausgemergelten Pferden publik geworden

sind. Nun hat das Bezirksgericht Abon den 54-Jährigen verurteilt zu einer bedingten

Freiheitsstrafe von acht Monaten. Er darf aber weiterhin Tiere halten. Zudem spricht

das Gericht dem Bauern eine Genugtuung von 6000 Franken zu, weil in den Medien vorverurteilt

worden sei, so die Begründung. Die Staatsanwaltschaft hat eine Gefängnisstrafe von 6,5 Jahren gefordert,

sowie ein Tierhalteverbot von 20 Jahren. Das Urteil kann noch weitergezogen werden.

Die zuständige Kommission des Nationalrats hat sich heute mit der Idee eines Bahntunnels

durch die Grimsel befasst. Die Idee stand aus dem Ständerat.

Die Nationalratskommission sagt nun, die Idee des Bahntunnels durch die Grimsel gefallen

ihr grundsätzlich. Sie will das Projekt aber noch vertiefter prüfen lassen und habe der

Emotion aus dem Ständerat, deshalb mit gewissen Änderungen zugestimmt. Hintergrund des Vorhabens

ist, dass die Hochspannungsleitung an der Grimsel ersetzt werden muss. Dazu ist ein Leitungsstollen

geplant. Im Ständerat entstand deshalb die Idee, auch gleich noch eine Röhre für den

Zugverkehr zu bauen. Diese sollte einst Innerkirchen in Bern Oberland und Oberwald im Oberwallis

verbinden. In einem Zürcher Betrieb mit rund 40 Legehennen ist das Vogelgrippe-Virus nachgewiesen

worden, das teilt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen mit. Zusammen mit dem

Zürcher Veterinäramt seien zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen worden. Der Betrieb

sei geschlossen und alle noch verbliebenen Hühner seien getötet worden, heißt es in

der Mitteilung. Es handelt sich schweizweit um den dritten Vogelgrippe-Ausbruch in einer

Tierhaltung. Die Vogelgrippe tritt in der Schweiz sowie in Europa bereits seit einiger Zeit

vermehrt auf. Im vergangenen November hatte der Bund deshalb Vorsichtsmaßnahmen beschlossen,

um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Ins Ausland nun. Der japanische Regierungschef

Fumio Kishida ist in die Ukraine gereist. In Kiew will er unter anderem mit dem ukrainischen

Präsidenten Volodymy Selens gesprochen. In einer Erklärung des japanischen Außendepartements

heißt es, Kishida wolle bei dem Treffen seine Unterstützung und Solidarität mit der Ukraine

zum Ausdruck bringen. Von ukrainischer Seite wurde der Besuch als historisch bezeichnet.

Nach seinem Besuch in Kiew will Kishida zu Gesprächen nach Polen reisen. Die Börsendaten

von 18.07 geliefert von 6. Der Swiss Market Index schließt bei 10.793 Punkten plus 1,4%. Der Dow Jones

Index in New York steigt um 0,5%. Der Euro wird zu 99 Grad 33 gehandelt, der Dollar zu 92

Grad 25. Und das Wetter? Am Abend und in der Nacht hat es zum Teil dichtere Wolken. Morgen ist es

trotz Schleierwolken auf Zonig und Mild mit 18 bis 21 Grad bei Zeit der Alpen. Erst am Abend ziehen

im Westen dichtere Wolken auf. In der Krise rund um die Credit Suisse gab es die letzten Tage ein

Medium, das besser informiert war als alle anderen. Die britische Financial Times, die FT. Umso mehr sorgt

auch der Artikel für Aufmerksamkeit, den die FT heute zum Ablauf der Verhandlungen

veröffentlicht hat. Denn der hat es in sich. Die FT schreibt, gestützt auf Recherchen und

zahlreiche Gespräche, dass der Bundesrat erst auf massiven internationalen Druck gehandelt habe

und dass das Ende der CS schon seit fast einer Woche besiegelt war. Der Text wirft Fragen auf,

die auch Schweizer Politikerinnen und Politiker gerne beantwortet hätten.

Oliver Washington. Die Geschichte beginnt am letzten Mittwoch. Damals gab der Aktienkurs der CS

bis zu 30% nach. Spätestens dann realisierte auch die breite Öffentlichkeit, dass die CS in

einer gröberen Krise steckte. Dass dies der Anfang vom Ende der CS ist, dachten wohl nur die

wenigsten. Hinter den Kulissen soll aber genau das bereits damals klar gewesen sein. Das behauptet

die Financial Times in einem Artikel heute. Sie schreibt, dass an jenem Mittwoch die Nationalbank,

die Finanzmarktaufsicht FINMA und das Finanzdepartement mit dem CEO und dem

Verwaltungsratspräsidenten der CS telefoniert haben sollen, mit folgender Message. Die Nationalbank,

die FINMA und das Finanzdepartement sollen der CS-Spitze bereits am Mittwoch unmissverständlich

klar gemacht haben, dass die CS von der UBS übernommen werden und dass es dazu keine andere

Option gebe. Weiter berichtet die FT ausführlich wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter unter

massivem internationalem Druck gestanden habe. In ziemlich vulgärer Sprache soll ein Berater

der UBS zur FT gesagt haben, dass vor allem die USA und Frankreich massiven Druck auf die

Schweiz ausgeübt haben sollen. Konkret schreibt die FT. In Particular, die US und die Fränze

were kicking the shit out of the Swiss, says one of the people advising UBS. Weiter schreibt die FT,

dass die Verhandlungen anfänglich freundlich gewesen sein sollen, dass aber mit der Zeit

die Schweizer Behörden einen immer größeren Druck auf die beiden Großbanken ausgeübt haben sollen.

Die FT schreibt schließlich, dass vor allem die CS zeitweise massiven Widerstand geleistet haben

soll und wie die UBS dann ihrerseits ihre Machtposition ausgespielt habe, um die CS zu einem

möglichst günstigen Preis zu kaufen. Belegt sind diese Aussagen nicht, aber die FT ist bekanntlich

bestens informiert. So stellen sich aufgrund dieses Artikels verschiedene Fragen. Hat das

Ausland dabei vor allem die USA der Schweiz diktiert wie eine Lösung aussehen soll? Hat das

Ausland den Bundesrat also de facto gezwungen, Notrecht anzuwenden, um Schweizer Recht zu

übersteuern und die Lösung zu ermöglichen? Und haben die Schweizer Behörden tatsächlich schon am

Mittwoch der CS klargemacht, worauf es hinauslaufen werde? Das wäre deshalb bemerkenswert, weil die

Nationalbank und die FINMA noch am Mittwochabend mitteilten, dass von den Problemen in den USA

keine Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgehe und dass die CS die notwendigen

finanziellen Anforderungen erfülle. Was sagen die betroffenen Behörden dazu? Die Nationalbank

hat gar nicht reagiert. Die FINMA schreibt lediglich, wir haben keinen Kommentar. Und das

Finanzdepartement schreibt, zu den Kontakten mit ausländischen Behörden und den Banken

wurden an der Medienkonferenz vom 19. März angaben gemacht. Dem haben wir nichts beizufügen.

Zitat Ende. Demintis tönen anders. Tatsächlich äußert es sich auch Finanzministerin Karin

Keller-Sutter an jener Medienkonferenz nur sehr allgemein. Erste Gespräche mit der UBS und der CS

haben bereits am letzten Mittwoch Nachmittag, also am 15. März, stattgefunden. In den

nachfolgenden Tagen und Stunden wurden die Verhandlungen vorangetrieben. Und zu den Kontakten

mit dem Ausland sagte sie, außerdem stand ich täglich im Austausch mit Kollegen im Ausland,

insbesondere Kollegin Janet Yellen aus den USA und auch Jeremy Hunt in UK. Mehr sagte Karin

Keller-Sutter an jener Medienkonferenz zu den Fragen, die hier interessieren, nicht. Bei den

politischen Parteien werden Nationalbank, Finnemann und Bundesrat präziser sein müssen. Auch die

Parteien haben den FT-Artikel gelesen und sind aufgeschreckt. So sagte der Präsident der

Grünliberalen Jürg Grossen. Wenn das stimmt, was dort geschrieben ist, dann könnte das ein

grösseres politisches Erbeben sein. Und das ist auch klar, dass wir die Dinge sehr minuzios

aufklären müssen und deswegen ist auch eine parlamentarische Untersuchungskommission einen

Puk braucht. Auch der Präsident der Mitte Gerhard Pfister sieht großen Klärungsbedarf. Wenn ich

das so lese, was die Financial Times heute behauptet, dann bekommt man den Eindruck,

dass gar keine anderen Optionen bewogen wurden und das widerspricht gewissen Kommunikation,

widerspricht auch dem Eindruck, den man am Sonntagabend, seitens der Landesregierung und

seitens Nationalbank und Finnemann hatte. Und SP-Kopräsident Cedric Wermuth sagt, es gibt

einige Fragestellungen, die in den letzten Tagen aufgetaucht sind, wo auch die Pressekomprenz des

Bundesrates nicht wirklich Antworten geliefert hat. Und ich meine, es ist ein rechter Öffentlichkeit und

auch das Parlament, dass man hier klare Antworten bekommt. Das stellen sich schon einige Fragen,

was genau geschehen ist. Die SVP und die FDP wollten nichts sagen zum FT-Artikel. Aber es ist

offensichtlich, der Kauf der CS durch die UBS wirft Fragen auf, die geklärt werden müssen.

Das ist das Echo der Zeit auf Radio SRF. So geht es bei uns weiter. Mit Chinas neuer Rolle als

Gestaltungsmacht auf der Weltbühne. Mit der NATO-Bilanz nach einem Jahr Ukrainekrieg. Mit

strengen Gesetzen gegen Homosexualität in Afrika und mit Hoffnungen auf eine saubere

Energie-Zukunft dank der Kernfusion. Doch bis dahin ist der Weg noch weit.

Bereits seit gestern ist der hohe Besuch in Moskau. Chinas Staatschef Xi Jinping trifft sich

mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin zu offiziellen Gesprächen. Auch zu diesem Anlass

betonten die beiden demonstrativ ihre Partnerschaft. Kellerman Känzi. Zwei alte Freunde kommen wieder

zusammen. So verkauft Vladimir Putin sein Gipfeltreffen mit Xi Jinping. In einem Leitartikel in der

chinesischen Presse schwärmte Putin am Montag von seiner ersten Begegnung mit Chinas Staats- und

Parteichef. Schon damals, 2010, sei er von sie tief beeindruckt gewesen, schrieb Putin.

Einen Freund an seiner Seite, kann der russische Präsident gut gebrauchen. Xi's Besuch soll zeigen,

dass Putin auf der internationalen Bühne alles andere als isoliert sei. Besonders nach dem Haftbefehl,

den der Internationales Strafgerichtshof am Freitag gegen Putin erlassen hat. Einen ersten

Erfolg aus den Gesprächen konnte Putin heute Dienstag verbuchen, als ihn sie bereits zum

nächsten Treffen in China einlut. Auf dem Programm des Gipfels standen Themen,

die direkt oder indirekt mit Russlands Krieg gegen die Ukraine verbunden sind. China ist für

Russland zum wichtigsten Handelspartner geworden. Diese Partnerschaft werde nun vertieft, verkündigten

die Staatschefs nach dem Treffen. Sie kündigte an, China werde künftig mehr Elektrotechnik

liefern. Waren die Russland seit den westlichen Sanktionen fehlen. Putin versprach Hilfe für

chinesische Firmen, die den Platz weggezogener westlicher Firmen auf dem russischen Markt

einnehmen wollen. Auch der Rohstoffhandel werde ausgebaut, hieß es. Konkrete Pläne,

etwa um den Ausbau der Gaspipelines von Sibirien nach China, fehlen jedoch. Zudem lobte Putin den

Friedensplan für die Ukraine, den China im Februar vorgestellt hatte. Sie bekräftigte,

als neutrale Macht eine friedliche Lösung zu suchen, die auch Russlands Interessen warten

würde. Näher auf den Konflikt gingen die beiden Staatschef allerdings nicht ein. Von militärischer

Unterstützung für Russland, wo der der Westen China im Vorfeld gewarnt hatte, war keine

Rede. Sie ließ sich zu keinem klaren Bekenntnis zu Russland verleiten. Als PR-Q dürfte der

Gipfel für Putin wirksam gewesen sein. Wie er konkret davon profitiert, steht noch aus.

Xi Jinping ist also Gast in Moskau und Ausland-Redaktor Kalle McKenzie hat ihn

angetönt, den chinesischen 12-Punkte-Friedensplan, den Xi mit im Gepäck hatte. Chinas Behörden

sprachen im Zusammenhang mit dem Treffen sogar von einem Besuch für den Frieden. Bernhard

Barges, Zynologe beim Merx, dem Mercator-Institut für China-Studien in Berlin. Ich wollte von

ihm wissen, wie sehr China tatsächlich an Frieden in der Ukraine interessiert ist.

China hat erst gerne, wenn der Krieg enden würde, allerdings nicht um jeden Preis. China

möchte einen gesichtswarten Ausgang für Russland. China möchte nicht, dass Russland als totaler

Verlierer aus diesem Krieg einhergeht. China hat ein starkes Interesse an dem Verhältnis

für Russland und auch ein Interesse daran, den Westen zu schwächen. Deswegen hat China

ja auch den Krieg gegen die Ukraine nicht offensiv, aber deutlich leise aus dem Hintergrund

unterstützt.

Darf ich nachfragen, warum kann China davon profitieren, wenn in der Ukraine Frieden

herrscht?

China möchte die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland weiter stabilisieren. Es möchte

aber auch die im Moment eskalierende Weltlage, wo China immer mehr Unterdruckgerät nicht

weiter eskalieren lassen. China möchte es sich mit den Europäern nicht verschärzen.

Es möchte auch das sehr schwierige Verhältnis mit den USA nicht weiter in die Eskalation

treiben. Und es möchte in diesem Krieg, in dem Russland sich ja offensichtlich verandt

hat, nicht weiter in Mitleidenschaft gezogen werden. Deswegen hätte China durchaus ein

Interesse daran, den Krieg dort zu beenden, zu helfen, ohne dass zu erwarten ist, dass

von diesem Friedensplan jetzt tatsächlich ein echter Friedensimpuls ausgeht. Denn

das, was China davor schlägt und die Positionen, die China vertritt, sind für die Ukraine

ja überhaupt nicht vertretbar.

Genau, warum stellt sich denn China da so ganz klar auf die russische Seite, vertritt

die russische Linie?

Das entspricht den chinesischen Interessen, den wirtschaftlichen Interessen, den politischen

Interessen, dem Anspruch, die Welt stärker mitzugestalten und die Vorherrschaft des Westens,

den westlich geprägten Institutionen zu schwächen. Insofern ist Russland für China durchaus nützlich,

dass es den Westen herausfordert, dass Russland sich damit so verkalkuliert hat, hat auch

die Chinesen überrascht und deswegen hoffen sie jetzt, dass der Krieg irgendwie zu einem

Ende kommt, aber zu einem bei den Russland und vor allem Vladimir Putin als Person nicht

total disaporiert werden.

Russland ist nützlich für China, Vladimir Putin ist wichtig für China, aber grundsätzlich

geht schon, Putin braucht China mehr als umgekehrt.

Das ist so, China ist der größte Unterstützer, der in Russland auch hat, wirtschaftlich ist

es der letzte große Kunde für russische Rohstoffe, China kann Russland beliefern mit dem, was

es braucht, Konsumgüter, vor allem aber auch die russische Hoffnung, dass China Russland

mit Waffen beliefern könnte. Das ist bisher nicht geschehen, zumindest nicht mit letalen

Waffen, aber Russland hat durchaus die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass China sich auch

militärisch noch stärker auf seine Seite schlagen könnte.

Nun ist die Ukraine ja nicht der einzige Konflikt, in dem sich China zumindest gegen

Außen- und Frieden bemüht, erst vor kurzem hat sich China erfolgreich als Vermittler

im Streit zwischen Iran und Saudi-Arabien engagiert.

Sehen wir da eine neue Rolle, die China auf der Weltbühne einnehmen will?

Ganz bestimmt, China möchte sich als Gestaltungsmacht behaupten, China weiß, dass es gegenüber

den westlichen Staaten in einer schwierigen Rolle ist, aber es möchte sich gegenüber

den Staaten des globalen Sögens als eine Alternative zu den, vor allem USA, aber auch

den westlichen Mächten darstellen. Und da steht es China natürlich gut zu Gesicht,

zwei verfeindete Staaten oder Regime wie den Iran und Saudi-Arabien, eine Verhandlungstisch

zurückzubringen.

Eine Alternative zum Westen, warum ist das für China wichtig?

China hat das Gefühl, dass die Weltordnung sehr zu Chinas Nachteil gestrickt ist. Das

sind internationalen Institutionen natürlich die westlichen Mächte, die Regeln bestimmen

und die Vorherrschaft haben. Das möchte ich China ändern und sehr viel mehr Spielregeln

etablieren, die chinesischen, politischen und wirtschaftlichen Kerninteressen ansprechen.

Und was setzen andere Staaten dem entgegen? Ich denke da etwa an den japanischen Premier,

der heute, gerade heute in der Ukraine zu Gast ist.

Das ist von japanischer Seite ein ganz verblüffender und sehr effektiver Move, um China da die

Show zu stehlen und eben den anderen Ländern zu signalisieren. China ist nicht der einzige

Partner, an den ihr euch wenden könnt. Der Westen ist doch links nicht geschlagen und

ist vielleicht die viel bessere Alternative, denn Chinas diplomatische Erworsen sind natürlich

mit sehr vielen Bedingungen verknüpft. In Afrika, in Asien, in Südamerika merken die

Staaten auch zunehmend, dass es durchaus große Risiken und Abhängigkeiten hat mit China

Geschäfte zu machen und zu stark politisch verbandelt zu sein.

Und wir haben jetzt immer davon gesprochen, dass sich China vom Westen abgrenzen will.

Wie stark ist der Westen halt auch einfach die USA?

Als chinesischer Sicht, ja auch aus russischer Sicht ist das alles sehr auf die USA zugeschnitten.

Die haben das Gefühl, dass die USA hinter allem stehen und dass die Europäer aber auch

die Japaner eigentlich gar keine eigene Politik verfolgen können. Da ist natürlich auch einiges

an Wahrheit drin, weil die USA natürlich, gerade wenn es ums Militärische geht, die

dominierende Macht sind. Es ist schon richtig, dass der globale Grundkonflikt zwischen China

und den USA stattfindet und alle anderen Länder zunehmen von den beiden Großmächten auch

unter Druck gesetzt werden, sich zu entscheiden, auf welcher Seite sie entstehen und wen sie

unterstützen.

Bernhard Bartsch war das China-Experte bei Merix, dem Mercator-Institut für China-Studien

in Berlin.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat nicht nur für China die Vorzeichen verändert,

sondern auch für die NATO. Zwar geht es dem westlichen Militärbündnis weiterhin um

Sicherheit und Verteidigung der 30 Allianzmitglieder. Ganz anders ist aber die Fähigkeit, dieses

Ziel auch zu erreichen. Die NATO, die Generalsekretär Jens Stoltenberg heute bei seiner Jahresbilanz

vorgestellt hat, ist nicht mehr die alte.

Die Präsentation des Jahresberichts durch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist

üblicherweise eine unspektakuläre, recht dröge Veranstaltung. Deshalb gibt es jeweils

anschließend für die Medienleute wenigsten seinen Umtrunk. Doch diesmal war es etwas

anders. Die NATO hat sich seit dem russischen Überfall auf die Ukraine erheblich verändert.

Für Stoltenberg war 2022 ein Schlüsseljahr.

2022 war das jahrelang für unsere Sicherheit. Vladimir Putin bezweckte mit seiner Invasion

weniger NATO, bekommen habe er nun mehr NATO.

Er wollte weniger NATO, aber er hat genau das Opposite. Mehr NATO.

Die NATO, die nach ihrem Abzug aus Afghanistan nach ihrem Daseinszweck suchte, fand ihn wieder,

und zwar den Alten. Russland die Stehen bieten. Stoltenberg spricht von der größten Veränderung

und Verstärkung in einer Generation.

NATO has implemented the largest reinforcement of our collective defence in a generation.

Am Augenfälligsten ist das in Osteuropa. Statt wie zuvor,

bloß wenige Tausend, stehen dort jetzt rund 40.000 Soldaten unter NATO-Kommando. Das sind

immer noch weit weniger, als Russland mobilisieren könnte, falls es tatsächlich Allianzgebiet

angreifen wollte. Es ist aber mehr als die frühere symbolische Präsenz, die eher als

Stolpertrat diente, denn als Streit macht im Verteidigungsfall. Statt vier gibt es nun

acht NATO-Kampfgruppen zwischen dem Baltikum und Rumänien. Es gibt mehr Truppen, mehr Waffen,

mehr Logistik und umfangreichere Kommandostrukturen. Übermorgen wird auf der Luftwaffenbasis im

niederländischen Eindhoven eine neue Luftbetankungsflotte als einsatzfähiger klärt. Dazu kommt,

demnächst treten zwei neue Mitglieder der NATO bei. Finland in Kürze, Schweden etwas

später, da sich die Türkei noch sperrt. Die NATO-Mitgliedstaaten erhöhten ihre Verteidigungsausgaben

allein im Jahr 2022 um 2,2 Prozent. In den vergangenen acht Jahren, also seitdem Russland

mit der Annexion der CREAM 2014 vom Partner wieder zum Feind wurde, geben sie insgesamt

350 Milliarden Dollar mehr für ihre militärische Sicherheit aus. Immerhin sieben NATO-Mitgliedere

erreichen inzwischen das selbst gesetzte Ziel, mindestens 2 Prozent ihres Brutta-Inlandprodukts

in die Verteidigung zu stecken. Weitere sind nahe dran und alle bewegen sich in diese Richtung.

Wirklich zufrieden ist der NATO-Chef damit noch nicht.

Es müsste noch mehr getan werden und vor allem weit, aus schneller. Etat-Erhöhungen bewirkten

wenig, wenn damit nicht eine Stärkung der Armee in einher gehe, Rüstungsaufträge ausgelöst,

Munition beschafft und Truppen kampfkräftiger gemacht würden. Stoltenberg will im Sommer

auf dem NATO-Gipfel sogar ein noch deutlich höheres Ziel bei den Rüstungsausgaben vorschlagen,

denn der Krieg gegen die Ukraine zeugte von einer nachhaltigen Veränderung für Europa's

Sicherheit.

Auch wenn die Krieg in Ukraine endet, dass sich die beiden Autokraten Ladimir Putin

und sein chinesischer Rams-Kollege Xi Jinping ausgerechnet am Tag treffen, dass Stoltenberg

seine Jahresbilanz vorstellt, ist dem Zufall der Agenda geschuldet. Aber es zeigt, die

NATO ist zwar weiter die mächtigste Militärallianz weltweit, doch ihre Führungsrolle und die

Sicherheit ihrer Mitglieder sind nicht länger einfach so gewährleistet.

Das Parlament in Uganda hat heute ein äußerst strenges Anti-Homosexualitätsgesetz beschlossen.

Nur schon wer homo- oder transsexuell ist, soll künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis

bestraft werden. Homosexuelle Geschlechtsverkehr ist in Uganda heute bereits illegal. Dazu

passt auch die Haltung des Langzeitpräsidenten. Homosexuelle seien eine Abweichung von der

Norm, sagt Joveri Museveni vor Kurzem.

Frage an Afrika-Korrespondent Samuel Buri. Warum will Uganda die LGBTQ-Gesetze dermaßen

verschärfen?

Das ist eine gute Frage, weil Homosexualität ja eben schon verboten ist. Neu werden jetzt

beispielsweise auch trans Menschen eingeschlossen. Aber die Hauptidee, glaube ich, mit dem Gesetz

soll eine weitere Verbreitung von Homosexualität gebremst werden. Also es geht darum, die

Kinder zu schützen, sagte ein Parlamentarier heute, etwas auch, das man auf dem Kontinent

hier immer wieder hört, dass Homosexuelle aktiv auch Kinder rekrutieren wollten. Ein

anderer Politiker sagte, Homosexualität sei eine Bedrohung für die menschliche Rasse,

also dass wir gar aussterben könnten. Man sieht, es gibt große Vorbehalte und Ängste

gegenüber, nicht heterosexuellen. Und das hat wohl unter anderem damit zu tun, was man

über Jahrzehnte in Schule und Kirche gehört hat.

Und die Politik versucht aus dem Thema Kapital zu schlagen. Welche Rolle spielt denn die

Religion bei dieser Diskussion?

Eine wichtige. Viele Politiker berufen sich auf die Bibel oder auf den Koran. Kirchen

spielen generell eine wichtige Rolle in der Politik in Afrika, denn die Pastoren und die

Politiker, die spannen häufig zusammen. Also Politiker sponsoren die Kirche. Pastoren

geben dann wiederum Wahlempfehlungen ab. Und dann gibt es auch Einflüsse von außen.

Zum Beispiel Evangelikale Kirchen aus den USA, die aktiv missionieren und versuchen, ihre

Moralvorstellungen weltweit auch zu verbreiten. Und das fällt in Afrika sicher auf fruchtbarer

Boden als anderswo. Also Religion und Politik gehen bezüglich Homosexualität hier Hand

in Hand.

Dieses Gesetz, das Uganda jetzt beschlossen hat, das Suggandische Parlament, was heißt

das für die LGBTQ-Gemeinde im Land?

Ja, das bedeutet, wer schon nur sagt oder etwa in den sozialen Medien postet, er oder

sie sei homosexuell oder queer, kann künftig mit Gefängnis bestraft werden. Wer homosexuelle

Handlungen ermöglicht ebenfalls, das soll gar Vermieter von Wohnungen etwa treffen können.

Also das Netz wird hier schon sehr weit ausgeworfen. Dabei eben ist Homosexualität schon verboten,

nur kommt es relativ selten zu Verurteilungen. Und das große Problem für LGBTQ Menschen

in Afrika ist oft, dass sie einfach keinen gesetzlichen Schutz erhalten. Also wer aus

seiner Wohnung geworfen wird oder verprügelt oder gar vergewaltigt aufgrund seiner oder

ihrer sexuellen Orientierung. Das sind alles Fälle, die in den letzten Jahren hier in

Kenya etwa passiert sind. Diese Menschen können dann nicht zur Polizei, sie finden keinen

Schutz und das ist das größte Problem im Alltag.

Sie haben das schon angetönt. Uganda ist bei Weitem nicht das einzige Land in Afrika, das

gegen Homosexualität vorgeht. In insgesamt 32 afrikanischen Ländern sind homosexuelle

Handlungen gesetzlich verboten. Warum ist Homophobie auf dem afrikanischen Kontinent

so verbreitet?

Die Hauptargumentation ist simpel. Homosexualität ist unafrikanisch. Es ist ein vom Westen

importierter oder gar aufoctruierter Wert. Dabei wird vergessen, dass Homosexualität

in Afrika schon präsent war, bevor die ersten Weisen ihren fußhaften Kontinent gesetzt

haben. Und die heutige Stimmung hat Wurzeln in der Vergangenheit. Also erstens gab es

Einflüsse der Missionare, die schon früh gesagt haben, dass Homosexualität nicht christlichen

Werten entspricht. Und zweitens stammen viele Gesetze aus der Kolonialzeit. Also vor allem

in den früheren britischen Kolonien. Da lesen sich die Gesetze vielerorts noch wie das

britische Strafgesetzbuch vor über 50 Jahren, das damals eben Homosexualität verboten

hat. Im Gegensatz zu den Franzosen, da war das schon liberaler. Und deswegen findet man

solche Gesetze in französischsprachigen Ländern auch seltener. Also Missionare, Kolonialisten,

das waren meist weiße Europäer und da liegen eben die Wurzeln der anti-homosexuellen Tendenzen

in vielen Staaten Afrikas. Bei uns geht es aktuell ja eher in Richtung Liberalisierung,

zum Beispiel mit der EFU. Alle vor dem Hintergrund der Diskussion in Uganda geht es in Afrika

eher in die entgegengesetzte Richtung. Es geht in beide Richtungen. Es gibt Gesetzesverschärfungen

wie heute in Uganda, aber auch Lockerungen wie kürzlich in Botswana. Generell in Städten

sind die Leute eher progressiver, auch junge. Viele Menschen in Nairobi, die ich kenne,

sagen, was im Schlafzimmer einer Person passiert. Das geht mich eigentlich nichts an. Es gibt

in der Stadt auch eine Schwulen- und Lesbenszene, die ist gar nicht mal so versteckt. Auf dem

Land hingegen sieht es anders aus. Da sieht man nicht heterosexuelle Menschen tatsächlich

als Gefahr an. Auch die Politik findet da ein willkommenes Feindbild. Ich glaube grundsätzlich

der gesellschaftliche Wandel in Afrika, der wird von unten kommen müssen. Er kommt sicher

nicht von außen. Das weckt dann eigentlich nur antivestliche Reflexe. Aber der Weg zu

mehr Akzeptanz von Menschen mit anderer sexueller Ausrichtung, der ist noch sehr weit auf dem

Kontinent. Und man darf dabei nicht vergessen, wie lange es diesbezüglich etwa in Europa

gedauert hat.

Vielen Dank, das war Afrika-Korrespondent Samuel Burri. Sie hören das Echo der Zeit.

Bei uns im Fokus gleich, die Kernfusion. Die Technologie ist ein Versprechen für die

Energie-Zukunft. Doch bis dahin braucht es viel Ausdauer. Zuerst in den Südkokasus.

2,5 Jahre sind vergangen, seit dem jüngsten Krieg zwischen Armenien und Azerbaijan um

die umstrittenen Region Berg-Karabakh. Mit einem Waffenstillstand im Herbst 2020 ist

eine angespannte Ruhe eingekehrt. Doch die Situation ist alles andere als stabil. Seit

über 3 Monaten ist der einzige Zugang von Armenien nach Berg-Karabakh blockiert von

aserbaidschanischen Aktivisten. Nicht zuletzt deshalb ist die Zukunft der armenischen Bevölkerung

vor Ort äußerst ungewiss. Das zeigt der Beitrag von Judith Huber.

Bleich und etwas müde sieht sie aus, die 35-jährige Karabakh-Armenierin Knar-Babayan. Sie sitzt

in einem Café in Armeniens Hauptstadt Erivan, wo sie lebt und arbeitet und sagt, sie habe

große Sehnsucht nach ihrer Familie und ihren Freunden.

Letzten Sommer war ich zum letzten Mal zu Hause bei meinen Eltern in Berg-Karabakh. Wir

haben Bienen und ich habe meinem Vater geholfen, den Honig zu ernten. Im Herbst dann war die

Reise zu gefährlich, weil es zu kämpfen an der Grenze von Armenien und Azerbaijan gekommen

war. Und seit Mitte Dezember macht ein Protestcamp angeblicher Umweltaktivisten aus

aserbaidschan die einzige Straße in das Berggebiet weitgehend unpassierbar. Sie habe die Familie

schon über ein halbes Jahr nicht mehr gesehen, sagt Babayan.

Wir schreiten uns über Social Media oder telefonieren. Aber da dort häufig der Strom

ausfällt, können wir nicht dann telefonieren, wenn wir möchten, sondern wenn es Strom

gibt, dann ruft Mama sofort an, bevor sie alles andere erledigt.

Inzwischen kommt humanitäre Hilfe ins Gebiet und das IKRK konnte eine gewisse Anzahl getrennter

Familien wieder zusammenführen. Knappe Lebensmittel sind rationiert, was die Lage etwas entschärft

hat. Doch über allem schwebt die Frage, wie geht es weiter für die in Berg-Karabakh verbliebenen

Armenier und Armenierinnen. Innen bleibt nach dem verlorenen Krieg 2020 nur noch ein Teil

des umstrittenen Gebietes. Knar Babayan sagt,

Die Ungewissheit quält uns alle. Wir haben viel durchgemacht und können alles aushalten,

aber die Frage ist, wozu? Was wird geschehen? Das beschäftigt uns sehr.

Der armeenisch-amerikanische Politologe Richard Giragossian stellt sich dieselben Fragen.

Er sagt,

This is a bigger policy by Azerbaijan of creeping control.

Als Erbaycan versucht, Schritt für Schritt die Kontrolle über ganz Berg-Karabakh zu

erlangen, deshalb die Teilblockade der Straße, deshalb auch die immer wieder auflammende Gewalt.

Immerhin? Er könnte sich vorstellen, dass die Zugangstrasse bald wieder offen sein wird.

The Armenian side has already granted significant concessions.

Die armeenische Seite habe bereits Konzessionen gemacht. Man erlaube Azerbaijan gewisse Inspektionen

von Minen in Berg-Karabakh. Und man könne sich sogar vorstellen, begrenzte Kontrollen

des Verkehrs über die Zugangstrasse zuzulassen. Eine weitere wichtige Forderung Aserbaidschans.

Doch Letzteres passt eine dritten involvierten Partei nicht, den Russen.

Die russischen Friedenstruppen, die die Zugangstrasse bis jetzt kontrollierten, möchten nicht, dass

ihnen die Aserbaidschaner dreinredeten, so Giragossian. Diese russischen Truppen sind

seit dem Waffenstillstand 2020 vor Ort. Doch die armeenische Bevölkerung von Berg-Karabakh

fühlt sich von ihnen immer weniger beschützt.

Anfang März protestierte gar eine Gruppe junge Karabakh-Armenier vor dem Stützpunkt

der Russen. Wir brauchen echte Friedenstruppen, riefen sie. Auch der armeenische Regierungschef

Nikol Pashinyan hat die russischen Militärs wiederholt kritisiert, zu wenig zu tun. Pashinyan

und seine Minister rufen, schon fast verzweifelt, nach einer Internationalisierung der Friedenstruppen.

Dass das Passiere sei eher unrealistisch, meint Giragossian.

Er könne sich nicht vorstellen, dass Russland auf das Monopol der Friedenssicherung vor Ort

verzichten wolle. Die armeenische Bevölkerung von Berg-Karabakh steckt in einer sehr schwierigen

Lage. Und in letzter Zeit wurde der Ton der aserbaidschanischen Führung aggressiver

und die Forderung, dass ganz Berg-Karabakh-integrale Teil aserbaidschans werden müsse, ultimativer.

Eine Vorstellung, die der Karabakh-Armenierin Knar Babayyan einen tiefen Seufzer entlockt.

Sie könne sich das nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen vorstellen, zu aserbaidschan zu

gehören sei, unmöglich nach all der Gewalt.

Sie hofft inständig, dass ihnen wenigstens der Rumpfstaat von Berg-Karabakh bleibt.

Sie sagt, alles, was sie braucht, sei ein kleiner Trampelpfad zum Haus ihrer Eltern.

Mehr wolle sie nicht.

Wenn zwei Atomkerne zu einem neuen Kern verschmelzen, dann wird energiefrei gesetzt. Viele setzen

große Hoffnung in diese sogenannte Kernfusion. Denn damit könnte man fast beliebig CO2-freien

Strom produzieren, ohne dass dabei gefährliche Abfälle entstehen.

Vor einigen Monaten gab es bei der Technologie einen Durchbruch. Zum ersten Mal ist es

einem Forschungsteam in Kalifornien gelungen, mittels Kernfusion mehr Energie zu produzieren,

als in das Experiment hineingesteckt wurde. Vom kommerziellen Durchbruch ist die Kernfusion

aber noch weit entfernt. Deshalb auf die Leiterin des erfolgreichen Labors auf einen langen

Schnauf der Investorinnen und Investoren. Klaus Ammann hat sie getroffen.

Zwei Wasserstoffatome verschmelzen zu einem Heliumatom und es entsteht Energie. Was in

der Sonne schon seit Jahrmillionen geschieht, soll auch auf der Erde möglich werden. Das

Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien ist diesem Ziel am 13. Dezember

des letzten Jahres einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Die Leiterin des Forschungslabors

Kimberly Pudill erklärt ihr Experiment.

Wir benutzen Lasers, eigentlich eine sehr große Laservacility. Die Facility produziert

192 Laserbeams mit zwei Megajoules Energie. 192 Laserstrahlen seien auf eine sehr kleine

Kapsel, in der Wasserstoff eingeschlossen war, gerichtet worden und hätten diese enorm

erhitzt. Dabei seien die Wasserstoffatome so zusammengedrückt worden, dass sie fusionierten

und energiefrei setzten. Am 13. Dezember hätten sie stark genug und lange genug auf

die Kapsel gedrückt und sie gleichzeitig lange genug zusammengehalten, sagt Kimberly Pudill.

Wir haben die Kapsel hart genug, fast genug und lange genug zusammengehalten, sodass die

Zahl der fusionierten Reaktionen, die wir haben, genug Energie zu produzieren, um die

Zahl der Lasernenergie zu erhöhen. Ein bisschen mehr als drei Megajoules für zwei Megajoules

von Lasern.

Erstmals überhaupt ist so bei einer Kernfusion schließlich mehr Energie entstanden, als zur

Auslösung reingesteckt worden war. Allerdings musste insgesamt für den Versuch deutlich

mehr Energie aufgewendet werden, als ließig gewonnen wurde. Die Kernfusion dauerte nur

einen Millionstel einer Sekunde und die Kapsel, in der die Atome verschmolzen sind, war mit

sehr großem Aufwand und erhöhter Präzision geschaffen worden. Um mit Kernfusion im großen

Stil Strom zu produzieren, müssen also noch verschiedene wichtige Schritte im Prozess

optimiert werden.

Die Laserstrahlen müssen effizienter, die Kapsel, in denen die Atome verschmelzen,

müssten günstiger und der Energiegewinn muss deutlich größer werden. Das seien beträchtliche

Hürden, aber Hürden, die überwindbar seien, gibt sich Kimberley-Buddil überzeugt. US-Präsident

Biden erklärt im Dezember, dass Kernfusion bis in zehn Jahren marktfähig werden solle.

Das sei eine sehr ehrgeizige Zeitvorgabe, meint Kimberley-Buddil. Sie rechnet eher mit

20 Jahren. Wie schnell die Forschung vorwärtskomme, hänge aber in erster Linie davon ab, wie

viel staatliches und privates Geld in sie fließe.

Kurzfristig müssten ein paar Hundert Millionen Dollar zusammenkommen, damit die Kernfusionsforschung

an Ihrem und weiteren Instituten ausgebaut werden könne. Mittelfristig seien aber Milliarden

nötig, ergänzt Kimberley-Buddil. Bisher komme ein beträchtlicher Teil ihres Bütches

vom Verteidigungsministerium, erklärt die Direktorin des Laboratoriums. Dank ihrer

Forschung könnten die USA heute ja Tombomben-Tests simulieren und müssten sie nicht mehr physisch

durchführen. Doch sobald irgendwann konkret an der zivilen Energieerzeugung geforscht

werde, müssten sie ohne militärische Gelder auskommen.

At some point the fusion energy line will diverge and then we will need significant dedicated

funding to develop the kinds of targets that would work in that high repetition rate environment

that I described. Kommt dazu, Kimberley-Buddil und ihr Team sind nicht die einzigen, die

um finanzielle Mittel buhlen im Bereich Kernfusion. Das europäische ITER-Projekt beispielsweise

will auf eine andere Weise zum gleichen Ziel gelangen. Und viele stellen sich nach wie vor

die Frage, warum heute Geld in eine Technologie stecken, die vielleicht in ein paar Jahrzehnten

einmal Früchte trägt, wenn doch mit dem gleichen Geld heute große Mengen Sonnenstrom

produziert werden könnten. Der Durchbruch im Dezember sein diesem Zusammenhang doppelt

wichtig gewesen, sagt Forscherin Buddil. Er habe gezeigt, dass Kernfusion tatsächlich

möglich sei und habe damit weltweit eine Faszination ausgelöst auch bei Leuten, die

sich sonst kaum für solche Themen interessierten. Das weltweite öffentliche Interesse motiviere

die Forschenden, betont Kimberley-Buddil. Sie hofft aber natürlich, dass es auch öffentliche

und private Geldgeber motiviert. Das war das Echo der Zeit mit Redaktionsschluss

am 18.05 Uhr. Verantwortlich für die Sendung Massimo Augustinis, für die Nachrichten Adrian

Huber am Mikrofon Christina Schadecker.

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Der Bundesrat verzichtet darauf, bereits ausbezahlte Boni an die Mitarbeitenden der Grossbank Credit Suisse zu verbieten. Noch nicht ausbezahlte Boni werden aber «vorläufig sistiert», wie das Finanzdepartement am Dienstag mitteilte.

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