FALTER Radio: Anton Pelinka zur Krise der Parteien - #920

FALTER FALTER 4/12/23 - Episode Page - 38m - PDF Transcript

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Falterradio, der Podcast mit Raimund Löw.

Sehr herzlich willkommen meine Damen und Herren im Falterradio. Die heimische Innenpolitik kommt aus den Turbulenzen nicht heraus.

Zur inhaltlichen Annäherung der ÖVP an die Freiheitlichen kommt die Führungskrise der SPÖ.

Die FPÖ liegt nichts zum ersten Mal in Umfragen ganz vorne.

Anton Pellinka beobachtet seit Langem die heimische Innenpolitik.

Was dem Politikwissenschaftler zu wenig beachtet wird, ist die Tatsache, dass die Mehrheit in Österreich den rechten Nationalismus und die Ausländerfeindlichkeit der Freiheitlichen ablehnt.

Auch der ÖVP-Führung sollte dieser Umstand zu Denken geben, argumentiert Pellinka. Hören Sie aus der Falterwerkstatt ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler, das Barbara Tod führt.

Ja, ich würde mit Ihnen gerne so beginnen, dass wir vielleicht kurz Revue passieren lassen, was jetzt in den letzten zwei Wochen passiert ist.

Die FPÖ hat das Gefühl, wir erleben eine Art Endzeit-Stimmung bei beiden Großparteien. Die ÖVP hat viele irritiert, damit dass sie in Niederösterreich mit der FPÖ koaliert hat und sich sehr unterworfen hat, den FPÖ-Kulturkampf-Themen.

Ja, die FPÖ ist völlig mit sich selbst beschäftigt. Wenn Sie versuchen, das einzuordnen, was passiert denn da gerade mit den großen Volksparteien? Sind die am Ende?

Soweit würde ich nicht gehen. Das sind in einer Krise, wobei die Krise auch mit einem gesellschaftlichen Wandel zusammenhängt, denn die Parteiführungen, sowohl der FPÖ als auch der ÖVP, kaum wahrgenommen haben.

Dieser Wandel besteht vor allem in dem Verlust des Ersatzkirchencharakters, denn ja sowohl die ÖVP, stichwort politischer Katholizismus, als auch die SPÖ, stichwort Austromaxismus aus der Vergangenheit mit in die zweite Republik genommen haben.

Und das läuft nun aus oder ist bereits ausgelaufen. Das heißt, wird dafür nicht vergessen, in einem politischen System, dass eine fast perfekte Verhältniswahl kennt bei der Wahl des Nationalrates, sind Parteien, die so zwischen 20 und 30 Prozent sind, ja noch immer relativ stark.

Die beiden Parteien haben es versäumt zu einer Zeit, als das politisch noch möglich war. Im Wesentlichen am Beginn der Ära Greiske, die Wahlrechtsreform von 1971, würde ich hier benennen, durch die Änderung des Wahlsystems ihren Großparteicharakter zu sichern.

Das haben sie nicht getan. Jetzt ernten sie die Logik und Figments dieses Ersatzkirchenverlust, dieses Ideologieverlust, wenn man so will. Der politische Katholizismus ist tot.

Der Austromaxismus ist in ein, sozusagen, Nostalgie-Kabinett eingesperrt, mit dem anfangen kann offenkundigte SPÖ nichts mehr. Und da stoßt jetzt die verhältliche Partei hinein.

Wir dürfen aber nicht vergessen, wenn wir 20 Jahre zurückgehen, dass sowohl die Neos als auch die Grünen in der Gegend bei 10 Prozent sind, also zusammen an die 20 Prozent haben, ist eigentlich erstaunlicher bemerkenswerter, als dass die freiheitliche Partei momentan bei der beumtberüchtigten Sonntagsfrage bei ungefähr 30 Prozent ist.

Das ist ein sehr spannender Gedanke, den würde ich gern gleich weiterverfolgen, nur jetzt noch mal, weil Sie gesagt haben, nachgefragt, die Großparteien haben versäumt, eine Wahlrechtsreform rechtzeitig auf den Weg zu bringen.

Damit meinen Sie, man hätte das Wahlrecht stärker in Richtung eines Mehrheitswahlrechts ändern sollen, so wie wir es aus dem amerikanischen System kennen, oder was hätte da passieren sollen, Ihrer Meinung nach?

Ja, also es wäre Anfang der 70er Jahre, als die Regierung Kreisge die Verhältniswahl einselementiert hat, als Ergebnis der Tuldungsabsprache mit der FPÖ bei der ersten noch Minderheitsregierung Kreisge, hätte man das ein Mehrheitswahlrecht oder ein mehrheitsförderndes Wahlrecht einführen können.

Damals hätte man mit der ÖVP und der FPÖ die beiden Nutznisser zusammengeführt und hätte sicherlich gegen den Widerstand der FPÖ und vorausblickend, kann man das sagen, oder zurückblickend, vorausblickend, auf Kosten der Grünen, die damals noch nicht eine relevante Kraft waren,

und der NEOS, die erst recht keine relevante Kraft waren, machen können, ob man das wollte man nicht. Kreisge wollte die FPÖ als sozusagen Sicherungsfaktor seiner Hegemonie haben und die ÖVP hat sich überhaupt nicht getraut, in irgendeiner Form etwas zu tun,

dass einen großen Verlierer gekannt hätte, nämlich die freiheitliche Part der Österreichs. Heute ist das, glaube ich, überhaupt nicht mehr sinnvoll zu erwarten, weil man ja nicht nur die FPÖ, sondern auch die NEOS und die Grünen schwer beschädigen würde,

und das werde auch vom Standpunkt der Demokratiequalität, wenn es drei Verlierer im Nationalrat gibt, ich hatte das für eine verpasste Chance, das Chance ist vorbei, das Chance war aber lebendig um 1970.

Vielleicht, wenn wir noch mal kurz eingehen auf, wie gesagt, das ist noch nicht das Ende der großen Parteien, aber sie sind beide in einer Krise, wenn wir vielleicht noch mal kurz reinsummen, sowohl bei der ÖVP wie auch bei der SPÖ.

Es gibt ja viele Beobachter, die sagen, bei der ÖVP ist ein Problem, dass sie eigentlich seit Sebastian Kurz jetzt näher mal ganz stark wieder die FPÖ imitieren, weiter nach rechts rücken, also so salopp formuliert,

und glauben, dass sie damit den Aufstieg der FPÖ stoppen können und die ÖVP wieder auf die Größe bringen können, wo sie halt war, als Sebastian Kurz das gemacht hat.

Und dadurch sei sie ideologisch sozusagen nicht mehr ernst zu nehmen.

Wie würden Sie das analysieren? Also was passiert da gerade bei der ÖVP?

Sie sind auf dem Weg zu, keine Ahnung, Boris Johnson, Donald Trump, das ist eben so die Befürchtung, dass die ÖVP diesen Weg jetzt eigentlich auch einschlägt.

Ja, von einer Kurzfristperspektive gesehen würde dieses Strategie Sinn machen, sozusagen der ÖVP als die bessere FPÖ, die Äußerungen etwa des Wiener ÖVP, ob man es mag, spreche eine deutliche Sprache, sozusagen überkickeln wir kickeln.

Schön formuliert, überkickeln wir kickeln, sehr nett.

Gut fest, ich mag das Sinn machen, aber was macht dann die ÖVP, wenn sie die FPÖ mit einem FPÖ-Programm vom ersten Platz verdrängt?

Was mir auffällt ist, dass in der Debatte sowohl in der ÖVP als auch in der FPÖ Europa verschwunden ist. Die internationale Dimension österreichischer Politik ist verschwunden.

Das ist besonders peinlich, wenn wir an die Existenz einer sozialistischen internationale Denken, die die FPÖ offensichtlich vergessen hat.

Europa, wir dürfen nicht vergessen, Österreich hat die Dimension eines größeren Stadtteils von Shanghai.

In einem Bezirk von Shanghai kann man auch nicht die Politik in den Griff bekommen, wenn man sich nicht mit einer weiteren Dimension beschäftigt.

Im Fall eines Bezirks von Shanghai ist das Groß Shanghai und die Volksrepublik China.

Im Fall Österreichs wäre das die EU und über die EU hinaus generell eine internationale Politik.

Besonders schmerzhaft ist das, wenn wir die FPÖ uns ansehen, die ja einmal, so lang ist das noch nicht her,

denn Slogan hoch die internationale Solidarität, der sich beansprucht hat. Das Verschwinden einer europäischen, einer internationalen Dimension begleitet beide ehemaligen Großparteien.

Bei der SPÖ, also in der ÖVP sehen wir das, wie Sie sehr passend formuliert haben, diesen Drang über Kicke in Kicke, in der SPÖ wird jetzt das, was gerade passiert, vielfach analysiert als Partei interner Machtkampf,

Kader, die sich gegenüberstehen und quasi eine Art Putsch innerhalb der Partei jetzt stattfindet. Wie sehen Sie das? Also ist das quasi nur ein Symptom,

dieses grundsätzlichen Problems oder spielen der persönlichen Befindlichkeiten, der Faktorpersönlichkeit da jetzt doch auch eine wichtigere Rolle, wie das ist Ihr Blick auf die SPÖ derzeit?

Natürlich spielen Persönlichkeitsfaktoren eine Rolle, Sympathie, Antipathie, aber es fällt auf, wie leichtfertig innerhalb der Sozialdemokratie mit den Begriffen Links und Rechts umgegangen wird.

Offenkundig ist in der SPÖ heute Links, wenn man die Interessen eines verkleinbürgerten Proletariats vertritt und nicht die Interessen der Sozialschwächsten, das sind diejenigen und in Österreich ist das ja eine Zahl, die sich einer Million mehr hat,

von Menschen, die im Lande leben, legal leben, steuerpflichtig sind, den Gesetzen unterworfen sind, aber mangelst Staatsbürgerschaft hier keine Mitwirkungsmöglichkeit überwahlen in einem demokratischen System haben.

Mir ist nicht aufgefallen, dass in der inneren SPÖ Diskussion irgendjemand und sei es auch nur der angeblich linke Bürgermeister von Dreißkirchen den Zugang zur Staatsbürgerschaft radikal vereinfachen wird.

Davor schreckt man zurück, dass man damit das verkleinbürgerte Proletariat, das eben auch dank der Sozialdemokratie mehr zu verlieren hat als seine Ketten, verärgern würde.

Insofern ist das der eigentliche Grund, warum die Internationalität keine Rolle spielt, denn wenn man diese Internationalität ins Zentrum rückt, dann müsste man das verkleinbürgerte Proletariat verärgern und das traut sich niemand.

Ich verstehe es, dass niemand traut, aber es ist ein Befund, der unterstreicht, dass die SPÖ hier sozusagen Bezugspartei ist und keine Europapartei ist.

Das ist das, was als Links, überraschenderweise gilt, in der SPÖ und als Rechts gilt dann ein Herr Doskozil, der wofür steht in ihren Augen?

Doskozil spielt geschickt und erfolgreich, wobei allerdings, ich glaube, die Mitgliederbefragung vermutlich ist für ihn eher ein Abstieg.

Doskozil spielt mit Symbolen, er gilt, weil er einmal mit der freiheitlichen Partei in einer landespolitischen Koalition war, als für freiheitliche Themen ansprechbar.

Obwohl er nicht freiwillig, also er hat das übernommen von Herrn Nissell und dann bei erster Gelegenheit.

Die bundländische Sozialdemokratie hat eine Vorgeschichte, natürlich hängt das auch mit der langen Außengrenze, wobei Außengrenze ein Sozialdemokrat müsste sofort darauf behalten.

Das ist eine Binnern-Grenze, Ungarn ist ja eine EU-Mitglied.

Die Grenze in Tirol wurde gerade der Jahrestag gefeiert, vor 25 Jahren wurde die Brennergrenze dank Österreichs Beitritt zum Schengernvertrag faktisch aufgehoben.

Also die Sozialdemokratie müsste ja für die Aufhebung von Grenzen stehen und nicht für die Betonung von Grenzen.

Und dafür ist DOSCOZIL, der guck genug ist, nicht direkt eine Allianz mit der freiheitlichen Partei anzustreben.

Das schließt da ja momentan sogar explizit aus.

Aber durch diese Vorgeschichte und durch diese eigenartige österreichisch-underische Grenze, wo das österreichische Bundesheer ja eingesetzt wurde,

um eine EU-Binnern-Grenze quasi zu schützen, vor wem eigentlich? Statt hier etwa die EU-Außengrenze zu schützen,

also die pulgarisch-türkische Grenze, eine sehr sensible EU-Außengrenze, oder die griechisch-türkische Grenze, oder auch die Mittelmeergrenze.

Das spielt alles keine Rolle dafür.

Es fühlt sich österreichisch und weder die SPÖ noch die ÖVP erst rechtlich die freiheitliche Partei nicht verantwortlich.

Und das Vernachlässigten dieser europäischen Dimension verbindet die beiden einstmals Großparteien, die jetzt froh sein müssen, wenn sie über 25 Prozent kommen.

Eine Fragerunde hätte ich noch zu den beiden Großparteien und dann würde ich gerne zur FPÖ geben.

Vielleicht bleiben wir nochmal kurz bei der SPÖ im Rückblick.

Wo ist man falsch abgebogen?

War das unter Viktor Klima nach den doch recht stabilen Jahren von Franz Vanizki, ist das später passiert?

Es gibt ja viele, die sagen, es war ein Fehler, dass man Anfang der Nullerjahre damals unter Klima aufgesprungen ist auf diesen Trend.

Clinton, Blair, der dritte Weg, Schröder, man nähert sich quasi weg vom Klassenkampf hin zum Nähe auch mit Unternehmern.

Sehen Sie da die falsche Abzweigung oder ist das in Österreich anders gelaufen?

Ich sehe es eigentlich nicht.

Denn Tony Blair war im britischen Gesamtgefüge ein ausgesprochen pro-europäischen Politiker.

Das heißt, ich würde weniger die Frage sogenannte Neoliberalismus entscheiden sehen für die Sozialdemokratie und eben der Verzicht auf das internationale und europapolitische Erbe.

Und das hat Franz Vanizki sicherlich hochgehalten.

Und der Franz Vanizki ist ja eine EU-skeptische Sozialdemokratie in Österreich, eine beidrittfreudige Sozialdemokratie geworden.

Franz Vanizki ist neben Alois Mock wohl der wichtigste Mann, der geholfen hat, dass ein EU-skeptisches Land mit einer Zweidrittelmehrheit den Beidritt zustimmt.

Das ist Franz Vanizki, die internationale Dimension, wird aber nicht vergessen, dass unter Franzi und Klazina die Privatisierung der verstaatlichen Industriestadt gefunden hat.

Sowohl in der großen Banken als auch in der großen Industrieunternehmung, Stichwort Föst und Albine.

Also, Franz Vanizki war eigentlich der Player in Österreich und damit hat er eigentlich auch durchwegs Wahlen gewonnen.

Auch Tony Blair hat keine Wahlen verloren am Randevermerk.

Nur die Vorstellung, dass man durch die Rückkehr in Formeln des 1920er-Jahres spielt eine Rolle, dass man durch die Rückkehr zu alten Formeln kann man vielleicht Wahlen gewinnen.

Aber ich sehe keine sinnvolle Strategie, langfristige Überlegungen können nicht einfach nur links bezogen auf Österreich sein.

Eine linke Politik heute kann nur eine europäische Politik sein.

Da sieht man ja auch von der Klimagrise auf und abwärts.

Grenzen sind immer weniger relevant und die Sehnsucht nach klaren Grenzen hat die bei Babla eine gewisse Rolle spielt, die bei DOSCO ZIL erkennt bei einer Rolle spielt

und leider hat das Rände Wagner versäumt das zum Thema zu machen.

Sie hätte sich als die europäische Kandidatin profilieren können.

Das hat sie nicht getan, so haben wir Nostalgie innerhalb der demokratischen Debatte um nicht eine Zukunft verredet.

Noch mal nachgefragt, wann ist dann dieses Internationale, das für Sie der Schlüsselpunkt ist bei der SPÖ, dann verloren gegangen?

Wann begann die Provinzialisierung der SPÖ?

Ich glaube nicht, es ist natürlich immer die Neigung, der nächste Wahlerfolg ist das Hauptziel und der übernächste den denkt niemand.

Das heißt, die Kurzfristorientierung hat sicherlich schrittweise eingesetzt.

Ich würde das nicht an einen bestimmten Namen festmachen, aber sicherlich in den RFI-Mann ist der Franz-G-Anstoß die SPÖ als die Europapartei Nummer 1 zu sehen verloren gegangen.

Als wir mit den Herausforderungen der Hybrid-Working und der Talentwahl in dieser neuen Welt der Arbeit beginnen,

haben wir die finanzielle Zeit, um euch zu verstehen, was nächstes sein kann.

Ich bin Isabelle Barrick, der Host der FT's Working It Podcast.

Wir diskutieren die Ideen und Trends, um die Zukunft der Arbeit zu schaffen. Die FT's Broad-Coverage und Unique Insights helfen euch, um euch zu machen.

Da könnte man schon sagen, auch schon unter Klima und Gosenbauer.

Es ist ein schrittweiser Prozess, der entstanden ist, dass man immer nur gebannt auf die berüchtete Sonntagsfrage geschaut hat und nicht über den nächsten Sonntag hinaus gedacht hat.

Letzte Darfage noch zur ÖVP.

Da ist ja auch aufgefallen, neben der Kiklisierung, die Sie wie Sie es nennen, dass die ÖVP auch sehr stark alles, was die Klimakrise ökologisch denkt,

Karl Niermer hat das in seiner Rede eigentlich sehr stark abgelehnt.

Österreich ist ein Autoland, der Verbrennermotor, also wir alle kennen diese Schlagworte.

Wenn man jetzt zurückgeht in die 80er Jahre und sich erinnert an einen Josef Rieler als ÖVP-Chef, der die Idee gemeinsam mit Franz Fischler von der ökosozialen Marktwirtschaft geprägt hat,

dann fragt man sich doch auch, was ist da passiert?

Warum ist diese eigentlich extrem visionäre Idee so verloren gegangen in der ÖVP?

Also liegen die Wurzeln der jetzigen Situation auch so weit zurück?

Oder wie würden Sie das analysieren?

Ja, sicherlich spielt eine Rolle, dass sich die ÖVP als Autofahrer versteht. Das wollten Josef Rieler oder auch der frühere Inkommissar überwinden durch eine betont grüne Politik.

Die Bilanz ist nur, Rieler hat damit keine Wahl gewonnen. Und auch Erdbusseck hat nach Anfangserfolgen in Wien mit den bunten Vögel letztendlich das rote Wien nicht in ein schwarz-grünes Wien politisch umwandeln können.

Das heißt, die Rückmeldungen waren, das sind zwar nette Ideen, aber bei uns stärker noch als bei der sozialdemokratischen Partei sind in der Essen der Autofahrer zu berücksichtigen.

Und die Interessen der Autofahrer können ja von der freiheitlichen Partei ebenso abgeholt werden. Das heißt, ein Wettbewerb, nun können Autofahrerinteressen natürlich auch ökologisch umgewandelt werden.

Aber das ist eben in einer Politik, die immer nur auf den nächsten Sonntag schaut und schaut, wie weit die FPÖ vor der ÖVP liegt und ob da was zu ändern ist.

Also dieses Kurzfristdenken verhindert das. Eine Josef Riegler ÖVP hätte ein, zwei Wahlniederlagen wegstecken müssen und nicht zurückfallen dürfen auf die Autofahrerpartei Nummer eins, die mit einem Autofahrer-Image versucht, die freiheitliche Partei einzugänzen.

Ist es wirklich so, dass der Autofahrer oder die Autofahrerin an sich offenbar als politische Kategorie gesehen werden muss in Österreich, weil der fetische Auto doch so Identitätsstiften ist?

Wir sehen das ja, insofern ist es auch ein Beispiel, dass man über die Grenze schauen muss. Sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den USA ist das Recht der Anspruch, das eigene Auto grundsätzlich frei zur Verfügung zu haben,

ein Anspruch, der in Deutschland geradezu emotional unterfüttert ist, ein großes Tabu, der draußen etwa in Deutschland ernsthaft ein Tempo 100 für Autobahnen zu diskutieren.

Grünen können das auch in der Ampelkoalition nicht durchsetzen, weil hier die FDP in der Koalition die Autofahrerpartei ist und die CDU, CSU würde es der FDP nicht erlauben, so einfach davon wegzugeben.

Ist das vergleichbar mit dem Recht, Waffen zu tragen in den USA? Das ist ja für uns auch manchmal ein bisschen merkwürdig, warum das so wichtig ist, aber offenbar ist das, ja.

Also die Verfügung über das eigene Auto, die möglichst unbegrenzte und uneingeschränkte Verfügung über das eigene Auto, ist natürlich eine Art Ideologieersatz.

Desant ist, dass die ÖVP, die sowohl in der Ära Schüssel als auch in der Ära Kurz, in Allianz mit der Freiheitlichen Partei eine Mehrheit gehabt hätte von zwei Parteien, die in den 70er Jahren gegen die Fristenlösung bei der Strafreform gestimmt haben.

Weder Schüssel noch kurz am ernsthaft gewagt, die Fristenlösung in Frage zu stellen. Also weil sie vorgerechnet bekommen haben, das kostet mehr, als es bringt.

Für mich sehr aufschlussreiches Beispiel für die Entweltanschaulich-Jung, in dem Fall der ÖVP. Wo ist hier der Katolizismus?

Die ÖVP ist in den Sonntagsfragen, über deren Relevanz man natürlich diskutieren kann, aber die leider von allen Parteien sehr wichtig genommen wird, wie Sie schon gesagt haben, wieder auf Platz 1.

Aber sie ist es ja nicht das erste Mal, also sie ist es ja eigentlich das dritte Mal, wenn man zurückblickt Ende der 90er Jahre war es schon mal so weit und dann 2015, 2016 war es auch schon mal so weit. Also sie spielt ja immer wieder sozusagen auf dieses Level von fast 30 Prozent an.

Die Frage ist dann immer, warum ist die FPÖ so stark? Ist es die Schwäche der anderen? Oder hat sie schon so generis etwas, dass sie einfach periodisch trotz Krisen, trotz Obmannwechsel, trotz Skandale, dass wir sie einfach als Bestandteil der österreichischen Parteinlandschaft in diesem größten Ausmaß mittlerweile akzeptieren müssen?

Also die freiheitliche Partei hat ja große Misserfolge erlitten. Ich glaube, wir sollten uns nicht hier sozusagen ins Boxhorn jagen lassen von Umfragen.

Die freiheitliche Partei hat bei den Bundespräsidentschaftswahlen, bei der ersten und zweiten Wahl von der BELNZ, den einzigen ernstzunehmenden Genkandidaten gestellt.

Hier ist deutlich geworden, dass die FPÖ nicht mehrheitsfähig ist.

Hofer und Rosengranz haben gegen Van der Bellen, gegen den früheren Obmann einer fünf bis zehn Prozent Partei eindeutig verloren.

Das heißt, es gibt eine Mehrheit gegen die FPÖ, auch in Zeiten des scheinbaren Siegeszugels der freiheitlichen Partei.

Daher sollte Kickelkantner Bundeskanzler werden, wenn eben die ÖVP oder die SPÖ dabei helfen würde.

Das ist unwahrscheinlich bis unmöglich. Das heißt, die Vorstellung, dass Kickel als Vorsitzender oder ob man einer 30 Prozent Plus-Partei Bundeskanzler wird,

ist ziemlich weit hergeholt, unrealistisch und es ist ein Gespenst, das man nicht ernst nehmen muss.

Dazu kommt auch noch, dass die Wähler der freiheitlichen Partei die beweglichsten, die am wenigsten stabilen sind.

Die freiheitliche Partei ist die Partei, die am stärksten oszilliert schwankt.

Da sieht man immer auch, dass die Erfolge der freiheitlichen Partei bei dieser Umfrage, wenn der Kanzler direkt gewählt würde

und wenn am nächsten Sonntag eine Kanzlerwahl wäre, das kann man nicht übersetzen.

Landbauer hin oder her, das Wahlergebnis der freiheitlichen Partei auf der Länderebene ist insgesamt schwächer,

weniger beeindruckend als die Ergebnisse bei der Sonntagsfrage.

Die freiheitliche Partei hat auch keine zentrale Botschaft, die früher die ÖVP und die SPÖ gehabt haben.

Die SPÖ teilweise noch versucht, am Leben zu halten, etwa die Bablerkampagne, soziale Gerechtigkeit, soziale Sichtigkeit.

Die freiheitliche Partei positioniert sich immer dort, wo gerade etwas abzuholen ist.

Sie hat eigentlich keine Eigenständigkeit einzubringen.

Wenn wir daran denken, dass er im Nationalrat 1955, der VDU und in VDU im Nationalrat waren schon die Gründer der FPÖ-Präsent,

gegen das Neutralitätsgesetz gestimmt hat.

Und heute die FPÖ ohne ernsthaft zu fragen, was hat sich denn geändert, sich nun als die Neutralitätspartei Nummer eins zu profilieren versucht.

Diese Widersprüchlichkeit, auch in der Europafrage, die freiheitliche Partei war zurzeit des Vizekanzlers Steger, eine Pro-EU-Partei.

Es ist so anti-U-Partei geworden, weil sie einfach keine tragfähige Substanz hatte von einem, ob man zum anderen übergelt, sucht.

Und das ist dem Populismus, dort, wo es kurzfristig etwas abzuholen gibt.

Ich wäre also von der freiheitlichen Partei weniger beeindruckt, als hier aufgeregte Sorgen da seht.

Ich höre den wahnsinnig gern zu, wenn Sie mit dieser Gelassenheit die FPÖ-Sitzieren.

Aber ist das Problem nicht, dass es am Ende dann doch die ÖVP ist, die vielleicht, wenn Kikli zumindest nicht zum Kanzler macht, sich von ihm zum Kanzler machen lässt

und dadurch das politische System eben sehr, sehr stark durchkiklisiert wird?

Ja, das ist natürlich nicht auszuschließen, mit der Möglichkeit muss gerechnet werden.

Wir dürfen ja nicht vergessen, dass Jörg Heider bei einem dieser hochster freiheitlichen Partei, bei dem ersten großen populistisch erzielten Hoch der freiheitlichen Partei,

auf die Kanzlerschaft verzichtet hat, weil er gewusst hat, mit der ÖVP kommt er nur zu einer Abmachung,

wenn er das Kanzleramt im drittstärksten Wolfgang Schüssel anbietet.

Aber ich glaube, Sie würden Kikli das auch machen, also Kikli ist doch schon als Typ anders als Heider

und hat auch schon angekündigt, dass er selber Kanzler werden möchte.

Ja, vielleicht bitte dann die Sozialdemokratie der ÖVP das Kanzleramt an.

Also ich sehe keine Mehrheit der FPÖ allein, möglich ist freilich ausgeschlossen, kann nicht werden,

dass zum Beispiel die FPÖ in Umkehrung des Schüssel-Heider-Deals Kikli zum Kanzler macht, das kann man nicht ausschließen.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, auch die Frage des Kanzleramtes wird maßlos überschätzt.

Ein Bundeskanzler kann einem Sozialminister keine Weisung verteilen.

Ein Bundeskanzler kann einem Außenminister nicht vorschreiben, wie der Außenminister

sich bei bilateralen Verhandlungen etwa in London oder in Helsinki verhalten soll.

Ein Bundeskanzler ist ein Minister unter anderem auch.

Hier wird so getan, als wenn der Kickel auf demokratischem Wege mit Unterstützung der ÖVP zur zentralen Figur der österreichischen Politik werden könnte.

Das kann er werden, wenn die ÖVP ihren Charakter aufgeht.

Das ist nicht auszuschließen, aber ich sehe doch die Chance, dass dann die Anti-FPÖ Mehrheit,

Stichwort die Vanderbell Mehrheit zum Tragen kommt und dass dann die anderen Parteien, die mit der ÖVP eine Mehrheit haben werden,

soweit wir überhaupt voraussehen können, das verhindern.

Aber es ist einmal mehr so, dass wir ein Jahr vor den, zumindest wenn sie normal stattfinden, vor den Nationalratswahlen 2024,

sich die innenpolitische Debatte wieder ganz stark um die ÖVP dreht, wie auch Ende der 90er-Jahre,

wie auch Mitte der 10er-Jahre.

Warum kommen wir da nicht raus aus dieser Krise?

Es gibt ja von Oliver Rathkolb die Formulierung, dass man überhaupt zugelassen hat, dass die FPÖ sich gründen durfte.

Sie haben 1955 erwähnt, also 1949, dass das ja zugelassen oder war der eigentliche Sündenfall der 2. Republik.

Das kann man jetzt auch nicht mehr rückabwickeln, aber ist das etwas, was uns quasi auch weiterhin beschäftigen wird?

Kommen wir da je raus aus dieser Schleife?

Wir kommen vermutlich kurz bis mittelfristig nicht raus, kurzfristig sicher nicht, mittelfristig wahrscheinlich nicht.

Aber wenn diese Anti-FPÖ-Mehrheit, die ja nicht nur eine Einbildung ist, sondern die real existiert,

die Vanderbellen zum Bundespräsidenten gemacht haben, wenn diese Mehrheit erkannt wird und genützt wird,

gegen die freiheitliche Partei, dann könnten auch die ehemaligen Großparteien selbst Vertrauen gewinnen

und erkennen, dass zum Beispiel eine Mahrer-Politik in Wien, die Überkicklung des Herbert Kickel, nicht notwendig ist,

auch im Interesse der ÖVP gar nicht sinnvoll ist.

Die ÖVP könnte sogar, als dann viel leicht, wiederum drittstärkste Partei, wie schon im Herbst 1999, erfolgreich den Kanzler stellen,

weil eben die Antikickel-Mehrheit einem Bundeskanzler-Kickel wird verhindern können, wenn man nur will.

Gut, das sind die drei Chancen, den Kanzler zu stellen, mit Hilfe der Vanderbellen-Mehrheit als mit Unterstützung des Herbert Kickel.

Sie erörten den Politikwissenschaftler Anton Pellink in einem Gespräch mit Falter, Innenpolitik-Spezialistin Barbara Todt aus der Falter Werkstatt.

Ich verabschiede mich von allen, die uns auf UKW hören.

Enthüllungen, Details und Analysen zur österreichischen Innenpolitik finden Sie jede Woche im Falter.

Alle Informationen über ABOS gibt es im Internet unter der Adresse, aber.falter.at.

Ursula Winterauer hat die Signation gestaltet, Philipp Dietrich betreut, die Audio-Technik im Falter.

Im Namen des gesamten Teams verabschiede ich mich, bis zur nächsten Sendung.

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Dem Politikwissenschaftler und langjährigen Beobachter der Innenpolitik gibt die Mehrheit in der Bevölkerung gegen FPÖ-Kickls Rechtsnationalismus und Ausländerfeindlichkeit Hoffnung für Österreich. Ein Gespräch mit Barbara Tóth.

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