FALTER Radio: Antigone im Amazonas - #943

FALTER FALTER 5/22/23 - Episode Page - 41m - PDF Transcript

Die Fall der Sommergespräche im Wienermuseumsquartier zu den heißen Themen des Jahres.

Mittwoch, den 30. August, nimmt die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler-Platt.

Es geht um die drängende Frage, wie wir die Klimawende schaffen.

Umweltministerin Leonore Gewessler im Gespräch mit Barbara Todt und Katharina Krobshofer.

Mittwoch, den 30. August und 19 Uhr auf der Bühne im großen Hof im Museumsquartier in Wien.

Der Eintritt ist frei. Schauen Sie doch vorbei.

12. Mai bis 21. Juni. Programme und Karten auf Festwochen AT.

Gute Unterhaltung beim folgenden Podcast wünschen Ihnen Erste Bank und Wiener Städtische.

Die Hauptsponsoren der Wiener Festwochen.

Sehr herzlich willkommen, meine Damen und Herren im Falter Radio.

Unser Thema in dieser Sendung ist die Antigone im Amazonas,

ein Theaterstück des starischen Sorts Milorau, das in den Wiener Festwochen zu sehen ist.

Milorau verbindet die antike Tragödie des Sophocas von Antigone

mit den basilianischen Kämpfen der Intigenen um Identität und Land in unserer Zeit.

Im Zentrum des Stücks Antigone im Amazonas steht ein Massaker des Jahres 1996,

das die Militärpolizei bei Protestenland loser Bauern angerichtet hat.

19 Personen sind damals an einer blockierten Bundesstraße umgekommen.

Sie hatten mit tausenden anderen Ländereien eines Großgrundbesitzers im Bundesstaat Parabesetzt.

Das Blutbad vom 17. April 1996 in der Siedlung Eldorado dos Carajás

ist zu einem Symbol für Widerstand und Repression in Brasilien geworden.

In Zusammenarbeit mit der brasilianischen landlosen Bewegung MST lässt Milorau das Massaker nachstellen.

Seine Antigone ist die Schauspielerin und indigene Aktivistin Kaisara.

In der 2500 Jahre alten Tragödie des Sophocas widersetzt sich ja Antigone

dem tyrannischen König Kreon und bestattet ihren Bruder Polinaikes,

obwohl Kreon das Begräbnis verboten hat, weil er Polinaikes als Staatsverbrecher und Hochverräter ansieht.

Den Chor des antiken Garderstücks verlegt Milorau zu den Indigenen im Amazonas.

Milorau hat wiederholt die griechische Mythologie mit Extremsituationen in der Gegenwart verbunden.

Die Oresti verlegte er im Stück Orest in Mosul in die gerade von den Jihadisten des IS befreierte Stadt Mosul im Irak.

Antigone im Amazonas ist im Rahmen der Wiener Festwochen ab 25. Mai im Wiener Burgtheater zu sehen.

Die Premiere von Antigone im Amazonas fand in Belgien statt im Nationaltheater Gent.

Ich begrüße Sie herzlich Milorau am Tag nach der Premiere in Gent im Flemischen Nationaltheater,

wenige Tage bevor die ganze Crew nach Wien übersiedelt zu den Festwochen. Guten Tag Milorau.

Guten Tag.

Milorau, es gibt viel Ungerechtigkeit in der Welt, viel Widerstand gegen Ungerechtigkeit.

Warum stellen Sie die Bewegung der landlosenen Brasilien ins Zentrum in Ihrer Antigone im Amazonas?

Einerseits ist das ein Zufall, eine Begegnung, die ich hatte, als ich getourt bin in Brasilien

und die landlosen Bewegung an mich herangetreten ist, eine riesige Bewegung, die auch ihre Erfahrungen in Theater haben.

Und ich habe mich dann sehr gefreut und dann haben wir begonnen nachzudenken, was könnte ein Thema sein?

Und wir stießen auf die Antigone, dass ja ein im Endeffekt fast philosophischen Landkonflikt zeigt.

Zwei Kosmologien treffen aufeinander.

Eine die Land ausbeutet, die die Natur ausbeutet, die quasi Mensch gegen die Dingliche, gegen die Tierwelt und so weiter stellt, Leben gegen Tod.

Und eine andere, vielleicht traditionellere Auffassung, die versucht, das zu vereinen.

Diese Verwertbarkeit der Natur und so weiter, nicht einsehende, kann man sagen.

Das Ganze entzündet sich als eine Person, Polynekes, nicht begraben werden soll, weil er Staatsfeinde ist,

weil er sucht, die Themen zu erhoben.

Das ist das Dekret von Creon und Antigone, die Schwester erhebt sich dagegen

und daran entzündet sich eigentlich die ganze Tragödie.

Und in der Landwurstbewegung gibt es genau so ein Massaker, das im Norden Vasiliens stattgefunden hat,

wo es einen ähnlichen Toten gab, wo eigentlich unser Stück beginnt.

Jetzt im Wiener Burgtheater und auch in Gent wird man hineingezogen in die Konflikte,

um Land zwischen Großgrundbesitzern und Landlosen.

Was bleibt, das ist sehr dominant in ihrem Stück.

Was bleibt da von der griechischen Tragödie oder muss gar nicht so viel bleiben?

Antigone ist ein interessantes Stück, es gibt tatsächlich fünf Konfrontationen.

Also Creon trifft auf alle möglichen Leute, auf Therese, also auf einen Broten,

auf Antigone natürlich, auf seinen Sohn Heim und im Schuss auf seine Frau.

Und diese Konfrontationen, also den entlang, diesen 15, die es bei Sophocles gibt, geht unser Stück.

Die sind eigentlich fast voll erhalten lustigerweise bei uns, manchmal textlich verändert,

manchmal relativ nah am Originaltext, den wir natürlich durch den Kontext verändert haben.

Was sich sehr verändert hat oder sehr viel dominanter geworden ist,

als die normalen Inszenierung ist der Chor, die wichtigste Figur in der griechischen Tragödie.

Die Protagonisten kommen erst später dazu, die treten aus dem Chor heraus

und dann irgendwann im psychologischen Drama verschwindet der Chor.

Und durch den Kontakt mit der Bewegung wurde der Chor wieder wichtig, die Chorgesänge.

Also quasi die Bewegung an sich, das Volk und so weiter.

Im Chor sieht man in Pará, also im brasilianischen Bundesstaat, in dem sie gefilbt haben.

Man sieht ihn auf der Bühne im Film.

Genau.

Und das ist eine Mischung zwischen etwas, was sich auf der Bühne abspielt

und dann, was sich abgespielt hat im Amazonas.

Aber Ihre Schauspielerin der Antigone, Kai Sara, ist nicht auf der Bühne selbst.

Was ist da passiert?

Das gilt eigentlich für sehr viele.

Also wir haben, wie Sie gesagt haben, wir haben Ismenes nicht auf der Bühne,

Riedig ist nicht auf der Bühne, wir haben den ganzen Chor nicht auf der Bühne.

Also wir haben insgesamt vier Schauspieler auf der Bühne.

Kai Sara war sehr dominant natürlich in den Videos,

in den letzten Jahren, seit ihr diese Röftungsräte auch in Wien.

Wir haben dann vor einiger Zeit entschieden, dass sie nicht auf die Europatur kommt.

Das hat ein bisschen was mit dem Stundenplan, fast Ihres Aktivismus zu tun, muss man sagen.

Das hat gemerkt, das ist too much.

Und es ist auch nicht 100% Ihr Gebiet vermutlich.

Also diese theatrale Fassung.

Jetzt seht ihr nicht ein bisschen ab auf der Bühne?

Ich finde nicht, ehrlich gesagt.

Also natürlich gibt mir jeder Mensch, der nicht auf der Bühne ist, ab.

Ich glaube, in der Fassung ist das eines Erachtens nicht der Fall.

Also wie soll ich sagen, es ist ein riesiger Bilderbogen,

es gibt eine große Dominanz auf Video tatsächlich.

Ich finde es ein gutes Gleichgewicht.

Die Person, der Antige noch in der griechischen Tragödie ist eine Einzelkämpferin.

Sie verteidigt das Gesetz Gottes, wie sie es versteht, gegen das Gesetz des Staates.

Wie passt das zu einer landlosen Bewegung, die etwas kollektiver ist?

Nicht unbedingt immer.

Aber das ist gerade auch ein Problem, dass es tatsächlich gibt.

Dass es dann mehr auf der Bühne ansprechen, den es zwischen indigenem Kampf

und dem Kampf der landlosen Bewegung gibt.

Das hat teilweise Konkurrenzcharakter.

Also es ist ja auch logisch, dass eigentlich die Landfrage wie die Indigenen sie sehen.

Also das ist ihr Land und das ist nicht Land, das Besitz besessen werden kann,

wo es Landestitel geben kann, so wie sich die landlosen Bewegung das vorstellt.

Sondern es ist etwas, worin man lebt, als Territorium.

Und das ist nicht eine andere Auffassung, als die der landlosen Bewegung.

Das sind auch fast schon natürliche Feinde, kann man sagen.

Also nicht nur die Großgrundbesitz, sondern auch die Kleingrundbesitz.

Das sind ja Grundefeinde.

Im Gegensatz, eigentlich im Lager der Antigone.

Genau.

Und ich glaube, das ist das Interessante an dem Stück.

Also man sieht, das ismene Antigone, das ist bei uns ja eine Person von der MST,

also eine Schwarzen Aktivistin.

Und die ist auch eine Indigene Aktivistin, wie es da auch Konflikte gibt.

Ich glaube, dass die Stärke einer Bewegung ist, diese Konflikte zu überwinden

in einem gemeinsamen Projekt.

Und das ist das, was man im Grunde in dem Stück auch sieht.

Auf der anderen Seite glaube ich, dass gerade das radikale Nein,

das Antigone ausspricht, eben ihre Position auch so stark macht.

Also Eiltung Renag, der große Philosoph, Indigene Philosoph,

spielt bei uns ja Theresias.

Und er hat meinem schönsten Tag gesagt, ich will nicht Elektroautos,

ich will überhaupt keine Autos.

Also die ganze Zivilisation lehne ich ab, wie sie aktuell funktioniert,

als Zusammenhang.

Und ich glaube, das ist einfach eine interessante Position.

Wie gesagt, Antigone ist im Grunde, es hat sehr emotionale Momente.

Also auch unser Stück ist ein Stück weit sehr emotional,

aus der Weise, die das Schicksal von Creon geht,

einem Luxuweise am nächsten, der alles verliert.

Die Creon wird von einer Frau gespielt?

Genau.

Und manchmal hat man das Gefühl, sie sympathisieren durchaus

mit seinen Argumenten, mit den Argumenten, der Staatsmacht.

Also ein bisschen Rechtsstaat.

Oder wenn man zu sieht, hat man eigentlich Verständnis für den Creon.

Soll das so sein?

Ich klingel mit das Creon auf eine interessante Weise,

sind wir hier in der Dialektik der Aufklärung.

Also wir sehen bei Creon etwas, er sagt eine sehr schöne Sache.

An einer Stelle, also es ist ein Text, den habe ich neu geschrieben,

er sagt, als Antigone auf das Gesetz der Götter anspricht,

sagt er, gut, wir haben einen Gott verloren

und wir haben hunderte Neue gewonnen.

Wer ist denn so perfekt, dass er die Götter anrufen kann?

Wir brauchen menschliche Gesetze, wir sind nicht perfekt.

Deshalb können wir auch nicht in einer der Ja sagen,

sondern müssen einen Weg finden.

Und das sagen ja auch die Priester,

und das sagt Prunzis Pilatus auch zu Jesus.

Du kannst sein, was du willst,

wir können über die Schrift sprechen,

aber behaupte doch nicht, dass du der Sohn Gottes bist.

Weil dann bekommen wir ein Problem.

Die moderne Gesellschaft kann diesen Extremismus nicht in sich auswählen.

Da ist mehr als ein Tyran beinahe.

Für mich ist er der westliche aufgeklärte Mensch.

Und er hat natürlich tyrannische Züge,

also ich denke, das ist auch ein Stück wichtig,

dass man die Gewalttätigkeit der Macht zieht,

weil ich glaube, die Macht auch mentiert,

solange wie eine gewisse Grenze zum Terrorismus nicht überschritten wird.

Das ist auch das Interessante an,

also der Widerstand im Faschismus wurde ja als Terrorismus bezeichnet.

Also die Resistenz, das waren Terroristen

in der Logik der deutschen Besatzung.

Und das Gleiche ist natürlich auch in Brasilien.

Also MST gilt als terroristische Vereinigung,

was absolut absurd ist, weil sie versuchen,

die Verfassung kurz zu suchen.

Ist aber in der Allianz der Linken,

die jetzt den Präsidenten in Lula wieder an die Macht gebracht hat.

Jetzt wahnsinnig dominant, kommt mehrmals vor,

ist das Massaker, dass sie nachstellen vor 25 Jahren länger,

30 Jahren, das stattgefunden hat in der Zeit der Militärdiktatur.

Nachher, das ist das Interessante.

Nach dem...

Nach zwei Jahren nach der Militärdiktatur.

Nach der Militärdiktatur, wo die Militärpolizei

gegen eine Besatzungsaktionbesetzer,

also die die Straße besetzt am Volk an ist

und zwei Dutzend erschossen hat.

Wahnsinnig viele Leute erschossen hat.

Und jetzt die Antigone ist eigentlich in der Mythologie jemals,

die ein göttliches Gesetz umsetzen.

Weil sie geht in den Tod dafür,

dass sie ein göttliches Gesetz umsetzt.

Ist ein bisschen, könnte sagen, eine Fanatikerin.

Die Aktivisten, die dort in den Tod gegangen sind,

wollten das überhaupt nicht, natürlich,

und haben einfach ihre Interessen verteidigt.

Sind das eigentlich Spannungsverhältnisse?

Dass Masaka steht sehr klar im Stück für den Bürgerkrieg,

der Antigone vorausgeht.

Dass Masaka ist die Vorgeschichte.

Also diese Parallele ziehen wir gar nicht.

Also ich glaube, dass der Konflikt,

das ist ja das Interessante bei griechischen Drehhöhen überhaupt,

dass quasi die Realhandlung immer stattfindet bevor.

Also die politische Handlung schwindet statt,

bevor die Protagonisten diese Realhandlung auf die Bühne treten

und im Grunde darüber sprechen.

Und die gleiche Struktur haben wir auch.

Und natürlich glaube ich, dass, wie gesagt,

in der strategischen oder taktischen Logik einer Bewegung,

wie zum Beispiel im MST,

da ist Kompromissfähigkeit extrem wichtig.

Und das ist auch etwas, was bei uns im Stück einerseits quasi bewundet

und aufgenommen wird dieses Nein von Antigonen.

Wir denken allen Interpretationen, die es gab,

auf der anderen Seite auch als Problematik.

Also wie wird das System verändern,

wenn du dich auf überhaupt keine, wie soll ich sagen,

Reformart einlässt?

Das ist, glaube ich, eine Grundproblematik von dieser Fingurantigung,

von dieser Position.

Für Sie selbst, diese Erfahrung da,

einige Wochen oder vielleicht länger,

die Sie mit den Aktivistinnen und Aktivisten der MST verbracht haben,

auch das nachgestellt haben,

was hat das für Sie etwas verändert

in Ihrer Sicht auf den Kampf der Landlosen

oder generell auch auf die Antigone?

Verschiedene Sachen.

Natürlich ist eine Bewegung dieser Größe,

das gibt es in Europa nicht.

Deshalb ist es beeindruckend,

vielleicht auch die Totalität dieser Bewegung.

In Schauspiel am Anfang ist es eine ziemlich andere Art Theater zu produzieren,

mit dem MST, als man hier natürlich produziert,

weil das geht von morgen bis abends,

das umfasst das ganze Leben,

also das Privatleben, das politische Leben, das künstlerische Leben.

Die Bedeutung des Kurs als Kollektivkörper,

den ich finde, den wir in Europa tatsächlich verloren haben

und zwar in einer sehr frühen Moment der Theatergeschichte,

der eher ein rhythmischer Klangkörper aktuell bei uns ist

und der dort wirklich zu einem Kollektivkörper

mit seiner Individualität innerhalb des,

man hört ja jeder einzelne Stimme.

Das war für mich eine künstlerische Erfahrung

und dann war für mich die Erfahrung dieses,

was Sie angesprochen haben, des Renactments,

die so nachstellen auf der gesperrten Straße durch den Urwald,

war für mich irgendwie eine extrem starke kollektive Erfahrung zum Wesen

des Theaters als kratatisches Feld,

dass ich in dieser Stärke,

und deshalb zeigen wir das zweimal,

das Verschied am Perspektiv im Grunde,

zeigen wir das zweimal,

dass gewissermaßen die Wiederholung des Schrecklichen,

die Lösung des Schrecklichen,

dass man da ein Fenster aufstoßen kann zu einer Sinnhaftigkeit.

Wie weit ist der Lateinameriker für uns heute?

Das ist sehr lateinamerikanisch,

vor ein paar Jahrzehnten, es war schick,

aber ein großes Symbol.

Viele haben sich solidarisiert

aus Bewegungen in Lateinamerika,

auch die Freihungstheologie ist aus Lateinamerika gekommen.

Das war ein bisschen,

ist das etwas, das Sie wieder den Blick nach Lateinamerika schärfen wollen,

weil wir natürlich jetzt ganz durch den russischen Angriffkrieg

auf die Ukraine, und das heißt,

dass wenn man ein faschistisches Russland das Nachbarn hat,

von dem Thema einbezogen sind.

Wollen Sie uns ein bisschen auf Lateinamerika wieder orientieren?

Ich würde sagen,

dass der Amazon eine sehr spezielle Region Lateinamerika ist.

Also in gewisser Sicht auch ein bisschen untypisch,

weil es da tatsächlich,

das ist eine Zivilisationsgrenze,

also wenn man an Cuba denkt,

das sind ja extrem moderne Staaten,

man trifft da schon auf eine Vor- oder Nach-Moderne,

die weder Lateinamerika ist noch irgendwas,

das ist dann zivilisatorisch insgesamt.

Und es ist, glaube ich, diese Grenze,

die interessant ist, auf der anderen Seite gibt es natürlich

eine Vermischung von Ernst

und Freude und Freiheit und Kampf,

die ist natürlich,

die vielleicht in sich Lateinamerika ist.

Zum Beispiel die sozialen Kämpfe,

weil in Afrika ganz anders,

oder in Kongo, den ich speziell gut kenne,

ganz anders ausgefrucht,

in einer anderen,

ja, auf eine andere Weise.

Und ich denke schon,

dass es dann, ich meine,

dass es eine brasilianische Form gibt,

quasi das Kollektiv zu denken,

das sehr speziell ist.

Sie machen politisches Theater ganz bewusst

und diese Show,

der Antigone Amazonas wird verbunden,

mit einem Aufruf

der landlosen Bewegung

zum Polkot von großen Agrarkonzernen,

zur Kampagne

für eine andere Art der Landwirtschaft

im globalen Süden.

Diese Verbindung Theater

mit einer konkreten politischen Initiative,

wie wichtig ist Ihnen das?

Wenn man ein Burgtheater,

ein Theaterstück zeigt,

ist es ein bisschen ungewöhnlich,

dass das verbunden wird,

dass der Flugzettel verteilt wird,

dass das verbunden wird mit einer politischen Kampagne.

Ich habe mir immer gedacht,

dass man gewisse Dinge

tatsächlich ausmuss,

ich denke, dass gewisse Dinge funktionieren

aber im Raum einer Kampagne.

Deshalb ist quasi diese Sache,

die auf der Bühne Agit-Probwähre ausgelagert

in eine Kampagne im Grunde,

wo sie wirksam werden kann.

So weiter geht es um die Distribution von Lebensmitteln

in europäischen Supermärkten,

um ein Polkot gegen Lebensmittel,

die greenwashed sind und so weiter.

Das sind objektive Fakten,

die man bekannt machen muss

und umsetzen muss

und das ist nicht wirklich der sinnhafte Ort,

weil da trifft man auf,

wie viele Leute sind im Burgtheaterprogramm,

vielleicht 1.000 und das reicht nicht.

Es müssen viel mehr Leute sein

und das sind andere Kanäle,

mediale Kanäle zum Beispiel,

wichtig, dass die Verknüpfung mit Netzwerken

die Distribution machen.

Für mich ist dann ein Supermarkt wichtiger

als eine Theaterbühne für die Kampagne.

Auf der anderen Seite

kann natürlich auf einer Theaterbühne,

sehr viele Leute haben gesagt,

ich mache Stücke, die sind weniger emotional in Grunde.

Und weil mir diese Temperatur wichtig war

und das war etwas,

das passt natürlich nicht mit einer Kampagne zusammen.

Bei Bert Brecht

ist es ja immer die Vorstellung,

okay, der will einem etwas beibringen

und wenn man da ein Brechtstück gesehen hat,

vielleicht ein bisschen vereinfachtend,

aber dann doch,

dann sollen wir eine Lehre draus ziehen.

Also ihre Lehre ist dann die Kampagne.

Ja, ich glaube, meine Lehre

ist tatsächlich der Versuch,

den ersten Satz, den wir einblenden,

der berühmte Satz,

vieles ist schrecklicher,

aber nicht so schrecklicher,

oder ungeheurer,

oder faszinierender,

oder was auch immer,

als der Mensch,

weil dieses Wort denuss nicht übersetzbar ist.

Ich glaube, die Vielgestaltigkeit des Menschen

und dadurch die zahllosen Möglichkeiten

zusammenzuleben,

das ist für mich eigentlich

und fehlerhaft zusammenzuleben,

ist für mich eigentlich die Grundfrage,

wie dieses Stück stellt.

Warum bringen wir es nicht fertig,

katastrophisch zusammenzuleben

in einer Zivilisation?

Warum führt uns Macht und Besitz

und Weisheiten im Grunde alles?

Also warum gibt es diese dialektigte Aufklärung?

Also es ist interessant,

dass die Griechen am Anfang

unserer Zivilisation,

der westlichen demokratischen Zivilisation,

schon diesen antagonistischen Widerspruch

finden,

und innerhalb der Figur von Créan,

oder innerhalb des Dramas,

die es tragisch zum Ausdruck bringen.

Jetzt muss ich noch fragen,

idealisieren Sie nicht ein bisschen

die landlosen Bewegung,

die MSD,

in brasilianische Freunde sagen,

ja, das ist eine wichtige Bewegung,

aber sie wird ziemlich autoritär geführt

von einem Marxistisch-Linistischen Kern,

der das Ganze zusammenhält.

Sonst könnte das überhaupt nicht überleben.

Und die indigenen Gruppen,

die bei Ihnen eine ganz wichtige Rolle spielen,

sind in der brasilianischen Politik

wahnsinnig am Rand,

weil so wenige nur mehr sind,

ganz wenige,

paar tausend Menschen,

die noch überlebt haben.

Ich glaube,

dass die Realerfahrung in der Zusammenarbeit

mit der MSD

eine sehr extreme Basis Demokratische ist,

aber natürlich auf der anderen Seite

eine sehr linnistische Funktion

so tatsächlich haben,

also für große Organisationen

organisieren sie sich gut.

Ich fand es interessant zu sehen,

wie eigentlich jede Entscheidung

durchgenommen, wie jede Position

zweifach besetzt ist.

Ich habe noch nie eine Bewegung gefunden,

die fast durchgehend von Frauen geführt wird.

Das hat mich einfach erstaunt.

Das gibt es in Europa nicht.

Also, wie sich Identitätspolitik

und neben Marxistische Politik

zueinander finden.

Wie stark sich die verschiedenen Kämpfe,

also die Kämpfe der Kilumbolas,

also der jemaligen versklavten Bevölkerung,

der landlosen, der indigenen Bevölkerung,

wie die zusammenkommen.

Ich glaube,

das ist ein Vorgang,

die sich in den Jahren anhältend

sich in der landlosen Bewegung,

die sich transformiert, auch wiederfindet.

Auf der anderen Seite

ist es eine Bewegung,

die nie an die Macht gestrebt ist,

die nicht bewaffnet ist,

die keine Partei hat,

die sich denke, die haben eine sehr klare

und das Letzte für mich

Interessante ist,

dass es eine Lebensform im Grunde ist.

Es ist eine neue Archikultur.

Es gibt diesen schönen Slogan,

den wir auch zitieren in der Kampagne,

wir kultivieren das Land

und das Land kultiviert uns.

Ich denke da,

einen Übergang zu finden

von einer industriellen Produktionsweise

zu einer Gesamtheitlichen,

dass sie sie versuchen

und zwar nicht eben,

und da kommen wieder zu Größe

und auch zur Organisiertheit dieser Bewegung

und zwar nicht irgendwie Hippie-Kommunen

sondern sie sind der größte Reisprozent

Lateinamerika.

Das ist dann eben auch die andere Tatsache.

Ich glaube,

und da haben sie natürlich recht,

dass sie immer im Gleichgewicht zu halten

4-3.000 und manchen Schläges zu Chaos aus,

auf der anderen Seite.

Inwiefern sind das Fronten

und das Diskussionen,

die noch zu unserer Zeit passen?

Wir haben doch zur Zeit eher einen Bruch

zwischen der Sicht auf die Trinkigkeit,

etwas gegen den russischen Angriff zu tun,

damit der Krieg nicht weiter eskaliert

und in Europa,

ganz im Vordergrund steht,

auf der anderen Seite

viele ehemalige linke oder linke Politiker

im globalen Süden,

die sagen, ja,

das soll zu den Russen nicht so hässlich sein,

wie die haben uns unterstützt.

Zum Beispiel in Südafrika,

die südafrikanische Führung erinnert sich,

Nelson Mandela ist unterstützt worden von der Sowjetunion

und sagt man,

man ist neutral Lula auch in Brasilien.

Also die linke,

jetzt eine politische Frage,

die linke im globalen Süden

lässt die nicht aus,

in der Situation,

wo es die Drohung eines revanchistischen

Schwermittlaufdomwaffen bei Waffenheiten

autoritären Russlands gibt?

Ich hatte zwar nicht eine Diskussion zu Russland,

also ich persönlich fand problematische Beziehungen,

die Lula jetzt zu China aufbaut

oder auch schon hatte,

die ich tatsächlich problematisch empfinde,

weil ich sehe keinen großen Unterschied

zwischen westlichen Konzernen

und da hatte ich auch Diskussion darüber,

beispielsweise beim Abfassen der Kampagne,

wo ich gesagt habe, der 13. Mai,

das war auch die Besetzung des Tianmen-Platzes,

also das ist auch der Beginn quasi der...

Demokratiebewegung gegen China.

Demokratiebewegung, das wird auch genannt,

wenn wir über den 13. Mai sprechen,

nicht nur die Abschaffung der Sklaverei

und der Beginn des Pariser Maison,

auch das.

Und dann haben wir darüber geredet

und da mussten sie das natürlich auch

ein Stück weit akzeptieren,

weil ich gesagt habe,

das ist die politischen Gründe

und ich verstehe natürlich auch

die gesamte ideologische Gedanken,

man kann die Realpolitik und was wirklich gemacht wird,

nicht ausblenden.

Und ich glaube, das sind immer Diskussionen,

die schwierig sind zu führen,

wie gesagt Russland kam,

hat einfach keine Rolle gespielt,

als wirtschaftlicher Partner

ist Russland für Westeuropa wahnsinnig wichtig,

aber für Lateinamerika

komplett betreutungslos.

Politisches Theater, das ist...

Wie würden Sie das

der Aufgabe und den Stellenwert

vom politischem Theater heute aus Ihrer Sicht

wie Sie es machen wollen,

bis vielleicht dann auch eine Relevanz

wird für die Art und Weise,

wie Sie in Wien als Chef der Wiener Festwochen

an Themen heran gehen?

Was ist für Sie der Kern

dessen, was politisches Theater bringen soll?

Ja, man kann eigentlich sagen,

Kontext ist alles.

Also, man kann Antigone nicht überall landen.

Man kann die Wiener Festwochen

nicht in Ulmen oder in London machen.

Also, es ist, glaube ich, ganz wichtig,

dass man versteht, wo man ist.

Und es gibt tatsächlich

Universalfragen,

aber für mich brauchen Sie immer eine Verwurzlung.

Das ist für mich die Realisierung,

für mich ist auch die Politisierung.

Ich kann mich erinnern, als ich den Jesus-Film

herausgebracht habe am Festival in Fenedig.

Und dann kamen Theologianterreck gesagt,

das ist genau das, was die Bibel meint,

weil was der Film macht,

ist, dass wir an einem ganz spezifischen Orten,

ganz spezifischen Jesus und ganz spezifischen Aposteln,

das war in Süditalien...

Ja, Jesus ist ein Flüchtling,

der in den Südaktist

und Flüchtling den süditalienischen

Landwirtschaftsgütern

sich abarbeitet.

Genau.

So ist es.

Und was wir da auch gemacht haben,

ist zu realisieren, was in der Bibel steht,

zu gucken, passt dieser Text, passen diese Figuren,

wo passen sie hin,

wo ist dieses Freiheitssitz,

wo gibt es im Grunde

keine...

keine menschliche Wörter, die Jesus folgt.

Wo ist diese Revolution

heute sinnhaft?

Und das ist...

Die Wahrheit denke ich an jeden Mythos,

er muss sich irgendwo realisieren

und durch die Realisierung wird er politisiert.

Das gibt ein schönes Buch von der Landlose

und wegen uns, ich habe das späteste entdeckt,

die ich in meinem Film gemacht habe.

Das heißt, die sind ja berühmt für die Besetzung.

Die besetzen Land und haben dadurch schon

das von Crossground-Besitzern nicht bearbeitet.

Ja, oder?

Grünell.

Und dieses Buch heißt,

das ist ein Lehrbuch in ihren Schulen,

das heißt, die Bibel besetzen.

Also die Wideraneigung der Bibel.

Und ich glaube, das ist die Politisierung,

das geschieht automatisch.

Man könnte irgendeinem erwähnen,

der einen Mythos bearbeitet hat,

die Antigone auch bearbeitet

und hat sie für sich angeeignet.

Es würde für mich aber keinen Sinn machen,

wie soll es ein Stück gegen den Faschismus sein,

dass heute von historischem Interesse ist,

aber eigentlich nicht mehr politisch.

Sie kommen nach Wien,

als Chef der Wiener Fest,

doch in eine wahnsinnig angespannte

gesellschaftspolitische Situation.

Die große Diskussion ist,

kann man verhindern,

dass die rechtsextreme FPÖ

wieder an die Macht kommt.

Wie groß ist die Gefahr,

dass eine Art Orbanland Nummer 2 wird?

Wie beeinflusst das einen Theatermacher

so eine Atmosphäre,

so eine politische Stimmung?

Ich muss sagen, ich muss da erst landen,

ich komme tatsächlich gerade erst aus Brasilien wieder

und natürlich weiß ich darüber Bescheid

aus Medien und Gesprächen mit Freunden

und natürlich den immer häufigeren Besuchen in Wien,

die ab jetzt seit die Inszenierung hier abgeschlossen ist,

eigentlich fast durchgehen werden.

Ich ziehe jetzt quasi nach Wien.

Ab wann?

Ab Juli ist mein Vertrag

und dann noch ein bisschen Festival-Sormen

und so, aber dann ein paar Guss bin ich eigentlich vor Ort

und dann werde ich wirklich diese Temperatur prüfen

und gucken, was die interessanten Debatten,

was die interessanten Antonismen sind.

Also ich denke, das ist eine Gesellschaft,

in der sich, das sieht man auch in Brasilien,

in der sich der Diskurs verschärft

und die Investitionierung

verschiedener Gruppen verschärft

eigentlich für die Kunst

natürlich, logischerweise,

ein interessanteres als eine reine Konsensgesellschaft,

die beispielsweise die Schweizerische eine ist.

Das ist eine sehr, sehr konsensorientierte Gesellschaft,

die im Grunde versucht,

jede Aussage durchzuwinkeln

und in einen realpolitischen Vorgang zu verwandeln.

Und da ist vielleicht Wien,

als was ich diese toxische Situation vorbereitet,

die man eben als Umgang kennt,

die man natürlich aus Brasilien und USA kennt,

dass jetzt auch Österreich in dieses schwarze Loch fällt,

ist natürlich bedauerlich.

Es ist auf der anderen Seite aber auch einfach schlichtweg

künstlich und politisch interessant.

Der Kampf ist noch nicht zu Ende.

Am Rand, die würde sagen,

Österreich steht vielleicht am Rand des Loches

und ist noch nicht ganz hineingefallen.

Aber da ist Flandern in Belgien ein ähnlicher Ort.

In Flandern, die rechtsextreme Blamspelank

ist in den Umfragen Nummer eins.

Nummer zwei, die Regierungspartei

ist eine so nationalistisch-konservative Partei.

Ging irgendwie ganz ähnlich wie in Österreich.

Wie kommen Sie mit Ihrem politischen Theater in Flandern durch?

Bei einer vergleichbaren Stimmung würde ich jetzt mal sagen,

wie Sie es vielleicht in Österreich finden werden.

Wie gesagt, ich finde es auf der einen Seite interessant.

Zwischen mir und meinen Aufsichtsratsvorsitzenden,

die teilweise aus diesen Parteien kommen,

weil das ist sehr gemischt, das ist quasi paritätisch,

zwischen der Stärke der nationalen Parteien gemischt,

habe ich oft interessante Diskussionen

und oft auch sinnlose Diskussionen.

Oft muss ich natürlich die Versuche,

die Subventionen zu kürzen,

wenn ich in Ihren Augen ein politisch zu weit

mich aus dem Fenster gewagt habe,

diese Kürzungen zu verhindern.

Man fährt teilweise in schweren Wasser,

es ist aber nie uninteressant.

Ich glaube wirklich, wie soll ich es sagen,

ich verteidige im Grunde eine,

ich verteidige im Grunde eine,

ich glaube, dass die Kultur sich in solchen Momenten verteidigen muss,

gegen die Versuchdurchkürzung,

wie soll ich es sagen, diese Debatten abzukürzen,

was dann eben aufgemacht wird.

Die Kulturschaffende engagieren sich ja stark,

auch in der gesellschaftspolitischen Diskussion,

in Österreich unzählige Schriftstellen,

auch dauernd Kulturschaffende haben sich dagegen ausgesprochen,

dass die Freiheitlichen in die Landesregierung,

in Niederösterreich kommen, in Salzburg,

das ist von vielen das Schock aufgefasst worden.

Man erinnert sich ein bisschen an die Zeit des Inburg Theater,

war Piemann Chef und da ist das Theater,

eigentlich hat man teilweise die Vorstellung gehabt,

da spielt der geht's, alles spielt,

das ist kondensiert im Theater, also die Auseinandersetzung,

das gibt, wohin sich das Land bewegt,

wohin sich die Regierung bewegt.

Das ist jetzt alles kondensiert in der Frage um Piemann

und wie Thomas Bernhard, was Thomas Bernhard im Burg Theater sagt,

ist das so eine Kondensierung im Theater für sie etwas,

was man zum Beispiel bei Wiener Festmachung machen könnte?

Auf jeden Fall.

Das haben Sie schön zusammengefasst,

weil es ist oft so, ich habe nie ganz herausgefunden,

warum das Ding, wenn Sie auf der Bühne sind

oder auf eine Bühnendebatte kondensiert werden,

im Grunde ernster genommen werden,

als wenn Sie einfach in den Medien sind.

Das wäre auf der Bühne etwas noch mal anders wichtig,

als es das in den sozialen Netzwerken oder Medien ist.

Es ist mir oft aufgefallen, dass das so ist.

Und ich denke, das ist eine Aufgabe des Theater

und deshalb gibt es das Theater vermutlich noch,

weil es ist ja storytellingmäßig das Fernsehen

oder Netflix und so weiter natürlich besser.

Distributionsmäßig ist das Theater eh ein Witz,

weil immer noch ein paar hundred Leute reinpassen.

Also muss es ja ein anderes gesellschaftliches Bedürfnis sein.

Ich glaube, dass es gerade dieses Akurabedürfnis,

das Sie hier besprochen haben, dass man irgendwo hingeht,

wirklich da ist und sich streitet.

Und ich glaube, das ins Zentrum zu stellen,

gerade bei einem Festival ist extrem wichtig,

diesen Streitraum zu haben.

Ich glaube, das ist wirklich Sinn und Zweck,

dass es dieses Live-Format gibt

und nicht viel mehr einfach jeder zu Hause sitzt

und sich das anguckt und dann ausstellt,

wenn er schlafen gehen will.

Beim Paimon hat man ja damals das Gefühl,

wir waren eher genießt,

aber ich glaube, er hat das auch irgendwann gesagt.

Also wenn er Theater macht,

irgendwo in Deutschland interessiert kein Menschen.

Wenn er etwas in Burg Theater macht

und am nächsten Tag die halbe Republik ist in Aufruhr

und es gibt sicher irgendjemand, der sagt,

er muss jetzt sofort zurücktreten

und die Bundesregierung muss sich damit beschäftigen.

Der hat das irgendwie genossen,

aber man muss es auch aushalten.

Stellen Sie sich ein bisschen nach so einer Situation ein,

dass Sie die Brandmauer von auseinandersetzungen werden können?

Ja, ich fühle mich da ein bisschen

Paimon verwandt,

weil ich habe das auch immer genossen.

Also ich habe immer nicht genossen,

wenn das Ganze auf missverständlich

oder absichtlichen Missverständnissen beruht,

also auf Behauptungen oder ausgekoppelten Dingen,

die einfach quasi unwahr sind.

Also wir hatten das jetzt gerade in Brasilien wieder,

wo behauptet wurde, wir hätten das gefegt,

um zu behaupten, dass die Polizei ein neues Massaker gemacht hätte

und das wurde millionenmal geklegt

und ging bis ins Parlament.

Es waren riesen Durcheinander.

Das ist bedauerlich, aber wenn es wirklich um die Sache geht,

es geht eben oft um die Sache.

Oft sind die Leute aus den richtigen Gründen beleidigt

und wehren sich, dann ist das interessant.

Und das ist nochmal für mich der Kern der ganzen Veranstaltung,

weil ich kann Antigone auch zu Hause lesen.

Ich muss das nicht inszenieren.

Ich kann zu Hause bleiben, ich bin gern zu Hause.

Aber wenn ich es mache, dann will ich schon,

dass es irgendwie wahrgenommen wird.

Ja, und ich glaube, das ist etwas, was aus Angst vor Skandalen

oder auch aus, was soll ich sagen,

vielleicht das Unfähigkeit, sich zu streiten,

irgendwie zu wenig gemacht werden.

Da ist Wien tatsächlich, es ist mir natürlich auch schneller aufgefallen

schon in den vergangenen Jahren,

eine Situation, wo die Leute sich gerne aufregen

und sich gerne einmischen.

Und wenn man den Konten auf den Schlingen sief nimmt,

hätte man das in Zürich gemacht,

diese berühmte ausländliche Ausaktion.

Und die Leute hätten gesagt,

mach du mal deinen Konten und wir gehen einkaufen.

Also das ist anders.

Ihr Vorgänger, das lagt mal weiter,

der vor Ihnen die Festwochen geführt hat, noch führt,

sagt am schwierigsten ist für ihn diese aggressive Rolle der Presse.

Er nennt das in einem Interview

passiv aggressive Berichterstattung.

Sie haben ja schon auch Erfahrung,

wie der Erfahrung mit Wien ist,

dass die Öffentlichkeit in Wien anders giftiger

oder polarisierender ist,

als das in anderen Städten im deutschen Sprachraum der Fall ist.

Ich glaube, das ist etwas, das zieht auch die österreichische Literatur,

den österreichischen Film natürlich auch die Theaterkritik,

also unter Form der Literatur, sag ich mal,

diese Aggressivität, diese Rhetorik der Giftigkeit,

Spaß am kritisieren und so weiter.

Und ich glaube, wenn man das persönlich nimmt

oder wenn man das alles faktisch nimmt,

weil das einfach eine Tradition, eine ethnologische Eigenart ist.

Also dann muss man das, glaube ich, so nehmen.

Also keine Ahnung, wenn man Karl Kraus liest,

wenn man Jelle Neck liest, würde ich das alles denken.

Die ist jetzt wirklich zornig auf irgendetwas

und das ist nicht auch ein Sprachspiel.

Wie würde ich denn damit umgehen?

Also ich glaube, da muss man einen Schritt zurücktreten.

Das geht natürlich nicht immer.

Und ich glaube, dass jeder am besten weiß,

wie man festwochen oder das Burg Theater leiten muss,

dass das, glaube ich, auch so.

Um vom Theater in die Gesellschaft hineinzuwirken,

Diskussionen anzutreiben, zu intensivieren,

muss man natürlich auch Leute erreichen,

die nicht sowieso automatisch ein Habermann haben,

die nicht regelmäßig ins Theater gehen.

Aufgrund von ihrer Erfahrung hier in Ghent,

gibt es irgendetwas, wo sie sagen,

da würde ich in Wien draufsetzen bei den Wiener Festwochen,

um leerlinge, migrantische, Jugendliche,

Kids ins Theater zu bringen,

in diese Auseinandersetzungen hineinzuziehen,

die nicht nur nie von der Antigone gehört haben.

Was ich festgestellt habe, also jetzt gestern auch,

natürlich bei der Antigone

und jetzt natürlich in der nächsten Vorstellung,

dass wenn du Vertreter einer Gruppe auf der Bühne hast,

dann wird diese Gruppe gekommen.

Es ist ganz einfach.

Also wenn wir Stücke haben, wo es um,

keine Ahnung, schwarzen Aktivismus geht

und wir haben 20 schwarze Aktivistinnen auf der Bühne,

wir hatten so einen Stück produziert,

dann ist das auch eine Freude mit Leuten,

die diese Leute auch kennen, die dieses Thema interessiert.

Und wenn man natürlich die Antigone mit 6

Starschauspielern bringt,

dann kommt halt das Kleinbürgertum,

das das gelesen hat in der Schule,

und jetzt die Antigone mit guten Schauspielern auf der Bühne sehen will.

Und es hat alles seine Berechtigung.

Und ich glaube, da ist halt die Mischung

relativ wichtig und vielleicht auch eine gewisse Demut,

dass man nicht alles auf einmal schaffen kann.

Und das andere, ich glaube, es gibt einfach

Debatten und Themen, die jeden interessieren.

Also man kann sich ja selber fragen,

warum gucke ich hier diesen Film auf Netflix und nicht den?

Warum schlage ich hier diese Seite in der Zeitung auf,

wenn ich auf dem Koffer sehe, was da drin steht,

und nicht die andere?

Und das sind glaube ich Trigger, die relativ wichtig sind,

gerade im Theater, dass man Erfolg kriegen muss.

Sie wissen auch, was sie sich einlassen

im Winterhexenkessel, oder?

Ja, ich glaube, das wird sich dann

mit der Temperatur langsam steigern.

Ich hoffe, dass ich es merke nicht,

wie dieser Frosch aus dem Comic, der nicht merkt,

wie die Temperatur langsam steigt.

Vielen Dank, das war es aus dem Nationaltheater

in Gent mit Milorau.

Danke fürs Mitmachen.

Vielen Dank für die schönen Fragen.

Das war es aus dem Nationaltheater in Gent

mit Milorau.

Vielen Dank.

Ich verabschiede mich von allen, die uns auf UKW hören.

In Wien sehen Sie Miloraus

Stück Antigone im Amazonas

im Burgtheater

am 25. Mai, am 26. und am 27. Mai.

Spannende Kulturberichte

gibt es jede Woche im Falter.

Ein Abonnement des Falters ist daher

eine ganz gute Idee.

Alle Informationen gibt es im Internet

unter der Adresse

aber.falter.at

Ursula Winterauer hat die Signation gestaltet.

Um die Audio-Technik

im Falter kümmert sich Philipp Dietrich.

Ich verabschiede mich.

Bis zur nächsten Sendung.

Copyright WDR 2021

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Starregisseur Milo Rau verbindet die antike Tragödie des Sophokles mit den brasilianischen Kämpfen der Indigenen um Identität und Land. Erhellendes von Milo Rau, der 2024 die Wiener Festwochen übernimmt, im Gespräch mit Raimund Löw.

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