11KM: der tagesschau-Podcast: Ahrtal - Schicksal oder Verantwortung

tagesschau tagesschau 4/21/23 - Episode Page - 29m - PDF Transcript

July 2021. Erst gibt es heftigen Regen. Dann verwandeln sich Flüsse in reißende Ströme.

Ein Jahrhundert Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.

Eine der heftigsten Unwetterkatastrophen seit Jahren hat im Westen Deutschlands

Landstriche verwüstet und Häuser weggespült.

Die Flut im Ahrtal trifft die meisten Menschen unvorbereitet. Es geht alles ganz schnell.

Mehrere Menschen kamen nach Polizeiangaben ums Leben. Viele werden noch vermisst.

Weit über hundert Menschen sterben durch die Katastrophe. Würden einige von ihnen noch leben,

wenn man sie besser gewarnt hätte?

Die Aufarbeitung der Fehler und des politischen Versagens rund um die Flutkatastrophe im Ahrtal

läuft jetzt seit über anderthalb Jahren in einem Untersuchungsausschuss.

Konstantin Blacking vom SWR war dabei.

Hallo, Konstantin. Herzlich willkommen.

Hallo, Victoria.

Viel ist passiert in der Zeit. Chats wurden enthüllt, brisante Videos veröffentlicht.

Minister sind zurückgetreten. Aber ist damit wirklich geklärt, wer die Verantwortung trägt?

Ihr hört 11km der Tagesschau-Podcast. Ein Thema in aller Tiefe.

Abonniert uns gerne in der ARD-Audiothek oder wo ihr Podcast hört.

Mein Name ist Victoria Michalsack und heute ist Freitag, der 21. April.

Man sieht eigentlich nur eine Hecke, so ein Fliegenditter, dadurch ist es gefilmt.

Und man sieht Blaulicht durch diese Hecke durch, so ein ganz kleines bisschen in der Ecke hinten.

Aber wichtig ist vor allem, was man hört.

Man hört nämlich eine Durchsage der Feuerwehr in Bad Neuen Aarweiler am Abend der Flut.

Das ist der 14.07.2021, etwa gegen 20 Uhr, ist das aufgenommen.

Und die Feuerwehr sagt da drauf, dass Menschen nicht in Tiefgaragen gehen sollen,

dass sie nicht in Keller gehen sollen, dass es da gefährlich ist.

Und das ist eben eine Durchsage, die da am Flutabend passiert.

Der hat dieses Video gemacht?

Also gemacht wurde das von Johanna Ort, das ist eine junge Frau,

die macht gerade ihre Ausbildung fertig zu dem Zeitpunkt, zur Konditormeisterin.

Und die filmt das eben durch ihr Fenster durch, wie da die Feuerwehr langfährt

und was sie da so durchsagt.

Sie nimmt dieses Video auf, sie schickt es noch ihren Eltern

und dann geht sie irgendwann ins Bett, weil sie am nächsten Tag wieder früh aufstehen muss

und sie wird dann im Schlaf überrascht vom Wasser, was in ihrer Wohnung

noch weiter und weiter und weiter steigt, bis fast unter die Decke.

Und dann stirbt sie in den Fluten, sie wird eine von den 134 Todesopfern

aus dem Ahrtal, die in der Flut gestorben ist.

Also die Feuerwehr hat gesagt, gehen sie aus den Kellern raus

und dann eigentlich hätte wahrscheinlich noch gesagt werden müssen,

gehen sie aus dem Erdgeschoss raus. Also die Frage ist, wurde da genug gewarnt?

Und damit hast du dich ja hier zu lange beschäftigt,

nämlich mit einem Untersuchungsausschuss, den es zu dem Thema gibt.

Ganz genau.

Also beim Untersuchungsausschuss geht es vor allem um die politische Aufarbeitung

dieser Flutkatastrophe, was da schief gelaufen ist.

Da geht es auch um Verantwortung, da geht es auch um Zuständigkeiten,

aber es geht natürlich auch um Warnungen, wann, wer wie gewarnt wurde.

Also hätte die Feuerwehr da irgendwie mehr warnen sollen oder können?

Was sagt denn die Feuerwehr dazu?

Der Feuerwehrchef in Wartneuen A. Markus Mann hat mit mir darüber gesprochen

und der hat gesagt, wenn man es heute anschauen würde, dann weiß man es besser.

Ich bin in den Morgen dann mit dem Ordnungsamtsleiter ins Gespräch gegangen.

Dort haben wir dann die kommunalen Vollzugsbeamten und die Hilfspolizisten

schon morgens um 10 Uhr losgeschickt, um die Bevölkerung an den Ahr nahen

Straßen zu informieren und vorzubereiten.

Das war noch nicht eine Warnung, weil die Pegelprognosen waren noch sehr, sehr niedrig.

Zu dem Zeitpunkt haben wir sozusagen alles versucht, was sie konnten

und alle Leute auf der Straße gehabt und alles versucht zu warnen,

die es ging unter der Voraussetzung, was sie gewusst haben

und wie sie Sachen eingeschätzt haben.

Ich spreche mit diesem Fahrzeugführer und weise ihn noch an,

dass er jetzt noch mal die Gegend abfährt, dieses Viertel, die Straße an der Ahr,

vor allen Dingen, und dann auch noch mal die Parallelstraße

und dann noch mal wirklich zu sagen, dass jetzt die Ahr übertreten wird

in diesem Bereich und dass sich da keiner mehr in Köln etc. aufhält.

Und auch dann in höhere Stockwerke gehen so?

Genau.

Dass auch noch mehr Durchsage ist, die dann auch noch passiert?

Ja, genau.

Aber es ist so, dass da auch offensichtlich Kommunikationsschwierigkeiten da sind.

Es gab bereits zuvor eine Warnung über die App CUT waren,

sich in Erdgeschosswohnungen aufzuhalten.

In dem Fall sozusagen ein kleiner Kommunikationsunterschied,

das eben schon den Informationsvorsprung über die App draußen war,

aber die Durchsage noch was anderes gesagt hat,

woran man allerdings sieht, dass bereits zu dem Zeitpunkt

eine Art Überforderung schon eigentlich fast da war,

also weil da eben schon so viel zu tun war,

schon so viele Feuerwehr koordiniert werden musste,

dass bestimmte Dinge halt dann irgendwann langsamer werden.

Also dann kommen irgendwelche Informationen dann nicht an und rüber.

Und so ist es halt dann passiert, dass zum Beispiel eben

um 20 Uhr noch eine Art veraltete Meldung dann durchgesagt worden ist.

Aber in diesem Fall können wir halt einfach an den Zeiten festmachen,

welche Informationen da waren und welche Informationen woanders waren

und was durchgesagt worden ist, was natürlich vielleicht zu einem Problem geführt hat.

Wo an diesem Abend wurde denn entschieden,

wie gewarnt wird oder wie verlief diese Meldekette?

Bei einer richtig krassen Katastrophe, so wie natürlich diese Flut im Ahrteil war,

ist die Kreisverwaltung oder ist der Kreis zuständig für den Katastrophenschutz.

Und das bedeutet, dass in diesem Fall der Kreis sich da drum gekümmert hat.

Also da gab es eine technische Einsatzleitung,

die den Einsatz in den verschiedenen Orten organisiert hat an dem Abend

und natürlich auch dafür zuständig war, die Menschen zu warnen.

Und diese technische Einsatzleitung, was ist das eigentlich genau,

wer ist das, wie arbeiten die?

Also in Bad Neune Ahrweiler ist das zu dem Zeitpunkt ein ziemlich kleiner Raum,

wo ganz viele Menschen drinsitzen, die von der Feuerwehr sind, vom THW,

vom Roten Kreuz, auch von der Bundeswehr und der Polizei, sind da Leute da.

Und dort wird koordiniert, wohin die Autos fahren, zum Beispiel von der Feuerwehr,

um konkret während der Katastrophe zu helfen.

Also wie so eine Einsatzzentrale.

Ganz genau.

Und der Untersuchungsausschuss, der hat sich auch einmal angeschaut,

wie eben diese technische Einsatzleitung an dem Abend aussah,

weil natürlich dort relativ viele Sachen offenbar schief gelaufen sind,

vielleicht auch aus Überforderung.

Und ich bin da auch dabei gewesen und durfte mir das auch mit anschauen.

Ein ganz kleiner Raum, in dem die Leute da, in dem viele Leute sitzen

und die da auf engstem Raum zusammenarbeiten müssen.

Das sind dann in der Mitte so u-förmig so ein Tisch aufgebaut,

wo alle drum herum sitzen, mit Laptops, mit Telefon.

Es gibt noch einen weiteren kleinen Raum, wo Funker sitzen,

zum Beispiel, die das dann die Informationen darüber reinkriegen.

Die technische Einsatzleitung in Ahrweiler war sehr beengt und sehr klein

und nicht der beste Raum, um gute konzentrierte Arbeit machen zu können, sage ich mal.

Wenn wir uns jetzt mal die Verantwortlichkeiten anschauen

im politischen Sinne, dort im Landkreis,

wer hat denn da die Verantwortung gehabt an dem Abend?

Im Landkreis hat die Verantwortung gehabt, ein Jürgen Föhler,

das ist der Landrat der ehemalige dort,

der ist deswegen der oberste Chef der Kreisverwaltung.

Was hat er gemacht, der Landrat Föhler?

Also, ich würde uns mal sagen, der hat an dem Abend nicht besonders viel gemacht.

Wir wissen aus verschiedenen Sachen,

z.B. aus der Auswirkung seines Handys oder durch die Befragung von Zeugen,

die im Untersuchungsausschuss auch waren,

dass er sporadisch informiert darüber war, was an dem Abend tatsächlich passiert ist.

Kurz vor 2, also 13 Uhr, 50 ungefähr rum,

gibt er einen Cut-Warn textfrei, also eine Meldung, die dann rausgeschickt wird,

wo so generell vor Hochwasser gewarnt wird.

Das ist eine halbe Stunde später, wird das auch verschickt für den gesamten Kreis.

Und da geht es aber halt im Prinzip generell,

Achtung, es wird irgendwann Hochwasser kommen und passt mal auf.

Später kommt raus, dass er auch noch wusste,

dass es tatsächlich über 5 Meter Pegel werden wollen.

Wir müssen uns daran erinnern, dass es deutlich weniger war

beim Jahrhundert Hochwasser 2016.

Da waren es etwa 3,70 Meter ungefähr herum,

was die Pegelhöhe in Altner war.

Und jetzt war schon über 5 Meter angesagt, das hat er auch gewusst.

Dann wissen wir eben, dass da gegen 19.30 Uhr es diesen Besuch

in der technischen Einsatzleitung gibt.

Da gibt es nämlich ein Foto und eine Pressemitteilung dazu,

die dann verschickt worden ist.

Und dann wissen wir erst mal wenig, dann gibt es private Sachen erstmal.

Und dann wissen wir wieder, dass er gegen 22 Uhr, 15, 32.30 Uhr

eher noch direkte Nachbarn in der Umgebung seines Hauses warnt,

indem er denen sagt, ich weiß das und das, geht mal weg.

Also seine direkten Nachbarn, die neben ihm wohnen,

denen sagt er sowas dann.

Und dann wird, von wem weiß man es nicht ganz genau,

aber es wird sein Porsche weggefahren von seinem Haus,

das in der Nähe der A liegt, fast direkt an der A liegt,

zu einem anderen Ort in der Stadt.

Und damit wird sozusagen der Porsche gerettet.

Es wurde allerdings gesagt, dass Autos weggefahren werden sollen.

Das ist schon in den verschiedenen Meldungen.

Aber trotzdem ist das natürlich ein Symbol,

dass das ihm wichtiger war, als irgendwie zu helfen.

Ja, also er hat sich als Privatmann verhalten eigentlich.

Und nicht wie eine Privatperson, nicht so als Landrat.

Ganz genau.

Er hat sich als Privatperson mehr verhalten als Landrat,

weil ihm offensichtlich nicht klar gewesen ist,

dass er jetzt in der Verantwortung ist.

Und dass er da, ich sage mal, der Kapitän an Deck sein muss.

Dass er auch gesetzlich nicht privat man ist.

Also diese Dienstvorschrift 100 ist da ziemlich eindeutig,

dass wenn es ein riesen Katastrophenfall ist,

dann ist eine politisch verantwortliche Komponente nötig.

Und das heißt, es braucht den Landrat.

Es gibt keinen anderen in diesem Fall, der das sein kann.

Also das heißt, wenn er diesen Verantwortlichkeiten

nicht richtig nachgekommen wird,

was wären das für Konsequenzen, die er dann zu fürchten hätte?

Also es gibt einen Brand- und Katastrophenschutzinspektor,

den hat er sozusagen delegiert, sagt er.

Aber ob er das hätte dürfen, ist die große Frage.

Und es gibt auch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn,

also gegen den Landrat, ob er nicht vielleicht

durch unterlassenen Menschenleben auf dem Gewissen hat.

Das untersucht gerade die Staatsanwaltschaft Koblenz.

Und das Ermittlungsverfahren ist auch noch nicht abgeschlossen.

Und dieser Landrat, der Herr Pföhler,

der ist ja auch vor diesen Untersuchungsausschuss getreten,

den du beobachtet hast.

Wie war das denn, als er da war?

Man muss sich das so vorstellen, der Untersuchungsausschuss,

der findet statt im Parlamentsgebäude im Mainz,

im Plenarsaal tatsächlich.

Und da sitzen dann die verschiedenen Abgeordneten,

die verschiedenen Ob-Leute so im Kreis drum rum.

Vorne sitzt der Vorsitzende und der stellt erst mal Fragen.

Und dann gegenüber von dem sitzen die Zeugen

oder die Sachverständigen, die da befragt werden.

Und Jürgen Pfüller war da als Zeuge geladen,

um dann zu erzählen, wie denn es bei ihm so war.

Der Untersuchungsausschuss hat das Recht, ihn vorzuladen.

Und deswegen muss er auch kommen.

Das heißt, der musste nach Mainz fahren mit seinem Anwalt.

Dadurch so ein Spalier von Journalisten und Kameras durchlaufen,

sich dann da hinsetzen, sich belehren lassen,

um dann zu sagen, ich werde nichts sagen,

und ich muss ja auch nichts sagen.

Er hat natürlich durch das Ermittlungsverfahren gegen ihn

ein Zeugnisverweigerungsrecht,

ihm Untersuchungsausschuss auch ausgeübt hat.

Und dann ist er wieder gegangen,

wieder durch das Spalier von Kameras,

unter anderem auch mit meinem Mikrofon nebenan.

Ich habe versucht, ihn zu fragen, ob er es bereut

oder ob er sich entschuldigen möchte.

Eines von diesen Sachen, ich erinnere mich nicht mehr ganz genau,

aber natürlich keine Antwort zu seinen Anwalt hat dann gesagt,

es gibt keine Aussage dazu.

Und deswegen ist er dann wieder gegangen.

Das war es in dem Untersuchungsausschuss von ihm zu sehen.

Da gab es dann viele Bilder von.

Aber interessant ist natürlich, was davor und danach auch war,

wo ihm die Untersuchung seines Handys vorgestellt worden ist

und Zeugen befragt worden sind, die ihm an dem Abend gesehen haben.

Jetzt ist die Frage ja auch so ein bisschen,

er hat ja eigentlich eine Zuständigkeit.

Was hat er denn dann so gesagt eigentlich,

wie er sich verhalten hat, wie hat er das begründet?

Also die Begründung, die kommt relativ am Anfang noch bevor,

eben das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingelattet worden ist.

Da sagt er, er sei nicht zuständig gewesen,

weil er ja nicht die technische Einsatzleitung war.

Und er fragt noch einen Reporter von uns,

einen Fernsehkollege nach.

Ja, aber sie sind ja schon der politische Gesamtverantwortliche.

Sie sind schon verantwortlich als Landrat.

Er sagt ja, nein, ich bin ja nicht die technische Einsatzleitung gewesen.

Und das ist sozusagen das letzte Mal,

an dem er sich zu diesem Punkt geäußert hat.

Aber er wurde dann aus gesundheitlichen Gründen

eben in den Ruhestand versetzt

und danach gab es eine Neuwahl.

Und jetzt gibt es eine neue Landtretin im Kreis Arweiler.

Also das ist die Frage der Verantwortung auf der Kreisebene.

Da gibt es noch ein Ermittlungsverfahren, das läuft.

Es gibt ja aber auch eine Ebene noch darüber,

das Land Rheinland-Pfalz.

Damals wie heute regiert von Marlowe Dreyer von der SPD

und deren Kabinett, der Innenminister Roger Levens,

der war insgesamt für den Katastrophenschutz im Land zuständig

und eine Spiegel.

Die ist während der Katastrophe Umweltministerin

und das Umweltministerium ist ja zuständig für den Hochwasserschutz.

Und die Aufarbeitung von einer Spiegel-Rolle

hat, glaube ich, am meisten für Aufsehen gesorgt,

weil sie ja schon Bundesfamilienministerin war

in der Regierung von Olaf Scholz,

als der Untersuchungsausschuss in Rheinland-Pfalz

das alles aufgearbeitet hat.

Was wird ihr denn da vorgeworfen?

Also ihr wird vor allem vorgeworfen,

dass sie die Lage massiv unterschätzt hat.

Da gibt es eine Pressemitteilung,

die ihr Ministerium am Abend verstickt hat,

nämlich, dass kein extrem Hochwasser zu erwarten wäre.

Das ist noch am 14.07. an dem Tag der Flut,

während schon an bestimmten Landstrichen im Ahrteil

komplett Land unter war.

Und das wird ihr natürlich massiv vorgeworfen,

von dem, was sie falsch gemacht hat.

Und auch, dass sie danach sich nicht weiter so informiert hat

über die Flutkatastrophe und was da tatsächlich passiert ist.

Es gab da ja dann diese Leaks quasi.

Ich weiß gar nicht, das war die SMS, glaube ich.

Und da ging es dann ja um darum,

wie man da in der Öffentlichkeit mit umgeht.

Ja, also es gab irgendwann ein League,

das ist bei Focus Online wurde das veröffentlicht.

Die gesagt haben ja, hier sind verschiedene SMS,

die die Landesregierung hin- und hergeschickt hat.

Und das wurde auch von der Landesregierung

auch schon nie bestritten, dass das echt ist, also diese Leaks.

In den SMS an die Presseabteilung von Anne Spiegel

vom Tag nach der Flut, da schreibt sie zum Beispiel,

das Blame Game könnte sofort losgehen.

Wir brauchen ein wording, das wir rechtzeitig gewarnt haben.

Es ging also darum, dass sie sich anscheinend Gedanken

darum gemacht hat, wie sie wirkt.

Und so könnte es rüberkommen,

vielleicht weniger um die Betroffenen und ihre Verantwortung.

Das sogenannte Blame Game,

das jetzt vielleicht von anderen Seiten der Landesregierung,

in dem Fall vielleicht von Roger Levens,

gesagt wird, ja, was ist denn hier eigentlich los?

Die Anne Spiegel hätte doch warnen müssen.

Jetzt muss man wissen, Anne Spiegel ist von den Grünen.

Roger Levens ist von der SPD

und auch Ministerpräsidentin Maddo Dreyer ist von der SPD.

Und da ist es so offensichtlich da eine Angst gewesen,

innerhalb der Landesregierung,

dass da mit dem Finger auf irgendwem gezeigt wird.

Dass sie sich zu großen Schlagzeilen geführt,

als das rausgekommen ist,

dass sie sich offensichtlich darüber mehr Gedanken gemacht hat,

als über das, was tatsächlich passiert ist

und wie man vielleicht helfen könnte.

Dann gab es auch, da erinnere ich mich noch daran,

ein berühmtes Entschuldigungsvideo von Anne Spiegel.

Kurz danach ist sie jetzt zurückgetreten.

Das war ein Fehler,

dass wir auch so lange in Urlaub gefahren sind.

Und dass wir in Urlaub gefahren sind.

Und ich bitte für diesen Fehler um Entschuldigung.

Ihr wurde eben vorgeworfen,

dass sie direkt nach der Flutkatastrophe

dann auch in den Urlaub gefahren ist.

Und das hat aber natürlich noch mehr Ärger gemacht,

weil dann gesagt worden ist von verschiedenen Akteuren,

ja, aber das heißt,

ihre eigene Familie und ihr eigenes Persönliches befinden,

ist ihr wichtiger,

als tatsächlich das, was den Menschen da passiert ist.

Und sie ist sozusagen gleichzeitig in den Urlaub gefahren,

während andere Leute ihren Urlaub abgebrochen haben,

um dort vor Ort zu helfen,

um aufzuräumen und Leute zu suchen und so.

Das heißt, das ist eine Diskrepanz,

die eben auf einer politischen Ebene das Problem ist.

Bundesfamilienministerin Spiegel

ist nach Kritik an ihrem Urlaub

während der Flutkatastrophe im Ahrtal zurückgetreten.

In Rheinland-Pfalz ist ja noch ein Ministerium zuständig gewesen,

damals nämlich das Innenministerium.

Innenministern damals bis Oktober 2022

ist Roger Levens von der SPD.

Was hat der denn während der Flut gemacht?

Also, während der Flutkatastrophe war der eigentlich noch

der Aktivste aus der Landesregierung,

der war nämlich am Abend in Ahrweiler

in der technischen Einsatzleitung

und hat dort diese besucht,

zusammen mit dem Landrat.

Das ist das einzige Mal, dass der Landrat da war,

zusammen mit Roger Levens etwa gegen 19.30 Uhr

an dem Abend der Flut.

Und da sagt er, wenn er darauf gefragt wird,

was er dort gesehen hat, nämlich immer,

dass er eine ruhige und konzentrierte Arbeit

in der Einsatzleitung gesehen hat.

Das ist im Prinzip sein Mantra gewesen.

Welchen Eindruck hatten Sie denn?

Sie haben ja ein paar Mal schon gesagt, konzentriertes Arbeit.

Vielleicht können Sie das noch ein bisschen weiter ausschauen.

Welches Gefühl hatten Sie vor Ort,

um die Sachen ein bisschen,

dass da nicht allzu viel gut funktioniert hat?

Also, Sie werden ja die Bilder gesehen haben,

die es gibt von meinem Besuch.

Das war eine vollständig eingerichtete technische Einsatzleitung.

Man kann allein an den Uniformen erkennen,

dass die Weiseschienen, also die Rettungsdienste, die Feuerwehren,

alle, die notwendig sind, um eine Einsatzleitung zu besetzen, dort waren.

Ich habe eine sehr konzentriert arbeitende Einsatzleitung wahrgenommen.

Er wurde dazu mehrfach befragt

und er hat das immer, immer wieder fast ein Wort gleich gesagt.

Aber er hat zu dem Zeitpunkt eben gedacht, es läuft alles.

Und dann ist er wieder gefahren.

Erst am kommenden Tag ist er dann wieder in Richtung Ahrtal gefahren

und hat dann, so sagt er, erst gesehen, was das für ein Ausmaß dann war.

Und weil er zum Beispiel nicht durchgekommen ist,

an der Brücke, wo er angehalten wurde von der Polizei,

sie können hier nicht weiter, er sagt so,

ja, ich bin aber der Innenminister

und dann sagt er, sie können trotzdem nicht weiter,

weil es gibt keine Brücke mehr.

Ja, da gibt es ein 20-minutes langes Video, was dann aufgetaucht ist.

Der Untersuchungsausschuss hat das ausgegraben.

Das ist ein Video von einem Hubschrauber der Polizei,

der am Abend über das Ahrtal geflogen ist.

Das hast du quasi mitgebracht, das Video.

Wir gucken das jetzt mal parallel.

Ich habe es vorhin noch nicht gesehen gehabt.

Also hier sehen wir die ersten Aufnahmen,

die wir da von dieser Hubschrauberbesatzung sehen.

Wir sehen, das ist riesiges Hochwasser,

da fließt das Wasser mit einer großen Geschwindigkeit.

Die Ahr ist eigentlich in der Mitte davon.

Man sieht ganz viele Häuser, wo aber ganz viel Wasser dazwischen ist.

Eine Riesenüberschwemmung erst mal

und wie dieser Hubschrauber da drüber fliegt.

Und was man jetzt gerade so in der Mitte auch sehen kann,

da blinkt es ein kleines bisschen.

Offenbar Menschen, die mit einer Taschenlampe um Hilfe rufen,

weil sie eben eingeschlossen sind von Wasser, von der Ahr.

Und die Hubschrauber hören, denken sie,

das ist genau das, was wir sehen,

ist eine Wärmebild- oder eine Nachtsichtkamera gerade.

Das ist alles so grau, da sieht man die Tageszeit gar nicht.

Genau, die Tageszeit ist nur links in einem kleinen Ding angezeigt,

nämlich etwa 22 Uhr, 22 Uhr in diesem Fall.

Das heißt, man sieht einfach nur Wasser, Wasser, Wasser.

Und daraus ragen Häuschen.

Die sind aber nur noch halb da drin.

Es sind nur noch die Dächer zu sehen und dann blinkt es.

Und das sind anscheinend die Menschen, die da um Hilfe rufen quasi.

Oh Gott, das ist ja schrecklich.

Wir sehen, dass das Erdgeschoss bei diesen Häusern

im Prinzip komplett überflutet ist.

Das sind nur noch die Dächer.

Wir sehen hier sozusagen, dass um 22 Uhr, 20 Uhr,

als Video diese Informationen,

dass das so aussieht, bereits bei der Polizei in dem Fall, bekannt ist.

Das war ja schon da, denn dieses Video ist ja von der Polizei gemacht worden.

Also es ist ein Polizeihubschraber, der das aufgezeichnet hat.

Also eigentlich hätte der Innenminister das sehen müssen.

Genau, also der Innenminister hätte darüber informiert werden müssen,

dass es aber irgendwie verschütt gegangen und nicht passiert.

Und dazu sind auch schon in den verschiedenen Behörden

dann eben erstmal Leute gegangen worden, sag ich mal, oder zurückgetreten.

Da wäre also schon das Ausmaß oder der Katastrophe irgendwie bekannt gewesen.

Und dazu muss man sagen, dass zum Beispiel Johanna

erst nach diesen Aufnahmen gestorben ist,

weil sie danach noch telefoniert hat mit ihren Eltern.

Und das ist noch die nächste Frage.

Es gibt noch nach Bad Neuenahr, weil er den Fluss runter,

noch eine weitere Stadt, die heißt Sintzig,

in der sind auch noch mal 12 Menschen gestorben im Lebenshilfehaus dort.

Ja, ich erinnere mich, das war ganz schrecklich.

Das sind Menschen gewesen mit Behinderung teilweise,

die da in der Einrichtung waren.

Und die sind da wahrscheinlich auf eine ganz grauenvolle Art und Weise gestorben.

Genau, also die sind ertrunken.

Und das ist natürlich eine grauenvolle Art und Weise.

Und die Frage ist halt, wenn wir um diese Zeit schon wissen,

wie es weiter oben an der Ahe aussieht.

Also das hier ist 20, 95 Kilometer weiter der Fluss aufwärts.

Und wir reden davon, dass wir hier noch etwa 4 Stunden,

3 bis 4 Stunden Zeit haben nach diesen Aufnahmen,

bis das Wasser in Sintzig überhaupt ankommt.

Und das ist genau das Problem,

was nachher dem Innenminister auch dann zum Verhängnis geworden ist,

weil er hat nachher sich hingestellt und gesagt,

ja, aber also auf diesen Videos,

da kann man jetzt nicht direkt die große Katastrophe erkennen.

So hat er sich hingestellt und gesagt,

ja, aber ich sehe da nur ein Auto und ein Tank,

der darunter gekommen ist,

und auch nicht zusammengestürzte Häuser und so.

Und ich hätte das an dem Abend auch so gar nicht davon sehen können.

Und das ist natürlich, was die Opposition dann genutzt hat

und gesagt hat, das sei zynisch und dann auch den Rücktritt gefordert hat.

Guten Abend, meine Damen und Herren.

Ich begrüße Sie zur Tagesschau.

Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Levens, ist zurückgetreten.

Heute übernehme ich für mein Verantwortungsbereich

gemachte Fehler, die Politik hat.

Zuletzt hatte es Vorwürfe gegeben,

der SPD-Politiker hätte die dramatische Lage früher erkennen müssen.

Sollten meine Antworten, auf die mir 14 Monate später,

14 Monate nach der Flucht nachgestellten Fragen,

nach meiner nachträglichen Einordnung,

berufsfeuerliche Videos kalt, gefühls- oder gar herzlos gewerkt haben,

so tut mir dieser Eindruck sehr, sehr leid.

Also eine Spiegel von den Grünen, die damals Umweltministerin war

in Rheinland-Pfalz, ist zurückgetreten.

Und Roger Levens von der SPD, der damals Innenminister in Rheinland-Pfalz war,

sind beide zurückgetreten.

Das ist bisher die Konsequenz davon.

Jetzt frage ich mich, was bringen diese Rücktritte?

Also ich weiß nicht, ob ein Rücktritt von einem Minister oder der Ministerin

jetzt direkt einen Ort vor einer neuen Flut schützt.

Und ich glaube, der wichtigste Punkt,

und der ist auch, was ich gehört habe im Ahrtal von den allermeisten Menschen,

da geht es darum, dass Verantwortung übernommen wird.

Und diese Verantwortung, so ein Rücktritt ist natürlich eine Art.

Verantwortungsübernahme an den Rücktritt ist erstmal eine Art Konsequenz

für jemanden, der ein Fehlverhalten gemacht hat.

Marlo Dreyer war mehrfach im Untersuchungsausschuss geladen

und zum Jahrestag der Flutkatastrophe war sie in einem Tagesthemen-Interview

mit Alina Butt.

Und da wurde sie eben gefragt, ob sie sich entschuldigen möchte.

Warum entschuldigen Sie sich nicht einfach als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz?

Ich kann es nur noch einmal wiederholen, es ist eine Naturkatastrophe gewesen

und der Katastrophenschutz ist ja bei uns kommunal eigentlich verortet

und er hat über all die Jahrzehnte wirklich sehr, sehr gut funktioniert.

Und da hat sie sich so ein bisschen rausgeredet, würde ich jetzt mal sagen,

und das jetzt aufzuarbeiten und jetzt dafür zu arbeiten,

dass es in Zukunft besser ist und den Wiederaufbau zu machen und so.

Und das sei ihre Aufgabe und Entschuldigung sei irgendwie nicht nötig.

Jetzt vor ein paar Wochen war sie nochmal in den Untersuchungsausschuss geladen

und danach hat sie was in diese Richtung gesagt.

Also sie hat da gesagt, das tut ihr Leid, was da passiert ist.

Aber natürlich selbst gesagt, ich entschuldige mich dafür,

dass ich was falsch gemacht hat, das hat sie nicht gemacht.

Habt ihr oder hast du Malo Dreier mal angefragt, was sie dazu sagt,

so jetzt auch im Rückblick?

Ja, Malo Dreier habe ich angefragt gehabt, eben für das Podcastprojekt Die Flut.

Wir haben Ruga Levins angefragt gehabt, wir haben Anne Spiegel angefragt,

also viele verschiedene Politiker angefragt

und Malo Dreier hat nicht mit uns sprechen wollen.

Anne Spiegel hat sich gar nicht erst gemeldet gehabt

und Ruga Levins hat sich geäußert, aber nicht bei uns,

sondern bei den Kollegen vom Fernsehen, die auch eine große Dokumentation

über die Frühkatastrophe zum Jahrestag hin gemacht hatten.

Von ein paar Tagen habe ich mit vielen Leuten gesprochen im Ahrtal darüber,

was eben der Untersuchungsausschuss für sie bedeutet, wo er endet.

Und da habe ich ganz häufig gehört, der Untersuchungsausschuss sei extrem wichtig.

Also die Menschen im Ahrtal, die wünschen sich tatsächlich Verantwortung,

unter anderem auch Johannes Vater, der mit uns darüber gesprochen hat

und der sagt, er ist massiv enttäuscht,

das ist so voreinig gedacht, dass ganz viele Menschen, die da arbeiten

in der Kreisverwaltung, in den politischen Gremien,

dass die schon wissen, was sie tun und dass die auch verantwortungsvoll damit umgehen

und er ist sehr enttäuscht und der wünscht sich eine Entschuldigung.

Er sagt, das ist diese Flutkatastrophe, es ist wie so eine heiße Kartoffel,

wo jeder versucht, die Verantwortung eben irgendwie abzugeben

und die heiße Kartoffel irgendwie weiterzugeben

und der wünscht sich vor allem einfach eine gute Aufarbeitung und eine Entschuldigung.

Konstantin, danke dir.

Gerne doch.

Das war unsere Folge für heute über die Aufarbeitung

der politischen Verantwortung bei der Flutkatastrophe im Ahrtal.

Die Geschichte von Johanna, der jungen Frau, die das Video mit dem Feuerwehrauto gemacht hat,

diese Geschichte erzählt der Podcast Die Flut.

Warum musste Johanna sterben von WDR und SWR?

Dafür hat Konstantin Plecking zusammen mit Kai Bandermann, Sabine Büttner,

Christina Nover, Til Krause und Laura Ciccala zu den Hintergründen

und dem Ablauf der Katastrophe recherchiert.

Und zu den Folgen.

Ihr findet den Link in den Show-Nauts.

Uns, FKM, findet ihr in der AID-Audiothek und überall, wo es Podcast gibt.

Autor dieser Folge ist Hans-Christoph Böhringer.

Mitgearbeitet hat Katharina Hübel.

Produktion Viktor Werisch, Ruth-Maria Ostermann, Alexander Gerhardt und Eva Erhardt.

Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Michalsack.

Wir hören uns nächste Woche wieder. Tschüss!

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Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 sterben mehr als hundert Menschen. Wer hätte das verhindern können und müssen? Dieser Frage geht seit anderthalb Jahren ein Untersuchungsausschuss in Rheinland-Pfalz nach. Jetzt endet die Beweisaufnahme und 11KM blickt auf die Katastrophe zurück und auf diejenigen, die damals eigentlich Verantwortung trugen. Zu Gast ist SWR-Reporter Constantin Pläcking. Er hat den Untersuchungsausschuss bei der Arbeit begleitet und hat zusammen mit Kay Bandermann, Sabine Büttner, Christina Nover, Till Krause und Laura Krzikalla zu den Hintergründen und dem Ablauf der Katastrophe recherchiert.



Der Podcast “Die Flut: Warum musste Johanna sterben” von SWR und WDR:

https://www.ardaudiothek.de/sendung/die-flut-warum-musste-johanna-sterben/10619851/



An dieser Folge waren beteiligt:

Folgenautor:in: Hans Christoph Böhringer

Mitarbeit: Katharina Hübel

Produktion: Christiane Gerheuser-Kamp, Eva Erhard, Viktor Veress, Ruth-Maria Ostermann

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler

11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung für diese Folge liegt beim BR.