11KM: der tagesschau-Podcast: AfD zwischen Streit und Strategie

tagesschau tagesschau 5/12/23 - Episode Page - 26m - PDF Transcript

Die Liste ist lang, Verdachtsfall beim Verfassungsschutz,

die rechtsextreme Jugendorganisation, die Russland Connection.

Fraktionsmitglieder,

die Parteikollegen als Volksverräter bezeichnen.

Und trotzdem.

AfD verbessert sich um einen Punkt, kommt auf 16%,

zieht damit gleich auf mit den Grünen.

Die AfD hat in der aktuellen Sonntagsfrage wieder zugelegt.

Heißt, wäre am Sonntag Wahl gewesen,

hätten AfD und Grüne gleich viele Kreuze bei der Bundestagswahl bekommen.

Was macht die AfD gerade wieder so stark?

Während Partei intern die Konflikte toben

und sich inhaltliche Grundsatzversprechen stark verändern.

Stichwort AfD,

neu als Friedenspartei.

Und wir fragen,

was sagen diese 16% aus

über die Unzufriedenheit in unserer Gesellschaft?

Hauptstadtkorrespondent Martin Schmidt

kann diese Fragen beantworten wie kaum ein anderer.

Er ist seit 2019 der Spezialist

für die AfD-Berichterstattung der ARD,

war seitdem bei den Bundesparteitagen dabei

und spricht regelmäßig mit AfD-Politikerinnen und Politikern

über Streit- und Strategien ihrer Partei.

Ihr hört 11 km, der Tagesschau-Podcast,

in der ARD-Audiothek und überall dort, wo es Podcasts gibt.

Mein Name ist Victoria Michalsack, heute ist Freitag, der 12. Mai.

Hallo Martin.

Hi.

Die AfD hat also wirklich zugelegt in den Umfragen.

Ist das jetzt so eine Art neue Hochphase insgesamt?

Ich sage mal so, es kommt jetzt nicht ganz spontan,

sondern es hat sich schon so ein bisschen angebahnt,

dass es für die AfD wieder besser aussieht.

Okay, wenn wir verstehen wollen, wie sich das angebahnt hat,

gehen wir mal ein bisschen zurück, so ungefähr ein Jahr.

Die AfD liegt dabei rund 11% und es steht ein Parteitag an.

Der Parteitag vor einem Jahr in Riesau war deswegen so zentral,

weil dort die Wahlen für den Bundesvorstand stattgefunden haben.

Und die sind alle zwei Jahre in der Partei genau der Gratenmesser.

Wer hat wie die Mehrheiten? Welches Lager?

Wie angespannt die Lager auf dem Parteitag war,

habe ich selber gerade Sonntag vormittags gemerkt,

dass die AfD-Bühne, die wir dort aufgebaut hatten,

für unsere Sendung, wo ich sie interviewt habe.

Und gerade war ein Antrag komplett gegen sie gelaufen.

Da ging es um eine rechtsextreme Gewerkschaft,

wo der Bundesparteitag gesagt hat, es war kein Problem.

Mit denen können wir auch zusammen agieren.

Das wollte Alice Weidel nicht.

Der Bundesparteitag hatte gerade gesagt,

es war total okay.

Und jetzt stand sie da und war schon ziemlich erledigt.

Und das Interview war zumindest sehr aufschlussbar.

Fragen wir gleich noch mal nach bei der neu gewählten AfD-Ko-Chefin

Alice Weidel.

War das jetzt wirklich ihr Plan, dass du ...

Natürlich war eine Einzelspitze geplant.

Ich habe ja auch wochenlang Kernkropalla in der Einzelspitze

unterstützt.

Ich habe auch mit der AfD-Ko-Chefin angefangen,

dass sich der Parteitag anders entschieden hat.

Das ist jetzt einfach so.

Weil Kino Kropalla abgewascht worden ist.

Die wollten ihn nicht als Eierspitze.

Die sehen ihn da als zu schwach an.

Das kann man so nicht sagen.

Auf diesem Parteitag werden dann Alice Weidel und Kino Kropalla

zum Vorsitzenden gewählt.

Wir schreiben gerade eine SMS, auch witzig.

Wahrscheinlich hat da irgend ein neues Facebook-Video aufgenommen

und will das das angucken.

Okay, nutzen wir die Unterbrechung mal kurz,

um noch mal klarzumachen über welche Lager der AfD wir reden.

Lager 1, die für AfD-Verhältnisse als gemäßigt geltenden,

wie damals Jürg Meuthen.

Lager 2, der angeblich aufgelöste Flügel

um den rechtsextremen Thüringer Fraktionschef Björn Höcke.

Lager 3, die zwar nicht im recht extremen Flügel sind,

sondern in der AfD zählen dazu Alice Weidel und Kino Kropalla.

Die Kurvorsitzenden Kropalla und Meuthen

haben sich bis Anfang vergangenen Jahres

einen öffentlichen Machtkampf geliefert,

bis Meuthen zurückgetreten ist und dann die AfD verlassen hat.

Es gibt in der Partei kein bisschen, keine Grautöne,

sondern wenn es Konflikte gibt, dann gibt es nur ganz oder gar nicht.

Und immer den totalen Konflikt.

In der Partei gab es in den letzten Jahren

eine EU-Resolution, die Höcke mit eingebracht hatte,

die vielen aus den Westverbänden zu radikal war.

Es wird sich von allen Seiten am Redner-Mikro

richtig auch lautstark bekämpft.

Normalerweise konnten das Führungspersönlichkeiten beenden,

indem sie dann selber ans Mikro gegangen sind.

Dann musste der Bundesvorstand einmal ins Mikro gehen

und sagen, Leute, wir müssen uns hier zusammenraufen.

Wir haben das früher Gauland sein.

Jetzt hat es in dem Fall Weidel und Kropalla versucht.

Die haben es aber nicht hinbekommen.

Irgendwer im Saal hat gesagt, so, wir lassen das jetzt.

Ich stelle jetzt den Antrag zum Ende des Parteitags

und am Ende hat eine knappe Mehrheit gesagt,

lass uns lieber hier auseinander gehen,

bevor wir uns hier weiter kompletzer Fleisch und nicht zusammenkommen.

Und dann sind alle wütend abgedüst.

Doch der Parteitag in Riesa endet in einem Desaster

und wird schließlich abgebrochen.

So ein offener Streit, sogar ein abgebrochener Parteitag,

das ist ja eigentlich nicht so gut auch für die Außenwirkung.

Aber der AfD scheint es nicht allzu sehr geschadet zu haben.

Nee, weil irgendwie ist man das wahrscheinlich mittlerweile gewohnt.

Man weiß, dass da intern einiges im Agen ist.

Allerdings hat sich eben seit dem Parteitag auch wieder

eigentlich einig ist.

Um das unterm Strich so zusammenzufassen,

da sitzt jetzt eben keiner mehr im Bundesvorstand,

der mit den Rechtsextremen aus der eigenen Partei

noch ein Problem hat.

Diese Einigkeit des Bundesvorstandes sorgt dafür,

dass die Konflikte zumindest in der Öffentlichkeit

nicht mehr so groß ausgetragen werden.

Okay, also das heißt, deswegen wirkt die AfD jetzt einiger nach außen,

dass die AfD so viel Zoff und Stress in der Partei

anscheinend nicht nach außen so schlimm bei der AfD,

wie bei anderen Parteien vielleicht,

weil das so ein bisschen zum Markenkern gehört, kann man das sagen?

Ja, die AfD selber versucht das ja auch immer zu verkaufen,

als etwas sehr Positives.

Wir sind eben basisdemokratisch, bei uns darf man sich noch streiten

und bei den anderen, ja, da wird ja alles von oben vorgegeben

und alle nicken das nur ab.

Und wir sind eben die, wo noch gelebte Demokratie tatsächlich stattfindet.

Wie krass diese Auseinandersetzung stattfinden und worum es da wirklich geht, da geht es

nämlich um komplett grundsätzliche Dinge, um komplett unterschiedliche Vorstellungen

einer Partei, die noch nicht so ganz geklärt sind.

Zumindest glauben einige, sie hätten noch die Einflussmöglichkeit, also von denen, die

sich als eher gemäßigt sehen, die glauben immer noch, sie könnten die Partei in eine

andere Richtung lenken, als die Ostverbände, allen voran eben Johann Höcke das gerade

tun.

Man hat es mittlerweile gelernt, dass dieser Streit irgendwie da ist, aber die Frage ist

ja, warum wird die AfD gewählt und dass die sich da streiten und dass da auch nicht immer

alles super ist, ist im Zweifel gar nicht so wichtig, weil es gibt ja andere Gründe,

warum ich die AfD wähle.

Ja, wenn wir mal darüber reden, wie viele Menschen jetzt die AfD wählen würden, die

Umfragewerte sind da wirklich hoch, dann sprechen wir jetzt auch mal davon, wie gemäßigt oder

wie extrem sind die denn, also die Jugendorganisationen, die junge Alternative, die wird ja vom Verfassungsschutz

als rechtsextremen eingestuft.

Die Nachwuchsorganisation der AfD, als gesicherte rechtsextremistisch eingestuft.

Die ganze AfD gilt als Verdachtsfall, welche Konsequenzen hat das für die Partei?

Dass die Partei extreme Positionen vertritt, ist ja auch nicht mehr ganz neu und selbst

wenn die Bundespartei jetzt so eingestuft würde, das würde ja keinen mehr groß überraschen,

dass dort Menschen an führenden Positionen in dieser Partei sitzen, die rechtsextremen

sind und dass an den anderen Positionen im Bundesvorstand, an der direkten Bundesspitze

Personen sitzen, die kein Problem damit haben, dass rechtsextreme in dieser Partei viel zu

sagen haben und auch offen nach außen rechtsextreme Thesen verbreiten, das Wissen eigentlich

alle und deswegen muss man sagen, nur die Partei wohl eher gewählt, obwohl und vielleicht

sogar gerade weil das so stattfindet, als trotzdem.

Es ist zumindest bedenklich, nicht dass die, die schon immer rechtsextremes Gedankengut

vertreten haben, die wählen, sondern es ist bedenklich, dass es offensichtlich mehr und

mehr Leute gibt, die damit zumindest kein Problem haben, auch wenn sie selbst nicht in

die rechtsextreme Ecke zu verorten wären.

Ja, und man hat ja den Eindruck dieser mögliche Beobachtung vom Verfassungsschutz, das

ist gar nicht so schädlich für die Partei, sondern es ist sogar quasi fast gut fürs

Image.

Also in Thüringen, da hat ja die AfD sogar das zum Gütesiegel quasi umfunktioniert, also

die hatten ja dann im Slogan verdächtig gut.

Also das scheint im Gegenteil irgendwie gar nicht so schlimm gewesen zu sein, oder?

Ja, gerade in den Ostverbänden, da ist dieses Vertrauen in die Behörden, in die Sicherheitsbehörden

überhaupt in demokratische Institutionen eben nicht so ausgeprägt und was die Sicherheitsbehörden

angeht, wahrscheinlich am wenigsten sogar und da verfängt die Erzählung der AfD, dass

das alles nur politisch benutzt wird und gelenkt wird, um der AfD zu schaden und es

scheint im Osten zumindest zu verfangen, dass die Sicherheitsbehörden nicht völlig unabhängig

da klare Dinge feststellen, sondern dass das alles nur gelenkt sei, um ihnen zu schaden,

aber das lasse man sich eben nicht bieten und jetzt erst recht.

Ja, okay, also das zahlt so ein bisschen auf diese Rolle, dieses Image ein, die wollen

uns was und man will uns klein halten, vielleicht so ein bisschen Underdog-Image, kann man sagen,

oder?

Ja, es gibt einfach auch total viele, die wollen ja die AfD wählen, weil es die einzigen

sind, die sie wählen können, um die anderen zu ärgern, weil sie unzufrieden sind.

Man könnte ja fast sagen, die Wahlumfragen der AfD sind sowas wie so ein Seismograph

der Unzufriedenheit der Bevölkerung, ja, und wenn ich unzufrieden bin, dann kann ich

entweder sagen, ich mache gar nichts oder ich wähle eben die AfD und weiß, dass wenn

ich die wähle, es sind alle anderen sauer und das finde ich ja richtig gut, wenn die

mal richtig sauer werden, weil die will ich ja auch damit irgendwie kitzeln und die AfD

zeigt das auch, die Wahlbeteidigung ist immer höher gewesen, wenn die AfD auch gut abgeschnitten

hat und das zeigt eben auch, dass sie ganz klar bei den Nicht-Wählern auch mobilisieren

können.

Also das heißt, wir haben jetzt viel darüber gesprochen, was der AfD nicht schadet, zum

Beispiel Zoff nach außen schadet denen nicht so sehr unterschiedliche Meinungen und eben

auch nicht die Beobachtung vom Verfassungsschutz, das schadet denen alles nicht, aber mit welchen

Themen haben sie denn gepunktet, dass sie jetzt wieder so hohe Umfragewerte haben?

Sie haben ihr Kernthema Flüchtlinge und die Ablehnung der Migrationen, wie sie derzeit

stattfindet, das funktioniert, das ist ihre absolute DNA und das hat früher verfangen

und das verfängt jetzt mehr und mehr, sie haben dann in der Zwischenzeit verschiedene

andere Gegenpositionen zu den etablierten Parteien ausprobiert, den Klimawandel, der

ist ja gar nicht Menschen gemacht, Corona ist eigentlich nur eine, ja, ein bisschen

heftigere Grippe, das hat alles nicht funktioniert, weil es auch so krass gegen die wissenschaftlichen

Erkenntnisse sich stellt und da ist die Bevölkerung dann doch offenbar noch sensibel zu sagen,

ja, weiß ich nicht, da vertraue ich im besten Fall doch den Wissenschaftlern, die sich

mit sowas beschäftigen und nicht irgendwelchen Parteileuten der AfD, die mir das Gegenteil

erklären wollen.

Jetzt gibt es aber ein anderes neues Großthema neben dem Thema Flüchtlinge, den Konflikt

in der Ukraine, also den Angriff Russlands auf die Ukraine und da gibt es natürlich

Dinge, die so diffus wahr waren, wo man jetzt nicht sagen kann, ja, ist es jetzt objektiv

richtig, Waffen zu liefern oder ist es jetzt objektiv eigentlich richtig, wir müssten

jetzt Friedensverhandlungen starten, das ist ja alles diffus, weil man eben nicht einfach

sagen kann, wir machen das so oder so, weil man diesen Einfluss auch gar nicht so direkt

hat.

Sprich, es verfangen verschiedene Gefühlslagen, anti-amerikanische Ressentiments können abgerufen

werden durch die AfD, eine Russland-Verbundenheit.

Ja genau, das wundert mich aber auch irgendwie wieder, denn also, dass es so eine Russland-Verbundenheit

gibt, das kannte man schon vor dem Angriff auf die Ukraine, ich hätte jetzt eher gedacht,

dass das vielleicht wieder ein bisschen schwierig wird, weil man jetzt gesehen hat, oh, vielleicht

ist Russland doch nicht der vertrauensvolle Partner, für den vielleicht einige, die gehalten

hat, also man hat ja manchmal so von Russland Freunden gesprochen, dann ist aber der Krieg

ausgebrochen.

Also direkt nach dem russischen Angriff stand die AfD auch immer noch bei 11 Prozent, also

das kann man ja auch nicht gleich abrufen, da ist die Partei dann auch erstmal immer

unsicher, muss erstmal ihre Position da finden, wo ist da unsere Nische, wie wir dagegen halten

können, mittlerweile verfängt diese Forderung der AfD, wir wollen eigentlich mehr so was

wie eine Schweiz sein, also das ist doch nicht unser Konflikt, das ist doch nicht unser Problem,

wir haben doch bislang von Russland tolles günstiges Gas bekommen und außerdem haben

wir tolle Handelsbeziehungen mit Russland und sind mit denen verbunden, wieso sollen

wir jetzt mit irgendwelchen Ukrainer und viel mehr verbunden sein als mit den Russen, die

haben dann Probleme und da stecken auch die Amerikaner eigentlich dahinter, die da irgendwie

zu sehr an die russische Grenze ranrücken mit der NATO, die auch vielleicht gerade im

Ost nicht die Zustimmungswerte finden würde, wie sie das im Westen findet und diese Stimmung

kann man eben abrufen und das tut die AfD sehr geschickt und ist plötzlich eine Friedenspartei

und ist plötzlich gegen eine Aufrüstung. Obwohl sie ja sonst eigentlich sehr Bundeswehr nahe war,

genau und das ist total schräg, was da in der AfD gerade passiert, man sah sich immer als

Partei der Soldaten, der Bundeswehr, man hat eigentlich immer mehr Geld für die Bundeswehr

gefordert, man hat die Werbpflicht im Grundsatzprogramm. Also eher eine Aufrüstung als Abrüstung. Genau und

als Olaf Scholz in seiner Rede kurz nach dem russischen Angriff im Bundestag diese Sondervermögen

verkündet hat, hat Kropalla im Mikro gesagt, das ist doch Irre, was sie hier machen, Herr Scholz,

das ist ja Irre. Ein neues Wettrüsten lehnen wir ab und deswegen diese 100 Milliarden, Herr Scholz,

das ist wirklich Irre. Und in der AfD haben viele die Welt nicht mehr verstanden, wir einen haben

geklatscht, haben gesagt genau, das ist ja Irre und die anderen sagen, hey, wieso ist das denn Irre,

fordern doch schon die ganze Zeit mehr Geld für die Bundeswehr, wir müssten doch jetzt applaudieren.

Aber jetzt kommt eben die Crux. Die Werbpflicht zum Beispiel will Kropalla plötzlich auch nicht mehr,

wie viele Ostchefs, der Jörg Uhrbahn, der sächsische Landeschef der AfD, der hat vor kurzem gefordert,

wir müssen das aus dem AfD-Grundsatzprogramm wieder streichen, weil sie sagen, wir können jetzt

nicht die Werbpflicht fordern, das sehr ja so aus als wollen wir quasi die Werbpflichtigen dann direkt

in die Ukraine als Kanonenfutter schicken. Ja, also eine sehr verquere Vorstellung auch von der

Werbpflicht, da werden plötzlich Grundsatzpositionen über Bord geworfen und da gibt es natürlich in der

Partei auch große Konflikte, weil es viele Leute gibt, die sagen so, wieso sollen wir das jetzt

über Bord werfen und nein, wir müssen natürlich auch uns gegen Russland irgendwie positionieren und

auch militärisch Abwehrmöglichkeiten haben, selbst wenn ihr das jetzt gerade in den Ostverbänden

wie als Afron betrachtet. Jetzt sagst du, der Krieg in der Ukraine hilft der AfD in gewisser Weise,

aber einerseits spaltet das die Partei in der Frage der Werbpflicht und dann gibt es da in Sachen

Russland ja diesen Streit um zwei AfD-Bundestagsabgeordnete, die durch besondere Nähe zu Russland auffallen.

Also es sind immer noch nicht alle, die sehen, dass Waffenlieferungen nur kontraproduktiv sind.

Und ich bin auch fassungslos, dass jetzt deutsche Waffen wieder dazu geeignet sind, Russen zu töten.

Das ist für mich vor allen Dingen für uns Deutsche nach den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges ein Ding, was nicht geht.

Es gab den spannenden Moment Mitte April als der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion

im Bundestag Lukasen bei Markus Lanz in der Talkshow im ZDF saß und konfrontiert wurde mit den vielen

Auftritten seiner Fraktionskollegen im russischen Fernsehen, wo sie tatsächlich ohne Probleme russische Propaganda unterstützen.

Rüdiger Lukasen war das.

Ja und er hat sich dann am Ende dazu hinreißen lassen, das auch als Volksverrat zu bezeichnen,

was seine Fraktionskollegen dort tun würden im Fernsehen.

Man könnte auch zu der Auffassung gelangen, dass es so etwas wie Volksverrat ist.

Volksverrat?

Ja natürlich.

Und das ist natürlich extrem heftig aufgestoßen in der Partei.

Sowas kommt gar nicht gut an, sich zu distanzieren von AfD-Land als AfD-Land.

Was jetzt grundsätzlich dahinter steckt, also Lukasen ist natürlich überhaupt keiner, der diese Russlandfreundlichkeit so gut findet.

Das ist jemand, der selber aus der Bundeswehr stammt, der jetzt auch nicht die Amerikaner zu glorifizieren würde,

aber der zumindest den Wert der NATO-Mitgliedschaft sieht und der sieht, wie wichtig das amerikanische Militär auch in der Unterstützung ist

und wäre sollte Deutschland Unterstützung brauchen.

Das ist aber was völlig anderes, als es die Parteiführung so rund um Kropalla verinnerlicht hat.

Aber das spannende am Ende muss Lukasen klein beigeben.

Das zeigt quasi, inhaltlich steht er wahrscheinlich zu seinen Äußerungen.

Das Wort war vielleicht ein bisschen zu krass.

Das hat er dann selber gemerkt und muss dann den Kotau machen,

einfach weil er sonst parteiintern überhaupt gar keine Chance mehr hat, in diesem Konflikt weiterzumachen.

Dass man im Fernsehen Parteikollegen so betitelt Volksverrat, das ist auch ein extrem starkes Wort.

2016 ist das sogar mal zum Unwort des Jahres gewählt worden

und es gilt auch ein bisschen als Sprache des Nationalsozialismus, ist so nah dran an Volksfeind zum Beispiel.

Das ist ein richtiger Kampfbegriff, also das ist schon harter Tobak das auszupacken.

Das ist so und das zeigt eben tatsächlich, dass Konflikte in der AfD immer nur ganz oder gar nicht geführt werden,

dass man immer direkt zum Maximum greift und nicht mal so Zwischentöne macht,

sondern wenn dann immer ganz oder gar nicht und auf der anderen Seite mit welchem Vokabular man dort alltäglich um sich wirft.

Das zeigt das eben auch. Das ist ein völlig normaler Begriff in AfD-Kreisen.

Da wird nicht so kritisch drüber gesprochen oder da wird nicht reflektiert, wo kommt so ein Wort her,

sondern so was ist da halt Gang und Gebe und deswegen benutzt es sogar auch ein Lukassen,

der eigentlich nicht den rechtsextremen Teilen so eindeutig zuzuordnen ist dieser Partei.

Aber selbst bei dem ist das dann im Wortgebrauch.

Und wir lernen auch diese unterschiedlichen Werte innerhalb der Partei.

Die sind erst mal einer Strategie untergeordnet und das schadet denen anscheinend auch nicht.

Ich merke immer wieder in Gesprächen mit AfD-Lern auch über die Jahre, wie die sich verändern,

dass es Menschen gibt, die da ganz klare Überzeugungen haben an verschiedenen Punkten.

Das sind aber vor allem eben die in den eher rechtsextremeren Zirkeln aus diesem Flügel der Partei,

die auf der anderen Seite befinden sich doch sehr, sehr viele Opportunisten,

die mal klar in die eine Richtung laufen, dann aber merken, dass das in der Partei keine Mehrheit findet

und dann plötzlich überhaupt gar kein Problem haben, komplett die andere Richtung zu vertreten.

Und das ist schon was, was ich sehr besonders finde an der AfD,

dass man offensichtlich in weiten Teilen, was grundsätzlich Überzeugungen angeht, sehr, sehr, sehr flexibel ist.

Weißen wir jetzt mal zusammen, also die AfD, die kann sich intern zerstreiten,

die kann Positionen haben, die sich wirklich intern komplett widersprechen

und sie kann auch ihre Positionen ändern und anpassen, so dass die Vorhierigen auch widersprechen,

aber sie kann trotzdem punkten.

Es gab vor kurzem ein Bild, das mich doch auch echt überrascht hat

und das sehr, sehr krass in seiner Aussage war.

Alice Weidel gemeinsam auf der Bühne in Erfurt mit Björn Höcke im Arm

und beide lassen sich von AfD-Fahrenschwenkern bejubeln

und dieser Schulterschluss der beiden, es war zwar klar, dass sie da jetzt einen gemeinsamen Termin haben,

was schon überraschend war, aber das am Ende auch so ein Bild entsteht

und das Breit in der Partei geteilt wird über die Parteikanäle.

Das ist schon ein deutliches Zeichen, wie sehr vor allem Björn Höcke, der Rechtsextremist,

jetzt da in der Mitte der Partei angekommen ist.

Jetzt hast du eben echt eine SMS von Jörg Meuthen bekommen.

Jörg Meuthen ist nicht mehr in der Partei, aber andere Parteimitglieder,

die schicken dir immer noch Sachen, da bist du regeversorgt.

Ja, also Parteimitglieder, Mitarbeiter, Mandatsträger.

Wie machst du das eigentlich? Wieso schreiben die dir eigentlich?

Wieso reden die die ganze Zeit mit dir, wo du doch die AfD auch sehr kritisch betrachtest eben?

Mit einem journalistischen Abstand.

Das ist ja teilweise gar nicht so leicht mit denen ins Gespräch zu kommen, ne?

Ja, AfD-Mitglieder hassen sich untereinander mehr als sie mich als Medienvertreter hassen,

selbst wenn ich bei den öffentlich-rechtlichen arbeite.

Und natürlich ist da auch gewisser Hinsicht gelegentlich der Wunsch dabei,

dass sie meine Berichterstattung nutzen können für ihren internen Machtkampf,

also dass sie mir einen Spin mitgeben, den ich dann in die Welt auch verbreite,

den sie dann wieder intern weiter verbreiten können, der jemandem anderen schadet,

der ihm gerade im Machtkampf gegenübersteht.

Aber es sind auch total viele in dieser Partei sehr, sehr unzufrieden

mit der Entwicklung hin zu den rechtsextremen Kräften.

Und da sind viele noch immer in der AfD oder arbeiten hier in der Bundestagsfraktion

oder sind an Ämter gekommen, an ihrem Mandat im Bundestag gekommen,

obwohl sie eigentlich mal gegen den Euro waren.

Und von dieser Anti-Euro-Partei hat sich die AfD ja auch schon weit entfernt.

Und trotzdem haben die jetzt ein Problem, die sind schon so lange dabei,

die können nicht mehr raus. Es gibt kein Aussteigerprogramm für AfDler.

Die fragen mich tatsächlich in Gesprächen immer wieder, ob ich eine Idee hätte,

wo sie irgendwas machen können oder wo sie vielleicht beruflich noch eine Chance haben.

Aber natürlich sind sie sehr verbrannt mit ihrem AfD-Parteibuch.

Meine klassische Antwort ist dann, es ist Ihre Partei und Sie sind da drin, nicht ich.

Und dann sagen Sie ja, was soll ich denn machen?

Martin, danke dir, dass du uns davon erzählt hast.

Bitte gerne.

Das war FKM der Tagesschau-Podcast.

Heute mit AID-Hauptstadt-Korrespondent und AfD-Experte Martin Schmidt.

Zu Hause ist FKM in der AID-Audiothek.

Zu hören auch überall, wo es sonst Podcast gibt.

Folgenautor ist Stefan Beutting.

Mitgearbeitet hat Hans-Christoph Böhringer.

Produktion Viktor Werisch, Eva Erhardt, Jonas Teichmann,

Konrad Winkler und Christine Dreyer.

Redaktionsleitung Lena Gürtler und Fumiko Lipp.

FKM ist eine Produktion von BR24 und NDR Info.

Mein Name ist Victoria Michalsack.

Wir hören uns nächste Woche wieder. Tschüss.

Moment, eine Sache noch.

An dieser Stelle möchten wir euch noch einen Podcast empfehlen.

Den News Junkies Podcast von RBB24 Info-Radio.

Jeden Nachmittag gibt es da ein Thema von mehreren Seiten beleuchtet.

Von Montag bis Freitag eine neue Folge kostenlos in der AID-Audiothek

und überall sonst, wo ihr Podcasts hört.

Krieg in der Ukraine, Streit in der Koalition,

Verbot von E-Scootern oder Genderdebatte.

Jeden Tag kümmern wir uns um ein aktuelles Thema.

Wir gehen in die Tiefe, informieren gründlich

und diskutieren kontrovers bei den News Junkies.

Das ist ein Podcast von RBB24, moderiert unter anderem von uns

Christoph Schrag und Hendrik Schröder.

Ihr findet die News Junkies von Montag bis Freitag

in der AID-Audiothek und überall dort, wo es Podcasts gibt.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Wäre jetzt Bundestagswahl, dann könnte die AfD genauso viele Stimmanteile wie die Grünen bekommen. Beide Parteien liegen bei 16 Prozent, laut der letzten Sonntagsumfrage von Infratest dimap. Dabei gibt es enorme Widersprüche in der AfD, interne Querelen und offenen Streit. Dazu ist die Partei ein Verdachtsfall beim Verfassungsschutz, ihre Jugendorganisation gilt als gesichert rechtsextrem und Fraktionsmitglieder bezeichnen Parteikollegen vor laufenden Kameras als “Volksverräter” - und dann ändert die Partei noch Positionen, die zu ihren Grundsatzversprechen gehören. In dieser 11KM-Folge erklärt Martin Schmidt, der AfD-Experte aus dem ARD Hauptstadtstudio, wieso die Partei dennoch so viel Zuspruch bekommt und was dieser 16-Prozent-Umfragewert über die Unzufriedenheit in der deutschen Gesellschaft aussagt.



Folgenautor: Stephan Beuting

Mitarbeit: Hans Christoph Böhringer

Produktion: Viktor Veress, Eva Erhard, Jonas Teichmann, Konrad Winkler und Christine Dreyer

Redaktionsleitung: Fumiko Lipp und Lena Gürtler



11KM: der tagesschau-Podcast wird produziert von BR24 und NDR Info. Die redaktionelle Verantwortung dieser Folge liegt beim NDR.



Und hier geht es zu unserem Podcast-Tipp in der ARD Audiothek, “Newsjunkies” von rbb24: https://www.ardaudiothek.de/sendung/newsjunkies/79674976/