Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.: Wie unser Hunger nach Sand die Umwelt gefährdet

Public Eye Public Eye 9/29/23 - 27m - PDF Transcript

Der liebe Sand. Man kennt's, wenn man im Strandurlaub ist, er ist überall. Im Rucksack, im Koffer, man findet den in den Strand latschen,

man findet den im Badetuch. Selbst im Portemonnaie finde ich Wochen später überall immer noch Sand.

Global gesehen haben wir aber ein ganz anderes Problem. Der Sand verschwindet.

Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.

Mein Name ist Nico Meier. Herzlich willkommen bei Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.

Und heute tue ich das mit Julia Marti vom GRID, die Global Research Information Database in Genf. Hallo Julia.

Hallo, danke für die Einladung.

Sehr schön, bist du hier.

Vielleicht kurz erklärt das GRID ist eine Partnerschaft zwischen dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, dem Bundesamt für Umwelt und der Universität Genf.

Und vereinfacht gesagt sammelt ihr Daten und macht die zur Information, damit Entscheidungsprozesse halt wirklich gerade bei Umweltfragen unterstützt werden können.

Und dabei arbeitet der logischerweise dann auch zum Sand. Und hier wieder die Einstiegsfrage. Wieso verschwindet denn der Sand?

Sand ist in unserer Gesellschaft omnipräsent. Wir sind uns dessen vielleicht nicht unbedingt bewusst.

Aber in vielen verschiedenen Nutzungen haben wir Sand um uns herum, beispielsweise in den Straßen oder auf den Brücken oder eben den Tunnels, über die wir uns fortbewegen.

Die Wände, die um uns herum sind, die Fenster, durch die wir schauen, aber auch in Kosmetik oder Elektronik, wie zum Beispiel den Mikroprozessoren der Computer.

Und wir haben einen enormen Hunger nach Sand. Wir konsumieren 50 Milliarden Tonnen Sand und Kies pro Jahr. Das macht 18 Kilogramm pro Bewohner der Erde pro Tag.

Und deshalb muss man auch sagen, dass dieser Sand auch irgendwo herkommen muss. Deshalb schrumpfen die Sandressourcen.

Und um sich das bildlich vorzustellen, kann man auch sich eine Mauer vorstellen, die 27 Meter hoch ist, 27 Meter breit und um den ganzen Equator geht. Und das sind 50 Milliarden Tonnen.

Das sind gigantische Mengen Sand, die hier verbaut werden. Und das fällt eben auch bei den Vereinten Nationen. Und ihr habt dafür einen Mandat bekommen. Was sollt ihr denn genau tun?

Seit 2009 arbeitet das Grid zu diesem Thema. Und es geht darum, Aufmerksamkeit für diese Problematik zu erlangen.

Weil man sieht es als banales Baumaterial an, aber eigentlich ist es eine strategische Ressource.

Und es ist wichtig für Infrastruktur, also die menschliche Infrastruktur, aber auch für Ökosysteme.

Und das Ziel ist, dass wir den wissenschaftlichen, technischen, aber auch den politischen Kenntnisstand bezüglich Sand weiter ausbauen und auch unterstützen bei der Erstellung von globalen Richtlinien oder Maßnahmen, die zu einer nachhaltigeren Ressourcennutzung beitragen.

Wenn wir über das verschwinden des Sandes reden, das mag ein Stück weit eine naive Vorstellung sein, aber ich dachte zuerst an Wüsten.

Ich habe Berichte gelesen, dass ganze Dörfer von Dünen verschluckt werden, Landstriche versandten. Wir haben gigantische Flächen an Wüsten, das ist nur Sand.

Dabei dachte ich, ja, dann haben wir doch eigentlich gar kein Problem mit dieser Sandgewinnung.

Haben mich dann eingelesen und auch eingeschaut, zum Beispiel eine Doku von Arte, die nennt sich Sand, die neue Umweltzeitbombe.

Und darin wurde mir gezeigt, ich lag nicht richtig. Schauen wir vielleicht einen kurzen Aufschnitt an.

Wüsten Sand ist für den Bau künstlicher Insel nicht geeignet.

Warum? Weil diese Sandkörner vom Wind umher geblasen werden und dadurch sehr rund und glatt sind.

Werden sie für den Bau einer Insel verwendet, halten sie nicht zusammen.

Dafür braucht man kantige Sandkörner mit einer raueren Oberfläche, die ganz natürlich aneinanderhaften bleiben.

Der Reichtum an Wüsten Sand ist also für jegliche Bauvorhaben völlig nutzlos.

Meeresand dagegen, Hafte zwar perfekt zusammen, ist aber nicht unerschöpflich, wie die bittere Erfahrung in Dubai zeigt.

Sand ist keine nachhaltige Ressource.

Wir sehen, Sand ist keine nachhaltige Ressource und im Video wurde auch gesprochen über den Bau von künstlichen Inseln.

Gemeint war dabei auch die Jumeirapalme vor Dubai, einer Wüstenstadt, also mit sehr viel Sand im Rücken eigentlich,

aber eben zum Bau ist dieser Sand dann nicht geeignet. Aber das sind ja gigantische Mengen an Sand, die da verbaut wurden.

Wo kommen die denn her?

Ja, also es ist schon etwas kontraintuitiv, wenn jetzt eben so ein Wüstenstadt nicht den Wüstenstand brauchen kann,

aber er ist zu fein und zu rund, das hält also nicht.

Und für die Jumeirapalme wurden über 185 Millionen Kubikmeter Sand verbaut und dazu noch Gestein.

Also das sind sehr große Mengen und diese wurden aus dem Roten Meer entnommen.

Und da muss man auch sagen, dass für andere Bauvorhaben, wie die anderen Palmen noch weitere Sandmengen gebraucht werden,

aber auch für die Wolkenkratzer, wie zum Beispiel Burj Khalifa, und da wurde beispielsweise Sand aus Australien importiert.

Man sieht aber auch, dass die ganze Landgewinnung, also um die Fläche eines Staates zu vergrößern, auch von anderen Ländern praktiziert wird,

beispielsweise von Singapur.

Singapur hat seit den 70er Jahren 23% Fläche auf dem Meer gewonnen

und da kommen die Sandimporte meistens aus den Nachbarsländern, also Thailand, Cambodia, Indonesien.

Und das hat dort auch Auswirkungen.

In Indonesien sind beispielsweise 15 bis 20 Inseln verschwunden in den letzten Jahrzehnten

und das hat Auswirkungen, weil die exklusive Wirtschaftszone, die wird von der Küste berechnet.

Und das heißt, wenn plötzlich eine Insel wegfällt, reduziert sich diese Wirtschaftszone dann auch wieder

und da hat man dann nicht mehr Anspruch auf die Ressourcen dieser Zone, also Fische zum Beispiel.

Und gerade für solche Länder ist das auch problematisch.

Du hast jetzt gerade ein paar schöne Beispiele genannt, aber wenn wir das global anschauen, also wirklich auf der ganzen Welt,

wo werden denn die meisten Sandgebiete abgebaut, sei es an Land oder im Wasser, wo kommt der Sand her

und vielleicht auch wie wird er hauptsächlich abgebaut?

Man kann nicht sagen, dass jetzt in einer Region spezifisch viel Sand abgebaut wird, weil gebaut wird überall

und das heißt Sand wird auch überall abgebaut.

Und da Sand und Kies relativ schwere Ressourcen sind, sind auch die Transportwege, die müssen kurz sein,

weil sonst fällt das sehr schnell wirtschaftlich ins Gewicht und wird zu teuer.

Das heißt, Sandabbau gibt es auf der ganzen Welt und dann kann man aber verschiedene Arten von Sandabbau unterscheiden.

Da gibt es der statische Sandabbau, also in statischen Ressourcen oder in dynamischen Ressourcen.

Und ich erkläre das gerade ein bisschen detaillierter, weil es nicht so evident ist.

Und in den statischen Ressourcen hat man zum Beispiel Kiesgruben oder Sandgruben oder auch Felsabbaugebiete,

wo man dann eben die Gesteine abbaut und dann eben zu Sand zermalmt.

Und das sind statische Gebiete, weil die aus vorherigen Ablagerungen entstanden sind, aber nicht mehr aktiv sind, also statisch.

Stellt mir das vor, gerade wie beim Meer zum Beispiel, dort hat man gezeiten, der Sand bewegt sich in einem Kiesbaugebiet,

in einem Bergwerk, da bewegt sich nichts, solange ich den Sand nicht bewege.

Das macht den Abbaustatisch.

Genau, ja und deswegen sind die Konsequenzen des Abbaus meist auch lokal.

Also klar, man hat eben einen Einfluss auf die Landschaft.

Man muss aufpassen, dass man keine Natur- oder Grundwasserschutzgebiete tankiert.

Und man braucht aber auch eine gewisse Infrastruktur, um dort abbauen zu können.

Und dem gegenüberstehen dann eben die dynamischen Gebiete.

Und das sind Gebiete, wo aktuell noch eine Erosion stattfindet.

Also wo Sand eben auch Wind oder Wasser ausgesetzt ist und aber auch wichtige Ökosysteme dranhängen.

Was gäbe es für Beispiele?

Also da kann man beispielsweise von Flüssen sprechen, dort wird dann eben auch im Fluss abgebaut.

Und das hat dann aber auch Auswirkungen flussaufwärts oder abwärts.

Oder eben zum Beispiel auch an Küsten, Dünen oder auf dem Meeresgrund beispielsweise.

Das ist als Deep Sea Mining oder Shallows Sea Mining bekannt.

Da wird dann eben auf dem Meeresboden nach Sand geschürft.

Eben gerade diese Sandabbausachen wollen wir noch etwas konkreter anschauen.

Auch da aus dieser selben Dokumentation, die wir schon kurz angeschaut haben.

Gab es einen Ausschnitt, der mich doch sehr erstaunt hat.

Es gibt so diese gigantisch großen Schwimmbagger. Die möchten wir uns auch ganz kurz anschauen.

Das wichtigste Werkzeug der Industrie ist dabei der Schwimmbagger.

Ein gewaltiges mit saugarmen ausgestattetes Schiff, das riesige Mengen Sand hochpumpen kann.

Ein Schwimmbagger kann zwischen 4 und 400.000 Kubikmeter pro Tag gewinnen.

Das hängt vom Typ der Maschine und vom Standort ab.

Ein einziges Schiff. Genau.

Es zeigt, wie groß diese unterfangen sind.

Man sieht einen Staubsauger, der über dem Meeresboden hinweg fährt und alles einsaugt.

Für die Flora und Fauna am Meeresgrund kann das ja nicht gut sein.

Die bildliche Darstellung des Staubsaugers ist ziemlich treffend.

Da geht dann eben dieser Arm nach unten und der zermalmt alles, was unten ist, saugt den Sand ein.

Da wird dann auch alles zerschreddert und saugt den Sand in das Boot auf.

Da wird der Meeresgrund sterilisiert.

Das ist auch für die Ökosysteme nicht gut.

Da wird alles gedrückt oder eben dann auch wieder später.

In diesen Schiffen werden die Sandkörner sortiert.

Was zu fein ist oder zu grob ist, wird einfach wieder über Bord geworfen.

Das heißt, das fällt dann eben irgendwo.

Das sind Gebiete, die nicht unbedingt vom Abbau betroffen waren.

Aber das fällt denen dann einfach auf den Kopf.

Das hat auch Auswirkungen, weil die Fische beispielsweise sind sehr auf ihrer Sicht angewiesen.

Wenn dann eben die Trübung zunehmend, dann kann das Auswirkungen haben,

weil die zum Beispiel ihre Beute nicht mehr sehen und dann hat das weitere Auswirkungen auf die Nahrungskette.

Das kann schon weitreichend sein.

Abgesehen vom Abbau auf dem Meeresgrund ist auch der Abbau an den Küsten beispielsweise ein Problem also auf dem Strand.

Weil da eben auch der Strand eine Schutzfunktion für die Küstenregionen hat.

Erstens gegen die Erosion, weil da wird immer wieder Sand abgetragen.

Und wenn man schon Sand wegnimmt, dann ist die Küste weniger geschützt, aber auch gegen Sturmfluten.

Und jetzt eben auch mit dem Klimawandel die steigenden Meeresspiegel, die eben da auch dann diese Küste bedrohen können.

Und dann ganz wichtig ist auch, dass je mehr das Wasser, das Meerwasser eigentlich an die Küste gelangt oder mehr reingeht,

dann werden auch die Grundwasserleiter bedroht.

Also da könnte dann das Grundwasser versalzen.

Also das ist dann auch noch ziemlich relevant.

Und genau diese Küstenregionen sind auch sehr wichtig für Ökosysteme.

Also Vögel, Meeresschildkröten beispielsweise.

Und wenn man da den Sand abträgt, dann freuen sich weder die Tiere noch die Touristen.

Also das hat mehrere Facetten.

Du hast vorhin neben der Gewinnung im Meer auch die Flüsse erwähnt.

Ich stelle mir vor, auch dort hat das große Einflüsse, wenn man dort Sand nimmt, auf den Fluss und uns die Pflanzen und Tiere, die dort leben.

Ja, da kann man eben auch erwähnen, dass mit diesen Baggern wird dann meistens entweder im Flussbett oder auf den Flussufern abgebaut.

Und dies ändert aber auch die Morphologie des Flusses.

Das heißt, der Fluss des Wassers wird beeinträchtigt.

Oft, wenn man in der Mitte gräbt, dann wird der Fluss plötzlich schneller und sinkt ab,

weil der sich dann eben durch die Erosion noch tiefer eben in das Flussbett reingräbt.

Sand wird eben auch noch weggespült.

Und das hat dann Auswirkungen auf eben die ganze Vegetation, die dort ist,

weil die Grundwasserspiegel können dann eben auch runter gehen, weil der Wasserpegel weiter unten ist.

Und das kann dann eben auch soziale Auswirkungen haben,

weil das sind dann eben die Brunnen, auch wo die Leute ihr Wasser eben herhaben.

Wenn der Grundwasserspiegel sinkt, liegen sie dann plötzlich brach.

Und da sieht man dann auch, dass eben auch für die ganze Fischerei hat das dann Auswirkungen,

weil nicht mehr das gleiche Habitat vorhanden ist.

Das heißt, gewisse Fischarten können sich dann nicht mal mehr vermehren.

Und das kann ein ganzes System eben durcheinander bringen.

Und was ich vorher vielleicht noch nicht erwähnt habe,

zum Meer, was jetzt eben nicht der Abbau im Meer betrifft, aber eher an den Küsten,

da wird relativ viel Sand abgebaut, eben auch in unkontrollierter Art und Weise.

Weil da kommen sie dann mit einem Lastwagen und mit einer Schaufel und graben den Sand ab,

weil das auch eine der einzigen Einkommensquellen ist in gewissen Regionen.

Das möchte ich gerade darauf zu sprechen kommen.

Man spricht auch von illegalem Sandabbau, wie ich gelernt habe.

Wie unterscheiden sich dann legaler und illegaler Sandabbau?

Das gibt es ja dann auch noch.

Ja, generell kann man sagen, dass man hier unterscheiden muss zwischen unkontrolliertem Abbau

oder illegalem Abbau.

Unkontrolliert ist, wie ich vorher beschrieben habe, die Leute bauen Sand ab,

weil es gibt keine Rechtsprechung diesbezüglich.

Es ist nicht illegal, weil es gibt keine Regeln.

Also die dürfen das abbauen.

Und illegal ist dann eher, wenn sie gegen die aktuelle Rechtslage machen.

Und das hat dann oft auch Konsequenzen, dass das mit mehr Gewalt einhergeht.

Weil die Dorfbewohner oder beispielsweise die Fischer, die wehren sich dann.

Und das hat dann eben auch Konflikte zur Konsequenz.

Und da kann ich ein Beispiel zu Jamaika bringen, beispielsweise.

Dort ist eines nachts einfach der ganze Sand eines Strandes abgetragen worden.

Da sind sie mit Lastwagen gekommen, mit Schaufeln, aber auch mit Gewehren,

um eben diesen Widerstand zu brechen.

Gefährlich wird es auch, wenn Journalisten beispielsweise zudem eine Berichterstattung machen.

In Indien sind bereits zehn Journalisten gestorben.

Also die wurden ermordet.

Und so viel ich weiß in Kolumbien auch.

Man kann also sagen, eine Schattenwirtschaft, eine Mafiöse,

die aufgezogen wird neben einer boomenden Wirtschaft noch nebenher,

einfach weil es so lukrativ ist.

Und ich denke, da braucht es genau verlässliche Informationen und Daten.

Und das halt ja auch am Zusammentragen.

Das Grid arbeitet mit einer Beobachtungsstelle, der Marine Sandwatch.

Gibt es denn bisher wirklich zu wenige Daten zur Sandindustrie?

Ja, das kann man so sagen.

Weil bisher hat man Sand als banales Baumaterial abgestempelt.

Und da war das Interesse für eine gesamte Datensammlung nicht unbedingt sehr groß.

Aber jetzt wird man sich bewusst, dass das ein strategisches Material ist

und dass man da eben auch planen sollte.

Planung ist schwierig ohne die richtigen Daten.

Und deshalb hat das Grid jetzt eine Plattform entwickelt, Marine Sandwatch,

die sich spezifisch auf den Abbau auf dem Meeresgrund,

dem sogenannten Sand dredging befasst.

Und dabei haben wir mit dem Global Fishing Watch zusammen gearbeitet.

Das ist eine Organisation, die Fischer boote anhand von ihren Koordinaten tracked

und somit schauen kann, wo gefischt wird, ob in Schutzgebieten gefischt wird oder nicht.

Und jetzt haben wir das für Sand dredging entwickelt.

Und das funktioniert so, dass wir eben diese Koordinaten haben

und Boote, die das machen, die haben auch ein gewisses Bewegungsmuster.

Die fahren so Zick-Zack-Linien.

Und mithilfe von künstlicher Intelligenz konnten wir eben diese Daten so verwerten.

Und wir können mittlerweile 60 Prozent der Aktivität oder der Boote identifizieren.

Das möchten wir gerne verbessern, aber das sind wir noch dran.

Das ist ja aber auch noch ein neues Gebiet, da wird sicher noch vieles gehen.

Ich möchte zuerst aber noch mal zurück hierher ein bisschen kommen.

Du arbeitest ja auch zur Sandgewinnung in der Schweiz.

Wie sieht es denn hier bei uns aus?

Das Schweiz ist ein Land, das an Sand und Kies relativ ressourcenreich ist.

Das ist auch, weil wir viel Gletscheraktivität hatten.

Und diesbezüglich ist es auch interessant, weil die Mehrheit der Ressourcen situiert sich im Mittelland.

Und wir haben aber nicht unbedingt eine globale Übersicht über die Sandvolumen,

die in der Schweiz verfügbar sind, wie das vielleicht andere Länder haben,

weil in der Schweiz ist eben das ganze Management der Ressourcen auf kantonaler Ebene geregelt.

Das heißt, es ist sehr heterogen, wie das ganze Management angegangen wird.

Aber schweizweit gesehen kann man sagen, dass wir eher ein Problem mit dem Zugang zu diesen Ressourcen haben,

weil sich da verschiedene Nutzungen überschneiden.

Also da gibt es beispielsweise eben auch die Nutzung der Landwirtschaft oder der Forstwirtschaft,

die ganze Infrastruktur, die ganzen Städte, aber auch die Naherholungsgebiete

und dann auch die Natur- und Grundwasserschutzgebiete.

Also da muss man schon sagen, dass man nicht alle Ressourcen, die wir haben, auch wirklich nutzen kann.

Und dies hat man ja auch gesehen, als bei der Collin du Mormont in Lausanne

ein großer Widerstand eben auch gegen die geplante Erweiterung der Abbauteidigkeit von Holzheim.

Da war, von Umweltaktivisten, und da sieht man schon auch,

dass die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht unbedingt so groß ist.

Niemand möchte eine Kiesgruppe gerade in der Nachbarschaft.

Und da muss man vielleicht schon auch sagen, das ist ein Komplex,

weil gleichzeitig wird viel gebaut, wir brauchen Sand, aber niemand möchte den Sandaufbau bei sich.

Aktuell importieren wir 20% der Ressourcen und 80% kommt da aus der Eigenproduktion.

Und dabei wird auch generell gesehen für die Zukunft, auch die Wiederverwendung des Recycling von Beton,

aber auch von Alternativen, Sandalternativen wichtig sein.

Da werden wir noch etwas genauer darauf eingehen, weil ein wichtiger Punkt ist ja auch eben so,

was wir schon zuvor hörten, Sand ist nicht nachhaltig im Sinne,

es entsteht zwar wieder in diesen dynamischen Gebieten, neben Flüssen oder auch im Meer ein Stück weit,

aber halt nicht den Spannen, in denen das für den Menschen irgendwie nutzbar sein könnte.

Und ich denke, das ist ein globales Problem, das haben wir ja nicht nur hier in der Schweiz.

Wie siehst du denn die Entwicklung global mit diesem Hunger nach Sand?

Der globale Hunger wird auf jeden Fall nicht nachlassen,

weil es wird ein großes Bevölkerungswachstum geben, insbesondere in Asien und Afrika.

Bis 2050 wird sich die Bevölkerung in Afrika verdoppelt haben.

Dazu kommt noch eine weit verbreite der Landflucht, das heißt, die Leute werden vom Land in die Stadt ziehen.

Und es wird viel neuer Infrastruktur gebaut werden,

weil gerade auch um die Sustainable Development Goals eben anzubeilen,

ist auch eine Entwicklung der Infrastruktur nötig.

Und das wird in einem Bauboom resultieren.

Da wird man Sand brauchen und der wird auch genommen werden.

Wenn das nicht vorher geplant wird und reguliert wird, wird dieser Sand überall abgebaut werden.

Das heißt, auch in sensiblen Zonen und die Umweltkonsequenzen werden dramatisch sein.

Deshalb ist es wichtig, jetzt zu handeln.

Und in einer Konsultation von 2019 mit den afrikanischen Ländern ist dabei auch schon hervorgetreten,

dass das jetzt schon ein Problem ist.

Alle Länder haben gesagt, das ist bei uns jetzt schon ein Problem.

Und eben in Anbetracht der Bevölkerungsentwicklung und der anderen Faktoren wird das sicher auch weiterhin der Fall sein.

Um genau solche Probleme ansprechen zu können und sich wirklich darauf fokussieren zu können,

dann habt ihr einen Bericht verfasst mit zehn Empfehlungen, vor allem an Regierungen.

Vielleicht, was steht da drin und auch weiter gedacht, was kann man sagen,

was gibt es denn vielleicht für Alternativen, wenn wir weniger Sand zumindest brauchen möchten?

Ja, genau, also das ist dieser Bericht.

Der ist letztes Jahr eben rausgekommen und der wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren kreiert

und der richtet sich an Regierungen, aber auch an NGOs und die Zivilgesellschaft.

Und generell der erste Punkt, der wichtigste Punkt ist, Sand ist ein strategisches Material

und das muss als das anerkannt werden.

Weil beispielsweise, wenn jetzt ein Staat Konzessionen vergibt,

dann ist es auch möglich, die nötige Infrastruktur zu tätigen, weil das sind große Investitionen

und dann kann man eben auch besser abbauen in diesen Sand und Kiesgruben.

Wenn man das nicht macht, dann wird sich diese ganze Sandabbau auf die einfach zugänglichen Gebiete beschränken

und dort sind dann die Umweltauswirkungen auch größer.

Und generell heißt es, dass man auch mit der lokalen Bevölkerung schauen müsste,

weil die wissen meistens am besten, was auch die weiteren Auswirkungen sind auf die Umwelt etc.

Und man kann auch sagen, dass da eine Interessensabwägung geschehen muss.

Was sind die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen?

Und welches sind die auch im Bereich Umwelt?

Und welches ist der wirtschaftliche Benefit, den wir jetzt vom Abbau haben?

Also, dass man das auch ein bisschen ins Gleichgewicht bringt.

Vielleicht noch die zweite Nachfrage.

Was können wir tun, um weniger Sand zu brauchen?

Was gibt es für Alternativen?

Wo können wir hin?

Also generell kann man sagen, dass man den ganzen Konsum reduzieren sollte.

Dass man eben vielleicht auch zweimal nachdenken müsste, ob braucht es jetzt das Infrastrukturobjekt?

Können wir das optimieren?

Vielleicht auch alte Gebäude oder ältere Gebäude länger nutzen,

nicht unbedingt sofort neu bauen, eher reparieren.

Dann, wenn man eben weitergeht unter den Gebäuden,

vielleicht abbricht, dass man das auch alles recycelt

und dann andere alternative Baustoffe braucht.

Jetzt kann ich gerade das Beispiel der Schweiz bringen.

Da haben wir beispielsweise ein Projekt zum KVA Schlackensand.

Okay, rechts verbrennen wir Sand, Lagen, Schlacke, schönes Wort.

Und da wäre das Ziel, dass man die Metalle eigentlich auf diesen Resten,

diesen Abfallresten entnimmt, diese wiederverwenden kann

und nachher die Reste waschen würde, eben behandeln würde

und diese als Sand für die Betonproduktion brauchen könnte.

Weil aktuell wird diese KVA Schlacke in Deponien abgelagert.

Das heißt, es wird nicht genutzt, es braucht viel Platz.

Beispielsweise die West-Schweizer Kantone haben fast keinen Platz mehr in den Deponien.

Und gleichzeitig kostet das auch was, eben diese ganze Ablagung in Deponien.

Und da könnte man eine Win-Win-Lösung finden,

indem man eben diese Reste verwerten würde

und dann eben auch wirtschaftlich gesehen einen interessanten Markt kreieren könnte.

Also es gibt Hoffnungsschimmer auch in dieser Entwicklung, dass sich da noch etwas tut.

Wir sind bereits am Ende dieser Episode.

Danke herzlich, Julia Marty, für die sehr spannenden Einblicke in deine Arbeit.

Das hat mich wirklich sehr gefreut.

Vielen Dank.

Ja, und wenn du mehr zum Thema Sand und dem Verschwinden des Sandes erfahren möchtest,

dann klick doch auf die Beschreibung dieser Episode.

Dort findest du unter anderem ein Link zur erwähnten Dokumentation,

aber auch zur Marine Sandwatch-Plattform, die neu ins Leben gerufen wurde,

sowie auch ein Link zum Report Discret.

In diesem Sinne, danke herzlich.

Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

Sand ist überall: im Beton unserer Gebäude, in unseren Kosmetika, in unseren Glasflaschen und in den Mikroprozessoren unserer Computer. Sand ist nach Wasser die am zweithäufigsten verwendete natürliche Ressource. Doch: Wir verbrauchen zu viel davon. Wegen unseres Sandhungers droht nicht nur Knappheit, der Sandabbau gefährdet auch Ökosysteme. Giulia Marti von GRID Geneva (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) erklärt, weshalb Sand keine nachhaltige Ressource ist und was es mit der Sandmafia auf sich hat, die in vielen Ländern auf dem Vormarsch ist.

📣 Mit Recherchen und Kampagnen setzt sich Public Eye für eine gerechtere Welt ein und kämpft gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale, die ihren Ursprung auch in der Schweiz haben.

 🖥 Schau den Podcast auf Youtube: https://youtu.be/Fu1PSm4N_BI 

 

🔎 Hintergrund & weiterführende Informationen

Dokumentarfilm von Arte «Sand: Die neue Umweltzeitbombe», 2013, https://youtu.be/T801BaCGJlk?si=ej_PmPZMQxsITgf2

Recherchen vom Journalist*innen Konsortium Forbidden Stories «Sand mafias silence journalists in India», Juni 2019, https://forbiddenstories.org/sand-mafias-silence-journalists-in-india/ 

UNO Report «Sand and Sustainability: 10 Strategic Recommendations to Avert a Crisis», 26.04.2022, https://www.unep.org/resources/report/sand-and-sustainability-10-strategic-recommendations-avert-crisis 

Marine Sand Watch : https://unepgrid.ch/en/marinesandwatch

 

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📰 Impressum

Produktion: Public Eye https://www.publiceye.ch/de/ 

Moderation: Nico Meier https://www.audon.ch/ 

Gästin: Giulia Marti, GRID Geneva, https://unepgrid.ch

Kamera & Schnitt: Planfilms https://planfilms.ch/ 

Jingle & Sound Design: Julien Matthey https://julien-matthey.com/ 

Studio: https://podcast.elitia.ch/ 

Dokumentarfilm von Arte «Sand: Die neue Umweltzeitbombe», 2013, https://youtu.be/T801BaCGJlk?si=ej_PmPZMQxsITgf2