NZZ Akzent: Warum macht China in Afrika TV-Serien?

NZZ – täglich ein Stück Welt NZZ – täglich ein Stück Welt 10/11/23 - Episode Page - 17m - PDF Transcript

Das hört sich nach Protesten an. Wo sind wieder was passiert?

Ja, das sind Proteste. In Nairobi kam es im Februar zu großen Demonstrationen.

Und zwar protestierten dort Händler und auch die Bevölkerung gegen einen Supermarkt aus China, den China-Square.

Der Grund ist eigentlich auch ganz lustig, und zwar weil die Preise zu billig war dort im Supermarkt.

Also die haben die lokalen Händler unterboten mit den Preisen.

Und das hat für Unmut gesorgt, weil das natürlich das Geschäft kaputt gemacht hat, der kenianischen Händler.

Und unser Korrespondent Samuel Mesterli war damals vor Ort und hat mit den Leuten gesprochen.

Und einer hat ihm gesagt, China kommt jetzt hier zu uns und benimmt sich wie ein neuer Kolonialherd.

Und das ist genau das, was China natürlich vermeiden will.

Für sie ist es extrem wichtig, dass sie ein gutes, ein positives Bild abgeben.

Denn sie sind dabei, ihre Macht massiver auszubauen auf dem Kontinent.

Diese machtfülle China-Sinafrika beunruhigt einen Teil der Bevölkerung.

Um dem entgegenzuwerten, investiert China viel in die Propaganda, sagt Ausland Redaktorin Katrin Büchenbacher.

Ich bin David Vogel.

Was heißt denn das eigentlich sehr präsent in Afrika?

Also China ist der wichtigste Wirtschaftspartner von Afrika und der größte Investor in den Kontinent.

Also China hat begonnen, massive Kredite zu sprechen für Infrastrukturprojekte in Afrika.

Also Häfen hat China gebaut, Brücken, Straßen, ganze Parlamentsgebäude und sogar ganze Städte.

Und das hat mit Xi Jinping zu tun, dem Staats- und Parteichef in China.

Und als er 2013 an die Macht kam, hat er ein Projekt lanciert, die Neue Seidenstraße.

Kira möchte sich so neue Handelswege schließen, Partnerschaften vertiefen und auch Verbündete gewinnen in der ganzen Welt.

Und so landeten die in Afrika 2013?

Ja, weil Afrika war von Beginn weg ein sehr zentraler Ort für diese Neue Seidenstraße.

Aber es gibt ja auch andere Länder, die diese Kooperation mit afrikanischen Ländern suchen und eben auch Kredite vergeben, wie die Chinesen das machen.

Wie konnten denn die Chinesen die Afrikaner so gut überzeugen?

Also wenn man jemandem ein Geschenk macht, dann braucht es nicht mehr so viel Überzeugungskraft.

Und die Kredite waren ein Geschenk?

Nein, natürlich nicht nur, aber das war ein sehr gutes Angebot.

Zu sehr guten Konditionen die Kredite und für Projekte, die wirklich reale Bedürfnisse befriedigt haben.

Und wo sich auch die Machthaber, die Herrscher zum Teil auch profilieren konnten, bei den Wäldern belieben machen konnten.

Aber China hat natürlich ein großes Argument.

Und zwar hat sich China ja in den letzten 30 Jahren rasant entwickelt, hat den Wohlstand massiv gesteigert.

Das bricht für sich. Also China kann damit punkten in Afrika, weil die afrikanischen Länder denken, ah, wegen das China kann, dann schaffen wir das vielleicht auch.

Also das heißt, China präsentiert sich als reales Vorbild.

Ja, genau. Und diese wirtschaftliche Zusammenarbeit kommt, China sagt immer, no strings attached.

Also sie sagen nicht, ihr müsst Reformen einleiten, ihr müsst euch demokratisieren.

Solange die Regierung stabil ist, möchte China die Zusammenarbeit führen.

Eine Weltbank oder Europäer, die würden das natürlich machen.

Die sagen, wir geben euch die Kredite, aber zuerst müsste diese und diese Hausaufgaben gemacht haben.

Ja, weil China ist das einfacher.

Ist denn die Rechnung wirtschaftlich gesehen aufgegangen für China in den letzten 10 Jahren?

Also da muss man klar sagen, nein. Also es hat sich wirtschaftlich gesehen für China in Afrika nicht wirklich gelohnt.

Also viele der Länder konnten die Kredite nicht zurückzahlen und standen teilweise sogar vor dem Staatsbankrat.

Und China musste da neue Kredite sprechen, um das zu verhindern.

Also wirtschaftlich gesehen war das wirklich, die Balance ist durchzogen.

Aber China hat natürlich durch diese massive Präsenz auf dem Kontinent an Einfluss gewonnen.

Und sich als Partner dieser Länder etabliert und Verbündete geschaffen, also politisch sehr stark profitiert.

Und in vielen afrikanischen Ländern ist einfach China überall, also nicht nur kinesische Supermärkte,

sondern die Chinesen selber sind dort, also kinesische Arbeiter, Händler.

Ja, also das ist eine sichtbare Machtausdehnung.

Und dann kommt noch etwas dazu.

Und zwar hat China von Anfang an auch seine Softpower ausgedehnt.

Softpower?

Ja, im Gegensatz zu Hardpower, das wirklich auch militärische Macht umschließt, ist Softpower eher die kulturelle Macht.

Also ein gutes Beispiel ist die USA.

Also mit ihren Hollywood-Filmen haben sie ihre Werte auf der ganzen Welt verbreitet.

Und man hat alles in allem gesehen, ein sehr positives Bild von der großen Demokratie der USA.

Das ist uns sehr nahe dieser Kultur?

Ja, also die Softpower der USA ist sehr stark.

China möchte das auch und hat deswegen zum Beispiel die Confucius-Institute ins Leben gerufen.

Das sind Schulen, wo man chinesisch lernen kann, aber auch viel über die chinesische Kultur.

Die bieten zum Beispiel T-Terminien an Kung-Fu-Kurse, Filmabende usw.

Also es geht wirklich darum, China besser kennenzulernen.

Tut doch nicht.

Ja, China ist ja auch nicht das erste Land, dass solche Schulen auf der ganzen Welt errichtet.

Das Goethe-Institut ging dem voran, wo man Deutsch lernen kann auf der ganzen Welt.

Und die Allianz-Françise, die übrigens auf Afrika immer noch mehr als dreifach so viele Schulen haben, wie es Confucius-Institute gibt.

Wie viele gibt es denn?

In Afrika gibt es 60.

Und unproblematisch sind sie aber doch nicht.

Man weft ihnen oft vor, dass sie ein Instrument sind, das Einfluss ist aus China und das ist auch nicht falsch.

Weil diese Schulen sind nicht die Goethe-Institute im privaten Gebäude und gebracht,

sondern die arbeiten direkt mit Hochschulen zusammen und werden von China komplett finanziert

und halten dann von diesen Universitäten Legitimation in der Form von Räumen und zum Teil auch Geld.

Und so können sie zum Teil auch Einfluss nehmen.

In die Hochschulpolitik und in die Ausbildung der Studenten?

Ja, und auch auf chinesische Studenten, die dann an diesen Schulen studieren.

Wie viel ist jetzt das? 60 Confucius-Institute?

Das ist relativ viel. Es gibt ungefähr 500 auf der ganzen Welt.

Man muss aber sagen, da hat es große Überschiebungen gegeben in den letzten Jahren, also besonders seit 2018,

sind viele solche Institute geschlossen worden in den USA, aber auch in Europa.

Gleichzeitig aber sind neue Institute aufgegangen in Südamerika und in Afrika.

Gerade im April ist in Djibouti wieder ein solches Institut eröffnet worden.

Also auf Afrika wächst die Zahl der Confucius-Institute.

Wären sie bei uns immer stärker in die Kritik geraten?

Aber fairerweise muss man doch sagen, wie du schon erwähnt hast,

mit dem Goethe-Institut und der Allianz-Française,

viele Länder, viele Sprachkulturen versuchen mit ihren Instituten irgendwie kulturell Menschen an sich zu binden auf fremderen Kontinenten.

Ja, auf jeden Fall. Und China geht aber noch ein Schritt weiter.

Und zwar in bereichte Bildung. Dort vergeben sie Stipendien zum Beispiel an afrikanische Studierende.

Also sie finanzieren ganze Abschlüsse in China.

Dabei sind auch Lebenshaltungskosten, Wohnungen auf dem Campus in China.

Und das hat natürlich schon einen sehr großen Einfluss auf diese Leute,

weil vor der Pandemie waren das 80.000 afrikanischen Studenten, die in China studiert haben.

Und du musst dir vorstellen, wenn du in einem anderen Land lebst, ein, zwei, manchmal vier, fünf Jahre,

automatisch entwickelst du eine bestimmte Verbundenheit für diese Kultur, für das System, wie das funktioniert, ein gewisses Verständnis.

Und wenn du dann auch noch so viel finanziert bekommst von diesem Staat, kann es auch sein, dass man sich ein bisschen verpflichtet fühlt.

Und die meisten kennen zurück und dann sind sie hoch angesehen, haben einen guten Abschluss und können dann meistens auch gute Stellen ergattern.

Und das alles dank China. Das ist ja dann bei ihnen tief drin verwurzelt.

Diese Soft Power Mittel, die da angewendet werden, das sind ja bis jetzt alles so Mittel, die, wie soll ich sagen, für eine gewisse Elite gedacht sind,

also für ausgebildete Schülerinnen und Schüler aus den afrikanischen Ländern.

Aber diese Proteste, die wir am Anfang gehört haben auf den Straßen von Nairobi, das war quasi die Wut des einfachen Mannes.

Ja, und das ist auch keine Ausnahme.

Also wenn man mit der Bevölkerung spricht, die sehen die chinesischen Präsenz sehr skeptisch.

Also einerseits sehen sie die großen Vorteile dieser der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, dass er auf eine Chance gibt, zum Teil Jobmöglichkeiten.

Andererseits gibt es auch Kritik gegenüber der chinesischen Präsenz.

Und wie gehen die Chinesen damit um?

China versucht nun auch über Massenmedien an diese breite Bevölkerung in Afrika heranzukommen.

Das ist nicht ganz neu, also es gab in Vergangenheit auch schon Filme, zum Beispiel Wolf Warrior und dann Ebola Fighters,

wie sich China da als Helfen gegen die Ebola-Pandemie darstellte.

Also das sind beides Actionfilme?

Ja, das sind Actionfilme, die sind in China in den letzten Jahren sehr, sehr beliebt.

Also immer ist China irgendwie der Held und rettet die Welt.

Aber jetzt in einer neuen Serie verfolgt China einen ganz anderen Ansatz.

Und zwar stellt sich China als Partner auf Augenhöhe dar.

Das ist eine Art erster Serie und sie heißt Welcome to Melele Village auf Englisch.

Das beginnt sehr klassisch, also man sieht da Bilder, die man so kennt,

dass in Afrika Filmen, also Savane, also Gnussgeraffen, Marseille Kriege, ein paar Dorfbewohner.

Und dann sieht man diesen Einarzt, der irgendwie aus einer persönlichen Krise hinaus nach Afrika geht

und alle fragen ihn, warum machst du das?

Und dann landet er irgendwo, ihm nirgendwo.

Und dann realisiert man aber, diese Serie ist anders.

Also China ist dann nicht nur der Retter, die helfen die Hand,

sondern da gibt es eine echte Begegnung von diesen chinesischen Ärzten,

mit den Ärzten in Tanzania, mit den Leuten vor Ort.

Also man sieht, die spielen zusammen, essen zusammen, feiern zusammen und retten zusammen,

eine Art Beziehung auf Augenhöhe.

Was ist denn das Ziel jetzt, wenn man das so darstellt?

Also das Ziel ist schon Propaganda, also auf beide Seiten für ein chinesisches Publikum,

aber auch vor allem für das afrikanische Publikum.

In China kann man sie bereits online schauen, in Afrika noch nicht,

aber da gibt es bereits Verträge mit öffentlich-rechtlichen Senden

und das wird ausgestrahlt und synchronisiert auf verschiedene lokale Sprachen.

Und das Marketing für diese Serie läuft über die beiden Botschaften.

Also auf Twitter zum Beispiel haben die beiden Botschaften bereits die Trailer geteilt.

Und im fünf-Jahres-Plan der Kommunistischen Partei ist diese Serie sogar erwähnt,

als Teil dieses Propaganda-Auftrages, um Chinesesoftpower-Auftragen zu erfüllen.

Wir sind gleich zurück.

Also Katrin, wir haben Confucius-Institute, die ein bisschen zugespitzt gesagt,

wie Pilze aus dem Bodenschießen auf dem afrikanischen Kontinent.

Wir haben einen regen Studentenaustausch.

Und wir haben diese Serie, die auf Augenhöhe Chinesen mit Afrikanern präsentiert.

Funktioniert denn diese Softpower-Strategie überhaupt?

Man kann schon sagen, dass die zu einem gewissen Teil erfolgreich war,

weil es gibt verschiedene Umfragen und die zeigen,

dass China's Bild in Afrika weiter als positiver ist als bei uns.

Man sieht auch Chinas Rolle in der Welt als eher konstruktiv an.

Was diese Serie anbelangt, also die wurde ja noch nicht ausgestrahlt,

aber es ist klar, dass die westliche Populärkultur, also zum Beispiel Basketball in den USA,

oder die Rapmusik in den USA und die Medien wie sie in den WBC,

die haben eine große Gleibwürdigkeit und Beliebtheit in Afrika,

das ist sehr schwer für China aufzuholen.

Aber China ist dabei, sich zu etablieren, auch als Softpower-Macht.

Da sieht man auch an den Medien, also CGTN zum Beispiel hat in Afrika lokale Moderatoren,

das ist der sehr präsent.

Das ist der staatliche Fernsehsender?

Genau, und Singhua, die staatliche Nachrichtenagentur,

die wird schon sehr oft verwendet von Medien in Afrika,

auch weil sie kostenlos ist.

Also ich denke, das ist eine Entwicklung, die muss man beobachten

und man muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass China keine bloße Handelsmacht ist

und auch nicht nur eine wachsende Militärmacht,

sondern China wird in Afrika zu einer zunehmenden Softpower-Große macht.

Liebe Katrin, vielen Dank.

Danke dir.

Darf ich?

Das war unser Akzent.

Produzent dieser Folge ist Sebastian Panholzer.

Ich bin David Vogel, bis bald.

Copyright WDR 2021

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.

China baut seine Macht in Afrika immer weiter aus. Jetzt sogar mit einer neuen TV-Serie. Die chinesische Präsenz wird zwar vielerorts wohlwollend akzeptiert, teilweise aber auch mehr als kritisch beäugt.

Gast: Katrin Büchenbacher, Redaktorin

Host: David Vogel

Produzent: Sebastian Panholzer

Weitere Informationen zum Thema: https://www.nzz.ch/international/china-in-afrika-eine-tv-serie-zeigt-chinesische-aerzte-als-retter-ld.1758240

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