Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.: Schweizer Banken: Die nächste Krise kommt bestimmt
Public Eye 6/27/23 - 24m - PDF Transcript
Der Untergang der Creditswiss ist für viele Schweizerinnen und Schweizer ein herber Imageverlust.
Dabei steht weit mehr auf dem Spiel als nur das Image der Schweiz.
Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.
Herzlich willkommen bei Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext. Mein Name ist Nico Mayer.
Ja, die Creditswiss hat sich in die Arme der UBS gerettet, doch diese neue Riesenbank,
die wird von einigen nicht nur als too big to fail, also zu groß zum Scheitern beurteilt,
sondern teilweise sagen auch Expertinnen und Experten, sie sei too big to rescue,
also zu groß, um gerettet zu werden.
Bei mir im Studio ist jetzt Stefan Leins, Junioprofessor für Ethnologie mit Schwerpunktkulturen der Ökonomie
an der Uni Konstanz und Autor des Buches Stories of Capitalism inside the role of financial analysts,
also Geschichten des Kapitalismus in der Rolle der Finanzanalysten.
Herzlich willkommen Stefan.
Vielen Dank für die Einladung.
Ja, gleich als erstes die Frage, ist denn diese neue Riesen-UBS wirklich too big to rescue?
Ja, ich glaube, das ist sie.
Wir hatten ja vorher schon zwei riesige Banken, jetzt wird es eine noch größere Bank.
Ich weiß halt nicht, was die Mechanismen dahinter noch sein könnten,
mit denen man dann so eine Monsterbank dann auch noch retten könnte,
ist nicht auszuschließen, dass es da Mechanismen gäbe.
Aber die Frage ist ja eigentlich, wollen wir das wirklich,
eine so große Monsterbank für die Schweiz?
Ja, es bleibt auch die Frage, würde einer so großen UBS dasselbe passieren wie einer CS,
das vielleicht nicht ganz ausgeschlossen ist, was man denn überhaupt noch tun könnte,
wie könnte man reagieren, oder?
Ja, absolut.
Also du sagst jetzt nicht ganz ausgeschlossen.
Ich glaube, die Geschichte zeigt einfach, es ist relativ plausibel,
also wir müssen damit rechnen,
Krisen sind dem Kapitalismus in der Rent,
gerade in einem finanzialisierten Kapitalismus,
also dass irgendwann irgendwas wieder passiert,
was dieses Unternehmen an den Abgrund bringen wird,
das ist eigentlich gesichert.
Aber was würde so etwas für die Schweiz bedeuten?
Für die Schweiz wäre es natürlich eine Katastrophe.
Also ich finde, was 2008 mit der UBS schon passiert,
ist eigentlich eine Katastrophe.
Was jetzt mit der Credit Suisse passiert, ist eine Katastrophe.
Und auch das Weitere, es wäre eine noch etwas größere Katastrophe.
Ja, und es gab zwischen 2008 und dem Fall der Credit Suisse,
es gab diese Vorbereitung.
Da wurde viel gemacht auf verschiedenen Nebens.
Was heißt das denn jetzt nun in der Vorbereitung auch für diese neue Großbank,
diese Riesen-UBS, was kann sie tun?
Ja, also ob so viel gemacht wurde,
das würde ich jetzt tatsächlich ein bisschen bezweifelt.
Natürlich gibt es oder gab es neue Regulierungen,
natürlich haben da intelligente Leute rumstudiert,
wie man so was verhindern könnte,
was eben 2008 passiert ist.
Aber ich habe ja kurz nach 2008, also 2010,
bis 2012 bei einer Großbank selbst geforscht.
Ich habe dort mein erstes großes Forschungsprojekt geleitet
und dort gab es wirklich diese öffentliche Debatte,
dass man gedacht hat, das wird jetzt wirklich alles anders.
Und wenn wir jetzt gucken,
müssen wir leider sagen, dass so anders ist es halt nicht.
Und das zeigte sich jetzt auch in diesem Fall Credit Suisse.
Wo liegt denn dieser Unterschied,
wenn man damals gedacht hat,
doch jetzt ist dieser Veränderungswille da,
warum ist das nicht passiert?
Ich glaube, das Problem ist,
sobald sich die Dinge ein bisschen normalisieren,
dann denken die Leute oder viele Leute,
dass man eben irgendwie geht es ja schon weiter
und dann helpt man sich quasi gerne an die alten Rezepte.
Das ist ja eine Sache.
Die andere Sache ist natürlich,
das sind global agierende, sehr einflussreiche Akteure,
die natürlich über Lobbyismus,
über wirtschaftliche Macht,
aber auch politische Macht
eben die Institutionen gerade in der Schweiz
sehr stark beeinflussen können,
die eben kein Interesse daran haben,
dass sich so viel ändert.
Aber eigentlich müssten Sie doch dieses Interesse haben.
Es geht ja auch um Ihren Fortbestand.
Ja, das stimmt.
Aber da muss man vielleicht wirklich ein bisschen
in die Banken rein sehen,
um zu gucken, wie diese Institutionen funktionieren.
Als ich in meiner Forschung war
und das mittlerweile immer noch so,
also so gute Bankmanagerinnen
die haben eine Durchschnittszeit
von vier bis sechs Jahre,
wo sie bei einer Institution sind.
Also natürlich gibt es da Ausnahmen,
aber die wechseln tatsächlich oft
die Banken,
die Institution, in denen sie arbeiten.
Auch da ist es so ein relativ
starker
starker Marktlogik,
die da spielt
und man geht dann eben
vielleicht wieder zu Konkurrentinnen und so weiter.
Das ist eben ein Problem.
Man findet in diesen Institutionen
wenige Leute,
die sagen,
ich identifiziere mich zu 100 Prozent
mit diesem Unternehmen.
Nein, die sind dort, die tun ihre Arbeit,
aber die langfristigen Risiken
über die
machen sich die wenigsten Leute
in Banken
oder auch anderen globalen Unternehmen
eigentlich Gedanken.
Aber wenn wir von diesen alten Rezepten sprechen,
was waren denn das für Rezepte
und vielleicht auch, wie müssten
die neue und bessere Rezepte aussehen?
Also nach 2008
das war die Subprime-Krise,
da wurde in diesem Zuge,
musste auch die UBS gerettet werden staatlich.
Da gab es eine sehr starke Diskussion
um die Rolle
von Risikomanagement,
gerade im Investmentbanking.
Und das ist dann in den folgen Jahren
ein bisschen aus dem Fokus geraten.
Man hat dann auf
diesem Kapital fokussiert,
Liquidität
fokussiert, das ist jetzt etwas,
was ich gezeigt habe,
war jetzt im konkreten Fall,
also jetzt im aktuellen Fall
gar nicht so
oder weniger relevant
zumindest.
Aber das Schöne ist in dem Sinne,
dass diese Diskussion
um Risikomanagement
einigermaßen
ein bisschen wieder zurückgekommen.
Zum Beispiel in der Form von einem Trennbankensystem,
das diskutiert wird.
Das Abspalten eines Investmentbankings
ist das das oder was versteht man da drunter?
Ja genau, also ich meine,
das Trennbankensystem
ist letztendlich einfach die Vorstellung,
was man historisch auch lange hatte,
gerade in den USA gab es das lange,
große Zeit des 20. Jahrhunderts,
dass eben Investmentbanking
und private Geschäftsbanken,
damit meinen wir zum Beispiel
alltägliche Transaktionen
dass das eigentlich getrennt,
institutionell getrennt sein musste.
Das ist
wahrscheinlich nicht die Lösung für alles,
es wäre aber
schon ein wichtiger Schritt
dahingehend, um einfach
diese riesige Institution,
also die
kommende UBS,
die jetzt am entstehen ist,
einfach runterzubrechen,
um die einzelnen Einheiten
auch kontrollierbar zu machen
und auch stärker
zu schauen,
wo sind die Verantwortlichkeiten,
weil diese zwei Großbanken
dann jetzt bald nur noch eine
oder jetzt schon nur noch eine
die haben in dem Sinne
das Problem, dass sie Universalbanken sind.
Also die tun so viele Dinge
wirklich, ich könnte dir niemals
in einem Satz sagen, was die tun,
weil das einfach gar nicht möglich ist.
Die machen, die haben Sparke
und die
die regelenden Zahlungsverkehr,
die geben
Hypotheken raus,
die agieren an Währungsmärkten,
die helfen Firmen dabei
an die Börse zu kommen,
die investieren in Hedgefonds und so weiter.
Also es sind so viele
Bereiche, die die abdenken
in ihren Tätigkeiten
und alles quasi unter einem Brand
und das ist schon ein Problem.
Also wenn man das quasi in einzelne
Einheiten zerstücken könnte,
dann hätte man die Möglichkeit
da einfach anzusetzen
und dann auch wenn irgendetwas schief läuft,
also einerseits
verringert man dann die Chance
der Systemrelevanz, dass man sagt,
okay, wenn irgendetwas passiert,
sind nicht zwangsläufig alle betroffen,
auf der anderen Seite kann man dann
wirklich eher über Verantwortlichkeiten
sprechen.
Aber gerade als Schweiz zum Beispiel
müssen wir uns ja auch diese Gedanken stellen,
weil eine Kredis, wie es konnte,
durch die UBS gerettet werden,
eine zweite Rettung scheint eben offenbar
nicht machbar, nicht möglich.
Was müssen wir denn in der Schweiz leisten
können, dass so irgendetwas
überhaupt funktionieren kann
oder was müsste da passieren aus der Sicht der Schweiz?
Ja klar, also eben aus Schweiz
oder beziehungsweise die politischen
Akteurinnen in der Schweiz,
die müssen sich eben diese Frage
dezidiert stellen. Also was können wir jetzt
tun, um in 10, 15, 20
oder vielleicht auch 5 Jahren
im gleichen Punkt zu sein.
Und da glaube ich, ist
eine zentrale Sache, ist wirklich
die Frage der Verantwortung.
Also Leute, die jetzt in den letzten Jahren
jetzt bei der Kredis Schweiz am
Drücker waren und diese Dinge
so beeinflusst haben
oder Entscheidungen getroffen haben,
die können für das ja nicht hafbar
gemacht werden
oder kaum hafbar gemacht werden.
Und das muss sich ändern, also diese Leute
müssen quasi hafbar
gemacht werden für Entscheidungen,
die sie treffen. Anders funktioniert es nicht.
Sonst sind die Leute schon längst wieder
über den Berg, sie haben ihre Bonis gekriegt,
sie haben gute Löhne gekriegt,
sie haben quasi die Welle mitgeritten
und profitiert und sind dann wieder weg.
Nun kann man aber vielleicht auch argumentieren
und sagen, gut, wenn die Schweiz
nun das als Vorgabe setzt
und international hat man diese Vorgaben nicht,
können denn Schweizer Banken
überhaupt so noch existieren?
Ja, das ist so, das ist ein klassisches
Argument, oder? Dann gehen alle nach
Singapur, war ja auch ein schönes Argument,
also schöne Anführungslustzeichen
während der Konzernverantwortungsinitiative
und gesagt, ja die Schweiz
wäre dann nicht mehr konkurrentsfähig.
Jetzt sind wir
ein paar Jahre nach der Abstimmung,
sehen wir einen Punkt, wo die EU
eigentlich quasi ein Mechanism
oder ein Regelwerk hat,
das ähnlich wie die
Konzernverantwortungsinitiative
funktioniert und alle haben es
außer die Schweiz, oder?
Und das ist halt so ein Spiel, was die Schweiz sehr gerne tut.
Natürlich könnte die Schweiz,
also man muss ja da sehen,
also wenn wir über die Schweiz sprechen,
wir sprechen ja nicht über irgendeinen
marginalen Player,
wir sprechen über die Nummer 1
mit Abstand, globale Nummer 1
der Offshore
Vermögensverwaltung.
Wir sprechen, oder wenn wir jetzt von
Rohstoffhandel sprechen,
wir sprechen über den absoluten Nummer 1
auf der Handelsplatz
für Rohstoffe.
Natürlich könnte die Schweiz
eine Führungsrolle übernehmen
und Dinge auch implementieren,
die andere nicht haben.
Ich glaube nicht, dass das
dem Sektor so schaden würde.
Lass mir den Rohstoffhandel mal noch
beiseite und fokussiert nochmal auf die Bank nehmen.
Wie seht ihr denn eine Bankenlandwirtschaft
der Schweiz aus, wenn man wirklich auch sagt,
man hat diese Learnings gemacht,
man setzt die um, was denkst du,
dass die Banken da stehen müssten?
Die Schweiz dafür,
für meinen Begriff zumindest,
darf gerne ein Bankenland bleiben
im Sinne von,
dass da Banken nach wie vor eine
relevante Rolle spielen.
Darum geht es ja nicht, aber ich glaube,
was sich wirklich immer wieder
als äußerst problematisch
gezeigt hat, ist einfach,
dass das System
relevante Institutionen sind,
die dann quasi letztendlich die
Demokratie gefährden.
Wenn wir uns z.B. die Pressekonferenz
anschauen, dort wurde ja
eigentlich nicht an die Leute
in der Schweiz gesprochen,
Steuerzahler innen und so weiter.
Also du bist von der Pressekonferenz
mit Bundesrettin Karin Keller,
von 19. März, ja genau.
Sondern dort wurde eigentlich
wirklich an den Markt
kommuniziert.
Also der Sinn der Kommunikation war quasi,
dass man jetzt zuerst mal die Märkte
beruhigt. Und da muss man sich schon
fragen, also wollen wir das?
Wollen wir eine Politik, die
in erster Linie mal zu den Märkten
spricht und dann in zweiter Linie
zu uns
spricht?
Ja, auf jeden Fall. Und ich denke auch,
diese Situation, die dazu geführt hat,
mündet ja auch
darin, dass dieses Vertrauen gefehlt
hat. Das ist ja auch das, wo sehr viele
Anlegerinnen und Anleger das Geld
bei der Kredisi ist abgezogen haben,
wie kommt so ein Vertrauensverlust
denn überhaupt zu Stande?
Wie kann so eine Situation passieren?
Also das Bankgeschäft ganz allgemein
ist ein Vertrauensgeschäft.
Ich glaube, da kommt man nicht drumherum.
Das ist einfach so.
Ich gebe mein
erworbenes Geld,
gebe ich einer Bank,
die verwaltet das für mich,
egal ob ich jetzt das aktiv anlege
oder ob das einfach quasi
Anführungsschlusszeichen nur auf dem Sparkonto
liegt.
Und ich weiß aber gleichzeitig,
dass die Bank
dieses Geld jetzt nicht in physischer Form
irgendwie in einem Tresor lagert,
wo ich dann noch den Schlüssel dazu hätte.
Und da das nicht so ist,
brauche ich Vertrauen.
Also ich muss vertrauen, dass diese Bank
mir morgen das Geld wieder zurückgibt,
wenn ich es dann brauche.
Also diese Vertrauensbasis
immer da im Banking, das ist ganz klar.
Die Sache, wann wird es
problematisch, und da kommen wir jetzt auf den Fall
Credit Suisse zu sprechen,
problematisch wird es tatsächlich
dann,
wenn ein Vertrauensverlust
da ist, der sehr schnell
geschieht, der dann in kürzester
Zeit dazu führt, dass sehr viele
Gelder abgezogen werden.
Dann funktioniert
das Prinzip, wie die Banken agieren,
eben nicht mehr.
Und das haben wir ja gezeigt.
Bleiben wir konkret bei der Credit Suisse.
Was hat in diesem Fall zu diesem
gigantischen Vertrauensverlust geführt?
Ja, also ich meine, da muss man sagen,
dass es kommt ja nicht von ungefähr.
Wenn man die Geschichte, die jüngere Geschichte
der Credit Suisse anschaut,
ist das einfach eine Geschichte
mit Skandalen,
also die haben ja wirklich nichts ausgelassen
von
Skandalen in der Mitarbeiter,
Innenführung, also ich denke jetzt
ein Spionage-
Observations-Skandal,
dann Sachen mit Hedgefonds,
also investitionsbezogene
Skandale, teilweise sogar
Vermarktmanipulation,
im Währungskontext und so weiter.
Also
der Vertrauensluste, der
kommt nicht einfach von ungefähr,
da hat eine ganz klare Gründe,
warum das so weit kommt.
Und die Sache mit Finanzmärkten
ist dann halt aber immer,
und das ist etwas, was ich auch in meinem Buch
sehr stark darauf fokussiere,
dass wir halt nicht wissen,
wie sich das oder auf welche Orten
weiße sich das dann ganz konkret
an den Märkten abspielt.
Ein Punkt, der hier ins Feld geführt wird,
ist immer wieder diese Bonus-Mentalität,
die auch herrscht bei Banken.
Dazu hast du auch in deinem Buch
über diese Mentalitätsfragen ja auch
geschrieben. Du hast dafür
eine Recherche betrieben, wirklich
im Banking drin, diese Mentalitäten
auch analysiert.
Was hast du dabei vorgefunden? Gibt es so
eine Bonus-Mentalität?
Ist die ein Ding?
Die ist natürlich ein Ding.
Ja, also die Leute handeln eben,
also die haben keine Loyalitäten
gegenüber der Institution an sich,
also der Bank an sich,
sondern die handeln natürlich
ökonomisch incentiviert, die
gucken darauf möglichst ihre Löhne
zu maximieren und eben
als Teil des Packages, wie man dann
so schön sagt, auch die
Boni zu maximieren.
Das ist natürlich ein Problem.
Aber ich muss bei dieser
Bonus-Diskussion immer sagen,
es ist nicht das Groh der Mitarbeitenden,
die jetzt Millionen Boni
kriegen würden.
Also die wirklich hohen Boni,
über die wir dann immer gerne
wieder mal sprechen, das ist wirklich
eine Sache des Topmanagements.
Das ist ein Problem, ja,
es ist aber
ein Ergebnis
dieses Systems,
das absurdum geführt
wurde und wehrt, oder?
Also ich glaube nicht, das ist nicht
irgendwie, das ist nicht die Ursache,
dass man sagen würde,
wenn es jetzt keine Boni gäbe,
dann hätten wir kein Problem,
da würde das Ganze anders
laufen. Ich glaube,
es ist ein Puzzleteichen
in wirklich größeren
Sache.
Und trotzdem möchte ich natürlich sagen,
also einfach diese Bonuszahlen,
also einfach unanständig,
umso unanständiger
und umso deplazierter,
wenn man dann sieht,
dass die auch bezahlt werden,
wenn es der Bank eigentlich überhaupt nicht gut geht.
Etwas, was mich dennoch interessiert hat,
wo ich hellhörig geworden bin
bei deiner Untersuchung, auch wirklich
dieser gerade Finanzanalisten,
dieser Mentalität ist,
ich bin ja sehr, sehr schlecht in Mathematik, nicht wahr?
Und für mich war so, Finanzanalist ist immer
zahlen Fakten, Excel-Tabellen kommen,
alles sehr, sehr, sehr rational.
So sehr ist das gar nicht, so schreibst du?
Ja, das versuche ich
im Buch zu beschreiben, also die Sache ist die,
dass selbst,
dass sie, sie können der beste Rechner,
die beste Rechnerin sein,
die Prognosen über
zukünftig im Markt, Finanzmarktentwicklungen
zu machen, das ist
sehr schwierig, weil, wenn man
gesicherte Daten hat,
Dinge, die jetzt in Zukunft kommen,
zum Beispiel eine Zinserhöhung,
dann ist das Problem,
dass es immer sehr schnell im Preis wieder
reflektiert ist, weil all die
anderen TeilnehmerInnen im Markt
ja, das auch tun,
also um quasi
längerfristige Prognosen zu machen,
muss man sich eben auf andere Dinge,
muss man auf andere Dinge zurückgreifen.
Und da kommen
dann eben wirklich Narrative ins Spiel,
mit Narrativen meine ich eben
Geschichten, die man sich erzählt
über zukünftige Entwicklungen, die aber nicht
ausschließlich mathematisch
oder nummerbasiert begründet sind,
sondern die ganz viele
Komponenten beinhalten,
bis zu Astrologie.
Aber wenn das ja schon die Finanzanalyse ist,
also das sehr grundlegende Symbanking,
baut denn darauf nicht auch etwas
auf einem Image, auf einem Bild,
das man hat, das so dann viel
wackeliger ist und das dann genau
mit so einem Vertrauensverlust auch ins
Wankengerät, diese gesamte Bild?
Klar, es hat natürlich einen Grund, warum
du jetzt zum Beispiel bei der Finanzanalyse
oder beim Banking im allgemeinen
in erster Linie an Zahlen denkst
und an Rechnen.
Das hat viel damit zu tun,
dass es natürlich ein Image ist,
was die globalen Finanzmärkte
versucht haben, seit Jahren
Jahrzehnten zu prägen
und zwar auch seinen ganz konkreten
Grund. Man möchte quasi,
wo wollte ich ein Finanzmarkt,
Praktiken aktiv sein
am Finanzmarkt,
irgendwie lösen von diesem Image
der Spekulation oder von diesem
Raum der Spekulation und die
Finanzanalyse oder viele andere Praktiken
sind eben quasi auch
unter anderem ein Versuch zu zeigen
hey, was wir hier machen,
das ist eben nicht einfach wilde Spekulation,
das ist Expertenwissen
basiert, oder?
Aber nun, was mit der Kredisi
passiert ist, ist passiert, es soll jetzt
untersucht werden, es gibt eine PUC,
eine parlamentarische Untersuchungskommission
oder Tabene der schärfste Mittel der
Schweizer Politik, das gab es erst
viermal in der Geschichte der Schweiz.
Gefordert wurde diesen Parlament
auch von Benjamin Rodui,
er sagte im SRF, was diese PUC
denn genau untersuchen soll.
Hören wir doch kurz rein.
Alles, zunächst die
Verantwortung des Bundesrates,
aber auch die der Nationalbank und
der FINMA. Warum mussten
im Allverfahren Maßnahmen ergriffen
werden? Hätte man diese nicht auch
untersucht werden? Also alles
müsste untersucht werden.
Siehst du das auch so, was erwartest du
von der PUC? Also alles,
es ist noch ein schöner Gedanke, wäre
auch meine Hoffnung, aber dafür
ist eben eigentlich die PUC ja nicht
da. Die PUC
untersucht alles politische,
also er hat es ja richtig gesagt,
es geht um die Machenschaften,
also das Nationalrat des Parlaments,
Nationalbank
und FINMA, oder?
Es geht aber nicht um die Machenschaften der Bank
selbst.
Also um auf deine Frage zu antworten,
ja, ich erhoff mir von der PUC
viel. Ich glaube,
das wird spannend sein und wichtig
sein. Es ist auch wirklich
wichtig, auch dass jetzt diese PUC
überhaupt zustande kam,
dass das so einstimmig auch
angenommen wurde.
Ja, aber eben, es wird nicht alles
untersucht. Also eigentlich müsste man
sich schon überlegen, ob man parallel
zu PUC
eine unabhängige Expert-Innen-Kommission
gab es ja auch schon,
also jetzt Stichwort Berger
Kommission, also
Rolle der Schweiz im zweiten
Weltkrieg, so etwas parallel
das wäre eigentlich spannend von
Expert-Innen getragen, die dann quasi
wirklich in alle Bereiche rein
sehen, eben nicht nur die politischen
Prozesse, sondern tatsächlich auch was
innerhalb von der Credit Suisse und auch
der Uber selbstverständlich geschehen ist.
Also erwähnt eben die Finanzmarktaufsicht
FINMA wird angeschaut, die Nationalbank
aber auch die Rolle des Bundesrates.
Was denkst du, wo siehst du da noch den größten
Handlungsbedarf oder die größten
Punkte, wo die PUC wirklich
hinschauen kann, wo siehst du die?
Ja, ich glaube schon die Rolle
der FINMA wird zentral sein.
Auf jeden Fall für mich zentral
war ein riesiges Fragezeichen
für viele Leute, die das jetzt verfolgt
haben. Also warum ist
eigentlich im Herbst, also im Oktober,
diese Abflüsse gab?
Warum ist dort nicht mehr passiert?
Warum hat die FINMA so defensiv
kommuniziert?
Ich kenne dort die genauen Prozesse nicht
oder ich habe keinen Einblick,
was dort hinter den Kulissen
passiert ist oder passiert.
Aber ich glaube, das wird
oder wäre jetzt quasi, wenn ich ein Wunsch
Settel hätte, wäre das sicher zu
oberst, dass man sagt, was ist
eigentlich nochmals genau die Rolle der FINMA
und wie kann man die aktiv stärken
um eben in Zukunft
solche Dinge entgegenzuwirken.
Und da ist es ja
für mich jetzt auch offen,
also quasi, ob die
FINMA nicht aktiv auftreten möchte
oder ob sie nicht aktiv auftreten
kann, weil sie diesen
politischen Auftrag auch nicht hatten.
Vielleicht froh wäre, wenn man da
irgendwie diesen
Auftrag erweitern würde.
Danke vielmals Stefan Leins
für diese sehr, sehr spannenden
Ausführungen und Einblicke.
Danke dir.
Ja, und wenn euch das Thema mehr interessiert,
gerade die Mentalität im Banking,
dann empfehle ich euch Stories of Capitalism,
das Buch von Stefan Leins
und für alle weiteren Themen aus dem
Universum vom Public Eye empfehle ich euch
natürlich ein Abo bei uns, ihr könnt
die Podcasts entweder sehen auf YouTube
oder dort hören, wo auch immer ihr eure
Podcasts bezieht. Herzlichen Dank.
Und bis zum nächsten.
Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.
Wenn sich der Bundesrat in seiner Medienkonferenz nur noch an «die Märkte» wendet und nicht mehr an die Bevölkerung, so ist das kein gutes Zeichen für die Demokratie. So geschehen beim Untergang der Credit Suisse. Nun steht die Schweiz mit der UBS-Monsterbank im Wohnzimmer da – und die nächste Bankenkrise kommt bestimmt. Wo wird das enden? Stefan Leins, Professor für Ethnologie an der Universität Konstanz, spricht mit Nico Meier über Kapitalismus, einer überforderten Politik und eine Kultur der Verantwortungslosigkeit in den Banken.
📣 Mit Recherchen und Kampagnen setzt sich Public Eye für eine gerechtere Welt ein und kämpft gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale, die ihren Ursprung auch in der Schweiz haben.
🖥 Schau den Podcast auf Youtube: https://youtu.be/yj6liFLDUf4
🔎 Hintergrund & weiterführende Informationen
Stefan Leins (2018): «Stories of Capitalism. Inside the Role of Financial Analysts», https://press.uchicago.edu/ucp/books/book/chicago/S/bo27442087.html
Interview mit Stefan Leins in der Repubik (28.03.2023): «Und am Ende war sie bloss noch ein schlechter Witz», https://www.republik.ch/2023/03/28/warum-die-credit-suisse-das-vertrauen-verloren-hat
Public Eye Artikel: «Suisse Secrets: Die ewigen Skandale der Credit Suisse und des Schweizer Finanzplatzes», https://www.publiceye.ch/de/themen/korruption/suisse-secrets-die-ewigen-skandale-der-credit-suisse-und-des-schweizer-finanzplatzes
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Public Eye «Handbuch für Wirtschaftskriminelle» (2021): https://swisscorruption.ch/
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Gast: Stefan Leins, Junior Professor Ethnologie, Universität Konstanz, https://www.soziologie.uni-konstanz.de/leins/
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