Inside Austria: Österreichs Rolle im Nahostkonflikt

DER STANDARD DER STANDARD 10/21/23 - Episode Page - 50m - PDF Transcript

Dieser Podcast wird unterstützt von A1.

Die Terrorangriffe auf Israel sind auf der Schärfste abzulehnen.

Es gibt unzählige Opfer, Frauen, Kinder, Familien.

Das sagt Österreichs Bundeskanzler Karné Hammer bei einer Pressekonferenz

kurz nach dem verheerenden Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober.

Der Kanzler stellt klar, Israel kann sich sicher sein, dass wir immer an seiner Seite stehen.

Wir haben eine besondere Verantwortung auf unserer Geschichte.

Und wir werden Israel jetzt auf diesem Weg, der sehr bitter ist für die Menschen in Israel, nicht im Stich lassen.

Österreich hat tatsächlich ein besonderes Verhältnis zu Israel.

Und da geht es nicht nur um die Mitschuld an den Verbrechen im Holocaust.

Denn der Grundstein für die Idee eines jüdischen Staates wurde in Wien gelegt.

Theodor Herzl begründet zum Ende des 19. Jahrhunderts die politische zionistische Bewegung.

Und es ist deshalb auch kein Wunder, dass das heutige Israel auf Herzl

als seinen Stammvater, seinen Gründungsvater hinauf schaut.

Viele Jahrzehnte später wird dann ein weiterer Österreicher zum Vermittler im Konflikt zwischen Israel und Palästina.

Der sozialdemokratische Bundeskanzler Bruno Kreisky.

Er sieht die Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung als das große Problem.

Er avancierte gleichermaßen zum Feindbild wie zum Helden, zum Buhmarn, Israels und vieler jüdischer Organisationen, jedoch zum Freund der arabischen Welt.

Denn Kreisky, selbst Jude, setzt sich vor allem für die Interessen der Palästinenser ein.

Kreisky hat Arafat zu einer Zeit eingeladen, wo natürlich die Palästinenser, also die PLO und Arafat noch weit davon entfernt waren,

das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Also das war wirklich ein Tabu-Bruch.

Ich bin Lucia Heisterkamp vom Spiegel.

Und ich bin Antonia Raut vom Standard.

In dieser Folge von Inside Austria schauen wir auf die österreichische Rolle im Nahostkonflikt.

Wir sprechen über zwei Österreicher, die die Geschichte Israels geprägt haben.

Und wir fragen, ob Österreich jetzt im Krieg wieder eine entscheidende Rolle als Vermittler einnehmen könnte.

Der Herzlberg in Jerusalem ist ein Hügel im Westen der Stadt.

Ich war da schon mehrmals, es ist sehr grün und der Lärm der Stadt verstummt zumindest ein bisschen.

Auf einem großen Platz steht da ein schwarzer Grabstein. Darin eingraviert ist in hebräischer Schrift der Name Herzl.

Der Herzlberg in Jerusalem ist nach Theodor Herzl benannt, den Begründer des politischen Zionismus,

also der Idee, dass Jüdinnen und Juden ihren eigenen Staat brauchen.

Herzl hat also Israel, wie es heute existiert, maßgeblich geprägt und seine Begründung vorangetrieben.

Und zwar von Wien aus.

Theodor Herzl wurde 1860 im heutigen Umgang geboren, damals ein Teil der österreichischen Habsburg Monarchie,

in Pest, heute ein großer Teil vom Budapest, in eine jüdische, typische Aufsteigerfamilie.

Das ist Erik Frey, er ist Leitender Redakteur beim Standard.

Ich bin auch jüdisch und als Jude in Wien aufgewachsen und dadurch war Theodor Herzl natürlich immer eine Figur,

die auch in meinem Leben und auch in meinem Interessen eine wichtige Rolle gespielt hat.

Die Zeit, in die Herzl geboren wird, ist eigentlich so was wie das goldene Zeitalter für Jüdinnen und Juden in Europa.

Natürlich gibt es auch damals Antisemitismus, aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

haben Juden in Europa eigentlich mehr Aufstiegsmöglichkeiten als je zuvor.

Juden konnten erstmals studieren, sie konnten sehr, sehr viele Berufe ergreifen,

die ihnen früher, auch vor der Emanzipation, vor dem napoleonischen Zeitalter,

fast überall aus einem religiösen Antisemitismus verwehrt wurden.

Und viele Juden nutzen diese neuen Möglichkeiten, vor allem den Zugang zu den Universitäten dann umso mehr.

Die Anwaltschaft, die Medizin, der Journalismus wurden ganz stark von Juden geprägt,

auch die Finanzen, auch das Unternehmertum.

Theodor Herzl beginnt 1878 Rechtswissenschaften zu studieren.

Erst damals 18 Jahre alt und seine Familie ist gerade von Ungarn nach Wien übergesiedelt.

Wo eigentlich die größte jüdische Gemeinde überhaupt in Mitteleuropa war.

Herzls Verhältnis zum Judentum ist dann für die damalige Zeit recht typisch, es sagt Erik Frey.

In Ungarn, wo Herzl aufwächst, gibt es schon damals eine ziemlich liberale Auslegung des Judentums.

Seine Familie ist zwar Teil einer Synagoge, doch so richtig religiös ist Herzl nicht.

Das heißt Herzl war auch von seiner Jugend her zwar traditionell geprägt, hat eine starkes jüdisches Identität gehabt,

aber weder war religiös, form noch gläubig und hat letztlich auch nicht die jüdischen doch sehr strengen Gesetze in seinem Alltag eingehalten.

Auch der Student Herzl kann mit Religion wenig anfangen.

Stattdessen wird der Mitglied in der deutschen Nationalen Burschenschaft Albia.

Die Albia gibt es heute immer noch. Sie gehört zu den Pflichtschlagenden Verbindungen und erst im Mai dieses Jahres,

wurde in deren Räumlichkeiten eine Hausdurchsuchung durchgeführt,

weil Gäste behauptet haben, dort Bücher mit Nazilitern und Hakenkreuzen gesehen zu haben.

Die Ermittlungen wurden schließlich aber eingestellt.

Das Ausgerechnet der Jude und vordeckante Staat des Israel Theodor Herzl in einer rechtsextremen Burschenschaft Mitglied war,

das hat uns zumindest überrascht.

Man muss aber dazusagen, Studentenverbindungen sind Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts noch deutlich progressiver.

Da stehen vor allem bögerliche Ideale und durchaus liberale Ideen im Vordergrund.

Und das war damals auch typisch, dass auch jüdische Studenten, die sich irgendwo diese ganzen allgemeinen Kulturzugehörig gefühlt haben,

sagen, da bin ich dabei.

Doch während Herzl in Wien studiert, ändert sich das gesellschaftliche Klima für Jüdinnen und Juden.

Sie sind immer mehr Anfeindungen ausgesetzt.

Oft hat das auch mit Neid zu tun auf die mächtigen Positionen, die viele mittlerweile besetzen.

Oder auf die florierenden Unternehmen, die sich viele jüdische Familien in verhältnismäßig kurzer Zeit aufgebaut haben.

Diese Emanzipation, dieser Aufstieg wurde zu einer Kontroverse.

Juden wurden angefeindet und wurden auch zu einem politischen Spielball.

Politische Parteien beginnen sich, die Vorurteile und den Antisemitismus in der Bevölkerung zu Nutze zu machen.

Ein Voran-Einpolitiker springt in Wien auf diesen Zug auf.

Wir Christlich-Sozialen stehen allen christlichen Ständen freundlich gegenüber.

Wir bekämpfen nur eine Nation, die Juden.

Es gab die christlich-soziale Partei, die von Karl-Lueger geführt wurde.

Und Karl-Lueger war ein deklarierter Antisemit, wobei er auch viele jüdische Freunde hatte.

Sein berühmter Satz war, wer er jüd ist, bestimmen ihn.

Aber er hat den Antisemitismus auch eigentlich als politisches Mittel genutzt, um Wahlen zu gewinnen.

Lueger wird schließlich sogar Wiener Bürgermeister.

Er gilt rückblickend als antisemitischer Vordenker Adolf Hitler.

Und Theodor Herzl erlebt gegen Ende seiner Studienzeit immer mehr Anfeindungen.

Herzl war antisemitischen Reden, pamphleten, ausgesetzt und hat sich irgendwann einmal

innerhalb seiner Burschenschaft gegen eine solche Rede, die dort gehalten wurde, gewährt.

Doch niemand reagiert darauf.

Weil ihn das so entpäuscht, tritt Herzl aus der Burschenschaft aus.

Oder er wird rausgeworfen, so ganz klar ist es nicht.

Sein Studium der Rechtswissenschaften schließt Herzl trotzdem ab.

Aber eigentlich brennt er für etwas ganz anderes.

Sein Interesse, seine Begeisterung war für die Literatur.

Er hat begonnen, Stücke und Essays alles zu schreiben

und gleichzeitig auch als Journalist zu arbeiten für die neue freie Presse.

Herzl geht als Korrespondent nach Paris.

Der Antisemitismus ist dort zu der Zeit eigentlich viel weniger ausgeprägt als etwa in Wien.

Doch dann kommt es zu einem antisemitischen Skandal, der Herzl's Denken entscheidend prägen soll.

Es gab einen Spionagefall im Generalstab der Franzosen

und das war damals in der Zeit so kurz nach der Niederlage gegen die Deutschen

im deutsch-französischen Krieg eine besonders heikle Sache.

Und ohne genau zu wissen, wer dafür verantwortlich ist,

wurde der einzige jüdische Offizier dort im Generalstab.

Das war Alfred Dreifuss verantwortlich gemacht.

Es gibt einen Prozess und obwohl klar ist,

dass der jüdische Offizier Dreifuss gar nicht der Spion sein kann, wird er verurteilt.

Und im Zuge dieser Verurteilung, das Gerichtsverfahren zu der Verurteilung,

kam es zu antisemitischen Ausschreitungen, zu Massendemonstrationen,

wo plötzlich die französischen Juden erstmals gemerkt haben,

auch bisher sie angefeindet wurden.

Nicht nur für die französischen Juden ist das ein Schock.

Herzl wird im Zuge der Ausschreitung vielleicht zum ersten Mal wirklich klar,

wie stark der Antisemitismus in Europa ist.

Dass Juden, egal was sie tun, immer zuerst als Sündenböcker herhalten müssen.

Theodor Herzl lebt zu dieser Zeit ein gut integriertes,

eigentlich ziemlich ruhiges und sicheres Leben in Wien.

Das will er nicht gern aufgeben und er überlegt zunächst,

was Juden denn tun könnten, um den Anfeindungen zu entkommen,

ohne Europa und ihre Situation dort verlassen zu müssen.

Aber Herzl wird dann klar, dass diese Idee in der Praxis nicht wirklich funktionieren kann.

Denn erstens wollen viele Menschen ihre jüdische Identität nicht einfach aufgeben.

Und zweitens haben sich viele nicht religiöse Juden,

ja schon an die christliche Mehrheitsgesellschaft angepasst

und werden trotzdem noch diskriminiert.

Deshalb bleibt er schließlich bei einer anderen Idee hängen.

Tag war der Gedanke, Juden brauchen das, was viele Völker schon haben

oder alle Völker in Europa anstreben, nämlich in den eigenen Staat.

Hier ist Herzl auch ein Kind seiner Zeit.

Im 19. Jahrhundert ist der Nationalismus allgegenwärtig.

Jetzt ist Herzl natürlich nicht der erste, der die Vorstellung

einer Heimstätte für Juden entwickelt.

Im Gegenteil, der Gedanke, dass die Diaspora der Jüdinnen und Juden

nach Zion zurückkehrt, also die vertriebenen Juden

in das Land zurückkehren, in das sie Gott der Bibel nachgeführt hat,

dieser Gedanke ist sehr, sehr alt.

Da geht ja eigentlich schon 2.000 Jahre zurück seit der Beginn der Zerstreuung

der Juden aus dem damaligen Palästina und aus dem Römischen Reich.

Das Gebiet Palästina, aus dem die Juden einst vertrieben wurden,

gehört im 19. Jahrhundert zum Osmanischen Reich.

Dort leben schon damals Juden, aber vor allem Araber und auch einige Christen.

Schon vor Herzl wandert eine ganze Bewegung an Juden,

insbesondere aus Osteuropa, nach Palästina aus,

weil sie aus dem russischen Zahnreich vertrieben werden.

Diese Auswanderer wollen in der Wüste im Nahen Osten

eine neue Art des Zusammenlebens schaffen,

mit religiösen und utopischen Ideen, wie Eric Frey sagt.

Und diese erste Auswanderungswelle, die im Vergleich noch relativ klein war,

wird auch genannt die erste Aliya.

Das war die erste Welle, die eigentlich den Zionismus begründet hat.

Theodor Herzl ist aber der erste, der diese Vision eines modernen Nationalstaats für Juden entwirft,

quasi nach europäischem Vorbild.

Sein Buch der Judenstaat erscheint 1896,

knapp 50 Jahre, bevor Israel dann tatsächlich gegründet wird.

Und das war eine Sensation.

Und vor allem war es eine Sensation,

weil diese osteuropäischen Zionisten, die sich so ein bisschen als unterdrückt

nachgefühlt haben, sehen jetzt diesen großen Intellektuellen,

diesen stattlichen Herren mit diesem großen schwarzen Bart,

da aus Wien, aus der Hauptstadt herauskommen und sagen,

liebe Leute, ihr habt Recht und diese Idee ist etwas, was wir wollen.

Theodor Herzl wird zum Gesicht der politischen zionistischen Idee.

Religion spielt für ihn keine große Rolle.

Er will einen Staat für Jüdinnen und Juden errichten,

um ihnen Souveränität, Sicherheit und Stabilität zu bieten.

Und was besonders interessant ist, wo sich der Staat befindet.

Das ist für Herzl relativ egal.

In seinem Buch diskutiert er die Option Palästina, aber auch Argentinien.

Die Briten, die von Herzl's Vision recht angetan sind,

schlagen ihm vor, ein Gebiet im heutigen Uganda dafür zu nutzen.

Unter Israelis wird übrigens heute manchmal über diesen Uganda-Plan gewitzelt.

In Tel Aviv gibt es zum Beispiel eine Bar namens Uganda.

Und die Band Makashua hat ein Song auf Hebräisch geschrieben,

der heißt Lamalo Uganda, also warum nicht Uganda?

Herzl, du hast einen großen Fehler gemacht, du hast das falsche Land ausgesucht.

Warum nicht Uganda, dann wären all die Probleme hier gelöst.

Ob es in Uganda tatsächlich keine Probleme gegeben hätte,

das wollen wir mal infrage stellen.

Aber Herzl hat tatsächlich mit diesem Uganda-Plan der Briten geliebäugelt.

Aber an einem stationistischen Kongresse gab es auch eine Abstimmung dazu.

Und die ging mit großer Mehrheit dagegen aus,

weil damals vor allem die Zionisten, die aus Osterupper kamen,

die auch religiöser waren, die traditioneller waren, gesagt haben,

es kann nur eine einzige Heimat für uns geben.

Nämlich das Land, wo wir herkommen, wo wir vor 2000 Jahren vertrieben wurden.

Wir müssen nach Palästina gehen, oder wie das auch schon damals genannt wurde,

Erretz Israel.

In den folgenden Jahren setzt Theodor Herzl alles daran,

den Judenstaat Wirklichkeit werden zu lassen.

Er schaut gleichgesinnte um sich und gründet die zionistische Weltorganisation.

So verbündete auch über das Judentum hinaus.

Herzl hat seine Hauptaufgabe darin gesehen,

mit den mächtigen Europas, mit dem deutschen Kaiser, mit dem Papst,

mit anderen zu versuchen, die Unterstützung für dieses Projekt zu gewinnen.

Und auch vor Ort im Nahen Osten geht der Wiener Theoretiker in Verhandlung.

Das Osmanische Reich zerbröckelte damals langsam.

Und Herzl hoffte vor allem, dass er mit Hilfe von mächtigen europäischen Herrschern

hier den Sultan vom Osmanischen Reich dazu gewinnen kann,

dem zuzustimmen.

Und darum kämpfte er dann eigentlich die kommenden Jahre.

Besonders interessant ist, viele Nicht-Juden können Herzl's Idee

durchaus etwas abgewinnen.

Entweder aus Antisemitismus, weil sie die Juden loswerden wollen,

oder weil sie den Wunsch nach einem eigenen Nationalstaat durchaus nachvollziehen können.

Wer dagegen nicht viel davon hält, sind die meisten Juden und Juden.

Der Großteil der europäischen Juden standen im Zionismus skeptisch,

sogar ablehnernd gegenüber.

Für eine absolut absurde Idee.

Warum sollen wir hier aus unserem doch für die meisten recht sicheren Leben

im zivilisierten Europa hier in die arabische Wüste ziehen

und dort ein Land aufbauen, los, weil es halt in der Bibel so steht?

Theodor Herzl's Idee von einem Nationalstaat für die Juden

ist also schon damals heiß umstritten.

Er selbst hat die Gründung dieses Staates übrigens nicht mehr erlebt.

Herzl stirbt schon 1904 mit gerade einmal 44 Jahren.

Er war damals bei ziemlich schlechter Gesundheit

und hat dann auch noch eine Lungenentzündung bekommen.

Der Staat Israel wird erst 40 Jahre später dann tatsächlich Realität.

Der Holocaust macht plötzlich auf eine grausame Art deutlich,

wie dringend Juden einen eigenen Staat brauchen.

Trotzdem gilt Herzl als dessen geistiger Vorreiter.

Es kann ja gut sein, dass wenn es Herzl nicht gewesen wäre,

wäre jemand anderer gekommen, der die gleichen Gedanken,

den politischen Unterbau der zionistischen Idee geschaffen hätte,

die Idee lag in der Luft.

Aber diese erste politische Unterstützung geht auf die zionistische Bewegung zurück

und diese zionistische Bewegung hat Herzl ganz entscheidend begründet und geprägt.

Und es ist deshalb auch kein Wunder, dass das heutige Israel auf Herzl

als seinen Stammvater, seinen Gründungsvater hinaufschaut

und sagt, ohne Herzl und ohne diesen berühmten Satz,

wenn ihr wollt, dann ist es kein Märchen.

Das hat auch den späteren Zionisten noch mit die Kraft gegeben,

dieses Märchen dann im 20. Jahrhundert tatsächlich zu verwirklichen.

Deshalb wurde Theodor Herzl's Gleichnam auch nach der Staatsgründung nach Israel überführt.

Und dort ruhte auch heute noch eben am Herzlwerk.

In Wien erinnert dagegen ziemlich wenig an diesen historisch so bedeutenden Mann.

Es gibt jetzt nicht das große Denkmal für ihn

in den 90ern wurde dann zum ersten Mal zumindest ein Platz nach Theodor Herzl benannt.

Seit ein paar Wochen gibt es auch eine Gedenkplakette für Herzl,

nämlich in einem Haus in der Berggasse, wo er eine Zeit lang gewohnt hat.

Aber sonst ist Wien sicher nicht die Stadt, wo man auf den Spuren Herzl vieles finden kann.

Da ist in Jerusalem der Stadt, in der er nie gewohnt hat,

eigentlich viel mehr eine Heimat für ihn geworden.

Herzl war übrigens nicht vollkommen verblendet.

Bei der Frage, was es heißt, einen Staat in einem bewohnten Gebiet zu errichten,

ihm war durchaus bewusst, dass in Palästina bereits Menschen leben, die nicht jüdisch sind.

Herzl selbst war ein Verfechter einer liberalen Staatsordnung.

Er war national, aber kein Nationalist.

Er wollte, dass Juden mit Arabern dort gemeinsam leben.

Seine Vorstellung davon, wie die Juden und Juden dort empfangen würden,

die kommen uns allerdings aus heutiger Sicht, naja, zumindest sehr naiv vor.

Und er war auch überzeugt, und da war wohl ein Utopist,

dass die arabische Bevölkerung dort das Eintreffen und die Ansiedlung von europäischen Juden begrüßen würde.

Das war so ein bisschen eine koloniale Vorstellung.

In der Realität sah die Ankunft der jüdischen Siedler freilich anders aus.

Schon ab den 1920er Jahren kam es immer wieder zu Spannungen

und kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen den jüdischen und den arabischen Bevölkerungsgruppen in der Region.

Das begann dieser Art von Bürgerkrieg zwischen Juden, Zionisten und Arabern,

der bis zur Staatsgründung von 1948 anhielt und mit der Staatsgründung 1948 zu einem internationalen Konflikt wurde

und wie wir mit Tragik sehen bis heute auch die dortige Region prägt.

Theodor Herzl hat also in Wien so was wie den geistigen Grundstein für den Stadt Israel gelegt.

Nur sieben Jahre nach Herzl's Tod kommt in Wien dann ein Mann zur Welt,

der sich etwa 60 Jahre später intensiv in den Konflikt einbringen wird,

der später zwischen Israelis und Palästinensern ausbricht.

Diesen Konflikt wollen wir hier ganz knapp im Zeitraffer umreißen.

Und da ein wichtiger Disclaimer, wir sind ein Österreich-Podcast

und noch dazu ist der nach Ostkonflikt so was wie der Entgegner der Diplomatie.

Wer sich etwas tiefer mit diesem komplexen Stück Zeitgeschichte beschäftigen will,

dem empfehlen wir unseren Schwester-Podcast Thema des Tages.

Da ist gerade ein ausführliches Erklärstück zum nach Ostkonflikt rausgekommen.

Wir packen Ihnen den Link in die Show notes.

Trotzdem, ein ganz kurzer historischer Überblick.

Also, wir sind stehengeblieben bei Theodor Herzl's Tod, 1904.

Ein eigener Staat für die Jüdinnen und Juden ist da noch eine abstrakte Idee,

die aber mehr und mehr Anhänger findet.

Zeitgleich wandern tatsächlich immer mehr Juden in das Gebiet des heutigen Staats Israel aus,

allerdings weniger mit Herzl's Vision vor Augen als viel mehr,

weil sie besonders in Osteuropa verfolgt werden.

Diese Einwanderung, die Jüdische hat ein Fahrt aufgenommen,

die haben auch dort teilweise völlig regulärer Land gekauft.

Das ist Gudrun Harra.

Auch sie ist leitende Redakteurin beim Standard und die Naostexpertin in Österreich.

Palästina, wie das Gebiet damals noch heißt,

ist zu dieser Zeit ja eigentlich noch Teil des Osmanischen Reichs.

In den Jahren nach Herzl's Tod werden dort von den ausgewanderten Juden

dann schon die ersten Kibuzim gegründet.

Dorfähnliche Gemeinschaften, die eine neue Art des Zusammenlebens vor Augen haben.

Und während des Ersten Weltkriegs,

erst das Osmanische Reich zunehmend zu Brackeln beginnt,

bekommen die Zionisten dann Unterstützung von den Briten.

Die spielen damals im Nahen Osten mit ihrer Kolonialpolitik eine wichtige

und heute auch sehr umstrittene Rolle.

Die Briten stellen sich einerseits mit der sogenannten Belfardeclaration

von 1917 hinter die jüdischen Auswanderer.

Die Erklärung ist nach dem damaligen Außenminister Arthur James Bell verbenannt und besagt,

dass Großbritannien es positiv sehen würde und dabei helfen wird,

eine nationale Heimstätte für die Juden dort zu errichten.

Also es ist noch keine Rede von einem Staat Israel,

aber dass eben die Juden dort zuziehen können.

Gleichzeitig machen die Briten aber auch Versprechungen gegenüber den Arabern,

dass sie in Palästina einen Königreich errichten dürften.

Sie spielen also ein doppeltes Spiel,

was der Region dann schon bald zum Verhängnis werden soll.

Während Herzl, wie wir schon gehört haben, ihr damit gerechnet hat,

dass die Juden in Palästina herzlich in Empfang genommen werden,

sah die Realität dann halt doch anders aus.

Je mehr Zionisten sich im Gebiet des heutigen Israel niederlassen,

umso mehr Gegenwind bekommen die Siedler auch zu spüren.

Der arabische Widerstand gegen die jüdische Einwanderung war sehr früh da.

Also es hat ja auch schon Gewalttaten in den 20er Jahren gegeben.

Unter den Arabern, die in Palästina leben,

bildet sich in dieser Zeit langsam ein eigenes Nationalbewusstsein heraus.

Sie verstehen sich immer stärker als Palästinenser.

Zu dieser Zeit gibt es das Osmanische Reich bereits nicht mehr.

Großbritannien hat jetzt offiziell das Sagen in Palästina,

sozusagen als Kolonialmacht, leid,

im Auftrag des Völkerbunds, dem Vorläufer der heutigen Vereinten Nationen.

Es gab zwar nicht mehr die direkte Kontrolle, also den direkten Kolonialismus,

sondern es gab Mandate durch den Völkerbund,

die eben an diese Staaten vergeben wurden,

zum Beispiel für die Franzosen in Syrien.

Und die Briten hatten eben dieses Palästinermandat.

Ab den 1920er und 30er Jahren wandern dann immer mehr europäische Juden nach Palästina aus.

Besser gesagt, sie fliehen vor dem zunehmenden Antisemitismus,

der Verfolgung und schließlich Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden im Holocaust.

In Westeuropa wurde natürlich der Druck für Juden und Juden,

aus Europa wegzuziehen und zu Flüchten immer immer größer.

Und diese Zahlen an Zuwanderinnen ist eben gigantisch gestiegen.

Und natürlich auch die Idee, dass man einen eigenen Staat unbedingt braucht,

als einzigen Hörtersicherheit, als einzigen Platz,

in dem man sicher sein kann, in den alle Juden und Juden gehen können,

wenn sie woanders verfolgt werden.

In Palästina führt die starke Zuwanderung allerdings auch zu immer mehr Spannungen.

Die britische Mandatsverwaltung bemüht sich, die Ordnung aufrecht zu erhalten

und beschränkt deshalb fasenweise die Zuwanderung von Juden und Juden.

Schließlich kündigt Großbritannien an, sich aus dem Gebiet zurückziehen zu wollen.

Und die Vereinten Nationen legen einen Teilungsplan vor,

der auf dem Gebiet einen israelischen und einen palästinensischen Staat vorsieht.

Plus Jerusalem soll eine internationale Zone werden.

Die Juden hätten etwas mehr Land bekommen, aber man muss dazu sagen,

auch wenn die Araber mehr Land bekommen hätten, als dieser Unurteilungsplan vorsah,

sie hätten abgelehnt. Also die arabische Seite hat das völlig abgelehnt.

Die Palästinenser und die arabischen Nachbarstaaten

werden sich von Anfang an grundsätzlich gegen einen jüdischen Staat im Nahen Osten.

Nichtsdestotrotz erklärt Israel 1948 seine Unabhängigkeit.

Am 14. Mai 1948 verließ David Ben-Gurion die Unabhängigkeitserklärung.

Er wird Israels erster Ministerpräsident.

Und er lebt dann auch gleich den ersten Krieg des jungen Landes.

Die arabischen Staaten, also die Nachbarstaaten, haben sofort angegriffen.

Und dieser Krieg 1948-49 ist so ausgegangen,

dass nachher Israel mit mehr Territoriumdarstand,

als es 1947 von der UNO zugesprochen bekommen hätte.

Dieser erste arabisch-israelische Krieg

endet mit der Vertreibung hunderttausender Palästinenser aus dem Gebiet.

Es kommt auch zu Massakern und Kriegsverbrechen von israelischer Seite.

Die Palästinenser nennen diese Vertreibung die Nagbar, die Katastrophe.

Sechshunderttausend Menschen flüchten damals in Nachbarstaaten.

Auch viele Nachkommen von ihnen leben noch heute in diesen Flüchtlingslagern.

1949 gelingt es schließlich unter Vermittlung der Vereinten Nationen

einen Waffenstillstand auszuverhandeln.

Doch von Frieden kann in der Region auch in den Jahrzehnten darauf nicht die Rede sein.

Immer wieder greifen Israels Nachbarstaaten das kleine Land an.

Unter den Palästinensern bilden sich militante Terrorgruppen.

Und auch auf israelischer Seite setzen sich immer wieder Kräfte durch,

die das gesamte Gebiet für sich beanspruchen

und anfangen Siedlungen in den besetzten Gebieten zu errichten.

Das ist jetzt alles sehr verkürzt,

aber wir wollen ja wie gesagt nicht den gesamten Nahostkonflikt nach erzählen.

Uns geht es darum, wie sich jetzt Österreich

in diese verworrene Auseinandersetzung einmischt.

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Und Shorts vom Standard finden sie jetzt überall,

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Also ich glaub, da nach Osten war für Österreich immer ein Thema.

Einfach auch, weil er sehr nahe ist.

Und weil Österreich immer dort Interessen gehabt hat.

Sogar der Kaiser hat den Titel König von Jerusalem getragen.

Keine Angst soweit wollen wir jetzt auch nicht zurückgehen.

Wichtig ist für uns an dieser Stelle

Österreichs Haltung im Nahen Osten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Erstaunlich ist, dass nach der Staatsgründung Israels 1948

im österreichisch-israelischen Verhältnis die Verbrechen des Holocaust,

an denen ja Österreich prominent beteiligt war, wenig Rolle spielte.

Österreich erkennt den neu gegründeten Staat relativ früh an

und knüpft auch schon 1956 erste diplomatische Beziehungen.

Viel früher als Deutschland.

Gleichzeitig stellt sich Österreich seine eigenen Verantwortung

für die Verbrechen an Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus

erst sehr spät.

Im Gegenteil, Österreich behauptet lange,

das erste Opfer der Nazis gewesen zu sein.

Dieses Opfer-Narrativ beginnt dann aber mehr und mehr zu bröckeln,

weil es halt einfach auch nicht stimmt.

Erst durch die Kriegsverbrecherprozesse in Österreich,

wo klar wurde, wie wenig Willen zur Aufarbeitung der Vergangenheit da ist,

wurde das immer, immer stärker.

Und diese Zeit kam dann auch rein, Bruno Kreisky,

der ja 1959 schon Ausminister wurde.

Der Sozialdemokrat Bruno Kreisky hat Österreichs nach Ostpolitik

wie wohl kein anderer Politiker im Land geprägt.

Und er hatte eine besondere Rolle.

Kreisky ist generell eine Art Mythos in Österreich.

Sogar Politiker anderer Parteien berufen sich heute gern auf den Bundeskanzler,

der dem Land als solcher länger gedient hat als jeder andere.

Ich habe einmal gesagt, dass es meine Meinung ist,

dass die sozialistische Partei in diesem Fall,

also für den Fall, dass sie zur Führung der Regierung berufen wird,

so regieren muss, dass sie auch das nächste Mal weiter regieren kann.

Und Kreisky war Österreichs erster und bisher einziger jüdischer Bundeskanzler.

Um zu erklären, wer Kreisky ist, müssen wir wieder kurz etwas in der Zeit zurückgehen.

Er wird 1911 in Wien geboren.

In eine wohlhabende jüdische Familie,

die sich allerdings stark an die damalige christliche Mehrheitsgesellschaft anpasst.

Das Judentum ist für Kreisky selbst, so ähnlich wie bei Theodor Herzl,

erst mal nicht besonders wichtig.

Eigentlich erst als andere ihnen deshalb anfeinden, spielt es plötzlich eine Rolle.

Wichtig ist für Kreisky dagegen schon früh der Sozialismus.

Er engagiert sich da schon zu Schulzeiten.

Zuerst bei den sozialistischen Mittelschülern, dann bei der sozialistischen Arbeiterjurent.

Sie hören hier unsere Kollegin Irene Brickner.

Sie arbeitet in der Innenpolitik und Chronikredaktion des Standards

und hat sich für uns die Biografie von Kreisky genau angeschaut.

Sein politisches Engagement fällt in eine sehr dunkle Zeit in Österreich.

Damals kommt es zu bürgerkriegsartigen Zusammenstößen zwischen christlich-sozialen,

sozialisten und auch schon den ersten Nazis.

Am Ende setzen sich die christlich-sozialen durch Engelbert Dolphus regiert autokratisch.

Heute nennt man diese Zeit auch Austrophaschismus.

In dieser Zeit werden die Sozialisten dann politisch verfolgt, auch Bruno Kreisky.

Dann 1935, das war ja also schon nach dem Verbot der sozialistischen Partei,

durch die austrophaschistische Regierung, ist der Bruno Kreisky für 15 Monate inhaftiert worden.

1938 konnte es zum sogenannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland.

Bruno Kreisky wird aufgefordert, sofort das Land zu verlassen.

Wenn nicht, wäre er weiter inhaftiert gewesen und wahrscheinlich in ein Konzentrationslager gekommen.

Und er hat es dann geschafft, nach Dänemark und von dort aus nach Schweden zu fliehen.

Im Exil bleibt Kreisky politisch aktiv, steigt auf und freundet sich unter anderem

mit dem späteren deutschen Bundeskanzler Willy Brandt an.

Nach der Befreiung Österreichs kehrt Kreisky dann aber zurück nach Wien.

1950 wird er wieder bei den Sozialdemokraten aufgenommen und arbeitet sich hoch,

erst als Staatssekretär, dann Nationalratsabgeordneter und schließlich 1959 zum Außenminister.

Für ihn war der Nahostkonflikt, also der israelisch-palästinensische und der israelisch-arabische Konflikt,

immer ein Brennpunkt der internationalen Beziehungen.

Er hat ihn als Angelpunkt im kalten Krieg verstanden.

Kreisky hat zum Staat Israel ein gemischtes Verhältnis.

Da sind einerseits seine eigenen Erfahrungen als Jude im Zweiten Weltkrieg.

Er hat selber geschrieben, dass er, wenn er sich angeschaut hat, wie viele seiner Verwandten ermordet wurden,

ist auf 20 Personen gekommen.

Ja, und man sollte sich auch klar sein, was es bedeutet hat für Juden und Jüdinnen,

kurz nach 1945 in Österreich zu leben, in einem Land, das sich als Opfer des Nationalsozialismus gesehen hat,

aber wo sehr, sehr viele auch Mörder der eigenen Verwandten frei auf der Straße spazieren gegangen sind.

Und ich nehme an, dass das eine sehr, sehr exponierte, unangenehme Sache für den Bruno Kreisky war.

Für ihn ist klar, der Staat Israel ist eine notwendige Reaktion auf den Holocaust.

Die Existenz Israel steht für Kreisky außer Frage.

Er hat ordentlich geschrieben, es gibt Israel nun einmal.

Und deswegen könne man nicht umhin diesem Staat eine Existenzberechtigung zuzubilligen

und diese Existenz auch mit großen Anstrengungen zu sichern.

Gleichzeitig versteht sich Kreisky nicht in erster Linie als Jude, sondern vor allem als Sozialdemokrat.

Und deshalb ist es ihm besonders wichtig, sich mit den unterdrückten Völkern dieser Erde zu solidarisieren.

Er hat die Situation der Palästinenser. Also das werte ich jetzt nicht, ich sage es.

Also er hat das als unterdrückerische Situation gesehen.

Wohl vor allem deshalb engagiert sich Kreisky stark für die Palästinenser.

Zunächst als Außenminister, dann ab 1970 als Bundeskanzler.

Und ersetzt Schritte, die im Westen eigentlich als Tabu gelten.

Einer dieser Tabubrüche erfolgt drei Jahre nach seinem Amtsantritt als Bundeskanzler

bei einem Ereignis, das international für Entsetzen sorgt.

Furchtbar, schwere Entscheidung. Ich bitte, ich wollte gerne fragen, hat jemand schon über Leben und Tod hier zu entscheiden gehabt?

Ja, hat jemand schon hier zu entscheiden gehabt über Leben und Tod, aus dem Krieg?

Ja, das ist die primäre Frage. Ich habe das zum ersten Mal müssen, ja.

Am 28. September 1973 überfallen palästinensische Terroristen einen Zug.

In Macheck, einer Kleinstadt in Österreich.

Zug kommt aus der damaligen Sowjetunion. Darin sitzen 37 Juden, die über Österreich nach Israel auswandern wollen.

Die Terroristen nehmen drei Juden und einen österreichischen Zöllner als Geiseln.

Und haben sie auf einem VW-Transporter in Richtung Flughafen Wind transportiert.

Die Terroristen fordern, dass Österreich das Transitlager schön ausschließt.

Das ist eine Unterkunft für jüdische Auswanderer, die nach Israel wollen und da eine Zwischenstation machen.

Vor allem hat sie sehr gestört, dass aufgrund dieser Art der Auswanderung aus der Sowjetunion

mehr Juden und Jüdinnen nach Israel gekommen sind und das wollten sie nicht.

Sie wollten nicht, dass die Zahl der Juden und Jüdinnen sich erhöht in Israel.

Und Österreichs Bundeskanzler Bruno Kreisky erklärt sich tatsächlich nach nur einem Tag bereit, das Transitlager schön ausschließen.

Gibt also einfach nach. Die Geiseln werden daraufhin freigelassen und die Täter lässt man laufen.

Ich bin nämlich der Meinung, wenn man das Leben von Juden retten will,

da muss man bei den Dreien beginnen, die gerade aktuell bedroht sind.

Die beiden Terroristen sind dann von zwei Piloten, die sich freiwillig gemeldet haben,

nach einigen Zwischenlandungen nach Tripolis in Libyen ausgeflogen worden.

In Israel ist man entsetzt darüber, dass sich Österreichskanzler auf Deals mit Terroristen einlässt.

Nur drei Tage später reist die damalige Premierministerin Golda Meir nach Wien.

Und hat den Kreisky aufgefordert, die Sperre von Shonaue wieder aufzuheben.

Kreisky hat das mit dem Argument abgelehnt, dass er schon vorher Drogen entgegen Shonaue gegeben habe.

Und Golda Meir hat dann diese Besprechung nach zwei Stunden ziemlich wurdentbrannt verlassen.

In der arabischen Welt wird Bruno Kreisky dagegen für seine Vorgehensweise gefeiert.

Dabei meint unsere Kollegin Gudrun Harra, dass es ihm wohl vor allem um das Sicherheitsinteresse seines eigenen Landes ging.

Natürlich wurde das immer als Palästinenserfreundlichkeit Kreisky dann interpretiert,

oder Arabafreundlichkeit, das er ihnen eben nicht so nahe treten will und auf ihre Forderungen eingeht.

Aber es war bestimmt auch ganz stark der Gedanke dahinter, also sozusagen diese Leute von Österreich fernzuhalten.

Die Schließung des Transitlagers in Shonaue führt in der Realität allerdings nicht dazu,

dass Österreich weniger die Auswanderung von Juden nach Israel unterstützt.

Die durchreisenden kommen dann einfach in einer anderen Unterkunft, ganz in der Nähe unter.

Trotzdem genießt Bruno Kreisky fortan einen besonders guten Ruf in der arabischen Welt.

Und er versucht, diese Rolle weiter einzusetzen.

Am 6. Oktober 1973 starten Ägypten, Syrien und weitere arabische Nachbarstaaten

einen Überraschungsangriff gegen Israel.

Es kommt zum sogenannten Yom Kippur Krieg, der im Moment ja öfter mit dem aktuellen Überfall der Hamas verglichen wird.

Auch wenn es eigentlich viele Unterschiede gibt, beide Angriffe haben gemeinsam,

dass Israel davon eiskalt überrascht wird.

Einen Monat später reist Kreisky jedenfalls nach London zu einer Konferenz der sozialistischen Internationalen zur Lage im Nahen Osten.

Neben Kreisky sind da auch Golda Meir, die israelische Premierministerin und der Deutsche Bundeskanzler Willi Brandt.

Bruno Kreisky spricht sich auf der Konferenz für die Schaffung eines Palästinenserstaats aus, also für eine zwei Staatenlösung.

Und er fordert eine Erkundungsschaffung.

Die Prüfen soll, ob es Voraussetzungen für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts gibt.

Er wird daraufhin zum Delegationsleiter der sozialistischen Internationalen im Nahen Osten ernannt.

Also die erste Mission hat den Kreisky Mitte März 74 nach Ägypten, Syrien und Israel geführt.

Am 11. März hat in Ägypten auch den Palästinenserchef Yassir Arafat getroffen.

Yassir Arafat ist damals Chef der palästinensischen Befreiungsorganisation PLU.

Die ist in den 70ern noch militant und verübt zahlreiche gewaltsame Anschläge.

Erst in den 90ern lässt sich die Terrororganisation dann auf Friedensgespräche mit Israel ein.

Aber Kreisky trifft Arafat nicht nur, während seine Organisation noch Terroranschläge verübt.

Er lädt ihn 1979 in der

70. auch nach Wien ein.

Zu einem Treffen mit Willy Brandt, um über die Möglichkeiten einer friedlichen Lösung des Nahostkonflikts zu diskutieren.

Kreisky hat Arafat zu einer Zeit eingeladen, wo natürlich die Palästinenser, also die PLO und Arafat noch weit davon entfernt waren,

das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Also das war wirklich ein Tabubuch.

Und ein Jahr später folgt auch gleich das nächste Tabu, sagt unsere Kollegin Gudrun Harra.

Österreich erkennt als erster westlicher Staat in Europa die PLO offiziell an.

Und Kreisky trifft sich mit weiteren, sehr umstrittenen Machthabern im nahen und mittleren Osten.

Da hat er auch den Gaddafi besucht, in der libyschen Wüste und eben ein sehr unfreundliches Gespräch mit ihm geführt.

Und er hat das dann so wortwörtlich beschrieben und dennoch ist es die einzige Chance mit diesem Mann zu argumentieren.

Das bringt Kreisky's Intention im Nahen Osten wohl ziemlich gut auf den Punkt.

Auch wenn er für seine Gespräche mit Terroristenführern und Diktatoren harsch kritisiert wird,

es ist ihm wohl wirklich ein Anliegen, eine Einigung zu erwirken.

Und dazu, findet jedenfalls Kreisky, muss man eben mit allen reden.

Enge Kontakte entwickelt er deshalb auch mit dem ägyptischen Staatsoberhaupt Anwar al-Sadat.

Der reist dann in den 70ern gleich mehrmals nach Wien.

Am 11. Februar 1978 hat der Kreisky den Sadat dann mit dem damaligen israelischen Oppositionsführer und Vorsitzenden der israelischen Arbeitspartei

den Shimon Peres zusammengeführt.

Und am Ergebnis des Treffens in so ein Salzburg war eine Einladung für Peres nach Ägypten.

Es wurde berichtet, dass eine sehr positive Atmosphäre für diesen Gespräch geherrscht habe.

Und im September des selben Jahres unterzeichnen Ägypten und Israel dann einen historischen Friedensvertrag,

das sogenannte Camp David Abkommen, vermittelt durch die USA.

Wie viel dazu die Gespräche beigetragen haben, die Kreisky eingefädelt hat, das wissen wir nicht.

From Washington, here is Walter Cronkite.

Good evening. The Smitty Summit at Camp David is over.

And Israel and Egypt have agreed to two documents taking a giant step toward achieving peace in their troubled corner of the world.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was Kreisky am Ende tatsächlich im Nahostkonflikt bewirkt hat, dann muss man ehrlicherweise sagen, wenig.

Was danach passiert, ist es ja eine lange Reihe von Versuchen, irgendeine Form von Frieden im Nahen Osten zu ermöglichen.

Und vom Scheitern dieser Versuche ist er oft eben auch aufgrund von Terroranschlägen von Arabischer Seite, aber auch der israelischen Politik.

Also in dem Sinne ist das leider alles, ja es hat zu keinem Fortschritten geführt im Gegenteil, wie man jetzt sieht.

Österreichs Beziehungen zu Israel verschlechtern sich unter Bruno Kreisky zusehends.

Aber trotzdem hat es in der israelischen Gesellschaft einiges bewirkt.

Das heißt, bei denen, die der Meinung waren, dass man sich verständigen muss mit den Arabern und den Ballestinenzern, den hat das natürlich Auftritt gegeben.

Allerdings konnten sich diese Kräfte innerhalb Israels nie nachhaltig durchsetzen.

Vielleicht hätten Kreisky's Verhandlungsbemühungen schon etwas bewirken können, wenn nicht immer wieder auf beiden Seiten die Extremisten gesiegt hätten.

Zumindest hat er jedenfalls versucht, in der Außenpolitik starke eigene Akzente zu setzen.

Damit ist es in Österreich nach der Kreisky-Ära 1983 vorbei.

Kurz nach Kreisky's Abgang ist ja auch die Waldheimer Fähre ausgebrochen.

Und ich glaube, das war der Punkt, wo wirklich in Österreich die Einstellung zur eigenen Vergangenheit völlig verändert wurde.

In der Waldheimer Fähre geht es um einen ÖVP-Präsidentschaftskandidaten und späteren Bundespräsident Kurt Waldheim.

Der hat seine NS-Vergangenheit verschwiegen und als das bekannt wurde, brach zum ersten Mal eine echte Debatte über Österreichs Mitgliederschaft im Nationalsozialismus aus.

Wo das eben auch in der Beziehung zu Israel und in der Bewertung des, was Israel macht, viel, viel mehr Rolle spielte.

Also, da konnte niemand mehr sagen, wir wissen nichts mehr und die Vergangenheit spielt keine Rolle.

Also, ich glaube, das war wirklich eine Zäsur für das Land.

Davon, dass Österreich einmal eine wichtige Rolle im Nahostkonflikt gespielt hat, merkt man heute nichts mehr.

Vieles hing einfach sehr stark an der Person Kreisky.

Und was auch dazu kommt?

Die Möglichkeiten eines kleinen Landes haben sich völlig geändert.

Die sind einfach innerhalb der EU auch nicht mehr da.

Nicht nur in Bezug auf Israel hat sich die Art, wie Österreich Außenpolitik betreibt, durch den EU-Beitritt stark verändert.

Da gibt es andere große Spieler und man sieht dann wirklich, dass Österreich nach dem EU eintritt, ein bisschen immer schaut, was die Mehrheit in der EU macht.

Im Nahostkonflikt nimmt die EU da zum Beispiel in Bezug auf Israel-Siedlungsbaustellung.

Das, zum Beispiel, die Siedlungen im Westjordanland völkerrechtswidrig sind, weil einfach die Genfer Konvention verbietet,

dass ein Staat seine eigene Bevölkerung auf Territorium transferiert, dass es erobert hat.

Doch unter Sebastian Kurz hat es laut Gudrun Harra eine Veränderung in der Nahostpolitik gegeben.

Und zwar in Richtung pro Israel.

Obwohl damals ÖVP und FPÖ gemeinsam regieren.

Und Israel sieht Regierungsbeteiligungen der FPÖ in Österreich traditionell sehr kritisch.

Immerhin ist die rechtspopulistische Partei von Altnazis gegründet worden.

2017, wie Kurz diese Regierung mit der FPÖ gemacht hat, hat Israel zwar nicht den Botschafter abgezogen, wie im Jahr 2000, also Schüssel.

Aber natürlich war man sehr, sehr skeptisch und man hat mit den FPÖ-Ministern, auch mit der Außenministerin Kneisel nicht kommuniziert aus Israel aus.

Sebastian Kurz will deshalb klarstellen, dass er trotz seiner Koalition mit den Rechtspopulisten sehr wohl israelfreundliche Politik macht.

Das merken vor allem an seiner Kommunikation.

Er hat dann auch in der Regierungserklärung den Kampf gegen den Antisemitismus betont,

dann später im zweiten Kabinett, kurz mit den Grünen, auch nicht nur den Kampf gegen den Antisemitismus,

sondern auch den Kampf gegen den Antizionismus, was von europäischer Ebene nicht übernommen wurde.

Es sind vor allem symbolische Gesten, die diesen Kurswechsel demonstrieren.

Nach einem Raketenangriff der Hamasi im Mai 2021 lässt Sebastian Kurz zum Beispiel vor dem Bundeskanzleramt die Israelflagge hießen.

Doch hin und wieder mischt Österreich auch aktiv in der Naostpolitik der EU mit.

2020 hat sich die damals im Bildung begriffene israelische Regierung dahingehend geäußert,

dass sie beabsichtigen Teile des Westernen Lands zu annektieren.

Die EU-Mitgliedstaaten haben versucht, eine kritische Erklärung daran zu verabschieden.

Und das ist damals an Ungarn und Österreich gescheitert.

Wenn es darum geht, Israel zu kritisieren, ist Österreich also auffallend still geworden?

Die Begründung ist dann, wir machen keine Megafonpolitik, also wir richten ihnen das nicht so aus,

aber wir haben unsere rechtliche Position eigentlich nicht geändert.

Also wir sind gegen Annexionen im Westjordanland, aber wir unterstützen trotzdem keine Erklärung der EU-Mitgliedstaaten dazu.

Also das ist einfach auch eine große Änderung des Politikstils.

Und dieser Kurs setzt sich auch nach kurz Abgang unter dem aktuellen ÖVP-Kanzler Karl Nehammer fort.

Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober stellt Nehammer sofort klar,

Israel kann sich sicher sein, dass wir immer an seiner Seite stehen.

Wir haben eine besondere Verantwortung auf unserer Geschichte.

Und wir werden Israel jetzt auf diesem Weg, der sehr bitter ist für die Menschen in Israel, nicht im Stich lassen.

Die Geschichte zeigt, Österreich hat ein ganz besonderes Verhältnis zu Israel.

Und zwar nicht nur wegen seiner Mittäterschaft dem Nationalsozialismus.

Der Grundstein für den jüdischen Staat wurde gewissermaßen in Wien gelegt.

Und in den 70ern hat Österreichs erster und bisher einziger jüdischer Bundeskanzler aktiv in den Nahost-Konflikt eingewirkt

und sich vor allem für die Interessen der Palästinenser eingesetzt.

Heute positioniert sich Österreich eindeutig an der Seite Israels.

Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse des brutalen Angriffs der Hamas auch international die Linie vieler westlicher Staaten.

Was man allerdings auch sagen muss, in Israels Regierung haben sich inzwischen eindeutig die Kräfte durchgesetzt,

die an einem Frieden mit den Palästinensern eigentlich gar kein Interesse haben.

Die im Gegenteil den Konflikt immer weiter anheizen.

Durch den fortschreitenden Siedlungsbau im Westjordanland, durch die Gewalt ultra-religiöser Rechter.

Und auch das Vorgehen der israelischen Armee.

Die vielen zivilen Opfer und das unsagbare Leid in Gaza verherrten die Fronten natürlich weiter.

Es wird trotzdem eine Zeit kommen, in der der Gaserkrieg vorbei ist

und Israel dringend mit den gemäßigten Kräften im Westjordanland verhandeln muss.

Die Frage ist, ob Österreich mit seinem prinzipiell ja neutralen Status nicht auch zum Vermittler werden könnte.

Denn Vermittler wird es in diesem schrecklichen festgefahrenen Konflikt auf jeden Fall brauchen.

Und Bruno Kreisky und Theodor Herzl würden Österreich wohl beide gerne in dieser Rolle sehen.

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Danke fürs Zuhören und allen, die auch hinter den Kulissen an diesem Podcast mitwirken.

Es waren diesmal vor allem Schold Wilhelm in der Religatur

und Christoph Neubert in der Produktion.

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Ich bin Antonia Raut. Wir sagen Tschüss und Papa.

Hat Österreichs Politik ein Korruptionsproblem?

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Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

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Jetzt anhören: Österreich hat ein besonderes Verhältnis zu Israel – auch über die Mitschuld am Holocaust hinaus. Ein Rück- und Ausblick von Theodor Herzl über Bruno Kreisky bis Sebastian Kurz

1896 schreibt Theodor Herzl in Wien "Der Judenstaat" – und legt damit einen wichtigen Grundstein in der Gründungsgeschichte des Staates Israel. In den 1970er-Jahren ist es dagegen der jüdische Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ), der im Nahostkonflikt die Seite der Palästinenser stärkt. Seitdem hat sich die Außenpolitik Österreichs im Nahostkonflikt noch einmal entscheidend gewandelt – besonders zuletzt unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
In dieser Folge von "Inside Austria" schauen wir auf Österreichs Rolle im Nahostkonflikt. Wir sprechen über zwei Österreicher, die die Geschichte Israels ganz besonders geprägt haben. Und über die Frage, ob Österreich jetzt, im Krieg, wieder eine entscheidende Rolle als Vermittler übernehmen könnte.

Die "Thema des Tages"-Folge über den Nahostkonflikt hören Sie hier.

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