Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.: OECD-Mindeststeuer: Subventionen für Multis?!

Public Eye Public Eye 5/23/23 - 23m - PDF Transcript

Bahamas, Irland, Luxemburg oder auch die Schweiz.

Wenn man muss keine Finanzexpertin sein, um Steueroasen zu erkennen,

es reicht ein paar Hollywood-Streifen gesehen zu haben.

Doch nun soll es eine globale Mindeststeuer geben.

Doch kann so ein Instrument diese Oasen trockenlegen?

Wir schauen es uns an.

Wir müssen reden.

Public Eye spricht Klartext.

Mein Name ist Nico Meier.

Herzlich willkommen bei Wir müssen reden.

Public Eye spricht Klartext.

Diese Mindeststeuer, so wie sie die Organisation

für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit,

kurz OECD, sich vorstellt, die sieht 15% Steuern vor

und das auf Gewinne von Konzernen und das eben auch global.

Darüber spreche ich heute mit meinem Gast.

Es ist Dominik Groß, Fachverantwortlicher für Steuern

und Finanzpolitik bei Allianz Süd.

Herzlich willkommen.

Danke vielmals für die Einladung. Hallo.

Schön, bist du hier.

Gleich die erste Frage. Dominik, 15% Mindeststeuer.

Das klingt doch nach einer Uralinken-Idee.

Man hat Steueroasen, die bisher große Konzerne angezogen haben

mit Tiefsteuern.

Den wird jetzt ein Mindeststeuersatz von 15% vorgeschrieben.

Da könnte man doch denken, eine NGO wie Allianz Süd,

da jubelt man.

Das tut ja aber nicht.

Ja, also ganz einfach gesagt ist das Problem,

dass diese Steueroasen oder die Tiefsteuergebiete

mit dieser Mindeststeuer dafür belohnt werden,

dass sie Tiefsteuergebiete sind.

Also, wie meinst du das?

Also, grundsätzlich funktioniert die Sache so.

Es ist nicht in dem Sinne, die Idee,

dass die OECD einfach bestimmt,

alle Länder müssten 15% Gewinnsteuer

in ihre Steuergesetze schreiben,

sondern es ist so, dass in Ländern,

wo Konzerne weniger als 15% bezahlen,

da wird quasi eine Zusatzsteuer erhoben.

Und das war lange im Stritten in der OECD.

Wer kriegt diese Einnahmen aus der Zusatzsteuer?

Und es gab eigentlich mal den Vorschlag,

dass sozusagen die Länder,

wo dieselben Konzerne aktiv sind

oder Niederlassungen haben,

aber mehr als 15% Steuern erheben auf diese Konzerne,

dass dann auch die Länder die Zusatzeinnahmen kriegen.

Und das wäre eine Umverteilung gewesen

von Steuereinnahmen von Tiefsteuerländern in Hochsteuerländer.

Und dann haben sich da vor allem Irland, Luxemburg, Singapur,

die Schweiz, also eben diese Tiefsteuerländer dagegen gewährt.

Jetzt ist es so, dass diese Zusatzeinnahmen

bei diesen Tiefsteuerländern bleiben.

Das heißt, es gibt immer noch einen Anreiz,

die regularen, also die gesetzlichen Steuersätze,

unter 15% anzusetzen,

damit man dann eben diese Zusatzeinnahmen

bei sich behalten kann.

Also wenn ich dich richtig verstanden habe,

haben wir ein Beispiel, wie die Schweiz.

Hier sind wir wahrscheinlich unter diesen 15%,

das heißt, wir kriegen eine Zusatzsteuer

und dieses Geld wird dann nicht verteilt in die Länder,

wo zum Beispiel auch Güter produziert werden,

dieses Geld bleibt hier.

Genau, genau, und es ist, also wenn man die Verteilung

auch innerhalb der Schweiz anschaut bei den Kantonen,

dann ist es wirklich so, also da hat jetzt,

kürzlich noch mal eine neue Recherche der Wurz-Wochenzeit

und die zeigt, dass wirklich Basel, Stadt und Zug

fast alles einsackt von diesen zusätzlichen Steuereinnahmen.

Das Argument des Bundesrates und der Wirtschaftsverbände

ist dann immer, ja, aber es gibt ja den Finanzausgleich,

der wird verteilt, das ist wirklich sehr gering.

Also wenn man diese Säulen ansieht, dann sieht man,

genau, so wie Basel sind die Hauptprofiteure

und das zeigt eigentlich schon, da läuft was schief,

weil das sind die Steueroasen.

Entschuldigung, da kommen wir sehr gerne später nochmal

etwas genauer darauf zu sprechen.

Mich nehmen wir jetzt zu Beginn vielleicht

wirklich noch so ein bisschen diese Ungleichheitwunder.

Also sagen wir, wir haben ein Land wie die Schweiz

oder wie Erlands, das hat sehr tiefe Steuern gegenüber,

wir haben produzierende Länder, vielfach auch im globalen Süden.

Wie sieht da diese Verteilung denn aus

oder wie sieht da diese Ungerechtigkeit aus?

Ja, also das Problem ist, dass das gegenwärtige Steuer-

oder Konzernsteuersystem es eben erlaubt,

Gewinne nicht dort zu versteuern, wo effektiv die Arbeit stattfindet.

Also wo die Wertschöpfung erzielt wird,

das ist bei Rohstoffländern sehr offensichtlich.

Also der Wert ist das, was aus dem Boden geholt wird

und die Arbeit, die dafür eingesetzt werden muss

und das wird dann von Zug aus zum Beispiel gehandelt

und weil Zug sehr tiefe Steuersätze hat,

können dann diese Gewinne aus diesen Produktionen

oder Rohstoffabbauländern nach Zug verschoben werden

und so bleibt einfach viel Steuersubstrat

nicht dort, wo effektiv die Gewinne erarbeitet werden.

Also das heißt, so werden die Gelder aus den Ländern,

die produzieren, dann eben wirklich in diese Steuersen

wie beispielsweise die Schweiz dann auch transferiert?

Ja und die Länder, wo produziert wird

oder bei Rohstoffen abgebaut wird, die haben alle Kosten.

Also Umweltverschmutzung, das kennen wir von der

Konzernverantwortungsinitiative, schlechte Arbeitsbedingungen

bis zu Sklaverei, ähnlichen Zuständen je nachdem

und ein Beispiel, das wir recherchiert haben vor 1,5 Jahren

gemeinsam mit dem Deutschen Netzwerk Steuergerechtigkeit

und damals noch Brot für alle, das war so gefahren.

Das ist eigentlich ein luxemburgischer Ursprünglich

aus dem belgischen Kolonialstaat im Kongo stammender Konzern.

Also Hauptsitz in Luxemburg, aber eigentlich

mit einem sehr wichtigen Sitz in Freiburg,

wo der ganze Handel dieses Konzerns stattfindet,

Palmöl und Kautschuk bauen die an beziehungsweise ab

und dort sieht man einfach, dass auf diesen Plantagen

im 1. einfach sehr üble Arbeitsbedingungen herrschen,

2. Umweltverschmutzung, Monokulturen,

aus einer agrar wirtschaftlichen Sicht

sehr schlechte Voraussetzungen.

Dort ist ein Mitarbeiter, also pro Mitarbeiter in Freiburg

erzielt dieser Konzern ein Gewinn von 116.000 Euros

auf der Plantage in Liberia, sind es dann irgendwie 1.600.

Und es kann nicht sein, dass ein Mitarbeiter in der Schweiz

quasi 100-mal profitabler ist als eine Palmöl-Arbeiterin in Liberia.

Also da muss irgendetwas faul sein und da sieht man,

die Gewinne werden verschoben und ganz praktisch wird es da

durchgemacht, dass einfach der Handler in Freiburg

einen zu geringen Preis zahlt für das Palmöl in Liberia.

Das heißt, da bleiben dann nicht viele Gewinne übrig

in Liberia und das meiste wird dann in Freiburg quasi

allokalisiert oder zugeteilt.

Und wer am Schluss gewinnt, sind die Hauptaktionäre.

Und dort, was interessant ist, der eine ist

Vassant Bolloré, das ist ein Medienmogul in Frankreich,

der unter anderem den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten

vor zwei Jahren oder von einem Jahr SEMUR finanziert hat.

Also wir bewegen uns da wirklich in ziemlich übeln

gegen den Postkolonialismus, Rechtsextremismus.

Und über diese gesamte Thematik sprechen wir ja auch,

weil am 18. Juni wir darüber abstimmen werden.

Der Bundesrat und auch einzelne Parteien sind dafür.

Der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer hat dazu Folgendes gesagt.

Schauen wir uns kurz an.

Das heißt, Schweizer Firmen, also Firmen in der Schweiz,

die die Bedingungen erfüllen, werden in jedem Fall 15% bezahlen.

Entweder bei uns, wenn wir das Gesetz ändern

oder irgendwo in einem anderen Land.

Und damit ist es für die Schweiz klar.

Wir beteiligen uns an diesem MoECD Steuerprojekt,

weil wenn schon 15% erhoben werden müssen,

dann wollen wir das in der Schweiz erheben.

Das ist die Voraussetzung oder der Grund,

dass sich die Schweiz und diesem MoECD Steuerprojekt beteiligt.

Also es ist reiner Selbstnutzen.

Wir wollen dieses Geld selbst einziehen

und lassen es nicht zu, dass es durch die ausländische Holding

oder durch eine ausländische Gesellschaft besteuert wird.

Gut, Selbstnutzen kann man so stehen lassen.

Aber das Geld wird hier versteuert anstatt vielleicht in Erland.

Klingt aus Schweizer Sicht auch gut?

Ja, natürlich.

Als ein allein innenpolitischen Schweizkonzentrierten,

man könnte auch sagen nationalistischen Sicht,

ist das natürlich so.

Wenn ich mit Schweizpinnen rumlaufen würde, wie Ueli Maurer,

dann würde ich das vielleicht auch wollen.

Aber ich meine, wir haben eine Klimakrise,

wir haben massive Ungleichheit in der Welt.

Es ist eigentlich völlig klar,

dass wir die großen Probleme der Welt nicht lösen können,

wenn wir nur auf die Schweiz schauen.

Und gerade die Schweiz mit einer extrem globalisierten Wirtschaft

hat eine globale Verantwortung

und muss ihren Beitrag leisten,

dass eben auch Länder im Süden oder überhaupt andere Länder fähig sind,

durch Steuereinnahmen entsprechende Schritte einzuleiten,

um die Wirtschaft umzubauen,

um auf die Klimakrise reagieren zu können und so weiter.

Es ist einfach eine sehr, sehr kurzsichtige

und sehr eng stürmige Sicht.

Ich stelle mir auch vor, gerade wenn man auch wieder

diese Rohstoffe betrachtet, irgendwo müssen die herkommen,

wenn diese Systeme zerstört werden,

dann haben wir hier auch nichts davon.

Nein, genau. Die Welt kann man nicht in der Schweiz halten,

ob einem das gefällt oder nicht.

Und irgendwann wird es auch auf die Schweiz zurückfallen.

Ich meine, was man vielleicht noch sagen kann,

das, was Ueli Maurer hier argumentiert,

das wäre gemäß der ursprünglichen Idee,

die somit das Steuer gar nicht möglich gewesen,

weil die Schweiz kann das umsetzen

mit der sogenannten nationalen Ergänzungssteuer.

Deshalb kann die Schweiz die Gewinne,

die hier eigentlich zu tief besteuert werden

und quasi Zusatz besteuert werden,

bei sich behalten, ursprünglich wäre die Idee gewesen,

dass die Länder, wo die Schweiz die Gewinne abzieht,

dann diese Zusatzeinnahmen erhalten.

Und das wäre ein Anreiz gewesen für die Schweiz,

das Geschäftsmodell aus Tiefsteuerland auszusteigen.

Also, dass dann auch wieder Geld zurückfließt in die Produzierende,

denn da ist das gekommen, dass diese Idee verworfen wurde

und wir jetzt eine Idee haben, so wie sie jetzt da steht?

Also, ich meine, grundsätzlich muss man sagen,

vor allem der globalen Süden oder die Länder des Südens,

quasi wirtschaftlich benachteiligte Produktionsländer,

haben grundsätzlich einen sehr schweren Stand bei der OECD.

Die OECD wird nach wie vor dominiert

von den eigentlichen Ländern des Nordens,

USA, Deutschland, Frankreich, die Schweiz,

gemeinsam mit anderen kleineren, aber wichtigen Volkswirtschaften

hat da auch was zu sagen.

Und in dem Sinne, es war jetzt nie die Idee,

das kommt teilweise vielleicht auch sozusagen

eher von progressiver Seite ein bisschen falscher über.

Die OECD ist nicht in dem Sinne eine Organisation,

die sich für Steuergerechtigkeit einsetzt,

sondern es ist eine Organisation,

die versucht, möglichst viele multilaterale Regeln zu fixieren,

damit die Weltwirtschaft möglichst reibungslos funktionieren kann.

Und der Gerechtigkeitsaspekt oder sozusagen

wirklich Entwicklung im globalen Süden voranzutreiben,

ist nicht ein Schwerpunkt der OECD.

Bleiben wir noch für einen Moment in der Schweiz.

Es werden mehr Einnahmen berechnet vom Bund,

die sollen bei 1 bis 2,5 Milliarden Franken liegen jährlich,

eine horrende Summe.

Und eigentlich stimmen wir ja jetzt am 18. Juni auch darüber,

wie dieses Geld verteilt werden soll,

das schon die Tiefsteuerkantoneim kurz mal angesprochen,

aber wie ist das genau?

Wie ist dieser Verteilenschlüssel denn angedacht bisher?

Das war eigentlich die große Diskussion im Parlament.

Wie viel kriegen die Kantone, wie viel kriegt der Bund?

Jetzt ist es so, dass 75 Prozent an die Kantone gehen

und 25 Prozent an den Bund.

Und es ist ja ein Verfassungsartikel,

also man muss die Verfassung ändern,

um diese Mindeststeuer umsetzen zu können.

Und in dem Sinne steht dann in der Verfassung

75 Prozent dieser Zusatzeinnahmen

kriegen die Kantone 25 der Bund.

Und es steht auch im Verfassungsvorschlag,

und das ist aus meiner Sicht eines der Hauptprobleme,

diese Mehreinnahmen sowohl in den Kantonen

wie beim Bund müssten für Standortförderung eingesetzt werden.

Da sind dann wahrscheinlich wieder diese Kantone,

die das dann genau dafür ausgeben

und wieder wahrscheinlich den Konzernen zuspielen,

stelle ich mir vor.

Genau, also Zug zum Beispiel,

will die Vermögenssteuer senken.

Es gibt natürlich auch die Gefahr,

dass dann die Einkommenssteuer von natürlichen Personen,

also von uns allen, gesenkt wird.

Allerdings nicht von uns allen,

sondern die Idee ist schon vor allem hohe Einkommen.

Also man kann sagen, wenn wir schon die Konzerne

höher besteuern müssten,

jetzt aus der Sicht eines Finanzdirektors

in einem Steuerraus oder in einem Tiefsteuergebiet,

dann entlasten wir dafür ihre Manager.

Und so erhält man dann sozusagen

diese Attraktivität des Standorts.

Eine Frage hat sich mir dann dennoch gestellt,

was ist mit den kleineren Unternehmen in der Schweiz,

werden die dann auch auf 15 Prozent behaftet?

Oder wie sieht das aus?

Nein, die sind davon ausgeschlossen.

Es kommt natürlich darauf an, wo die zu Hause sind.

Also in Zürich bezahlt den KMU ein sogenanntes,

da gibt es auch grössere Unternehmen,

die nicht unbedingt KMUs sind, bezahlt über 15 Prozent,

von dem hier spielt es da eh keine Rolle,

die Schwelle für die Mindeststeuer 750 Millionen Umsatz

für den ganzen Konzern.

Man muss allerdings sagen, es gibt auch kleinere

multinationale Konzerne, die da auch darunter sind.

Und viele von denen sind im Süden auch sehr aktiv,

im globalen Süden.

Das heißt, es ist eben nicht so, wie Ueli Maurer sagt,

dass alle multinationalen Konzerne am Ende 15 Prozent bezahlen.

Glaubst du denn im Parlament oder vielleicht auch in einer Kommission

dann mal einen Vorstoß auch diese Gerechtigkeit,

wieder etwas ausbauen zu können, also zu sagen,

doch wir möchten auch von dem Reichtum, den wir hier dann,

ich kann nicht sagen mehr wirtschaften,

aber der hier bleibt auch wieder, dorthin geht,

wo die Waren oder die eben die Rohstoffe produziert werden.

Ja, also wir haben das eigentlich von Allianz Süd ins Parlament

eingebracht, zusammen sozusagen mit unseren Verbündeten

im Parlament.

Und wir waren aber relativ verfolglos.

Also die Idee war, dass man jetzt etwas unabhängig davon,

wie hoch dann der Anteil beim Bund ist,

möglichst viel wäre natürlich am besten gewesen,

aber dass ein Teil dieser Zusatzeinnahmen beim Bund

in die Produktionsländer des globalen Südens fließen,

über die internationale Klimafinanzierung

oder die internationale Zusammenarbeit.

Das war unsere Idee.

Das war dann, wurde durchaus sehr ernst genommen

bei den Grünen und bei der SP,

schon in der Mitte wurde es schwieriger,

ich habe da Gespräche geführt, aber war nicht erfolgreich.

Das ist aber dann eigentlich in der Schlußaushandlung

im Nationalrat auf der Strecke geblieben,

weil links oder rot-grün gesagt hat,

wir wollen eher schauen,

dass das in der Schweiz selbstgerecht verteilt wird.

Also da gibt es dann auch quasi taktische Schwierigkeiten,

alles unter einen Hut zu bringen.

Dann schauen wir vom Blick auf die Schweiz noch mal

auf die internationale Ebene.

Da könnte man eher jetzt sagen 15% Mindeststein.

Das bringt doch schon mal diese Staaten,

die jetzt drunter sind auf diese 15%,

aber es hat ja auch die andere Seite.

Also es gibt auch Staaten,

und das sind häufig gerade produzierende Länder,

die sind über 15% heils deutlich.

Was bedeutet das für die?

Ja, das sind die allermeisten Länder eigentlich über 15%.

Deshalb sagen wir auch dieser Gewinnsteuer,

das ist eigentlich viel zu tief.

Also der Durchschnitt weltweit von den gesetzlichen Sätzen

ist knapp unter 25.

Viele Länder im Süden haben bis zu 35%.

Sie können unter Druck geraten, ihre Steuern zu senken,

weil es sozusagen Richtung Nivellierung geht

auf diese 15%.

Also das sagen auch die Konzernverbände,

dass sie gegen eine Nivellierung nichts haben.

Das löst aber natürlich das Problem nicht,

dass Länder im globalen Süden vor allem zu wenig Steuereinnahmen haben.

Also dort geht es nicht darum, Steuereinnahmen zu sichern,

sondern es braucht mehr Steuereinnahmen,

weil sonst kann man keine vernünftige Infrastruktur,

Servicebibli, Gesundheit, Bildung und so weiter aufbauen,

ohne mehr Steuereinnahmen.

Und das sind ja selbst Staaten wie die USA,

die eigentlich ursprünglich für bis zu 21% sich eingesetzt haben.

Auch das blieb dann auf der Strecke.

Wie ist aus einer guten Idee dieses Race to the Button,

wie es auch häufig genannt wird,

also dieser Steuern immer weiter zu drücken,

dem einen Riegel zu schieben, eine Idee geworden,

die de facto eigentlich praktisch das Gegenteil tut?

Man könnte sagen, der Druck des Konsenses bei der OECD,

also dort läuft es eigentlich gleich wie bei der EU.

Man muss quasi einen Konsens

unter sehr unterschiedlichen Interessen

in den jeweiligen Ländern suchen

und oft schaut dann halt am Ende der allerkleinsten gemeinsamen Nenner raus

und bei dieser Frage sind natürlich Tiefsteuerländer am längeren Hebel,

weil sie wollen ja nicht Steuern erhöhen.

Das heißt, man gelangt dann zu einem sehr quasi tiefen Kompromiss.

Also Irland wollte 12,5 und dann gab es Aushandlungen mit den USA

und dann am Ende hat man sich auch 15 geeinigt.

Vielleicht zuerst auf globaler Ebene.

Wie sehen denn eine globale, gerechte Mindeststeuer in deinen Augen aus?

Also das Allerbeste wäre, wie man einfach sagt,

man rechnet alle Gewinne eines Konzerns,

egal in welchem Land ihr die Macht zusammen

und dann teilt man das gemäß einem Schlüssel,

wo quasi berücksichtigt wird,

wie viele Leute arbeiten in einem Land,

wie viel Umsatz wird dort gezielt,

wie viele Fabriken stehen dort und so weiter

und verteilt dann diese Gewinne quasi gemäß diesem Schlüssel global.

Das nennt sich Gesamtkonzernbesteuerung.

Das wäre das Ferste.

Bei den Mindeststeuereinnahmen hätte es durchaus technische Möglichkeiten gegeben,

auch mit so Schlüsselmethoden die Gewinne,

die Zusatzeinnahmen zumindest besser zu verteilen.

Und schauen wir jetzt die Situation in der Schweiz noch an,

wo wir eben diese Verteilung unter den Kantonen vielleicht noch haben.

Wie sehr ist du da eine gerechtere Verteilung?

Man könnte das im Inland genau gleich machen

oder man würde den Finanzausgleich so umbauen,

dass es dann irgendwie das Basel und Zug mehr abgeben müssten.

Das ist aber eine sehr schwierige Angelegenheit,

weil das hätte ja Auswirkungen auch auf sehr viele andere Elemente

des interkantonalen Finanzausgleiches.

Ich meine, das Beste wäre, wenn man einfach sagt,

wenn man ins Steuerharmonisierungsgesetz des Bundes schreiben würde,

kein Kanton darf unter 20 Prozent oder 21 Prozent,

das war der breiten Vorschlag bei der OECD,

darf nicht unter 21 Prozent gehen.

Dann würde es auch viel weniger attraktiv gewinnen,

die Schweiz zu verschieben.

Man müsste sich dann überlegen,

wie man das Steuersuppostrat anders einnimmt natürlich in der Schweiz.

Dass dann Flöten gehen würde,

weil keine Gewinne mehr verschoben würden.

Zum Beispiel Abschaffung des inlandischen Bankgeheimnisses.

Das würde vermutlich etwa 30 Milliarden bringen.

Wie wichtig ist dann auch auf nationaler Ebene dieser Einsatz,

um auch eine globale Ferne zu kriegen?

Auf nationaler Ebene.

Ja, da geht es wirklich darum,

gibt es Mechanismen eben dieses Geld,

das in der Schweiz bleibt,

wieder quasi in die Welt zu schicken.

Das war das Vorschlag, den wir dort eingebracht haben.

Dafür wäre es am besten,

wenn möglichst viel beim Bund bleiben würde.

Man könnte das machen wie bei der ordentlichen Bundessteuer,

78 Prozent für den Bund,

den Rest für die Kantone.

Dann gäbe es Hebel,

aber man muss auch diese Standortförderung aus der Verfassung kriegen.

Deshalb sind wir für ein Nein

und würden dann bei einer Neuauflage dafür plädieren.

Standortförderung muss aus der Verfassung raus.

Wo siehst du die größte Hoffnung

für einen globalen Fernsteuer-Wettbewerb?

Also, fernsteuer-Wettbewerb finde ich eh

einen etwas schreigen Begriff.

Nein, sagen wir ein globales Ferne-Steuersystem.

Das ist der Wessere aus der Zukunft.

Bei der UNO.

Und da gibt es wirklich erstaunlicherweise

langen blockaten Fortschritte in den letzten Monaten.

Es gab eine Resolution der Generalsversammlung

für eine UNO-Steuerkonvention,

also analog zur Klimakonvention zum Beispiel.

Dort haben natürlich die Länder des Südens,

also das nennt sich G77,

einfach viel mehr Einfluss,

als das bei der OECD der Fall ist.

Und da gibt es jetzt eigentlich,

also jetzt sind die entsprechenden UNO-Institutionen

daran einen konkreten Vorschlag

für so eine Steuerkonvention auszuarbeiten.

Ist aber natürlich ein sehr langfristiger Prozess.

Die Schweiz sagt bisher, das sei unnötig.

Dort versuchen wir, Druck zu machen,

dass sich da die Schweiz auch konstruktiver verhält.

Danke Dominic Groß für dieses sehr, sehr spannende Gespräch.

Danke dir, Nico. Hat mich sehr gefreut.

Hat Spaß gemacht.

Danke, ebenso.

Und ja, wenn du mehr erfahren möchtest

zum Thema globalen Mindeststeuer,

dann findest du weitere interessante Links

unter anderem auch zu den Positionen von Allianz Süd

oder auch den Positionen von Public Eye in der Beschreibung.

Und natürlich würde es uns riesig freuen,

wenn du diese Episode mit Menschen, die danach stehen, teilen würdest.

In diesem Sinne, danke herzlichst.

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Die Idee ist eigentlich gut: Konzerne sollen überall mindestens 15% Steuern zahlen. Führt das zu einer gerechteren weltweiten Verteilung von Steuergeldern, die für Infrastrukturen, Schulen oder Spitäler dringend benötigt werden? Profitieren Länder des globalen Südens somit endlich von ihrem Rohstoffreichtum? Und müssen Steueroasen wie die Schweiz nun etwas mehr vom Kuchen abgeben?

Nein, sagt Dominik Gross, Experte für Steuer- und Finanzpolitik bei Alliance Sud. Was bei der OECD-Mindeststeuer, über die wir am 18. Juni abstimmen, alles schief lief, diskutiert er mit Moderator Nico Meier.

 📣 Mit Recherchen und Kampagnen setzt sich Public Eye für eine gerechtere Welt ein und kämpft gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale, die ihren Ursprung auch in der Schweiz haben.

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 🔎 Hintergrund & weiterführende Informationen

Position zur Abstimmung von Public Eye: https://www.publiceye.ch/de/news/detail/public-eye-lehnt-schweizer-modell-zur-umsetzung-der-oecd-mindeststeuer-ab 

Position zur Abstimmung von Alliance Sud: https://www.alliancesud.ch/de/politik/steuer-und-finanzpolitik/steuerpolitik/nein-zum-belohnungsprogramm-fuer-konzerne 

Recherche zu Socfin «Steueroptimierung auf Kosten der Ärmsten» von Alliance Sud, Netzwerk Steuergerechtigkeit und Brot für Alle: https://www.alliancesud.ch/de/file/88273/download?token=u7tA0XdR (Zusammenfassung des Berichts auf Deutsch) und https://www.alliancesud.ch/de/file/88275/download?token=KW_qfrf3 (Vollversion des Berichts auf Englisch)

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 📰 Impressum

Produktion: Public Eye https://www.publiceye.ch/de/ 

Moderation: Nico Meier https://www.audon.ch/ 

Gast: Dominik Gross, Steuer- und Finanzpolitik, Alliance Sud, https://www.alliancesud.ch/de

Kamera & Schnitt: Planfilms https://planfilms.ch/ 

Jingle & Sound Design: Julien Matthey https://julien-matthey.com/ 

Studio: https://podcast.elitia.ch/ 

 Grafik zur Verteilung der Zusatzeinnahmen nach Kanton: WOZ, 04.05.2023 https://peye.link/h06

Foto Arbeiterin auf einer Socfin-Palmölplantage: Maja Hitij im Report https://peye.link/pqt

Artikel zum Medien-Mogul Bolloré: Spiegel, 02.12.2021, https://peye.link/77h 

Pressekonferenz Bundesrat, 13.01.2022: https://peye.link/ffp