Inside Austria: Nehammers (ab)normale Politik

DER STANDARD DER STANDARD 8/19/23 - Episode Page - 32m - PDF Transcript

Sind flodartige Regenfälle, setzen Teile Kärntens unter Wasser.

Gebäude, Straßen und landwirtschaftliche Flächen werden überschwemmt.

Wir kommen nach Österreich.

Schwere Unwetter haben in der Nacht Schäden verursacht.

Vor allem Tyrol war betroffen.

Am Feiertag rücken Dutzende Freizeitler.

Auf jeden Fall gab es Kälte,

werden in Salzburg, Tirol und Oberösterreich aus.

Sie müssen Keller auspumpen

und ausgerissene Bäume von Straßen entfernen.

Hangrutsche felsen so groß wie ein Familienhäuserdienst,

Tal stürzen, über Schwemmungen, kaputte Straßen.

Unwetter haben in Österreich

diesen Sommer ganze Landstriche verwüstet.

Das ist doch alles nicht mehr normal.

Sagt auch Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer

auf TikTok.

Aber er meint etwas ganz anderes.

Bist du noch normal? Darf man überhaupt noch normal sagen?

Während extrem wetter Ereignisse

ganze Ortschaften hin drüber legen,

bricht die Volkspartei in Österreich

einen Kulturkampf vom Zaun.

Die ÖVP hat zuletzt geschafft,

eine doch recht breite Debatte darüber zu entfachen,

dass die ÖVP und Karl Nehammer

jetzt die Normaldenkenden vertreten.

Und das große Thema für Normaldenkende

ist für Nehammer nicht die Klimakrise.

Beim Bäcker, beim Friseur oder im Caféhaus.

Bezahlst du Bar oder mit Karte?

Nehammer kämpft darum, das Bargeld zu erhalten.

Weil das die Normalbevölkerung scheinbar so will.

Über die großen Krisen, die Österreich treffen,

hört man dagegen wenig von ihm.

Alle Experten sagen, das Wachstum geht zurück,

gleichzeitig aber hohe Inflation.

Das ist dann eine sogenannte Starkflation.

Die Klimaproblematik wird die entscheidende Problematik

für die nächsten Jahrzehnte werden.

Teuerum, wirtschaftlicher Abstieg,

die Folgen des Klimawandels

und noch eine Krise rollt auf Österreich zu.

Ein Dauerthema ist natürlich der Pflegenotstand.

Wir werden immer älter, aber wir werden nicht gesünder älter.

Ich bin Lucia Heisterkamp vom Spiegel.

Und ich bin Antonia Raut vom Standard.

In dieser Folge von Inside Ostwehr fragen wir,

warum das Kanzler Karnéhammer Österreich gerade hinsteuert.

Wieso er über Bargeld spricht,

während das halbe Land unter Wasser steht.

Und wir fragen, ob diese Prioritäten des Kanzlers

dem Land womöglich auf lange Sicht schaden könnten.

In Kärnten, den südlichsten Bundesland von Österreich,

liegen gerade ganze Ortschaften in Trümmern.

Dort haben vor rund zwei Wochen heftige Unwetter gewütet.

Seitdem ist das große Aufräumen angesagt.

Um gestürzte Bäume müssen weggeräumt werden.

Tonnenweise Schutt aus Kellern geschöpft, Gebäude neu errichtet.

Die Schäden zu beheben, das dürfte hunderte Millionen Euro kosten.

Die Regierung hat nach den Unwetter sofort Hilfe zugesagt.

Bundeskanzler Karnéhammer hat dann auch gleich bekannt gegeben,

dass die Bundesregierung den sogenannten Katastrophenfonds

aufstocken würde, insofern man denn mehr Geld bräuchte.

Bilder aus den Katastrophengebieten zeigen Einsatzkräfte,

die schlammen aus Kettern schöpfen.

Menschen stehen vor ihren zerstörten Häusern.

Aber eine Sache ist unserer Kollegin Katarina Mittelstedt

bei all den Berichten aufgefallen.

Dass es keine Bilder des Kanzlers von vor Ort gibt.

Also keine Fotos mit hochgekrempelten Hemdsärmeln

und Gummistiefeln, in denen er sich inszenieren hätte können.

Katarina Mittelstedt ist leitende Redakteurin innenpolitik beim Standard.

Und sie weiß, eigentlich gibt es bei solchen Umweltkatastrophen

so was wie ein politisches Playbook.

Also einen Ablauf, wie man sich da als Politiker eben verhält.

Der Besuch des Regierungsoberhauptes vor Ort gehört da eigentlich fix dazu.

Das ist nämlich doch eine recht gängige Methode von Politstrategen,

dass sie eben in Katastrophenfällen, Politiker, Spitzenpolitiker

als Macher ins Szene setzen, die dann vor Ort die Lage inspezieren

und eben in Gummistiefeln vermeintlich selbst anpacken.

Dass das auch nach hinten losgehen kann,

das wissen vielleicht unsere deutschen Hörerinnen.

Zuletzt hat man das in Deutschland bei Armin Laschet gesehen,

der eben als der deutsche Bundespräsident gesprochen hat,

dem Hintergrund auf eine Aufnahme zu sehen war, lachend,

über offenbar eine Art Witz, den sein Nebenmann erzählt hatte.

Das war bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal.

Damals sind 134 Menschen gestorben.

Und auch wenn Armin Laschet natürlich nicht darüber gelacht hat,

so ein Bild kommt eben nicht so gut an.

Was also eigentlich die Popularität des damaligen Kanzlerkandidaten

der CDU steigern sollte, wurde zum Stolperstein.

Also das wurde in Deutschland eigentlich aus einer Art Wendepunkt

im Wahlkampf beschrieben und ging also richtig in die Hose.

Und es gibt auch einen ehemaligen SPÖ-Kanzler in Österreich,

dem solche Bilder 1997 mehr geschadet als genutzt haben.

Also Viktor Klima ist bei einer Überschwemmung entschwächert,

so mit Regen, Jacke und Gummistiefeln herumgehatscht im Wasser.

Das ist damals nicht gut angekommen, weil die Leute in Wirklichkeit wissen,

dass er genauso gut vom Schreibtisch aus Maßnahmen treffen könnte

und dass das alles nur eine Inszenierung ist.

Daran erinnert sich unser Kollege Hans Rauscher,

Kolumnist und Experte für politische Zeitgeschichte beim Standard.

Dass Karl Nehammer nicht selbst ins Unwettergebiet gereist ist,

das war also vielleicht eine ganz bewusste Entscheidung

und womöglich nicht mal eine so schlechte, zumindest aus strategischer Sicht.

Ursprünglich vor einigen Jahrzehnten

war es wahrscheinlich gut für das Image von Politikern,

wenn sie sich gezeigt haben bei Naturkatastrophen.

Inzwischen ist es aber durch einen medialen Overkill

wahrscheinlich ins Gegenteil verkehrt worden.

Nein, es ist allerdings interessant.

In dem Moment, in dem ganz Österreich die Bilder der Zerstörung aus Kärnten sieht,

geht Karl Nehammer mit einem ganz anderen Thema offensiver in die Öffentlichkeit.

Immer wieder hört man, dass Bagelzoll abgeschafft werden.

Wir hören hier Karl Nehammer auf seinem TikTok-Kanal.

Er spricht direkt in die Kamera.

Sacco ohne Krawatte, der oberste Knopf ist geöffnet.

Der Kanzler, der sonst nicht unbedingt Jugendlichte herkommt,

will sich auf der Plattform für junge Menschen anscheinend cooler und lockerer präsentieren.

Ich als Bundeskanzler sage dir, dass wir das in Österreich so nicht spielen.

Die Liebe zum Bargeld.

Ja, das ist tatsächlich keine rein deutsche Geschichte.

Wenn ich Freunden im Ausland erzähle,

dass ich in Berlin in vielen Restaurants nicht mit Karte bezahlen kann,

dann finden die meisten das ziemlich lustig.

So ähnlich lustig wie, dass es in der Bahn auf keinen Wlan gibt.

Aber meine österreichischen Freundinnen und Freunde, die lachen eigentlich nicht.

Auch bei uns ist es nämlich vielen Menschen wichtig,

weiter möglichst bar bezahlen zu können.

Und nein, es geht dabei nicht immer nur um Steueroptimierung.

Zum Teil hat es auch wirklich ernstzunehmende Gründe.

Zum Beispiel, dass mit der Karte eben jeder Kauf ganz genau nachvollziehbar wird.

Das merken wir auch in den sozialen Foren.

In den Foren des Standards gibt es eine gewisse Schicht,

die sagt, es gibt Verschwörungen in Europa, die das Bargeld abschaffen wollen.

Diese Sorgen nimmt Österreichs Bundeskanzler offenbar sehr ernst.

Ich will, dass Bargeld als Zahlungsmittel verfassungsrechtlich abgesichert wird.

Und ich möchte, dass Bargeld auch weiterhin angenommen wird.

Die Sache ist nur die, es gibt schon gesetzliche Rahmenbedingungen, die das Bargeld absichern.

Es gibt, das ist ja ein Nationalbankgesetz.

Es gibt Gesetze auf der EU-Ebene.

Niemand will die sehr in Frage stellen.

Das heißt, auf der Faktischen Ebene braucht man nichts ändern.

Das ist der Ökonom und Kulturwissenschaftler Walter Ötsch.

Er hat sich intensiv mit dem Thema Populismus beschäftigt.

Und für ihn fällt Karl Nehamas Kampagne für das Bargeld klar in diese Kategorie.

Das sieht auch unser Kollege Hans Rauschers so.

Es steht fest, dass das Bargeld nicht abgeschafft wird.

Und dort, wo es scheinbar abgeschafft wurde, nämlich in Schweden, ist es sozusagen von selbst passiert.

In Schweden ist das Bargeld ja scheinbar abgeschafft, weil es kaum jemand mehr verwendet.

Viele Cafés und kleine Geschäfte nehmen auch gar kein Bargeld mehr an.

Hat Nehamas Angst vor solchen schwedischen Verhältnissen?

Oder wieso kündigt der Kanzler gerade jetzt, mit viel Aufwand auf TikTok,

eine Gesetzesänderung an, die faktisch gar nicht nötig ist?

Ich glaube, dass Nehamas hier und die ÖVP insgesamt einen schwerwiegenden taktischen Fehler begeht.

Sie versuchen, der FPÖ-Thema wegzunehmen.

Für die Rechtspopulisten der FPÖ ist Bargeld nämlich ein Dauerthema.

Erst Ende Juli hat die Partei zu einer Pressekonferenz geladen,

um gegen eine auf EU-Ebene diskutierte Bargeld-Obergrenze zu protestieren.

Die Vorwurzüge von Bargeld sind auch meiner Meinung nach relativ klar.

Das ist eben die gedruckte Freiheit, dass ich selber Zugriff zu meinem eigenen Geld habe,

dass ich im Kreing lesender Konsument bin.

Die Freiheitlichen haben sogar eine Petition namens Festung Bargeld gestartet.

Und immer wieder genau das gefordert, was Nehamas jetzt angekündigt hat.

Nämlich, dass ein Recht auf Bargeld in die Verfassung soll.

Der FPÖ-Chef Herbert Kickel wirft Nehamas deshalb jetzt Ideendiebstahl vor.

Fällt Ihnen selbst überhaupt gar nichts mehr vernünftiger sein?

Real bedroht ist, dass Bargeld in Österreich zurzeit sicher nicht.

In Wien ärgere ich mich zum Beispiel öfter darüber, dass ich nicht mit Karte zahlen kann.

Also, dass man in einem Laden gar nicht mehr Bar zahlen kann, ist mir ehrlich gesagt in Österreich noch nie passiert.

Aber gerade bei Menschen, die dem Staat eher kritisch gegenüberstehen,

weckt das Thema offenbar trotzdem heftige Reaktionen.

Warum Nehamas ausgerechnet bei der FPÖ, also der Partei, die solche Leute auch dezidiert anspricht,

Anleihen nimmt, ist klar.

Sie liegt seit Monaten auf Platz 1 in den Umfragen.

Vor den Sozialdemokraten der SPÖ und vor Nehamas Volkspartei.

Sowohl die Sozialdemokraten, als auch die Volkspartei,

suchen deshalb nach einem Ansatz, um mehr Menschen überzeugen zu können.

Die SPÖ setzt auf einen linken Kurs.

Sie hat ja vor Kurzem in einer ziemlich chaotischen Wahl den Partei Rebellen Andreas Barbla zum Vorsitzenden gemacht.

Wir haben dazu auch eine eigene Folge, die packen wir Ihnen noch mal in die Show Notes.

Und in diesem Spektrum zwischen den erstarkten Rechtspopulisten

und den jetzt linke ausgerichteten Sozialdemokraten, sieht Karl Nehamas seine Chance.

Und da versucht er jetzt irgendwie rein zu grätschen,

weil die größte Gefahr für die ÖVP wäre beim nächsten Wahlkampf,

wenn das ein Match zwischen links und rechts wird, in der sie oder Karl Nehammer eigentlich kaum noch vorkommen.

Aber wer ist diese Mitte?

Wen würde damit Ideen wie Bargeld in der Verfassung ansprechen?

Also für wen will Nehamas Politik machen?

Für die Normalen, für die vielen, für die, die sich an die Regeln halten.

Für diejenigen, die in der Früh aufstehen und arbeiten gehen.

Für diejenigen, die sich mit ihrer Familie etwas aufbauen wollen.

Was die Mitte einen könnte, ist, dass sich alle relativ normal fühlen.

Und so versucht man jetzt anhand dieses Begriff sich entlang zu handeln.

Diese Normalitätsdebatte hat sie in Österreich in den letzten Wochen für höchste

Wirbel gesorgt.

Angefangen hat sie eigentlich schon vor Monaten.

Das hat schon begonnen in seiner Kanzlerin im Frühjahr.

Da hat er Österreich eben zum Autoland erklärt,

die Klimaaktivisten als Vertreter von Untergangsszenarien abgetan.

Normal ist für Nehammer Autofahren und Schnitzelessen.

Nicht normal ist für seine ÖVP Gendern oder für Umweltschutz protestieren.

Das unterstreicht zum Beispiel die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikke Leidner.

Eigentlich wollten Nehammer und seine Leute eine Einheit schaffen,

zu der sich möglichst viele Menschen in Österreich zugehörig fühlen.

Politiker anderer Parteien finden, die Debatte, die daraufhin ausgebrochen ist, bewirkt eher das Gegenteil.

Die Frage, wer oder was denn nun normal ist, streibt einen Keil durch Österreich.

Der grüne Vizekanzler Werner Kogler nennt diese Ausdrucksweise der Volkspartei

sogar Präfaschistoid. Dieses Wort hatte er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Profil verwendet.

Und Bundespräsident Alexander van der Bellen hebt in einer Rede hervor,

dass es ja auch durchaus positiv sein könne, nicht normal zu sein.

War Mozart normal?

Na sicher nicht.

Laut dem Ökonom- und Kulturwissenschaftler Walter Oetsch entsteht durch diese Wortwahl ein ausgrenzender Effekt.

Normal kann sich nämlich nur fühlen, wer andere als nicht normal sieht.

Und das ist dann im Kern wieder so zu sagen populistisch.

Das heißt, jemand, der sozusagen einen anderen politischen Zugang hat, der andere Lösungsverschläge macht,

dem zu sagen, du bist nicht normal, ist ja ganz, ganz stark geworden von Abwertung.

Auf den ersten Blick scheint die Strategie sogar tatsächlich aufzugehen.

Gerade wenn es um Themen wie Klimaschutz geht.

Die Aktionen der letzten Generation kommen ja zum Beispiel bei vielen in der Bevölkerung nicht gut an.

Wenn Ehemma sie dann als nicht normale bezeichnet, dann stimmen ihm wohl viele zu.

Der Mittelstand oder die Mittelschicht oder die sogenannten normalen Leute denken natürlich bis zu einem gewissen Grad in diese Richtung.

Und wie gesagt, da gibt es einige, die sagen, na ja, der Klimawandel, also früher hat es auch Unwetter gegeben und so weiter.

Aber gerade beim Thema Klimakrise zeigt sich, diese Strategie könnte der Volkspartei und letztlich ganz Österreich irgendwann auf den Kopf fallen.

Wie können wir die Erderhitzung stoppen?

Wie verändert künstliche Intelligenz unser Leben?

Und wann wird nachhaltiges Reisen endlich einfacher?

Um diese und viele weitere Themen geht es im Podcast Edition Zukunft und Edition Zukunft Klimafragen.

Ich bin Alicia Prager und ich bin Jula Bayra.

Wir sprechen über Lösungen für das Leben und die Welt von morgen.

Jeden Freitag gibt es eine neue Folge, überall wo es Podcasts gibt.

Konservativ will immer etwas Bewahrendes haben.

Und das ist natürlich jetzt in einer Zeit, wo wir nur, wenn wir gewisse Standards erhalten, wenn wir eine gewisse Art von Wohlstand erhalten wollen,

wenn wir eine bestimmte Art von gesunder Umwelt erhalten wollen, kann die Erhaltung nur mehr durch einen starken Wanderl passieren.

Was Edge sagt, wenn das Klima unser Arbeitsumfeld, unsere Natur, unsere Landwirtschaft, unsere Wohnorte verändert,

dann müssen auch wir uns verändern, wenn wir unseren heutigen Lebensstandard erhalten wollen.

Die Klimaproblematik wird die entscheidende Problematik für die nächsten Jahrzehnte werden.

Und je früher mehr anfangen, und je früher mehr anfangen, Wärgenstellungen zu machen, je besser das sozialverträglich passiert, umso besser wird es sein.

Denn die meisten Wissenschaftlerinnen sind sich einig. Um die Klimaziele zu erreichen, bleiben nur noch wenige Jahre.

Österreich hat sich auch selbst vorgenommen bis 2040 klimaneutral zu werden.

Auch Karl Nehammer trägt diese Ziele nach außen weiter mit.

Er sagt, natürlich gibt es den Klimawandel und ja, der ist auch eine Bedrohung.

Dann kommt allerdings das große Aber.

Nehammer findet nämlich, dass man diese Bedrohung eben explizit keine Verbote entgegensetzen soll, wie sie ja eben Klima oder auch andere Klimaaktivistinnen fordern,

sondern sein Weg ist eben der, man sollte lieber auf die Forschung, auf Innovation setzen und so wird es dann schon Lösungen geben.

Also erläugnet den Klimawandel nicht, er will aber auch definitiv keine schlechten Nachrichten überbringen.

Also, dass irgendjemand auf irgendetwas verzichten müsste.

Die große Frage ist natürlich, kann man den Klimawandel aufhalten, ohne dass irgendjemand auf irgendetwas verzichten muss?

Wenn man den einschlägigen Klimawissenschaftlerinnen zuhört, dann nicht.

Deshalb meint Walter Oetsch, dass gerade eine Partei wie die ÖVP, die den Wohlstand der Mittelschicht erhalten will, dringend umdenken sollte.

Dann ist ja auch ganz einfach auch wirtschaftliche Vorteile, umrechnet, wie hat die deutsche Automobilindustrie den Zug versäumt durch unsinnliche Behaarungspolitiken,

durch Betrugsmanöver, die von der Politik gedeckt worden sind, einen riesigen Ausmaß?

Es gibt historische Momente, wo Behaarung einfacher Unsinn ist.

Anders formuliert es, wenn die Welt sich weiter dreht, sondern ist es ein Fehler stehen zu bleiben.

Und das zeigt sich bei einer Wählergruppe, die der ÖVP eigentlich sehr nahe steht, ganz besonders.

Der heurige Sommer mit seinen extremen Wetterlagen hinterlässt auch schwere Schäden in der Landwirtschaft.

Stürme und Tage und jetzt auch der Starkregen und das Hochwasser haben den Äckern Wiesen und Wäldern stark zugesetzt.

Es ist ein Katastrophensommer auch für die Bäuerinnen und Bauern im Land.

Die österreichische Hagelversicherung spricht von weit über 10 Millionen Euro Schäden.

Kaum eine Branche trifft der Klimawandel jetzt schon so hart wie die Landwirtschaft.

Das zeigt zum Beispiel dieser aktuelle ORF-Bericht.

Wenn die Volkspartei die Gunst der Bauern auf längere Sicht nicht verlieren will,

dann müsste sie eigentlich versuchen, die Schäden des Klimawandels auf die Landwirtschaft möglichst abzumildern.

Programme zu machen gegen die Saatensterben von den Insekten, von den Vögeln,

gegen die Bodenerosion, gegen die Bodenversiegelung usw.

Es sind alles so ganz, ganz große Probleme, wo man ja die eigene Klientel, die konservative Bauernschaft,

letztlich sozusagen Schutzrahmen geben würde.

Warum tut Karl Niehammer all das nicht?

Warum stürzt er sich in eine Kampagne für den Erhalt des Bargelds,

statt den Kampf gegen Unwetterkatastrophen zur Chefsache zu machen?

Das ist jetzt sozusagen eine sehr kritische Frage verschiedener die Klimakrise.

Versteht das kognitiv?

Also wenn ich mir zum Beispiel mehr Zahn schaue oder lasche, in Deutschland würde ich sagen, sie verstehen es kognitiv nicht.

Ein ziemlich harter Befund.

Wieso sollten konservative in Deutschland und Österreich die Klimakrise nicht verstehen?

Weil sie zu dumm sind?

Das meint Ötsch aber nicht.

Was er sagen will, die Klimakrise wirklich zu begreifen, heißt sich von ihrer Bedrohlichkeit erschüttern zu lassen.

Und die Erschütterung muss ich psychologisch bewältigen.

Ich glaube, das ist genau der Punkt, der uns jetzt so zahlpsychologisch in dieser verrückten Zeit ob verlangt wird.

Man muss das aushalten, man muss das aushalten, so zu sagen, okay, 3 oder 4 Grad zusätzliche Wärmung bis zum Ende des Jahrhunderts,

ist eine Möglichkeit.

Wir hoffen nicht, dass es eintritt, aber es ist auch eine Art von Möglichkeit oder die ganzen Kipppunkte.

Doch statt sich wirklich mit dieser Möglichkeit auseinanderzusetzen,

tun Politiker wie Karl Niehammer eher die Sorgen junger Menschen vor der Klimaerwärmung als eine Arztmodetrend ab.

Und das Verkennen der Problematik ist sozusagen ein kognitives Problem.

Und dieses kognitive Problem meinen nicht, dass die Leute dumm sind, die sind alle sehr, sehr intelligent,

sondern sie haben an gewissen, im Fachwert wird man sagen, epistemischen Rahmen,

die einer Weise wirkt, dass sie das Problem nicht erkennen kann.

Die existenzielle Bedrohlichkeit der Klimakrise wirklich zu erkennen.

Das passt schlicht und einfach nicht in den Denkrahmen von konservativen wie Niehammer, sagt Oetsch.

Und weil diese Leute Politik machen und Themen auf die Tagesordnung setzen,

ist das für den Ökonomen ein wirklich schlimmer Befund.

Vor allem, weil die Klimakrise ja auch den sozialen Frieden in Österreich auf längere Sicht gefährdet.

Den sozialen Frieden, den die ÖVP als Normalität sieht und ja eigentlich so dringend bewahren möchte.

Das, was jetzt Fridays for Future machen und das, was die Last Generation macht, ist ja harmlos, harmlos.

Alle, die jetzt gegen diese schimpfen, die werden sich einmal so eine harmlose Jugend wieder wünschen,

es wird eine ganz andere Worte von Jugendbewegungen geben.

Was Oetsch hier also sagt, der Klimawandel wird unsere Welt längerfristig radikal verändern.

Und Konservative, die das bestehende Jahr erhalten wollen, müssen davor eigentlich besonders große Angst haben.

Und sich dafür einsetzen, diese massiven Veränderungen aufzuhalten.

Aber genau das tut Niehammer nicht, weil er die Bedrohung offenbar nicht erkennt.

Und er ist damit nicht allein.

Vielen Menschen erscheint der Klimawandel immer noch als abstrakt, trotz zunehmender Unwetter- und Hitzewellen.

Es gibt aber noch eine Angst in Österreich, die schon jetzt voll da ist.

Und in der viele ebenfalls politische Lösungen vermissen.

Seit der Ukraine-Krieg ausgebrochen ist, treiben die hohen Energiepreise die Teuerung immer weiter voran.

In Österreich ist die Inflation zuletzt zwar wieder etwas zurückgegangen, sie liegt dabei im Juli immer noch bei 7%.

Und ist damit doppelt so hoch wie im Juli 2021, also vor dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Für immer mehr Menschen wird das Schlichtweg existenzbedrohend.

Die Regierung tut schon etwas. Sie hat so wie vorher in der Covid-Phase Unmengen an Subventionen ausgeschüttet.

Und sie zahlt jetzt also Energie, Geld und andere Zuschüsse für den sogenannten kleinen Mann.

Das ist schon bis zu einem gewissen Grad in Ordnung, um große Belastungen auszugleichen.

Bei diesen Hilfspaketen der Regierung gibt es laut unserem Kollegen Hans Rauscher allerdings zwei Probleme.

Das kann man erstens mal nicht ewig fortführen, weil das Budget dann früher oder später mal zu Krachen beginnt.

Und zweitens ist das keine ursächliche Behandlung der Themen.

Natürlich kann Österreich die Teuerung nicht im Alleingang aufhalten.

Die Ursachen, also der Ukraine-Krieg, liegen ja auf internationaler Ebene.

Aber unser Kollege meint, dass es da durchaus noch Möglichkeiten gäbe, auf nationalstaatlicher Ebene gegenzusteuern.

Wenn man etwas gegen die Inflation tun will, dann müsste man zum Beispiel die Energieversorger näher ansehen.

Soll heißen die Überschüsse zum Beispiel, die viele Energieversorger gerade machen?

Die sind allerdings also überwiegend in Mehrheitsbesitz der österreichischen Bundesländer.

Und da traut sich natürlich dann niemand drüber.

Stichwort Föderalismus.

In der Mehrheit der österreichischen Bundesländer regieren ja ÖVP-Landeshauptleute.

Und die sehen es wiederum nicht gern, wenn die Bundespolitik,

auch wenn es die eigene Partei ist, in ihre Einflussbereiche sozusagen hinein regiert.

Als Karl Nehammer angeregt hat, die Übergewinne der Energieversorger abzuschöpfen,

hat ihm das auch innerhalb der Partei harte Kritik eingebracht.

Der Vorschlag verschwand dann schnell wieder.

Konkrete Ideen hört man seitdem eher wenige.

Und neben den großen Themen wie Inflation und Klimawandel gibt es ja auch noch eine ganze Reihe an vergessenen Krisen.

Probleme, die seit Jahren schwehlen und die Politik einfach nicht anpackt.

Ein Dauerthema ist natürlich der Pflegenotstand.

Wir werden immer älter, aber wir werden nicht gesünder älter.

Genau wie in Deutschland gibt es auch in Österreichs Gesundheitssystem

einen Mangel an qualifizierten Pflegepersonal.

Es fehlen Ärztinnen und Ärzte.

Die geburtsstarken Jahrgänge gehen nach und nach in Pension und brauchen selbst mehr Pflege.

Und gleichzeitig kommen weniger Fachkräfte nach.

Bis 2030 werden nach Schätzungen rund 76.000 Pflegekräfte fehlen.

Bis 2050 weit über 100.000.

Die Ärztekammer waren vor einem massiven Pflegenotstand in den Österreich-Schlittern könnte,

wenn jetzt nicht entschieden gegengesteuert wird.

Am Ende bleibt die Frage, wenn Österreich vor so vielen ernstzunehmenden Krisen steht.

Wieso wird mit sich der Kanzler Probleme, die eigentlich keine sind?

Wie der Absicherung des Bargelds oder der Frage, ob man den noch normal sagen darf?

Diese Frage führt uns mal wieder zu dem Mann, um den es hier im Podcast so oft geht.

Sebastian Kurz.

Der Ex-Kanzler, der die Volkspartei seinerzeit grundlegend neu ausgerichtet hat.

In meiner Reflexion über Sebastian Kurz habe ich lange Zeit gesagt,

die ÖVP übernimmt rechtspopulistische Elemente.

Und am Schluss der Regierungszeit könnte man sagen,

sie ist in der gewissen Weise rechtspopulistische Partei geworden.

Eine Zeit lang ist dieser Kurs durchaus aufgegangen.

Solange der strahle Mann Kurz die Partei geführt hat,

flogen ihm die Wählerstimmen nur so zu.

Aber mit seinem Abgang aus der Politik ist die ÖVP in eine tiefe Krise gestört.

Erholt hat sie sich seitdem nicht wirklich.

Und näher amers versuche, den rechtspopulistischen Kurs seines Vorgängers zu übernehmen,

die scheinen nicht wirklich zu fruchten.

Eine ähnliche Tendenz können wir übrigens auch bei den Christdemokraten in Deutschland beobachten.

Auch die, allen voran Parteichef Friedrich Merz,

haben zuletzt immer wieder versucht, Debatten anzuzetteln,

die wahrscheinlich AfD-Wählerinnen zurückholen sollen.

Über Geflüchtete, über Klimakleber und besonders gern übers Gendern.

Das erklärte Ziel dieser Politiker, den Status quo zu bewahren.

Aber Walter Öltsch hält diese Strategie nicht für sonderlich klug.

Denn die globalen Krisen, allen voran der Klimawandel,

bedrohen genau diesen Status quo auf längere Sicht fundamental.

Trotzdem geben Konservative in Deutschland und Österreich ihren Wählern das Versprechen,

dass sich nichts verändert muss.

Ein Versprechen, das sich so nicht einlösen lässt, wenn man der Wissenschaft glaubt.

Das heißt, die ÖVP müsste eigentlich beantworten, die Frage,

was heißt es, konservativ zu sein?

Was heißt es heute, das Bestehende erhalten zu wollen?

Und zwar mit Blick auf die nächsten Jahrzehnte.

Aber soweit denkt Calnehammer offensichtlich nicht.

Ihm geht es wahrscheinlich eher um die nächsten Nationalratswahlen.

Und die stehen im Herbst 2024 an.

Und da könnte sein Populismuskurs tatsächlich aufgehen,

auch wenn es natürlich niemand ganz genau vorhersehen kann.

Ich glaube aber schon, dass Calnehammer zumindest durch seine Strategie,

die er jetzt wählt, öffentlichkeitswirksamer ist,

also das noch vor einigen Monaten war,

als irgendwie der recht stille Krisenkanzler, der irgendwie versucht hat zu sein.

Womöglich ist es nämlich schon so,

dass man auch mit populistisch anmutenden Nonsensdebatten

durchaus etwas gewinnen kann in einem Land.

Man könnte auch sagen, dass es zum Wesen unseres politischen Systems

halt auch irgendwie dazugehört,

Entscheidungen mit Blick auf anstehende Wahlen zu treffen.

Dass Politiker lieber Probleme ansprechen,

für die sie dann auch schnelle Lösungen vorweisen können.

Und eins muss man der ÖVP und Calnehammer immerhin zugute halten.

Auch die anderen Parteien tun sich eher schwer damit,

nachhaltige und realistische Lösungsansätze

in Sachen Klimakrise oder Teuerung zu präsentieren.

Alle Fragen, die uns beschäftigen

oder die meisten großen Fragen, die uns beschäftigen,

sind globaler Natur.

Die Klimakrise kann nicht von einem Land allein.

Ihr nicht einmal nur von Europa bewältigt werden.

Und in Anbetracht dieser Größenverhältnisse

kann man sich natürlich resigniert fragen,

ob es von einzelnen Politikerinnen überhaupt Antworten

auf solche komplexen Krisen geben kann.

Und die Politiker selbst haben offensichtlich auch das Gefühl,

dass sie diese großen Lösungen eigentlich gar nicht selbst finden können.

Und so irgendwie zieht man sich zurück in einen Raum,

wo man sich irgendwie, keine Ahnung, aufs klein klein stürzt

und versucht anhand dieses klein kleines politisches Kleingeld zu waschen.

Zu einem gewissen Punkt ist es also verständlich,

dass Nehammer versucht, mit kleinen, vermeintlich beliebten Projekten zu punkten.

Aber unser Kollege Hans Rauscher bezweifelt,

dass ihm dieser populistische Kurs auf lange Sicht Erfolg einbringt.

Denn Sebastian Kurz hat seinerzeit den fashion-jungen Rechtspolisten

immerhin glaubhaft verkörpert.

Der wesentlich ältere und ruhigere Nehammer ist ein ganz anderer Typ.

Anfangs hat Nehammer den Eindruck erweckt,

des ehrlichen, fleißigen, sachlich orientierten Arbeiters.

Dabei hätte er bleiben sollen, meiner Meinung nach.

Die vermeintlich frechen Kulturkampfansagen auf TikTok,

die wirken bei Nehammer auch einfach nicht authentisch.

Und das merken die Leute.

Sie merken, dass da jemand gecoached wird

und dass seine Warnqualitäten, die, glaub ich, vorhanden sind bei Nehammer,

nicht ausspielen darf.

Und einen übercoached, nicht authentischen Bundeskanzler

wünschen sich eben die wenigsten Österreicher.

Danach lieber einen ganz normalen Karl Nehammer.

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Alle Links und Infos gibt's wie immer auch in den Shownoten zu dieser Folge.

Danke fürs Zuhören.

Und allen, die an diesem Podcast mitwirken.

Das waren diesmal vor allem Ola Reismann, Schold Wilhelm und Christoph Grubitz.

Ich bin Lucia Heisterkamp.

Ich bin Antonia Raut.

Wir sagen Tschüss und Papa.

Gibt es außerirdisches Leben?

Haben Tiere ein Bewusstsein?

Können wir durch die Zeit reisen?

Es gibt so viele große Fragen, die uns Menschen seit Jahrtausenden beschäftigen.

Aber erst jetzt kann die Wissenschaft Antworten daraus liefern.

Oder neue Rätsel entdecken.

Ich bin Tanja Traxler.

Und ich bin David Renert.

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Wir fragen Wissenschaftlerinnen, was in Schwarzen Löchern passiert.

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In dieser Folge von "Inside Austria" fragen wir, wo Bundeskanzler Karl Nehammer Österreich eigentlich gerade hinsteuert. Wieso er über Bargeld spricht, während das halbe Land unter Wasser steht. Und wir fragen, ob die Prioritäten der Kanzlers dem Land womöglich auf lange Sicht schaden könnten.

Zum Nachhören: Die Chaos-Chronik der SPÖ