Ö1 Journale: Morgenjournal um 8 (08.10.2023)
ORF Ö1 10/8/23 - Episode Page - 11m - PDF Transcript
Sonntag der 8. Oktober, zu einem verlängerten Journal um 8, begrüßt sie Arthur Trinacher,
das überwiegend im Zeichen der eskalierenden Gewalt im Nahen Osten steht.
Nach dem gestrigen Großangriff auf Israel hat die islamistische Hamas auch in der Nacht
Raketen auf israelische Städte abgefeuert. Wir sprechen mit unseren Korrespondenten
in Tel Aviv und Cairo. Schauen uns die nationalen und internationalen Reaktionen an, vor allem jene
der USA. Vor allem aber ein Blick aufs Wetter. Berina Schöpfer weiß, wie es wird.
Sehr windig, zum Teil auch stürmisch durch den Wind, allerdings auch außergewöhnlich mit.
In Wiener Neustadt zum Beispiel aktuell 24 Grad in den Landeshauptstädten Eisenstadt mit knapp
22 amildesten, 12 Grad hingegen in Kratz und Klagenfurt. Im Westen und Süden, da zeigt sich heute
zumindest zeitweise die Sonne. Von Salzburg Ostwärts bleibt es hingegenweis bewölkt mit ein
paar Schauern. Zum Teil wird kräftiger Bestürme schon Nordwestwind, die Höchstwerte von Nord nach
Süd 15 bis 25 Grad. Im Laufe des Tages breitet sich aber von Nordosten kommend langsam kühlere
Luft aus. Danke, Berina Schöpfer. Nach den Großangriffen der Hamas-Gästern auf Israel
steigt die Zahl der Toten immer weiter. Auf israelischer Seite gibt es bisher mindestens 300
Todesopfer bei den Palästinensern mehr als 230. Auch in der Nacht sind die Kampfhandlungen weitergegangen.
Seit dem gestrigen Überraschungsangriff der militanten Palästinenser-Organisation Hamas
kommt das Land einfach nicht zur Ruhe. Tim Kupal fasst die Nacht zusammen.
Ein Land im Schock, Bilder ermordeter israelischer Familienmisshandelter unter niedrigter Geiseln,
nur langsam wird das gesamte Ausmaß und die Folgen der Überraschungstereo-Attacke auf Israel
deutlich. Islamist-Ministerpräsident Benjamin Netanyahu schwört Rache und kündigt eine
Daueroffensive und eine Totalblockade des Gaserstreifens an.
Noch immer Gefecht im Süden Israels, noch immer Raketen aus Gaza, in der Nacht bringen Einheiten
der Grenzpolizei die Polizeistation in Sterot, wieder und ihre Kontrolle und töten 10 Terroristen.
In der Früh wird ein Spital in Ashkelon von einer Rakete getroffen. In einem Zentrum für vermisste
Personen nahe des Flughafens Ben-Gurion warten dozende Menschen mit Zahn- oder Haarbürsten,
um den Ahrproben abzugeben in der Hoffnung, so wenigstens irgendeine Art von Klarheit über das
Schicksal ihrer Liebsten zu bekommen. Das klingt natürlich alle sehr dramatisch. Bei mir im Studio
jetzt Nikolas Wildner aus unserem Korrespondentenbüro in Tel Aviv. Bis jetzt werden also hunderte Tote
gemeldet. Es gibt zahlreiche Geiseln im Süden, weiß man schon mehr zu den Opfern. Also wie wir
auch im Beitrag gehört haben, es werden nach wie vor Dutzende Opfer vermisst. Angehörige
suchen verzweifelt nach ihren Angehörigen, die getötet worden sind, die vielleicht entführt
worden sind, die sich vielleicht weiterhin verstecken vor Hamas-Kämpfern im Umfeld von Gaza. Man kann
dieses Ereignis aus israelischer Sicht eigentlich nur mit einem Ereignis wie dem 11. September in den
USA vergleichen. Also etwas Ähnliches hat es noch nie gegeben. 24 Stunden später muss man sich vorstellen,
hat Israel eigentlich auch noch nicht die volle Kontrolle oder die volle Übersicht über das,
was auf seinem eigenen Staatsgebiet passiert. Das ist von einer Qualität, wie wir sie nicht
bisher gesehen haben. Netanyahu hat sehr entschlossen geklungen, er hat von herausfordernden
Tagen gesprochen. Israel hat offenbar da jetzt noch größeres vor, können Sie das ungefähr
einschätzen? Meine Einschätzung ist, Israel weiß noch nicht wirklich, wie es auf ein Ereignis dieses
Ausmaßes reagieren soll und kann. Bisher war die israelische Doktorin meistens die Hamas abzuschrecken,
das heißt, so starke militärische Angriffe zu fliegen oder gegen Gaza zu fahren, die Hamas
davon abhalten, Israel anzugreifen. Das Sicherheitskabinett in Israel hat jetzt angekündigt,
die Hamas unschädlich machen zu wollen, was das im Detail heißt, wie das militärisch aussieht,
was da die definierten Ziele innerhalb dieses Kabinetts sind. Das können wir jetzt noch nicht
sagen, aber es ist völlig klar, dass diese Aktion der Hamas die Spielregeln ändert, also es ist
heute nicht mehr so, wie es gestern war. Und es gibt ja die Befürchtung, dass sich dieser Konflikt
ausweitet. Gibt es da Anzeichen dafür, dass diese Eskalation auch auf andere arabische Gruppen
sich ausweitet? Ja, diese Angst existiert, also die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts über
Gaza hinaus an mehreren Fronten mit anderen radikal-islamischen Terrormilizen. In der Früh
haben wir gehört von Mörserbeschuss aus dem Libanon auf Nord-Israel. Die israelische Armee hat
mit Artilleriebeschuss auf den Libanon auf Stellungen dort reagiert. Jetzt vor kurzem haben wir gehört,
dass die Terrormilits Hisbollah die Verantwortung dafür übernommen hat. Das hat sie in den vergangenen
Jahren nicht gemacht, sondern sie hat geduldet, dass palästinentische Organisationen aus dem
Libanon hinaus hin und wieder weniger Raketen auf Israel schießen. Das bedeutet, es könnte,
dass sich ausweiten zu einem Flächenbrand. Die Hisbollah wird vom Iran finanziert und unterstützt
und seit Monaten gibt es da ein rhetorisches Sebelrasseln und Israel hat auch angekündigt,
in dem Fall eines Angriffs der Hisbollah auf sein Gebiet den Iran dafür verantwortlich zu machen.
Man muss dazu sagen, dass diese Angst schon seit Monaten in Israel umhergeht. Das heißt,
der Angriff ist völlig überraschend gekommen, aber es wurde mit so einem Szenario gerechnet,
weil Israel seit Monaten intern sehr zerstritten ist und die Feinde Israels,
die Terrororganisationen Gaza und dem Libanon haben seit Monaten darauf spekuliert,
diese Schwäche auch militärisch ausnützen zu können. Und das haben sie jetzt anscheinend
gemacht, in welchem Ausmaß wissen wir noch nicht. Also sehr beunruhigende Entwicklungen.
Vielen Dank, Nikolas Wildner aus unserem Korrespondentenbüro in Tel Aviv. Vielen Dank.
Wir wollen das jetzt auch noch weiter einschätzen. Ebenfalls bei mir im Studio ist Karim El Gohari
von unserem Korrespondentenbüro in Cairo. Wir haben also Meldungen, dass die Hisbollah aus dem
Libanon den Norden Israels beschossen hat. Was kann das jetzt bedeuten? Ist das womöglich eine
zweite Front? Ja, das waren mehrere kleinere Angriffe auf drei israelische Stellungen im Nord
Israel vom Libanon aus. Es ist nicht die große Barrage von Raketen, zu der die Hisbollah eben
auch fähig ist. Wir haben das erlebt beim Krieg 2006, was für ein Raketenasenal die
Hisbollah hat. Ich glaube, das ist eher ein Warnschuss gewesen und eine Aktion, die vielleicht
auch so ein bisschen die Kräfte der israelischen Armee im Norden binden soll. Es ist, glaube ich,
nicht die Eröffnung der großen Front. Aber da ist, glaube ich, alles noch offen, was weiter
passieren kann. Die Lage, die wir jetzt haben, die kann definitiv noch an anderen Fronten eskalieren.
Da ist natürlich einmal die Hisbollah, wie wir heute Morgen sehen. Aber ich glaube, was fast
noch größeres Potenzial hat, ist die Situation im Westjordanland, wo natürlich seit Monaten die
Situation angeheizt ist mit Siedlerübergriffen auf palisthenischen Dörfern und ähnliches.
Und man sich ein Szenario vorstellen kann, dass eben auch von dort z.B. Siedlungen angegriffen
werden. Es könnten auch die 48er Palisthenzer sein. Das heißt, die Palisthenzer, die auf
israelischem Staatsgebiet leben und die einen israelischen Pass haben, die als bürger zweiter
Klasse sich fühlen und die auch immer wieder sich in den letzten Monaten zu Wort gemeldet haben.
Hamas Chef hat ja gestern gesagt, dass er diesen Konflikt auf das Westjordanland und nach Jerusalem
ausbreiten möchte. Was erwartet sich die Hamas von diesem Überraschungsangriff Israel ist doch
ein deutlich überlegender Feind militärisch gesehen? Ich glaube, dass das eine Botschaft an
mehrere Parteien ist, was wir da gestern erlebt haben. Und ich zähle das jetzt aus der Sicht von
Hamas aus, ohne es zu bewerten. Ich glaube, die erste Botschaft ist an Israel. Ihr seid nicht
unverwundbar. Das ist, glaube ich, die große Botschaft von gestern, die große Botschaft der
Bilder, die wir gestern auch gesehen haben. Warum auch die Bilder so wichtig waren? Die Hamas Leute
haben ja alles mitgefilmt, was die gestern gemacht haben und sofort online gestellt. Das ist auch
sozusagen, Sie haben hier gestern auch das Monopol der Bilder gehabt, der Niederlage Israel sozusagen.
Das zweite ist eine Botschaft an die Palästinenser generell. Die Botschaft sozusagen sagt, wir können
zurückschlagen all das, was die Palästinenser als schreiende Ungerechtigkeit empfinden, die
israelische Besatzung, die Siedlungen, die Übergriffe der Siedler. Also eine Botschaft von Hamas an den
weiteren palästinäischen Kreis. Die dritte Adressat sind die arabischen Staaten, die entweder ihre
Beziehungen mit Israel normalisiert haben oder wie im Falle Saudi-Arabiens zu diskutieren, ob sie
sie normalisieren. Und ich glaube, da ist es eine Botschaft von Hamas, die sagt, ihr habt die Rechnung
ohne den Wert gemacht. Ihr könnt nicht irgendwie die Beziehungen mit Israel normalisieren, ohne dass
ihr die Situation der Palästinenser mit aufnimmt. Und das letzte ist eine ganz praktische Geschichte.
Man hat israelische Gefangene genommen, Geiseln genommen gestern und die werden natürlich in den
nächsten Monaten auch, wenn sie nicht befreit werden von israelischer Seite, Verhandlungsmaße,
Manövriermasse sein für einen möglichen großen Gefangenenaustausch. Wir haben ja viele
Tausende Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Also eine Lösung dann am Verhandlungstisch.
Vielen Dank Karim El-Gohari für ihre Einschätzung hier live bei mir im Studio. Der großflächige
Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel sorgt international für große Betroffenheit. Die
europäischen Staaten und ihre Verbündeten äußern ihre Solidarität mit Israel. Auch Österreich
stellt sich hinter die israelische Regierung. Paul Krisei fasst die Reaktion.
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