Ö1 Journale: Mittagsjournal (08.10.2023)

ORF Ö1 ORF Ö1 10/8/23 - Episode Page - 11m - PDF Transcript

Ich begrüße Sie zu einem verlängerten Sonntagsjournal, das ganz im Zeichen der Eskalation im Nahen

Osten steht.

Unsere Korrespondenten aus dem Büro sind Teller wie von Cairo analysieren die Lage, hören

sie wie die US-Diplomatie auf höchster Ebene versucht einen Flächenbrand in der Region

zu verhindern.

Und wir schauen auch nach Liverpool, wo sich die Labour-Partei bei ihrem Parteitag für

die britische Parlamentswahl im nächsten Jahr in Stellung bringt.

Das Wetter heute Nachmittag allmählich kühler.

Israel schlägt am Tag nach dem Große Angriff der radikal-islamischen Hamas zurück, Ziele

im Gasastreifen von wo aus der Angriff gestartet wurde, liegen unter israelischem Beschuss.

Israel stellt sich auf einen langen schwierigen Krieg ein und weiß die EU, die USA und die

westlichen Staaten an seiner Seite.

Doch zuletzt schaltet sich auch die libanesische Hisbollah ein, mit Raketenangriffen aus dem

Norden auf israelische Militärstellungen, Paul Grisei berichtet.

Ein dumpfes Grollen ist zu vernehmen auf Videoaufnahmen, die den Beschuss einer israelischer Stellung

im Norden des Landes zeigen sollen.

Die libanesische Hisbollah Miliz bekennt sich zu den Angriffen auf drei israelische Militärstützpunkte.

Sie befinden sich im Gebiet der sogenannten Sheba-Farmen, ein Landstrich, den sowohl Israel

als auch der Libanon für sich beanspruchen.

Ein libanesischer Augenzeigerschildert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, er habe den

Beschuss gehört, dann habe Israel auch schon zurückgefeuert.

Der Feuerwechsel im Norden Israels ist nur die jüngste Episode einer Eskalation, die

sich zu einem Flächenbrand auszuweiten droht.

Unterdessen geht im Süden im Gaserstreifen der Beschuss durch die israelische Armee weiter.

Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie ein fünfstöckiges Wohnhaus nach einem Raketentreffer

einstürzt.

Sie richten völlige Zerstörung an, sagt ein Bewohner vom Gaser, der vor den Trümmern

seines Hauses steht.

Trümmer sind auch in Ashkelon zu sehen, einer Stadt auf israelischer Seite nur wenige Kilometer

vom Gaserstreifen entfernt.

Ein Raketentreffer der Hamas hat das örtliche Spital zerstört.

Es war ein sehr schwieriger Tag, sagt eine Ärztin, und es werden wohl schwierige Tage

und Wochen folgen, denn Israels Regierung stellt sich nach eigenen Angaben auf einen

langen Krieg ein.

Angriffe der libanesischen Hezbolamiliz heute früh, also auf israelische Stellung im Norden

an der Grenze zum Libanon.

Ich habe kurz vor der Sendung Karim El-Gohari gefragt, ob hier eine zweite Front entsteht.

Ja, das ist passiert, aber ich glaube bis jetzt ist es noch nicht so weit, dass man es

eine zweite Front nennen könnte.

Wir wissen, welches militärisches Potenzial die Hezbolat hat.

Wir kennen das aus dem Krieg im Libanon Krieg 2006, wo er wirklich tagelang eine Barrage

von Raketen in Richtung Israel losgeflogen ist.

Also, wenn Sie wollten, könnten Sie das machen?

Sie haben beschlossen, dass Sie da sozusagen kleinere Stiche leihen, würde ich mal sagen,

beginnen Warnschüsse, beginnen abzufeuern und die israelische Armee auch begrenzt mit

Atarieriebeschuss darauf antwortet.

Ich glaube, Hezbollah geht es um zwei Dinge, einmal auch Teile der israelischen Armee

im Norden des Landes zu binden, weg vom Süden, wo eben die Geschichte mit Hamas läuft und

andererseits eben auch Hamas seine Unterstützung auf diese Art und Weise zu signalisieren.

Aber ich glaube nicht, dass die Hezbollah bereit ist, hier wirklich einen großen militärischen

Konflikt zu riskieren, aber das kann sich natürlich jederzeit ändern.

Es gibt arabische Staaten, die ihr Verhältnis zu Israel in den vergangenen Jahren normalisiert

haben, etwa Bakrein oder die Arabischen Emirate.

Könnten diese Länder jetzt vermitteln?

Nein, jetzt sehen wir wie unwichtig diese Normalisierung mit Israel war, wenn es um

den Konflikt der Palästinenser geht.

Ich glaube, einer der Botschaften, die Hamas gestern ausgesendet hat, ist genau an diese

Länder.

Ihr habt die Rechnung ohne den Wert gemacht, ohne die Palästinenser.

Ich glaube, dass heute viel mehr andere Staaten wichtig sind jetzt zu vermitteln.

Da ist in allererster Linie mal Ägypten, dass diese Rolle immer traditionell eingenommen

hat, selber auch eine Grenze zum Gaserstreifen hat.

Zum zweiten Jordanien, mehr der Bevölkerung Jordanien sind Palästinenser, alles was im

Westjordanland vor sich geht und die Befürchtung ist eben, dass sich dieser Konflikt auch auf

das Westjordanland und den Konflikt mit den Siedlern und den Palästinensern ausweiten

konnte.

Große Sorge der Jordanier, also auch sie sind involviert, Ägypten und Jordanien telefonieren

ständig miteinander.

Und das dritte Land ist Saudi-Arabien, das eigentlich einen sofortigen Waffenstillstand

gefordert hat.

Also diese drei Länder sind involviert, aber man kann, glaube ich, nicht erwarten, dass

diese arabische Diplomatie schnell zu Ergebnissen führt.

Was sie vielleicht schaffen könnten, ist, dass sich der Konflikt nicht ausweitet.

Tatsächlich hat sich Israel nach der Entführung zahlreicher Staatsbürger durch die Hamas

an die ägyptische Regierung in Cairo gewandt und sie gebeten sich für die Sicherheit der

Geiseln einzusetzen.

Wird das passieren?

Also ich bin sicher, dass Ägypten mit Hamas in Verbindung steht.

Ich bin auch sicher, dass das Interesse der Hamas ist, diese Geiseln leben zu behalten.

Denn ich glaube, die Strategie der Hamas in diesem Fall oder warum sie so viele Israelis

in den Gaserstreifen verschleppt hat, ist natürlich, sie wollen Verhandlungsmasse haben,

um dann eben einen Gefangenenaustausch zu beginnen.

Wir haben Tausende von Palästinensern in israelischen Gefängnissen und traditionell

ist es immer so, dass man dann eben israelische Geiseln dazu nutzt, für Verhandlungen um diesen

gefangenen Austausch zu bewirken.

Aber dafür ist es im Moment noch zu früh.

Aber ich glaube, Hamas hat ein Interesse an lebenden israelischen Geiseln, um diesen

Austausch dann am Ende diese Verhandlungen beginnen zu können.

Informationen von Karim Melko, Harry, vielen Dank.

Bitte sehr.

Und bei mir ist jetzt Nikolas Wildner von unserem Büro in Tel Aviv.

Wir haben gehört Geiseln in der Hand der Hamas als Verhandlungsmasse.

Was kann, was wird Israel tun, um sie zu befreien?

Also das ist jetzt wirklich die große Frage im Moment in Israel.

Vielleicht ist es die wichtigste Frage.

Israel hat sich definitiv noch nie in so einer Situation befunden.

Also es gibt zwar keine offiziellen Angaben über die Anzahl der Geiseln, aber es sind wahrscheinlich

Dutzende inoffiziell wird von bis zu 60 Geiseln gesprochen.

Ein Sprecher der Hamas hat heute gesagt, es ist die Anzahl der Geiseln ist tatsächlich

ein Vielfaches davon.

Das ist natürlich nicht verifiziert, wie der Kollege Al-Ghori gesagt hat.

In der Vergangenheit hat Israel immer wieder Verhandlungen geführt, oft langwierige Verhandlungen,

um einzelne Geiseln frei zu bekommen, entführte Soldaten hauptsächlich auch einzelne Zivilisten

und hat dafür traditionell, kann man fast sagen, bis zu hunderte inhaftierte Terroristen

in Israel freigelassen.

Das wirkt aber in dieser Situation sehr unwahrscheinlich oder vielleicht praktisch unmöglich.

Das heißt, diese Terroroffensive, die die Hamas gerade aus Gaza gegen Israel fährt,

schreibt die Spielregeln quasi neu.

Was das für die Geiseln bedeutet, die aus Israel entführt worden sind und sich jetzt

im Gaserstreifen befinden, ist sehr schwer abzuschätzen.

Premier Netanyahu hat angekündigt, die Einfuhr von Strom, Brennstoff und Warnlieferungen in

den Gaserstreifen abzuschneiden.

Welche Möglichkeiten hat Israel sonst noch die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen?

Also in allererster Linie geht es Israel jetzt einmal um eine militärische Antwort, die

ich sage jetzt mal der Größe dieses Ereignisses gerecht wird oder gerecht werden kann.

Und man muss auch fast sagen, die es Israel ermöglicht, die Hamas zurückzudrängen.

Das ist eine völlig noch nie da gewesene Situation, dass auch einen Tag später sich

in Israel Hamas Kämpfer befinden und das Gefechter gibt zwischen Hamas Kämpfern auf

israelischen Boden und der israelischen Armee.

Also Israel sucht, ringt mit sich und sucht nach einer Antwort, die dem irgendwie gerecht

werden kann. Was ich seit gestern in israelischen Medien viel höre, ist eine sehr aufmerksame

Wahrnehmung der Reaktionen aus dem Ausland und speziell aus den USA.

Präsident Biden hat gesagt, Israel hat das Recht, sich zu verteidigen und hat, ich sage

jetzt einmal, die übliche Floskel weggelassen mit der gebotenen Zurückhaltung.

Jetzt sprechen in Israel viele davon, dass man diese Stimmung, also vor allem in der

westlichen internationalen Gemeinschaft ausnützen muss, um wirklich hier einen, ich sage

jetzt mal, toten Stoß gegen die Hamas zu setzen.

Der Schock sitzt jedenfalls tief in Israel, über Land und Luft konnte die Hamas fast

ungehindert, diese massiv gesicherte Grenze diesen Sperrwall überwinden.

Weiß man einen Tag nach dem Hamas Überfall schon annähernd, wie das möglich war?

Dieser Umstand ist natürlich Schockierend und für viele ein Rätsel.

Es wird gesprochen von einem völligen Versagen der Geheimdienste.

Der Grenzzaun zu Gaza hat Milliarden gekostet.

Aber Experten sprechen auch davon, dass ein Grenzwall nie völlig ein Gebiet

abregeln kann. Und es wird vor allem davon gesprochen, dass ein Grenzwall nur so

stark sein kann, wie das Land, das dahinter steht.

Und Israel ist seit Monaten in einer sehr schweren oder in der schwersten

innenpolitischen Krise seiner Geschichte die Gesellschaft ist gespalten.

Es hat negative Auswirkungen auf die Armee vor denen gewarnt wird.

Und das haben auch die Terrororganisationen wahrgenommen.

Die haben gesehen, Israel wirkt durch diese interne Krise angreifbar,

wollten das ausnutzen und haben das anscheinend erfolgreich getan.

Eine Analyse von Nikolas Wildner aus unserem Büro in Tel Aviv.

Vielen Dank. Die USA sind ja der wichtigste

verbündete Israels. Nikolas Wildner hat es schon angesprochen.

Und US-Präsident Joe Biden hat Israel nach dem Angriff der Hamas auch gleich

seine volle Unterstützung zugesagt. Hinter den Kulissen bemüht sich die

US-Spitzen-Diplomatie zurzeit aber vor allem darum eine Ausweitung des

Konflikts auf weitere Fronten und Länder zu verhindern.

Felsenfest und unumstößlich ist die Unterstützung der USA für Israel,

verspricht US-Präsident Joe Biden nach dem Großangriff der Hamas und

fügt dann noch eine Warnung hinzu.

Das ist nicht der Zeitpunkt für die Feinde Israels den Angriff.

Machine-generated transcript that may contain inaccuracies.