Inside Austria: Kurz-Prozess: Wie sich der Ex-Kanzler vor Gericht schlägt

DER STANDARD DER STANDARD 10/27/23 - Episode Page - 30m - PDF Transcript

Mein Land ist mir wichtiger als meine Person.

Ich möchte daher Platz machen.

Mit diesen Worten ist Sebastian Kurz zurückgetreten.

Ja, und mit diesen Worten hat unser Kollege Scholz Wilhelm die erste Folge von Inset Austria begonnen.

Das ist jetzt genau 100 Episoden her.

Und wir sprechen noch immer über ihn, also über Sebastian Kurz.

Damals im Oktober 2021 ist er als Bundeskanzler zurückgetreten.

Jetzt, ziemlich genau zwei Jahre später, steht der einstige ÖVP-Superstar vor Gericht.

Und ich hoffe doch auf ein faires Verfahren und darauf, dass am Ende des Tages sich diese Vorwürfe auch als falscher aufstellen.

Die Vorwürfe Sebastian Kurz soll in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gelogen haben.

Vergangene Woche hat in Wien der Prozess gegen ihn begonnen.

Ich glaube, ich habe noch keine Personen bei Gericht erlebt, die ähnlich emotional ausgesagt hat.

Sebastian Kurz hat ziemlich ausgeholt und er hat vor allem auch gegen die WKSDA, also die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgeholt.

Und hat jetzt hingemis vorgeworfen, sie mache gemeinsames Spiel mit der Politik.

Ich bin Lucia Eisterkamp vom Spiegel und ich bin Antonia Raut vom Standard.

In dieser Folge von Inseld Ostvia sprechen wir über den Prozess gegen Österreichs Exkanzler.

Darüber, was bisher im Gerichtssaal passiert ist und wie Sebastian Kurz versucht, sich gegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu verteidigen.

Bevor es losgeht, noch zwei Hinweise.

Erstens, in dieser Folge geht es mal wieder um strafrechtliche Vorwürfe.

Für alle genannten Personen gilt wie immer die Unschuldsvermutung.

Und zweitens, Sie haben es schon gehört, Inseld Ostvia hat Geburtstag.

Genau, wir werden 100.

Na ja, nicht ganz, aber wir produzieren heute unsere hundertste Folge.

Deshalb an dieser Stelle mal ein riesengroßes Danke.

Also erstens an unsere Kollegen Schold Wilhelm und Sandra Speerberg, die diesen Podcast sozusagen aus der Wiege gehoben haben.

Vor allem aber ein ganz großer Dank an Sie, liebe Hörerinnen und Hörer.

Danke fürs Zuhören, fürs Teilen unserer Folgen, fürs Kommentieren, für kritische Fragen an uns, aber auch für die ganzen Themenvorschläge.

Wenn Sie besondere Wünsche für die nächsten 100 Folgen an uns haben, dann schreiben Sie uns die gern.

Und wir freuen uns auch über Geburtstagsstädtchen, allgemeines Feedback.

Oder wenn Sie uns verraten wollen, welche Folgen Ihnen bis jetzt am besten gefallen haben.

Ich kann es ganz eindeutig verraten, bei mir war das heuer z.B. Hallstadt,

weil wann kommt man sonst schon mal behoflich zum Drehndboot fahren?

Stimmt, lieber bei mir war es die Live-Hoggeln-Innsbruck, die war wirklich einzigartig.

Ja, aber jetzt wünschen wir erst mal viel Spaß mit dieser Jubiläumsepisode.

Es ist Mittwoch, der 18. Oktober.

Seit Monaten haben Journalistinnen und Journalisten in Österreich sich diesen Tag rot im Kalender angestrichen.

Und zwar nicht etwa, weil Bundeskanzler Karl Nehammer heute Geburtstag hat.

Hat er zwar tatsächlich, aber so wichtig ist das für das tagespolitische Geschäft dann doch nicht.

Es geht um Nehamas Vorgänger.

Und zu feiern hat der an diesem Mittwoch definitiv nichts.

Am Landesgericht in Wien hat am Mittwoch der Prozess gegen den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz

wegen mutmaßlicher Falschaussage begonnen.

Das Straflandesgericht in Wien, in der Bundeshauptstadt auch das Landel genannt,

ist ein großes Gerichtsgebäude mit einem riesigen Schwurgerechtsaal.

Das Ambiente ist durchaus beeindruckend. Hohe Decken mit Stuck, Holzboden,

altährwürdig wird man vielleicht in einem Artikel schreiben.

Auch Denkmal geschützt mit einer denkbar schlechten Akustikleider.

Unsere Kollegin Renate Graber vom Standard sitzt an diesem Mittwoch selbst in diesem Schwurgerechtsaal.

Zusammen mit etlichen weiteren Journalistinnen und Journalisten.

Der Medienrummel ist natürlich ziemlich groß rund um dieses Verfahren.

Es sollen sich so 80 bis 90 Medienleute angemeldet haben.

Kurz vor neunten auch dann vor der versammelten Presse der auf, auf denen alle warten.

Sebastian Kurz.

Er sieht genau so aus, wie man ihn noch aus Kanzlerzeiten kennt.

Dunkelblauer Anzug, weißes Hemd und Krabatte.

Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Die Fotografen und Kameraleute hatten eigentlich nur auf ein paar Bilder

vom Ex-Kanzler und seinem Anwalt gehofft.

Vielleicht ein Satz in Richtung, ich hoffe, auf ein faire Verfahren oder sowas.

Aber Sebastian Kurz hat ein Statement vorbereitet.

Er will gleich vorweg schon mal seine Sicht klären auf den Prozess.

Es gibt seit zwei Jahren den Vorwurf der WKSDA,

ich hätte im Untersuchungsausschuss Falsche ausgesagt.

Der Grund, warum wir alle heute hier sind und uns mit den Aussagen

im Urschuss von vor drei Jahren auseinandersetzen ist,

ein Zusammenspiel aus Politik und WKSDA.

Das Wort Zusammenspiel lässt Kurz dann direkt noch einmal fallen

und erklärt auch sofort, was er damit meint.

Es waren die Abgeordneten im Urschuss, die mich nicht nur befragt haben,

sondern danach auch gleich Anzeige erstattet haben.

Und es war die WKSDA, die ein Strafverfahren eingeleitet hat.

In meiner Meinung nach mit dem Ansatz jeder meiner Aussagen,

immer wenn es die Möglichkeit gab, sie in zwei Richtungen zu interpretieren,

in die für mich nachteilige Richtung zu interpretieren.

Es ist sozusagen ein kleiner Trump-Moment gewesen,

eine kleine Verschwörungsaneckdote.

Unser Kollege Oliver das Gupta war auch unter den anwesenden Medienvertretern

und hat kurz bei seinem Statement ganz genau zugehört.

Hat das nur so anklingen lassen, Zusammenspiel kann alles Mögliche heißen.

Auf jeden Fall konnte er davon ausgehen,

dass es anschließend medial irgendwie groß rauskommt.

Ein Zusammenspiel zwischen Politik und Staatsanwaltschaft.

Lassen Sie uns nochmal kurz rekapitulieren,

was Sebastian Kurz eigentlich vorgeworfen wird,

um besser zu verstehen, was er da genau in den Raum wirft.

Kurz soll in einem Untersuchungsausschuss im Juni 2022 gelogen haben.

In der Befragung ging es damals um kurz ehemaligen Vertrauten Thomas Schmidt.

Über den haben wir hier ja auch schon oft gesprochen.

Thomas Schmidt war eines der Generalsekretär,

als ein sehr hoher Beamter im Finanzministerium.

Thomas Schmidt ist nur ein paar Jahre älter als Sebastian Kurz

und mindestens genauso ehrgeizig.

2019 wird Schmidt alleiniger Vorstand der Staatsholding ÖBAK.

Die ÖBAK verwaltet Unternehmensanteile der Republikien

Höhe von mehr als 25 Milliarden Euro.

Es geht also um einen Job mit sehr viel Einfluss und Spitzengehalt.

Dass ausgerechnet ein ÖVP-nahe Spitzenbeamter diesen Posten bekommt,

das wird später zum Politikum.

Im sogenannten Ibiza-Untersuchungsausschuss

wird kurz von der Opposition dazu befragt.

Das Medienportal ZAKZAK hat Ausschnitte der Befragung veröffentlicht.

Wir hören da mal kurz rein.

Die Abgeordnete der Liberalen NEOS, Stefanie Crispar, fragt hier...

Sehr geehrter Kanzler, aber zum Thema,

haben Sie auf die Bestellung Schmieds zum Vorstand der ÖBAK Einfluss genommen

oder zumindest versucht, auf die Bestellung Einfluss zu nehmen?

Die Entscheidung über die Bestellung liegt beim Aufsichtsrat.

Der Aufsichtsrat hat diese Entscheidung getroffen.

Und ich habe vorher schon beantwortet,

dass ich den Thomas Schmidt für qualifiziert erachte

und dass ich auch informiert war, dass er sich bewirbt.

Und dass ich informiert wurde,

danach, dass die Bewerbung gut gemacht wurde

und er auch bestellt wurde.

Auch auf den Aufsichtsrat kann man Einfluss nehmen.

Und dem auch beantworten Sie bitte meine Frage,

ob Sie versucht haben, auf die Bestellung Einfluss zu nehmen.

Ich habe nicht den Aufsichtsrat beeinflusst.

Der Aufsichtsrat ist in seiner Entscheidung frei.

Sebastian Kurz zu der Zeit ja noch Bundeskanzler

wird im Verlauf der Sitzung noch mehrmals zu der Angelegenheit befragt.

Ob er mit Thomas Schmidt darüber gesprochen habe,

dass er sich für den Posten bewerben will.

Ob Kurz daran beteiligt war, die Aufsichtsräte auszuwählen.

Ob ihm irgendwelche Deals über die Postengaben bekannt gewesen wären.

Kurz behauptet immer wieder, er sei in keine Personalentscheidungen

rund um die Überg eingebunden gewesen.

Weder bei der Wahl des Vorstands noch der Aufsichtsratsmitglieder.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft glaubt, das stimmt nicht.

Und die WKSDA geht also davon aus,

dass quasi in einem Zusammenspiel Kurz und Schmidt sehr früh entschieden haben,

dass Thomas Schmidt, Chef der Staatsholting, überquiert.

Hier hören Sie unseren Kollegen Fabian Schmidt vom Standard.

Wir betonen gleich wieder mal, Schmidt nicht verwandt mit Schmidt.

Was dann auch sehr entscheidend ist bei der Auswahl der Aufsichtsräte,

also der Aufsichtsratsmitglieder der Öberg,

die dann eben den Vorstand wählen, soll Schmidt sehr viel mitgeredet haben,

aber auch Sebastian Kurz bzw. dessen Kabinettschef.

Und die WKSDA sagt eben im Hintergrund hat Sebastian Kurz die Fäden gezogen

und zumindest eingewilligt, dass Thomas Schmidt allein Vorstand der Öberg wird.

Was wir dazu sagen müssen, es wäre nicht einmal illegal gewesen,

wenn sich Sebastian Kurz als Bundeskanzler in die Entscheidung

über den Vorstandsposten der Öberg eingemischt hätte.

Es hätte allerdings kein besonders gutes Bild von der ÖVP abgegeben.

Denn das Team rund um Kurz war ja mit dem großen Versprechen angetreten,

einen neuen Stil in die Politik zu bringen.

Und sowas wie Jobs, die nach Gefälligkeiten vergeben werden,

damit sollte unter Kurz endgültig Schluss sein.

Er war eine Bewegung, er wollte einen Wind reinbringen in diese Partei,

er wollte neue Wege gehen und alles nur nicht mit Postenschacher in Verbindung gebracht werden.

Und deshalb glauben die Ermittler, hat Kurz im Untersuchungsausschuss gelogen

und verschleiert, wie sehr er hier eben doch mitgemischt hat.

Die Neos, die den Kanzler ja damals befragt haben,

erstatten dann später die Anzeige wegen Falschaussage

und die WKSDA nimmt darauf in Ermittlung auf.

Daraus spinnt Sebastian Kurz also jetzt im Vorraum des Straflandesgerichts

eine kleine Verschwörung von Zusammenspiel zwischen Politik und Staatsanwaltschaft.

Und streut dieses Narrativ noch bevor die erste Verhandlung beginnt.

Um 9 Uhr sind jedenfalls alle Zuhörerplätze im großen Schwurgerichtssaal gefüllt.

Und sobald das Verfahren eröffnet ist, geht das Team von Sebastian Kurz gleich in die Offensive.

Sein Verteidiger stellt einen Befangenheitsantrag gegen den Richter.

Also das war ganz goril, aber auch irgendwo erwartet worden.

Weil der Richter vor einigen Jahren, als er noch Staatsanwalt war,

mit dem früheren Grünenpolitiker und dann heute Publizisten und Kurzkritiker Peter Pilz zu tun hatte.

Und der Richter hat sich diesen Befangenheitsantrag stoisch angehört

und hat dann aber ziemlich geschmeidig geantwortet.

Er habe seit fünf Jahren mit Pilz keinen Kontakt mehr gehabt und auch nicht telefoniert.

Der Antrag wird abgewiesen, bis auch irgendwie Sinn ergibt,

weil der Richter selbst über den Antrag entscheidet.

Und wenn er sich für Befangen hielte, wahrscheinlich nicht dort sitzen würde.

Für Beobachter wirkt das erst mal ziemlich seltsam.

Aber kurz geht es natürlich darum, die Botschaft zu senden, die Justiz ist Befangen.

Unser Kollege Oliver Dasgupta sitzt auch mit in Saal.

Er sagt, obwohl sich Sebastian Kurz gerade vor der Presse noch so selbstbewusst gegeben hat,

ist ihm die Nervosität auf der Anklagebank dann doch richtig anzumerken.

Also ich saß so schräg hinter ihm, wenige Meter entfernt im Pressebereich

und man konnte gut beobachten, wie er keine Position fand, die ihm irgendwie halbwegs angenehm war.

Und sah das an seinen Füßen, er hat dann auch mit den Händen immer wieder sich aufgestützt,

hat Papier beschrieben, hat es geordnet, erbeugte sich vor und zurück

und er konnte keine Position mehr als ein paar Momente aushalten.

Und das verriet dann schon, dass er sehr angespannt ist.

Angeklagt sind neben Kurz übrigens noch zwei weitere Personen.

Bernhard Bonelli, ehemaliger Kabinettschef von Kurz.

Und die frühere ÖVP-Vice-Chefin und ehemalige Generaldirektorin der Casinos Austria,

wird Bettina Glatzkremsner.

Beiden wird ebenfalls Falschaussage im U-Ausschuss vorgeworfen.

Bei Bonelli ging es um die ÖVP-Personalie bei Glatzkremsner

um ein Verfahren rund um die Casinos Austria.

Am ersten Prozesstag wird Bettina Glatzkremsner befragt

und die Verhandlung endet mit einer Überraschung.

Der Richter bietet ihr eine außergerichtliche Einigung an.

Das heißt, sie muss eine Geldstrafe von rund 100.000 Euro zahlen,

das wird in ihrem Gehalt bemessen, und dann wird das Verfahren eingestellt.

Und dann wird das Verfahren die ÖVP-SDR nicht nochmal Berufung einlegt.

Eine ganz wichtige Voraussetzung ist, dass die Angeklagte oder der Beschuldigte,

je nachdem in welchem Stadium das erfolgt, Verantwortung übernimmt.

Das heißt nun nicht, dass jemand sich schuldig bekennen muss,

aber er muss seinen Fehler eingestehen und auch sagen, dass ihm das leidtut und so weiter.

Und das tut Bettina Glatzkremsner auch.

Die das schon in ihrer einleitenden Stellungnahme sehr betont hat,

wie Leide das tut und dass sie einen Fehler gemacht hat,

sich nicht gut genug vorbereitet hat.

Deshalb bietet ihr der Richter eben am Ende die Einigung an.

Und man fragt sich natürlich sofort, ob bei Kurz vielleicht dasselbe passiert.

Ist auch für ihn der Prozess nach einem Tag vorbei.

Sebastian Kurz wird am zweiten Verhandlungstag befragt.

Das ist Freitag vor einer Woche.

Er saß dann eben vorne direkt an einem Tisch, direkt vor dem Richter

und war sehr emotional.

Kurz spricht sehr lange, er holt weit aus.

Wenn er redet, bewegt er lebhaft die Hände,

fast so als würde an einem Rednerpult stehen und nicht auf der Anklagebank sitzen.

Ich glaube, ich habe noch keine Personen bei Gericht erlebt,

die ähnlich emotional ausgesagt hat.

Er war laut, er hat ganz viel gestikuliert

und es war tatsächlich sehr ungewöhnlich.

Standard Podcasts gibt es ja wirklich schon zu jedem Thema.

Also fast jedem.

Thema des Tages.

Lohnt sich das.

Insight Austria.

Serienreif.

Besser Leben.

Rätsel der Wissenschaft.

Edition Zukunft.

Und und und.

Aber nicht jede hat die Zeit das alles zu hören.

Und manchmal möchte man sich einfach nur ein paar Minuten bescheiden lassen.

Ich bin Schold Wilhelm.

Und ich bin Margit Ehrenhöfer.

Ab sofort bringen wir auch Highlights unserer Podcasts.

Für zwischendurch, wenn mal weniger Zeit ist.

Diese kurzen Ausschnitte nennen wir Shorts.

So wie eine kurze Hose.

Oder eine kurze Geschichte.

Okay.

Und Shorts vom Standard finden Sie jetzt überall, wo es Podcasts gibt.

Inhaltlich beteuert Sebastian Kurz seine Unschuld.

Er habe im Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt.

Er sei nicht in die Personalentscheidungen rund um Thomas Schmidt

und die Ö-Bag eingebunden gewesen.

Also er schiebt den Ball ziemlich zu Thomas Schmidt rüber und sagt,

er wollte das unbedingt werden.

Er hat wörtlich gesagt vor Gericht.

Er habe sogar die Ausschreibung manipuliert, um diesen Job zu bekommen.

Und letztlich sei das von Thomas Schmidt ausgegangen.

Und mit ihm habe er das relativ wenig zu tun gehabt.

Er sei dann informiert worden.

Das ist gewesen wäre.

Also er war nicht involviert, sagt er.

Und kurz betont auch nochmal, was er schon in seinem Presse Statement gesagt hat.

Nämlich, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sich völlig zu Unrecht

auf ihn eingeschossen habe.

Meiner Meinung nach mit dem Ansatz jede meiner Aussagen,

immer wenn es die Möglichkeit gab, sie in zwei Richtungen zu interpretieren,

in die für mich nachteilige Richtung zu interpretieren.

Kurz nennt im Gerichtsaal dann auch konkrete Beispiele,

was er mit dieser nachteiligen Interpretation meint.

Es gibt ja diverse Chat-Nachrichten, die die Staatsanwaltschaft als Beweis dafür sieht,

dass kurz bei den Ö-Bag-Personalentscheidungen eben die Fäden gezogen hat.

Diese Nachrichten sind mittlerweile schon berühmt geworden.

Wahrscheinlich kennen sie auch einige davon.

Da schreibt kurz zum Beispiel an Schmidt in Bezug auf die Ö-Bag-Führung,

kriegst eh alles, was du willst, und dann dreimal Smiley mit Küsschen.

Dann nennt er ihn auch noch ein Aufsichtsratssammler.

Schmidt antwortet, ich bin so glücklich, ich liebe meinen Kanzler,

zweimal Daumen hoch und zweimal Muskeln.

Die Interpretation der Staatsanwaltschaft, etwas verkürzt,

kurz sichert Schmidt zu, dass er Ö-Bag-Chef wird.

Schmidt wiederum freut sich entsprechend.

Und diese Kommunikation hat Sebastian Kurz vor Gericht ganz anders interpretiert.

Er hat nämlich gemeint, mit diesem kriegst eh alles, was du willst.

Er hat eine andere Betonung draufgelegt.

Er hat sozusagen gesagt, kriegst eh alles, was du willst.

So wie meinem Kind sagt, jetzt ist er aber genug,

und er hat das auch so ausgedrückt.

Ich meine, er wollte ihn einbremsen damit.

Und mit dem Aufsichtsratssammler, das hat er auch so gemeint,

dass er das eigentlich ablocken wollte, also das hinteranhalten wollte.

Das war doch eine sehr überraschende Interpretation.

Das heißt, Sebastian Kurz wollte Schmidt mit der Nachricht angeblich ruhig stellen.

Die Staatsanwaltschaft aber würde seine Nachrichten

und seine Aussagen im Untersuchungsausschuss

immer wieder zum Nachteil für ihn interpretieren, behauptet Kurz.

Dann sagt Kurz aber noch etwas.

Während der Befragung im U-Ausschuss habe er stark unter Druck gestanden,

weil die Opposition nur darauf gewartet habe,

ihn wegen Falschaussage anzuzeigen.

Er habe Angst gehabt, in ein Strafverfahren reingezogen zu werden.

Unser Kollege Fabian Schmidt sagt, es wirkt ein bisschen so,

als würde sich Kurz da auf einen sogenannten Ausdagenotstand berufen.

Es ist so, dass wenn man als Zeuge vor Gericht oder den Ermittlern,

oder wenn man als Auskunftsperson im U-Ausschuss aussagt,

wenn man da Sachen gefragt wird und eine ehrliche Antwort würde,

nach eigenem Empfinden womöglich Ermittlungen auslösen

oder Schande bedeuten, dann kann man straffrei Falschaussagen.

Anders gesagt, Kurz könnte behaupten, er hätte im U-Ausschuss gelogen,

weil er befürchtete, etwas Strafbares zu sagen.

Dann hätte womöglich ein Aussagenotstand vorgelegen

und er könnte einer Verurteilung wegen Falschaussage entgehen.

Allerdings beteuert Kurz ja immer noch, dass er eben nicht gelogen hat.

Oder versucht er hier, sich die andere Option, also Aussagenotstand, noch offen zu halten.

Er macht jedenfalls so eine Art Spagat in seiner Argumentation,

die eigentlich etwas widersprüchlich ist, sagen unsere Kollegen.

Die Fragen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft

beantwortet er übrigens nicht, sondern nur die des Richtes.

Gleichzeitig hatte er aber immer wieder direkt

die beiden Staatsanwälte der Korruptionsstaatsanwaltschaft angesprochen sogar.

Er hat zu ihnen hingeguckt, hat in ihre Richtung gestikuliert

und das war schon sehr ungewöhnlich.

Also man hatte das Gefühl, der man hat Redebedarf,

aber möchte sich dann doch lieber nicht befragen lassen.

Insgesamt meint unser Kollege Oliver das Gupta,

macht Kurz im Prozess jedenfalls keinen sonderlich gelassenen Eindruck.

Das Interessante ist schon, Sebastian Kurz galt immer,

als ein Politiker, der sehr auf Kontrolle aus war.

Dem es sehr wichtig war, dass sein politischer Auftritt

sehr gut inszeniert war und dass seine Botschaften

eben passgenau ausgesandt wurden.

Und hier hat dieser Kontrollmensch einfach die Kontrolle verloren gehabt.

Und da sah man, dass er einfach sehr, sehr nervös war.

Am Freitag, mitten in der Verhandlung, passiert dann noch etwas.

Während Kurz gerade im Gerichtsaal am Aussagen ist,

geht plötzlich ein Raunen durch die Zuschauerringe.

Journalisten schauen auf ihre Smartphones, man sieht geschockte Gesichter.

Ein ehemaliger Spitzenbeamter im Justizministerium

ist tot aufgefunden worden.

Erste Medien verbreiten, es sei Suizid gewesen.

Ich saß in der ersten Reihe neben einem BVP,

ich habe sogar das Handy diesem BVP-Mann rübergereicht

und er schüttelte nur den Kopf und alle waren sehr, sehr bestürzt.

Der Mann, der gestorben ist, heißt Christian Pilnacek.

Und hier möchten wir gleich mal betonen,

bisher ist nicht bestätigt, ob er sich tatsächlich das Leben genommen hat.

Wir wollen darüber auch nicht spekulieren.

Sondern auch nochmal betonen, in jeder Situation gibt es irgendeine Lösung,

nur Suizid-Bereichung.

Falls also von Ihnen gerade jemand in einer Krise steckt,

dann packen wir Ihnen vorsichtseilbar auch Nummern von Hilfseinrichtungen

und ein paar Links zur Beratungszentren in die Show Notes.

Christian Pilnacek jedenfalls hatte lange Zeit im Justizministerium gearbeitet,

war aber vor mehr als zwei Jahren vom Dienst suspendiert worden.

Und zwar wegen Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und Geheimnisverrats.

Die WKSDA hatte Anzeige gegen ihn erstattet.

Es gab auch noch einiges,

um wieder in seinen alten Job zurückkehren zu können.

Er war sozusagen kalt gestellt, hat aber in den letzten Jahren im Hintergrund

vor allem ÖVP-Politikerinnen rechtlich beraten.

Auch Sebastian Kurz.

Eigentlich hat der Tod dieses Mannes nichts mit dem Prozess gegen Sebastian Kurz zu tun.

Doch als die Nachricht in den Gerichtszahlen einseckert,

herrscht zunächst bei allen großen Begrüßen,

auch bei Sebastian Kurz, der davon in der Pause erfährt.

Was Kurz dann am Ende dieses Prozestages gemacht hat,

Kurz hat ein Statement abgehalten,

hat eine kleine Präserkonferenz gegeben nach diesem Prozestag

und warf dort sinngemäß, ohne es explizite auszusprechen

der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vor,

Christian Pilnacek in den Tod getrieben zu haben.

Ich habe in den letzten Jahren miterlebt, wie mit ihm umgegangen worden ist

und ich habe in den letzten Jahren miterlebt, was das auch mit ihm gemacht hat.

Es würde jetzt zu weit führen, im Detail aufzuschlüsseln,

was damals rund um Pilnacek und WKSDA gelaufen ist.

Aber der Vorwurf, die Korruptionsermittler hätten ihn in den Tod getrieben,

der ist wirklich absurd, sagen unsere Kollegen.

Sebastian Kurz versucht aber ganz offensichtlich,

den tragischen Vorfall für sich zu nutzen

und parallel zu den Ermittlungen gegen ihn in den Raum zu stellen.

Seht her, da wurde ein Mensch juristisch in die Verzweiflung gehetzt

und diese Analogie zu ihm, die hing dann sozusagen schon im Raum.

Kurz ist offenbar bereit, bei diesem Prozess alle Karten auszuspielen.

Das macht noch einmal deutlich, wie viel hier für ihn auf dem Spiel steht.

Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft.

Eine Gefängnisstrafe ist allerdings eher unwahrscheinlich,

weil Kurz nicht vorbestraft ist.

Realistisch wäre wenn, dann wohl eher eine Geldstrafe.

Aber noch wichtiger als eine potenzielle Strafe

wären für Kurz wahrscheinlich die

Auswirkungen auf sein Ansehen und damit auch die Folgen für seine weitere Karriere.

Ein politisches Comeback für einen Kanzler, der wegen Falschaussage verurteilt ist,

wahrscheinlich schwierig, wobei Kurz ja bislang bestreitet,

dass er in die Politik zurückkehren will.

Was wir allerdings nicht vergessen dürfen, dieser Prozess ist nur der Anfang.

Das ist erstes Vorspiel für den noch viel größeren,

den relevanteren Prozess, der wahrscheinlich 2024 ansteht.

Dort geht es um mutmaßliche Inseratenkorruption,

um Medienkorruption, um frisierte Umfragen.

Das ist natürlich noch eine ganz andere Kategorie.

Das hat ein anderes politisches Gewicht.

Und was am Ende des ersten Prozesses steht,

das setzt natürlich schon mal den Ton für den nächsten großen Prozess.

Wie geht's jetzt fürs erste Weiter?

Anfang der Woche fand schon der dritte Verhandlungstag statt.

Da wurde dann kurz ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli befragt.

Auch der soll ja im U-Ausschuss gelogen haben,

eben auch zu der Causa rund um die Ö-Bag.

Bei Bernhard Bonelli, würde ich sagen, war viel deutlicher als bei Sebastian Kurz,

dass er in Richtung Aussagenotstand geht.

Er hat da sogar in einer Stelle quasi Fehler eingeräumt und gesagt,

er war ein Querensteiger, er habe den U-Ausschuss unterschätzt.

Gleichzeitig verteidigt Bonelli Sebastian Kurz

und greift sowohl die WKSDA als auch Thomas Schmidt an.

Thomas Schmidt, der steht ja im Mittelpunkt der ganzen Affäre.

Er will im Prozess Kronzeuge werden,

vermutlich weil er dadurch einer harten Strafe entgehen will.

Und hat schon im Vorfeld umfassend gegen Sebastian Kurz ausgesagt.

Sein Geständnis ist neben den Chat-Nachrichten

zentrale Grundlage für die Argumentation der Staatsanwaltschaft.

Und Thomas Schmidt soll beim nächsten Verhandlungstag,

am 17. November, als Zeuge aussagen.

Und das wird natürlich so richtig spannend.

Er steht quasi auf der anderen Seite von Sebastian Kurz,

der im Übrigen immer wieder betont,

dass man sehr gut miteinander zusammengearbeitet habe.

Der dazu sagt, er persönlich will ja mir ja nichts vorwerfen.

Aber das wird ein sehr spannender Auftritt werden,

daran wird sehr viel hängen.

Und dann werden auch noch andere prominente Zeugen befragt werden.

Zum Beispiel der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel.

Ebenfalls einst ein wichtiger Player im Team Kurz.

Insgesamt hat der Richter fürs erste vier weitere Verhandlungstage angesetzt.

Im November und Dezember alle noch vor Weihnachten.

Womöglich könnte dieser Prozess also noch in diesem Jahr zu Ende gehen.

Nur wie, das traut sich gerade wirklich keiner, seriös zu sagen.

Aber wir bleiben natürlich dran und werden darüber berichten.

Dass ein ehemaliger Kanzler vor Gericht steht,

das ist selbst in Österreich,

wo wir was politische Turbulenzen angeht,

schon ziemlich abgebrüht sind, ungewöhnlich.

Entsprechend groß ist auch das öffentliche Interesse an dem Prozess.

Sebastian Kurz, der seine Unschuld beteuert,

versucht ganz offensichtlich,

sich als Opfer einer Justizkampagne darzustellen.

Doch man merkt ihm an, wie nervös er ist.

Kein Wunder.

Dieser Prozess wird mitentscheidend

für den weiteren Verlauf seiner Karriere sein.

Und Sebastian Kurz ist ja noch relativ jung.

Und dieser Prozess ist erst der Anfang.

Der richtig große Brocken wartet noch.

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Der erste Prozess gegen Sebastian Kurz hat begonnen. Die Vorwürfe – und wie die ersten Verhandlungstage für den Ex-Kanzler liefen

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