Verbrechen: Kevin Spacey, Teil 1: Begegnung mit einem gefallenen Star

ZEIT ONLINE ZEIT ONLINE 8/22/23 - Episode Page - 44m - PDF Transcript

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, ganz herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts

Zeit Verbrechen, in dem wir Sabine über einen sehr berühmten Mann reden werden, der aber

den jeder kennt, der aber erlebt, dass man einen Menschen quasi innerhalb von 48 Stunden

ausradieren kann. Das hatten wir ja schon öfter hier in unserem Podcast. Das ist ja nicht der

erste, der innerhalb kürzester Zeit ausradiert worden ist, aber es ist halt noch nie mit einem so

großen Radiergummi gearbeitet worden. Genau selten so gründlich, selten so gründlich. Aber bevor

wir uns ihm zuwenden und enthüllen, wer das sein wird, wollte ich mal auf unser neues Heft

auflangsamer. Ja, du blättest schon die ganze Zeit. Ja, ich blättere nicht nur drin, ich habe es

komplett gelesen. Es ist richtig toll geworden. Ich weiß nicht, diese Leute da in unserem Verbrechenskosmos,

die arbeiten da unglaublich und wir kriegen ja auch sehr viele Zuschriften von unserer Hörerschaft,

die uns immer wieder wahnsinnige Schicksale zuschickt und Hallo, ich habe auch was erlebt oder

Hallo, ich habe eine wahnsinnige Geschichte überlebt oder ich kenne jemanden, dem was

Furchtbares passiert ist oder der, was Furchtbares gemacht hat, aber auch sie selber rekrutieren

unglaubliche Schicksale und hier in der aktuellen Nummer 22, die jetzt am Kiosk liegt, da geht es um

etwas, was man gar nicht erwartet, wenn man ein Verbrechensmagazin in der Hand hält, es geht um

die Hoffnung. Die Hoffnung stirbt zuletzt vom Fallen und wieder aufstehen und da haben die Kollegen

Geschichten gesammelt von Menschen, denen furchtbare Dinge widerfahren sind, die aber dann doch am

Schluss es überstanden haben. Also ein Heft über die Stärke von Menschen. Ja genau, es ist ein

Heft über die Stärke von Menschen und auch über Liebe, meistens schafft man es nicht allein, sondern

man hat noch jemanden dabei oder man trifft auf jemanden, der einem raushilft und das ist ein

sehr ungewöhnliches Heft. Ich habe von dem Thema ehrlich gestanden abgeraten, weil ich dachte,

was soll denn... Aber man hat ausnahmsweise nicht auf dich gehört? Man hat ausnahmsweise nicht auf mich

gehört und ich muss sagen Gott sei Dank. Manchmal ist es gut, wenn man nicht auf mich hört Andreas,

aber sehr, sehr selten. Das will ich nicht verhehlen. Da ist zum Beispiel die Geschichte drin von einer

Frau, die aus einer unaussprechlichen Katastrophenfamilie kommt und es heute in einem bürgerlichen,

ich meine jetzt bürgerlich im Sinne von friedlichen und zufriedenen Leben lebt. Und das ist ein großes

Wunder. Wir wissen, dass das gar nicht so einfach ist bei all den Fällen, die wir erzählt haben,

wo das hinführt. Und insofern ist es auch ein sehr hoffnungsgebendes Buch für die Leserschaft.

Oder wir erzählen die Geschichte von Manfred Gendizki, der freigesprochen worden ist. Er war

angeklagt, war ein Hausmeister aus München, der angeklagt worden war, eine alte Dame umgebracht

zu haben, ertränkt zu haben in ihrer Badewanne und das wurde dann aufgrund von falschen Gutachten.

Wurde der eingesperrt wegen Morre das 13 Jahre lang und dann hat man sich seiner angenommen,

ein mehrere Anwälte hintereinander haben für ihn gekämpft und am Schluss wurde er jetzt freigesprochen.

Auch ein seltener Fall. Auch ein seltener Fall, gerade beim Mord. Ach ja, wir haben eine neue

Kolumne. Wovor haben Sie Angst? Da fragen... Wen fragt ihr das? Ja, unterschiedliche Leute. Hier

ist es eine Bestatterin, die gefragt wird, wovor haben Sie Angst? Und hat sie Angst davor,

dass sie einen lebendigen Brab? Nein, sie hat vor was ganz überraschendem Angst. Lieses selbst.

Sie haben die kleinen Verbrechen von Ursula Merz natürlich. Wir haben eine unvorstellbare Geschichte

eines Mannes namens Christian, der auf der Suche nach dem Glück alle möglichen Berge

erklimmt und Täler durchschreitet, der Kryptomillionär ist und dann alles verliert,

in Beziehungen rein fällt und wieder raus stürzt. Ein Kind hat, ein Kind verliert,

es wieder gewinnt. Also eine unglaubliche Achterbahnfahrt des Lebens und noch viele,

viele andere Sachen, also eine... Die wir jetzt nicht verraten. Bisschen überraschung.

Ich sehe schon, du soll aufhören, ich soll zum Ende kommen. Ja, ich möchte jetzt

an das Buch hier vorzulesen. Ja, genau, ich möchte jetzt zu unserem Fall kommen und zu unserem Gast.

Ja, wir kommen jetzt zum Fall. Der Gast sitzt hier, ist Kuhefam. Kuhefam ist Redakteurin und

Reporterin im Zeitmagazin der Zeit und alle Geschichten, die wir hier erzählen, waren ja

irgendwann mal Artikel, die in der Zeit oder im Zeitmagazin oder im Zeitverbrechensmagazin

oder im Zeitwissensmagazin erschienen sind. Also alle haben eine Grundlage, eine schriftliche

Grundlage in unserem Zeitkosmos. Und diese Geschichte hieß der Angeklagte und ist noch

gar nicht so lange her, die ist am 15. Juni diesen Jahres im Zeitmagazin. Und hat einen

riesen Rummel ausgelöst, über den wir hier vielleicht auch reden sollten, denn die Kuhe hat

unglaublich viele Angriffe bekommen und nicht nur Angriffe, auch große Lobreden unter anderem

von mir, aber eben auch Angriffe, was es unglaublich, dass man so einen Mann hier porträtiert,

sagenhaft, wo kommen wir dahin? Aber das soll sich selbst erzählen. Hallo Kuhe.

Vielen Dank für die Einladung. Ich muss vielleicht noch dazu sagen, dass man sich alle unsere Gäste

hier regelmäßig auf unserem Instagram-Account anschauen kann. Und auch immer, das ist jetzt

eine neue Entwicklung, die Stammt von Anne Kunze, die hat sich das ausgedacht, dass jeder Gast, den

wir hier haben, ein kleines Filmchen aufnimmt, winzt sich kleines Video, indem er die Geschichte,

die er erzählen wird, auf Instagram ankündigt. Insofern lohnt es sich uns zuvor.

Da kann man die Gesichter hinter den Stimmen.

So ist es. Und wenn man sich unsere Newsletter abonniert, kann man auch noch die Bilder hinter

den Geschichten sich angucken. So, jetzt geht's aber los.

Der Angeklagte. Kuhe, wer ist der Angeklagte und wie bist du ihm begegnet?

Der Angeklagte ist ein Mann, den die Öffentlichkeit in verschiedenen schillernden Rollen kennt,

als Hollywoodstar, der zwei Oscars gewonnen hat und der in der Person von Frank Underwood

im Grunde die Ära von Netflix eingeleitet hat. Kevin Spacey, der amerikanische Schauspieler.

Ich bin ein großer Fan von Kevin Spacey. Ich habe auch alles angeguckt natürlich von Frank

Underwood. Ja, also ich fand die Serie House of Cards auch eine grandiose Serie.

Ja, bis auf die letzte Staffel, da fehlte er. Genau, da wurde er dann im Zuge der

Anschuldigung gegen ihn rausgeschnitten, worüber wir ja auch noch reden werden.

Ich habe dann auch gehört, diese zu gucken. Ich muss euch unterbrechen. Jetzt müsst ihr

mir erst mal, ich habe das natürlich immer gehört, House of Cards muss man gucken und so.

Kennst du das? Nein. Du kennst House of Cards nicht?

Ich kenne House of Cards nicht. Hallo. Ich habe mir das zwar hin und wieder erzählen lassen,

aber ihr müsst mir einmal die Faszination dieser Serie und dieser Figur erklären.

Also die Figur ist die Figur von einem Politiker, einem demokratischen Politiker,

der am Anfang noch an der Seite von dem Präsidenten ist und hofft,

zum Ausminister befördert zu werden, so wie es ihm versprochen wurde, wird dann,

wie es eben in der Politik oft passiert, enttäuscht und entwickelt dann so einen

maquialistischen Meisterplan, um selbst Präsident zu werden. Und man sieht durch seine Augen,

wie er seinen Gegnern immer zwei Schritte voraus ist. Andere benutzt übrigens auch eine

Journalistin für seine Zwecke. Andere tötet für seine Zwecke?

Andere tötet. Er ist ein Mörder, aber er hat auch gleichzeitig, was ich an der Figur toll fand,

er hat auch irgendwo eine warme Seite, nämlich in der Beziehung zu einem

Imbissbetreiber, zu Freddy, zu dem er ganz, ganz lange loyal ist und der ihn noch als

einziger Frank nennt. Also es ist eine wirklich, eine toll ausgearbeitete, faszinierende Figur,

die Kevin Spacey verkörpert hat auf eine meisterhafte Weise.

Ich bereite mich ja vor auf unsere Gespräche. Also bin ich ins Internet gegangen und habe

mir kurze Videos angeguckt, die kriegt man ja zu sehen. Und es gibt so ein, ich glaube,

ist eine der ersten Szenen von House of Cards. Frank Underwood stürmt irgendwie nach draußen,

ein Hund wird angefahren und jetzt passiert etwas, womit man nicht rechnet. Man sieht es nicht richtig,

man sieht eigentlich nur in das Gesicht von Kevin Spacey. Und das ist eine irre Szenen.

Du hast die bestimmt auch im Kopf, oder? Natürlich, die ist ja total berühmt.

Ja, es ist nachts in Washington. Man sieht ein Mann mit weißem Hemd aus

Naville herabtreten, das ist Frank Underwood, also Kevin Spacey, der dann in die Kamera reinblickt.

Man sieht also, wie er sich direkt im Publikum zuwendet, also die, ich will sagen, die Filmebene

verlässt, in die Kamera spricht. Das ist so ein stylistisches Mittel. Und da äußert er immer

seine brutalen Gedanken. Und er sagt halt sinngemäß, die wirkliche Gnade liegt darin,

die zu töten, die eh keine Chance haben. Und er bringt diesen Hund um, er dreht ihm den Kragen.

Mit bloßen Händen bringt er diesen Hund um, man sieht es nicht. Übrigens dieser Blick ins Publikum

scheint ein Stilmittel der ganzen Serie natürlich zu sein, immer wieder. Es gibt nämlich einen

fabelhaften Zusammenschnitt, wo Kevin Spacey sich immer wieder direkt in die Kamera wendet und uns

anguckt. Und da ist es schon so unheimlich, das zu sehen. Manchmal guckt er auch nur. Manchmal guckt

er auch nur oder erzwinkert einem zu so. Also gruselig. Man macht uns zu kompliz. Das Publikum

ist sein Komplize und deswegen ist natürlich die Geschichte dann auch zu Ende mit seinem Abgang.

Also er ist dann weg und er fehlt in dieser Serie und damit ist auch der Witz weg. Und das ist,

glaube ich, wenn man so will, die zweite große Rolle, die man von ihm in der Öffentlichkeit

kennt, die Rolle des gefallenen Stars. Nämlich jemand, der dann 2017 auf dem Höhepunkt der Mitu

Anschuldigungen von vielen Männern bezichtigt wurde in den USA, auch in Großbritannien,

dass sie von ihm sexuell belästigt oder genötigt wurden. Gibt es auch einen Tag, den man da benennen

kann? Das ist im Oktober 2017. Genau, es ist, glaube ich, der 28. Oktober. Samstag der 28. Oktober

2017. Da ist Spaces Pressagentin im Urlaub und merkt erst mal nicht, dass auf ihrem Account lauter

Presseanfragen aufbranden. Ja, die Presseanfragen von einen Journalisten von Buzzfeed, der amerikanischen

Webseite, der sie konfrontieren will und mit einem Vorwurf. Aber sie kommen halt nicht an und am nächsten

Tag, am Sonntag erscheint also die Geschichte, die seine gesamte Karriere zerstören wird und

ihn von diesem Olymp, über den wir gerade gesprochen haben, als Star von dieser Netflix-Serie quasi

in die totale Echtung katapultieren wird. Es ist ein Artikel, in dem ein Schauspieler, der Mitte

40 ist zu dem Zeitpunkt, sagt, Kevin Spacey hat mich 30 Jahre zuvor, als ich 14 war, bei ihm zu Hause

auf ein Bett geworfen und sich auf mich gelegt. Und Spacey war da so 25, 26? Zu dem Zeitpunkt,

genau, in der Vergangenheit sozusagen. Also es geht um einen Minderjährigen, der hier die Vorwürfe

erhebt, sozusagen. Der Fall ist sofort aufgeladen. Vorher hat es den Weinstein-Skandal gegeben,

der die ganze Mytho-Geschichte erst mal losgetreten hat. Das heißt, wir befinden uns schon so in

so einer großen Bewegung. Genau, das war, wenn ihr euch an die Zeit zurückgeinnert, nachdem die

Weinstein-Enthüllungen hochkam, das war ja ein, das ist explodiert damals. Viele Leute, die jahrzehntelang

über sexuellen Missbrauch geschwiegen hatten, haben ihre Stimme erhoben im Netz und eben natürlich

auch in den Medienberichten wie in Deutschland haben wir auch an den Enthüllungen über Dieter

Wedel mitgearbeitet. Sabine und ich waren ja auch daran beteiligt. Das heißt, es gab ganz viel, ich

sage mal, Aufholbedarf. Und so kam es eben auch zu den Enthüllungen zu Kevin Spacey, zu dieser

ersten Enthüllung, die im Grunde wie in einem Art Domino-Effekt dazu geführt haben, dass ganz,

ganz viele andere Enthüllungen über ihn dann ans Licht kamen, in verschiedenen anderen Medien von

Männern, die gesagt haben, er hat mir den Schritt gefasst, er hat ein toxisches Klima geschaffen,

er hat mich am Oberschenkel berührt. Er wollte mich abfüllen und mitnehmen. Genau, es war ganz

viel. Und ja, so wie bei Weinstein auch, hieß es denn damals auch in der Branche, haben es doch

alle gewusst, dass der so ein, dass der so ein Grabscher ist. Jeder hat so eine Spacey-Geschichte.

Jeder hatte so eine Spacey-Geschichte. Das hörte ich selbst jetzt, als ich dann diese Recherche

gemacht habe, habe ich von Leuten wieder gehört. Na ja, und damals, ich kenne auch jemanden, der

in London Theater gespielt hat, der hatte auch so eine Spacey-Geschichte. Aber wenn man dann näher

nachgefraht hat, wer war es genau, kann man mit ihm reden oder was ist genau passiert, dann war

das oft nebulous. Und wenn man sich die Anschuldigungen von damals anschaut, dann wurden die, ich sage mal,

auch unterschiedlich akribisch untersucht. Also es gab zum Beispiel eine, eine Anschuldigung,

die in einem Magazin erschienen ist, wo ein Mann anonym ein Wortlautinterview gegeben hat,

wo er gesagt hat, ich hatte eine Bezieh mit Kevin Spacey, als ich 15 Jahre alt war und ich hatte

mit ihm Sex, obwohl ich es eigentlich gar nicht wollte. Da war keinerlei Konfrontation mit ihm,

da war auch keinerlei weitere Quelle, die gegengecheckt wurde, sondern es war einfach nur...

Also jeder konnte alles sagen, was ihm so durch den Kopf ging.

Also wir hätten sowas bei der Zeit niemals, niemals auf diese Art berichtet.

Das entsetzen in meinen Augen bei dieser journalistischen Vorgehensweise.

Wir haben bei Wedel damals, wir haben erst mal versucht, sehr viele Fälle zusammenzutragen

und jeden einzelnen dieser Fälle haben wir akribisch untersucht, das gesamte Umfeld

abgefasst. Es gab auch medizinische Unterlagen. Genau. Zumindest zu einem Fall, der war medizinisch

bezäugt, dass es da eine Gewaltanwendung, eine massive Gewaltanwendung gegeben hat.

Und es gab auch einen Schriftverkehr im Anschluss. Also es ist jetzt nicht so, dass sich da irgendwelche

Leute was ausdenken konnten. Nee, also das erzähle ich, weil wir ja auch daran wie gesagt

hautnah beteiligt waren und ich damals mitbekommen habe, wie groß der journalistische Aufwand war,

den wir betrieben haben, um diese Anschuldigung medial sozusagen zu verbreiten, als ich dann

das gelesen habe. Ein Beispiel zu Kevin Spacey muss ich auch sagen als Journalistin, das finde ich krass,

das hätten wir so nicht gemacht. Zumal die Konsequenzen enorm sind für Spacey.

Ich muss vielleicht noch hinzufügen, dass unsere Recherchen ja dann auch dadurch bestätigt worden

sind, dass die Staatsanwaltschaft selber nochmal drei Jahre ermittelt hat gegen Dr. Dieter Wedel

und dann eben am Schluss zum gleichen Ergebnis kam, wie unsere immer größer werdende Recherchetruppe.

Wer sich das anhören will, soll ein paar Folgen zurückgehen in unserem Podcast. Wir haben dazu

drei Folgen gemacht, die kann man sich anhören, die Dieter Wedel Geschichte der Zeit.

Zurück zu Kevin Spacey, der wird jetzt innerhalb weniger Tage, wir haben es ganz am Anfang schon

angedeutet, quasi ausradiert. Also wir sprachen über den Samstag, da kommt dieser Buzzfeed Reporter

und will konfrontieren, das klappt nicht ganz. Am Sonntag erscheint dieser Text über das Schicksal

des Anthony Rapp, der er Mann, der damals gesagt hat, er sei von Kevin Spacey als Kind in diese

Richtung verbrecherisch angegangen worden. Naja und hinter dem Kulissen wird sich Spacey mit seinen

Leuten intensiv beraten haben, wahrscheinlich sehr hektisch. Es gibt am Montag dann am 30. Oktober

eine Reaktion von Spacey, die alles noch viel schlimmer macht. Genau, ich weiß von seinem Management,

dass sie die ganze Zeit hin und her diskutiert haben, ob er sich zu den Anschuldigen äußern

soll oder nicht und sie haben befürchtet, seine Polizistin sagt eher, habe ihn dazu geraten,

etwas zu sagen, weil sonst das PR-Desasser noch viel größer werden würde. Also setze eine

Twitter-Nachricht ab, in der er sagt, ich zitiere, ich kann mich ehrlich nicht an diese

Begegnung erinnern, aber sollte ich mich damals verhalten haben, wie er es beschreibt, dann schulde

ich ihm die aufrichtigste Entschuldigung für absolut unangemessenes Betrunkenesverhalten.

Und dann kommt ein zweiter Teil, der ebenfalls ihm später um die Ohren gehauen werden wird,

da geht es nämlich um seine eigene Sexualität. Kevin Spacey hatte bis zu diesem Zeitpunkt

öffentlich immer bestritten, dass er schwul ist. Und durch die Anschuldigung, die ja einen

homoerotischen Anklang haben, wurde er quasi zwangsgeoutet. Er sagt also in diesem Statement,

diese Geschichte ermutigt mich dazu, andere Dinge in meinem Leben anzusprechen. Ich habe im Laufe meines

Lebensmänner geliebt und hatte mit ihnen romantische Begegnungen und entscheide mich nun, als schwuler

Mann zu leben. Kevin Spacey hat seine Homosexualität wirklich versteckt. Er hat, ich glaube, eine

Drehbuchautorin mitgenommen zur Oscar-Verleihung und hat ihr gedankt. Oder seine Mama. Ja, oder seine

Mama hat damit genommen. Ganz gut, hat er seine Mutter mitgenommen. Aber dieser Drehbuchautorin

hat er gedankt, als er den Oscar entgegengenommen hat und sagte dann, ich liebe dich. Also er hat

versucht, so eine romantische Beziehung vorzugaukeln. Er hatte wohl auch Beziehungen zu Frauen,

nicht? Aber er hat sich dann eben für die Männer entschieden. Ja, also Kevin Spacey hat mir gegenüber

gesagt, dass er sein Leben lang ein ganz Schwierigstweltenes zu seiner Sexualität hatte. Er ist in

einer Familie aufgewachsen, die dysfunktional war. Sein Vater war im Zweiten Weltkriegssoldat gewesen,

hat davon geträumt, Schriftsteller zu werden, ist daran aber gescheitert und hatte denn immer nur so

Gelegenheitsjobs, wer es irgendwie oft arbeitslos war und die Familie dauernd umgezogen ist. Also er

meinte, dass er elfmal umgezogen ist vor seinem Zug zu Lebensjahr. Wahnsinn. Dass er nie wusste,

was ein Zuhause ist. Und dieser Vater ist dann zunehmend, so sagen es Spacey und auch seinen Bruder,

abgedrifteten rechtsradikale Kreise, hat dann zu Hause immer antisemitische, aber auch homophobe

Parolen von sich gegeben. Deswegen Spacey, also von klein auf mit dem Gefühl aufgewachsen ist,

das sei falsch, schwul zu sein sei falsch. Und er meinte, er hat es sich gar nicht selber,

zu dem Zeitpunkt auch selber noch überhaupt nicht eingestanden, aber sein Vater hat ihn verdächtigt,

schwul zu sein, weil er sich als schon als Junge für Theater interessiert hat.

Der Bruder von Kevin Spacey hat doch behauptet, er sei von diesem Vater, der das Schwul sein verdammt

und verteufelt hat, missbraucht und vergewaltigt worden auch als Kind. Ja, der Bruder hat mit

der Daily Mail gesprochen. Er hatte wohl als Kind auch eine künstliche Ade, hat sich für Musik

interessiert, arbeitet jetzt als Limousine-Schuffeur und als Rod Stewart-Double. Der sieht wirklich

dem so ähnlich. Und der hat ja erzählt, dass das zu Hause von ihnen eine Hölle war. Aber die

beiden Spacey und sein Bruder haben wohl keinen Kontakt miteinander. Man kann es nicht verifizieren,

aber Spacey hat dann selbst vor Gericht viele, viele Jahre später, also im Zuge dieser ganzen

Anschuldigungen, hat er auch gesagt, mein Vater war ein Neonazi und mir gegenüber hat er das auch

gesagt. Der Vater war ein Neonazi und... Erinnert ein alles so ein bisschen an die Geschichte von

American Beauty. Da ist es ja auch so, dieses verklemmte, uneingestandene und dann endet das

alles in einem riesigen Mord. Also es ist ein sehr sehenswerter Film. Er auch mit unterdrückter

Sexualität und Spießertum und das Gegenteil von dem behaupten, was man wirklich will, also ganz

furchtbar. Aber ein großartiger Film mit Kevin Spacey in der Hauptrolle, aber jetzt finde ich...

Für den er den Oscar bekommen wollte. Ja, ja. Aber jetzt finde ich, musst du mal erzählen, du bist

Kevin Spacey begegnet. Du hast darüber eine große Geschichte in der Zeit geschrieben. Du musst

jetzt mal dem Publikum erklären, wie das gekommen ist. Wie unterhält man sich mit Kevin Spacey?

Ja, das ist eine... Es ist nicht einfach. Es war ein Kampf. Alles an dieser Geschichte war ein Kampf.

Wie bist du denn draufgekommen? Schreibt mal einen Brief, guten Tag, hallo. Lieber Kevin Spacey,

würde mich gerne mal mit dir unterhalten oder wie macht man das? Ich hätte nie gedacht, dass ich...

George Clooney oder Kevin Spacey oder sonst irgendeinen Groß-Schauspieler anschreibt.

Also ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Geschichte, ein Porträt über Kevin Spacey schreiben

würde. Wir hatten im letzten Dezember im Zeitmagazin auf Instagram ein Foto gesehen,

in dem ein Low-Budget-Regisseur, Jean Fallais, ein Instagram-Foto von sich und Kevin Spacey

gepostet hat. Was für eine Ehre, mit so einer Legende zusammenzuarbeiten. Und das fanden wir

interessant, wie Kevin Spacey der gefallene Hollywood-Star mit diesem britischen Resiseur,

den niemand kennt. Wie kommt das denn überhaupt zustande? Und ich war erstmal neugierig auf

diese Geschichte und auf diesen Film und dachte, vielleicht mache ich eine Geschichte darüber,

wie man in der heutigen Zeit eigentlich so ein Film dreht, Making of, als Parabel für unsere

Gesellschaft. Ich war dann also Kontakt mit dem Regisseur und habe auch das Set besucht von diesem

Film in London. Ich habe auch gefragt, ob es möglich wäre, Kevin Spacey vielleicht von Kevin

Spacey ein paar Zitate zu bekommen. Was es ihm bedeutet, in so einem Film mitzumachen.

Du musst vielleicht was zu dem Film sagen, denn das ist ein Film mit Kevin Spacey, in dem Kevin

Spacey aber als Person gar nicht auftritt. Er spielt darin nur eine Stimme und ist doch die Hauptrolle.

Das ist der einzige Name, der ganz oben auf dem Plakat genannt wird mit dem Zusatz zweifacher

Oscar-Gewinner. Allein das ist ja schon fantastisch für eine Geschichte oder eine Stimmrolle,

dieses große Plakat und ein Mann, der gecancelt wurde. Es war skurril. Es war skurril. Und wir

haben uns dann gefragt, hey, der Spacey wurde doch im Zuge von diesen Anschuldigen, wurde er von

allen Fallen gelassen. Er hatte ja gar keine Pressesprecherin mehr, hatte kein Talentagent mehr

Netflix hat sich abgewandt. Seine Kollegen haben ihn gecancelt. Robin Wright wollte nichts

mehr mit ihm zu tun haben. Wie kommt so was überhaupt zustande? Das war erstmal meine erste

journalistische Frage. Und Spacey selbst, dachte ich, der wird doch auf keinen Fall reden. Jemand,

der so viel Schlechtes sozusagen mit sich herumträgt und dann auch noch so bekannt ist,

wird auf keinen Fall mit einer Donalistin reden. Und außerdem hatte doch auch gar nichts zu erzählen.

Ist doch auch erzählt die Geschichte. Und dann bin ich also in Kontakt gekommen mit seinem

Manager Evan Lohenstein, der eine Person werden würde, mit der ich sehr oft reden würde in den

folgenden sechs Monaten. Und der die Brücke ist, der die wichtigste Person wahrscheinlich im Leben

von Kevin Spacey ist. Sein Businessmanager und bester Freund, der Einzige, der an seiner Seite

geblieben ist seit diesen Anschuldigungen. Im Grunde der Einzige. Und der erzählte dann,

ja Spacey bekommt nächsten Monat in Italien einen Preis verliehen. Was für ein Preis?

Einen Preis für sein Lebenswerk vom Filmmuseum in Turin. Was ist die nächste skurrile, skurrile

Information im Filmmuseum in Turin? Das Filmmuseum in Turin ist großartig. Also bitte, ich habe

Fotos mitgebracht. Ich war nämlich mal da. Turin war ein großer Kongress, bei dem ich zu Gast war.

Gefeiert wurde im Filmmuseum in Turin. Das ist ein Irrerbau, der so über der Stadt

thront quasi mit einer großen, großen Haube. Und innen drin. Fantastisch. Ganz, ganz tolle

Atmosphäre. Da war die Feierlichkeit. Da war die Feierlichkeit. Und ich habe dann gesagt,

ach Italien ist doch gleich um die Ecke, da komme ich vorbei. Da können wir uns auch gleich kennenlernen.

Könne ich mich doch mal persönlich vorstellen. Und dann gucken wir mal, ob er mir vielleicht ein

paar Zitate zu dem Film geben will. Das war die Idee. Eine ganz kleine Idee eigentlich. Und für

ihn also nicht so schwierig mit allen Worten. Der Manager hat auch gleich im ersten Telefonat

sofort zu verstehen gegeben, dass Spacey auf keinen Fall irgendwie über größere Fragen gehen will,

wie es ihm geht oder was er macht oder so weiter. Und dass ja alle Medien der Welt schon mit ihm

sprechen wollten. Aber sie haben immer alles abgelehnt, weil er wurde so oft falsch dargestellt

und alles könnte gegen ihn verwendet werden. Und da habe ich sofort gemerkt, da gibt es ganz,

ganz viel Misstrauen, was man aus seiner Sicht wahrscheinlich auch nachvollziehen kann. Ja,

und dann bin ich halt nach Turin gefahren zu dieser Preisverleihung und wurde wieder überrascht.

Wenn man die Nachrichten über Spacey in den letzten Jahren ein bisschen verfolgt hat,

dann waren das vor allen Dingen schlecht aufgenommen Paparazzi-Shots, die ein bisschen sozusagen

Mann mit so ein bisschen aufgeschwemmten Gesicht in ein Gericht in ein Latschen sah, völlig fertig

der Typ. Und durch die Berichte, durch die Anschuldigung wirkte er halt auch wie jemand,

der wirklich abgeschrieben und fertig ist. Man muss vielleicht aber noch vorausschicken,

dass er die erste Welle der Anschuldigungen überstanden hatte. Also er war ja mehrfach vor

Gerichtsgestanden in den USA. Vielleicht kannst du dazu was sagen, damit wir die Vorgeschichte

vor Turin nochmal vergegenwärtigen uns. Er war einige Monate zuvor in New York freigesprochen

worden, als es um die Vorwürfe von Anthony Wrapp ging, der ihn um 40 Millionen Dollar verklagt

hatte. Das heißt Spacey war in dem Moment, in dem er nach Turin kam, sozusagen von dem größten

Vorwurf bereits freigesprochen. Aber er befand sich noch in Wartehaltung für die nächste Runde

von gerichtlichen Verhandlungen. Das waren nämlich die Vorwürfe, die jetzt gerade in London

verhandelt wurden. Das war aber Strafprozess. Was in London auf ihn wartete, war ein Strafprozess.

Und ich denke, in Amerika waren das ja auch Strafprozesse und nicht Zivilprozesse, wenn man

gilt. Das war ein Zivilprozess. Der Anthony Wrapp war ein Zivilprozess. Und zwei weitere Prozesse

in den USA waren geplatzt. Aus verschiedenen Gründen. Bei einem war das Opfer verstorben

inzwischen und bei dem anderen wollte der Hauptzeug nicht mehr sagen. Warum auch immer?

Als er darauf hingewiesen wurde, dass er strafbar ist, wenn man, habe ich gelesen in Unterlagen,

dass er seine Aussage zurückgezogen hat, als er darauf hingewiesen wurde, dass er strafbar ist,

jemand anderen falsch zu belasten. Seine Mutter ist eine Fernsehtonalistin,

die die Vorwürfe ans Licht gebracht hat und gesagt hat, Kevin Spacey hat meinen Sohn in einer Bar

angekrabscht. Und der Sohn wiederum hat gesagt, dass er sozusagen dazu Handymaterial

besitzen würde. Nachrichten, die er hin und her geschickt hatte. Und dann später stellte

sich aber heraus, dass er auf dem Handy einige Nachrichten gelöscht hatte. Also das Handy war

erst, die Mutter und der Sohn wollten das Handy erst nicht rausgeben, dann haben sie es doch an die

Polizei rausgegeben, hatten dann Nachrichten gelöscht. Also sie haben mit dem Beweismaterial

rumgefummelt, mit anderen Worten. Und deswegen hatte er dann seine Anlage doch zurückgezogen.

Ja, er war auch erwachsen. Da muss man noch dazu sagen, es war also Mutti. Er hat ja da so die

Ahnung eröffnet. Das handelte sich hier um ein Minderjährige, war aber 19.

Aber zusammenfassend drei amerikanische Prozesse waren zusammengebrochen bereits,

als du ihn in Touring gesehen hast. Genau. Das heißt, er wollte wahrscheinlich schon

seinen ersten vorsichtigen Schritt zurück in die Öffentlichkeit machen, um mal zu testen,

auch, wie die Leute auf ihn reagieren würden. Ich weiß auch, dass er die Einladung zu dieser

Veranstaltung, zu diesem Preis kurz nach dem Freispruch angenommen hatte. Vorher hatten die die noch

ein bisschen auf Abstand gehalten. Ich war dann überrascht, ihn zu sehen. Ich war überrascht,

zu sehen, wie er aufgetreten ist. Nämlich ganz wie der alte Hollywoodstar. Frank Underwood.

Er sah aus wie Frank Underwood. Der Manager hat mich dann gefragt, ob ich in das Hotel von

Spacey kommen wollte. Das war sein fünf-Sterne-Hotel, wo ihn seine Freunde schon mal empfangen würden.

Das war eine Gruppe von ungefähr 30 Leuten. So Jubler. Ja, seine engen Freunde kann man

vielleicht gar nicht so richtig sagen. Die meisten waren Bekannte aus den letzten Jahren oder Freunde

von dem Manager. Es waren jetzt keine Jahrzehnteler langen Freunde von Spacey dabei, außer eben

Evan Lowenstein, die Manager. Und die anderen waren so ein bisschen einer der Regisseure,

mit dem er gedreht hat. Ein kroatischer Regisseur war dabei. Ein Model aus Estland mit ihrem

britischen Freund. Ein britisches Paar, von dem der Mann so eine Alternative Entertainment-Website

betreibt. Also ein bunter Haufen, würde ich mal sagen. Und Spacey kamen in Taxido raus, gepudert

mit so einer Schleif. Flieger. Und er war charmant, galant, das Blitzlicht gewittert,

der Fotografen, die vor dem Hotel auf ihn gewohnt. Er hat Selfies mit Fans gemacht.

Es war auf einmal so, als wäre er komplett wieder in sein altes Leben zurückgeschlüpft.

Zumindest für diese ein, zwei Abende. Und er wurde von allen hufiert. Wir hatten ja gerade

schon das Filmmuseum von Turin erwähnt. Das war nicht nur das Filmmuseum, das anwesend war,

da war auch jemand aus dem italienischen Kulturministerium, Filmkritiker. Also italienische

Kulturelite. Zeitleser, wenn es in Deutschland gewesen wäre, die ihn alle gefeiert haben.

Und das war für mich so strange. Es war so eine überraschende Erfahrung, das so zu sehen.

Es war fast, als würde ich mich in einer Parallelwelt bewegen. Hast du ihn denn dann selber die Flosse

gegeben? Ja, ich hab ihm dann auch die Flosse gegeben. Er hat mir auch übrigens, vielmehr

dann später ein, kurz auf den Rücken, seinen Hand kurz auf den Rücken gelegt. Jovial.

Jovial auf den Rücken gelegt, als ich durch die Drehtun nach außen gegangen bin. Ich wusste immer

nicht so genau, soll ich jetzt an den herantreten oder nicht. Also er hatte mir die Hand geben,

auch gesagt, ich weiß sehr zu schätzen, dass sie gekommen sind. Ich hab schon gehört,

dass sie und mein Manager im Kontakt miteinander stehen. Also er war freundlich, aber gleichzeitig

hatte ich auch das Gefühl, er ist distanziert, weil ich bei der Journalistin, also vom Feindesland.

Und dann auch war ich irgendwie dann diesem Abend, auch den darauffolgenden Abend,

immer in seiner Entourage unterwegs. Während ringsum eben die ganzen Fotografen und auch

andere Journalisten gewartet hat, versucht haben, irgendwie mit ihm zu sprechen oder so

ist Spacey und seine Entourage immer durch den Seiteneingang vorbeigeschleißt worden,

und ich also mit. Warum? Warum du? Warum du? Ich kann mir gut vorstellen, dass viele an

ihnen ran wollten und viele amerikanische Journalisten sowieso. Aber warum? Eine deutsche

Journalistin aus Hamburg, aus Zeit? Lass mich das nochmal verschärfen, denn ich hab auch meine

intensiven US-Erfahrungen, was Berichterstattung angeht. Und wenn man mit Menschen tun hat,

die wenig Zeit haben oder die wichtig sind in den USA, dann ist die Zeit tatsächlich kein großes

Blatt. Aber wenn die New York Times anruft, dann oder CNN, dann haben die Zeit. Also es ist eine

ganz klare auch Opportunitätsüberlegung. Mit welchem Journalisten rede ich ja eigentlich?

Lohnt sich das? Welche Auflage steckt dahinter? Wenn das Publikum erreiche ich ja eigentlich?

Das ist so wie wenn bei uns eine aus Luxemburg anruft und sagt Hallo, ich bin von der Luxemburger

Presse. Wollen Sie mir ein Interview geben? Absolut. Also zum einen ging ich ja noch zu dem

Zeitpunkt mit einer ganz kleinen Anfrage an die Rannen, nämlich mit der Anfrage, ob ich nicht

im Pazitat für einen Film bekommen könnte. Und zum anderen hatte ich auch mit dem Manager ganz klar

gesagt, ich bin von der Zeit eine sehr renommierte Zeitung in Deutschland und vielleicht hatten sie

das Gefühl, da können wir mal etwas austesten, ohne gleich ins ganz große Kreuzfeuer der amerikanischen

Medien zu gehen. Wir haben sich sicherlich erkundigt über dich. Da kannst du aber Gift

drauf nehmen. Also die haben garantiert alles durchgestülbert nach dir und auch nach unserer

Zeitung. Ja, als ich Spacey dann später richtig kennengelernt habe, hat er auch mich auf meine

persönliche Website angesprochen. Also sie haben sich auf jeden Fall erkundigt, weil sie waren ja

zu dem Zeitpunkt stand, die auch sehr unter Druck, weil sie sich vorbereitet haben auf den großen

Prozess in London und auch wirklich am Anfang bei der ersten Begegnung noch sehr skeptisch waren,

ob sie überhaupt irgendetwas mit dem Medien machten. Sie wollten irgendwie, aber sie wollten

auch nicht. Sie waren unentschlossen und dann haben sie halt mich kennengelernt. Mich mit meiner

kleinen Anfrage, diese nette Frau aus Deutschland mit den schwarzen Haaren und der Brille. Und ich

war dann relativ zurückhaltend und am zweiten Abend wollte Spacey dann in eine Pizzeria gehen.

Ich wurde gefragt, ob ich mitkommen will und dann schub mir der Manager den Stuhl neben Spacey und

sagte, jetzt gucken wir mal, ob wir sie mögen. Dann warst du seine Tischdame sozusagen. Dann war

ich seine Tischdame. Ich wollte natürlich ja schon näher an den Rang kommen. Ich hatte irgendwie

durch all diese eindrückende, die überraschenden Eindrücke, die ich geschildert habe, habe ich

dann natürlich schon gewittert. Hier steckt eine große Geschichte dahinter. Das ist die Kevin Spacey

Geschichte anders, als man denkt. Das ist nicht einfach ein Mann, der komplett gecancelt wurde,

sondern er wurde nur von einem Teil der Gesellschaft gecancelt. Der andere Teil der Gesellschaft

liebt den weiterhin und feiert den und wartet nur darauf, dass er zurückkommt. Und diese Seite,

finde ich, muss man auch beschreiben. Sie wurde aber nie beschrieben. Sie sagt viel aus wie bei

unsere Gesellschaft. Das muss doch total verrückt sein, in seinen Schuhen zu stecken. Einerseits die

totale Echtung zu erleben und andererseits immer noch diese Liebe. Was muss es für ein Leben sein,

was er in den letzten Jahren geführt hat? Was ist es eigentlich für ein Mensch? Was habt ihr denn gegessen?

Pizza. Und Cola hat er sich noch bestellt. Ich dachte, dass es am besten vielleicht ist,

mit ihm eine Ebene zu finden und über etwas zu sprechen, was ein bisschen, ich sage mal,

unverfänglich ist. Also haben wir über House of Cards gesprochen. Das ist unverfänglich.

Das ist unverfänglich. Und da hat er auch leidenschaftlich darüber erzählt. Er erzählt

überhaupt natürlich sehr leidenschaftlich über seine Arbeit. Denn das ist nicht nur seine Arbeit,

sondern auch seine Liebe, sondern auch seine Identität. Wollen wir mal reinhören in House of Cards?

Gerne.

Das war also die Stelle in House of Cards, über die wir am Anfang gesprochen haben, wo er sich

an das Publikum wendet. Aber hier hat er sich natürlich an dem Abend an mich gewendet. Ich saß

neben ihm und habe gemerkt, dass es ein Mann ist, der das Publikum braucht, der das im Blut hat,

vor anderen zu sitzen. Er will sie sofort unterhalten. Er will sie auch zum Lachen bringen. Er hat

unendlich viele Anekdoten parat. Mir hatte dann gleich mehrere erzählt von Jack Lemme natürlich,

sein Mentor, aber auch von Bill Clinton, seinem Freund oder früheren Freund besser gesagt.

Und gleichzeitig hat man aber gemerkt, dass er eigentlich sehr empfindlich reagiert,

wenn man ihm sehr persönliche Fragen stellt. Das wiederum geht ihm gar nicht leicht über die Lippen.

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Lass uns einmal kurz über seine Schauspiellaufbahn sprechen. Wir haben schon über das schwierige

Feld zu seinem Vater gesprochen, der dem schauspielerenden Sohn vorwirft,

wegen der Neigung zur Schauspielerei schwul zu sein, der homophobe Vater.

An der High School gibt es die erste Schauspielerfahrung, die er macht. Das heißt, da steht er schon auf der Bühne?

Genau, da spielt er Theater. Zum einen war es eine Möglichkeit, um zu Hause fern zu bleiben,

um länger nach Schule zu bleiben, für Proben, Aufführungen usw. und nicht nach Hause zu müssen.

Und zum anderen war es eine Art, um in eine andere Identität zu schlüpfen, in die Schuhe von anderen

und nicht er selbst zu sein. Und er hat dann festgestellt, dass er dafür ein Talent hat und

dass es ihm auch selbst eine Möglichkeit zum Überleben gibt, wenn man so will.

Weil er raus aus seinem eigenen persönlichen Konflikt mit sich selber gehen kann, in andere Rollen hinein,

das ist das, was du denkst. Genau, das hat er auch so gesagt. Wir können da ja mal reinhören.

Da reden wir darüber, warum es für ihn so schwierig war, zu seiner Sexualität zu stehen,

eben weil er von früh auf diese Scham empfunden hat und weil er dann auch in seinen Anfangsjahren

als Schauspieler in den 80er, 90er Jahren, da wurde ihm noch oft gesagt, behalt es bloß für dich.

Das war eine andere Zeit als heute.

Die Karriere von Kevin Spacey zündet nicht sofort, er schlägt sich ein paar Jahre durch als Stand-up-Kommedien.

Genau, und studiert dann ein paar Jahre an der renommierten Juliott School in New York.

Ja, ein Rufi Donnerhall hat diese Schule, das ist die Schauspielschule in den USA.

Und er fühlt zu der Zeit aber auch eine relativ prekäre Existenz, als er hat mir erzählt,

dass er oft auf den Sofa sonst Freunden geschlafen hat oder aus Wohnungen rausgeschmissen wurde,

weil er die Miete nicht bezahlen konnte. Einmal hat er eine Einweihungsparty gegeben

und allen Gästen gesagt, sondern bitte Möbel mitbringen, weil er keine hatte.

Also er ist schon vom Typ her, er ist ein Underdog, er sieht sich als Underdog,

der sich nach oben kämpft gegen alle Widerstände.

Und er geht jetzt zunächst auf die Theaterbühne?

Geht zunächst auf die Theaterbühne, wir hatten ja schon ein paar Mal über Jack Lemmon gesprochen,

er schleicht sich quasi ein Termin für ein Vorstellungsgespräch, um mit einem Theaterstück

mit Lemmon zu spielen, kriegt auch die Rolle und Lemmon wird es für den zu einer Ersatzvater.

Ist auch ganz wichtig für sein Leben, er hat sich auch immer wieder so Vaterfiguren gesucht

und er erkennt das Talent von Spacey. Und Spacey macht sich als Theater-Schauspieler

Namen und spielt auch in immer größeren Fernseh- und Filmrollen mit. Richtig bekannt

wird er durch die üblichen Verdächtigen, wo er eine Oscar für die Nebenrolle bekommt

und dann eben sein ganz großer Durchbruch mit American Beauty und dem Oscar damals.

Hast du denn mit ihm an diesem Tisch, an diesem pizzerien Tisch in Turin,

auch über die Vorwürfe gesprochen, über die Gerichtsverhandlungen und über das,

was ihr so in ihm vorgeht?

Ich habe nicht direkt darüber gesprochen, weil ich schon gemerkt habe,

dass ein Thema ist, was alle am Tisch umtenzeln. Man sprach auch nicht über Vorwürfe.

Also das war der weiße Elefant in der Pizzeria.

Ja, das hat man sofort gemerkt. Es ging so immer wieder um Leute, die, ja, ich kenne

jemand, der wurde auch gecancelt, aber nie hat jemand, also die Vorwürfe, wenn man die überhaupt

erwähnt hat, dann nur als die falschen Vorwürfe und es war da, aber niemand hat es benannt.

Es war wirklich, so es war mein ganz starkes Gefühl. Das ist auch eine Gemeinschaft davon,

Leuten, die das Gefühl hat, der Mann wird dir zu Unrecht gecancelt und das,

das vielleicht so einst der Themen ist, die diese Gruppe zusammengeschweißt hat.

Und ich habe ihn dann nur gefragt, was dieser Preis ihm bedeutet und ich habe gesehen,

wie sie auf der Bühne saßen und wie, ja, wie viel es ihm bedeutet haben muss und

verklausuliert habe ich gesagt, wie ist es wohl, wenn man nicht auf einer Bühne sitzt.

Und da ist er ausgerastet.

Ah, da hat er schon gerochen.

Da hat er schon das was erst einmal, wo Kevin Speysi mir ging, war ausgerastet ist.

Er meinte, das stimmt nicht. Ich habe gesagt, sie sahen aus wie ein Fisch im Wasser, wie es ist,

wenn man kein Wasser hat. Es stimmt nicht, dass ich kein Wasser habe. Ich bewege mich in einem

kleinen Pool, hätte die Militapher total aufgeriffen, aber ich schwimme trotzdem,

ich betätige mich jeden Tag kreativ und ich bin nicht weg.

Er hat sich dann komplett verändert, während er vorher mich noch mit Anekdoten überklingt

und da hat er auf einmal total zugemacht, hat sich es größer geworden, die Stimme tiefer,

gerade auch so ein bisschen wie wir es bei Frank Underwood gehört haben.

Aber er hat dich nicht vor die S-Bahn geworfen.

Nee, ich habe es noch nie erlebt.

Aber da dachte ich, wo kommt das denn jetzt auf einmal her? Da habe ich jetzt genau

den wunden Punkt getroffen in meinem ersten Gespräch, doch es doch eigentlich dazu dienen

sollte, dass ich überhaupt ein Interview mit ihm mache.

Um sich mal in Ruhe kennenzulernen.

Wir müssen mal schauen, ob wir sie mögen.

Genau, das sieht aus tot. Ich bin mit einem Gefühl nach Hause gegangen, ich habe mich so schlecht,

ich habe gedacht, ich habe alles verkackt. Ich war so nah dran und ich habe es verkackt,

weil ich eine zu direkte Frage gestellt habe an einem zu frühem Moment. Ich habe mich geärgert,

weil ich dachte, ich habe jetzt als Journalistin eine Chance vergeigt,

weil ich zu früh eine zu ernst zu kritische Frage gestellt habe.

Das war dann noch erst mal aus, oder?

Ich habe dann noch versucht, auf dem Nachhauseweg von der Pizzeria habe ich noch versucht,

ein bisschen Smalltalk mit ihm zu machen zu seinem Hund und was er sonst noch so in Italien

macht und so weiter. Aber man hat halt total gemerkt, er hat kein Interesse.

Und übrigens dachte ich an diesem Abend, ich verstehe, woher diese Vorführ kommen mit dem

toxischen Klima. Ich kann mir vorstellen, dass jemand ist, der macht seinen Charme an

und du bist im Scheinwerferlift und macht das aus und dann bist du draußen. Und für so ein

kleines Mitglied in einem großen Filmteam kann ich mir vorstellen, dass sich so was toxisch anfühlen kann.

Das waren Vorwürfe, das müssen wir noch mal zitieren, die haben glaube ich acht Männer

gegenüber CNN geäußert. Und zwar wenige Tage nach den ersten Buzzfeed-Publikationen,

die gesagt haben, der verbreitet einfach einem Set ein total toxisches Klima.

Ja, das ist ein toxisches Klima. Also ich habe einfach bei dieser ersten Begegnung

diese Widersprüche von Kevin Spacey zu spüren bekommen. Die charmante Seite, die unterhaltsame

Seite, die überraschend offene Seite auch. Und dann die schockgefrorene Seite.

Die dunkle Seite auch, die dunkle Seite, die wir aus seinen Figuren kennen.

Und an dieser Stelle könnte diese Geschichte zu Ende sein.

Ist sie aber nicht.

Ist sie aber nicht. Und wie sie weitergeht.

Das können wir in der nächsten Folge beschreiben, die jetzt gleich anhörbar ist.

Genau. Vielen Dank, bis dahin, Koei.

Bis gleich.

Fisch ohne Wasser, das war's.

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Wie es einer ZEIT-Reporterin gelang, einen der größten Schauspieler Amerikas zu interviewen – und das in einer für ihn existenzbedrohenden Krise.

In der Folge 150 reden Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin der ZEIT, und Andreas Sentker, Chef des ZEIT-Ressorts Wissen, mit der Reporterin Khuê Phạm über ihr Porträt des gestürzten Hollywood-Schauspielers.

Der Text zur Folge ("Kevin Spacey, der Angeklagte" von Khuê Phạm) ist im Juni 2023 in dem ZEIT MAGAZIN erschienen.

Die neue Ausgabe des Kriminalmagazins "ZEIT Verbrechen" liegt am Kiosk und ist hier online bestellbar. Sie möchten zwei Ausgaben zum Kennenlernpreis testen? Dann klicken Sie hier.