Inside Austria: Karl Nehammer – der Kanzler der Reichen?

DER STANDARD DER STANDARD 10/7/23 - Episode Page - 41m - PDF Transcript

Diese Podcast wird unterstützt von Tierschutz Austria.

Was für mich ein Satz ist, den ich auch gerne den Menschen in Österreich geben möchte,

glaubt an dieses Österreich.

Österreichs Bundeskanzler Karl Niehammer setzt in der neuen Kampagne seiner Volkspartei

auf Pathos.

Er will, dass Österreich wieder optimistisch denkt.

Im Werbespot dazu wirkt er ruhig und staatsdragend.

Doch hinter den Kulissen brodelt es.

Was heißt ein Kind, wie keine warme Malze, die Österreicher?

Ist das die billigste warme Malze in Österreich?

Hier ist es nicht so, aber es ist billig.

Ein Helmburger bei McDonalds.

Niehammer ist sauer.

In seinen Augen wird das Land schlecht geredet.

Es gebe in Österreich keinen Grund zu hungern.

Einen Hamburger bei McDonalds würde sich doch jeder leisten können.

Wenn ich es nicht gehört habe, die haben wir auch nicht.

Dann muss ich auch nicht ganz sagen.

Ein Video von einer Wutrede geht viral.

Während Niehammer sich über den Pessimismus der Österreicher

ihnen ärgert, unterstellen ihm jetzt viele Zynismus.

Das ist furchtbar.

Eines für ein Kanzler absolut peinliches und unwürdiges Sprachbild.

Für seine Familie im Reichtum kommt er das nicht in Frage, oder?

Aber was ist dran an der Behauptung des Bundeskanzlers?

Geht es Österreich wirklich besser als viele glauben?

2023 laut Prognose.

Dieses Jahr wird tatsächlich das schwierigste sein.

Und vor allem auch gerade für geringverdiener lauter Prognosen.

Früher hat man erst für die Gesellschaft ein Summefahrt hinauf.

Richtung Wohlfahrt.

Heute fahren wir eher vereinzelt.

Die Rolle treibt mir herunter.

Wenn die Lage in Österreich also doch nicht so rosig ist,

wie es der Bundeskanzler gerne hätte.

Wen will Kalniehammer mit seiner Bürgerrede ansprechen?

Ich stehe dazu, dass Eltern eine Fürsorgepflicht für ihre Kinder haben.

Und ich bleibe dabei.

Dass Selbstbestimmung und Eigenverantwortung wichtig sind.

Auf der anderen Seite gibt es auch viel Zuspruch von Wählerinnen und Wählern,

Unterstützern und auch innerhalb der Partei.

Österreichs Politik hat bereits mehr als alles andere ein Ziel vor Augen.

Die Nationalratswahl 2024.

Da kann die erste Reihe der Grünen und der ÖVP noch so sehr betonen,

dass man sich eh noch immer gut versteht, aber in der zweiten, dritten

und in der vierten Reihe wird halt einfach schon ordentlich auf Wahlkampf gebürstet.

Ich bin Margit Ehrenhofer.

Und ich bin Antonia Raut vom Standard.

In dieser Folge von Inside Austria nehmen wir Nehamas umstrittenes Bürgervideo

noch einmal genau unter die Lupe.

Und seine Aussagen darin, die Österreich in Schnappatmung versetzt haben.

Für wen die ÖVP Politik macht und wem sie damit in die Karten spielt.

Ein heller Raum voller Stetische.

Gemütliches Ambiente, Weinregale, wohin man sieht.

Um die Tische herum stehen vorwiegend Männer in Sarkoos und Hemden.

Auf den Tischen edle Weingläser, Blumenschmuck, Teller mit kleinen Häppchen.

Alle Augen sind auf einen Mann gerichtet.

Sozifein, da liebten Feinden.

Er und die Sozis seien keine Freunde, sagt der Mann.

Und erntet er für Gelächte.

Der Mann ist Karl Nehammer, Österreichs Bundeskanzler von der Volkspartei ÖVP.

Die Sozis, das sind seine politischen Gegner.

Und um ihn herum stehen hier nur Gleichgesinnte.

Nehammer ist aufgetreten in der Kleinstadt Hallein, nahe Salzburg im Juli.

Das war ein Auftritt in einer Vino-Decke vor Funktionären, vor lokalen Parteien,

mit Mitarbeitern.

Für Karl Nehammer ist dieser Abend ein Heimspiel, sagt Geralt John.

Er ist Innenpolitik-Kredakteur beim Standard.

Die Menschen in dieser Vino-Decke in Hallein sind Parteigenossen von Karl Nehammer.

Hier fühlt sich der Kanzler sichtlich wohl und redet frei von der Erleber weg.

Wieso mich am meisten dabei geschwört hat?

Dass ich keine Erbörungswählte in der Leserbriefe nicht gesehen habe.

Es geht um die Teuerung.

Die SPÖ kritisiert die Regierung dafür, dass es in Österreich Kinder gebe,

die nicht mal mehr jeden Tag eine warme Mahlzeit bekommen.

Dass wir jedem Kind zu mindestens einmal, und deshalb sofort,

jedem Kind einmal am Tag ein warmes und ein gesundes Essen zu garantieren,

das ist das Minderste, was wir machen können.

Das sagt der Chef der Sozialdemokraten, Andreas Babler.

Nehammer sieht das anders.

Was heißt ein Kind, der keine warme Mahlzeit gibt?

Ist das die billigste warme Mahlzeit in Österreich?

Hier ist es nicht gesund, aber sie ist billig.

Einen Hamburger bei McDonalds rechnet Nehammer weiter vor.

Der kostet 1,40 Euro.

Dann noch Pommes dazu, 3,50.

Zack, warme Mahlzeit.

Und das könne sich doch wohl wirklich jeder noch leisten.

Die Zuhörer in der Vinothek finden Nehamas Ansprache super.

Das merkt man nicht nur an der Stimmung im Raum.

Einer der Anwesenden ist so begeistert,

dass er den Kanzler sogar filmt.

Ein Funktionär, der hat es gut gefunden.

War hoch erfreut, dass Nehamas das so erzählt.

Und hat es dann irgendwie verbreitet.

Eben an seine Freunde, an anderen Gruppen, in den sozialen Medien.

Und so ist das allmählich viral gegangen.

Als eine Userin das Video vor etwas mehr als einer Woche auf X,

früher Twitter, postet, hat es schon einen langen Weg hinter sich.

Doch als es in den sozialen Medien öffentlich wird,

schlägt der kurze Clip ein wie eine Bombe.

Und was in der Vinothek in Hallein bei den ÖVP-Lern im Publikum

noch gut ankam, löst plötzlich einen Shitstorm aus.

Wenn man das so aufgeregt hat, liegt natürlich auf der Hand.

Jeder weiß, dass man, wenn man seinen Kindern was Gutes tun will,

sie sicher nicht jeden Tag zum McDonalds schicken soll.

Weil das ist quasi der Inbegriff des ungesunden Essens.

Und so billig ist es dann, wenn man es durchrechnet, auch nicht.

Schnell quillt das Internet über Vorempörung.

Memes mit Ernährungspyramiden nach Nehammer,

nur Bürger und Wortspiele wie Bürgerlich statt Bürgerlich

machen die Runde.

Und so mancher zynische Vergleich taucht auf.

Eine Kategorie gelangt wie die historische Figur der Marie-Antonette,

also die letzte Königin, die letzte Gemahle in des letzten

französischen Königs vor der französischen Revolution,

die gesagt haben soll, wenn die Armen kein Brot haben,

sollen sie eben Kuchen essen.

Dieser Vergleich ist allerdings ein bisschen unfair

gegenüber der Marie-Antonette,

weil laut historischen Erkenntnissen geht man ziemlich sicher davon aus,

dass sie den so nie gesagt hat.

Klar ist, Karl Nihammer hat das mit den Bürgern wirklich so gesagt.

Der Kanzler ärgert sich in dieser Rede

über die angebliche Schlechtmacherei seiner Politik.

Und Nihammer kritisiert nicht bloß,

dass ihn Sachen Kinderarmut übertrieben werde.

Wenn ich mir vorgegeben habe, dass die Armut in Österreich

wird immer größer, die Menschen haben immer weniger Geld,

die so erhöht sich und die Zeitzeit gut.

Wenn ich es mir nicht gehört habe, gehen wir weiter.

Weil dann muss ich ja gar nicht sagen.

Gleich eingangs von diesem Mitschnitt sagt er,

dass selbst Frauen ohne Betreuungspflichten

viel Teilzeitarbeit noch nicht stärkende Vollzeit gingen

und das sei eben ein Zeichen dafür,

dass sie eben die Armut nicht krasieren.

Abgesehen vom Bürgersager hat Karl Nihammer

mit dieser Theorie wohl für am meisten Frore gesorgt.

Warum er überhaupt etwas gegen Teilzeitarbeit hat,

das hat natürlich mit der aktuellen Wirtschaftslage

in Österreich zu tun.

Das wollte ich nur gerade sagen, bis da zu viel kommen ist.

Wir haben die Teilzeite eingeführt,

in einer Zeit, als wir zu wenig Arbeitsplätze gehabt haben.

Jetzt sind wir in der Situation,

wir sind aber alter in der Gesellschaft,

wir haben in Österreich 200.000 offene Stellen.

Ich sag's euch mal, 200.000 offene Stellen.

Für Karl Nihammer ist das ein Widerspruch.

Es gibt offene Stellen, also auf jeden Fall die Möglichkeit

für viele mehr zu arbeiten.

Dass das viele aber nicht tun,

ist für den ÖVP-Chef ein Indiz dafür,

dass die Verarmung der Gesellschaft gar nicht so extrem sein kann.

Es gibt natürlich welche, die arbeiten freiwillig Teilzeit,

weil sie sich gut leisten können,

aber es ist halt auch wieder nur die halbe Wahrheit.

Wenn man zum Beispiel bedenkt,

dass es gerade in niedriglosen Sektoren

vielfach wenige Jobs gibt, die nicht Teilzeit sind.

Also da wird sehr oft nur Teilzeit angeboten.

Und hinzu kommt auch noch,

gerade in schlecht bezahlten Branchen,

wie im Pflegebereich,

ist die Teilzeitquote besonders hoch.

Wer hier mehr arbeitet, verdient zwar unterm Strich auch mehr,

allerdings nicht so viel,

dass es sich am Ende des Monats für einen Haushalt rechnet.

Weil dann zum Beispiel eine Reinigungskraft

oder zusätzliche Kinderbetreuung bezahlt werden müsste.

Gleichzeitig arbeiten Personen im Energiesektor

einem der best bezahlten Bereiche größten Teilsvollzeit,

weil hier der Unterschied zwischen Teilzeit und Vollzeit

eben auch ein wirklich dickes Gehaltsbluss ausmacht.

Dann stellt Neha man noch eine andere Behauptung auf.

Die Teuerung treffe Österreich überhaupt nicht so schlimm,

wie immer getan wird.

Wir leben in der besten Länder Europas.

Wir stehen nach Luxemburg in der Frage, wie es den Menschen geht.

Wir haben die Kaufstrafe erhalten,

sogar inflationsbereinigt um 0,9% im Plus.

Wer hat das andere Länder in Minus?

Ich kann das hundertmal erzählen.

Ist das jedem prüft?

Wir haben weniger Geld.

Unser Kollege Gerald John kann dem Bundeskanzler

dann noch bedingt folgen, speziell was Luxemburg angeht.

Also ich habe jetzt diese Zahl von Luxemburg nicht gefunden.

Also ich weiß nicht, auf welcher Zahler da jetzt Bezug nimmt.

Dieses Ranking habe ich so nicht gefunden.

Aber ja, Österreich steht jetzt nicht so schlecht da.

Es kommt auf immer darauf an, wo man es vermisst.

Es gibt eine Untersuchung von der einen,

wie die realen Einkommen sich entwickelt haben.

Da liegt Österreich immer noch im Plusgross und Modo.

Womit der Kanzler recht hat,

wenn wir uns die verfügbaren Einkommen anschauen,

inflationsbereinigt,

dann liegen die jetzt tatsächlich über dem Wert von 2019.

Ausnahme ist heuer, 2023 laut Prognose.

Dieses Jahr wird tatsächlich das schwierigste sein

und vor allem auch gerade für gering verdiener lauter Prognosen.

Das heißt, die Menschen haben schon auch recht,

wenn sie das Gefühl haben, dass es gerade enger wird.

Auch wenn es diesen Abwärtstrend erst seit Kurzem gibt.

Eine aktuelle Erhebung der Statistikaustria zeigt,

dass gerade im Bereich der Wohnkosten

der Druck auf die Menschen sehr wohl steigt.

Besonders ernst ist es natürlich für die Leute,

die ohnehin schon wenig verdienen und kaum Reserven haben.

Aber auch da gibt es Hinweise darauf,

dass sich das durchaus stabilisiert.

Heißt das unserem Strich,

dass der Kanzler eigentlich recht hat?

Ist Österreich gar nicht so arm, wie viele tun?

Ne, haben wir suggeriert in diesem Video jedenfalls,

dass Armut in Österreich gar keine so große Rolle spielt.

Die Zahlen sagen allerdings etwas anderes.

Es gibt in Österreich sehr wohl viele Menschen,

bei denen das Geld vorne und hinten nicht reicht.

Das wären jetzt in Österreich 201.000 Menschen

oder 2,3% der Bevölkerung, der Haushalte.

Mehr als 200.000 Menschen in Österreich leben in Armut.

Das entspricht der Bevölkerung von Linz.

Österreichs dritt größter Stadt.

Und rund 36.000 der Betroffenen sind Kinder.

Zu definieren, wer als Arm gilt,

das ist allerdings gar nicht so einfach.

Die größte Rolle spielt dabei die sogenannte

materielle und soziale Deprivation.

Es gibt 13 Indikatoren,

können sich die Menschen z.B. fängt an

in einen jährlichen Urlaub leisten,

können sie ihre Wohnung warm halten,

haben sie das Geld, um abgetragene Kleidung auszuwechseln,

haben sie genug Geld, um sich jeden zweiten Tag

eine vollwertige Mahlzeit leisten zu können.

Und wenn man bei sieben von diesen 13 Kriterien sagt,

man kann sich das nicht leisten,

dann gilt man als materiell und sozial depriviert.

Und das ist ein Indikator für jetzt wirklich manifeste Armut,

würde ich sagen.

Die Statistik mit den 200.000 Armutsbetroffenen

in Österreich stammt aus dem Jahr 2022.

Eine aktuelere Erhebung geht sogar von 3-mal

so vielen Menschen aus, die in Armut leben.

Auch wenn da etwas andere Kriterien galten

und die Zahlen nicht direkt vergleichbar sind.

Innerhalb der EU wird Armut außerdem noch

mit Hilfe einer Quote gemessen.

Dabei geht es um das mittlere Einkommen.

Wer weniger als 60% des medialen Einkommens zur Verfügung hat,

gilt als armutsgefährdet.

In Österreich bedeutet das konkret,

wer weniger als 1.392 Euro monatlich zur Verfügung hat,

gilt als armutsgefährdet.

In Deutschland liegt diese Schwelle etwas niedriger

bei rund 1.200 Euro im Monat.

Und zu wenig Geld zu haben,

das wirkt sich nicht nur darauf aus,

ob man sich einen Burger bei McDonalds

oder überhaupt eine warme Mahlzeit leisten kann.

Wenn ich in dieser Situation stehe,

habe ich sofort alle Dimensionen des Lebens sozusagen beeinträchtigt.

Und das macht so brutal für die von Armut betroffenen Menschen.

Sie hören hier Erich Fenninger.

Er ist Geschäftsführer der Volkshilfe.

Das ist eine österreichische Hilfsorganisation,

die unterstützt vor allem Einrichtungen

und Projekte im Sozialbereich.

Der Verein gilt als SPÖ-Nah.

Aber unabhängig von der politischen Orientierung

gehört die Unterstützung von armutsbetroffenen Menschen

zur täglichen Arbeit der Volkshilfe.

Und von daher weiß Erich Fenninger,

was armuts in der Realität bedeutet.

Wenig Geld nicht heizen können,

nicht ausreichend heizen können,

Wohnung ständig, Voladil oder das Problem,

das man finanzieren kann,

nicht ausreichend Begleitung zu wenig zu essen.

Und da reden wir noch nicht von Teilhabe, die so wichtig wären.

Mit Teilhabe meint Erich Fenninger eigentlich alles,

was Spaß macht und was man halt in Gesellschaft tut.

Mit Freunden ins Kino gehen, einen Tanzkurs besuchen,

sich die Mitgliedschaft im Fitnessstudio leisten können.

Das ist gerade für Kinder sehr schwierig,

wenn diese Teilhabe nicht möglich ist, weil kein Geld da ist.

Auch schulische Leistungen werden durch Armut beeinflusst.

Und da geht es jetzt nicht darum,

dass Kinder auf eine teure Privatschule schicken können oder nicht.

Sie merken auch in der Schule extrem früh, dass sie nicht genügen.

Sie scheimen die schlechteren Noten.

Sie wissen nicht, dass vielleicht die anderen Kinder

von zu Hause besser gefördert werden können,

weil die ja höhere, formale Bildung haben.

Oder Nachhilfe auch finanziert bekommen.

Sie zweifeln sehr früh an sich selbst,

die Kinder, die arm sind und was so dramatisch ist.

In der Forschung, das was schon neu ist,

ist, dass sie lernen mit und in der Armut zu leben.

Sie arrangieren sich.

Erich Fenninger sagt, wer arm aufwächst,

der traut sich erst gar nicht zu träumen,

weil jeder Wunsch den Eltern nur Druck machen würde

und Kinder lernen, sich und ihren Familien

diese Enttäuschungen zu ersparen.

Wenn man sich selbst in der eigenen Kinder zurück erinnert

oder andere Kinder jetzt beobachtet,

dann ist es ja schön, wenn Kinder Wünsche haben

für sich, für die Familie und auch Interessen entwickeln

und sich selbst erproben und darauf kommen,

das ist nicht das Richtige, aber das neue Versuchen zu begründen.

Und die Kinder können das nicht.

Die formulieren keine Interessen.

Und das ist dramatisch.

Einerseits sind da also die praktischen materiellen Seiten der Armut.

Zu wenig Geld, eine kalte Wohnung,

über deren Erhalt man sich außerdem ständig Sorgen machen muss,

keine anständige Kleidung und zu wenig zu essen.

Und andererseits die sozialen und gesellschaftlichen Seiten.

Ausgrenzung.

Nachteile in der Schule, fehlende Unterstützungsmöglichkeiten,

kaum Chanceninteressen zu entwickeln.

All das erzeugt einen Teufelskreis.

Man kann das mit der easy out formulieren,

die die Begründerung der Sozialarbeitswissenschaft in Österreich ist,

die gesagt hat, dass Armut letztlich die meisten

oder alle Dimensionen des Lebens so lang angreift

und massiv beeinträchtigt und der gelingendes Leben verunmöglicht.

Und dazu kommt, wer armuts betroffen ist,

steht ständig unter Druck.

Denn dann geht es schlecht.

Das sind nicht die Menschen, die in der Hänge macht der Leben

und dem Leben fröhnen,

sondern die sind unglaublich marginalisiert, haben einen großen Druck.

Dieser Druck erzeugt Stress

und der macht wiederum wortwörtlich krank.

Und zwar Erwachsene wie auch schon Kinder.

Wir haben Angst, dass die Existenz sozusagen

nicht ausreichend finanziert wird.

Und durch diese Angst kommen frühkronische Erkrankungen.

Das ist alles belegbar.

Bei vielen armuts betroffenen Kindern

kommt es laut Erich Fenninger zu körperlichen Symptomen dieser Belastung.

Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfweh ohne konkreten Auslöser.

Auch bei Kindern, die nur als armuts gefährdet gelten,

ist das Risiko dafür schon deutlich erhöht.

Und das betrifft den Österreich immerhin jedes fünfte Kind.

Das Problem, das in der Gesellschaft außerdem herrscht,

Armutsbetroffene fühlen sich in ihrer Situation heute oft sehr allein.

Wenig zu haben, ist mit großer Scham verbunden.

Das war vor 60, 70 Jahren in Österreich noch ganz anders.

Damals war der Großteil der Gesellschaft eher arm.

Dafür hatten in den 1950ern und den folgenden Jahrzehnten

die meisten das Gefühl, dass es insgesamt aufwärts geht.

In der Soziologie wird dabei auch der Fahrstuhl,

als mit Hafer verwendet, mit dem es für alle gemeinsam nach oben ging.

Früher hat man es für die Gesellschaft in Summefahrt hinauf,

Richtung Wohlfahrt.

Heute fährt man eher vereinzelt, die Rolltreppe herunter.

Und die Armutsbetroffenen wissen nicht, dass sie nicht alleine sind,

sondern 1,5 Millionen Menschen zum Beispiel armutsgefährdet sind.

Was Fenninger da sagt, es geht eben nicht nur um die Menschen,

die bereits in Armut leben, sondern noch viel mehr.

Nämlich 1,5 Millionen, die an der Kippe stehen.

Wenn Erich Fenninger sagt, dass Armut alle Lebensbereiche betrifft,

dann zählt übrigens auch die politische Teilhabe dazu.

Arme Menschen haben tendenziell weniger Mitsprachemöglichkeit.

Also die Menschen, die superreich sind,

wie ein lebendes über Jets oder andere Dinge, die dann gelegt werden,

haben eine massive Möglichkeit,

den Entscheidern in Österreich, Europa, auf der Welt,

ihre Anliegen näher zu bringen,

durch ihre Vernetzung, durch hohes Kapital,

sind sie in der Lage, ihre Interessen, sozusagen Verzickwachen,

ihre einzelnen Interesse,

und diejenigen, die wenig Einkommen haben,

die haben das Netzwerk nicht.

Die haben nicht die Möglichkeit,

einfach sich im Vorzimmer der Politik zu treffen

und ihre Interessen einzubringen.

Und wenn sich ein Bundeskanzler,

der ja die gesamte Bevölkerung vertreten sollte,

wenn er hinstellt und vor Parteifreunden und funktionieren,

über arme Menschen spottet,

dann ist das schon ein Schlag ins Gesicht

für sehr viele Österreicherinnen und Österreicher.

Trotzdem, Karl Nehammer betont immer wieder,

dass er und die aktuelle Regierung die Bevölkerung nicht im Stich lassen,

dass sie speziell die unterstützen,

die Angesichts der Teuerung um ihre Existenz fürchten.

Also hier gewinnt ein Bundeskanzler recht.

Tatsächlich hat die Regierung zunächst auch in der Corona-Zeit,

aber dann auch in der Inflation der Teuerung betrifft,

wirklich Maßnahmen gesetzt.

Volkshilfedirektor Erich Fenninger sagt, es stimmt.

Es gab viele Maßnahmen, die Menschen in Notsee und Österreich

in den Krisenzeiten unter die Arme gegriffen haben.

Einmal Zahlungen, doppeltes Kindergeld, Schulstadtaktionen.

Die ÖVP betont gern, sie unterstütze gerade Familien,

so wie es zuvor noch keine Regierung getan habe.

Unser Kollege Géraldion sagt,

so viel wie keine andere ist vielleicht etwas übertrieben, aber ...

Es wurde doch einiges für Familien getan,

also ganz kann man das jetzt nicht so abstreiten.

Man muss jetzt sehen, dass die Familien bei Hilfe

unter dieser Regierung angepasst wird,

Leistungen, die es vorher nicht gegeben hat.

Sollte es sofort helfen, sind es wichtig,

um Menschen in akuten Notlagen zu helfen.

Was sie aber nicht tun,

sie verändern nichts an den herrschenden Strukturen.

Die Menschen empfinden das schon auch als nicht sozial gerecht,

das muss man sagen,

und nicht umsonst gibt es ja jetzt eine große Debatte

über Erbschaftssteuer und Vermögensteuer.

Das ist Katrin Steiner-Hemmerle.

Sie ist Politikwissenschaftlerin und Professorin

an der Fachhochschule in Villachien-Kärnten.

Solche fundamentalen Umverteilungsansätze

lehnt die ÖVP allerdings ab.

Die Frage ist welchen Begriff sie haben von Gerechtigkeit.

Die ÖVP hängt den Begriff der Leistungsgerechtigkeit an.

Das bedeutet, so wie es Karl Nehammer gesagt hat,

die die mehr leisten, mehr arbeiten.

Sebastian Kurz hat die Familien genannt,

wo in der Früh aufgestanden wird.

Die sollen auch mehr haben, auch mehr verdienen,

auch mehr natürlich Wohlstand erwerben können.

Das zeigt sich dann auch an den Projekten zur Umverteilung,

die die ÖVP umsetzt.

Etwa das Prestigeprojekt der ÖVP,

das noch unter Kurz gemeinsam mit der FPÖ eingeführt wurde.

Und der Familienbonus, das ist ein Absetzbetrag für Familien,

der kommt den speziell halt eher der Mittelschicht aufwärts zugute.

Und was der Familienbonus und die aktuellen Maßnahmen gemeinsam haben,

auch wenn die unteren Einkommen prozentuell stärker entlastet werden.

In absoluten Zahlen landet mehr in den oberen Einkommen.

Das passt wiederum zu dem, was wir laut der Politologin Katrin Steiner-Hemmel

über die Wählerinnen und Wähler der ÖVP wissen.

Da ist die Datenlage tatsächlich recht dünn, wenn es um die Frage des Einkommens geht.

Aber über den Wohnort lassen sich Rückschlüsse ziehen.

Bei der letzten Nationalratswahl hat man es recht gut gesehen,

eigentlich in Wien, wenn man es jetzt nach Bezirken hernimmt,

im ersten Bezirk, also sicher jener Bezirk, wo am ehesten wohlhabendere Menschen wohnen,

hat die ÖVP auch die Wahl gewonnen, im Roten Wien, muss man sagen, mit 36,6%

und auch in Döbling und Hitzing lagen sie voran.

Sie haben mich mit ihren großen Kinderaugen angeschaut

und richtig begeistert mit mir gespielt, aber mit der Zeit immer weniger,

später gar nicht mehr.

Ganz am im kleinen Käfig und dann einfach weggegeben.

Gibt es nicht jemanden, der nach vielen Jahren genauso auf mich schaut wie am ersten Tag?

Sie hörten Christine Reiler als Rateronia.

Wir geben Tieren eine Stimme. Tierschutz Austria.

Mehr auf Tierschutz-Austria.at

Standard-Podcasts gibt es ja wirklich schon zu jedem Thema.

Also fast jedem. True crime.

Thema des Tages. Lohnt sich das?

Serienreif.

Besser Leben.

Rätsel der Wissenschaft.

Edition Zukunft.

Und und und.

Aber nicht jede hat die Zeit das alles zu hören.

Und manchmal möchte man sich einfach nur ein paar Minuten bescheiden lassen.

Ich bin Schold Wilhelm.

Und ich bin Margit Ehrenhöfer.

Ab sofort bringen wir auch Highlights unserer Podcasts.

Für zwischendurch, wenn mal weniger Zeit ist.

Diese kurzen Ausschnitte nennen wir Shorts.

So wie eine kurze Hose.

Oder eine kurze Geschichte.

Okay.

Shorts vom Standard finden Sie jetzt überall, wo es Podcast gibt.

Ist die ÖVP also die Partei der Reichen?

Antonia und mir ist ja da die berühmte WhatsApp-Nachricht von Thomas Schmidt,

dem ex-ÖVP-Mann im Finanzministerium eingefallen.

Vergiss nicht, du hakelst im ÖVP-Kabinett.

Du bist die Hure für die Reichen.

Thomas Schmidt hat diese Nachricht dann einen Mitarbeiter geschickt,

der dem ÖVP nahen Unternehmer Sigi Wolf in Steuerfragen weiterhelfen sollte.

Und auch die politischen Kontakte von Immobilienmogul Reni Benko in die Volkspartei

haben wir hier im Podcast ja schon ausführlich beleuchtet.

Da liegt natürlich der Schluss nachher,

dass die ÖVP vorwiegend Politik für die Wirtschaftsbosse

und Großkonzernen Österreich macht.

Oder?

Das ist das Interessante, dass sich das ja im Grunde genommen so gar nicht so abbildet.

Das ist Petra Stuber, stellvertretende Chefredakteurin des Standards.

Und sie sagt, viele Unternehmerinnen und Unternehmer

sind aktuell ziemlich unzufrieden mit der ÖVP.

Was Sie kritisieren?

Die Volkspartei liefert keine Konzepte,

wie Österreichs Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleiben soll.

Also wer ein Unternehmen heutzutage hat, der steht ja sozusagen mitten im Feuer

und muss sich überlegen einerseits, wie kann ich noch meine Absatzmärkte finden,

wie kann ich vielleicht im Export erfolgreich sein?

Gleichzeitig geht es viel um Nachhaltigkeit, es geht um schonende Ressourcen,

es geht darum, wie kann ich sozusagen meine Energiezufuhr,

die ich brauche für mein Unternehmen nachhaltig gestalten

und möglichst ohne russisches Gas.

Und da kommt vielen Unternehmerinnen und Unternehmer eigentlich zu wenig.

Der Ruf der ÖVP als Partei der Großkonzerne geht auf eine Zeit lang vor,

Karl-Niehermann zurück.

Petra Stuber fällt da der ehemalige ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel ein,

der Anfang der 2000er Jahre gemeinsam mit der FPÖ regiert hat.

Wolfgang Schüssel war ja und er ist ja auch ein ganz anderer Typ als Karl-Niehermann.

Also Schüssel wollte dieses Land wirklich verändern.

Und zwar nach ziemlich neoliberalen Vorstellungen.

Kürzungen im Pensionssystem, im öffentlichen Dienst, Privatisierungen,

Steuererleichterungen für Unternehmen, mehr Härte beim Arbeitslosengeld.

Daraus hat dann die Gewerkschaft und die SPÖ auch sozusagen quasi diese Erzählung gestrickt.

Schüssel personifiziert die soziale Kälte.

Dieser Mann steht für soziale Kälte.

Ich sehe das nur in dem Sinne bei der jetzigen ÖVP so nicht.

Karl-Niehermann will einen ganz anderen Typos Politiker verkörpern, meint Petra Stuber.

Man will Karl-Niehermann als den netten Typen von nebenan,

der irgendwie dafür sorgt, dass wir normalen Österreicherinnen und Österreicher

ein gutes Leben haben, der kämpft gegen Inflation.

Und ich weiß nicht, was das ist, sozusagen eine Mittelstands- und Mittelschichtstrategie.

Ein Politiker für den Mittelstand.

Einen Mittelstand, der sich eben auch stark über Leistung definiert.

Dazu passt auch, worüber wir bisher noch gar nicht gesprochen haben.

Wie Karl-Niehermann nämlich auf die Debatte rund um seinen Auftritt in Hallein reagiert hat.

Tatsächlich lässt ein Statement vom Bundeskanzler nicht lang auf sich faden.

Schon am Tag, nachdem das Video die Runde macht, legt der Kanzler ein neues Video hoch.

Ich stehe dazu, dass ich Leistung lohnen muss.

Und ich stehe dazu, dass Eltern eine Fürsorgepflicht für ihre Kinder haben.

Und ich bleibe dabei, dass Selbstbestimmung und Eigenverantwortung wichtig sind.

Nach einer Entschuldigung hört sich seine Reaktion jedenfalls nicht an.

Im Gegenteil, Karl-Niehermann unterstreicht noch einmal,

dass er alles, was er gesagt hat, auch so meint.

Also Stichwort, Leistungsträger, Menschen sollen sich anstrengen,

Familien haben eine Verantwortung, ist ein konservatives Weltbild,

keine Frage über die ÖVP steht dafür.

Die Politologin Kathrin Steiner-Hemmele sagt,

Niehermann hat mit dieser Aussage auch Haltung gezeigt.

Ob einem die jetzt gefällt oder nicht.

Was mir am stärksten auffällt, ist, dass es einfach auch diese Lager teilt,

dass selbstverständlich viele empört sind, wohl auch zu Recht,

dass ein Bundeskanzler die artige Worte wählt bei einem Auftritt.

Wenn man aber nachfragt, würden sie denn die ÖVP wählen

oder haben sie die ÖVP gewählt, dann verneinen das diese Personen.

Auf der anderen Seite gibt es auch viel Zuspruch von Wählerinnen und Wählern,

Unterstützern und auch innerhalb der Partei.

Auch wenn sich die meisten einig waren, dass die Aussage nicht gerade Kanzler leig war,

gerade viele Sumpathisanten von Niehermann finden prinzipiell gut,

was er da so gesagt hat.

Man muss da auseinanderhalten, sieht man Karl-Niehermann jetzt als Bundeskanzler

oder als Parteichef, der schon in einen Wahlkampf eingestiegen ist.

Inhaltlich stehen also viele Konservative voll hinter Niehermann,

woran es bei ihm eher noch scheitert, am Worthing, dem richtigen Verpacken seiner Botschaften.

Und das ist bei Niehermann nichts Neues.

Ich erinnere mich vor ziemlich genau einem Jahr, gab es einen Auftritt von Karl-Niehermann,

das sollte die ÖVP in Tirol in ihrem Wahlkampf unterstützen.

Aber was mir wichtig ist dazu zu sagen, wenn wir jetzt so weitermachen,

gibt es für euch nur zwei Entscheidungen nachher.

Alkohol oder Psychopharmaka.

Man kann jetzt sagen, soll so eine Person, die offensichtlich sich manchmal nicht im Griff hat

oder zu wenig Distanz ward zu dieser auch emotionalen Situation oder zu diesem Umfeld,

kann so eine Person Kanzler sein oder nicht?

Wobei es da schon einen Unterschied gibt.

Während die Aussage zu Alkohol und Psychopharmaka bei einer offiziellen Rede gefallen ist,

war der Auftritt in der Vino-Tek hier eher im kleinen Rahmen.

Die Erwartungshaltung natürlich vom Publikum in so einem intimen Rahmen, in einem Weinkeller,

wo man ja weiß, man ist unter sich, das sind hauptsächlich Funktionäre,

ist schon, dass man so ein bisschen deftige Worte wählt, auch auf vielleicht ein paar Wuchteln ausseilt,

vor allem auf Kosten jener, die ohnehin nicht zum Kernklientel der ÖVP zählen.

Ob auch ein Kanzler so eine Wuchtel, wie wir in Österreich zu zugespitzten Aussagen auch sagen,

in seiner Rolle als Parteichef schon mal bringen darf, das bleibt am Ende auch Geschmackssache.

Die Wählerinnen und Wähler werden einschätzen müssen, ob dieses Video jetzt wirklich schädlich ist.

Ich denke, es wird sogar mobilisieren.

Man muss nämlich auch sagen, Nehammer hat in diesem Video weder strafrechtlich relevante Dinge gesagt,

noch Hinweise auf irgendwelche dubiosen Machenschaftenpreis gegeben,

wie ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das etwa im bekannten Ibiza-Video getan hat.

Klar, die Aussagen zu Hamburger und zur Teilzeitarbeit, die kann man zynisch und geschmacklos finden.

Aber am Ende zeigt das Video halt einen Parteichef, der angeregt und so auch etwas emotional sagt, was er denkt.

Ob er dafür gleich als Rücktrittsreif bezeichnet werden sollte?

Mir persönlich tut es ja fast leid, weil man im Grunde dann so weichgewaschene,

wischivasche Politikerinnen und Politiker bekommen.

Wir haben ja nicht einmal mehr eine Jugendzünde begangen.

Irgendwann in ihrem Leben mal Posting mitten in der Nacht abgesetzt haben,

wo man halt ein bisschen sich expliziter aussah

oder irgendwie ein verfängliches Foto mal das hochgeladen wurde.

Und das, denke ich, schließt schon auch viele interessante Menschen aus von einer politischen Karriere.

Dass das Video wirklich potenzielle ÖVP-Wähler innen verkraulen könnte,

hält die Politikwissenschaftlerin Katrin Steiner-Hemmerle jedenfalls für unwahrscheinlich.

Und auch die Koalition mit den Grünen dürfte der Klipp nicht gefährden.

Hauptsache, es passieren die Verbesserungen und da kommen wir jeden Tag weiter.

Und das ist das, was für mich zählt.

Grünenchef und Vizekanzler Werner Kogler weiß, ihm bleibt nicht mehr viel Zeit in der Regierung

und es warten noch einige Prestigeprojekte der Grünen auf ihre Umsetzung.

Wegen so eines Videos will er nicht die Bilanz einer ganzen Legislaturperiode riskieren.

Mit, wenn dann der Wahlkampf beginnt, sozusagen sie möglichst viele Erfolge auch vorzuweisen haben in der Bilanz.

Bei der Aufhebung des Amtsgeheimnisses, also in Sachen Transparenz,

ist den Grünen da diese Woche ein Durchbruch gelungen.

Und auch im Bereich Klimaschutz könnte sie mit einer halbwegs positiven Bilanz in den Wahlkampf starten.

Was allerdings klar ist.

Aber beim Thema soziale Gerechtigkeit sind die Grünen doch gescheitert in dieser Regierung,

weil sie sich mit ihrem Begriff der Verteilungsgerechtigkeit

gegenüber einem konservativen Begriff der Leistungsgerechtigkeit eigentlich nicht durchsetzen konnten.

Vielleicht wollen die Grünen auch deshalb am liebsten nicht zu viel über dieses Bürgervideo sprechen.

Und darum würden sie in einem Wahlkampf bestimmt nicht herumkommen.

Gerade angesichts der Teuerung dürfte Verteilungsgerechtigkeit bei der Wahl 2024 wohl eines der großen Themen werden.

Die ÖVP hat da schon gezeigt, dass sie für die Leistungsträger den Mittelstand einstehen will.

Die SPÖ dagegen setzt, wie wir schon gehört haben, auf Armutsbekämpfung und Umverteilung.

Andreas Babler hat natürlich sehr stark auf Klassenkampf gesetzt.

Also das ist eigentlich sozialdemokratische Politik, wie man sie immer kannte.

Die Frage ist, zieht es noch? Also wie viele können sich überhaupt noch mit dem identifizieren?

Laut aktuellen Umfragen überzeugt Andreas Babler damit jedenfalls nur etwa ein Viertel der Österreicher.

Auf Platz 1 in den Umfragen liegt dagegen immer noch Herbert Kickel mit der FPÖ.

Warum Ermitz einem Rechtspopulismus so viel Zuspruch erhält,

das haben wir ja gerade ausführlich in einer eigenen Reihe von Insider Ostfia aufgezeigt.

Auch da geht es um vermeintliche Ungerechtigkeiten.

Kickel ist gut darin ein, die und ein wir zu schaffen.

Den Menschen schuldiger zu präsentieren, die für ihre Abstiegsängste verantwortlich sind.

Die da oben, die euch knechten wollen, bevormunden wollen,

die euch vor allem den gerechten Anteil vorenthalten,

was auch immer an Chancen im Leben, an Einkommen und derartigen Dingen.

Und das funktioniert offensichtlich bei einem im Moment großen Teil der Bevölkerung.

Dieses populistische Instrument wird auch als Othering bezeichnet.

Da versucht man einfach Gruppenidentität zu stärken, indem man Gefahren, Bedrohungen

oder auch eine Aufwertung mit der Abwertung von anderen Gruppen versucht zu erreichen.

Wenn die ÖVP nun von Leistungsträgern und der Eigenverantwortung von Eltern spricht,

dann steigt sie in gewisser Weise in dieses Spiel eins, sagt Petra Stolber.

Ich glaube, dass das dazu führt, dass sozusagen die Leute sie angestrengt sind

und dann beginnen auch zum Beispiel so ein bisschen,

um wohlvertstaat in Frage zu stellen und zu sagen, naja, wie komme ich dazu,

dass ich so viel zahlen muss, damit irgendwelche Leute, die sich weniger anstrengen,

als ich auch gut leben können.

Die FPÖ nimmt den Ball auf und versucht, ihrerseits die Menschen anzusprechen,

die der Kanzler da vor den Kopf stößt.

Ein Volkskanzler braucht sie in Österreich und keinen Kanzlerdarsteller,

keine Kanzlerkarikatur, keinen Herrn Nehammer.

Der wahrscheinlich glaubt, dass die englische Übersetzung

von Bundeskanzler Burger King ist, so wie er sich jetzt aufgeführt hat.

Denn wir wissen, auch wenn die SPÖ die niedrigen Einkommensschichten ansprechen will,

die meisten Wählerinnen und Wähler hat dort die FPÖ,

die Partei mit der Nehammerrechts der Mitte um Stimmen konkurriert.

Dieses Spiel mit den Ängsten, das gefährdet mitunter den sozialen Frieden.

Und das ist nicht etwas, was im Kopf passiert, das ist etwas, was im Bauch passiert

und das führt dann zu einer gewissen Form von Unbarmherzigkeit.

Fakt ist, das Video von Karl Nehammer ist ein Vorgeschmack auf einen Wahlkampf,

in dem Politiker die Österreicherinnen und Österreicher mitunter gegeneinander ausspielen wollen.

Und dieser Wahlkampf?

Da glauben immer mehr Menschen, dass dieser früher beginnt als gedacht.

Eigentlich sind die Wahlen ja erst für den nächsten Herbst geplant.

Doch diese Woche hat die Koalition schon wieder einen Härtetest erlebt.

Anlass war eine E-Mail-Panne.

Es ist eine E-Mail, die am Freitag schon gelegt worden ist,

weil nämlich irgendjemand im ÖVP-Club nicht auf den Verteiler geschaut hat,

bevor er auf den senden Button gedrückt hat.

Eine E-Mail ging versehentlich an den falschen Adressaten.

Das ist an sich ja schon mal peinlich genug.

Aber auch der Inhalten der Mail hatte es in sich.

Es ist mehr oder weniger ein fertiger Antrag,

in dem die ÖVP einen Untersuchungsausschuss einsetzen will.

Der soll die Arbeit der anderen Parteien

in den Regierungen der letzten Jahre unter die Lupe nehmen.

Das Präsente daran?

Auch grüne MinisterInnen der aktuellen Regierung werden genannt.

Da stand drinnen, man wolle sich dann in diesem parlamentarischen

Untersuchungsausschuss ganz genau anschauen,

ob speziell im Infrastrukturministerium von Leonore Gewessler

Gelder für Kampagnen richtig verteilt wurden,

ob da zu teuer Agenturdienste eingekauft wurden.

Das ist insofern interessant,

als Leonore Gewessler das wichtigste Ressort für die Grünen hält.

Und natürlich mit dem Klimaticket

und diversen anderen politischen Eckpfeilern,

die sie gesetzt hat in dieser Regierung,

offensichtlich als der größte Feind gilt.

Kann die Koalition das aushalten,

wenn die Volkspartei gegen den eigenen Julia-Partner vorgehen will?

Die ÖVP versucht jedenfalls den Gehirn,

den gelegten Antrag herunterzuspielen.

Der Klubop-Mann oder in Deutschland würde man sagen,

der Fraktionsführer der Konservativen im österreichischen Parlament,

August Wöginger, hat das heruntergespielt und hat gesagt,

ach, das ist doch normale parlamentarische Arbeit,

dass man sich so Dinge überlegt.

Petra Strüber sagt, ganz so harmlos,

wie der Klubschef der Volkspartei tut, ist die Sache nicht.

Aber es stimmt wohl,

dass die meisten Parteien solcher Arbeit

in der Schublade haben.

Auch gegen politische Mitbewerber,

mit denen man gerade zusammenarbeitet.

Nach außen hin haben die Grünen auch diese Attacke

jedenfalls entspannt weggesteckt.

Aber innerhalb der Partei brodelt es dann wohl doch.

Je mehr solche Dummheiten auch gelegt werden

oder bekannt werden,

zeigen sie doch,

dass da kann die erste Reihe der Grünen und der ÖVP

noch so sehr betonen,

dass man sich eh noch immer gut sieht.

Aber in der zweiten, dritten und in der vierten Reihe

wird halt schon ordentlicher Wahlkampf gebürstet.

Da gibt es nämlich noch eine Wahl im kommenden Jahr,

die einige schon ziemlich nervös macht.

Nämlich die Wahl des EU-Parlaments im Frühling.

Es gibt gewisse Befürchtungen in der ÖVP,

dass man dann mit einer Wahlniederlage

oder einem schlechten Wahlergebnis bei der EU-Wahl

dann in einen Herbstwahlkampf starten muss,

wo man all die Rückstände wieder wettmachen muss,

also ich glaube, es gibt wahrscheinlich in der ÖVP

auch einige Stimmen, die sagen,

lasst uns doch vor der EU-Wahl wählen

und dann wäre jetzt bald einmal ein guter Zeitpunkt,

um die Koalition aufzukündigen.

Dennoch glaubt Petra Stuber nicht,

dass die jüngsten Pannen absichtliche Versuche waren,

die Koalition zu sprengen.

In Zeiten, wo Verschwörungstheorien Hochkonjunktur haben,

wage ich das natürlich nicht völlig auszuschließen.

Aber ich glaube einfach, wir unterschätzen,

gerade der Unprofessionalität in der österreichischen Innenpolitik.

Das Video von Karl Nehammer in der Wino Tegin allein

dürfte wohl bald wieder in Vergessenheit geraten.

Der Bürgersager allein wird ihm wohl nicht die Kanzlerschaft kosten.

Jetzt zumindest.

Doch solange Nehammer mit solchen Aussagen

nur die Kernkliantil der ÖVP anspricht,

könnte das bei der nächsten Wahl ein großes Problem für ihn werden.

Immerhin liegt die Volkspartei im Moment

einmal bei 25 Prozent in den Umfragen.

Platz eins in weiter Ferne.

Nehamas Ansprache im Video gibt uns außerdem einen Vorgeschmack,

wie der ÖVP-Chef im Wahlkampf doch noch punkten will.

Dass es an Untergriffen und Spaltungsversuchen nicht mangeln wird,

auch seitens der Volkspartei.

Das zeigt auch der zweite Lieg, der gerade die Innenpolitik beschäftigt.

Am Ende bleibt nicht nur die Frage,

wer die Wählerinnen und Wähler für sich einnehmen kann,

sondern auch, ob viele Menschen sich von einer Politik

mit solchen Untergriffen nicht überhaupt abwenden.

Und das wäre am Ende die größte Gefahr für die Demokratie in Österreich.

Wie geht es weiter mit Österreich, speziell auch bei der Wahl 2024?

Und welche Rolle wird die FPÖ dabei spielen?

Darüber sprechen wir übrigens auch bei der Messebuch Wien am 10. November.

Da zeichnen wir eine Live-Folge von Inside Austria auf

und freuen uns natürlich auch,

wenn wir da einige Hörerinnen und Hörer treffen.

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Alle Links und Infos stehen wie immer auch in den Show-Notes zu dieser Folge.

Danke fürs Zuhören und allen, die auch hinter den Kulissen

an diesem Podcast mitwirken.

Das waren diesmal im Redigat Olaf Häuser und Schold Wilhelm

und in der Produktion Christoph Neuthert.

Ich bin Antonia Raut.

Ich bin Margit Ehrenhöfer.

Wir sagen ciao und baba.

Sie haben mich mit ihren großen Kinderaugen angeschaut

und richtig begeistert mit mir gespielt.

Aber mit der Zeit immer weniger, später gar nicht mehr.

Einsam im kleinen Käfig und dann einfach weggegeben.

Gibt es nicht jemanden, der nach vielen Jahren genauso auf mich schaut,

wie am ersten Tag?

Sie hörten Christine Reiler als Rateronia.

Wir geben Tieren eine Stimme.

Tierschutz Austria.

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Ich bin die Franziska.

Ich bin der Martin.

Und wir wollen besser leben.

Lohnt sich 10.000 Schritte zugehen jeden Tag?

Ist das Großraumbüro wirklich so schlecht wie sein Ruf?

Spoiler, ja.

Bringt es was in der Wahl zu fasten.

Wir fragen die, die es wirklich wissen und probieren es auch gleich selber aus.

Bei Besser Leben.

Jeden Donnerstag eine neue Folge.

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Mit seinem Burger-Sager hat Nehammer eine Debatte über Kinderarmut ausgelöst. Wie es in Österreich darum steht und für wen die ÖVP Politik macht

Ein Video von Bundeskanzler Karl Nehammer löst einen Shitstorm aus. Der ÖVP-Chef redet in einer illustren Runde von Partei-Funktionären frei von der Leber – und spottet über Armutsbetroffene und Teilzeitarbeitende in Österreich. Leistung müsse sich lohnen, wer zu wenig Geld hat, solle einfach mehr arbeiten. Und was von Kritikern als besonders zynisch aufgefasst wurde: Einen Hamburger bei McDonald's könne sich doch wirklich jeder leisten.
Tatsächlich gibt es in Österreich mehr als 200.000 Menschen, die in Armut leben. 1,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher stehen an der Kippe. Die ÖVP betont zwar, sie würde Familien unterstützen, wie sonst keine andere Regierung zuvor. Praktisch kam bei den Anti-Teuerungsmaßnahmen aber mehr Geld bei den Besservierdienern an. Ist Karl Nehammer also doch der Kanzler der Reichen?
In dieser Folge von Inside Austria nehmen wir Nehammers umstrittenes Burger-Video noch einmal genau unter die Lupe. Wir wollen wissen, wie es wirklich um Armut und Armutsbekämpfung in Österreich steht. Für wen die ÖVP Politik macht – und wem sie damit in die Karten spielt.

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