Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.: Ist die Schweizer Neutralität überholt?

Public Eye Public Eye 4/6/23 - 23m - PDF Transcript

Der Begriff ist eigentlich relativ simpel. Neutralität.

Wieder bin ich für die eine Seite, noch bin ich für die andere Seite.

Aber welche Neutralität soll es denn sein?

Die aktive Neutralität, die passive Neutralität, die kooperative, die integrative, die integrale, die immerwährende.

Und ist euch das egal und ihr seid da neutral eingestellt?

Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.

Mein Name ist Nico Meier. Herzlich willkommen bei Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.

Ja, spätestens seitdem Ukraine kriegt, wird heftig gestritten, wie unsere Neutralität denn zu verstehen sein.

Und genau darüber möchte ich heute sprechen mit meinem Gast, das ist Thomas Gauthier. Herzlich willkommen.

Vromiser.

Mich ebenfalls. Du bist beim World Trade Institute der Uni Bern und dadurch hast du dich lange und immer wieder mit der Position der Schweiz

im internationalen Gefüge auseinandergesetzt und damit logischerweise auch der Neutralität.

So ist vielleicht ganz grundlegend, wie wird denn unsere staatliche Neutralität denn definiert?

Offiziell sprechen wir von der immerwährenden und bewaffnenden Neutralität.

Das geht auf den Wiener Kongress zurück, 1815, als die europäischen Mächte ein Interesse daran hatten,

dass zwischen Frankreich und Österreich-Ungarn ein Bufferstat entsteht.

Man hat damals auch das Territorium der Schweiz erweitert hier im Wattland,

dann auch das Wallis dazu genommen, damit die Schweiz sich selber verteidigen kann.

Heute sprechen wir von der Neutralität und da müssen wir unterscheiden zwischen den Neutralitätsrecht.

Das Neutralitätsrecht ist sehr eng begrenzt und verbietet, ein Krieg zu beginnen, sich an einem Krieg zu beteiligen.

Es verbietet auch die Waffenausfuhr zu einem gewissen Teil.

Es verbietet, dass man fremden Truppendurchzug gewährt.

Aber das ist relativ beschränkt und betrifft sicher nicht die wirtschaftlichen Tätigkeiten.

Und dann gibt es die Neutralitätspolitik, die eben im Unterschied zum Recht sehr stark variieren kann.

Es gibt Phasen, wo man eine sehr extensive Neutralitätspolitik betrieben hat.

Oder es gibt eine Phase, wo man von der sogenannten integralen Politik gesprochen hat.

Das war zurzeit das Völkerbundes, wo man das eingeschränkt hat.

Heute stehen wir eigentlich interessanterweise in einer Phase,

wo die Neutralitätspolitik relativ extensiv ausgelegt wird in der Schweizer Politik.

Ich würde sagen, es gibt sogar noch eine dritte Ebene, so die empfundene Neutralität in der Bevölkerung.

Ein was schon mythischer Begriff, irgendwie nicht.

Ja, ich denke, die Neutralität ist über viele Jahre gewachsen.

Sie wurde eigentlich zur Identität, ein Identitätsmarkt,

mehrmals in der Schweiz gehört in einem gewissen Sinne zu der nahe dieses Landes.

Das erklärt sich auch in den sehr hohen Zustimmungsraten der Bevölkerung,

ohne dass man die Neutralität jetzt hinterfragen würde.

Aber vielleicht dann gleich mal sehr blauäugig oder auch provokant gefragt.

Braucht es die Neutralität denn in der Schweiz?

Also ich glaube, die Neutralität, das ist meine persönliche Ansicht, ist heute überholt.

Denn letztlich geht es ja um die Frage,

was müssen wir tun, damit wir die Sicherheit in diesem Lande gewährleisten können,

damit wir dieses Land vom Krieg verschworen können, oder?

Und jeder Mann weiß, dass wir das heute im Alleingang nicht mehr machen.

Die Neutralität verbietet es uns, aber Bündnisse rechtzeitig abzuschließen.

Man kann das nicht vorgängig wirklich planen.

Und so kann sich eigentlich heute in einem komplett veränderten europäischen Umfeld,

wo wir umgeben sind von NATO-Staaten, der amerikanische Botschaft trage kürzlich gesagt,

die Schweiz ist zwar nicht, oder?

Also ein Gebeck mit einem Loch in der Mitte und wir müssen dafür sorgen,

dass dieses Loch nicht Einfass-Tor für fremde Angriffe bieten könnte, oder?

Also aus meiner Sicht ist die Heute überholt, aber sie ist immer ein Mythos

und das ist auch eine Realität.

Eben, da liegt ja ein ziemlicher Gegensatz einerseits überholt,

auf der anderen Seite in der Bevölkerung doch sehr, sehr stark verankert.

Wie müsste man das auflösen können, wenn man sagen würde,

okay, dann müsste man wirklich den Begriff der Neutralität etwas herunterstufen?

Ja, also ich denke, man kann einfach von Neutralität sprechen,

und man kann auch von Neutralität von Fall zu Fall sprachen,

sprechen, wie das andere Länder normalerweise handhaben.

Ich erinnere daran, zum Beispiel die USA, die waren neutral vor dem Zweiten Weltkrieg

und erst durch Pearl Harbor, dem japanischen Angriff,

gab die USA die Neutralität auf und ist dann in den Krieg eingetreten, oder?

Also auch eine sehr ausgewählte Form der Neutralität in einem gewissen Sinne,

und da möchte ich noch auf einen anderen Krieg zu sprechen kommen,

den Angriff Kriegs Russlands auf die Ukraine.

Besonders seit diesem Konflikt wird in der Schweiz heftig darüber diskutiert,

wie die Schweiz denn neutral zu sein hat.

Was ist so anders an diesem Konflikt, dass diese Diskussion derart emprannt ist?

Nun, seit dem Zweiten Weltkrieg waren eigentlich fast alle Kriege,

waren Stellvertreterkriege oder Massive Wars,

kamen häufig aus Bürgerkriegsähnlichen Situationen heraus,

und der Angriff Russlands vom 24. Februar 2022 ist eigentlich

der erste klassische Angriffskrieg, seit Deutschland 39 Polen überfallen hat.

Und dieser Angriff ist nach dem heutigen Völkerrecht der UNO-Harta

ganz klar eine Rechtsverletzung oder verletzt die internationale Ordnung,

und das erklärt auch, weshalb die internationale Gemeinschaft eigentlich

so klar und dezidiert reagiert hat auf diesen Angriff.

Das erklärt eigentlich auch, weshalb heute die westlichen Staaten

die Ukraine wirklich in dieser Masse unterstützen.

Und woher kommt dann diese Diskussion über die Neutralität in der Schweiz da?

Nun, die Schweiz steht eben einmal mehr abseits, oder?

Also seit dem Zweiten Weltkrieg haben ja immer andere für uns unsere Werte verteidigt.

Es waren die russischen Soldaten, es waren die alliierten Soldaten,

die Amerikaner, die Engländer, die haben unsere Freiheit verteidigt

und wir haben da nicht viel dazu beigetragen oder wir haben davon profitiert

und wir haben Astrid-Brettfahrer, konnten wir hier mitmachen und hier ist es wiederum gleich, oder?

Und der Neutrale, das kann man schon beim Machiavelli nachlesen,

der steht eigentlich immer auf der falschen Seite,

denn wenn der Angreifer den Krieg gewinnt, oder?

Dann ist es ihm gleich und wenn der Verteidigeren Krieg gewinnt,

dann wird man den Neutralen eigentlich als Verräter bezeichnen, oder?

Und das ist ja auch so passiert nach dem Zweiten Weltkrieg,

da hatte die Schweiz eine sehr schwierige Zeit,

sie wurde eigentlich geächtet, weil sie eben ihren Beitrag zur Besiegung von Hitler nicht wirklich geleistet hatte.

Denkst du, man versteckt sich auch ein Stück weit hinter dem Begriff Neutralität?

Ja, ich denke schon, also in der Schweiz war natürlich die Neutralität dann lange ein Geschäftsmodell, oder?

Es sollte Voraussetzungen schaffen, damit man mit allen gleichermaßen Geschäfte machen kann.

Das sehen wir heute auch, wenn es etwa um China oder um Russland geht,

oder welche Kreise die Kreise, die die Neutralität hochhalten,

sind auch die Kreise, welche mit diesen autoritären Ländern Geschäfte machen wollen.

Jetzt im Nachgang zum Start dieses Angriffskrieges wurde eben viel diskutiert.

Man hat viele verschiedene Worten gehört. Eines davon, das mir geblieben ist, war Ignacio Cassis,

der am WEF gesagt hatte, nach diesem Angriff gibt es keine neutrale Haltung mehr.

Das hat mich damals sehr erstaunt, das so zu hören.

Hören wir doch kurz in seine Rede, die er da gehalten hat.

Gegenüber der brachialen Verletzung fundamentaler Werte, die auch unsere Werte sind,

gibt es grundsätzlich keine neutrale Haltung.

Passivität toleriert den Rechtsabbruch und kann dem Aggressor in die Hände spielen.

Deshalb steht die Schweiz mit den Ländern zusammen,

die diesem Angriff auf die Grundfesten der Demokratie nicht tatenlos zuschauen.

Diese kooperative Neutralität entspricht der Schweiz.

Kooperativ als neutrales Land, das sich für die Stärkung eigener und gemeinsamer Grundwerte einsetzt.

Kooperativ als neutrales Land, das sich für die Sicherung eigener und gemeinsamer Friedensbemühungen einsetzt.

Kooperativ als neutrales Land, das sich für eine regelbasierte und stabile Sicherheitsarchitektur einsetzt,

die nur multilateral entstehen kann.

Herr Cassis spricht hier von der kooperativen Neutralität.

Ist das Neutralität?

Cassis hat hier ein Konzept entwickelt, auch in einem Bericht, das eigentlich mit der UNO-Harta verträglich wäre.

Aber der Bundesrat hat das nicht akzeptiert und wollte hier keine Änderungen.

Die Ansage hier ist eigentlich überzeugend und herrend, aber wenn man dann auf die Taten schaut des Bundesrates,

dann sieht das ganz anders aus.

Also der gleiche Bundesrat, der hier die kooperative Neutralität anpreist.

Der gleiche Bundesrat verbietet auch Drittstaaten verkaufte Waffen auf der Schweiz in der Ukraine einzusetzen.

Geschweige denn, dass wir selber Kriegsmaterial zur Verfügung stellen, oder?

Und wir sind hier an einem Punkt in der Ukraine, wo man seine Werte, seine Freiheit mit der Waffe verteidigen muss, Punkt, oder?

Und dazu ist die Schweiz nicht bereit, oder?

Also es hat sehr viel Rhetorik hier in diesem Begriff.

Ich denke, Herr Cassis hat sich bemüht, in die richtige Richtung zu gehen, aber der Gesamtbundesrat will das nicht.

Gehen wir in etwas noch konservativere Kreise, die die Neutralitätsinitiative lanciert haben.

Das sind ein Verein unter anderem rund um SVP-Vordenker Christoph Blocher und er hat eine ziemlich klare Vorstellung, wie die Neutralität denn zu sein hat.

Auch hier sehen wir uns ein kurzes Video an.

Was ist die Schweizerische Neutralität? Sie ist immer während bewaffnet und absolut, oder wie die Fachleute sagen, integral.

Also immer während, bewaffnet und absolut. Stimmst du dieser Definition zu?

Also ich habe ja den historischen Kontext bereits dargelegt und das geht auf eine Zeit zurück, wo die europäischen Mächte eine Interesse hatten, dass die Schweiz eine eigene Armee aufbaut, oder?

Das war eigentlich auch die Initialzündung für den Bundesrat, wenn man das längerfristig anschaut, damit keiner der europäischen Mächte auf diesem Territorium einen Vorteil erlangt.

Und diese Konstellation ist ja heute überhaupt nicht mehr vorhanden im Gegenteil, oder? Wir sind umgeben von einem Bündnis, das die gleichen Werte verteidigt, wie wir selber auch, oder?

Wenn ihr jetzt aber diese Neutralitätsinitiative Erfolg hat, also genau dieser Punkt in die Verfassung zu schreiben, was hätte das für Konsequenzen für die Schweiz?

Also erstens einmal würde die Neutralität von einem flexiblen Instrument der Außenpolitik zu einem Grundsatz unserer Außenpolitik, oder, wie sie in Artikel 54 der Bundesverfassung aufgeführt sind, und sie würde dann etwas so stark, wie sie heute vom Nationalkonservativen Bundesrat gehandhabt wird, nämlich also eine Sturemaxime, oder?

Aber der wichtigere Punkt an dieser Initiative ist das Verbot von Wirtschaftssanktionen. Also man dürfte die Schweiz dafür heute keine eigenen Sanktionen erlassen, oder sie, die Leute, die die Schweiz immer als souverän darstellen, oder die wollen nicht, dass die Schweiz eigene Sanktionen macht, wir haben das mit China durchgespielt, oder?

Auch, und die Initiative will, dass man auch den Sanktionen der EU nicht folgen darf und den Sanktionen der USA. Und dahinter steht natürlich die Neutralität als Geschäftsmodell, oder? Und es ist kein Zufall, dass Herr Blocher das propagiert, der in China und Russland Geschäfte macht, oder?

Also das ist ein Vorwand, um das Geschäftsmodell zu retten, aber die Wirklichkeit wäre dann, und das ist sehr wichtig zu betonen, eine solche Verfassungsbestimmung lässt sich nicht durchsetzen, nicht umsetzen, denn wenn wir die EU-Sanktionen und die amerikanischen Sanktionen nicht befolgen dürfen, dann werden diese Sanktionen sich gegen die Schweiz richten, oder?

Und dann wird man, wie bereits mit dem Hot-Cylinder-Abkommen im Jahr in den 50er-Jahren, wird man alles unter dem Deckel machen müssen.

Was ist das Hot-Cylinder-Abkommen?

Das Hot-Cylinder-Abkommen war ein Geheimabkommen der neutralen Schweiz mit der amerikanischen Regierung, dass wir in die Sowjetunion keine kriegsrelevanten Material- und Technologien liefern. Das finden Sie in keinem Dossier, in keinem Erlass. Man hat das wegen der Neutralität unter dem Tisch machen müssen, und so würde es auch in Zukunft sein, wenn wir eine solche Verfassungsbestimmung hätten.

Also Geheimabkommen, die man irgendwie mauschelnd aushandeln muss und nicht?

Die Schweiz kann es sich nicht leisten, den Marktzugang in die EU und in die nach Amerika zu verlieren, oder? Sie haben das jetzt am letzten Wochenende gesehen mit der Bankfusion. Das sind unglaublich starke Verbindungen da und die lösen dann auch entsprechende Drucken aus, oder?

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt in Spiel bringen, nämlich die Position der Schweiz-Hals-Vermittlerin in einer neutralen Position. Das ist ja ein Bild, das man auch immer wieder sieht. Wir sind neutral, also können wir zwischen zwei Parteien gut verhandeln, gerade wegen dieser Neutralität.

Man denkt an die Politik der guten Dienste, die da immer wieder genannt wird. Ist es denn nicht logisch, dass wenn wir uns von einer Neutralität verabschieden, wir uns auch von dieser Vermittlerrolle verabschieden müssen?

Keineswegs. Also ich nehme immer das Beispiel von Norwegen, dass im Palästina-Konflikte mit den Oslo-Abkommen vielmehr gemacht hat, als die Schweiz je zusammengebracht hat. Norwegen ist ein NATO-Mitglied, oder? Und ist nicht neutral.

Und hat vielleicht dadurch auch sogar ein gewisses stärkeres Gewicht. Die Schweiz ist isoliert alleine und was man in der Schweiz vor allem schätzt, sind natürlich die Treffen auf Engenv, oder auf sogenannt neutralem Grund, aber das ließe sich auch weiterführen, wenn die Schweiz ihre Neutralität aufgibt.

Ich denke letztlich hängt die Neutralität davon ab, wie stark sie von den anderen als nützlich erachtet wird, oder?

Und ich denke, man wird die Schweiz als Anbieterin von Treffen auf neutralem Grund und so weiter, wird man weiterhin schätzen, aber es ist nicht nötig, dass sie wirklich als neutral zwischen den einzelnen Blöcken sich positioniert, was hier auch nicht ist.

Ein westisches Land, die Schweiz kooperiert militärisch durch Partnership-Piss, nur mit der NATO, sonst mit jemandem und das schließt alles gute Dienste nicht aus.

Letztlich ist das eine Frage, wie viele Ressourcen man in ein Dossier hineinstecken will und wenn die Schweiz finden, wir wollen das machen, wir können das machen, das wird sie auch tun können, ohne dass sie neutral ist.

Diese ganzen Diskussionen rund um die Neutralität in der Schweiz, die findet hier statt, die beeinflusst uns alle, aber das beeinflusst ja wahrscheinlich auch das Verhältnis von der Schweiz zu anderen Staaten.

Wie siehst du denn diese Beeinflussung gerade vielleicht auf die Beziehung der Schweiz zur EU?

Einleiten ist zu sagen, dass die Schweizerische Neutralität immer dazu geführt hat, dass wir zu spät kommen oder wir konnten nicht wegen der Neutralität der UNO beitreten, das hat sich dann geändert, dann hat man hier gesagt, wir können nicht in die UNO wegen der Neutralität.

Wir haben das Gleiche, hat man unter der sogenannten Neutralitätspolitik der 50er Jahre, der sogenannten Pinschädlerdoctin, hat man gesagt, wir können nicht der EWG beitreten oder wir können auch nicht Bretton Woods beitreten, wir können nicht dem Gald beitreten und wir haben alles immer erst mit grosser Verspätung gemacht.

Das ist der Preis, den wir bezahlen. Wir kommen mit die alte Fastnacht hinten hinein oder.

Und heute ist es so, dass wir auch in der europäischen Integration mit die alte Fastnacht hinten nachhinken oder.

Und die Haltung des Bundesrates Deutschland, Spanien, Dänemark zu verbieten, nicht zu erlauben, dass sie ihre Waffen, die sie von uns gekauft haben, an der Ukraine zur Verfügung stellen,

das hat das Verständnis für die Schweizer Neutralität massiv beeinträchtigt. Es hat aber auch den Goodwill gegenüber unserem Land massiv beeinträchtigt.

Und auch wenn man kein Jungteam macht zwischen dem und den bilateralen Verhandlungen, ist ganz klar, dass das sich negativ auf die Stimmung ausschlägt.

Und das spielt ja dann auch eine Rolle über die EU hinaus, also auch die Schweiz im Verhältnis zu allen anderen Staaten.

Ja, es spielt vor allem eine Rolle in Bezug auf die Beziehungen in Europa.

Es ist denkbar, dass die Länder in Asien, in Afrika, in Lateinamerika, dass sie mehr Verständnis haben für die Schweizer Neutralität, weil sie nicht so direkt betroffen sind.

Es gibt ja auch viele Staaten, die sich heute in der Ukraine negativ, also neutral, verhalten de facto.

Und es kann durchaus sein, dass in Bezug auf diese Länder die Neutralität unter gewissen Konstellationen weiterhin einen Sinn machen könnte.

Aber in Bezug auf unsere europäischen Nachbarn und Partner hat sich die Lage sehr stark verändert.

Und nun zum Schluss hätte ich noch zwei Fragen. Du sagtest zuvor, die Neutralität ist für dich überholt.

Wie müsste die Schweiz denn heute dastehen für dich?

Also ich gehe das Problem von der Sicherheitspolitik an. Die Frage ist, was müssen wir tun, damit unser Land von künftigen Kriegen und Angriffen verschont werden kann.

Und das geht nicht nur um militärische Angriffe, das sind Cyber-Angriffe, das sind Angriffe auf die Infrastruktur, auf die Wirtschaft und so weiter.

Und jeder Mann weiß, dass wir heute das nicht mehr allein tun können. Auch Länder wie Deutschland können das nicht allein tun.

Das geht nur im Verbund, oder? Der Krieg beginnt nicht erst, wenn Truppen über die Grenze kommen, oder?

Und wenn dem so ist, dann muss man Vorbereitungen treffen können, man muss kooperieren können.

Und das können wir nicht mit der Neutralität. Die Neutralität lässt das erst zu, wenn ein Kriegszustand herrscht.

Und das ist definitiv immer zu spät. Also wenn es den Leuten ernst ist, das Land wirklich verteidigen zu können, dann braucht es dazu ein Bündnis.

Und deshalb haben wir heute die Diskussion mit der NATO. Und in diesen Diskussionen wird sich zeigen, ob man die Schweiz unterstützen will,

ohne dass wir unsererseits eigentlich eine Beistandsverpflichtung eingehen würden. An dem wird sich der Schicksal der Neutralität entscheiden.

Denn mit einer Beistandsverpflichtung ist die Neutralität ganz sicher nicht mehr vereinbar.

Und ganz zum Schluss, wenn die Schweiz jetzt aber an einer Neutralität festhält, weil sie sehr gut verankert ist bei den Leuten,

wie sieht eine fortschrittliche Neutralität in deinen Augen aus, die die Schweiz gehen kann?

Also ich respektiere, dass die Leute am Mythos der Neutralität hangen. Ich würde einfach sagen, specken wir die Neutralität ab,

sprechen wir von Neutralität, die wir situativ einsetzen können, wenn es unseren Interessen dient.

So wie das alle anderen Länder weltgerechtig auch machen können.

Aber wir müssen auf diese immerwährende Neutralität, müssen wir verzichten.

Danke vielmals, Thomas Kutje, für diese sehr spannenden Gedanken.

Besten Dank.

Ja, und euch möchte ich herzlich danken fürs Interesse. Wenn ihr diese Episode wirklich spannend fandet,

dann teilt sie doch auf allen Kanälen und erreicht möglichst viele Leute, wo ihr denkt, doch die Leute, die könnte das interessieren.

In diesem Sinne, herzlichen Dank.

Wir müssen reden. Public Eye spricht Klartext.

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Nicht erst seit dem Krieg gegen die Ukraine bröckelt das Verständnis für eine sture Auslegung der Schweizer Neutralität. Geht es beim Mythos Neutralität nur noch um die Verteidigung eines Geschäftsmodells – oder steckt doch mehr dahinter? Thomas Cottier, Professor für Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht scheut sich nicht davor mit Nico Meier Klartext zu sprechen. 

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 📰 Impressum

Produktion: Public Eye https://www.publiceye.ch/de/ 

Moderation: Nico Meier https://www.audon.ch/ 

Gast: Thomas Cottier, Professor für Europa- und Wirtschaftsvölkerrecht am World Trade Institute der Universität Bern 

Kamera & Schnitt: Planfilms https://planfilms.ch/ 

Jingle & Sound Design: Julien Matthey https://julien-matthey.com/ 

Studio: https://podcast.elitia.ch/ 

Rede von Ignazio Cassis: FM1 Today, 24.05.2022, https://www.fm1today.ch/schweiz/ignazio-cassis-definiert-die-neutralitaet-neu-und-setzt-damit-eine-lange-tradition-fort-146616829

 Rede von Christoph Blocher: Pro Schweiz, 15.10.2022, https://www.youtube.com/watch?v=pY7Z40z4Tvg