Apokalypse & Filterkaffee: Heimspiel: Susanne Glass

Micky Beisenherz & Studio Bummens Micky Beisenherz & Studio Bummens 10/15/23 - Episode Page - 45m - PDF Transcript

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Guten Morgen, lieber Wolfgang.

Guten Morgen, lieber Miky.

Ich weiß momentan gar nicht, wie man die Stimmung irgendwie noch so hochhalten soll.

Also ich habe gerade mit Oliver Polak gesprochen, dessen Hund ist gestorben.

Also das ist schon mal das ganz individuelle Persönliche.

Und darüber haben wir ja noch das globale Thema, das Olli in gewisser Hin sich ja auch berührt.

Aber darüber macht er sich momentan nur sekundär Gedanken, die Vorgänge in Israel und das,

was da passiert, was uns glaube ich alle extrem ums malen Neutral zu beurteilen,

beeindruckt auf die eine oder andere Art, das ist echt, also ich habe ja auch viele

jüdische Freunde und Freundinnen, mit denen ich ja auch in Kontakt stehe und die Frage,

wie es denen geht und so und sie natürlich alle erschüttert.

Ich weiß nicht, wie es dir mit der ganzen Angelegenheit geht gerade.

Ich habe mir auch überlegt, es gibt so wenige Momente im Leben von uns allen,

wo quasi über Nacht alles anders geworden ist.

Also so ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.

Mir ging es so beim Brexit, ich bin aufgewacht und Großbritannien war draußen aus Europa.

Mir ging es extrem so, als Trump Präsident wurde.

Und ich irgendwie, eigentlich wie alle von uns geahnt habe, dass das alles ganz furchtbar wird.

Mir ging es auch bei Putin's Krieg gegen die Ukraine so, obwohl es ja dieser Truppenaufmarsch war ja

die Ankündigung des Krieges.

Also richtig überraschend kam das nicht mehr.

Aber das jetzt fand ich total schockierend.

Also Gaza, Israel, der Ausmaß des Terrors, keiner von uns hatte, das glaube ich auf dem Schirm.

Ja, also wir haben uns ja in gewisser Hinsicht immer an diese existenzielle Bedrohung Israel jetzt gewöhnt,

weil das mal Raketen rüberflogen nach Tel Aviv und dann der Iron Dome das Ganze abgefangen hat.

Das kannten wir ja alle und so setzte wie das Israel bedroht ist umzingelt von Feinden.

Da hat man gesagt, ja, ja klar, aber man winkt dann auch ab und sagt, das kennen wir schon.

Man gewöhnt sich ja an so vieles und sagt ja sicher, das ist alles ganz schlimm, aber ihr kommt schon irgendwie klar.

Und dann passiert das, was da passiert ist und das Ganze reift im Laufe der Tage auch noch nach,

wenn man sich den ganzen Schrecken quantitativ und qualitativ, wenn man sich mit dem auseinandersetzt

und dann sitzt du da und denkst, das kann nicht sein, das kann nicht wahr sein.

Ich fand zwei Dinge neu auf eine ganz fürchterliche erschreckende Art und Weise neu.

Das eine war wirklich das Ausmaß des Terrors begangen von der Hamas.

Und das zweite war dieses Komplettversagen eines Geheimdienstes, von dem ich immer dachte,

das ist der Mitabstandbeste der Welt.

Also wie die ein solches Kommando unternehmen, das über Monate, wenn ich Jahre vorbereitet wurde,

komplett verschlafen und verpennt haben, ist mir ein Rätsel unterzukommt.

Also was ich gehört habe, auch von Menschen aus der Region, beispielsweise auch von Susanne Glass,

mit der ich ja gestern den Podcast aufgezeichnet habe,

das wird nochmal sehr auf Herrn Netanyahu zurückfallen, weil der in Israel natürlich auch für eine Stimmung verantwortlich ist,

wo dieses zerrissene Land sich nur noch um sich selbst gedreht hat ein Stück weit

und die äußere Bedrohung und speziell die Bedrohung aus dem Süden völlig hintangestellt hat.

Naja, genau.

Also Israel war in den letzten Wochen und Monaten in erster Linie dafür bekannt,

dass hunderttausende auf die Straßen gegangen sind, um gegen die rechte Regierung zu protestieren,

gegen den Umbau des Systems.

Du hast es gerade schon gesagt und die Regierung Netanyahu, wenn ich Netanyahu selbst, hat ja auch gesagt,

wir waren zuletzt mit zu viel Blödsinn beschäftigt.

Das war das, was ich als Zitat mitbekommen habe.

Den Blödsinn, den er selbst angerichtet hat.

Den Blödsinn, den er selbst angerichtet hat und jetzt haben wir die Situation, die wir gerade vorfinden

und du hast so seine Glas gerade schon angesprochen.

Sie ist Expertin, sie ist Korrespondentin für die ARD, wenn ich mich nicht irre, ist das richtig?

Sie war lange bis Ende 2021 ARD Fernsehkorrespondentin in Tel Aviv,

ist jetzt Auslandschefin beim Bayerischen Rundfunk, zuständig für Fernsehen und Hörfunk.

Ist natürlich auch persönlich emotional sehr betroffen, weil sie einfach noch viele Freunde in Israel hat.

Im Übrigen auch viele Leute, die Palästinenser sind und die ja nun in Gaza in einer schrecklich

ausweglosen Situation sind.

Übrigens auch viele Palästinenser, die mit der Hamas überhaupt gar nichts anfangen können,

die zum Teil selbst von der Hamas bedroht und verfolgt werden.

Und jetzt in dieser unfassbar schwierigen Lage sind, zu wissen, die Bomben werden fallen

und gleichzeitig zu wissen, wir wissen nicht, wo wir hingehen können.

Ja, dann Gespräch mit Susanne Glas, das hören wir jetzt.

Danke Wolfgang.

Alles Gute.

Es ist Sonntag, der 15. Oktober.

Sie ist die Auslandschefin des Bayerischen Rundfunks und des Bayerischen Fernsehns.

Sie war lange bis Ende 2021 die ARD-Fernsehkorrespondentin in Israel und sie ist heute in diesen Tagen

von Terror und Krieg unsere Gesprächspartnerin.

Herzlich willkommen Susanne Glas.

Hallo, ich freue mich.

Frau Glas, wir zeichnen Donnerstag auf, gehen drei Tage später am Sonntag online und wissen

also nicht, ob Israel die Bodenoffensive gestartet hat, ob die Hisbollah möglicherweise eine

zweite Front im Norden von Israel aufgemacht hat und vor allem, was mit den Geiseln ist.

Womit rechnen Sie persönlich?

Was ich definitiv weiß, ist, dass was jetzt passiert ist, eine Zessur ist in der israelischen

Geschichte.

In der Geschichte eines Staates, der vor 75 Jahren gegründet wurde, nach der Shoah, um

den Jüdinnen und Juden eine sichere Heimat zu geben und ob sie es glauben oder nicht.

Ich habe ja relativ lange dort gelebt.

Natürlich war dieses Sicherheitsgefühl immer schon äußerst labil, ganz klar dieses Leben

in mitten von Feinden, umgeben von Feindesländern, aber man hat sich in Israel immer darauf verlassen,

dass Militär und Geheimdienst die Lage unter Kontrolle haben und mit dem, was jetzt passiert

ist.

Am vergangenen Samstag, am Simchat Torah, einem jüdischen Feiertag, dass Terroristen der

Hamas in so großer Zahl ins Land kommen konnten, Geiseln nehmen konnten, hunderte Menschen

massakrieren konnten, das ist eine Zessur in der israelischen Geschichte und die wird

noch lange psychologische Folgen haben und die politischen sind noch nicht absehbar.

Also, dann gehen wir doch noch mal auf den Sonntag die Bodenoffensive, die wird kommen,

das ist abzusehen, wann die Israelis da reingehen.

Das ist überhaupt nicht abzusehen, aber wenn ich jetzt meine Einschätzung abgeben muss,

dann würde ich sagen gar nicht ganz so schnell, weil, was wir ja immer wieder berichten, ist

Gaza-Strafen 365 Quadratkilometer groß, 2,3 Millionen Einwohner.

Da wuselt es vor kleinen Kindern, das ist eine, da gibt es ein Häusermeer, in diesem Kampf

wollen die Israelis ja seit Jahren nicht hinein, diesen Bodenkampf haben sie vermieden.

Ich glaube, es wird jetzt erst mal noch gebompt, gebompt, gebompt so dramatisch und schlimm,

das ist, bis man vielleicht eher weiß, dass viele Menschen den Gaza-Streifen schon verlassen

haben, dass die Infrastruktur der Hamas so nicht mehr steht, bevor man mit Bodentruppen

hineingeht.

Und auf der anderen Seite darf man nicht vergessen im Norden der Lebanon, die Hisbollah.

Auch da wird ja im Moment partiell hinüber gebompt, um von dort erst mal zu vermeiden,

dass da nicht die zweite Flanke aufgemacht wird.

Ja, was die Bomben auf Gaza angeht, Frau Glass, das wird ja für die Geiseln aller Wahrscheinlichkeit

nach fürchterlich.

Die Hamas hat angekündigt für jeden Bombenangriff, eine Geisel zu exekutieren und das auch noch

im Internet zu übertragen.

Das darf man sich überhaupt nicht vorstellen.

Und ich war ja selber sehr oft in Gaza und ich habe mir immer gedacht, ich gehe nur

so lange hinein, wo ich sicher sein kann, dass die Hamas es noch so einigermaßen, wie

soll ich sagen, versucht die Fassade einer Regierungspartei aufrecht zu erhalten und

keine Geiseln zu nehmen, zwar auch mein persönlicher Horror, die Vorstellung als Geisel der Hamas

zu enden.

Also man darf sich das nicht vorstellen und man muss dazu auch wissen, dass gerade für

Israelis, für Jüdinnen und Juden es unheimlich wichtig ist, alle, die als Geiseln verschleppt

wurden, zurückzubringen, am liebsten natürlich lebend, aber auch die sterblichen Überreste.

Das ist für die Israelis ein ganz ganz großes Dilemma, ich glaube aber trotzdem, dass

im Moment der Schock über diese Größe des Überfalls überwiegt und man jetzt massiv

gegen die Hamas vorgehen möchte und deshalb, so zynisch es klingt vielleicht ehrenkaufen nimmt,

dass Geiseln dabei sterben können.

Die ganze Welt war überrascht, als dieser Terror losgegangen ist mit diesen dramatischen

Folgen, die ja in der Geschichte Israels Beispiel los sind und waren.

Frau Glas, Ihre allererste Reaktion, wie sah die aus an diesem Samstagvormittag, als Sie

davon erfahren haben, was los ist und was passiert ist?

Die allererste Reaktion war ja wie bei vielen Israelis, ich kriege ja immer noch den Alarm

aufs Handy, dass eben wieder Alarm war, Hamas schießt Raketen auf Israel und das war eher

Business as usual, da dachte ich, okay gut, da gibt es jetzt halt mal wieder Raketen

und soll mir die meisten Israelis reagiert als dann zu hören, war das der Grenzzaun, diese

massive Anlage, wo alle immer gedacht haben, da kommt ja eigentlich keine Fliege durch

und maximal mal ein Mensch, wenn überhaupt, und dann steht da die ganze Armee und stoppt

ihn, dass der an so vielen Stellen aufgebrochen werden konnte, dass so viele Kämpfer da waren.

Das konnte ich mir persönlich gar nicht vorstellen und ich habe es auch mitbekommen an all meinen

Freundinnen und Freunden in Israel, die haben zuerst geschrieben, ja ja, mal wieder Raketenalarm

und jetzt sind die so geschockt, diese Menschen, die sind regelrecht traumatisiert.

Ihr Job, Frau Glas, war natürlich in diesen Stunden auch, die Berichterstattung für die

ARD zu koordinieren, als Auslandschefin des Bayerischen Fernsehens in diesem Fall auch.

Das Problem war, dass der Studioleiter nicht in Tel Aviv war, sondern in München was passieren

kann, aber was natürlich zur Folge hatte, dass eine relativ junge Kollegin dann die

ganze Last der Berichterstattung auf ihren Schultern hatte.

Ja, aber jeder und jede, die nach Israel geht, um von dort zu berichten, weiß theoretisch,

dass das auf jeden Korrespondentinnen, jeden Korrespondent zukommen kann und so viel von

der dann, finde ich, die hat das dann auch wirklich sehr gut gemacht, weil sie unerschrocken

hingegangen ist und unerschrocken berichtet hat. Nichtsdestotrotz mussten wir sie von hier aus

immer wieder bremsen, weil wir natürlich sagen, die Sicherheit unserer Mitarbeiter hat Priorität.

Wenn man eine Sicherheitsfirma jetzt auch angeheuert in Israel, die uns vorher eine

Abschätzung gibt, wo kann man hin und dann auch bei den Drehs dabei ist. Also wir lassen unsere

Leute jetzt nicht überall einfach mal ins Land fahren, egal, wie es da aussieht.

Kann man denn unter Sicherheitsaspekten einen Reporter oder eine Reporterin nach Gaza reinschicken?

Naja, also im Moment sicher erstmal auch schon deshalb nicht, weil Grenze zu ist. Also sie kommen

mit Sicherheit nicht rein. Wenn es reingeht und da denken wir ja schon drüber nach, dann wird

es von Ägypten aus sein, von Rafa, wenn der Grenzübergang aufgeht. Das sind wir ja früher

auch immer mal wieder reingegangen. Am letzten Gaserkrieg ist ein Kollege über Rafa rein,

aber im Moment würde ich niemanden in den Gassastreifen schicken, ganz ehrlich gesagt. Wir

haben aber natürlich Leute vor Ort, die seit vielen Jahren palästinensische Mitarbeiter und

Mitarbeiterinnen, die für uns berichten und dieses Team, das gibt es ja noch im Gassastreifen.

Sie haben vorhin gesagt, wie schockiert sie waren, als ihnen das Ausmaß dieser Katastrophe

klar geworden ist, ausgehend davon die Kernfrage, die sich letztlich alle Stellen ist, die wie

konnte es passieren, dass Israel in diesem Zustand völliger Ahnungslosigkeit und Hilflosigkeit mit

diesem Grauen konfrontiert wurde. Oder andersrum, wie groß muss das Versagen der Sicherheitskräfte,

der Geheimdienste und im Übrigen auch der Regierung gewesen sein? Das ist ein riesiges Versagen

und das wird noch aufgearbeitet werden. Ich bin mir absolut sicher. Jetzt will

es ja im Moment keiner beantworten. Also diese Fragen lässt man zu. Die werden ja nicht nur vom

Ausland gestellt, sondern die stellen ja die israelischen Kolleginnen und Kollegen ganz,

ganz laut und wir hören dann alle vom Militärsprecher und auch von der Regierung. Ja, ihr habt

alle ganz recht, aber jetzt konzentrieren wir uns erstmal auf den Krieg und danach wird das

aufgearbeitet. Übrigens, viele haben ja parallelen gezogen zum Yom Kippur Krieg, fast genau vor 50

Jahren, als Israel auch überrascht wurde an einem Feiertag und von zwei Fronten angegriffen wurde

und dieser Yom Kippur Krieg, den die Israelis dann gewonnen haben und zwar überragend

gewonnen haben, wurde im Nachhinein auch aufgearbeitet und ein halbes Jahr später nach

Beendigung musste Golda Meir, die damals Regierungschefin war, zurücktreten. Also ich

glaube, da kommt schon noch einiges auf uns zu. Aber die Frage, die sie gestellt haben, ist ja,

wie konnte das geschehen, wenn wir da vielleicht mal drauf eingehen? Ich glaube,

da gibt es ganz, ganz viele Punkte, die man ansprechen muss, warum das überhaupt möglich war,

dass die Hamas diesen Überraschungsangriff jetzt starten konnte. Die wichtigsten Punkte,

Frau Glas? Also ich glaube, die Hamas hat in den vergangenen zwei Jahren darauf gezielt

hingearbeitet und sie hat ein freundliches Gesicht gezeigt. Sie hat den Israelis vermittelt, dass

sie auf dem Weg sei, doch eine ernstzunehmende oder eine Partei zu sein, die gerne ernst genommen

würde von der Welt und der es vor allem darum geht, den Gassastreifen und seine

Zivilbevölkerung wirtschaftlich am Überleben zu halten. Und offenbar hat man ja dann aber

hinter den Kulissen schon an diesem Überfall gearbeitet. Also das ist der eine Punkt. Der

andere Punkt ist, dass Israel, was wir alle wissen, extrem mit sich selbst beschäftigt war in der

Innenpolitik, diese umstrittene Justizreform der rechtsnationalen, ultra religiösen Regierung,

mit der auch Netanyahu versucht hat, sich gegen die Korruptionsverfahren zu schützen, die zu

Demonstrationen geführt haben von Millionen Menschen gegen die Regierung. Das hat natürlich zur

Folge gehabt, dass man somit sich innenpolitisch beschäftigt war, dass man nicht mehr so sehr

nach außen geschaut hat. Auch Teile von Militär und Geheimdienst haben sich ja von der Regierung

mehr oder weniger losgesagt. Viele Reservisten haben damals angekündigt, dass sie nicht mehr

zum Dienst erscheinen, wenn das so weitergeht mit der Regierung. Also die hat Maas hat schon

gemerkt, da ist gerade eine Regierung, die hat andere Probleme als mit uns. Und was ich einen

ganz extremen Punkt finde, ist, man hat über viele Jahre die ganze Palästinenserproblematik

extrem vernachlässigt. Ich habe immer wieder gehört, wir werden diesen Konflikt schon managen. Wir

kontrollieren den Konflikt. Aber wir lösen, wissen wir nicht, haben wir gar kein Interesse mehr,

müssen wir auch nicht stand dahinter. Und man hat gar keine Ansätze mehr gemacht, den Konflikt mit

dem Palästinenz und zu lösen. Das fällt jetzt der Regierung auf die Füße. Möglicherweise kommt

noch ein weiterer Punkt dazu. Die israelische Regierung oder auch die israelischen Sicherheitsdienste

haben sich sehr auf den Norden von Israel spezialisiert im Hinblick auf die besetzten Gebiete,

im Hinblick auf den Schutz der neu gebauten Siedlungen und das eigentliche Kernproblem gar nicht

gesehen. Ja, genau. Man hat ja massiv jetzt auch in den vergangenen Monaten immer wieder

Militäraktionen in dem West-Jonen-Land gestartet. Dort gegen Islamisten und gegen radikale

Palästinenser und hat den Gassastreifen, was die Sicherheitslage betrifft, tatsächlich massiver

nachlässigt. Das ist ganz eindeutig der Fall gewesen. Es bleibt aber trotzdem die große

Ratlosigkeit angesichts eines Geheimdienstes, wie das Mossad. Der Mossad gilt als eine der

besten Geheimdienste der Welt. Der hat jeden Grashalmwachsenhören in Eritrea oder sonstwo

auf der Welt. Und ein solches Kommando unternehmen, das über Monate, wenn nicht Jahre vorbereitet wurde,

man muss ja Tausende von Raketen und Munition irgendwo positionieren. Man muss diese kleinen

Killerkommandos klein im Sinne von zwei oder drei Leute, die damit ihren Motorrädern durchgegangen

sind, entsprechend ausbilden und trainieren. Und keiner hat irgendetwas davon mitbekommen. Ja,

Herr Reim, ich bin genauso ratlos wie Sie. Ich stelle mir diese Frage ständig und ganz Israel

stellt sich diese Frage. Ich habe zu meiner Zeit als Korrespondente noch mitbekommen, dass tatsächlich

auch viele Spione der Israelis im Gaserstreifen waren. Die haben die Hamas infiltriert. Da waren

Leute da, die sind nach Monaten wieder aufgeflogen und haben da wirklich im Gaserstreifen Spezildienste

geleistet. Also wie das sein konnte, dass man da keine Tipps bekommen hat. Ich habe keine Ahnung. Und

das führt jetzt aber auch bei mir zu einer gewissen Verunsicherung. Weil wenn es bisher hieß,

die Israelis bombardieren den Gaserstreifen und bombardieren ganz gezielt militärische

Stellungen der Hamas. Und die Zivilbevölkerung leidet darunter, wenn sie möglicherweise als

menschliche Schutzschilde benutzt wird. Aber die Israelis wüssten ganz genau, wo man in Gaser

bombardieren muss, um einen Hamas-Aktivisten zu treffen. Da habe ich das früher immer geglaubt

und dachte, ja, die haben ja so tolle Informationen. Die werden das schon wissen. Jetzt stellt sich mir

die Frage, wie gut sind eigentlich diese Informationen jetzt auch, wenn man da bombardiert im Gaserstreifen?

Sie haben es vorhin schon angedeutet. Frau Glas, 2,3 Millionen Menschen leben dicht getränkt unter

erbärmlichen Bedingungen in Gaza. Wie groß ist der Anteil der Israelis, der israelischen Regierung,

an eben diesen Lebensbedingungen? Und inwieweit wären sie dann möglicherweise konjunktiv auch

mitverantwortlich für den Hass, der ihnen entgegenschlägt? Also der Gaserstreifen wurde von den

Israelis an die Palästinenser übergeben. Dafür sind die Palästinenser allein verantwortlich.

Die wollten den Gaserstreifen, die Israelis haben, ihnen übergeben. Die Hamas und die Palästinenser

haben bei der Übernahme des Gaserstreifens sehr viel Infrastruktur, die die Israelis gebaut

hatten, zerstört. Also das ist tatsächlich, würde ich mal sagen, die ganz eigene Schuld. Dann aber

haben Israel und Ägypten nicht zu vergessen den Gaserstreifen abgeriegelt und natürlich dafür

gesorgt, dass dadurch die wirtschaftliche Not immer größer wurde. Es gibt doch schon lange viel

zu wenig Strom. Es gibt kaum Wasser. Es gibt viel zu wenig Lebensmittel. Wenn es nicht das

Hilfswerk der Vereinten Notionen gebe, dass den Palästinensern hilft, dass dort Schulen aufbaut,

Kindergärten aufbaut, Nahrungsmittel diesen Menschen bringt, dann wäre das doch nicht mehr überlebensfähig

gewesen, schon längst nicht mehr. Und jetzt sehen wir, dass sich dadurch natürlich auf der einen

Seite die Leute radikalisieren, weil es ihnen so gottverbärmlich geht. Aber auf der anderen Seite

habe ich die Feststellung gemacht, dass sehr, sehr viele in Gaza die Hamas auch hassen. Und mir

tut es wirklich weh, wenn wir jetzt die ganzen Palästinenser mit Terroristen gleichsetzen. Das

darf man auf gar keinen Fall machen. Im Gaserstreifen nach allen Umfragen vielleicht ein Drittel,

das noch hinter der Hamas steht. Aber viele haben die Hamas gehasst, sind von der Hamas abgefallen.

Und ich glaube, Hamas schlägt auch deshalb jetzt so heftig zu, um die eigene Bevölkerung wieder

hinter sich zu bekommen. Das ist ein Teufelskreis auch für die Israelis. Und die Hamas hat ja auch

eigene Leute massakriert. Natürlich. Von der Vatach beispielsweise in der Vergangenheit. Und hat

im Übrigen, wenn ich das so sagen darf, eigentlich nur ein Existenzrecht in Zeiten von Krieg, Terror

und Gewalt. Wenn ein Land befriedet ist, braucht es keine Hamas mehr. Und die Hamas wurde ja auch

im Vorfeld schon unter anderem von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft. Also ganz

klar. Und man hat damals im Innerpalästinensischen Bruderkampf zwischen der eher gemäßigten

Vatachpartei, die im Westjordanland noch herrscht, die die PLO beherrscht, von der auch der offizielle

Palästinenserpräsident Abbas kommt, hat die Hamas bei der Übernahme des Gaserstreifens Leute von

Dächern gestoßen und so weiter. Also die haben die eigenen Leute umgebracht. Das war immer schon

klar. Das sind Terroristen, das sind die Radikalen. Aber wie gesagt, sie haben in den vergangenen

Jahren dann auch sich so ein bisschen den Anschein gegeben, dass sie versuchen würden, eine normale

Partei zu werden. Sie haben ja auch versucht, in den arabischen Staaten da Botschafter zu

entsenden. Aber das war offensichtlich alles Tarnung. Jetzt zeigt die Hamas ihr wahres Gesicht oder hat

es schon gezeigt. Jetzt hat auch Israel angekündigt, die Wasserversorgung abzustellen. Es gibt

kein Strom mehr. Es werden keine Lebensmittel mehr nach Gaser durchgelassen. Wird das den

Hass auf Israel und die Israelis nicht zwangsläufig steigern? Ich glaube schon, dass es den Hass auf

die Israelis steigern wird. Vollkommen klar. Aber es ist auch schwer zu sagen, die Leute wissen auf

der anderen Seite ja auch, dass sie ihre ehrliche Meinung nicht sagen dürfen, weil sie dann

wahrscheinlich gleich umgebracht werden in Gaserstreifen. Aber es gibt schon auch viele jetzt

mit denen ich telefoniere, zu denen ich noch Kontakt habe, die sagen mir, dass sie entsetzt

sind über die Quolltaten, die dort passiert sind und dass sie damit nichts zu tun haben wollen.

Also es gibt schon sehr viele Menschen auch, die sagen, um Gottes Willen, damit müssen wir

Palästinenser jetzt ewig leben, was da passiert ist. Frau Glas, wir reden am Donnerstag miteinander.

An diesem Donnerstag hat Netanyahu, der israelische Premierminister, gesagt,

jedes Hamas-Mitglied wird liquidiert und vernichtet werden. Was bedeutet das konkret?

Kriegs-Rhetorik bedeutet das konkret. Also wenn er wirklich glaubt, dass er das schafft,

ja gut, kann er versuchen, aber Hamas hat Mitglieder in der ganzen arabischen Welt etc. Aber es zeigt

natürlich, dass Israel jetzt mit aller aller Härte vorgehen will, wird und auch muss. Das

erwartet jetzt die eigene Bevölkerung, die nach wie vor unter Schock steht und da kommt man jetzt

gar nicht mehr zurück. Aber auf der anderen Seite weiß Israel eben auch, wenn da eine

Bodenoffensive beginnt, dann wird es auch grausame Bilder geben, was das israelische Vorgehen im

Gaza-Streifen betrifft. Da werden auch Zivilisten ums Leben kommen und deshalb sagt ja Israel jetzt

schon, wir brauchen die Solidarität der Weltgemeinschaft nicht nur jetzt im Leiden, sondern auch im

Kämpfen. Das wird noch sehr hart werden. Gleichzeitig, Frau Glas, die Hamas, Sie haben es gesagt,

benutzt Menschen als menschliche Schutzschilde, dann gibt es diese 100, 120, 150 Geiseln in der Hand

der Hamas, die er schon angekündigt hat, für jeden Luftangriff eine Geisel zu exekutieren und

das möglicherweise dann wie gesagt auch im Netz zu übertragen. Das wird ganz furchtbar werden,

aber Israel kann sich da auch nicht erpressen lassen und ich glaube nicht, dass diese Einheitsregierung,

die Netanyahu jetzt ja gebildet hat, wo er versucht hat, dass ihnen politisch bisher gespaltene

Land wieder hinter sich zu einen, dass die sich erpressen lassen werden von diesen Bildern,

sondern wenn solche Bilder dann im Netz zirkulieren, wird das auch zu einer gewissen

Radikalisierung der israelischen Gesellschaft führen und es wird auch dazu führen, dass die

Soldaten mit noch größerer Härte im Gaza-Streifen vorgehen. Ich frag mich aber im Übrigen auch,

wie viele dieser Geiseln tatsächlich noch am Leben sind. Das wissen wir ja auch nicht.

Es gibt für die Menschen in Gaza letztlich keine Chance rauszukommen. Ägypten hat jetzt den

möglichen Fluchtkorridor auch geschlossen, weil sie keine Flüchtlinge haben wollen auf ihrem

Territorium, auch keine Hamas-Terroristen. Im Übrigen, was sollen und was können die

Menschen in Gaza tun? Sie können beten, wenn sie denn an Gott glauben. Sie können versuchen,

in die Schutzräume der Schulen zu gehen, die da geöffnet sind. Die sind aber alle längstens

überfüllt und ganz davon abgesehen. Eine dieser Schulen, in der früherer Zeit immer Menschen

Schutz gefunden haben, wurde mittlerweile auch von Bomben der Israelis getroffen. Da sind

auch sehr viele gestorben. Ich bin ja mit vielen in Kontakt. Ich telefoniere mit denen,

die sitzen zum größten Teil weiterhin in ihren Wohnungen, hören ständig die Einschläge neben

sich, hören die Sirenen und hoffen, dass ihnen nichts passiert. Ich persönlich hoffe, dass es

irgendwann einen humanitären Korridor gibt und dass doch Menschen den Gaserstreifen verlassen

können in Richtung Ägypten, bevor es zu einer Bodien-Inversion kommt. Aber sicher weiß man

das natürlich auch nicht. Aber es könnte im Interesse der Israelis sein, dass doch Zivilisten

den Gaserstreifen verlassen. Allerdings gehen da dann ja wieder Hamas-Terroristen mit und die

will auch Ägypten nicht reinlassen. Eben. Und sie brauchen natürlich für solche Unternehmungen

auch Vermittler. Wer könnte vermitteln? Kann Ägypten vermitteln? Kann Herr Abbas von der

Vatach möglicherweise da noch eine Rolle spielen? Oder ist der längst aussortiert? Der Abbas ist

aussortiert. Abbas ist ja mit ein Grund, warum das jetzt so heftig zur Sache geht innerhalb der

Palästinenser. Abbas ist 87 Jahre alt. Abbas hat seit 2006 keine Wahlen mehr zugelassen, weil er

ganz genau weiß, dass er möglicherweise mit seiner Vatach-Partei gegen die Hamas verlieren wird.

Diese ganze PLO ist ein korrupter Haufen. Das wissen die Palästinenser auch und sie haben jedes

Vertrauen in Abbas verloren. Und deshalb ist ja auch die Hamas so stark geworden in Abgrenzung

zur Vatach-Partei von Abbas. Abbas macht eine ganz, ganz schlechte Figur. Er hat es ja nicht mal

geschafft, sich von diesen Massakern und Morden wirklich zu distanzieren. Er will sich jetzt von

den Russen empfangen lassen. Aber Abbas können wir, ich sage es jetzt mal ganz, ganz knallhart,

den kann man da vergessen. Wer vermitteln kann, ist traditionell Ägypten. Hat in der Vergangenheit

immer vermittelt. Qatar kann vermitteln. Qatar hat ja auch in der Vergangenheit die Hamas mit vielen

Millionen Dollar finanziert. Und wen ich schon sehe, ist jetzt auch der türkische Präsident Erdogan,

der sich ja angeboten hat als Vermittler. Ich glaube, der wäre auch eine Figur, die da noch

etwas erreichen könnte. Wobei, was Korruption angeht, Frau Glass, der israelische Premierminister,

ja, ich glaube aktuell immer noch vor Gericht steht, wegen des Verdachts der Korruption in

großem Umfang und der persönlichen Bereicherung ebenfalls in großem Umfang. Ja, ja. Also das auf

jeden Fall, das wissen wir ja. Ich bin sicherlich unverdächtig, Netanyahu da in Schutz zu nehmen.

Aber die Korruption innerhalb der palästinensischen Autonomiebehörde, die hat dann noch schon

nach anderen Dimensionen. Und dort steht auch keiner vor Gericht wegen Korruption. Ganz im

Gegenteil, da würde eher jemand vor Gericht stehen, der offen in der Westbank, die Korruption

innerhalb der PLO anspricht und kritisiert. Wobei, also was Netanyahu angeht, es gibt da vielleicht

doch noch einen anderen Aspekt. Zumindest gibt es Experten, die sagen, Netanyahu ist ja auch

aus einem ganz bestimmten Grund sehr weit nach rechts gegangen, hat eine zuteilen rechtsradikale

rechtsextreme Koalition gebildet, um sozusagen sich selbst ein bisschen aus dem Blickfeld der

Justiz zurückzunehmen. Würden Sie das so akzeptieren? Natürlich. Also Netanyahu hat mit

allen möglichen Partnern, die ihm zur Verfügung standen, eine Regierungskoalition

zusammengestellt, um an der Macht zu bleiben. Und jetzt eben mit diesen Partnern, die sie umstrittene

Justizreform durchzubekommen, die ihn dann vor möglicher Verurteilung schützt. Diese Partner,

die sind ja, wenn wir mal draufschauen, jetzt auch seine große Krux. Da hat er den Sicherheitsminister

Ben Quirre, das ist ein Scharfmacher, ein Siedler, der in der Vergangenheit nichts ausgelassen hat,

um gegen Palästinenser zu hetzen, der ganz offen gesagt hat, er würde gerne alle Palästinenser

vernichten. Und auf der anderen Seite ist er gemeinsam mit ultra religiösen Parteien in

dieser Regierungskoalition, deren großes erklärtes politisches Ziel es immer war, ihre eigene

Leute vom Militärdienst befreien zu lassen. Also wie soll er denn mit diesen Leuten in einer

Regierung jetzt in einen Krieg gegen die Palästinenser ziehen? Das war ihm schon klar und

das war jetzt ja auch mit, denke ich, der einzige Grund, warum er der Opposition angeboten hat,

eine Einheitsregierung mit ihm zu stemmen, weil er weiß, dass er ohne die Oppositionspartei

gar keine Chance hat. Ich wollte grad fragen, ist es eine kluge Entscheidung, eine Regierung des

nationalen Notstandes dann auszurufen? Ja, absolut. Wie ist es überhaupt jetzt in aktuellen Israel?

Sie haben ja noch diese ganzen Kontakte. Also vor dem Hintergrund dieser Justizreform,

der Anti-Netanyahu-Demonstrationen, des Umstandes, dass dieses Land zutiefst zerrissen ist. Spielt

das jetzt aktuell noch eine Rolle oder sagt man die Bedrohung von außen und der Terror von außen

all das zusammengenommen? Was so groß wir müssen zusammenstehen, egal was vorher war? Ja, das ist

eindeutig so. Die israelische Gesellschaft hat das in der Vergangenheit immer bewiesen, das ist

ja ein recht kleines Land. Es gibt da einen riesigen Zusammenhalt und vor allem wenn die

Bedrohung von außen kommt und jetzt man sieht es ja auch daran, alle Reservistinnen und Reservisten

sind jetzt dem Befehl gefolgt der Einberufung. Sie kommen sogar aus dem Ausland zurück,

man holt sie aus dem Ausland. Das sagt keiner mehr. Nein, ich will nicht wegen der umstrittenden

Justizreform. Also jetzt versammeln sich gerade tatsächlich alle wieder hinter der Regierung

und halten zusammen, das ist extrem spürbar. Lassen Sie uns Frau Glas noch auf die Rolle der

anderen gucken. Fangen wir vielleicht an mit den Vereinigten Staaten von Amerika. US-Präsident Joe

Biden hat jetzt gerade heute den israelischen Premierminister daran erinnert sich doch bitte

an die Regeln des Krieges und des Völkerrechts zu halten. Was bedeutet das? Das offensichtlich die

USA auch befürchten, dass es einen extrem blutigen, grausamen Krieg geben könnte, wenn

Bodentuppen in Gaza einmarschieren. Auf der anderen Seite sind die USA traditionell die wichtigsten

verbündeten Israels schon immer gewesen. Die USA unterstützen Israel mit mehr als 3 Milliarden

Dollar pro Jahr. Der Iron Dome, der Raketenabwehrschirm kommt aus den USA und spielt ja für die

Sicherheit Israels eine immens große Rolle. Also die USA sind sehr, sehr wichtig an der Seite

Israels und gleichzeitig sind die USA mutmaßlich auch das einzige Land der Welt auf das Netanyahu hört,

auf das die Israelis hören. Also wenn Biden jetzt den Finger hebt und sagt bitte passt auf,

was ihr da jetzt tut, dann dürfte das Gehör finden. Nichtsdestotrotz, jetzt im Moment denkt

Israel, denkt Israels Regierung an sich selbst und an Rache und aber auch an Sicherheit in Zukunft.

Alle gehen davon aus, dass der Iran, dass die Mullahs, die Drahts hier dieser großen Terroraktion

waren und sind ohne den Iran wäre das logistisch überhaupt nicht möglich gewesen. Halten sie

A. Vermöglicht, dass Israel den Iran bombardiert und B. Dass Israel das ohne das Einverständnis der

USA macht? Nein, das glaube ich nicht. Also ich glaube schon, wie alle, dass der Iran dahinter steckt,

dafür gibt es ja mehr als Beweise, dafür gibt es auch ganz eindeutige Aussagen, vollkommen klar.

Aber Israel weiß wohl, dass ein direkter Angriff auf den Iran für beide Länder in die Katastrophe

führen würde. Also ich glaube nicht, dass die Israelis das jetzt tun. Ich glaube, sie versuchen

es eher über Bande, indem sie die Verbündeten und die Terroristen, die vom Iran unterstützt

werden, jetzt massiv bekämpfen. Hisbollah im Libanon nach Syrien hat man jetzt auch schon

vereinzelt geschossen und eben die Hamas. Welche Rolle spielen die anderen arabischen Länder,

speziell Saudi-Arabien? Also es hat ja quasi von den USA vermittelt ein fast unterschriftreifes

Abkommen gegeben zwischen Israel auf der einen Seite und Saudi-Arabien auf der anderen Seite. Wie

wird es mit diesem Binnenverhältnis weitergehen? Das war ja ganz interessant. Man hat den

Palästinenserkonflikt so ein bisschen aus den Augen verloren, auch absichtlich vonseiten der

israelischen Regierung und hat sich stattdessen darauf fokussiert mit anderen arabischen Ländern

Friedensabkommen, Annäherungsabkommen zu schließen. Das hat damals noch die Regierung unter

US-Präsident Trump sehr massiv gemeinsam mit Netanyahu eingefädelt. Und diese Strategie war ja auch

eine gute, weil man gehofft hat, dass wenn sich Israel an andere arabische Länder annähert, dass

die dann möglicherweise wiederum Einfluss auf die Palästinenser nehmen könnten. Und jetzt stand

man kurz vor dem Momentum tatsächlich mit Saudi-Arabien zu einer historischen Annäherung

zu kommen. Das kann dem Iran nicht gefallen haben. Und ich glaube, dass das mit ein Grund ist, warum

jetzt Iran auch massiv nochmal Hamas unterstützt hat und warum jetzt gerade dieser Großangriff der

Hamas kommt. Weil jetzt ist dieses Momentum vorbei. Saudi-Arabien kann jetzt sich nicht an Israel

annähern. Also da ist ein extremer Rückspiel passiert. Welche Rolle spielt Europa die Europäische

Union oder kann man sich die Frage sparen? Sie können die Frage schon stellen, aber die Europäische

Union wird in Israel lange nicht mehr wirklich gehört mit der Forderung nach der Zwei-Staaten-Lösung.

Ja, es geht zum einen urein, zum anderen raus in Israel. Außerdem fühlt man sich von der Europäischen

Union häufig auch ungerecht behandelt, weil es da Länder gibt, die die Palästinenser

unterstützen, unterstützt haben in der Vergangenheit. Also die Europäische Union, man weiß, dass es sie

gibt. Aber politischen Einfluss, würde ich mal sagen, hat sie eher nicht auf die israelischen

Handlungen. Hat Deutschland, hat die Bundesregierung Einfluss? Noch am ehesten innerhalb der EU auf

jeden Fall. Also die Annäherung zu Deutschland und das ist ja eigentlich wunderbar, wenn man sich

überlegt, 75 Jahre oder noch etwas mehr nach der Shoah. Das ist schön und die Deutschen sieht man

schon als Verbündete. Aber auch hier sagt man, Deutschland hat zu Recht nach dem Holocaust den

Pazifismus entwickelt und in Israel, da geht das eben anders, da sagt man, wir müssen zu den

Waffen greifen, um unser Existenzrecht zu verteidigen. Und auch deshalb glaubt man, dass

Deutschland die Psychologie gar nicht so wirklich nachvollziehen kann, die dahinter steht. Und ich

möchte es nochmal betonen, wir haben es noch gar nicht so ganz angesprochen, was jetzt wirklich die

ganz große Frage ist, ist dieses Existenzrecht Israels im Gefahr? Und das wiederum treibt die

Leute um extrem. Sie sorgen sich um das Existenzrecht ihres Staates. Aber abgesehen von der Hamas,

abgesehen vom Iran, wer außer den üblichen Verdächtigen also bezweifelt tatsächlich das

Existenzrecht Israels? Naja, Sie sagen abgesehen vom Iran. Der Iran ist ein extrem mächtiger

Player in der Region und die arabischen Länder haben sich ja auch noch nicht so ganz positioniert.

Es gibt zwar jetzt Annäherungen an Israel, aber wie gesagt, also da gibt es viele arabische Länder,

die da möglicherweise umschwenken könnten. Und es ist ein kleines Ländchen, gucken Sie sich auf,

Sie kennen es sehr gut, Herr Heim. Ich weiß aber auf der Landkarte an und schauen Sie,

welchen großen Länder, arabische Länder drum herum sind. Also diese Angst, dass Israel wieder

ausgelöscht werden könnte, die ist jetzt massiv. Das sagen mir alle meine jüdischen Freundinnen und

Freunde. Das, was Sie gerade geschildert haben, gilt jetzt sozusagen für die Zeit nach dem großen

Terror, weil davor hätte man ja auch sagen können, Israel hat eine bestens ausgerüstete

Armee. Israel hat mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Atombombe und Israel hat vor allem die große

Schutzmacht USA. Ja, so hat man das ja auch immer gesehen, aber jetzt weiß man, dass Israel

immens verwundbar ist. Und wie gesagt haben wir Eingangs auch schon besprochen, das wird noch

große psychologische Auswirkungen haben. Jetzt ist erstmal der Schock noch da, aber dieses Trauma,

das wird lange anhalten. Wenn ich nochmal kurz auf Deutschland kommen darf, es hat auch Anti-Israel

Demonstrationen gegeben in Deutschland Terrorfeiern in Berlin, neuen Köln beispielsweise. Wird so was

in Israel registriert oder spielt das keine große Rolle? Doch, das spielt eine Rolle, das wird

registriert und das zahlt ja wieder ein auf diese Menschen, die Angst jetzt haben ums

Existenzrecht und die sagen, wir brauchen einen Staat, in dem wir sicher sind, wenn wir doch sehen,

wie groß der Antisemitismus in vielen, vielen anderen Ländern ist mitten in der EU. Das, das

guckt man sich ganz genau an und das ist ja, ehrlich sind auch erschreckend und widerlich. Sie haben den

Emir von Qatar vorhin kurz angesprochen, der ist auf Staatsbesuch in Deutschland in dieser Woche

empfangen beim Bundeskanzler, beim Bundespräsidenten. Der Emir war zumindest auch der Hauptsponsor der

Hamas Terroristen. Ja, ich war da selbst manchmal mittendrin, wenn ich im Gasserstreifen in einem

dieser großen Hotels war, gab es häufiger mal die Geldübergabe. Also da kamen regelmäßig die

Menschen aus Qatar mit feinen Anzügen, Männer, alles Männer und großen Koffern und haben da die

Millionen gebracht, um die Hamas zu finanzieren. Ja, mit mit Qatar, das ist halt die Schwierigkeit,

die guckt genauso wie mit Saudi Arabien. Eines ist Realpolitik nach dem Motto, wir brauchen sie,

wir brauchen sie als Vermittler in der Region und wir wissen ganz genau, sie spielen auch mit den

Schmuddekindern. Aber ich glaube, Qatar wäre schon wichtig zu haben, denn Qatar könnte

vermitteln möglicherweise und auch auf einen Geisel, auf eine Freilassung der Geiseln dringen.

Wobei was Qatar angehört zur Wahrheit gehört im übrigen auch, dass Qatar Großinvestor ist

bei der Deutschen Bank und bei Volkswagen, so viel zum Thema Doppelmoral in Deutschland.

Ich habe doch da auch mal was von Fußball gehört.

Stimmt, es gab mal eine Fußball-WM, die aber so katastrophal für die deutsche Mannschaft ausgegangen

ist, dass ich sie schon aus meinem Gedächtnis getilgt habe. Frau Glas, eins noch zu Russland.

Ist Russland letztlich, wenn man es genau betrachtet, der Haupt, oder wäre Russland der Hauptprofiteur

eines langen und blutigen Krieges?

Ist es doch jetzt schon? Ich denke mir die ganze Zeit, wer schaut im Moment in die Ukraine?

Was da passiert? Wir sind alle so geschockt von den Vorgängen in Israel.

Ich selber plane eine Sondersendung nach der anderen, weil ich der Meinung bin, dass das

wichtig ist, dahin zu schauen und da rutscht jetzt Russland so ein bisschen hinten runter.

Und wie zynisch ist es denn, dass Lavrov sich angeboten hat als Friedensvermittler zwischen Israel

und der Hamas, während Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begeht und diesen Angriffstrieb

weiterführt. Natürlich ist Russland ein Profiteur und auch da glaube ich wiederum, dass man das

im Iran mit großer Freude sieht, was da gerade passiert, also oder was eben auch nicht gesehen wird.

Sie haben, Frau Glas, zum Schluss unseres Gespräches einen Wunsch frei für Israel, für die Israelis

und für die Palästinenser. Was wünschen Sie?

Das ist aber ganz, ganz schwierig. Ich wünsche mir so sehr, dass ein Wunder geschieht und dass dieser

Konflikt relativ schnell so beigelegt wird, dass die Geiseln freigelassen werden, dass sterbliche

Überreste nach Hause geführt werden und dass vielleicht jetzt irgendwann mal doch jemand

versucht wieder in diesem Konflikt zu vermitteln. Ich wünsche mir auch, dass wir sehen, dass es eine

palästinensische Zivilbevölkerung gibt, die nichts mit Terroristen zu tun hat. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich,

ich glaube, dass dieser Wunsch in den nächsten Wochen nicht realistisch ist.

Ich schließe mich all dem an. Ich bedanke mich für das Gespräch. Alles Gute.

Sehr gerne. Ihnen auch. Danke.

Heimspiel.

Apokalypse und Filtercafé ist eine Studio-Bummensproduktion mit freundlicher Unterstützung der Florida Entertainment.

Redaktion Wolfgang Heim, Executive Producer Tobias Bauckage, Produktion Hannah Marahil, Ton und Schnitt Mia Becker.

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Susanne Glass ist langjährige ARD-Korrespondentin, die sechs Jahre vor Ort über Israel und die Palästinensergebiete berichtet, sowie viele Reportagen und Analysen geliefert hat. Im Gespräch mit Wolfgang analysiert sie die aktuelle Situation im Israel-Krieg und welche verheerenden Auswirkungen eine Bodenoffensive Israels in Gaza bedeuten könnte. Zudem beleuchtet Susanne Glass, welche Rolle die arabischen Länder sowie die großen Internationalen Player im Konflikt spielen und was ihre Hoffnung für die Zukunft in der Region ist.

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